Die zweite Republik und der Nationalsozialismus ab 1995 in Österreich


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Zum Begriff Rechtsextremismus

2. Die Nähe der FPÖ zum Nationalsozialismus
2.1. Allgemein
2.2. Jörg Haider
2.2.1. Eine Auswahl rechtsextremer, antisemitischer, rassistischer und europafeindlicher Äußerungen von Jörg Haider
2.3. Ernest Windholz
2.4. John Gudenus
2.5. Andreas Mölzer
2.6. Heinz-Christian Strache

3. Die Abspaltung des BZÖ – Eine Radikalisierung?

4. Geschichtliche Eckpfeiler zur Aufarbeitung der NS-Zeit

5. Das Gedenkjahr 2005

6. Rechtsextremismus seit den 90ern in Österreich
6.1. Bekannte Vertreter der rechtsextremen Szene
6.2. Aktuelle rechtsextreme Vereine, Zeitschriften in Österreich

8. Fazit

9. Literatur

1. Zum Begriff Rechtsextremismus

Für Wissenschafter könnte es zu einer Lebensaufgabe werden, den Begriff Rechtsextremismus genau zu definieren. Die verschiedenen Gruppierungen sind zu vielfältig in ihren Zielen, Vorhaben und Charakteristika. Eine idealtypische, definitive und endgültige Definition zum Begriff Rechtsextremismus abzugeben ist demnach nicht möglich. Eine der meist verwendetsten Darstellungen der Grundstruktur von Rechtsextremismus stammt von Willibald I. Holzer[1]. Er ist der Meinung, dass Rechtsextremismus vor dem Hintergrund ideengeschichtlicher Entwicklungslinien und sozioökonomischer Funktionsspezifika als extreme Spielart des Konservativen erscheint, aber auch die Abgrenzung des Rechtsextremismus als Variante des Konservatismus aufgrund romantisierender Vergangenheitssicht zum Terminus „radikal“ hat für Holzer Wichtigkeit. In Rechtsextremismus wird aber kein Synonym zu Neonazismus, Neofaschismus oder Kryptofaschsimus gesehen. Neofaschismus ist vielmehr eine Form von Rechtsextremismus. Das ideologische Feindbild wird durch Rassen- und Fremdenhass (insbesondere gegen Türken, Juden und Farbige) aber auch durch Ablehnung von Sozialisten, Kommunisten, Studenten und Liberalen, Intellektuellen, Künstlern und kritischen Journalisten, Feministinnen, Freimaurern, nationalen Minderheiten, ja selbst ganzer Wissenschaften wie Psychologie, Soziologie, Politikwissenschaft und Zeitgeschichte geprägt.

2. Die Nähe der FPÖ zum Nationalsozialismus

2.1. Allgemein

Im sogenannten „Weisenbericht“, der nach dem umstrittenen Regierungseintritt der FPÖ im Jahr 2000 im Auftrag der „EU-14“ unter anderem die „Entwicklung der politischen Natur der FPÖ“ untersuchte, wird die FPÖ als „rechtspopulistische Partei mit extremistischer Ausdrucksweise“ beschrieben.[2] Das Frauenbild der FPÖ deckt sich ebenfalls mit rechtsextremen Vorstellungen: Die Frau muss ihre natürliche Rolle in der Familie finden und vor allem Kinder gebären und großziehen.

Anlässlich eines Sonderparteitages am 6. Mai 2006 sorgte der frühere FPÖ-Bezirksrat Walter Sucher mit seiner Rede für Schlagzeilen, da er seine Parteikollegen am Ende demonstrativ mit „Heil“ begrüßte.

Am 7. November 2006 sorgte der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger mit seiner Aussage „Natürlich gab es gute Seiten am NS-Regime, nur die hören wir alle nicht mehr“ für Aufregung.

Für Aufregung sorgte die FPÖ außerdem bei der konstituierenden Nationalratssitzung nach der Wahl 2006, als alle Mandatare der Freiheitlichen Partei die Kornblume trugen (die Mandatare der Sozialdemokraten trugen rote Rosen, die der christlichdemokratischen Volkspartei weiße Nelken). Die Kornblume, das traditionelle Abzeichen des „Dritten Lagers“, wurde von den illegalen Nazis in Österreich im Zeitraum 1933-1938 wegen des Hakenkreuz-Verbotes als Ersatzsymbol gewählt.

Anlässlich der angekündigten Einigung über Entschädigungszahlungen an jüdische Opfer des Nationalsozialismus setzte die FPÖ Anfang 2001 eigentümliche parlamentarische Schritte: FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler wollte in Anfragen von den zuständigen MinisterInnen wissen, „wie lange wir noch zahlen müssen“.[3] Die FPÖ behauptete bei dieser Gelegenheit, dass „seit 1945 300 Milliarden Schilling an Wiedergutmachung geflossen sind“[4]. Der tatsächliche Betrag beläuft sich auf ca. 100 Milliarden. Der abwehrende Charakter der FPÖ-Initiative im Parlament wurde von Westenthaler auch offen eingeräumt, der meinte, dass man die „Frage stellen dürfen [soll], wann ein Schlussstrich gezogen wird“.[5]

Wenn man sich also schon allein diese kurze, unvollständige Auflistung freiheitlicher Wortmeldungen ansieht, überrascht es nicht, dass antisemitische Einstellungen unter dem FPÖ-Anhang rund doppelt so häufig anzutreffen sind wie im österreichischen Durchschnitt. So stimmten 1999 rund 14 Prozent der ÖsterreicherInnen und 30 Prozent der FPÖ-AnhängerInnen der Aussage zu, „es wäre für Österreich besser, keine Juden im Land zu haben“.[6]

2.2. Jörg Haider

Jörg Haider könnte man besonders in seiner FPÖ-Zeit als Populisten mit rechtsextremer Weltanschauung bezeichnen. Einige seiner Äußerungen werden als fremdenfeindlich, rassistisch und antisemitisch eingestuft. So verwendet er immer wieder das in der rechten Szene geläufige, antisemitische Klischee „Ostküste“ (siehe unten!) - gemeint sind die New Yorker Juden. In einer danach viel kritisierten Ansprache im Jahr 1995 vor Veteranen der Waffen-SS bei einem Treffen der Ulrichsberggemeinschaft in Krumpendorf, Kärnten sagte er: „Es ist gut, dass es in dieser Welt noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben, die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind.“

Diese jährlich stattfindenden Versammlungen wurden vom Nürnberger Kriegsverbrechertribunal als verbrecherische Organisation eingestuft. Wenig später sagte er im ORF: „Die Waffen-SS war Teil der Wehrmacht und es kommt ihr daher alle Ehre und Anerkennung zu.“

Der Innsbrucker Politologe Anton Pelinka hatte im Frühjahr 1999 im italienischen Fernsehen gemeint: „Haider hat in seiner Karriere immer wieder bestimmte Aussagen gemacht, die als Verharmlosung des Nationalsozialismus zu werten sind. Er hat einmal die Vernichtungslager 'Straflager' genannt. Insgesamt ist Haider verantwortlich für eine neue Salonfähigkeit bestimmter nationalsozialistischer Positionen und bestimmter nationalsozialistischer Äußerungen“, und war daraufhin von Haider geklagt worden. In erster Instanz zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt - ein Urteil, das im In- und Ausland kritisch kommentiert wurde -, wurde Anton Pelinka nun in letzter Instanz vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Haider ist, so das Oberlandesgericht Wien, „abstrahiert“ „zum Vorwurf zu machen, mit einer gewissen Nähe zum Nationalsozialismus zu kokettieren und Grauzonen zu betreten, in welchen die Gräueltaten dieses Regimes in ihrer tatsächlichen Dimension nicht akzeptiert werden“.

Nach der Abspaltung des Bündnisses Zukunft Österreich, im folgenden BZÖ genannt, im April 2005 wurde es immer stiller um Jörg Haider. Im Mai 2006 löste Peter Westenthaler den Kärntner Landeshauptmann als Bündnisobmann ab – dazu aber später.

2.2.1. Eine Auswahl rechtsextremer, antisemitischer, rassistischer und europafeindlicher Äußerungen von Jörg Haider

Kleine Zeitung: Welche geschichtlichen Gestalten verabscheuen Sie am meisten?

Haider: Churchill, Stalin

(Interview, Kleine Zeitung, 29. 1. 1989)

„Im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal Ihre Regierung in Wien zusammenbringt.“

(Haider, Protokoll der Sitzung des Kärntner Landtages, 13. 6. 1991)

Haider: Na ja, es ist einfach ein Problem, wo ich sage, man muss jetzt mal klären, misst man hier mit zweierlei Maß? Wenn jüdische Emigranten Forderungen stellen, dann ist sozusagen die Wiedergutmachung endlos. Wenn Sudetendeutsche dasselbe von der österreichischen Regierung verlangen, dass sie gegenüber den tschechischen Behörden ihre Wiedergutmachungsforderungen durchsetzen sollen, dann wird gesagt, irgendwann muss einmal ein Schlussstrich unter die Geschichte gezogen werden. [...] Man kann nicht Gleiches ungleich behandeln.

ORF: Ist das tatsächlich Gleiches Ihrer Meinung nach?

Haider: [...] Und da möchte ich nicht beurteilen, was schlimmer gewesen ist [...].

ORF: Noch einmal zu diesem Ausgangspunkt von Ihnen. Sie stellen gleich die Sudetendeutschen und das Unrecht, das an den Juden geschehen ist?

Haider: Selbstverständlich, weil ich mich dagegen wehre, dass man Menschenrechtsverletzungen auch noch einmal quantifiziert.[...]

(Interview, ORF, Zeit im Bild 2, 9. 9. 1998)

"Jeder Buschneger hat in Zukunft die Möglichkeit, seine Kollegen in Österreich zu behandeln."
(Haider über das neue Ärztegesetz, in Der Standard, 13. 10. 1998)

"Der Häupl [Wiener Bürgermeister] hat einen Wahlkampfstrategen, der heißt Greenberg. Den hat er sich von der Ostküste einfliegen lassen. Liebe Freunde, ihr habt die Wahl, zwischen Spindoctor Greenberg von der Ostküste oder dem Wienerherz zu entscheiden."
(Jörg Haider, FPÖ-Veranstaltung in der Kurhalle Oberlaa, 23. 2. 2001, in: Der Standard, 2. 3. 2001)

„Ostküste“ bezeichnet in diesem Zusammenhang ein verschämtes Synonym für „Weltjudentum“. Das ist spätestens seit der Waldheim-Affäre[7] bekannt. Auf die verspätet einsetzende Kritik an dieser Aussage reagierte Haider auf seine Art: Bei der „Ostküste“ handle es sich nicht um einen antisemitischen Code, sondern um eine wertfreie geographische Bezeichnung. Neben der Leugnung versuchte Haider, den Antisemitismus-Vorwurf durch seine ironische Überdehnung abzuwehren: „Wenn ich 'Guten Morgen' sag, ist das wahrscheinlich auch antisemitisch.“

(profil 12/2001)

[...]


[1] Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.): „Handbuch des Österreichischen Rechtsextremismus“; Wien, 1993; S. 11ff

[2] Quelle: Wikipedia.org

[3] Neue Kronen Zeitung, 5. 1. 2001

[4] Neue Kronen Zeitung, 5. 1. 2001

[5] Neue Kronen Zeitung, 5. 1. 2001

[6] OGM im Auftrag von Format, in: Format 14/1999

[7] Gehler, Michael/Sickinger, Hubert (Hg.): „Politische Affären und Skandale in Österreich. Von Mayerling bis Waldheim“; Kulturverlag; Thaur/Wien/München 1995, S.564 ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die zweite Republik und der Nationalsozialismus ab 1995 in Österreich
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Feindbilder und Vorurteile in Österreich
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V115314
ISBN (eBook)
9783640167531
ISBN (Buch)
9783640187911
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
10 Einträge im Literaturverzeichnis, davon 4 Internetquellen.
Schlagworte
Republik, Nationalsozialismus, Feindbilder, Vorurteile
Arbeit zitieren
Edith Reinisch (Autor:in), 2007, Die zweite Republik und der Nationalsozialismus ab 1995 in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115314

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die zweite Republik und der Nationalsozialismus ab 1995 in Österreich



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden