Integration lokaler Agrarproduktion von Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten

Das Beispiel der exportorientierten Produktion grüner Bohnen in Burkina Faso


Diplomarbeit, 2006

138 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Kartenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Hinweis zur Währungsumrechnung

I Konzeption der Arbeit
1 Problemstellung: Einbindung lokaler Produktion in globale Wertschöpfungsketten ...
2 Theoretische Einordnung
2.1 Globalisierungsdiskurse
2.2 Global Value Chains- Forschung
2.2.1 Entstehungsgeschichte und theoretische Bezüge
2.2.2 Kernelemente der Analyse
2.2.3 Empirischer Forschungsstand
2.3 Das Filière-Konzept
2.3.1 Entstehungsgeschichte und theoretische Bezüge
2.3.2 Kernelemente der Analyse
2.4 Anwendung auf das Fallbeispiel
3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit
3.1 Zentrale Fragestellungen
3.2 Empirische Vorgehensweise
3.3 Inhalt und Aufbau der Arbeit

II Allgemeine Grundlagen
1 Entwicklung des Handels mit Agrarprodukten
1.1 Traditionelle Agrarprodukte
1.2 Exportorientierte Obst- und Gemüseproduktion in Entwicklungsländern
2 Governance im Agrarhandel
2.1 Internationale Handelsregime und der Einfluss von Handelspräferenzen
2.2 Die Bedeutung von Standards
3 Kontrolle des Endkunden: Trends im europäischen Einzelhandel

III Die Wertschöpfungskette für grüne Bohnen
1 Präsentation der Wertschöpfungskette
1.1 Einführung: Akteure und Stufen der Wertschöpfungskette
1.2 Entwicklung des Anbaus in Burkina Faso
1.3 Anbaugebiete
1.4 Ablauf einer Saison
2 Einflussfaktoren auf die Wertschöpfungskette
2.1 Agrarpolitik in Burkina Faso
2.1.1 Strukturanpassung im Agrarsektor
2.1.2 Agrarpolitik seit der Strukturanpassung
2.2 Der Aufstieg der afrikanischen Konkurrenz
2.3 Anforderungen der Europäischen Union bei der Einfuhr von Lebensmitteln
3 Die Akteure der Wertschöpfungskette
3.1 Die Produzenten
3.2 Die Lieferanten der Produktionsmittel
3.3 Die Exportunternehmen
3.4 Die Transit- und Fluggesellschaften
3.5 Die Importeure in Rungis
4 Governance in der Wertschöpfungskette: Wer steuert?
4.1 Die Beziehungen zwischen Exporteuren und Produzenten
4.2 Importeure und Exporteure: Ungleiche Geschäftspartner
4.3 Die Kontrolle der Raumüberwindung: Engstelle Luftverkehr
4.4 Die Verteilung der Wertschöpfung als Ausdruck ungleicher Machtstrukturen ...
5 Alternativen zum Export grüner Bohnen nach Europa

IV Schlussfolgerungen
1 Zentrale Ergebnisse der Arbeit
2 Produktion und Konsumtion in einer globalisierten Welt

Summary

Literatur- und Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Datenquellen
Internetquellen

Vorbemerkung

Die vorliegende Diplomarbeit wurde mir ermöglicht durch das Projekt „Etude Filière Haricot Vert“ in Burkina Faso im Rahmen des ASA-Programms der InWent gGmbH. Meinem Praktikumsbetreuer, Serge Carmentran, technischer Berater im Secrétariat Permanent de la Coordination des Politiques Sectorielles Agricoles (SP/CPSA) des Landwirtschafts- ministeriums von Burkina Faso möchte ich an dieser Stelle herzlich danken, genau wie Soumaila Kindo von der Association Nationale des Producteurs de Haricots Verts (ANPHV), der etliche Kontakte zu Akteuren der Wertschöpfungskette vermittelt hat. Besonderer Dank gebührt auch meiner Kollegin im ASA-Projekt, Stéphanie Dubois de Prisque, mit der ich alle Termine in Burkina Faso wahrgenommen habe. Schließlich danke ich Sebastian Kreutzer für die Tipps beim Erstellen der Karten sowie Daniel Pain, Jeremy Ferguson und meinen Eltern für das notwendige Korrekturlesen. Nicht zuletzt möchte ich mich bei Prof. Dr. Detlef Müller- Mahn für die Betreuung der Diplomarbeit und die wertvollen fachlichen und inhaltlichen Anregungen sowie bei Prof. Dr. Herbert Popp für die Zweitkorrektur bedanken.

Vor allem aber danke ich allen Gesprächspartnern in Burkina Faso und Frankreich (s. Liste im Anhang), deren Aussagen die Grundlage dieser Arbeit darstellen.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Anteil am Verkauf von Gemüse nach Betriebsform (2004)

Abb. 2: Schema der Wertschöpfungskette

Abb. 3: Exportvolumen 1984-2006 (Tonnen)

Abb. 4: Einfuhr grüner Bohnen in die EU 1989-2004 (Tonnen)

Abb. 5: Entwicklung der Importe grüner Bohnen in die EU 1996-2004 (Index 1996 = 100)

Abb. 6: Verteilung der Produktionskosten in %

Abb. 7: Wertschöpfung pro Stufe in % im Verhältnis zum Verkaufspreis an den Endkunden

Kartenverzeichnis

Karte 1: Lage der untersuchten Anbaugebiete

Karte 2: Die Wertschöpfungskette zwischen Burkina Faso und Frankreich

Karte 3: Anbau grüner Bohnen nach Provinzen 2004/05

Karte 4: Entwicklung des Exports grüner Bohnen in die EU 1998-2004

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Steuerungsformen in Wertschöpfungsketten

Tab. 2: Koordinationsformen über Qualitätskonventionen

Tab. 3: Hauptherkunft von Obst und Gemüse aus AKP-Staaten 2000 (Tsd. US-Dollar)

Tab. 4: Akteure der Wertschöpfungskette in Burkina Faso

Tab. 5: Ablauf einer Saison

Tab. 6: Bedeutung des Agrarsektors in Burkina Faso

Tab. 7: EU-Verordnungen zur Lebensmittelsicherheit

Tab. 8: Merkmale der befragten Produzentengruppen

Tab. 9: Verteilung der Wertschöpfung bei Saatgut (Sorte AMY)

Tab. 10: Exporteure und exportierte Mengen in der Saison 2004/2005

Tab. 11: Merkmale der befragten Exporteure

Tab. 12: Ausmaß der Vorfinanzierung durch die Exporteure

Tab. 13: Ausmaß der Vorfinanzierung durch die Importeure

Tab. 14: Produktionskosten pro Hektar und Kilogramm (FCFA)

Tab. 15: Kosten der Exporteure pro Kilogramm (FCFA)

Tab. 16: Tarif von Air France Cargo für den Transport Ouagadougou - Paris (FCFA)

Tab. 17: Verkaufspreise für grüne Bohnen in Rungis (Euro pro Kilogramm)

Tab. 18: Kaufpreise grüner Bohnen in französischen Supermärkten (Euro pro Kilogramm)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hinweis zur Währungsumrechnung

Die Währung Burkina Fasos, der westafrikanische Franc CFA, ist an den Euro gekoppelt. Der festgelegte Wechselkurs beträgt: 1 FCFA = 0,0015 Euro

1 Euro = 656 FCFA

"Le problème, ce sont les Blancs. Parce qu'un Burkinabè ne s'occupe pas de ce qu'il mange. Il veut que son ventre soit plein. Mais la production est pour les Blancs. Ils ne veulent pas manger des microbes." (Interview Exporteur, 2005)

I Konzeption der Arbeit

1 Problemstellung: Einbindung lokaler Produktion in globale Wertschöpfungsketten

Seit mehr als 35 Jahren bauen Kleinbauern in Burkina Faso, einem der ärmsten Länder der Welt1, grüne Bohnen für den Export nach Europa, vor allem nach Frankreich, an. Die Produktion findet in den Wintermonaten von Oktober bis März statt. In diesem Zeitraum ist in der europäischen Union keine eigene Erzeugung möglich. Dennoch werden grüne Bohnen ganzjährig nachgefragt. Obwohl der europäische Markt für frisches Obst und Gemüse im Allgemeinen und für grüne Bohnen im Besonderen im Wachstum begriffen ist und die Importe aus Nicht-EU-Ländern, hauptsächlich aus Afrika, stetig steigen, sind die Produktion in und der Export aus Burkina Faso seit Jahren rückläufig.

Zugleich haben sich die Bedingungen, unter denen Produzenten in Entwicklungsländern an Absatzmärkten in Industrieländern partizipieren können, durch die Globalisierung gewandelt. Die Integration in globale Wertschöpfungsketten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Welche Auswirkungen die veränderten Produktions-, Handels- und Konsummuster in der globalisierten Welt auf die Entwicklungsländer haben, wird kontrovers diskutiert.

Für einige afrikanische Länder bietet die steigende europäische Nachfrage nach ganzjähriger Versorgung mit Frischobst und -gemüse neue Möglichkeiten, ihre oft einseitigen Exportstrukturen zu diversifizieren. Andererseits führt die Umstrukturierung des Lebensmitteleinzelhandels in der europäischen Union zu einer Schwächung der Position der Erzeuger gegenüber der Nachfragemacht des Handels. Zudem wird Qualität im Wettbewerb der Handelsunternehmen zunehmend zu einem entscheidenden Kriterium, besonders dann, wenn die Möglichkeiten der Preispolitik weitgehend ausgeschöpft sind. Verbunden mit hohen rechtlichen Anforderungen bezüglich der Lebensmittelsicherheit stellen Qualitätskriterien die Produzenten vor schwierige Herausforderungen.

In den Entwicklungsländern haben sich die landwirtschaftlichen Produktions- und Vermarktungssysteme durch die Liberalisierung des Agrarsektors im Rahmen der Strukturanpassung stark verändert, so dass private Akteure größeren Einfluss gewonnen haben. Im entwicklungspolitischen Diskurs hat die Strategie der export-orientierten Industrialisierung und der Integration in den Weltmarkt andere ökonomische Entwicklungsstrategien weitgehend verdrängt. Gerade Länder mit hoher Abhängigkeit von wenigen traditionellen Rohstoffen setzen auf neue Cash Crops, um ökonomisches Wachstum zu erreichen. Gleichzeitig sollen die Erlöse aus den Exporten auch zur Entwicklung des ländlichen Raumes und zur Einkommensgenerierung für Kleinproduzenten dienen und somit zur Armutsbekämpfung beitragen.

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit diesen Aspekten auseinander; Kernthematik der Untersuchung ist die Einbindung lokaler Agrarproduktion von Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten und die sich daraus ergebende Frage, wie sich global induzierte Veränderungen lokal auswirken. Dabei geht es besonders darum, zu klären, ob Kleinproduzenten angesichts der angedeuteten Entwicklungen weiterhin an agrarischen Wertschöpfungsketten partizipieren können oder ob die Gefahr besteht, dass sie ausgeschlossen und marginalisiert werden. Dies wird anhand des Beispiels der exportorientierten Produktion von grünen Bohnen in Burkina Faso, die über transnationale Netzwerke mit französischen Importeuren nach Europa geliefert werden, diskutiert.

2 Theoretische Einordnung

Weltwirtschaftliche Verflechtungen sind nichts Neues. Der Warentausch zwischen unterschiedlichen Regionen der Welt ist seit Jahrtausenden belegt. Globalisierung im Sinne einer räumlichen Expansion von Produktion und Handel kann spätestens seit 1492 als Teil der kapitalistischen Unternehmung bezeichnet werden (Swyngedouw 2004: 29). Dennoch haben die weltweiten Verbindungen und Interdependenzen in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine Dynamik entwickelt, die in der Geschichte ohne Beispiel ist. Die kontroverse Diskussion um Definition, Ausmaß, Ursachen und Konsequenzen der Globalisierung zeigt auch, dass alternative analytische Ansätze nötig sind, um die Prozesse, die unter dem Begriff Globalisierung zusammengefasst werden, erklären zu können. Für die Erforschung der Komplexität der "politischen und gesellschaftlichen Paradoxien einer transnationalen Wirtschaft" (Beck 1997: 15) reichen auf bestimmte Produktionsmuster (fordistische Ansätze) oder Räume (lokal-regionale oder nationalstaatliche Ansätze) bezogene Ansätze nicht mehr aus. Im Folgenden wird zunächst auf die zentralen Themen der Globalisierungsdebatte eingegangen, um dann mit dem Ansatz der Global Value Chains und dem Filière-Konzept einen Analyserahmen vorzustellen, mit dem ökonomische Prozesse und ihre lokalen Konsequenzen unter den Bedingungen der Globalisierung untersucht werden können.

2.1 Globalisierungsdiskurse

Dualität von Lokal und Global: Globalisierung als Transformation der räumlichen Organisation sozialer Beziehungen

Mit dem Begriff Globalisierung kann ganz allgemein die "Intensivierung der Beziehungen zwischen globalen und lokalen Prozessen, [...] die alltägliche Erfahrung also, dass globale Veränderungen sich auch in lokalen Entwicklungen niederschlagen" (Müller-Mahn 2002: 4) bezeichnet werden. Konstituierend dafür ist eine "Raum- und Zeitkompression" durch die Entwicklung moderner Informations-, Kommunikations- und Transportmittel sowie einer Liberalisierung von Kapitalmärkten und Handel.

Held et al. definieren Globalisierung als Prozess, der zu einer Transformation der räumlichen Organisation von sozialen Beziehungen und zur Herausbildung von interregionalen oder transkontinentalen Netzwerken führt:

„Globalization can be thought of as a process (or set of processes), which embodies a transformation in the spatial organization of social relations and transactions - assessed in terms of their extensity, intensity, velocity and impact - generating transcontinental or interregional flows and networks of activity, interaction and the exercise of power.“ (Held et al. 1999: 16)

Dabei ist die Beziehung zwischen dem Lokalen und dem Globalen nicht als Dualismus zu verstehen, sondern als Dualität: Lokale Handlungen formen globale Entwicklungen, während globale Prozesse umgekehrt lokale Handlungen beeinflussen. Lokales und Globales konstituieren sich gegenseitig (Swyngedouw 1997: 137). Gleichwohl bewirkt die Entankerung aus lokalen zeit-räumlichen Kontexten (Werlen 2000: 33), dass Entscheidungen und Folgen von Entscheidungen, also Handlung und Handlungsfolge, zunehmend räumlich auseinanderfallen.

Charakteristisches politisches Merkmal der Globalisierung ist die Auflösung des Nationalstaates in seiner vorhergehenden Form in Folge von Deregulierung und Souveränitätsverlust, da die „Kompatibilität von Staatsvolk, Staatsmacht und Staatsgebiet mehr und mehr schwindet“ (Altvater/ Mahnkopf 2004: 31) aufgrund der Transformation von „Arbeit, Geld und Natur“ (Altvater/ Mahnkopf 2004: 34). Auf diesen Transformationsprozess bezieht sich auch Swyngedouw (1997: 141); er sieht den Ausgangspunkt der Globalisierung in der Krise des Fordismus als dominante Produktionsform. Dies hat sowohl zu einer Umstrukturierung der institutionellen und regulatorischen Ebene geführt (in Form einer Verlagerung auf supranationale bzw. globale Ebenen oder individuelle, lokale bzw. regionale Ebenen) als auch zu einer Neuausrichtung der ökonomischen Strategien "globaler Lokalisierung" von Industrie, Dienstleistungen und Kapital. Der Prozess der Globalisierung erscheint aus dieser Perspektive als "Glokalisierung", als politisch-ökonomische Transformation zum Lokalen einerseits, zum Globalen andererseits.

Die Globalisierung und die Debatte um ihre Konsequenzen kann aber auch als politisch- ideologische Konstruktion zur Durchsetzung ökonomischer Interessen gesehen werden:

"Globalization has become part of a powerful political-economic ideology and practice through which [...] socio-spatial configurations have shifted in profound ways." (Swyngedouw 2000: 554)

Mit der Entwicklung der Weltwirtschaft zum Referenzrahmen nationaler Ökonomien verändert sich auch die globale Geographie: Während die alte Weltwirtschaft vor allem als Summe von Volkswirtschaften und in den Kategorien von Zentrum und Peripherie gedacht wurde, werden die Räume der neuen Ökonomie mit Begriffen wie lokale Cluster (Nadvi/ Schmitz 1999), Global Cities (Sassen 2000), globalisierte Orte (Scholz 2004) und globale Wertschöpfungsketten beschrieben; Funktions- und Agglomerationsräume, die oftmals quer zu politischen Einheiten liegen (Messner 2003: 90). Nationale Steuerungssysteme verlieren dadurch an Durchsetzungskraft; denn ihre Reichweite macht an territorialen Grenzen halt, die für den Transfer von Geld, Waren, Technologie und Wissen oft keine zentralen Hindernisse mehr darstellen (Messner 2003: 90). Sie geben ihre Kompetenz an territoriale und funktionale Fragmente ab (Scholz 2004: 222). Neue, globale Governance-Strukturen gewinnen an Bedeutung, ohne dass sie bisher in einen einheitlichen regulatorischen Rahmen eingebettet wären.

Dominante Weltwirtschaftsdiskurse in der Globalisierungsdiskussion Aus neoklassischer - und mit entsprechenden Politikmustern versetzt neoliberaler - Perspektive ist ein geringes Maß an politischer Intervention in globale Waren-, Finanz- und Arbeitsmärkte die Grundlage einer hohen weltwirtschaftlichen Dynamik. Globale Steuerung sollte sich demnach auf die Regelung von Eigentumsrechten und des freien Marktzugangs und auf die Verhinderung nationalstaatlicher Interventionen, Regulierungen und Markt- verzerrungen beschränken. In der klassischen Außenhandelstheorie stellt sich im globalen Wettbewerb bei vollkommener und kostenloser Mobilität schließlich eine pareto-optimale räumliche Verteilung der Wirtschaftsaktivitäten ein, und zwar aufgrund von Verfügbarkeits- und Faktorkostenunterschieden.

Globalisierungskritiker stimmen im Prinzip bei der Analyse der zentralen Entwicklungstrends mit den Neoliberalen überein, haben jedoch ein völlig anderes Bild der Folgewirkungen dieser Trends: Was sich aus neoliberaler Perspektive als beste aller Welten darstellt, wird von ihnen aufgrund von ungleichen Verteilungswirkungen, der Verschiebung von Macht hin zu Wirtschaftsakteuren und der Gefahr des Sozial- und Umweltdumpings abgelehnt.

Als Mittelposition zwischen neoliberaler und globalisierungskritischer Argumentation suchen Vertreter einer intergouvernementalen Sichtweise nach Elementen einer globalen Wirtschaftsordnung, um die Marktkräfte in ein institutionelles System einzubetten, das sich bisher noch nicht ausreichend auf globaler Ebene etabliert hat. Dies ist schon allein deshalb notwendig, weil systemimmanente Instabilitäten die Markteffizienz des globalen Wettbewerbs gefährden können. Außerdem können nur so nicht-intendierte Verteilungswirkungen und Polarisierungstendenzen begrenzt bzw. kompensiert und Umweltressourcen geschont werden.

Während diese Ansätze im Kern die klassischen Kontroversen um mehr oder weniger Staat auf globaler Ebene reproduzieren, bezieht sich ein neuerer Weltwirtschaftsdiskurs auf die wachsende Bedeutung von Regionen in der globalen Ökonomie. Entgegen den Thesen etwa der Globalisierungskritiker wird aus dieser Perspektive (z.B. aus der sog. New Economic Geography) behauptet, dass die Globalisierung gerade nicht zur Entwertung und Einebnung lokaler und regionaler Besonderheiten führt, sondern umgekehrt zu deren Aufwertung. Da geographische Nähe und spezifische Unternehmens- und Institutionensettings an Bedeutung gewinnen, bleiben in den Regionen erhebliche Spielräume zur Gestaltung wirtschaftlicher Entwicklungsprozesse. Weil meist argumentiert wird, dass Wettbewerbsfähigkeit auf regionaler Ebene durch das Zusammenspiel von Markt, Staat und Public Private Governance entsteht, ist dieser Ansatz im Prinzip komplementär zu dem der intergouvernementalen Perspektive. Eine systematische Verknüpfung findet bisher allerdings nicht statt (vgl. Messner 2003: 92-96).

Gemeinsam ist allen skizzierten Weltwirtschaftsdiskursen jedoch, dass sie einem „Schichtenmodell“ verhaftet bleiben, indem sie lokale, nationale und globale Handlungsebenen als voneinander getrennt wahrnehmen (Messner 2003: 97). Sie stoßen bei der Untersuchung globaler Prozesse an Grenzen, da sie auf verschiedenen Ebenen ansetzen, ohne die Verbindungen zwischen ihnen ausreichend zu thematisieren.

Etwa ein Drittel des Welthandels beruht auf dem grenzüberschreitenden, konzerninternen Tauschen von Betriebseinheiten, ein ähnlich hoher Teil wird über Netzwerke (Wertschöpfungsketten) von rechtlich voneinander unabhängigen Unternehmen organisiert (Kulke 2005: 7). Dort findet der Austausch nicht über anonyme Märkte, sondern über Koordinationsmechanismen statt (Messner 2003: 99f.). Diese Netzwerke treten dabei als "Broker" der Globalisierung auf, indem sie globale Einflüsse in lokale Kontexte hineintragen (Müller-Mahn 2005: 33). Die Steuerungsmechanismen innerhalb solcher Produktions- und Handelsnetzwerke liegen sowohl jenseits des Marktes als auch des Staates und sind insofern 'privat', prägen jedoch nichtsdestotrotz die globale Ökonomie und lokale Handlungsmöglichkeiten (Messner 2003: 98). Sie werden beeinflusst von globalen Standards technischer, sozialer oder ökologischer Art, die nicht mehr von Staaten, sondern von globalen „Politiknetzwerken“ entwickelt, kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert werden (Messner 2003: 98f.). Die Einbindung von Unternehmen aus Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten ist somit entscheidend geworden für deren Möglichkeit, überhaupt Zugang zum Markt der Industrieländer zu erhalten.

Für die Entwicklung von Regionen bedeutet das, dass auch sie von der erfolgreichen Integration ihrer Unternehmen in globale Netzwerke abhängen. Aus dieser Perspektive verändert sich die Einschätzung der Entwicklungschancen lokaler und regionaler Standorte in der gegenwärtigen Weltwirtschaft. Im Gegensatz zur optimistischen Sichtweise der New Economic Geography erscheint deren Einbindung stets gefährdet und temporär:

"In production, local or regional filières, production and firm networks, deeply inserted in local/regional institutional, political and cultural environments, cooperating locally but competing globally have become central to a reinvigorated - but often very vulnerable and volatile - local, regional or urban economy." (Swyngedouw 1997: 159)

Räumlicher Ausdruck dieser "fragilen Partizipation" von Standorten ist die Teilung in inkludierte und exkludierte Gebiete, d.h. in eine Fragmentierung, die sich sowohl im globalen als auch im lokalen Kontext zeigt (vgl. Scholz 2004). Scholz spricht in diesem Zusammenhang von globalisierten Orten, beispielsweise zur Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel, die zwar in globale Netzwerke eingebunden sind, jedoch stets davon bedroht sind, davon wieder ausgeschlossen zu werden und in die Peripherie zurückzufallen, wenn sich die Firmenzentralen in den globalen Orten anderen, lukrativeren Standorten zuwenden (Scholz 2004: 222-229). Globalisierung ist in diesem Sinne also als eine widersprüchliche Tendenz der Inklusion und Exklusion zu verstehen (vgl. Altvater/ Mahnkopf 2004: 29).

Mit dem Konzept der Global Value Chains und dem Filière-Konzept werden im Folgenden zwei Ansätze vorgestellt, deren Fokus explizit auf den Interaktionen zwischen Akteuren unterschiedlicher räumlicher und polit-ökonomischer Ebenen liegt, die über transnationale Netzwerke zusammengehalten werden. Die Ansätze verbinden dadurch Prozesse, die sonst oft isoliert betrachtet werden und bieten sich deshalb als Analyserahmen für die vorliegende Untersuchung an.

2.2 Global Value Chains- Forschung

2.2.1 Entstehungsgeschichte und theoretische Bezüge

Der Ansatz der Global Value Chains (GVC) wurde zunächst unter dem Begriff Global Commodity Chains (GCC) entwickelt. Die Definition einer Warenkette (Commodity Chain) als „a network of labour and production processes whose end result is a finished commodity” stammt von Hopkins und Wallerstein (1986: 159), die sie im Hinblick auf eine Vielzahl internationaler Ketten für landwirtschaftliche und forstliche Produkte im historischen Vergleich (von Beginn der Neuzeit) verwenden. Der Begriff der globalen Warenkette ist dagegen neuerer Art und geht zurück auf eine Aufsatzsammlung, herausgegeben von Gereffi und Korzeniewicz (1994). Eine Global Commodity Chain besteht danach aus „sets of interorganizational networks clustered around one commidity or product, linking households, enterprises, and states to one another within the world economy“ (Gereffi et al. 1994: 2).

Die GCC-Analyse wurde hauptsächlich für industrielle Warenketten angewandt, bei denen angenommen wurde, dass sie während der 1960er bis 1980er Jahre „globalisiert“ wurden. Sie wurde innerhalb eines polit-ökonomischen Konzeptes entwickelt, das sich - ausgehend von der dependenztheoretisch argumentierenden Weltsystemtheorie Wallersteins (1974) - mit Fragen der Entwicklung und Unterentwicklung auseinander setzte. In neueren Publikationen zu globalen Warenketten wird der Begriff Commodity Chain nicht mehr verwendet und stattdessen durch den Begriff Value Chain ersetzt, um eine größere Breite an Produkten einbeziehen zu können, die keinen spezifischen Warencharakter haben, wie zum Beispiel Finanzdienstleistungen oder Tourismus2. Um eine Global Value Chain handelt es sich dann, wenn die zu koordinierenden Aktivitäten unter Firmen aufgeteilt sind und einen geographisch globalen Maßstab besitzen (Gibbon/ Ponte 2005: 77).

Im Gegensatz zur betriebswirtschaftlichen Perspektive auf Value Chains, die Firmen hilft, zu analysieren, von welchen internen und externen Schritten ihre Aktivitäten abhängen und wie sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können, indem die größtmögliche Wertschöpfung bei ihnen verbleibt, ist der Ausgangspunkt des polit-ökonomischen Ansatzes der GVC die gesamte Bandbreite an Aktivitäten (inklusive Koordination), die nötig ist, um ein spezifisches Produkt von der Konzeption bis zu ihrem Endgebrauch zu bringen (Gibbon/ Ponte 2005: 77). Von der neoklassischen Handelstheorie unterscheidet sich der GVC-Ansatz insofern, als dort Handel isoliert von Investitionen, Finanzen oder anderen Interaktionen zwischen Handelspartnern betrachtet wird. Diese restriktiven Annahmen generieren theoretische Handelsmuster, die allein von der Ausstattung einzelner Länder mit Produktionsfaktoren abhängen (Gibbon/ Ponte 2005: 93f.).

2.2.2 Kernelemente der Analyse

Die Analyse globaler Wertschöpfungsketten ermöglicht es, aufzuzeigen, wie Produktion, Distribution und Konsumtion über soziale Beziehungen zusammengehalten werden, die sich jeweils charakteristisch in den aufeinander folgenden Phasen innerhalb des Fertigungs- und Vermarktungsprozesses ausprägen. Durch das Konzept können insbesondere auch räumliche Disparitäten der Weltwirtschaft durch den unterschiedlichen Zugang von Regionen zu Märkten und Ressourcen erklärt werden (Gereffi et al. 1994: 2).

Der GVC-Ansatz hat drei Kernelemente: erstens die Beschreibung des Aufbaus der Wertschöpfungskette (input- output- structure) und ihrer räumlichen Muster (geographical coverage), zweitens die Analyse der Rahmenbedingungen (institutional framework), die auf die Wertschöpfungskette Einfluss haben sowie drittens die Analyse der Steuerungsformen und der Verteilung von Entscheidungsmacht (governance) zwischen den Akteuren der Kette. Anwendungsbezogen ist das Konzept insoweit, als durch die Analyse der einzelnen Elemente eine Beurteilung der Möglichkeit, bestimmte Prozesse entlang der Kette zu verlagern (upgrading), erfolgen kann.

Input-Output-Structure und Geographical Coverage

Dieser Teil des Ansatzes ist in erster Linie deskriptiv und hebt die Konfiguration der Warenkette hervor. Eine Warenkette wird in einzelne Segmente (oder Stufen) unterteilt, die jeweils einen spezifischen Produktionsprozess darstellen. Ihre Grenzen sind sozial definiert und können demnach auch sozial umdefiniert werden (Hopkins/ Wallerstein 1994: 18). Sie sind über Waren- und Informationsströme miteinander verbunden, wobei entlang der Stufen jeweils Mehrwert erzeugt wird (Gereffi et al. 1994: 7). Bei der Darstellung der Input-Output- Struktur geht es auch um die Abschätzung der Wertschöpfung, die auf den einzelnen Stufen verbleibt.

Institutional Framework

Ziel der Darstellung der institutionellen Rahmenbedingungen ist die Untersuchung des Einflusses, den diese auf die Struktur und die Verteilung der Entscheidungsmacht in der Wertschöpfungskette haben. Unternehmen können sie benutzen, um den Markt und die Kette zu kontrollieren. Andererseits können dadurch auch Möglichkeiten geschaffen werden, bestimmte Akteure an der Wertschöpfung zu beteiligen (Gibbon/ Ponte 2005: 76).

Governance

Die Analyse der Steuerungsformen und der Verteilung der Entscheidungsmacht innerhalb einer Wertschöpfungskette nimmt eine zentrale Rolle im GVC-Ansatz ein und ist wesentlich für die Untersuchung von Eintrittsbarrieren und Ketten-Koordination. Gereffi (1994) unterscheidet dabei zwischen angebotsorientierten (producer-driven commodity chains) und nachfrageorientierten Warenketten (buyer-driven commodity chains). Bei ersteren konzentriert sich die Marktmacht in den Kettensegmenten der Produktion. Angebots- orientierte Warenketten sind typischerweise in kapitalintensiven Industrien (wie beispiels- weise die Automobil- oder Luftfahrtindustrie) vorzufinden, bei denen hohe technologische Anforderungen und Kapitalverfügbarkeit vorhanden sein müssen, die auch die Haupteintritts- barrieren darstellen. Die Kontrolle über kapitalintensive Operationen wird zentral beibehalten, während arbeitsintensive Operationen ausgelagert werden. Dadurch entstehen vertikal integrierte Netzwerke. Nachfrageorientierte Warenketten sind eher in arbeitsintensiven Industrien (wie Textil-, Schuh- und Spielzeugindustrie) anzutreffen, in denen Markt-information, Produktdesign und Vermarktung als Eintrittsbarrieren wirken. Die Unternehmen, die innerhalb der Kette eine dominante Position einnehmen (lead firms), konzentrieren sich auf Markenentwicklung, Design und Marketingfunktionen (Gereffi 1994: 97), während die Produktionsfunktionen in der Regel zu untereinander in hartem Wettbewerb stehenden Subunternehmern ausgelagert sind, die unterschiedlich verbindliche vertragliche Beziehungen zu den lead firms besitzen und typischerweise in Entwicklungsländern lokalisiert sind (vgl. Raikes et al. 2000: 7). Auch für die meisten landwirtschaftlichen Produkte sind nachfrageorientierte Warenketten typisch (Raikes et al 2000: 7).

Die Steuerungsformen in Wertschöpfungsketten lassen sich auf einem Kontinuum von Marktkoordination am einen Ende bis zur vertikalen Integration am anderen Ende beschreiben, indem sich folglich unterschiedlich enge und hierarchische Beziehungen ergeben (Tab. 1). Sie werden durch die die Kette dominierenden Firmen angetrieben. Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich diese Perspektive insofern deutlich von der neoklassischen Betonung von Märkten als Schlüsseldeterminante wirtschaftlichen Fortschritts, aber auch von der in den Politikwissenschaften betonten Einflussmöglichkeit von Staaten auf wirtschaftliches Handeln.

Tab. 1: Steuerungsformen in Wertschöpfungsketten Marktkoordination

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Messner 2003: 101

Eine Firma steuert innerhalb einer nachfrageorientierten Wertschöpfungskette dann die Kette, wenn sie darüber entscheidet (vgl. Humphrey/ Schmitz 2001: 21f.),

- was produziert werden soll, und somit die Produktdefinition festlegt,
- wie es produziert werden soll, und somit den Produktionsprozess, die eingesetzte Technologie sowie Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsstandards definiert,
- wann es produziert werden soll, und somit den zeitlichen Ablauf der Produktion vorschreibt,
- wie viel produziert werden soll, und somit die Produktionsmengen festlegt,
- und schließlich zu welchem Preis produziert werden soll, und somit zumindest Zielpreise vorgibt.

Diese Firma besitzt als lead firm demzufolge die Entscheidungsmacht innerhalb der Wertschöpfungskette, definiert als "the power to force other parties to take particular actions" (Kaplinsky/ Morris 2001: 66). Dadurch wird über die funktionale Trennung von Arbeit und Aktivitäten entlang der Kette entschieden; einzelnen Akteuren werden so wertschöpfungssteigernde Aktivitäten übertragen oder sie werden umgekehrt davon ausgeschlossen, ohne dass sie darauf direkten Einfluss hätten (Gibbon/ Ponte 2005: 200).

Für die Praxis ist die Frage nach der Steuerung der Wertschöpfungskette von großer Bedeutung. Damit können die Möglichkeit des Marktzugangs, des Zugangs zu Wissen und zu Know-How, die Verteilung der Gewinne und die Aussichten für politische Interventionen untersucht werden, um daraus Ansatzpunkte zum Beispiel für die Entwicklungs- zusammenarbeit abzuleiten (vgl. Humphrey/ Schmitz 2001: 20f.). Denn selbst wenn Industrieländer beispielsweise ihre Handelsbarrieren reduzieren bedeutet das nicht zwangs- läufig, dass Produzenten in Entwicklungsländern Zugang zu ihren Märkten erhielten, wenn diese durch eine begrenzte Anzahl großer Nachfrager als lead firms begrenzt werden. Marktzugang bedeutet so in erster Linie Zugang und Kontakt zu den marktdominierenden Unternehmen.

Durch die Analyse der Prozesse in der Wertschöpfungskette wird schließlich auch eine Einschätzung möglich, ob und wie wertschöpfungssteigernde Prozesse (upgrading) entlang der Kette verlagert werden können. Produkt- oder prozessspezifisches Upgrading hat sich als Schlüsselelement für Entwicklungsländer herausgestellt, um auf internationalen Märkten bestehen zu können (Dolan/ Tewari 2001: 94). Diese Anpassungen entstanden aber in der Regel als Reaktion auf neue Standards, die ihnen von außen aufgezwängt wurden (Dolan/ Tewari 2001: 97).

2.2.3 Empirischer Forschungsstand

Der GCC-Ansatz lenkte ab Mitte der 1990er Jahre hohe Aufmerksamkeit auf sich. Studien wurden zum Beispiel über die Textil- und Bekleidungsindustrie in ostasiatischen Ländern (Gereffi 1994), die Automobilindustrie in Südkorea, Mexiko und Brasilien (Cason/ Lee 1994), Frischobst und -gemüse aus Chile (Goldfrank 1994), Dienstleistungen (Kim/ Rabach 1994), die japanische Elektronikindustrie (Florida/ Kenney 1994), Tourismus (Clancy 1998) und die brasilianische Schuhindustrie (Schmitz 1999) verfasst. Am Institute for Development Studies an der Universität Sussex entstand eine Forschungsgruppe "Global Value Chains Initiative", die sich mit der theoretischen Vertiefung des Konzepts auseinandersetzt, aber ebenso eine Reihe von empirischen Studien, auch für Agrarprodukte (vgl. Barrientos/ Barrientos 2002,

Dolan et al. 1999, Humphrey 2005, Kaplinsky 2004) veröffentlicht hat. Auch am Danish Institute for International Studies entstanden Studien zu Agrarprodukten, in denen der GVC- Ansatz verwendet wird (vgl. Daviron/ Ponte 2005, Gibbon/ Ponte 2005). Für Publikationen im deutschsprachigen Raum sei hier verwiesen auf die Arbeiten von Lessmeister (2005) über den marokkanischen Gebirgstourismus und Mayer (2003) über die Warenkette von Kaffee. Beide ergänzen den GVC-Ansatz durch Überlegungen aus der neuen Institutionenökonomie.

2.3 Das Filière-Konzept

2.3.1 Entstehungsgeschichte und theoretische Bezüge

Im Gegensatz zum Konzept der Global Value Chains hat die Filière-Tradition ihren Ursprung in einer technisch ausgerichteten Agrarforschung und ist eher als rein empirische und neutrale Konzeption zu sehen. Die Entwicklung der Etudes Filières wurde durch die Bedingungen in den kolonialen und post-kolonialen frankophonen Ländern beeinflusst, da die staatlich ausgerichteten landwirtschaftlichen Entwicklungsstrategien in den früheren französischen Kolonien stark auf einzelne Waren (wie Baumwolle, Kaffee, Kakao) ausgerichtet waren, für die ein passender analytischer Rahmen gefunden werden musste (Raikes et al. 2000: 1).

Gemeinsames Merkmal der Studien ist die Identifizierung von Warenströmen, Akteuren und Aktivitäten innerhalb einer Warenkette (Gibbon/ Ponte 2005: 75). Die Stärke des Filière- Konzepts liegt in ihrem klaren Fokus auf Strukturen und Beziehungen um eine spezifische Ware, in der Machtbeziehungen mit eingeschlossen sind. Allerdings werden diese Beobachtungen kaum systematisiert und in größere Zusammenhänge eingebunden. Die Studien konzentrieren sich in der Regel auch auf jene Teile der Warenketten, die in den Produktionsländern (d.h. in den Entwicklungsländern bzw. früheren Kolonien) lokalisiert sind und haben nur einen engen zeitlichen Fokus. Als Ergebnis daraus fehlen allgemeine Schlussfolgerungen aus den zahlreichen Einzelstudien (Raikes et al. 2000: 15). Die quantitative Tradition der Filière-Analyse versucht die eingesetzten Inputs und Outputs einer Warenkette mengenmäßig zu erfassen. Außerdem werden Preise und Wertschöpfung entlang der Stufen einer Kette erhoben.

Das Filière-Konzept ist stark anwendungsbezogen und eng mit staatlich regulierten Vermarktungssystemen und Projekten der Entwicklungszusammenarbeit verbunden. Die Filière-Studien behandelten ursprünglich lokale Produktions- und Konsumsysteme, während Fragen der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Handel bis in die 1980er Jahren hinein größtenteils ausgeblendet blieben (Lenz 1997: 28), denn die Produkte, auf die sich die Studien bezogen, wurden in der Regel durch staatliche Institutionen kontrolliert, die alle Transport- und Vermarktungsschritte der Ware organisierten, und zwar zu Preisen, die durch zentrale Verwaltungen festgelegt waren (Raikes et al 2000: 14).

Die Filière-Studien stellen eher eine Ansammlung lose miteinander verbundener Arbeiten ohne festen zeitlichen und theoretischen Bezug dar als ein ausgearbeitetes theoretisches Konzept. Sie sind jedoch oft von einer deutlichen Skepsis gegenüber wirtschaftsliberalen Vorstellungen geprägt und betonen mehr die Bedeutung öffentlicher Institutionen für die Organisation von Warenketten. Theoretische Einflüsse kamen von der französischen Regulationsschule und von der durch die neue Institutionenökonomie und der Regulations- theorie beeinflussten Theorie der Konventionen. Diese geht davon aus, dass für das Funktionieren von Märkten eine gemeinsame 'Sprache' zwischen den Marktteilnehmern nötig ist. Im Laufe der Zeit entwickeln Märkte verschiedene Kriterien, unter denen Güter qualifiziert sind, gehandelt zu werden, und nach denen sich dann die Organisation der Tauschbeziehungen richtet. Im Fordismus war Quantifizierung das Hauptcharakteristikum der Produktion, während die gegenwärtige ökonomische Dynamik „besessen“ ist von Qualität (Raikes et al. 2000: 17). Unsicherheiten über Qualität werden über 'Konventionen' gelöst, die zu verschiedenen Formen der Koordination führen (Tab. 2).

Tab. 2: Koordinationsformen über Qualitätskonventionen Market coordination

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Raikes et al. 2000: 17

Diese Konventionen über Qualität werden im Gegensatz zu früheren Konventionen 'privat' ausgehandelt. Sie sind gewöhnlich verbunden mit dem Wunsch des Endkunden nach einer ex-ante-Zertifizierung des Produktes anstelle einer ex-post-Kontrolle (Gibbon 2001: 65f.). Alle Koordinationsformen implizieren Informationsasymmetrien, die dazu führen, dass bestimmte Akteure in Warenketten über andere dominieren. Verschiedene Koordinationsformen können zur selben Zeit nebeneinander existieren, selbst für das gleiche Produkt. Ein Wechsel der dominanten Koordinationsform führt jedoch zu einer Umstrukturierung der Filière und lässt sich in allen Primärgüterketten im historischen Verlauf nachweisen, wenn auch nach wie vor oftmals eine Mischung verschiedener Koordinationsformen in den Warenketten anzutreffen ist. Für jede Qualitätskonvention gibt es auch eine korrespondierende Firmenstruktur, die als dominanter Typ auftreten wird (Raikes et al. 2000: 17). Mit der Konventionstheorie kann auch erklärt werden, warum Netzwerke selbst dann noch bestehen bleiben, wenn sie unter ökonomischen Gesichtspunkten keinen Sinn mehr machen (Lessmeister 2005: 8).

2.3.2 Kernelemente der Analyse

Die Analyse der verschiedenen Handlungen der Akteure einer Warenkette, um ein Produkt zu produzieren, zu transformieren, zu verkaufen und zu konsumieren, erfolgt in mehreren Schritten. Dabei werden auch das Umfeld der Akteure und die Mechanismen, die deren Handlungen beeinflussen, einbezogen. Dadurch wird es möglich, die Stärken und Schwächen des Systems zu identifizieren und darauf aufbauende Politiken zu entwickeln (Terpend 1997: 2).

Zunächst werden in einer funktionellen Analyse die Rollen der einzelnen Akteure und der mit ihnen verbundenen Warenströme sowie die Beziehungen, die die Akteure untereinander haben, untersucht. Anschließend werden in einer geographischen Analyse Lage, Verteilung und Austauschbeziehungen der Standorte der Produktion, der Transformation und des Konsums analysiert. In einer ökonomisch-finanziellen Analyse werden dann Transaktionen, Zahlungsströme, Kosten und Rentabilität der Filière bzw. einzelner Stufen erhoben. Erfasst wird auch die Organisation der Märkte sowie die Strategien der Akteure, sich im Wettbewerb zu positionieren. Über eine politische Analyse werden schließlich die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht. Gegebenenfalls erfolgt zudem eine soziologische Analyse, in der zum Beispiel die Familien- und Clanstrukturen und das traditionelle Bodenrecht analysiert werden (vgl. Terpend 1997: 9-17). In der anschließenden 'Diagnostik' werden die Stärken und Schwächen herausgearbeitet, verbunden mit einer Hierarchisierung der Entwicklungshemmnisse aus Sicht der Akteure und Empfehlungen, wie diese Probleme zu lösen sind (Terpend 1997: 18).

Auch das Filière-Konzept geht von dominierenden Unternehmen aus, die durch vertikale Integration oder Quasi-Integration mittels Subkontraktierung Kontrolle ausüben. Diese Unternehmen sitzen oft an den 'Engstellen', an denen nur wenige Anbieter den Markt abdecken. In den Filière-Studien geht es letztlich genauso wie beim GVC-Ansatz um die Identifizierung derjenigen Akteure, die über ihr eigenes Handeln die Handlungsspielräume der anderen Akteure verengen bzw. sie zur Anpassung zwingen (Lenz 1997: 26).

2.4 Anwendung auf das Fallbeispiel

Wie aus den bisherigen Erläuterungen deutlich wird, weisen GVC- und Filière-Konzept zahlreiche Übereinstimmungen auf. Sie sind jedoch unabhängig voneinander im anglophonen bzw. frankophonen Raum entstanden. Erst seit kürzerem werden GVC- und Filière-Konzept zueinander in Beziehung gesetzt (vgl. Raikes et al. 2000). Beide Ansätze fokussieren auf ein Produkt als Ausgangsbasis der Untersuchung, um das sich Akteure gruppieren, die im Prozess der Warenerzeugung bis zum Verkauf an den Endkunden jeweils spezifische Aufgaben übernehmen und die über Koordinationsformen zusammengehalten werden. Die Beziehungen zwischen den Beteiligten sind durch charakteristische Macht- verteilungen geprägt. Der Unterschied zwischen dem Ansatz der Global Value Chains und den Etudes Filières ist oft der Ausgangspunkt: Während empirische Studien über GVCs die Firmen in den Vordergrund stellen, die innerhalb der Wertschöpfungskette eine Führungsrolle übernehmen, in der Regel in den Industrieländern liegen und die zentrale Funktion des Absatzes, der Nähe zum Kunden, kontrollieren, betrachten die Etudes Filières traditionell die Wertschöpfung und die Beziehungen zwischen den Akteuren einer Warenkette vom Ort der Produktion aus. Sie sind damit möglicherweise zielgenauer in der Analyse der Strukturen in den Entwicklungsländern, unterliegen aber der Gefahr, globale Entwicklungen auszublenden.

Inwieweit sind nun die oben ausgeführten Überlegungen zur Globalisierung relevant für das gewählte Fallbeispiel? Denn die frankophone Warenkette von grünen Bohnen stellt kein Netzwerk dar, dass erst im Zuge der Globalisierung völlig neu entstanden wäre; vielmehr handelt es sich um ein historisches Muster, an Handelsbeziehungen, die an die gemeinsame Kolonialgeschichte anknüpfen, wie oftmals in Agrarketten für Obst und Gemüse (vgl. Tab. 3).

Tab. 3: Hauptherkunft von Obst und Gemüse aus AKP3 -Staaten 2000 (Tsd. US-Dollar)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Freidberg 2004: 17

Sie ist in diesem Sinne keine Warenkette mit globaler Ausdehnung und Struktur, sondern vielmehr ein transnationales Netzwerk zwischen Akteuren in den ehemaligen Kolonial- mächten und ihrer früheren Kolonie. Dennoch sind es Entwicklungen und Veränderungen im globalen Maßstab - der Handels- und Konsummuster in den Industrieländern, der Harmoni- sierung von Handelsabkommen auf globaler Ebene und der Internationalisierung von Qualitätsstandards - , die diese Netzwerke neu strukturieren. Lokale Akteure sind dadurch von Veränderungen und Entscheidungen betroffen, die sie nicht oder nur kaum beeinflussen können.

Entsprechend dem GVC-Konzept werden in dieser Arbeit die Struktur der Wertschöpfungskette und Einflussfaktoren auf deren Konfiguration dargestellt. Außerdem werden die Steuerfaktoren und die Verteilung der Entscheidungsmacht analysiert. Ergänzt werden die Ausführungen durch eine Abschätzung der Verteilung der Wertschöpfung, wie aus Filière-Studien bekannt.

Raumverständnis und zugrunde liegendes Handlungsmodell

Wie in Kap. I/2.1 dargelegt, weisen die Prozesse der Globalisierung eine eminent räumliche Komponente auf. Die Geographie kann daher einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Globalisierungsdebatte leisten. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Raumverständnis, das Räume nicht als "Container" konzeptualisiert, als gegebene Behälter oder Ebenen, sondern sie als Konstruktionen begreift, die durch menschliches Handeln "gemacht" werden. Unter der Prämisse, dass soziales Leben prozessualen Charakter besitzt und dadurch Rekonfigurationen unterliegt, kann eine gegebene geographische Ebene auch kein fixer Ausgangspunkt der Betrachtungen sein; diese ist vielmehr als räumliches Ergebnis sozialer Dynamiken zu interpretieren. Wie Swyngedouw (1997: 140f.) fordert, muss die theoretische Aufmerksamkeit deshalb darauf liegen, wie räumliche Ebenen konstituiert und restrukturiert werden.

"The ontological priority for a process-based view takes the focus away from both the "global" or the local as the starting point for analysis and explanation." (Swyngedouw 1997: 141).

Es geht also darum, zu zeigen, entlang welcher "Achsen" globale Prozesse in lokale Zusammenhänge hineingetragen werden (Müller-Mahn 2002: 5), um nachzuvollziehen, wie Güter-, Kapital- und Informationsströme verschiedene räumliche Ebenen durchdringen, in einer Art und Weise, die Akteure, die auf anderen Ebenen operieren, oftmals ausschließt oder machtlos werden lässt (Swyngedouw 1997: 141).

Als Konsequenz daraus kann die Geographie nicht als "handlungsorientierte Raumwissenschaft" verstanden, sondern muss, wie Werlen postuliert, als "raumorientierte Handlungswissenschaft" begriffen werden (Werlen 2000: 310). Dies erfordert jedoch eine Auseinandersetzung mit handlungstheoretischen Ansätzen. Weder das GVC- noch das Filière-Konzept unterliegen einem einheitlichen handlungstheoretischen Paradigma, sondern sind durch vielfältige Einflüsse charakterisiert, vom Strukturalismus der Dependenztheorien bis zum modifizierten methodologischen Individualismus der neuen Institutionenökonomie. Hier soll - ausgehend von der Dualität von Struktur und Handeln in der Strukturationstheorie von Giddens (1984) - Struktur verstanden werden als Produkt menschlichen Handelns, das selbst durch Handeln wieder verändert wird. Dem Menschen wird die Fähigkeit zugeschrieben, intentional und diskursfähig handeln zu können (Tröger 2003: 27). Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass dadurch offen bleibt, inwieweit einzelne Akteure tatsächlich autonom in ihrem Handeln sind (Dörfler et al. 2003: 11). Allein die Möglichkeit, frei zwischen Alternativen abwägen zu können, bedeutet nicht, diese Alternativen auch frei gewählt zu haben. Akteurszentrierte, handlungstheoretisch motivierte Ansätze unterliegen so der Gefahr, 'strukturelle Gewalt' und sich daraus ergebende Handlungszwänge zu vernachlässigen (Dörfler et al. 2003: 13).

3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit

Es ist unvermeidbar, dass, soll das Netzwerk einer Wertschöpfungskette untersucht werden, ein eigener "Standort" gewählt werden muss, von dem jenes Netzwerk eine bestimmte Perspektive bekommt, die sich zum eigenen "Standpunkt" verdichtet und sich von anderen Perspektiven, von anderen Standorten aus, naturgemäß unterscheidet. Welche Elemente in die Untersuchung eingehen und welche Verbindungen sich dadurch ergeben ist somit immer abhängig vom Ausgangspunkt des Beobachters und den Ressourcen, die ihm für die Bearbeitung zur Verfügung stehen (vgl. Kaplinsky/ Morris 2001: 50). Der Ausgangspunkt, von dem aus in zeitlicher Abfolge diese Arbeit entstand, war das Netz, dass die "globalized food economy" (Freidberg 2004: 15) in Burkina Faso spannt, ausgehend von der Erzeugung der Ware. Für Untersuchungen landwirtschaftlicher Produkte bietet sich die Produktion als Ausgangspunkt an, und zwar aus mehreren Gründen (vgl. Kaplinsky/ Morris 2001: 51): Zum einen können dadurch forward linkages zu Verarbeitern, Käufern und ihren Kunden aus der Perspektive der Produzenten nachvollzogen werden, zum anderen backward linkages zu den Versorgern der für den Produktionsprozess nötigen Inputs. Außerdem ist das fertige Produkt bei frischen Nahrungsmitteln noch stärker Ausdruck des spezifischen Produktionsprozesses als bei industriell gefertigten Gütern, bei denen die Marke eine wichtige Rolle spielt. Aus entwicklungspraktischer Sicht schließlich ist ein Forschungsdesign, das die Ursprungsregion eines Produktes als Ausgangspunkt wählt, ebenfalls von Vorteil, da dadurch untersucht werden kann, wie lokale Akteure in Entwicklungsländern in globale Zusammenhänge eingebunden sind, die bekannt sein müssen, um entscheiden zu können, ob und wo unterstützende Maßnahmen eingeleitet werden können.

3.1 Zentrale Fragestellungen

Für die Untersuchung der Wertschöpfungskette von grünen Bohnen zwischen Burkina Faso und Frankreich wurde ein Methodenmix gewählt, um die Vorteile verschiedener Methoden für spezifische Fragestellungen zu nutzen. Im Vordergrund stand jedoch ein qualitativer Ansatz, um die einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette, die darin agierenden Akteure und die auftretenden Konflikte zu analysieren. Quantifizierbare Daten, wie Kosten und Preise, wurden, soweit möglich, bei den Akteuren abgefragt, um eine Vorstellung über die Verteilung der Wertschöpfung entlang der Kette zu bekommen. Weitere statistische Daten wurden über Sekundärquellen ermittelt, zum Beispiel zur Erfassung der produzierten bzw. exportierten Mengen.

Die Untersuchung zielte nicht auf die Überprüfung von zuvor theoretisch abgeleiteten Hypothesen ab, sondern war auf das Verstehen der Interaktionen der Akteure und deren Handlungslogiken gerichtet. Dies zog dann im Sinne eines induktiven Vorgehens die Einordnung in einen allgemeinen Zusammenhang nach sich.

Ausgehend von der Frage nach den Ursachen des Rückgangs der Produktion und des Exports grüner Bohnen in Burkina Faso seit mehreren Jahren ergaben sich für die Feldforschung folgende Untersuchungsfragen:

- Wie ist die Wertschöpfungskette zwischen Burkina Faso und Frankreich aufgebaut? Welche Akteure sind beteiligt und welche Aufgaben übernehmen sie?
- Wer trifft welche Entscheidungen? Welche Konsequenzen hat das für andere Beteiligte? Welche Konflikte und Probleme treten dabei auf?
- Wie werden die Probleme von den verschiedenen Akteuren beurteilt und welche Möglichkeiten zu ihrer Lösung werden in Betracht gezogen?
- Welche Rahmenbedingungen wirken auf die Wertschöpfungskette ein, wie werden diese von den Akteuren beurteilt und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Wie verändert sich dadurch die Struktur der Kette?
- Wie ist die Förderung der Wertschöpfungskette als Entwicklungsstrategie unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu beurteilen?

3.2 Empirische Vorgehensweise

Das empirische Vorgehen gliederte sich in zwei Etappen: In einem ersten Schritt wurden die Stufen der Wertschöpfungskette, die in Burkina Faso lokalisiert sind, durch einen Aufenthalt von September bis Dezember 2005 untersucht. Danach wurde das Material durch einen Besuch des Großmarkts in Rungis in Frankreich, wo der Import und die Distribution der grünen Bohnen stattfindet, im März 2006 ergänzt.

Als methodische Orientierung während des Aufenthaltes in Burkina Faso dienten Anleitungen zu landwirtschaftlichen Filière-Studien (vgl. Terpend 1997). Das Vorgehen bei derartigen Analysen gliedert sich in mehrere Abschnitte: Nach einer zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes (vgl. Terpend 1997: 4) folgt die Informationsaufnahme in zwei Schritten: Einerseits wird anhand einer bibliographischen Auswertung der vorhandenen Dokumente zum Forschungsobjekt (von Behörden, Privatunternehmen, Forschungseinrichtungen, Entwicklungsorganisationen, NROs etc.)

Sekundärmaterial gewonnen, andererseits die eigentliche Feldforschung durchgeführt (Etude de terrain). Die Feldforschung sollte möglichst alle direkten und indirekten Akteure der Warenkette einbeziehen (Terpend 1997: 5f.) und neben Interviews auch Feldbesuche (Visite de terrain) beinhalten, um aktuelle Praktiken beobachten zu können und dadurch Sachverhalte zu klären, die durch die Informationsgewinnung über rein verbale Daten unverständlich geblieben sind (Terpend 1997: 8).

Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands

Der zeitliche Rahmen spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Veränderungen innerhalb der Kette. Für die Untersuchung erschien es elementar, alle Entwicklungen einzubeziehen, die seit dem Beginn des Rückgangs der Exporte Anfang der 1990er Jahre abgelaufen sind. Die räumliche und inhaltliche Abgrenzung erfolgte in Form einer Konzentration auf alle Aspekte, die direkt mit dem Export zusammenhängen. Deshalb wurden zum Beispiel die Wege und Akteure der lokalen Kommerzialisierung grüner Bohnen nicht weiter verfolgt. Die Lebenshaltungsstrategien von Kleinbauern und deren Kombination von Markt- und Subsistenzproduktion wurden zwar teilweise erfasst, aber nicht weiter vertieft.

Eingesetzte Methoden

Die Feldforschung in Burkina Faso begann mit einer Auswertung von Studien über die Wertschöpfungskette, die im Landwirtschaftsministerium und bei der Association Nationale des Producteurs de Haricots Verts (ANPHV) erhältlich waren, um einen Überblick über die Thematik zu bekommen. Daran schloss sich eine Interviewphase mit Akteuren der Kette an, und zwar mit Produzenten, Exporteuren, Dünger- und Saatgutlieferanten, Vertretern von Fluggesellschaften, Transitunternehmen, Verbänden sowie Entwicklungs- und Nicht- regierungsorganisationen. Mit Ausnahme der Produzenten wurde die Stichprobenauswahl auf der Basis des jeweilig erreichten Erkenntnisstandes erweitert und ergänzt (theoretisches Sampling, vgl. Merkens 2000: 292) und erfolgte nach der Schneeballmethode bzw. durch Schlüsselinformanten (vgl. Merkens 2000: 293f.), die Empfehlungen über relevante Interviewpartner gegeben hatten.

Für die Interviews mit den Produzenten wurde eine Auswahl nach folgenden Kriterien getroffen: Erstens sollten unterschiedliche Organisationsformen (individuelle Produzenten oder Mitglieder in Produzentengruppen) berücksichtigt werden. Weiterhin sollten die befragten Produzenten unterschiedliche Abnehmer (Exporteure) haben. Drittens wurden auch Kleinbauern befragt, die aktuell mit der Produktion grüner Bohnen aufgehört haben, um die Gründe dafür zu erfahren. Für die Befragungen wurde ein halbstandardisierter Fragebogen verwendet (s. Anhang). Für die Gespräche mit allen anderen Akteuren wurden jeweils spezifische Leitfäden ausgearbeitet (s. Auswahl im Anhang).

Bei den Interviews wurde versucht, den Prinzipien qualitativer Interviews (vgl. Lamnek 1995: 65) - Reflexivität von Gegenstand und Analyse, alltägliche Kommunikationssituation, Zurückhaltung durch den Forscher, Wirklichkeitsdefinition durch den Befragten, Offenheit und Flexibilität der Befragung, Prozesshaftigkeit, Emergenz von Interpretationen im Prozess des Gesprächs statt Überprüfung von Hypothesen - zu genügen. Die befragten Personen wurden dabei jeweils als "Experte" für ein bestimmtes Handlungsfeld angesehen, als Repräsentant einer bestimmten Gruppe (vgl. Flick 2000: 109).

Ergänzt wurde die Interviewphase durch teilnehmende Beobachtung bei zwei Treffen der Exporteure mit Vertretern der Fluggesellschaften und der Luftaufsichtsbehörde sowie einem Trainingsseminar der Weltbank zu Strategic Development of Horticulture Value Chains und einem Seminar des Comité de Liaison Europe/ Pays ACP pour la promotion des exportations horticoles (COLEACP) über rechtliche Anforderungen hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit bei der Einfuhr von Waren in die EU. Diese Veranstaltungen waren für die Beobachtung der Interaktionen zwischen den Teilnehmern sehr aufschlussreich. Mehrmals konnte auch das Aussortieren und die Verladung der grünen Bohnen im Frachtbereich des Flughafens von Ouagadougou beobachtet werden.

Untersuchungsgebiete

Über die Interviews mit den Produzenten konnten auch die jeweiligen Anbaugebiete in den Provinzen Sourou, Louroum, Yatenga, Bam, Oubritenga und Kadiogo (Karte 1) besichtigt werden. Teilweise wurden die Feldbesuche über die ANPHV ermöglicht, teilweise wurden Exporteure bei ihren Visiten der Anbaugebiete begleitet. Da der Aufenthalt zeitgleich mit der ersten Ausaat der Saison begann und mit der ersten Ernte der grünen Bohnen geendet hat, konnten die einzelnen Schritte des Anbaus und der Kommerzialisierung (Aussaat, Düngung, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Ernte, Transport, Aussortierung, Verpackung, Verladung...) selbst beobachtet werden, ein Umstand, der viel zum Verständnis der Situation beigetragen hat.

Karte 1: Lage der untersuchten Anbaugebiete

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigener Entwurf; Kartengrundlage: PIP 2003a

Zugang zum Feld

Die Kontaktaufnahme zu den Akteuren in Burkina Faso verlief im Allgemeinen ohne Probleme und die Gesprächspartner waren meist sehr offen gegenüber den Befragungen. Dies erschien angesichts der oftmals erlebten Schwierigkeiten beim Zugang zum Feld in den Sozialwissenschaften (vgl. Wolff 2000: 343f.), zumal in ungewohnten interkulturellen Settings, geradezu überraschend. Ein Grund dafür mag gewesen sein, dass die Beteiligten schon zuvor häufig von Entwicklungsorganisationen befragt worden sind und auch wir - als europäische Praktikanten im Landwirtschaftsministerium - als deren Vertreter angesehen wurden. Die damit verbundenen Erwartungen (und impliziten Rollenzuweisungen) können deshalb aber auch Einfluss auf die Aussagen gehabt haben. Insgesamt wurden 34 Interviews in Burkina Faso durchgeführt (s. Anhang). Während der Gespräche wurden Notizen gemacht und Zitate wörtlich notiert, die im Anschluss in Gedächtnisprotokollen (s. Anhang) zu-sammengefasst wurden. Tonbandaufnahmen erwiesen sich als wenig praktikabel, da das dazu nötige Vertrauen auf Seiten der Befragten nicht immer vorhanden war, trotz aller Offenheit gegenüber der Befragung an sich. Nach einigen Versuchen wurde deshalb darauf verzichtet. Manche Informationen ergaben sich auch aus weiteren Zusammentreffen, abseits der vereinbarten Interviewtermine, bei Einladungen, beim Begleiten von Produzenten auf ihren Feldern, auf den erwähnten Seminaren und bei den Besuchen am Flughafen.

Problematischer verlief der Zugang zu den Importeuren in Rungis in Frankreich. Deren "Immunreaktionen" (Wolff 2000: 343) gegen die Untersuchung verschoben den für Februar 2006 geplanten Aufenthalt in Paris auf Ende März. Dort wurden dann 'nur' zwei Interviews durchgeführt, zum einen mit einem Vertreter des gemeinsamen Verbandes von Im- und Exporteuren COLEACP, zum anderen mit einem Importeur grüner Bohnen aus Burkina. Über einen telefonischen Kontakt mit einem weiteren Importeur wurden die Informationen aus Rungis ergänzt.

3.3 Inhalt und Aufbau der Arbeit

Im Anschluss an diesen konzeptionellen Teil der Arbeit werden im Kapitel II zunächst allgemeine Grundlagen des Agrarhandels dargestellt. Nachdem zuerst auf Veränderungen im Handel mit traditionellen Agrarprodukte eingegangen wird folgt ein Überblick über die Entwicklung der exportorientierten Obst- und Gemüseproduktion in Entwicklungsländern. Danach wird die Bedeutung internationaler Handelsregeln und Präferenzsysteme sowie privatwirtschaftlicher Standards für Agrarprodukte erörtert. Abschließend werden Ver- änderungen im Lebensmitteleinzelhandel in der europäischen Union aufgezeigt.

Kapitel III bildet den Hauptteil der Arbeit und präsentiert die Ergebnisse der Feldforschung. Zu Beginn wird ein kurzer Überblick über den Aufbau der Wertschöpfungskette, deren zentrale Abläufe von der Produktion bis zur Abgabe der Ware an den Endkunden sowie über die Entwicklung der Produktion grüner Bohnen in Burkina Faso gegeben. Daran schließt sich eine Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungs-kette an. Nach einer Analyse der Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme der Weltbank wird die Agrarpolitik Burkina Fasos nach der Liberalisierung des Agrarsektors dargestellt. Dabei wird Bezug genommen zu Entwicklungsstrategien, die der Armuts-bekämpfung Priorität einräumen. Daraufhin wird über eine Auswertung der exportierten Mengen anderer afrikanischer Produktionsländer die Marktsituation für grüne Bohnen untersucht sowie die Gründe für die Veränderungen der letzten Jahre erörtert. Schließlich wird auf die Entwicklung des Lebensmittelrechts der europäischen Union eingegangen. Im Weiteren geht es um die Prozesse und Austauschbeziehungen zwischen den einzelnen Stufen und Akteuren der Kette. Als zentrale Akteure werden Produzenten, Lieferanten von Produktionsmitteln, Exporteure, Transport- und Transitunternehmer und Importeure näher vorgestellt. Daran anschließend wird - entsprechend dem GVC-Konzept und ausgehend von dem zuvor präsentierten empirischen Material - die Frage diskutiert, wie die Entscheidungsmacht innerhalb der Wertschöpfungskette verteilt ist, und welche Handlungsmöglichkeiten dadurch den Akteuren in Burkina Faso verbleiben. Der Fokus liegt hierbei auf den Beziehungen zwischen Produzenten und Exporteuren einerseits, Importeuren und Exporteuren andererseits sowie der zentralen Position von Fluggesellschaften, die die Raumüberwindung organisieren. Anhand einer Abschätzung, wie sich die Wertschöpfung innerhalb der Kette verteilt, soll zudem geklärt werden, welche ökonomischen Effekte auf lokaler Ebene entstehen. Schließlich werden Alternativen zum Export grüner Bohnen erörtert.

Kapitel IV präsentiert abschließend Schlussfolgerungen aus den erläuterten Entwicklungen. Dabei werden die zentralen Ergebnisse der Arbeit noch einmal thesenartig zusammengefasst, bevor die gegenwärtigen Produktions- und Konsumtionsmuster einer globalisierten Welt und ihre Auswirkungen auf Entwicklungsländer anhand des Fallbeispiels kritisch diskutiert werden.

II Allgemeine Grundlagen

1 Entwicklung des Handels mit Agrarprodukten

Traditionelle Agrarexporte aus Entwicklungsländern leiden seit Mitte der 1980er unter Absatzschwierigkeiten, fallenden Preisen und steigendem Wettbewerb. Als Konsequenz daraus wurden sogenannte nontraditional agricultural exports, vor allem aus dem Gartenbau (Obst, Gemüse und Schnittblumen) immer wichtiger, um den sinkenden Exporterlösen aus den traditionellen Cash Crops entgegenzusteuern (Raynolds 1994: 143).

1.1 Traditionelle Agrarprodukte

Die klassische Phase tropischen Agrarhandels (1930-1990)

Der Anbau und die Vermarktung traditioneller Agrarprodukte (vor allem Baumwolle, Kaffee, Kakao, Rohrzucker und Gummi) waren in der Kolonialzeit und auch in den ersten Jahrzehnten des Postkolonialismus meist in staatlicher Hand oder unter staatlicher Kontrolle. In vielen Ländern wurde das im Exportsektor zuvor dominierende Plantagensystem auf kleinbäuerliche Strukturen umgestellt. Die Kleinbauern wurden über kredit-basierte Ver- sorgung mit Produktionsmitteln, über Agrarberatung, Qualitätskontrolle und kooperative Vermarktungssysteme in ihrer Produktion unterstützt. Vor allem in frankophonen Ländern kamen oftmals Preisstabilisierungsmechanismen hinzu. Durch die Umstellung der Plantagenwirtschaft auf kleinbäuerliche Systeme bestand jedoch stets die Gefahr des Überangebotes, auch im Hinblick auf eine einkommensunelastische Nachfrage (wie bei Kaffee und Kakao) oder eine Gefährdung durch Substitute (wie bei Baumwolle und Gummi). Um dagegen anzugehen, förderten die produzierenden Staaten die Gründung internationaler Produzentenorganisationen. Seit Anfang der 1950er Jahre wurde so versucht, die Preise für Kaffee, Kakao, Rohrzucker und Naturgummi zu steuern, entweder durch Aufkauf von Überschüssen oder durch die Festlegung nationaler Ausfuhrquoten. Den Produzenten- organisationen gelang mit dieser Strategie bis in die 1980er Jahre hinein die Kontrolle der Weltmarktpreise. Die Lokalisierung der Weiterverarbeitungsschritte im produzierenden Land (z.B. Rösten beim Kaffee, Entkernungsanlagen und Spinnereien bei der Baumwolle) gelang jedoch nur teilweise.

Gesteuert wurden die Agrarketten somit horizontal über staatliche Monopole auf nationaler Ebene und Produzentenvereinigungen auf internationaler Ebene. Die vertikale Koordination lief über wenige internationale Handelsunternehmen beziehungsweise Makler aus den USA oder Westeuropa, die meist mit großen Mengen verschiedenster Agrarprodukte handelten und die es ihnen erlaubten, Kostenvorteile im Transport, bei der Lagerung und bei der Finanzierung zu nutzen. Die Koordination fand in der Regel rein marktlich statt, in Form eines losen Systems multipler und oft temporärer Zulieferer und Endkunden. Internationale Händler waren nur in wenigen Fällen direkt in die Produktion involviert. Der Handel lief größtenteils über private Verträge ab. Qualitätskonventionen, die zur Einteilung nach physischen Kriterien und Herkunft herangezogen wurden und zur Preisunterscheidung dienten, entstanden häufig unter Beteiligung der produzierenden Staaten und der Produzentenvereinigungen. Die Kosten der Qualitätskontrolle wurden oft sogar von den Händlern getragen. Die großen Terminwaren-börsen in London und New York wurden nur gelegentlich genutzt, um Überschüsse zu verkaufen, Risiken abzusichern und Mitnahmegewinne zu realisieren.

Nach 1980 begannen die Produzentenkartelle zusammenzubrechen, da vor allem in Asien neue Produzenten auftauchten, angezogen von den hohen Preisniveaus, die durch die Kartelle zuvor erreicht worden waren. Sie traten nicht den internationalen Abkommen zur Regulierung der Produktion bei oder hielten sich nicht an die Absprachen. Als Konsequenz daraus kam es zu Angebotsüberhängen und zu starken Schwankungen der Preise. Den Machtverlust der Produzenten nutzten die Händler, um ihre Position zu stärken (vgl. Gibbon 2001: 61f.).

Restrukturierung des Agrarhandels seit Beginn der 1990er Jahre

Im Zuge der Liberalisierung vieler Agrarmärkte produzierender Länder seit den 1980er Jahren wurden vormals staatliche Vermarktungsmonopole privatisiert oder liquidiert. In der Folge sind unterschiedliche Vermarktungsstrukturen entstanden. Wenn nicht privatisierte, früher staatliche Monopole mächtig geblieben sind und weiterhin dominierende Marktanteile haben, wie beispielsweise bei der Baumwolle in Westafrika, dann hat der freie Wettbewerb entweder zur Konkurrenz vieler privater Exporteure geführt, die sich dann rekonzentriert haben oder große private Händler - oft internationale Unternehmen oder ausländische Direktinvestoren - haben die nationale Produktion in verschiedene geographische Einheiten aufgeteilt. In den letzten beiden Fällen haben nationale Regierungen damit keinen direkten Einfluss mehr auf die Qualität und die Verfügbarkeit der Güter. Dies hat Versuche, internationale Agrarabkommen zu ihren Gunsten zu beeinflussen, unterminiert. Als Folge daraus sind die Weltmarktpreise nicht nur tendenziell fallend, sondern vor allem auch stärkeren Schwankungen ausgesetzt als früher. Auf der Nachfrageseite haben die Unsicherheiten bezüglich der Qualität und der Einhaltung der Lieferverpflichtungen eher die Position der Weiterverarbeiter gestärkt, während die internationalen Händler mit sinkenden Gewinnmargen und steigenden Risiken konfrontiert sind (Gibbon 2001: 64f.).

In den meisten Entwicklungsländern spielen staatliche Organisationen heute somit keine entscheidende Rolle mehr bei der Inwertsetzung der bäuerlichen Produktion durch Maßnahmen wie Kreditfinanzierung, Agrarberatung, Qualitätskontrolle, Preissicherung und Exportkoordinierung. Auf lokaler Ebene haben private Akteure diese Funktionen teilweise übernommen. Entsprechend haben sich auch die Steuerungsformen verändert. Die inter- nationale Koordination der produzierenden Länder ist fast vollständig verschwunden. Die vertikale Koordination über Marktbeziehungen besteht weiter, wird aber zunehmend ergänzt durch direktere Formen der Involvierung internationaler Händler oder Weiterverarbeiter in die Produktion in Entwicklungsländern. Nachfragegesteuerte Qualitätskonventionen gewinnen in Form von industrial oder civic coordination (vgl. Tab. 2) als Koordinationsformen an Bedeutung, während die Herkunft aus einem bestimmten Land heute kein entscheidendes Qualitätskriterium mehr ist. Warenterminbörsen werden unabhängiger von den tatsächlich gehandelten Gütern und dienen zunehmend spekulativen Anlagen, was sich über das überproportional angestiegene Volumen der dort gehandelten Objekte im Vergleich zu deren physischen Volumen belegen lässt (Gibbon 2001: 65f.).

Die Möglichkeiten für Entwicklungsländer zum Upgrading, d.h. der Verlagerung von zusätzlichen Aktivitäten innerhab der Wertschöpfungskette in das produzierende Land, sind wie früher prinzipiell vorhanden und oft zur schlichten Notwendigkeit geworden, um überhaupt weiterhin Zugang zu den Märkten der Industrieländer zu haben, zum Beispiel im Bereich der Standards zur Lebensmittelsicherheit. Das dafür nötige Prozess-Upgrading ist jedoch möglicherweise nur für diejenigen Entwicklungsländer wirtschaftlich rentabel, die bereits bestimmte economies of scale erreicht haben. Die Kosten dafür sind hoch, die Erträge dagegen äußerst unsicher (Gibbon 2001: 67).

1.2 Exportorientierte Obst- und Gemüseproduktion in Entwicklungsländern

Der Zuwachs beim weltweiten Export von Frischobst und -gemüse übertraf im letzten Jahrzehnt (1994 bis 2003) alle anderen landwirtschaftlichen Güter und ist um 51% im Wert und um 37% im Volumen gestiegen. 2003 wurden 73 Millionen Tonnen mit einem Exportwert von 45 Milliarden US-Dollar exportiert (Oldenziel et al. 2005: 10). Möglich wurde diese Expansion durch die steigende Nachfrage nach frischem Obst und Gemüse auch außerhalb der heimischen Saison und der wachsenden Beliebtheit von exotischen Nischenprodukten. Dank der Entwicklung von Kühlketten über große Entfernungen wurden eigentlich saisonale Produkte ganzjährig verfügbar. Für die Handelsunternehmen erschien der Obst- und Gemüsesektor attraktiv, da er ihnen eine hohe Mehrwertschöpfung versprach. Auch in der europäischen Union hat der Zuwachs bei den Importen von frischem Obst und Gemüse in den 1990er Jahren den aller anderen landwirtschaftlichen Produkte überstiegen (Singh 2002: 86). Aufgrund der geographischen Nähe zur EU wird die Nachfrage haupt-sächlich aus afrikanischen Ländern bedient. Daneben werden vor allem Handelspräferenzen (vgl. Kap. II/2.1) und die historisch engen Beziehungen einiger europäischer Länder zu Afrika mit der Dominanz afrikanischer Länder im Handel mit Frischwaren in Verbindung gebracht (Singh 2002: 86). Insofern unterscheidet sich der Sektor von Entwicklungen in anderen Bereichen, in denen Afrika zunehmend uninteressant für Investitionen und Handel wird4. Ermutigt durch den Erfolg von Ländern wie Kenia traten in den 1990er Jahren viele andere Länder in den Markt für Frischobst und -gemüse ein, zum Beispiel Tansania, Sambia und Zimbabwe. In Zukunft wird jedoch für die EU aufgrund sinkender Bevölkerungszahlen und einem bereits hohem Konsumniveau eine Marktsättigung erwartet, so dass sich der Wettbewerb der produzierenden Länder verschärfen wird (Singh 2002: 90). In den letzten Jahren verlagerten sich zusätzliche wertschöpfende Aktivitäten (wie die Vorverpackung der Ware oder die Zusammenstellung unterschiedlicher Gemüsesorten in Ready-To-Cook- Verpackungen) zunehmend in die produzierenden Länder, da dort die Arbeitskosten niedriger liegen. Dafür sind jedoch Investitionen in den Bau, den Erhalt und den Betrieb entsprechender Einrichtungen nötig (Singh 2002: 88).

2 Governance im Agrarhandel

2.1 Internationale Handelsregime und der Einfluss von Handelspräferenzen

Mechanismen, um internationale Märkte (bzw. die Beziehungen einzelner Länder ihnen gegenüber) zu regeln, werden unter dem Begriff Trade Regimes gefasst. Es handelt sich dabei um ein komplexes System von Regeln und Institutionen, die bisher alles andere als homogen und untereinander konvergent sind (vgl. Gibbon/ Ponte 2005: 34). Obwohl häufig angenommen wird, dass die internationalen Deregulierungstendenzen der letzten Jahre vor allem bedeuten, dass sich die Anzahl und die Geltung von regulierenden Normen reduziert, handelt es sich tatsächlich eher um einen Wechsel in Typ und Form der Regulierung hin zu einer Privatisierung der Regelsysteme mit zivilrechtlichen Konsequenzen und Haftungen anstelle staatlicher Kontroll- und Sanktionssysteme (Raikes et al. 2000: 10). Diese Entwicklung ist Ausdruck einer wirtschaftsliberalen Sichtweise, nach der der Staat nur die Spielregeln für wirtschaftliche Aktivitäten vorgeben, die Umsetzung aber dem Markt- geschehen überlassen soll, anstatt selbst in ökonomische Prozesse einzugreifen.

Das Ziel der 1994 gegründeten Welthandelsorganisation WTO ist die Harmonisierung der Normen zwischen Binnenmärkten und internationalen Systemen der Marktregulation. Das bedeutet, dass auf multilateraler Ebene nun nicht mehr nur - wie zuvor im General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) - klassische Freihandelsaspekte, wie zum Beispiel der Abbau von Zöllen und andere nationalen Handelsbarrieren, behandelt werden, sondern auch Aspekte, die zuvor als interne Angelegenheiten der einzelnen Länder angesehen wurden, selbst wenn sie Auswirkungen auf Handelsbeziehungen hatten. Kernprinzipien der WTO-Abkommen sind das Prinzip der Meistbegünstigung und das Prinzip der Reziprozität. Ersteres besagt, dass jeder Handelspartner allen anderen Partnern die selben Konditionen einräumen muss, die er seinem meistbegünstigten Partner zugesteht. Letzteres fordert die Gegenseitigkeit von Vereinbarungen zur Handlesliberalisierung, die einseitige Zuge- ständnisse von Seiten der Industrieländer ausschließt. Obwohl die WTO heute ein zentrales Element eines neuen internationalen Handelsregimes darstellt, ist sie gleichzeitig mit einer stetig wachsenden Zahl bilateraler Vereinbarungen konfrontiert, die Ausdruck eines schärferen Wettbewerbs um Marktbeherrschung zwischen führenden Handelsnationen und - blöcken sind. Das Ergebnis davon sind in sich inkonsistente und mitunter untereinander konfligierende Präferenz-, Ausnahme- und Konditionalitätssysteme. Einige von ihnen haben bestimmten afrikanischen Ländern, insbesondere denen Afrikas südlich der Sahara innerhalb des AKP-Präferenzsystems Chancen ermöglicht (Gibbon/ Ponte 2005: 35).

Multilaterale Abkommen der WTO

Seit Bestehen der WTO wurden Abkommen für die Landwirtschaft (Agreement on Agriculture AoA sowie Agreement on Sanitary and Phytosanitary Measures SPS), den Textilsektor und die Bekleidungsindustrie (Agreement on Textiles and Clothing ATC), geistiges Eigentum (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights TRIPs), Investitionen (Trade-Related Investment Measures Agreement TRIMs) und Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services GATS) sowie über technische Handelshemmnisse (Agreement on Technical Barriers to Trade TBT) verabschiedet.

Im AoA von 1994 wurde ein Abbau der Subventionen für die Landwirtschaft, insbesondere der Exportsubventionen, und eine Öffnung der Märkte für Agrargüter durch Zollsenkungen bis zum Jahr 2000 (bzw. 2005 für Entwicklungsländer) vereinbart. Die Umsetzung verlief jedoch sehr langsam. Im Gegenteil war in diesem Zeitraum in den Industrieländern sogar eine Erhöhung der Unterstützungsleistungen für die Landwirtschaft zu verzeichnen. Dies war möglich, da die Industriestaaten ihre Subventionen in Maßnahmen umschichten konnten, die im WTO-Abkommen von einer Reduktion ausgespart geblieben sind, da sie als nicht handelsverzerrend gelten. Zölle wurden vor allem in nicht-sensiblen Bereichen abgebaut, während Sektoren mit eigener hoher Produktion davon ausgenommen blieben. Das AoA sah einen Abbau aller nicht-tarifären Handelshemmnisse wie Quoten und Kontingente vor, die in Zollsätze übergeführt werden sollten. Die USA und die Europäische Union führten daraufhin jedoch bei bestimmten Produkten so hohe Zollsätze ein, dass sie selbst nach der vor- geschriebenen Reduzierung eine effektive Protektion gegen die Einfuhr aus Drittländern darstellten (dirty tariffication). Das AoA führte deshalb bisher nicht zu einem verbesserten Marktzugang für Entwicklungsländer und zu einem Zuwachs des Anteils der Entwicklungsländer im globalen Agrarhandel; im Gegenteil konnten die EU und die USA ihre Marktposition verbessern (Gibbon/ Ponte 2005: 55f.).

Ziel der Abkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutz- rechtlicher Maßnahmen (SPS) sowie über technische Handelshemmnisse (TBT) ist es, zum einen zu verhindern, dass Staaten Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzenschutz als technische Handelsbarrieren missbrauchen, zum anderen aber auch sicherzustellen, dass nationale Standards für Verbraucherschutz weiterhin gewährleistet sind. Die Maßnahmen zur Importkontrolle aus lebensmittelhygienischen Gründen dürfen nur auf Grundlage anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse und einer Risikobewertung erfolgen. Auch hier gelten das Gebot der Gleichbehandlung aller Exportstaaten sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und der Transparenz für alle Beteiligten (Boese 2005: 16). Nationale Standards müssen mit dem SPS konform sein. Das bedeutet für die Entwicklungsländer erhebliche Kosten, zum Beispiel für die Einführung von Risikoabschätzungsverfahren (Gibbon/ Ponte 2005: 65).

Handelspräferenzen über bilaterale Vereinbarungen

Im Gegensatz zu traditionellen Agrarprodukten, die oft von restriktiven Instrumenten der Handelspolitik betroffen sind oder unter marktverzerrenden Subventionen der Industrieländer für ihre eigene Produktion leiden (wie beispielsweise die Baumwolle) sind höherwertige Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Fisch und exotische Produkte davon weniger tangiert und profitieren im Gegenteil oft sogar von Handelspräferenzen (Albert 2005: 21). Alle OECD-Mitgliedsstaaten bieten - trotz der Harmonisierungsbestrebungen der WTO - bestimmten Entwicklungsländern produktspezifischen, präferierten Marktzugang durch niedrige Zölle bzw. Zollfreiheit oder durch die Festlegung von Quoten und Kontingenten. Durch die damit verbundene künstliche Verknappung des Angebotes wird der Preis auf einem höheren Niveau gehalten. Ziel ist es, die Produzenten in den Entwicklungsländern wettbewerbsfähiger zu machen. Die protektionistischen Präferenzen machen Importe aus den präferierten Ländern attraktiver als aus nicht-präferierten. Wenn die daraus entstehenden Renten an die Produzenten gehen, können diese ihre Produktion rentabler machen, indem Produktions-, Lagerungs- und Transportineffizienzen kompensiert werden. Wenn sie an die Nachfrager gehen, wird bei diesen die Profitabilität des Bezuges aus präferierten Staaten erhöht. Dadurch kann es zu einer Steigerung der Importe aus präferierten Ländern oder zu einer Verlagerung von Prozessen mit höherer Wertschöpfung in diese kommen (Stevens 2001: 47f.).

Eine Konsequenz daraus kann sein, dass Produzenten in nicht-präferierten Staaten nicht in der Lage sind, den Erfolg von Produzenten aus präferierten Staaten zu imitieren. Umgekehrt können Produzenten aus präferierten Ländern ihre Stellung in der Wertschöpfungskette verlieren, sobald die Präferenzen - wie im Rahmen der WTO-Harmonisierung vorgesehen - abgeschafft werden (Stevens 2001: 46).

Für den Handel mit der Europäischen Union ist vor allem das 1975 geschlossene Lomé- Abkommen mit den AKP-Staaten von Bedeutung. Es wurde bis 2000 in mehreren Runden verlängert und garantierte den AKP-Ländern den Zugang zum europäischen Markt bei vielen Gütern zu niedrigen Zöllen oder Zollfreiheit, ohne dass Reziprozität gefordert wurde. Über die (auslaufenden) Stabilisierungsfonds für Agrargüter (STABEX) und für mineralische Rohstoffe (SYSMIN) konnten AKP-Staaten Kompensationen erhalten, wenn die Erlöse am Weltmarkt eine bestimmte Untergrenze erreichten (Gibbon/ Ponte 2005: 51). Das Lomé- Abkommen wurde 2000 durch das Cotonou-Abkommen ersetzt, das vorsieht, in Zukunft mit einzelnen Ländern spezifische Präferenzabkommen zu schließen. Das Generalised System of Preferences (GSP) der Welthandelskonferenz UNCTAD zielte auf eine Tarifreduktion der Industrieländer für exportierende Entwicklungsländer ab, ohne Reziprozität einzufordern. Da aber hauptsächlich industrielle Güter vom GSP behandelt wurden, während Agrargüter weitgehend davon ausgeschlossen blieben, nützte es vor allem den asiatischen Staaten (Gibbon/ Ponte 2005: 45).

Obst- und Gemüseprodukte unterliegen in der EU allgemein nur moderaten Zollsätzen. AKP-Staaten (im Rahmen des Cotonou-Abkommens) und Least Developed Countries (LDCs) (im Rahmen der Everything but Arms-Initiative) sind bei den meisten Früchten und Gemüsesorten von Zöllen befreit. Für grüne Bohnen sind normalerweise je nach Saison zwischen 10,4% (Winter) und 13,6% (Sommer) des Exportwerts abzuführen (www.export- help.cec.eu.int, 26.04.06). Befreiungen davon gibt es jedoch für praktisch alle afrikanischen Lieferanten, auch für Ägypten und Marokko, obwohl sie weder unter das AKP- Präferenzsystem noch unter die Eyerything but Arms- Initiative fallen. Ägypten genießt über ein bilaterales Quotenpräferenzsystem in den Wintermonaten Zollfreiheit bei der Einfuhr. Marokko hat mit der EU über ein Assoziationsabkommen reziproke Liberalisierungs- maßnahmen für zahlreiche landwirtschaftliche Güter beschlossen.

Die Reduzierung der Zölle und die Eliminierung von Quoten bedeutet jedoch keine vollständige Hinwendung der EU zum Freihandel. Vielmehr können unter Umständen andere, nicht-tarifäre Handelshemmnisse - wie Vorschriften zum Lebensmittelrecht (s. Kap. II/2.3) - den Marktzugang für bestimmte Länder erleichtern oder erschweren (Stevens 2001: 58).

2.2 Die Bedeutung von Standards

Die Qualifizierung als lokaler Zulieferer für global agierende Unternehmen - und damit die Integration in globale Wertschöpfungsketten - ist zunehmend an die Einhaltung einer wachsenden Zahl von technischen, ökologischen und sozialen Standards gebunden. Diese globalen Standards gehen häufig von privaten, weltweit agierenden Akteuren, insbesondere Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen aus (Messner 2003: 103). Unternehmen versuchen damit aus Eigeninteresse, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen und damit ihr eigenes Risiko zu minimieren, gerade in sensiblen Märkten wie der Nahrungsmittelindustrie. Es hilft ihnen auch, sich durch Imagegewinne besser gegenüber Wettbewerbern zu positionieren. Außerdem können so eigene Kontrollkosten in globalen Wertschöpfungsketten gesenkt werden, wenn die Zertifizierung der Einhaltung dieser Standards Externen übertragen wird, deren Kosten die Lieferanten zu tragen haben.

Diese globalen Standards entstehen, obwohl es keine zentralen Institutionen in der Weltwirtschaft gibt, die deren Etablierung vorantreiben oder überwachen würden. Durch Standards können Transaktionskosten gesenkt und Erwartungssicherheit hergestellt werden. Über sie findet auch eine normative Zügelung des globalen Marktes statt, sie dienen sozusagen als soziale Legitimation.

Die globalen Politiknetzwerke, in denen die Standardbildung stattfindet, können durch drei Kernbegriffe charakterisiert werden (vgl. Messner 2003: 105f.):

- es handelt sich erstens um transnationale Multiakteurskonstellationen privaten und öffentlichen Zusammenwirkens aus unterschiedlichen geographischen und politisch verfassten Räumen,
- es sind zweitens verschiedene Governanceformen feststellbar, von kooperativer oder konfliktiver Netzwerksteuerung in der Standard-Setting-Phase über hierarchische Steuerung, Netzwerksteuerung oder Marktlösungen in der Zertifizierungsphase,
- es findet drittens die Normenbildung in Mehrebenen-Governance-Systemen über das Zusammenwirken lokaler Akteure, Regierungen, globaler privater Akteure und internationaler Organisationen statt.

Im europäischen Einzelhandel wurde seit 1997 das Protokoll EurepGAP (Euro-Retailer Produce Working Group Good Agricultural Practices) entwickelt, um die Durchsetzung von Arbeits-, Umwelt- und Hygienestandards in der Produktion und allen darauf folgenden Schritten der Kommerzialisierung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu garantieren und damit die Verwundbarkeit der Unternehmen gegenüber Verbraucherdruck und Kampagnen von NROs zu reduzieren. Für die Konformität mit EurepGAP müssen die Unternehmen in den Lieferketten etwa 400 Bedingungen erfüllen (Ogambi 2005: 20). Supermärkte können, wenn sie sich von EurepGAP-zertifizierten Produzenten beliefern lassen, verhindern, juristische Konsequenzen im Falle eines kontaminierten Produktes tragen zu müssen (MAHRH 2004c: 11). Insbesondere in Großbritannien verlangen viele Einzelhandels- unternehmen von ihren Lieferanten die EurepGAP-Zertifizierung. Daneben existieren zahl- reiche weitere Standards, wie etwa die Global Food Safety Initiative, ein globaler Standard für Nahrungsmittelsicherheit, unterzeichnet von 38 großen, international agierenden Supermarktketten. In einigen afrikanischen Ländern (Kenia, Sambia, Uganda, Zimbabwe) haben die Gemüseexportverbände frühzeitig eigene nationale Standards entwickelt, um den Anforderungen der Handelsunternehmen aus den Industrieländern an "ethisch vertretbare" Produktion zu genügen (Messner 2003: 105).

Entsprechende Standards könnten unter Umständen wirkungsvoller werden - auch in der Ausprägung von Produktions- und Handelsmustern - als alle Versuche der ökologischen und sozialen Weiterentwicklung multilateraler Abkommen. Bedenken gegen Standards zur Qualitätssicherung, die von Supermarktketten entwickelt werden, gibt es vor allem ange- sichts des fehlenden Einflusses der Landarbeiter und Kleinbauern bei deren Entwicklung. So wird ihr Signifikanzsystem nicht repräsentiert (z.B. beim Verbot von Kinderarbeit), sie müssen aber dennoch die vorgegebenen Kriterien erfüllen. Es besteht zudem die Gefahr, dass dadurch kleinere Strukturen, die den Kriterien nicht zuverlässig genügen können, von Wertschöpfungsketten ausgeschlossen werden (Freidberg 2004: 221f.).

3 Kontrolle des Endkunden: Trends im europäischen Einzelhandel

Expansion und Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel

In allen Ländern Europas dominieren heute große Einzelhandelsunternehmen den Verkauf von Lebensmitteln an private Konsumenten. Bis in die Mitte der 1980er Jahre hinein beschränkten sich die meisten Handelsunternehmen der Industrieländer auf ihre nationalen Märkte. Seitdem ist jedoch im Zuge der Liberalisierung der Kapital- und Gütermärkte auch im Einzelhandel eine Internationalisierung zu beobachten, und zwar sowohl in Form der Expansion auf Märkte mit starker heimischer Konkurrenz der gleichen Betriebsformen (für den Lebensmittelbereich: Supermärkte, Verbraucher- bzw. Hypermärkte, Discounter), als auch in die emerging economies in Südamerika und Südostasien. Gleichzeitig ist innerhalb der Konzerne die Gewinnmaximierung durch die Orientierung an der Shareholder-Value- Doktrin als zentrales Unternehmensziel in den Vordergrund gerückt. Damit einher geht ein Konzentrationsprozess der Einzelhandelsunternehmen und die weitgehende Verdrängung unabhängiger Einzelhändler oder kleinerer Betriebsformen. Als Folge davon konzentriert sich die Nachfrage gegenüber Nahrungsmittelerzeugern und Zwischenhändlern auf nur noch wenige Unternehmen.

In der Europäischen Union ist diese Entwicklung in den skandinavischen Ländern, im Vereinigten Königreich, in Frankreich und in Deutschland am weitesten fortgeschritten (vgl. Kulke 1997), während sich der kleinteilige Handel in den südeuropäischen Ländern Italien, Spanien und Griechenland noch stärker halten kann5.

Strategien zur Preis- und Kostenreduzierung

Die Handelsunternehmen waren in den letzten Jahren jedoch mit einem zunehmend gesättigten Markt konfrontiert. Die Reaktion der Unternehmen war eine verstärkte Orientierung an sogenannten cash-cow-Strategien: Für bereits etablierte, starke Produkte wurde Marktführerschaft durch aggressives Marketing und Preisaktionen angestrebt, während in Bereichen ohne Wettbewerb oligopolistische Preissetzungen erfolgten. Voraussetzung dafür waren Kostenvorteile, die durch die zunehmende Nachfragemacht erreicht wurden. Die Nachfragemacht des Handels entsteht durch die Diskrepanz zwischen der Bedeutung weniger führender Einzelhandelsketten für die Erzeuger und Lieferanten einerseits und die der vielen Erzeuger und Lieferanten für die Einzelhandelsketten andererseits. Diese starke Verhandlungsposition ermöglichte den Einzelhandelsunternehmen, vertragliche Präferenzen bei der Lieferung zu fordern sowie über Preisrabatte, Beteiligung an Werbekosten, Pauschalen für das Listen einer Ware etc. Kosten auf die Erzeuger abzuwälzen (Gibbon/ Ponte 2005: 20, für Frankreich vgl. Jacquiau 2000: 19-26).

Weiteren Auftrieb erhielten die Supermarktketten durch die Einrichtung eigener Distributionszentren und damit sinkenden Lager- und Transportkosten sowie durch die Umgehung der Großhändler über direkte Verhandlungen mit den Erzeugern (oder Importeuren). Über hohe Kaufvolumen wurden weitere Skalenerträge erreicht. Außerdem ermöglichte die Einführung eines Barcoding-Systems eine zeitnahe Erfassung aller Verkäufe. Eine just-in-time-Logistik wurde dadurch leichter und eine ständige Verfügbarkeit aller gelisteten Waren Normalität. Schließlich sorgte die Entwicklung eigener Marken für größere Profite und eine höhere Kontrolle über Produktmarketing und Produktentwicklung. Supermarktketten konnten dadurch ihre Produkte günstig verkaufen und trotzdem hohe Gewinne erzielen (Freidberg 2004: 173). In letzter Zeit konzentrierten sich die Handels- unternehmen, vor allem in Großbritannien, im Obst- und Gemüsebereich auf die Erzielung zusätzlicher Wertschöpfung durch Einführung vorverpackter Ware und Kombinationen verschiedener Gemüsesorten in Ready-To-Cook-Verpackungen (Singh 2002: 88).

Situation in Frankreich

In Frankreich hielten sich Gemüsehändler und -märkte zwar länger, trotzdem haben auch dort die Super- und Hypermarchés6 den kleinteiligen Einzelhandel weitgehend verdrängt (vgl. Abb.1).

Abb. 1: Anteil am Verkauf von Gemüse nach Betriebsform (2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Gruppe Carrefour, die 1963 ihren ersten Supermarkt eröffnete, wurde 1999 zum weltweit zweitgrößten Einzelhandelsunternehmen nach Wal-Mart (Freidberg 2004: 139). Anders als etwa bei Discountern in Deutschland wird in Frankreich jedoch versucht, das Bild eines Kleinhändlers zu kopieren, indem die Obst- und Gemüseabteilungen der großen Super- märkte oft wie Märkte aussehen. Damit soll ästhetischen Kriterien der Kunden beim Kauf genügt werden, bei trotzdem wesentlich niedrigeren Preisen (Freidberg 2004: 141).

III Die Wertschöpfungskette für grüne Bohnen

1 Präsentation der Wertschöpfungskette

Globale Wertschöpfungsketten unterliegen - wie in Kap. I/2.2 ausgeführt - sowohl exogener Regulierung als auch endogenen Steuerungsfaktoren. Beides hat Einfluss auf die Struktur der Kette und deren Veränderung. Darauf wird in den folgenden Kapiteln eingegangen. Zunächst sollen jedoch die einzelnen Etappen sowie die Akteure der Wertschöpfungskette und die historische Entwicklung des Anbaus grüner Bohnen in Burkina Faso kurz vorgestellt werden.

Karte 2: Die Wertschöpfungskette zwischen Burkina Faso und Frankreich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigener Entwurf

1.1 Einführung: Akteure und Stufen der Wertschöpfungskette

Grüne Bohnen, seit über 35 Jahren in Burkina Faso für den Export angebaut, haben nur einen Absatzmarkt: den Großmarkt in Rungis in Frankreich. Dort verteilen die ansässigen Importeure die Ware an Großhändler, Einzelhändler, Gastronomie und Supermärkte weiter. Die in Burkina Faso angebauten Sorten gehen fast vollständig in den Export. Auf dem lokalen Markt verbleibt nur die aussortierte Ware, die nicht den Qualitätskriterien der Importeure entspricht, sei es aufgrund ästhetischer Mängel (Größe, Form) oder wegen lebensmittelrechtlicher Bestimungen (z.B. bei Schädlingsbefall).

Abb. 2: Schema der Wertschöpfungskette

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Ouedraogo 2005: 3

Die Vermarktung grüner Bohnen aus Burkina ist auf die Monate Dezember bis März beschränkt, da zum einen nur in dieser Periode die klimatischen Bedingungen für den Anbau günstig sind7, zum anderen im europäischen Winter keine heimische Erzeugung möglich ist, trotzdem aber eine saisonunabhängige Nachfrage besteht.

Landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten lassen sich in vier Ebenen gliedern: Produktion, Transformation, Vermarktung und Konsum. Für die Produktion sind Inputs nötig - Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel. Der Transformationsschritt ist bei Frischwaren wenig ausgeprägt. Einzig durch das Verpacken werden sie in gewisser Weise weiterverarbeitet, ohne dass sie dadurch in ihrer Natur verändert würden. Dienstleistungen - Kredite, Beratung, Forschung und Risikoabsicherung - setzen auf den Ebenen Produktion, Transformation und Vermarktung an (vgl. Abb. 2).

Die Akteure, die an der Wertschöpfungskette in Burkina Faso beteiligt sind, sind in Tab. 4 aufgeführt. Direkte Akteure sind neben den Produzenten bzw. Produzentengruppen auch die Lieferanten, die die Produktionsmittel bereitstellen. Exporteure stellen den Kontakt zu den Importeuren her. Transit- und Transportunternehmen sorgen für die Organisation der Raumüberwindung zwischen Quell- und Zielort der Ware. Lokale Händler veräußern die nicht exportfähige Produktion. Staat, Entwicklungsorganisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen nehmen über Strategien, Projekte und Programme Einfluss auf die Kette. Banken und Kreditgeber schließlich sollen für eine Finanzierung der Aktivitäten in der Warenkette sorgen.

Tab. 4: Akteure der Wertschöpfungskette in Burkina Faso

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen

1.2 Entwicklung des Anbaus in Burkina Faso

Grüne Bohnen wurden während der französischen Kolonialzeit in Burkina Faso eingeführt. In den 1920er Jahren begannen Missionare in der Region um den Lac Bam (Kongoussi) mit dem Gartenbau (maraîchage) für den Eigenverbrauch.

Mit der Anlage großer Bewässerungsgebiete seit der Unabhängigkeit Obervoltas 1960 und dem Bau zahlreicher Wasserrückhaltebecken (Barrages) in vielen Regionen Burkinas - wie in der gesamten Sahelzone - begann auch die landwirtschaftliche Inwertsetzung der anliegenden Flächen. Ziel war es, Alternativen zum von variablen Niederschlägen abhängigen Regenfeldbau und zu Nahrungsmittelimporten zu schaffen. Damit sollte drohenden Nahrungsmittelengpässen vorgebeugt und die Ernährung der Bevölkerung diversifiziert werden (Freidberg 2004: 64). In der Gemüseproduktion für den Markt sah der Staat eine Gelegenheit, den Subsistenzbauern in der Trockenzeit ein Einkommen zu ermöglichen. In den ersten post-kolonialen Jahren entstanden zwei Bewässerungsgebiete am Ufer des Lac Bam etwa 100 km nördlich der Hauptstadt Ouagadougou durch die deutsche und holländische Entwicklungszusammenarbeit (MAHRH 2005: 28). 1966 wurde die neu gegründete regionale Kooperative SCOBAM (heute: Société des Coopératives Agricoles et Maraîchères du Burkina) mit der Bewirtschaftung der Flächen beauftragt. Zunächst wurden vor allem Tomaten, Auberginen, Zwiebeln und Tomaten angebaut. Mit den grünen Bohnen war Anfang der 1970er Jahre ein Exportprodukt aus dem Gemüseanbau gefunden. Burkina Faso war zu dieser Zeit Pionier auf dem französischen Markt der Gegensaison (Contre-Saison) und konnte durch seine komplementäre Produktion im europäischen Winter zur ganzjährigen Versorgung mit den in Frankreich beliebten Haricots Verts beitragen. Die französische Importfirma Sélection, die als erste grüne Bohnen aus Burkina importierte, konnte damit einen exklusiven Markt bedienen, auf dem hohe Preise zu erzielen waren. Die Chancen erkennend, die der Export der Bohnen zu dieser Zeit mit sich brachte, verstärkte der burkinische Staat sein Engagement in dem Sektor, indem er die Versorgung mit Produktionsmitteln, die Produktion und die Vermarktung unter dem Dach der halbstaatlichen UCOBAM (heute: Union des Coopératives Agricoles et Maraîchères du Burkina Faso) organisierte. Diese nationale Kooperative, die Produzentenvereinigung und Exporteur in einem war, entstand 1967 als Zusammenschluss von sieben regionalen Kooperativen (FENOP 2001: 13). Sie konnte die Produktionsmittel für den Anbau der grünen Bohnen über Vorschüsse der französischen Importeure ihrerseits den Produzenten vorfinanzieren. Bis in die 1980er Jahre hinein blieb Burkina führend auf dem französischen Markt (der Contre-Saison), bei einer jährlichen Produktion von 3000 bis 4000 Tonnen.

Mit der Liberalisierung des Agrarsektors Ende der 1980er Jahre im Rahmen der Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Weltbank zog sich der Staat sukzessive aus der Agrarberatung und der Kontrolle der Produktion und Vermarktung zurück (vgl. Kap. II/2.1). Schon zuvor hatte Präsident Thomas Sankara private Exporteure neben der UCOBAM zugelassen. Unabhängige Firmen konnten dadurch im Exportgeschäft tätig werden. Viele neue Entrepreneure versuchten sich ohne jede professionelle Erfahrung und ohne eigene Produktionskapazitäten im Exportgeschäft, indem sie den Kleinbauern die Bohnen, die für andere Abnehmer bestimmt waren, zu höheren Preisen abkauften. Nach stärkeren Fluktuationen pendelte sich die Anzahl der Obst und Gemüse exportierenden Firmen auf 10 bis 15 ein. Der Staat hatte erkannt, dass die vollständige Liberalisierung des Zugangs zum Exportsektor negative Anreize für Private geschaffen hatte. Exportlizenzen wurden daraufhin nur noch an Firmen vergeben, die nachweisen konnten, dass sie mindestens 100 Tonnen pro Saison liefern konnten (Freidberg 2004: 74).

Die exportierte Menge ist seit Beginn der 1990er Jahre dennoch rückläufig, in den letzten Jahren hat sich das Volumen deutlich reduziert. Dabei hat auch die UCOBAM stetig Anteile an Konkurrenten verloren. Während der Saison 2004/05 haben elf Exportfirmen zusammen nur noch 664 Tonnen nach Frankreich verschickt (Abb. 3).

Abb. 3: Exportvolumen 1984-2006 (Tonnen)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung, Datengrundlage: DGAC/ UCOBAM (2005)

1.3 Anbaugebiete

Die Gesamtfläche des Anbaus grüner Bohnen variiert stark von Jahr zu Jahr. Angaben dazu können nur geschätzt werden. Nach Angaben der Produzenten und der Exporteure liegen die Erträge zwischen drei und fünf Tonnen pro Hektar.8 Damit ergibt sich für die Saison 2004/2005 rein rechnerisch eine Flächeninanspruchnahme von etwa 130 bis 220 Hektar. Diese kann auf zwei Zyklen verteilt sein, d.h. auf der selben Parzelle kann maximal zwei Mal pro Saison gesät werden.

Nach den Erhebungen der Direction Générale des Previsions et des Statistiques Agricoles (DGPSA) des Landwirtschaftsministeriums wurden 2004/2005 in zehn der 45 Provinzen grüne Bohnen angebaut (Karte 3). Wie die Karte zeigt, konzentriert sich ein großer Teil der Produktion auf die Provinz Sourou, wo im Vallée de Sourou ein großflächiges staatliches Bewässerungsprojekt angelegt wurde. Der Nachteil des Gebietes ist jedoch seine Entfernung vom Flughafen in Ouagadougou. Die anderen bedeutenden Produktionszonen (Lac Bam in der Provinz Bam, Lac Dem in der Provinz Sanmatenga) liegen näher an Ouagadougou. Trotz eines vergleichsweise gut ausgebauten Straßennetzes (die meisten Nationalstraßen sind asphaltiert) ist die Erreichbarkeit der Felder, zumal mit LKWs, oft ungünstig, wenn sie nicht an das Straßennetz angebunden sind. Bei der Karte muss angemerkt werden, dass die geschätzten Produktionsmengen von den exportierten Mengen deutlich abweichen, ebenso die Produktionszonen von den Angaben der Exporteure über ihre Anbaugebiete9. Die befragten Exporteure benannten für die Saison 2005/2006 Erzeuger in den Provinzen Sanmatenga, Oubritenga, Bam, Sourou, Sissili, Kadiogo, Sanguie und Kourweogo10.

Stark schwankend ist auch die Zahl der beteiligten Kleinproduzenten. Bei einer in den Befragungen angegebenen durchschnittlichen Parzellengröße zwischen 400 und 1000 Quadratmetern ergeben sich rein rechnerisch (im obigen Beispiel bei 664 exportierten Tonnen) für die Saison 2004/05 mindestens 650 und höchstens 5500 petits producteurs11. Es muss betont werden, dass es sich hierbei um sehr theoretische Zahlen handelt. Realistischerweise dürften jedoch mehrere tausend Kleinbauern und ihre Familien in die Produktion eingebunden sein.

Karte 3: Anbau grüner Bohnen nach Provinzen 2004/05

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigener Entwurf, Kartengrundlage: PIP 2003a, Datengrundlage: DGPSA 2005

1.4 Ablauf einer Saison

Die Saison (vgl. Abb. 5) beginnt mit der Planung der Lieferungen zwischen Importeuren in Rungis und den Exporteuren in Ouagadougou. Abhängig von den Verkaufsaussichten in Rungis und den Produktionskapazitäten in Burkina werden Gesamtmenge, Zeitraum sowie wöchentliche Liefermengen vereinbart. Darüber wird in der Regel ein Vertrag geschlossen, der meist auch die geforderte Qualität, die Zahlungsweise (Fixpreis oder Kommissionspreis, s. Kap. II/4.2), den Zeitpunkt der Zahlung und gegebenenfalls eine Regelung über die Vorfinanzierung der für die Produktion nötigen Produktionsmittel beinhaltet.

Danach beginnen die Exporteure oder die Produzentengruppen mit der Bestellung des nötigen Saatguts, des Düngers und der Pestizide. Die erste Aussaat erfolgt im Oktober, nachdem die Ernte der Regenzeit eingefahren wurde. Da die grünen Bohnen keinen Starkregen verkraften, kann erst nach Niedergang des letzten Regens gesät werden. Die Exporteure bzw. die Produzentengruppen versorgen die einzelnen Kleinbauern mit den nötigen Produktionsmitteln.

Die Kulturpflege ist abhängig von der verwendeten Sorte, in der Regel muss jedoch alle zwei bis vier Tage bewässert werden. Die Parzellen liegen deshalb meist an einem Wasser- rückhaltebecken, aus dem manuell oder über Motorpumpen Wasser entnommen wird. Um Fäulnis zu vermeiden, müssen die Böden schnell trocknen können. Dies ist bei den vorherrschenden sandigen Böden der Fall (MAHRH 2005: 54). Zum Schutz gegen Wind sind die Parzellen oft von anderen Kulturen, zum Beispiel Mais, umgeben. Bei der Aussaat und nach 10 bis 15 Tagen wird NPK-Dünger aufgetragen, außerdem organischer Dünger. Eine vorbeugende Behandlung mit Pestiziden findet meist zweimal statt, wiederum nach 10 bis 15 Tagen und ein zweites Mal ca. eine Woche vor der Ernte (PIP o.J.). Abhängig von der Sorte kann etwa acht bis zehn Wochen nach der Aussaat erstmals geerntet werden. Bestimmte Sorten ermöglichen bis zu zwölf Ernten (jeden zweiten Tag) und decken damit einen Zeitraum von mehr als drei Wochen ab. Die früheste Ernte ist also Ende November möglich. Die letzten grünen Bohnen können im März geerntet werden. Danach belastet die Hitze die Pflanze zu stark, so dass die verbleibenden ein bis zwei Monate bis zum Einsetzen der Regenzeit nicht genutzt werden können.

Nach dem Pflücken werden die grünen Bohnen in Kartons von jeweils 4 Kilogramm verpackt und vom Exporteur nach Ouagadougou transportiert. Aufgrund der Verderblichkeit der Ware darf nicht zuviel Zeit zwischen Ernte und Ankunft der Bohnen in den Kühlräumen am Flughafen vergehen. Dort angekommen wird die Ware in den Packräumen im Frachtbereich des Flughafens erneut in Kartons verpackt (2-4 kg), wobei Bohnen schlechter Qualität aussortiert werden. Diese werden dann meist von Händlerinnen aufgekauft und lokal weiterverkauft. Die restlichen, für den Export bestimmten Bohnen werden in Kühlräumen gelagert und schließlich mit Passagier- oder Cargoflugzeugen nach Europa transportiert. Mit der Abwicklung der Zollformalitäten sowie der Verschickung und dem Empfang der Ware in Frankreich werden Transitspediteure beauftragt. In Europa werden die Bohnen schließlich über Importfirmen auf dem Großmarkt von Rungis an andere Großhändler, Einzelhändler, an die Gastronomie oder an Supermärkte weiterverkauft. Ein Teil der Ware geht über die Händler in Rungis auch direkt an Kunden in Großbritannien, Belgien, Italien und der Schweiz. Der Ablauf ist in Tab. 5 noch einmal zusammengefasst. Dabei handelt es sich allerdings um eine idealtypische Darstellung. Tatsächlich existieren zwischen den einzelnen Stufen und den jeweils relevanten Akteuren sehr viele Probleme und Unstimmigkeiten, so dass die "reibungslose" Organisation dieses Ablaufs selten gelingt. Darauf wird in den Kapiteln III/3 und III/4 näher eingegangen. Zunächst werden im folgenden Kapitel jedoch die externen Faktoren erläutert, die auf die Struktur der Wertschöpfungskette und auf die Aktivitäten innerhalb der Kette Einfluss haben.

Tab. 5: Ablauf einer Saison

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen

2 Einflussfaktoren auf die Wertschöpfungskette

Neben der Agrarpolitik in Burkina Faso beeinflussen vor allem die Verordnungen der EU bezüglich der Lebensmittelsicherheit die Aktivitäten innerhalb der Warenkette. Durch das Auftreten neuer produzierender Länder ist die Situation für burkinische Produzenten schwieriger geworden. Diese Aspekte finden im Folgenden nähere Betrachtung.

2.1 Agrarpolitik in Burkina Faso

2.1.1 Strukturanpassung im Agrarsektor

Hintergrund der seit den 1980er Jahren eingeführten Strukturanpassungsprogramme der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds war die zunehmende Verschuldung zahlreicher Entwicklungsländer, auch aufgrund sich verschlechternder Terms of Trade durch fallende Rohstoffpreise. Die Umschuldung der gewährten Kredite und die Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit wurde an die Erfüllung von Konditionalitäten gebunden, d.h. an die Durchführung von Reformen in den betreffenden Ländern gekoppelt. Über liberalisierte Märkte erhoffte man sich größere Effizienz und ein dynamischeres Wirtschaftswachstum. Der Staat sollte sich möglichst aus dem ökonomischen Leben heraushalten; denn die bisherigen staatsinterventionistischen Entwicklungsstrategien hatten aus Sicht von IWF und Weltbank nur zu wenigen Erfolgen geführt. Anstelle der Protektion und Subvention des heimischen Marktes sollte mit einer Steigerung der Exportfähigkeit eine verbesserte ökonomische Performance erreicht werden. Der allgemeine Wandel von import- substituierenden zu exportorientierten Entwicklungsstrategien in dieser Zeit verlief parallel zum Wandel der Bedeutung von angebotsorientierten hin zu nachfrageorientierten Wertschöpfungsketten (Gereffi 2001: 32).

Die durchgeführten Schritte beinhalteten in der Regel (vgl. Gibbon/ Ponte 2005: 199, Gibbon et al. 1993: 1-3)

- die Aufhebung von Maßnahmen zur Importsubstitution, welche die Preise eingeführter Güter und Produktionsmittel künstlich verteuerten,
- Reformen der Produzentenpreise, d.h. die Abschaffung festgelegter Abnahmepreise und Stabilisationskassen,
- die Liberalisierung des internen und externen Handels, zum Beispiel durch Aufhebung von Marktzugangsbeschränkungen,
- die Privatisierung von staatlichen oder halbstaatlichen Vermarktungssystemen, die als ressourcenintensiv, ineffizient und korruptionsanfällig galten,
- die Kürzung der Staatsausgaben und die Freigabe des Wechselkurses bzw. die Abwertung der Inlandswährung zur Wiederherstellung eines Zahlungsbilanzgleichgewichts.

Für die Landwirtschaft als Schlüsselsektor der meisten Entwicklungsländer wurden detaillierte Anpassungsprogramme erarbeitet.

Dem vorangegangen war ein Paradigmenwechsel in der Weltbank. Mit dem 1981 vorgelegten Berg-Report standen nun neoklassische Ansätze im Zentrum der Analysen und Strategien. In den Jahren zuvor hatte sich die Weltbank - nach der Förderung landwirtschaftlicher Großprojekte in den 1960er Jahren - noch verstärkt kleinbäuerlich orientierten ländlichen und regionalen Entwicklungsprogrammen zugewendet, bei denen die landwirtschaftliche Modernisierung mit der Bereitstellung physischer und sozialer Infrastruktur verbunden wurde. In beiden vorangegangenen Phasen wurde dem Staat eine Schlüsselrolle in der Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte und in der Projektdurchführung zuge-standen (Gibbon et al. 1993: 7).

Strukturanpassung in Burkina Faso

In Burkina Faso begann die Strukturanpassung erst Ende der 1980er Jahre. Nach der marxistischen Revolution in Obervolta 1983 - die Umbenennung in Burkina Faso erfolgte 1984 - begann die politische Führung unter Thomas Sankara eine auf Selbstversorgung und Unabhängigkeit ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Sie knüpfte dabei an eine politische Tradition an, in der staatliche Planung als zentral für die Entwicklung des Landes angesehen wurde.

Die Einschränkung des freien Warenverkehrs wurde als notwendiges Mittel dafür erachtet. Händler wurden über die Mitgliedschaft in sogenannten Groupements d'Intérêts Economiques kontrolliert, und die Kommerzialisierung und der Export wichtiger landwirtschaftlicher Produkte (Reis, Baumwolle, Zucker, Erdnuss, Karité, Sesam, Obst und Gemüse) lag in der Verantwortung parastaatlicher Kooperativen (MARA 1996: 2). Diese organisierten auch die Versorgung der Kleinproduzenten mit den für den Anbau nötigen Inputs. Wer als privater Händler Güter ausführen wollte, musste eine spezielle Lizenz beim Staat beantragen.

Die Importe von Reis, Zucker und Weizen wurden ebenfalls über die Kooperativen organisiert. Zudem kontrollierte der Staat die Preise der wichtigsten in Burkina verkauften Grundnahrungsmittel über die Direction des Prix im Handelsministerium. Speziell zur Sicherung der Getreideversorgung und der Stabilisierung der Getreidepreise intervenierte das Office Nationale des Céréales (OFNACER). Aufgrund geringer finanzieller Mittel und verspäteter Eingriffe blieb der Einfluss des OFNACER auf den Getreidemarkt jedoch gering. Reis wurde über die Caisse Générale de Péréquation zu Preisen unterhalb der Produktionskosten verkauft. Der Verlust wurde über Gewinne aus der Kontrolle der Reisimporte ausgeglichen, die teurer verkauft wurden.

Für die Baumwolle, die unter Aufsicht der halbstaatlichen Société Burkinabè des Fibres Textiles SOFITEX stand, wurden die Produzentenpreise ebenfalls durch den Staat vor jeder Saison festgelegt. Sie orientierten sich an den Produktionskosten und blieben so auch bei Schwankungen des Weltmarktpreises stabil (vgl. MARA 1996: 1-6).

Entgegen den Annahmen der Weltbank wies Burkina Faso in diesen Jahren ein vergleichs- weise hohes Wirtschaftswachstum auf und erreichte Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft.

Nach dem Sturz Sankaras 1987 leitete der neue Präsident Blaise Compaoré eine Abkehr vom Sozialismus und der Idee einer autozentrierten Entwicklung ein. Burkina Faso orientierte sich wieder verstärkt an westlichen Wirtschafts- und Entwicklungsstrategien. Zahlreiche Geber kehrten daraufhin nach Burkina zurück. 1989 entstand ein Policy Framework Paper zwischen Weltbank, IWF und der burkinischen Regierung, in dem die Freigabe der Produzentenpreise, die Liberalisierung und Deregulierung des Handels sowie die Eliminierung von Steuern auf Exporte vereinbart wurde. 1991 wurde mit der Verabschiedung eines Document Cadre de Politique Economique zwischen dem IWF und der Regierung die Umschuldung im Pariser Club erreicht; gleichzeitig erhielt das Land Hilfen zur Strukturanpassung von der Weltbank und eine Fazilität des IWF (vgl. MARA 1996: 11- 13). In den nächsten Jahren folgten Initiativen zur Förderung der Privatwirtschaft und des Exportsektors, die Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Banken sowie die Konsolidierung des staatlichen Haushalts (vgl. MARA 1996: 13). 1994 wurde schließlich die Gemeinschaftswährung frankophoner Staaten Westafrikas, der Franc CFA, um 50% abgewertet, um die Zahlungsbilanzen der Länder zu verbessern, blieb aber an den französischen Franc und später an den Euro gekoppelt.

Das Programme d'Ajustement du Secteur Agricole (PASA)

Die im Programm zur Strukturanpassung in der Landwirtschaft (Programme d'Ajustement du Secteur Agricole PASA) festgelegten Maßnahmen sahen den Rückzug des Staates aus der Produktion und Distribution von Agrarprodukten vor, während Agrarforschung, Ausbildung und Infrastrukturbereitstellung in seiner Zuständigkeit bleiben sollten. Bei Produkten, die für den nationalen Markt bestimmt waren, sind der Handel und die Preise vollständig freigegeben worden, sofern es sich um Güter handelt, die keiner Konkurrenz durch Importe unterliegen, wie Mais, Hirse und Sorghum. Dementsprechend wurde die OFNACER 1993 aufgelöst und es bestehen seitdem keine Eingriffe mehr in die freie Preisbildung. Bei Produkten, die mit Importen konkurrieren (wie Reis, Zucker und Weizen) wurde die freie Warenzirkulation und Preisbildung durch einen tarifären Schutz begleitet, der nach und nach abgebaut werden sollte. Für exportorientierte Produkte sah das PASA ebenfalls den Abbau aller Systeme zur Preisfixierung und zur Beschränkung des Zugangs zum Exportsektor vor. Ausgenommen davon blieb die Baumwolle, deren Produktion, Transformation und Kommerzialisierung zunächst weiterhin unter der halbstaatlichen SOFITEX organisiert werden sollte (MARA 1996: 16).

Die Réforme Agricole et Foncière

1984 wurden mit der Réforme Agricole et Foncière (RAF) alle bisher nicht-okkupierten Flächen verstaatlicht. Die 1991 erfolgte Reform der Bodenordnung verankerte erstmals das Privateigentum an Grund und Boden in der Gesetzgebung. Die Implementierung des modernen Bodenrechts in den Dörfern steht jedoch in Konflikt mit den traditionellen Systemen der Landzuweisung:

Ce n'est pas facile parce que vous arrivez dans un village ou la terre appartient à la communauté […] Avant l'arrivé de l'administration moderne il y avait l'administration locale, la chefferie, le chef coutumier, qui n'ont pas disparu […] Il y a un conflit effectivement entre ce que la loi moderne dit et veut et ce que les pratiques coutumières font et continuent à faire." (Interview ehem. UCOBAM-Direktor, 2005)

Für die Praxis der dörflichen Landnutzung blieben sowohl die Versuche staatliches als auch privates Eigentum einzuführen erfolglos. Die Frage privater Rechtstitel bleibt im ländlichen Raum ohne tiefere Bedeutung (Stamm 1996: 115). Sehr wohl eine Rolle spielt die RAF aber bei staatlichen Bewässerungsgroßprojekten. Für den Anbau grüner Bohnen sind hier vor allem die Bewässerungsprojekte im Vallée de Sourou am Mouhoun (Schwarzer Volta) sowie in Bagré am Nakambe (Weißer Volta) wichtig. Im Vallée de Sourou, ein 16.000 Hektar großes Bewässerungsgebiet, das auf Pläne aus der Kolonialzeit zurückgeht und unter Thomas Sankara als Symbol nationaler Nahrungsmittelselbstversorgung entwickelt wurde, werden bereits grüne Bohnen angebaut, in Bagré sind Perimeter dafür geplant. Im Gegensatz zum Vallée de Sourou sollen dort auch Flächen im Privatbesitz von Investoren der Produktion grüner Bohnen dienen.

Konsequenzen der Strukturanpassung für den Obst- und Gemüsesektor

Mit dem PASA wurde die Möglichkeit für Produzenten, ohne Umweg über die regionalen Kooperativen der UCOBAM direkte Verträge mit Exporteuren einzugehen, gestärkt. Der Staat zog sich außerdem aus dem Management und der Finanzierung der UCOBAM zurück. Zuvor waren die Geschäftsführer auf zentraler und regionaler Ebene von der Regierung nominiert worden. Auch das Exportprivileg bei der Luftfracht in Form einer bevorzugten Behandlung bei der Belegung des Frachtraums von Air Afrique, das die UCOBAM gegenüber anderen Exporteuren innehatte, wurde abgeschafft (MARA 1996: 20).

Die 1987 gegründete staatliche Firma FLEX-FASO, die auf staatlichen Flächen Obst (v.a. Mangos) anbaute und Kaschubäume (Cashewnuss) pflanzte, wurde 1995 privatisiert, indem der staatliche Anteil am Stammkapital von 95% auf 25% reduziert wurde. Bedingung an die privaten Investoren war die Übernahme aller Schulden des Betriebs. Das stellte sie vor große Schwierigkeiten und der Betrieb musste schließlich Insolvenz anmelden. Ähnlich erging es der in Bobo-Dioulasso ansässigen Firma SAVANA, die Obst und Gemüse verarbeitete und vor allem Fruchtsäfte herstellte. Sie wurde nach ihrer Privatisierung von der schweizerisch-malischen Gruppe Aiglon übernommen, aber bald darauf, 1998, liquidiert.

Die Abwertung des FCFA 1994 hatte zwar die Konsequenz, dass die Exportprodukte billiger wurden, führte jedoch gleichzeitig zu einer Verteuerung der Importe. Als Folge daraus stiegen die Produktionskosten an, da Dünger, Saatgut und Pestizide importiert wurden. Dies konnte auch nicht durch die Reduktion des Zollsatzes auf Dünger von 56% auf 11% im Jahr 1992 ausgeglichen werden. Auch die Kosten für den Transport der Luftfracht erhöhten sich im Falle der grünen Bohnen von 280 FCFA pro Kilogramm auf 600 FCFA pro Kilogramm. So kam es letztlich zu einer Stagnation der Verkaufspreise aufgrund der Verdoppelung der Preise für die Produktionsmittel (CFD 1997: 7).

2.1.2 Agrarpolitik seit der Strukturanpassung

Seit einigen Jahren ist die Armutsbekämpfung in das Zentrum der Entwicklungsbemühungen nationaler Regierungen und internationaler Geber gerückt. Dies ist auch in Zusammenhang mit den Auswirkungen der Strukturanpassung in vielen Entwicklungsländern zu sehen, die vulnerable Bevölkerungsgruppen häufig in noch prekärere Verhältnisse gedrängt hat. Für Länder wie Burkina Faso, in denen der Agrarsektor eine herausragende Bedeutung in der nationalen Ökonomie besitzt (Tab. 6), nimmt die ländliche Entwicklung eine zentrale Rolle in den Bemühungen zur Armutsbekämpfung ein (weitere Strukturdaten s. Anhang).

Tab. 6: Bedeutung des Agrarsektors in Burkina Faso

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: SP/CPSA 2004: 3, AFD 2003: 1. Anmerkung: Die Angaben beziehen sich auf die Jahre 2003 und 2004.

Burkina Faso hat in seinem Poverty Reduction Strategy Paper im Rahmen der HIPC- Entschuldungsinitiative von Weltbank und IWF die Bedeutung des ländlichen Raums für die Armutsbekämpfung bekräftigt. Der Agrarsektor stellt dabei die tragende Säule der ländlichen Entwicklung dar. Burkina Faso strebt neben der Ernährungssicherung eine vom Privatsektor getragene Exportdiversifizierung an, um zwei Ziele zu erreichen: Zum einen soll die Vulnerabilität der ländlichen Bevölkerung und des Staates gegenüber Preisschocks der Baumwolle verringert werden, die bisher als wichtigstes Exportprodukt zu etwa 60-70% der Exporterlöse beiträgt (World Bank 2005a). Zum anderen erhofft man sich über steigende Einkommen im ländlichen Raum auch eine größere Unabhängigkeit gegenüber klimatischen Schwankungen, die die Eigenversorgung der Bevölkerung periodisch gefährden. Die Förderung des Obst- und Gemüsesektors wurde in diesem Zusammenhang eine nationale Priorität (vgl. dazu die Ausführungen im PRSP, MEF 2000: 35), was seinen Ausdruck fand im Journée Nationale du Paysan 2003, der unter dem Thema "Relance de la filière fruits et légumes comme contribution à la lutte contre la pauvreté au Burkina Faso" stattgefunden hat (MAHRH 2005: 18). Infolgedessen wurden im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums eine Studie über den Obst- und Gemüsesektor (MAHRH 2004a) sowie ein Aktionsplan ausgearbeitet (MAHRH 2004b).

Im Rahmen dieser übergeordneten Ziele haben sich die internationalen Geber in vielfältiger Weise mit Programmen im Agrarsektor engagiert. Für den Sektor der exportorientierten Obst- und Gemüseproduktion sind vor allem Programme der Weltbank und der französischen Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung.

Programme der Weltbank

Die Weltbank finanzierte von 2000 bis 2004 das Programm Développement d’Irrigation Privée et des Activités Connexes (DIPAC) mit einem Kredit in Höhe von 5,2 Millionen US- Dollar (World Bank 2005b). Ziel des Projektes war die Bereitstellung privater, nachfrageorientierter Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur Entwicklung eines effizienten und nachhaltigen, kleinbäuerlichen Bewässerungssektors in Burkina. Haupt- bestandteile des Programms waren die Förderung neuer Bewässerungstechnologien, die Dezentralisierung der Distributionssysteme für Dünger und Pflanzenschutzmittel, die Unterstützung der Forschung über Transformations- und Konservierungsmethoden bei bestimmten Gemüsesorten (um ein saisonal ausgeglicheneres lokales Marktangebot zu schaffen), die Suche nach neuen Absatzmärkten in Holland und Frankreich sowie die Einrichtung eines Garantiefonds (s. Kap. III/3.1) zur Absicherung von Krediten für Klein- produzenten.

Die Weltbank hat außerdem im Rahmen des Projet National de Développement du Secteur Agricole II (PNDSA II) dem burkinischen Staat einen Kredit über 440 Millionen FCFA für die Renovierung der Kühlhäuser und der Verpackungshalle am Flughafen Ouagadougou bereitgestellt. Die neuen Einrichtungen wurden im November 2005 offiziell in Betrieb genommen (Kayorgo 2005).

Projekte der Agence Française de Développement (AFD)

Die französische Entwicklungszusammenarbeit hat über die AFD die Filière Fruits et Légumes im Zusammenhang mit dem PASA von 1996 bis 2001 gefördert. Die Hilfen in Höhe von 2,6 Millionen Euro waren zum einen für die organisatorische und finanzielle Restrukturierung der UCOBAM vorgesehen, zum anderen als Unterstützung von Projekten des Exportverbandes APEFEL/B. Nach Unstimmigkeiten mit der APEFEL/B wurde deren Etat jedoch nur zur Hälfte ausgeschöpft (AFD 2003: 13) und die Zusammenarbeit vorzeitig beendet (s. Kap. III/3.3).

2.2 Der Aufstieg der afrikanischen Konkurrenz

Die Produktion grüner Bohnen benötigt nur relativ geringe Anfangsinvestitionen und hat einen kurzen Anbauzyklus. Das macht die Kultivierung für viele Länder, in denen die klimatischen Bedingungen dafür gegeben sind, attraktiv (MAHRH 2004c: 3).

Burkina Faso war - wie erwähnt - einer der Pioniere des Exports grüner Bohnen und blieb bis in die 1980er Jahre hinein während der Wintermonate mit führend auf dem französischen Markt. Die exportierten Mengen waren gering, aber die Exklusivität der Ware erlaubte hohe Preise und Gewinnmargen auf allen Stufen der Kette.

Der allgemeine Aufschwung bei Frischwaren in den Ländern des Nordens weckte das Interesse von Entwicklungsorganisationen, Agrarexperten und Regierungsmitgliedern von Entwicklungsländern, wurde doch im Anbau von Obst und Gemüse eine Möglichkeit gesehen, die Abhängigkeit von traditionellen Rohstoffen und Agrarprodukten, die seit den 1980er Jahren in einer Krise steckten (s. Kap. II/1.1), zu überwinden. Afrikanischen Ländern wurden komparative Vorteile in der Produktion von Obst und Gemüse zugesprochen; denn sie verfügten über günstige klimatische Bedingungen, waren relativ nah am europäischen Markt, genossen in der Regel präferierten Marktzugang und hatten ein großes Angebot an billiger Arbeitskraft (Dolan et al 1999: 22). Angesichts der Tatsache, dass der größte Teil des Obst- und Gemüseanbaus bisher nicht auf Plantagen oder Großfarmen betrieben wurde, sondern überwiegend in der Hand von Kleinbauern lag, die diese Erzeugnisse im traditionellen Gartenbau kultivierten, sah man in der Förderung des Sektors auch eine Chance, nachhaltige Effekte bei der Armutsbekämpfung zu erreichen. Vertragsanbau zwischen Kleinbauern und Agro-Unternehmern wurde in entwicklungspolitischen Strategien als 'dynamische Partnerschaft' (Freidberg 2004: 73) angesehen, die den Markt,- Kapital- und Technologiezugang der Entrepreneure mit der Mobilisierbarkeit kostengünstiger Familienarbeitskraft der Kleinbauern verbindet. So kam es in zahlreichen afrikanischen Ländern zu Projekten zur Förderung des Gartenbaus.

Die Importe grüner Bohnen in die EU sind in den letzten Jahren überdurchschnittlich gewachsen, die Nachfrage scheint unbegrenzt. Die Einfuhr grüner Bohnen aus Nicht-EU- Ländern in die Europäische Union ist innerhalb von 15 Jahren von knapp 33.000 Tonnen 1989 auf fast 160.000 Tonnen 2004 gestiegen und hat sich damit fast verfünffacht (vgl. Abb. 4). 2005 bezogen die EU-Länder grüne Bohnen aus 28 verschiedenen Ländern12, darunter 15 afrikanische.

Abb. 4: Einfuhr grüner Bohnen in die EU 1989-2004 (Tonnen)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Coleacp/ Eurostat 2005

Auch die AKP-Länder konnten ihre Exporte - absolut betrachtet - steigern. Sie erhöhten sich von ca. 32.500 Tonnen 1996 auf ca. 44.800 Tonnen 2004 (Coleacp/ Eurostat 2005). Relativ gesehen ist ihr Anteil jedoch drastisch zurückgegangen, von 57% in 1996 auf 28% im Jahre 2004. Burkina Faso hat in dieser Periode auch absolut verloren (Abb. 5) und so Jahr für Jahr Marktanteile eingebüßt.

Abb. 5: Entwicklung der Importe grüner Bohnen in die EU 1996-2004 (Index 1996 = 100)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Coleacp/ Eurostat 2005

Profitiert von der erhöhten Nachfrage haben vor allem Marokko und Ägypten. Sie konnten ihre Nähe zum europäischen Markt ausnutzen und ihre Exporte überproportional steigern (vgl. Karte 4). Gerade Marokko hat ein starkes Wachstum bei der Produktion zu verzeichnen. Dies ist hauptsächlich auf Investoren aus Spanien zurückzuführen, die ihre Gemüseproduktion zunehmend auf das angrenzende Land ausdehnen. Die oft bereits für die Supermarktregale fertig verpackte Ware kann von Marokko leicht per LKW nach Europa transportiert werden und erreicht so Kostenvorteile gegenüber Ländern, die auf den Lufttransport angewiesen bleiben. Auch Ägypten hat seine Produktion stark ausgeweitet und liegt nur noch wenig hinter dem jahrelang führenden Kenia. Ägyptische Erzeuger konnten von einem durch USAID finanzierten Programm ihre Produktionsbedingungen und die Qualität ihrer Bohnen verbessern.

Im Senegal, dem AKP-Land mit der zweithöchsten Produktion, sind durch ein von der Weltbank finanziertes Programm logistische Einrichtungen (Verpackungszentren und Kühlräume) für den Export entstanden. Der Export grüner Bohnen und anderer Gemüsesorten konzentriert sich hier zunehmend auf große, oft von Europäern und Libanesen gemanagte Exportfirmen, die auf Großbetrieben in eigenem Besitz produzieren, unterstützt durch Programme der bilateralen oder multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

In Kenia ist aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen ein ganzjähriger Anbau möglich. Dort kontrollieren die sechs größten Exportfirmen, überwiegend in der Hand von Europäern, etwa 70% aller Gemüseexporte, die sie auf eigenen Flächen anbauen, während die Zahl der Kleinbauern, die in die Wertschöpfungsketten eingebunden sind, stark zurückgegangen ist (Dolan/ Tewari 2001: 101). Die Supermärkte im Vereinigten Königreich, größte Abnehmer kenianischer Exporte, sahen sich seit den 1990er Jahren zunehmenden zivilgesell- schaftlichem Druck hinsichtlich der Verbesserung von Arbeits-, Umwelt- und Hygiene- bedingungen ausgesetzt (z.B. die Ethical Trading Initiative), die sie dazu veranlassten, sich auf wenige große, zuverlässige Versorger zu konzentrieren, bei denen sie sicher sein konnten, dass die entsprechenden Standards auch eingehalten würden (Freidberg 2004: 183f.). Über joint ventures mit Luftfrachtanbietern konnten die Exportfirmen auch die Logistik und Distribution verbessern (Dolan/ Tewari 2001: 98). In Kenia ist auch ein Upgrading der Gemüseketten in Form einer Verlagerung wertsteigernder Aktivitäten zu beobachten, insbesondere die Endverpackung in Plastikbeutel oder Plastikschalen (dann auch als Ready-to-cook-Mix verschiedener Gemüsesorten), um sie direkt an die Supermärkte liefern zu können. Der Grund dafür sind die im Vergleich zu Europa wesentlich niedrigeren Arbeitskosten (vgl. Freidberg 2004: 108, Dolan et al. 1999).

In Simbabwe, das sich erst in jüngerer Zeit in den Handel lanziert hat, wird der Sektor ebenfalls von wenigen großen Exportfirmen dominiert, die sich von Plantagen versorgen lassen (Dolan et al. 1999: 23). In Sambia dagegen begann Ende der 1990er Jahre eine von USAID und der japanischen Entwicklungszusammenarbeit unterstützte Initiative zur Förderung des kleinbäuerlichen Gemüseanbaus. Der Anlass dafür war die Gefahr, dass Sambia ganz aus den Wertschöpfungsketten für Obst und Gemüse herausfallen würde, denn die bisherigen, mehrheitlich weißen Vertragsfarmer hatten sich angesichts mangelnder Profite aus der Produktion zurückgezogen. Die Kleinbauern, so hoffte man, würden auch mit niedrigeren Einkommen zufrieden sein (Freidberg 2004: 123).

Haupteinfuhrländer für Importe grüner Bohnen aus Drittländern sind (in dieser Reihenfolge) Frankreich, Spanien, Großbritannien, Holland, Belgien/ Luxemburg, Italien und Deutschland. Die Auswertung der Haupteinfuhrländer der EU lässt jedoch nicht notwendigerweise darauf schließen, dass die grünen Bohnen auch tatsächlich in diesem Land konsumiert werden. Die Erfassung findet an Flughäfen, Häfen oder Außengrenzen statt, an denen die grünen Bohnen ankommen, nicht an dem Ort ihres Verkaufs an den Endverbraucher.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karte 4: Entwicklung des Exports grüner Bohnen in die EU 1998-2004

Quelle: eigener Entwurf, Datengrundlage: Coleacp/ Eurostat 2005

2.3 Anforderungen der Europäischen Union bei der Einfuhr von

Lebensmitteln

Die Europäische Union ist der weltweit größte Importeur von Lebensmitteln und der größte Markt für Einfuhren aus Entwicklungsländern (Europäische Kommission 2004: 19). Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt, ist die EU Hauptabnehmer von grünen Bohnen aus afrikanischen Ländern. Beim Handel mit Lebensmitteln gelten strenge Verbraucher- schutzregeln, die unabhängig von der Herkunft des Produktes beachtet werden müssen.

Die Regelungen zur Sicherheit von Lebensmitteln

Mit dem Ziel, die Lebensmittelsicherheit für die Verbraucher zu verbessern, wurde das Lebensmittelrecht der europäischen Union seit den 1990er Jahren in umfassender Weise geändert und harmonisiert. Anlass dafür waren verschiedene Lebensmittelskandale in den 1990er Jahren (wie BSE, Salmonellen, dioxinverseuchte Lebensmittel, gepanschtes Olivenöl), die das Vertrauen der Konsumenten in die Nahrungsmittelindustrie erschüttert hatten (Europäische Kommission 2004: 3). Bereits seit 1991 verpflichtet das Prinzip der Due Dilligence die Inverkehrbringer von Lebensmitteln zu "größter Sorgfalt" und macht sie verantwortlich, sicherzustellen, dass keine Gefahren von den Produkten ausgehen. Die Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, die bis 2005 schrittweise eingeführt wurden, richten sich auf die gesamte Produktions- und Vertriebskette vom Erzeuger bis zum Verbraucher, unabhängig davon, ob die Lebensmittel innerhalb der EU produziert werden oder aus Drittländern importiert werden (Europäische Kommission 2004: 4). Kernelement der neuen Regelungen ist die Rückverfolgbarkeit eines Produktes über seine gesamte Verarbeitungskette. Mit dem Lebensmittelhygienerecht, das ab dem 1. Januar 2006 anwendbar ist, werden spezielle Anforderungen an die Lebensmittelhygiene während des Herstellungs- und Verarbeitungsprozesses einheitlich geregelt. Die für die Produzenten und Exporteure in Burkina Faso wichtigen Vorschriften sind in Tab. 7 zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 7: EU-Verordnungen zur Lebensmittelsicherheit Verordnung Nr. 95/2001

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Seminar PIP (November 2005)

Um die Entwicklungsländer bei der Anpassung ihrer Exportsektoren an diese Anforderungen zu unterstützen, leistet die EU technische Hilfe. Damit soll verhindert werden, dass die hohen Lebensmittelstandards wie nicht-tarifäre Handelsbarrieren wirken und bestimmte Entwicklungsländer bedroht sind, vom Handel mit der EU ausgeschlossen zu werden.

COLEACP und das Initiativprogramm Pestizide (PIP)

Bereits seit 1972 besteht im Rahmen der Vereinbarungen von Lomé und Cotonou eine von der Europäischen Union finanzierte interprofessionelle Vereinigung von europäischen Obst- und Gemüseimporteuren und Exporteuren aus AKP-Ländern, das Comité de Liaison Europe/ Pays ACP pour la promotion des exportations horticoles (COLEACP). Die COLEACP bemüht sich um die Integration von Kleinbauern in Lieferketten sowie um die Implementierung von Best practice bezüglich der Sicherheit von Lebensmitteln, dem Schutz der menschlichen Gesundheit und dem Schutz der Umwelt. Ihr gehören mehr als hundert Firmen in etwa 30 Ländern an. Die COLEACP bietet ihren Mitgliedern Dienstleistungen wie technische Beratung und Trainings zu Lebensmittelsicherheit und Pflanzenschutz, Marktinformationen und Wissenstransfer an. Außerdem vermittelt sie Handelspartner über eine Adressdatenbank. 2001 wurde die Vereinigung durch die AKP-Länder und die Europäische Kommission mit der Durchführung des Initiativprogramms Pestizide (PIP) beauftragt, das vom Europäischen Entwicklungsfonds finanziert wird. Dieses Programm läuft bis 2008 und soll den AKP-Ländern helfen, sich an die lebensmittelrechtlichen Anforderungen der EU anzupassen. Es wendet sich in seiner Zielsetzung explizit an Kleinbauern, denen geholfen werden soll, Systeme zur Rückverfolgbarkeit von Nahrungsmitteln und zur Verbesserung der Hygienestandards aufzubauen (PIP 2003 b). In diesem Rahmen wurden in Burkina Faso seit 2001 mehrere Seminare und Workshops zu den genannten Themen durchgeführt, zuletzt im Herbst 2005, bei dem es um den Aufbau einer Task Force PIP ging, bestehend aus Vertretern von Produzenten, Exporteuren, Dünger- und Pestizidlieferanten sowie staatlichen Stellen zur Normierung und Qualitätskontrolle. Ziel der Task Force ist es, den Vorgaben aus den EU-Normen entsprechend, ein nationales System zur Kontrolle der Lebensmittelsicherheit aufzubauen.

3 Die Akteure der Wertschöpfungskette

Ausgehend von der Produktion werden im Folgenden die Hauptakteure der Wertschöpfungskette präsentiert. Weitere Akteure, die für bestimmte Prozesse wichtig sind, werden in den einzelnen Kapiteln im Zusammenhang mit der betreffenden Thematik dargestellt.

3.1 Die Produzenten

Der Anbau grüner Bohnen wird bisher ausschließlich von Kleinbauern betrieben. Diese kultivieren während der Regenzeit auf ihren Feldern hauptsächlich Hirse, Mais und Sorghum, die für den Eigenverbrauch bestimmt sind. In der Trockenzeit pflanzen sie Gemüse (vor allem Tomaten, Zwiebeln, Salat, Kohl, Auberginen, Zuchini, Paprika, Karotten und Kartoffeln) an, von dem ein Teil zur Eigenversorgung dient, ein anderer Teil auf den lokalen Märkten verkauft wird. Die grüne Bohne ist das einzige Gemüse, das in den Export nach Europa geht. Die Felder liegen in der Regel an Wasserrückhaltebecken (Barrage), die das Wasser der Regenzeit in natürlichen Senken stauen. Über ein Kanalsystem wird das Wasser reliefabwärts auf die anliegenden Parzellen verteilt. Die Verwaltung der Barrages liegt in den Händen eines Komitees von Bauern aus den angrenzenden Dörfern. Dieses Komitee regelt die Wasserverteilung und ist eigentlich auch für die Vergabe der Parzellen zuständig. Der Zugang zu Land wird aber in der ländlichen burkinischen Gesellschaft noch wesentlich durch das traditionelle Bodenrecht13 geregelt (vgl. Kap. III/2.1.1).

Organisation in Produzentengruppen

Fast alle Kleinbauern sind in Groupements14 organisiert, Produzentengruppen, die sich um die Verträge mit den Exporteuren und um die Organisation und Verteilung der Produktionsmittel kümmern. Dieses kleinbäuerliche System geht zurück auf die Kolonialzeit, denn die französische Kolonialverwaltung sah darin eine Möglichkeit, mit geringstem Widerstand und Konflikten ihre eigenen Ziele zu verfolgen, die darin bestanden, die Bevölkerung im Gebiet des heutigen Burkina Faso als Arbeitskräftereservoir für die Plantagen der Côte d'Ivoire zu verwenden (Hammer 1992: 159) und die wenigen Reichtümer des Landes, v.a. die Baumwolle, durch Zwangsarbeit und Kopfsteuer zu minimalen Kosten und Risiken zu extrahieren (Freidberg 2004: 90). Viele der Produzentengruppen gehörten früher zu den regionalen Kooperativen der UCOBAM, haben sich aber mittlerweile von ihnen unabhängig gemacht. Die Groupements haben sehr unterschiedliche Größen, je nach Verfügbarkeit an Personen und Parzellen haben sie zwischen wenigen Dutzend bis zu mehreren Hundert Mitglieder. Es gibt sowohl gemischte Gruppen als auch reine Männer- und Frauengruppen. Die befragten Produzentengruppen hatten zwischen 21 und 300 Mitglieder und spiegeln damit die Bandbreite aller in Burkina vorkommenden Gruppierungen wieder (Tab. 8).

Tab. 8: Merkmale der befragten Produzentengruppen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen

Wie aus der Tabelle deutlich wird, liegen die durchschnittlichen Parzellengrößen über den in Kap. III/1.3 genannten Angaben. Das ist darauf zurückzuführen, dass nur ein Teil der Flächen für den Anbau von grünen Bohnen verwendet wird. Die geringen Parzellengrößen von 400 bis 1000 Quadratmeter pro Produzent erklären sich nicht durch einen Mangel an Flächen, sondern aufgrund der hohen Arbeitsbelastung, die sich aus dem Anbau und der

Die nationale Vereinigung der Produzenten grüner Bohnen (Association Nationale des Producteurs des Haricots Verts ANPHV) ist dort Mitglied (Interview Ouedraogo M. 2005).

Ernte der grünen Bohnen ergeben. Für größere Parzellen würde die Familienarbeitskraft nicht mehr ausreichen.

Die Mitglieder der Groupements wählen sich aus ihrer Mitte einen Vorstand, der die Geschäfte der Gruppe übernimmt. Der Vorstand wählt wiederum aus seinen eigenen Reihen einen Präsidenten. Die Mitglieder arbeiten auf ihren Parzellen auf eigene Rechnung, führen aber Beiträge an das Groupement ab. Die Abrechnung der gelieferten Produktionsmittel erfolgt zumeist am Ende einer Saison. Teilweise wird auch ein Teil der Ernte an die Gruppe abgeführt.

Daneben gibt es jedoch auch unabhängige Produzenten, die in direktem Kontakt zu den Exporteuren stehen und sich selbst um die Versorgung mit Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln bemühen.

Zugang zu Land

Die Parzellen, die in der Trockenzeit für die maraîchage genutzt werden, gehören nach traditionellem Bodenrecht zumeist einem Mitglied der Gruppe. Nach der Regenzeit überlässt er diese den Mitgliedern zur eigenen Nutzung. Als Gegenleistung "profitiert" er durch den Düngereintrag und der verbesserten Fruchtbarkeit des Bodens.

"Le terrain appartient au président de l'association, de faςon héréditaire. C'est le frère du chef de village. Il le donne au groupement" (Interview Produzent, 2005).

Es kommt aber auch vor, dass die Besitzer die Felder 'vermieten', d.h. dass ein bestimmter Teil der Ernte an sie abgegeben werden muss oder dass die Parzellennutzer dem Besitzer bei dem Einfahren der Ernte aus dem Regenfeldbau unentgeltlich helfen müssen.

Anders verhält es sich bei Parzellen in staatlichen Bewässerungsprojekten. Beispielsweise sind die Flächen und die Infrastruktur in Gouran in Besitz der Autorisation de Mise en Valeur de Vallée de Sourou (AMVS), die Beiträge für die Erschließung der Flächen und deren Nutzung erhebt. So wird eine Taxe d'aménagement von 5000 FCFA pro Hektar und eine Kostenbeteiligung für die Bewässerung und die Instandhaltung der Motorpumpen von 120000 FCFA pro Hektar erhoben (Interview Produzent, 2005).

Verflechtung von Markt- und Subsistenzproduktion

Aufgrund der unterschiedlichen Anbauperioden ergibt sich aus der Kultivierung grüner Bohnen keine Verdrängung der für die Ernährungssicherung wichtigen Anbauprodukte wie Hirse, Sorghum und Mais, da diese im Regenfeldbau betrieben werden. Allerdings muss darauf geachtet werden, die Ernte der Regenzeit bis Ende September einzufahren, um rechtzeitig mit der Aussaat der grünen Bohnen beginnen zu können. Deswegen raten manche Exporteure zum Anbau von Mais in der Regenzeit, der einen kürzeren Erntezyklus hat. Der Gemüseanbau in der Trockenzeit ist sowohl für den Markt als auch für den Eigenverbrauch bestimmt, mit Ausnahme der grünen Bohnen, die bisher kaum Eingang in die lokalen Ernährungsgewohnheiten gefunden haben.

Finanzierung und Zugang zu Krediten

Die Finanzierung der Produktion erfolgt in der Regel durch Vorschüsse der Exporteure, die sich ihrerseits häufig von den Importeuren in Rungis vorfinanzieren lassen. Dieses System ist in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten, da die Importeure immer weniger bereit sind, ihren Lieferanten finanzielle Vorleistungen zu gewähren (s. Kap. III/3.5 und III/4.2). Die Kleinbauern haben zu geringe Ersparnisse, als dass sie die Produktionsmittel zu Beginn der Saison aus eigenen Mitteln kaufen könnten. Deswegen ist der Zugang zu alter- nativen Finanzierungsmöglichkeiten ein wichtiger Faktor, um zukünftig in der Wertschöpfungskette zu verbleiben.

Das wichtigste Mikrokreditprojekt in diesem Zusammenhang ist der Garantiefonds der Association des Professionnels de l'Irrigation Privée et des Activités Connexes (APIPAC) im Rahmen des DIPAC-Projektes (Kap. III/2.1.2), der es Kleinproduzenten erleichtern soll, Zugang zu Krediten zu erhalten. Dabei reichen einzelne Produzenten oder eine Produzentengruppe, vorausgesetzt, sie sind Mitglied der APIPAC, einen Antrag auf Finanzierung bei der APIPAC ein. Diese prüft in einem ersten Schritt, ob das Vorhaben technisch machbar und rentabel genug ist, um den Kredit zurückzahlen zu können. Bei positiver Beurteilung wird der Antrag an eine Bank weitergeleitet, die schließlich über die Kreditvergabe entscheidet und dann gegebenenfalls den Kredit auszahlt. Die Höhe des Kredits liegt, je nachdem, ob es sich um einen Erst- oder Folgeantrag handelt, zwischen einer und vier Millionen FCFA für eine Einzelperson bzw. vier und zehn Millionen FCFA für eine Produzentengruppe.

Die Banken fordern bei Erstanträgen normalerweise eine Garantie in Höhe von 100% des Kredites plus Zinsen (die zwischen 10 und 15% liegen). Danach kann, wenn sich der Kreditnehmer als vertrauensvoll erweist, auch weniger als Sicherheit verlangt werden. Als Garantien kommen städtischer Immobilienbesitz, landwirtschaftliches Material oder der Besitz von Autos, Mofas etc. in Frage. Ebenso kann eine andere Person mit ihrem Einkommen für den Antragsteller bürgen.

Die APIPAC stellt nun einen Garantiefonds zur Verfügung, der die geforderten Garantien ersetzt und bei möglichen Ausfällen bei der Kreditbedienung einspringt. Der Fonds deckt je nach Erst- oder Folgeantrag zwischen 50% und 15% der Garantien ab. Als Eigenanteile bei der Finanzierung des Projektes werden je nach Bank zwischen 15% und 33% der Projektkosten gefordert. Diese werden nicht über den Garantiefonds abgedeckt. Das ist aber für Kleinproduzenten häufig ein Problem, da sie diese Eigenfinanzierung nicht aufbringen können.

Die Kredite sind je nach Kredittyp innerhalb von 12 bis 24 Monaten zurückzuzahlen. Der Garantiefonds steht ebenso den Exporteuren offen, die unter Umständen auch höhere Kredite in Anspruch nehmen können. Die Kosten für den Antragsteller liegen bei 1% des Kredits plus 2% des Garantiebetrages. Von 2002 bis 2005 wurden bei den Banken etwa 350 Anträge eingereicht, davon wurden 210 akzeptiert. Etwa 40 Kredite konnten zunächst nicht zurückgezahlt werden. Die Banken versuchten dann aber zuerst, die Laufzeit zu verlängern bzw. den Betrag umzuschulden. Deshalb wurde der Garantiefonds bisher noch nicht in Anspruch genommen (Interview Mitarbeiterin APIPAC; 2005).

Bezahlung der Produzenten

Die Bezahlung der Produzenten durch die Exporteure erfolgt am Ende der Saison. Die meisten Exporteure zahlen einen zuvor vereinbarten Preis, der abhängig von der Periode zwischen 300 FCFA und 350 FCFA (in der Vorweihnachtszeit) pro Kilogramm liegt, abzüglich der Kosten der zuvor gelieferten Produktionsmittel. Ein befragter Exporteur zahlt den Produzenten einen Pauschalpreis von 150 FCFA pro Kilogramm, wobei ihnen die Produktionsmittel dann nicht in Rechnung gestellt werden (Interview Exporteur, 2005). Die Exporteure zahlen nicht den einzelnen Produzenten aus, sondern das Groupement. Um die Erlöse den einzelnen Produzenten zuzuteilen, wird über die geernteten Mengen und verwendeten Inputs pro Parzelle Buch geführt. Insofern ist nicht die Gruppe als ganzes von Ausfällen betroffen, die entstehen, wenn ein Produzent beispielsweise zu spät sät. Umgekehrt wird das Risiko aber auch nicht geteilt. Um von den unterschiedlichen Preisen je nach Periode gleichermaßen profitieren zu können, säen die Produzenten manchmal nur auf jeweils einem Teil ihrer Parzelle. Häufiger jedoch wird auf der kompletten Parzelle ausgesät und die unterschiedlichen Erlöse werden unter Umständen später unter den Mitgliedern verrechnet. Die Rechte und Verpflichtungen der einzelnen Produzenten gegenüber der Gemeinschaft der Produzentengruppe sind in der Regel noch nicht vertraglich geregelt, so dass es insbesondere bei größeren Gruppen immer wieder zu Konflikten kommt (Interview Exporteur, 2005).

Die Produzentenvereinigung ANPHV

1996 gründete sich die Association Nationale des Producteurs des Haricots Verts ANPHV mit dem Ziel, die Position der Produzenten gegenüber den Exporteuren zu stärken. Vorausgegangen waren zahlreiche Konflikte mit den Exporteuren: Die Kaufpreise waren und sind niedrig und die Exporteure bezahlten die Produzenten oft erst Monate später für ihre Arbeit. Oft blieben die Zahlungen ganz aus.

2005 waren 42 Produzentengruppen Mitglied in der ANPHV, von denen aber die meisten schon seit einigen Jahren mit dem Anbau grüner Bohnen aufgehört haben. Der Verband wurde von der französischen NRO Agriculteurs Français et Développement International (AFDI) sowie durch die französische Entwicklungszusammenarbeit finanziell unterstützt. Dadurch konnten mehrere Treffen mit den Exporteuren, Fortbildungen zu Anbautechniken und zur Saatgutproduktion und eine Studienreise nach Frankreich durchgeführt werden. Die ANPHV setzte zudem durch, dass die meisten Produzentengruppen mittlerweile Verträge über den Anbau und die Abnahme der grünen Bohnen mit ihren Exporteuren haben (FENOP 2001: 58f.). Aktuell kann der ANPHV mit Hilfe einer Finanzierung durch das Programm PIP der COLEACP die Produzentengruppen, die Mitglied im ANPHV sind, zu den Anforderungen der EU bezüglich der Lebensmittelsicherheit und zu Anbautechniken schulen.

Motive für den Anbau grüner Bohnen

Die in die Wertschöpfungskette eingebundenen Produzenten bauen die grünen Bohnen ausschließlich für den Export an. Warum entscheiden sich die Kleinbauern für ein Produkt, das nur in den Export geht, das kaum Eingang in die lokalen Ernährungsgewohnheiten gefunden hat und das auf einen einzigen Vertriebsweg angewiesen ist, mit nur einem Absatzmakt? Wie kommt es dazu, dass die Produzenten trotzdem an der Warenkette teilnehmen?

Bei den Gesprächen mit den Produzenten wurde die (vermeintliche) Sicherheit des Absatzes als wichtigster Grund angegeben. Da die Saison im voraus von den Exporteuren mit den Groupements geplant wird und ihnen die Abnahme der Bohnen zu einem bestimmten Preis versprochen wird, können die Produzenten mit einem festen Ertrag rechnen und haben so Erwartungssicherheit. Durch die Vorfinanzierung der Inputs durch die Exporteure brauchen die Produzenten auch kein "Startkapital" wie bei anderen Gemüsesorten, um sich Saatgut, Dünger und Pestizide zu kaufen.

"Nous avons choisi de produire des Haricots Verts pour plusieurs raisons: La première raison est que nous sommes dans un milieu…comment dire…pauvre quoi. Et que l'accès au crédit est quand même assez difficile pour les producteurs agricoles. Mais à travers des activités des producteurs de l'Haricot Vert ça veut dire qu'on contractualise avec un client qui préfinance la campagne, qui donne les intrants à crédit, les gasoils pour l'irrigation à crédit. Tout est à crédit. Donc même si tu n'as pas les moyens tu peux te lancer dedans. […]. Les Haricots Verts aussi, c'est la seule spéculation et les pommes de terre sur lesquelles c'est sur qu'un marché existe." (Interview Produzent, 2005)

Da die Bohnen lokal nicht rentabel verkauft werden können (denn die Produktionskosten liegen über den erzielbaren Preisen), erfolgt die Produktion jedoch auch nur dann, wenn es Vereinbarungen mit den Exporteuren gibt, und nicht aus eigener Initiative.

Im Gegensatz zum Anbau grüner Bohnen ist der anderer Gemüsesorten, die für den lokalen und regionalen Markt gedacht sind, von hoher Unsicherheit bestimmt:

"Même si tu produis, tu ne sais pas si tu vas vendre." (Interview Produzent, 2005)

Es gibt es keine Abnahmeverträge und keine feste Zusammenarbeit mit bestimmten Händlern:

"On n'a pas des partenaires fixes comme ça. C'est sont des commerçants ambulants qui viennent acheter. Il y a des commerçants de Lomé, de Ghana, de Ouagadougou, de Ouahigouya, bon, partout, de Bobo, la Côte d'Ivoire. Il y a beaucoup de commerçants ambulants comme ça qui tournent. Il y a des moments qu'ils viennent beaucoup, il y a des moments aussi qu'il n'y a pas de commerçants." (Interview Produzent, 2005)

Es kann deshalb sehr riskant sein, auf diese Gemüsesorten zu setzen, denn wenn die verderbliche Ware nach der Ernte nicht von Händlern aufgekauft wird, haben sie keinerlei Erlöse. Auch der Verkaufspreis ist zuvor nicht festgelegt, sondern ändert sich täglich je nach Angebot und Nachfrage.

Der Anbau grüner Bohnen ist vergleichsweise arbeitsintensiv und erfordert die Einbindung aller Familienmitglieder. Dadurch erhält jedoch die Familienarbeit einen Wert und so tragen alle gemeinsam zum Einkommen des Haushaltes bei:

"Toute la famille participe d'une matière ou d'une autre à l'activité de la production. Pour les Haricots Verts tout le monde travaille, tout le monde apporte quelque chose. […] Les femmes s'occupent de la récolte, les hommes s'occupent du conditionnement. […] C'est à peu près une activité quand même qui valorise en tout cas la famille, l'économie familiale quoi." (Interview Produzent, 2005)

Allgemein sehen die Produzenten die Einnahmen aus dem Anbau als nicht zu gering an, falls die Exporteure ihnen ihre Produktion abkaufen.

"Les Haricots Verts rapportent beaucoup et ça aide beaucoup les producteurs." (Interview Produzent, 2005) "Si l’exportateur respecte les paiements la production est rentable et on va continuer à produire." (Interview Produzent, 2005)

Durch die Einbindung in den internationalen Markt und die Bedeutung, die dem Sektor von staatlicher Seite und von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit zugemessen wird, haben die Produzenten auch leichteren Zugang zu Schulungen und Agrarberatung. Dadurch haben sie die Möglichkeit, Techniken zu erlernen, die sie auch für andere Kulturen nutzen können.

3.2 Die Lieferanten der Produktionsmittel

Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel werden in den meisten Fällen von den Exporteuren bestellt und an die Produzentengruppen verteilt. Das Saatgut kommt von zwei Lieferanten, die beide Filialen multinationaler Unternehmen sind: King Agro und Nankosem.

King Agro, welche die derzeit gefragte Sorte AMY vertreibt, gehört zu Seminis, dem größten Züchter und Verkäufer von Obst- und Gemüsesorten weltweit. Das Unternehmen wurde 2005 von Monsanto15 übernommen (www.seminis.com, 07.03.06). Seminis selbst hatte in den Jahren zuvor eine Reihe anderer Saatgutfirmen aufgekauft und ihre Markennamen behalten, so auch die holländische Royal Sluis, die bis zur Übernahme 1995 führend auf dem europäischen Markt für Gemüsesorten war. Die Sorte AMY ist eine Züchtung aus der Produktpalette von Royal Sluis.

Der zweite Saatgutlieferant, Nankosem, ist eine Filiale der französischen Firma Technisem, die weitere Niederlassungen in zahlreichen frankophonen Ländern Afrikas besitzt und sich auf Saatgut für den Gemüseanbau in den Tropen spezialisiert hat. Technisem vertreibt die Marke Vilmorin, die verschiedene Varietäten grüner Bohnen entwickelt hat, unter anderem die Sorte GARONEL. Bis zur Einführung der Sorte AMY hatte GARONEL den größten Marktanteil in Westafrika beim kommerziellen Anbau grüner Bohnen (Interview Direktor Nankosem, 2005).

Das Saatgut muss für jede Saison neu gekauft werden, da die Züchtungen darauf ausgelegt sind, dass einbehaltene Samen bereits in der zweiten Generation sehr viel niedrigere Erträge und schlechtere Qualität bringen (Interview Direktor Nankosem, 2005).

Die angebauten Sorten in Burkina

In den 1990er Jahren dominierte in Burkina Faso die faserhaltige Sorte GARONEL, eine Sorte, die sich aufgrund ihres Aussehens und ihres Geschmackes zuerst großer Beliebtheit auf dem französischen Markt erfreute. Das Saatgut für GARONEL wurde einige Zeit lang in Burkina selbst produziert - mit Unterstützung der AFD - und war deshalb günstiger als das konkurrierender Sorten, da weder Einfuhrzölle noch Transportkosten anfielen. Seit einigen Jahren hat sich die Nachfrage jedoch zu faserlosen Sorten verlagert. Der Grund dafür war eine Absatzkrise der zuvor gelieferten, faserhaltigen Sorten auf dem französischen Markt. Diese wurden nun als qualitativ mangelhaft bewertet; sie wurden als zu trocken und zu kraftlos in der Farbe wahrgenommen und verkauften sich schlecht in den Supermärkten. Seit 1998 begannen deshalb die Importeure, eine neue Sorte bei ihren Partnern einzuführen: AMY, eine Sorte, die von kenianischen Akteuren erstmals auf dem französischen Markt verbreitet worden war. Als die Importeure sahen, dass sich AMY gut verkaufte, verlangten sie von ihren Lieferanten aus den anderen Produktionsgebieten ebenfalls den Anbau von AMY. Das Saatgut dafür wird nun Jahr für Jahr von Royal Sluis aus Europa nach Burkina importiert. Zwar hat auch Nankosem auf die veränderte Nachfrage reagiert und eine neue, faserlose Sorte (JACKPOT) entwickelt, deren Saatgut lokal produziert wird. Doch hat sich die für die Produzenten günstigere Variante bislang nicht durchgesetzt; denn die Importeure zeigen sich zurückhaltend gegenüber neuen Sorten, die sie in Rungis möglicherweise nur schwer absetzen können (Interview Direktor Nankosem, 2005). Die Exporteure haben keinen Einfluss auf die Auswahl der Sorten durch die Importeure und müssen sich an ihre Vorgaben halten:

"Les exportateurs ne sont pas libre à faire un choix pour la variété. Ce sont les importateurs qui décident." (Interview Direktor Nankosem, 2005).

Die für die Produktion benötigten Mengen an Saatgut richten sich zum einen nach der gewünschter Sorte, zum anderen nach der Klasse - Fin, Très Fin, Extra Fin -, die sich auf den Durchmesser der Bohnen bezieht. Die Klasse dient als wichtiges Qualitätsmerkmal. Dünnere, feinere Bohnen besitzen eine höhere Wertschätzung bei den französischen Konsumenten. Dementsprechend können in den Klassen Très Fin und Extra Fin höhere Preise erzielt werden. Dafür werden allerdings auch größere Mengen an Saatgut benötigt, was die Produktion verteuert. Die Sorte AMY wird von King Agro für 6000 FCFA pro Kilogramm verkauft. Mehr als 75% des Preises geht dabei an Seminis (vgl. Tab. 9). Für die Ernte von fünf Tonnen grüner Bohnen Très Fin auf einem Hektar werden etwa 30-40 Kilogramm Saatgut gebraucht (Interview Direktor KingAgro 2005).

Tab. 9: Verteilung der Wertschöpfung bei Saatgut (Sorte AMY)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten16

Quelle: eigene Erhebungen

3.3 Die Exportunternehmen

In der Saison 2004/05 haben elf Exportfirmen insgesamt 664 Tonnen grüne Bohnen nach Frankreich exportiert (vgl. Tab. 10). Nach hohen Fluktuationen in den 1990er Jahren hat sich die Anzahl der Exporteure mittlerweile stabilisiert. Marktchancen erkennend, die sich nach der Transformation des Agrarsektors im Rahmen des PASA (Kap. III/2.1.1) ergeben hatten, hatten sich damals viele neue Unternehmer in die Filière Haricot Vert lanciert, die über nur wenig Erfahrungen verfügten und viel Unordnung in den Sektor gebracht haben. Die darauf folgenden Unregelmäßigkeiten bei den Lieferungen nach Rungis haben der Reputation Burkinas als zuverlässige Versorgungsquelle nachhaltig geschadet.

Größe und Struktur der Firmen

Mit Ausnahme der zwei größeren Unternehmen, SOBFEL und UCOBAM, sind alle Exportfirmen sehr kleine Strukturen mit nur wenigen Mitarbeitern. Neben dem Patron hat jede Firma meist noch einen oder mehrere Fahrer, eine Sekretärin sowie einen Responsable Assurance Qualité Traçabilité, der sich als technischer Leiter um Fragen des Anbaus, der Qualitätskontrolle und der Rückverfolgbarkeit kümmert, um die Auflagen der Importeure - vor dem Hintergrund der privatwirtschaftlichen und rechtlichen Anforderungen der EU (vgl. Kapitel III/2.3) - sicherzustellen. Die Gehälter der Mitarbeiter sind gering, sie betragen bei der Exportfirma BFL für einen Fahrer beispielsweise nur 30.000 FCFA pro Monat (Interview Exporteur, 2005).

Tab. 10: Exporteure und exportierte Mengen in der Saison 2004/2005

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: DGAC (2005)

Die meisten Exporteure haben auch noch andere Tätigkeiten neben dem Export grüner Bohnen, angesichts der auf vier Monate begrenzten Saison eine schlichte Notwendigkeit. Einige sind gleichzeitig in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv, zum Beispiel als Ausbildungsleiter bei der Weltbank oder als Consultant für die Vereinten Nationen. Der Export von Non-traditional Cash Crops (so der Ausdruck der Weltbank) hat ein hohes Ansehen in Burkina, gerade weil deren Förderung seit Jahren bei Staat und Entwicklungs- zusammenarbeit Priorität besitzt. Die Exporteure können sich so in gewissem Maße als 'Pioniere des Fortschrittes' sehen und bekommen dadurch Kontakte, die ihnen in anderen Tätigkeitsfeldern von Nutzen sein können.

Die Rolle der SOBFEL

Nach der Liquidation von FLEXFASO und nachdem deutlich wurde, dass die UCOBAM sich nicht aus ihren finanziellen und organisatorischen Schwierigkeiten würde befreien können, trotz einer Unterstützung durch die AFD (Kap. III/2.1.2), suchte der burkinische Staat zusammen mit privaten Aktionären nach Möglichkeiten, der Filière Fruits et Légumes neue Dynamik zu verleihen. Mit der 2005 gegründeten Société Burkinabè de Fruits et Légumes (SOBFEL) wurde eine Aktiengesellschaft geschaffen, an der sowohl der Staat (mit 15%) als auch private Aktionäre (darunter viele Exporteure) Anteile halten. Sie soll als Motor im Sinne eines Initiators, Unterstützers und Begleiters aller Aktivitäten im Obst- und Gemüsesektor wirken (MAHRH 2005: 19). Die SOBFEL soll sich dabei auf allen Stufen der jeweiligen Wertschöpfungsketten engagieren - wie ehemals die UCOBAM. Auf Anbauflächen der früheren FLEXFASO sollten erstmals ohne den Umweg über Produzentengruppen in eigener Verantwortung grüne Bohnen angebaut werden. Ein Teil der Ernte solte dann von anderen Exporteuren aufgekauft und an ihre Importeure weiterverkauft werden können. Tatsächlich war das Gelände der FLEXFASO zu Beginn der Saison 2005/06 jedoch nicht verfügbar, da ein privater Unternehmer dieses für sich beansprucht, nachdem er den Boden zuvor der FLEXFASO abgekauft hatte. Wie alle anderen Exporteure auch arbeitete die SOBFEL deshalb ausschließlich mit Produzentengruppen oder unabhängigen Produzenten (Interview Exporteur, 2005). Im übrigen kam es bei der SOBFEL bereits in ihrer ersten Saison zu einer verspäteten Aussaat, da das Saatgut nicht rechtzeitig bestellt wurde. Anstatt anderen Exporteuren einen Teil ihrer Produktion zu verkaufen, musste sie sich umgekehrt von diesen Saatgut leihen (Interview Exporteur, 2005).

Produktdiversifizierung

Für den europäischen Markt werden in bedeutsamen Mengen neben grünen Bohnen nur Mangos geliefert (Tab. 11). Obwohl sich die Exporteure alle als Exportateurs de Fruits et Légumes verstehen, stellt der Export der grünen Bohnen ihr Hauptgeschäft dar. Die Vermarktung des wichtigsten Exportprodukts aus der Obstproduktion, Mangos, läuft zum Teil über andere Händler, wird aber auch über einige Exporteure grüner Bohnen durchgeführt. Die Filière Mangue unterscheidet sich aber in wichtigen Punkten von der Filière Haricot Vert: Mangos sind länger haltbar, können also auch auf dem Seeweg zu wesentlich niedrigeren Transportkosten nach Europa transportiert werden. Die Bäume benötigen keine Bewässerung und auch wenig Dünger. Neben den frischen Mangos werden auch Mangues séchées (getrocknete Mangos) hergestellt. Dadurch bleibt eine wesentliche, wertsteigende Transformationsstufe im Land. Sie werden in mehreren europäischen Ländern, auch in Deutschland, über den fairen Handel vertrieben. Damit unterscheidet sich die Abnehmerstruktur in Europa von der im Falle grüner Bohnen. Anderes exotisches Gemüse, wie etwa Gombos, werden in geringen Mengen exportiert. Damit wird in erster Linie ein ethnischer Markt für asiatische und afrikanische Geschäfte und Restaurants bedient.

Tab. 11: Merkmale der befragten Exporteure

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen. Anmerkung: Lokaler/regionaler Markt bedeutet hier die Subregion, also auch den Export in Nachbarländer.

Die UCOBAM verarbeitet zudem verschiedene Obstsorten (Mango, Erdbeeren, Ananas, Papaya u.a.) zu Marmeladen weiter und vertreibt diese über den fairen Handel in Italien. Den lokalen und regionalen Markt versorgen die Exporteure hauptsächlich mit Tomaten, Zwiebeln und Kartoffeln. Durch die Krise in der Côte d’Ivoire haben sich für burkinische Händler Chancen ergeben: Da die Verbindung von den Plantagen im Norden des Landes zum Hafen von Abidjan unterbrochen ist, werden zum Beispiel Kakao und Kokosnüsse über Burkina Faso zum Hafen von Tema (Ghana) oder Lomé (Togo) transportiert (Interview Exporteur, 2005).

Die Exportverbände

Die in den letzten Jahren verbliebenen etwa ein Dutzend Exportfirmen sind in zwei Exportverbänden vereinigt, der Association Professionnelle des Exportateurs de Fruits et Légumes du Burkina (APEFEL/B) und der Association Professionnelle des Exportateurs (APEX). In der 1992 gegründeten APEFEL/B waren zunächst alle Bohnenexporteure vereinigt. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, durch ein gemeinsames Auftreten gegenüber Staat und Fluggesellschaften bessere Exportbedingungen zu schaffen. Die APEFEL/B hat von 1996 bis 2001 durch eine Finanzierung der AFD mehrere Projekte durchführen können, unter anderem zur Produktion lokalen Saatguts (s. Kap. III/2.2). Differenzen zwischen der APEFEL/B und der AFD führten jedoch zu einer vorzeitigen Beendigung der Finanzierung. Zum Streit kam es über die Verwendung der Gelder. Zum Beispiel wollte der Verband organischen Dünger fördern sowie Maßnahmen zur Anpassung der Produktion an die Pestizidgrenzwerte der EU, worin sie die AFD jedoch nicht unterstützen wollte. Andererseits beklagte die AFD Verzögerungen bei Planung und Durchführung von Projekten und die Inaktivität des gesamten Verbandes (AFD 2000: 10f.). Letztendlich blieb auf beiden Seiten nur ein Klima des Misstrauens (Interview Exporteur, 2005).

Ende der 1990er Jahre kam es zu einem Streit zwischen den großen Exportfirmen, besonders der UCOBAM, und den zahlreichen kleineren Exportstrukturen. Da die Mitgliedsbeiträge sich nach dem Exportvolumen richteten, musste die UCOBAM über- proportional viel für Aktivitäten zahlen, die auch den kleineren Firmen zugute kamen. Die UCOBAM stellte schließlich die Zahlung ihres Beitrags ganz ein und die APEFEL/B weigerte sich, neue Exporteure aufzunehmen (AFD 2000: 14). Daraufhin gründeten diese die APEX, um sich eine eigene Vertretung zu schaffen. Mittlerweile haben die in der APEX zusammen- geschlossenen Firmen höhere Anteile am Export, und die APEFEL/B existiert nur noch formell. Nach den negativen Erfahrungen des AFD mit der APEFEL/B haben sich auch andere Geber der APEX zugewandt, zum Beispiel die mit dem Initiativprogramm Pestizide beauftragte COLEACP.

Die Verpackungshalle und die Kühlräume am Flughafen

Die renovierten Kühlräume und die Verpackungshalle am Flughafen von Ouagadougou, die am 24. November 2005 offiziell eröffnet wurden, werden von der SOBFEL betrieben, die sie als Konzessionär vom Staat übertragen bekommen hat. Zuvor hatte die UCOBAM die Räume an andere Exportfirmen zur Nutzung vermietet. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit zwischen der Flughafenaufsicht ASECNA und der UCOBAM über das Eigentum an den Gebäuden. Die UCOBAM hatte sie 1974 vom Staat zur Nutzung für 20 Jahre übertragen bekommen. Nach Auslaufen des Vertrages 1994 weigerte sich jedoch die UCOBAM, in Zukunft wie alle anderen Nutzer Miete für die Immobilien an die ASECNA zu zahlen (Interview Exporteur, 2005). Daraufhin sahen ASECNA und der Staat den Vertrag als beendet an. Deshalb wurde nun die Leitung der renovierten Gebäude der SOBFEL übertragen. In der Verpackungshalle findet das sogenannte Reconditionnement statt, bei dem bis zu 30% der Bohnen aussortiert werden. Diese Aufgabe übernehmen Frauen, die auf Tagesbasis beschäftigt werden und dafür in der Regel 1000 FCFA pro Tag erhalten. Sie überprüfen die Qualität der Bohnen, sortieren zu lange oder zu dicke Bohnen aus sowie Bohnen, die Schädlingsbefall zeigen. Die aussortierte Ware wird von Händlerinnen für etwa 100-200 FCFA pro Kilogramm am Flughafen aufgekauft. Anschließend verkaufen sie diese auf den Märkten in Ouagadougou weiter. In den Dörfern sind die aussortierten Bohnen kaum absetz-bar, dort erzielen sie oft nur Preise von 25-50 FCFA pro Kilogramm. Die als qualitativ ausreichend befundenen Bohnen werden schließlich in Kartons von zwei bis vier Kilogramm verpackt, die von einem burkinischen Hersteller (SONACEB) geliefert werden. Die Kartons sind mit 600 FCFA pro Karton (für 4 Kilogramm) vergleichsweise teuer. Anschließend werden die grünen Bohnen in den Kühlräumen gelagert, bis sie in den Frachtraum eines Flugzeuges geladen werden können. Die Kartons kommen dann in eigene Frachtbehälter, da die Exporteure keine Holzpaletten mehr verwenden können, denn diese müssen laut EU- Verordnung (Kap. III/2.3) eine phytosanitäre Zertifizierung aufweisen. Diesen Nachweis können die Exporteure aber bei den aus Ghana bezogenen Paletten nicht erbringen (Interview Exporteur, 2005).

3.4 Die Transit- und Fluggesellschaften

Der schnelle Transport vom Ursprungs- zum Zielland spielt bei verderblicher Ware eine zentrale Rolle. Die effiziente Organisation des Haupttransports ist deshalb von besonderer Bedeutung. Die Akteure in Burkina sind aufgrund der Binnenlage des Landes auf den Lufttransport angewiesen. Die mit wesentlich niedrigeren Kosten verbundene Verschickung auf dem Seeweg ist nicht möglich, und zwar aus mehreren Gründen: die Häfen Lomé (Togo), Tema (Ghana) und Abidjan (Côte d'Ivoire) sind zwar in 10 bis 20 Stunden (MAHRH 2004c: 7) von Ouagadougou auf asphaltierten Straßen zu erreichen, der Transport auf dem Seeweg dauert von dort jedoch zu lange. Zu dem Hafen von Dakar im Senegal, von dem grüne Bohnen aus dem Senegal in 8-10 Tagen (Interview Direktor Nankosem, 2005) nach Frankreich verschifft werden, bestehen keine durchgängigen Straßen- oder Zugverbindungen. Zudem ist der Transport auf dem Landweg nur dann möglich, wenn die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Bisher besitzt aber nur die SOBFEL insgesamt zwei Kühltransporter.

Die Verschickung per Luftfracht ist nur bei sehr wertvollen Gütern oder Gütern mit geringem Gewicht wirtschaftlich. Frisches Obst und Gemüse der Gegensaison galt lange Zeit als ein entsprechendes High Value- Segment. Bei niedrigen Kursen am Großmarkt in Rungis können die Transportkosten für grüne Bohnen aus Burkina Faso jedoch bis zu 50% des dortigen Verkaufspreises ausmachen. Die Händler in Europa sind deshalb stark daran interessiert, ihre Waren aus Ländern zu beziehen, bei denen die Transportkosten weniger ins Gewicht fallen.

Die Beförderung per Flugzeug stellt für die burkinischen Exporteure seit langer Zeit ein großes Hindernis dar, da es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten kommt. Pro Kilometer gerechnet gehören afrikanische Destinationen aufgrund der geringen Konkurrenz zudem zu den teuersten der Welt (Farah 2001).

Die Fluggesellschaften

Grüne Bohnen aus Burkina Faso wurden anfangs hauptsächlich von Air Afrique nach Europa gebracht. Die 1961 als Gemeinschaftsprojekt elf westafrikanischer Staaten unter Beteiligung der UTA (des Vorgängers von Air France) gegründete Fluggesellschaft verfügte über eine Monopolstellung in Westafrika bei Flügen von und nach Europa. Sie war auch für das Handling am Boden zuständig. Selbst wenn andere Fluggesellschaften die gleichen Strecken zu günstigeren Preisen bedienten, konnte Air Afrique durch Aufschläge für das Handling die Preise künstlich hoch halten. Trotzdem waren die Transportkosten bis Anfang der 1990er Jahre kein entscheidendes Problem: Grüne Bohnen aus Burkina erzielten hohe Preise in Rungis, und auch aus anderen Ländern Afrikas wurde die Ware ausschließlich auf dem Luftweg nach Europa gebracht. Auch die Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit der Transporte war gesichert. Air Afrique bot mehrere Cargoflüge pro Woche nach Frankreich an, und die Kapazitäten wurden auf wöchentlichen Treffen zwischen den Exporteuren und Air Afrique festgelegt. 1994 starteten für eine Saison sogar Cargomaschinen vom Flughafen Bobo-Dioulasso, der zweitgrößten Stadt Burkinas, um die Verbindung zwischen den Produktionszonen im Südwesten des Landes und den Absatzmärkten in Europa zu ver- bessern (Freidberg 1997: 101).

Seit Mitte der 1990er Jahre geriet Air Afrique jedoch zunehmend in finanzielle Schwierig- keiten. Ein großer Teil der profitablen First-Class-Sitze auf Passagierflügen war durch Freiflüge für Regierungsmitglieder und deren Familienangehörige belegt. 1994 hatten sich dann, mit der Abwertung des FCFA, die Schulden für neu angeschaffte Jets über Nacht verdoppelt. Verschärft wurde die Situation durch Streitigkeiten zwischen dem Management und dem Personal über den Abbau von Arbeitsplätzen. Air Afrique hatte mit 4200 Angestellten bei zehn Flugzeugen mehr Mitarbeiter pro Maschine als die meisten anderen Fluggesellschaften (Farah 2001). In der Folge konnte Air Afrique ihre Flugpläne oft nicht mehr einhalten. Dies wirkte sich dramatisch auf die Zuverlässigkeit der Lieferungen aus: Die Flüge starteten mit stundenlangen Verspätungen oder wurden ganz annulliert, und oft verdarb die Ware noch auf dem Flughafen von Ouagadougou. Die Abwertung des FCFA führte außerdem zu einer Verdoppelung des Tarifs für den Transport der grünen Bohnen auf 560 FCFA pro Kilogramm. Die Exporteure drängten deshalb auf die Absicherung möglicher Ausfälle. Schließlich gelang es dem Exportverband APEFEL/B, mit Air Afrique Verträge auszuhandeln, die die Fluggesellschaft im Falle von Verspätungen oder ausgefallenen Flügen für die entstandenen Schäden haftbar machten, zugunsten der Exporteure:

„Air Afrique nous a payé beaucoup de millions parce qu’ils ne sont jamais arrivés à l’heure“ (Interview Exporteur, 2005).

Die Neustrukturierung des Luftverkehrs nach den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001 bedeutete das Ende für die insolvente Air Afrique. Gespräche mit Air France und der französischen Regierung zur Sanierung der Fluggesellschaft scheiterten. Die burkinische Regierung versuchte der drohenden Isolierung des Landes im Frachtverkehr durch die Unterstützung einer eigenen Cargogesellschaft, der Faso Airways, zu begegnen. Diese wurde 2000 gegründet und war zu 80% in Hand der Gesellschaft Transavia aus Dubai. Die restlichen 20% der Anteile wurden von privaten Aktionären aus Burkina aufgebracht. Ziel war die Aufnahme einer Cargoverbindung zwischen Ouagadougou und Chateroux in Frankreich bzw. Ostende in Belgien mit einer Ilyushin 76 TD, die eine Kapazität von 35 Tonnen besaß. Die Maschine war eine Spende an den burkinischen Staat. Faso Airways zahlte für den Betrieb eine Pauschale an den Staat und an Air Afrique in Höhe von 3 Millionen FCFA pro Start (MARA 2000: 33). Da es jedoch Probleme mit der internen Organisation der Gesellschaft gab, die Maschine zuviel Benzin verbrauchte und vor allem nicht genügend Fracht für den Rücktransport vorhanden war, kam die Gesellschaft schon in der ersten Saison 2000/01 in Schwierigkeiten, und konnte lediglich 300 Tonnen grüne Bohnen transportieren (FENOP 2001: 33).

Nach der Auflösung von Air Afrique und dem Verschwinden anderer Fluggesellschaften vom subsaharischen Luftraum (Sabena, Swissair, Aeroflot) begann Air France, die freigewordenen Kapazitäten zu füllen und weitete seine Flugverbindungen für den Passagier- und Fracht-verkehr in West- und Zentralafrika aus. Air France Cargo (AFC) begann in der Saison 2002/03 erstmals mit dem Transport grüner Bohnen. Die Verbindung Ouagadougou-Paris wurde von zuerst drei auf dann fünf Linienflüge pro Woche ausgedehnt. Da Air France für die Strecke Großraumflugzeuge vom Typ A 330 - 340 einsetzt, kann der größte Teil der Fracht auf Passagierflügen mitgenommen werden. Die Maschinen haben eine Kapazität von maximal 15 Tonnen Fracht. Zusätzlich bietet Air France in der Saison zwischen Dezember und März einen Cargoflug pro Woche über Nouakchott und Madrid nach Paris an, der bis zu 40 Tonnen Fracht mitnehmen kann. Für die 16 Wochen der Saison 2005/06 konnte AFC eine Gesamtkapazität von 1120 Tonnen anbieten (Protokoll DGAC 2005).

Andere Fluggesellschaften spielen nur eine untergeordnete Rolle beim Transport der Bohnen. Die nationale Fluglinie Air Burkina, 1967 als Air Volta gegründet und 2002 privatisiert, verfügt nur über einen Airbus A 319 und eine Fokker 28. Sie ist deshalb nicht in der Lage, Cargoflüge anzubieten. Im November 2004 hat Air Burkina den Flugverkehr von Ouagadougou nach Paris aufgenommen und bietet zwei Flüge pro Woche an. Die Passagiermaschine ist jedoch bedeutend kleiner als die von Air France und kann höchstens eine Tonne grüne Bohnen mitnehmen (Interview Mitarbeiter Air Burkina, 2005). Die Chartergesellschaft Point-Afrique, die nach dem Ende von Air Afrique seit Anfang 2002 wieder Passagierflüge zwischen Burkina Faso und Frankreich anbietet, hat bisher kein eigenes Cargoprogramm. Weitere Fluglinien, die Ouagadougou derzeit anfliegen (Afriqiyah Airways, Air Algerie, Royal Air Maroc, Air Senegal) verfügen ebenfalls über praktisch keine Kapazitäten zur Beladung mit Fracht. Zudem haben sie keine Direktverbindungen nach Europa, was den Transport zusätzlich verteuert.

Die Rolle der Transitspeditionen

Mit der Beschaffung der für den Transport nötigen Formulare werden Transitfirmen beauftragt. Diese reichen zum einen eine Exportdeklaration des Exporteurs beim Zoll ein, in der die gesamte zu exportierende Menge und deren Wert angegeben ist, zum anderen eine Zertifizierung über die phytosanitäre Unbedenklichkeit der Ware zum Zeitpunkt der Ausfuhr. Das entsprechende Zertifikat wird zuvor beim Service phytosanitaire eingeholt. Der Zoll stellt dann das Formular EUR 1 aus, das bescheinigt, dass die Ware aus einem AKP-Land kommt und somit Zollfreiheit bei der Einfuhr in die Europäische Union genießt. Schließlich stellt die Transitfirma den Lettre de Transport Aérien (LTA) aus, der für jede Luftfracht vorgeschrieben ist und Angaben über Absender, Ziel, Menge und Preis der Ware enthält. Zusammen mit dem Certificat phytosanitaire und dem EUR 1 wird der LTA schließlich dem Bord-kommandanten des betreffenden Fluges übergeben. Am Zielort wird die Ware wieder von einer Transitfirma in Empfang genommen, die alle Formalitäten bei der Einfuhr erledigt.

In Burkina sind zwei Firmen, SDV und SNTB, mit der Abwicklung der Zollformalitäten beauftragt. Beide gehören zur französischen Gruppe Bolloré. Die Exporteure sind nicht für die Bezahlung des Transports von Ouagadougou nach Paris zuständig, da sie in der Regel einen Preis FOB mit ihren Importeuren ausgehandelt haben. Die Kosten werden von den Transitfirmen vorgestreckt, die ihrerseits danach ihren französischen Partnern diese (und ihre eigenen Gebühren) in Rechnung stellen. Die französischen Firmen wiederum stellen den Importeuren schließlich diese Kosten sowie ihre Transitgebühren für die Abwicklung in Paris in Rechnung (Interview Mitarbeiter SDV, 2005).

Unterschiede in den Transportkosten

Bereits bei Air Afrique mussten - wie erwähnt - nach der Abwertung des FCFA 560 FCFA pro Kilogramm für den Transport gezahlt werden. Bei Air France Cargo lag der Grundtarif bei einem Mindestvolumen von einer Tonne in den letzten drei Jahren bei 605 FCFA pro Kilogramm. Dazu kommen jedoch noch Sicherheitsgebühren und Kerosinzuschläge in Höhe von 190 FCFA pro Kilogramm, die die Beförderung gegenüber Angeboten von anderen Transportgesellschaften wesentlich verteuern (Interview Mitarbeiter AFC, 2005). Die Fracht- anbieter DHL und Africa West legten für die Saison 2005/06 Angebote vor, die um bis zu 210 FCFA pro Kilogramm günstiger waren. Diese konnten aber nicht genutzt werden, da beide Firmen Mindestvolumen für die geplanten wöchentlichen Cargoflüge verlangten, die ihnen die Exporteure nicht sicher zusagen konnten. Air Burkina ist mit einem Gesamttarif von 622 FCFA pro Kilogramm ebenfalls bedeutend günstiger als AFC, kann jedoch nicht mehr als 16 Tonnen in einer Saison mitnehmen (Protokoll DGAC 2005).

Zusätzlich sind für die Ausstellung des LTA, der die Exporteure gegen Schäden während des Transports absichert, bei Air France Cargo 11.000 FCFA, bei Air Burkina 7.000 FCFA pro Flug zu zahlen. Außerdem zählen auch die Gebühren für die Transitunternehmen (bei SDV 14 FCFA pro Kilogramm) in Burkina und in Frankreich zu den Transportkosten für den Haupttransport (Interview Mitarbeiter SDV, 2005).

3.5 Die Importeure in Rungis

Der Marché International de Rungis ist mit 1.300 ansässigen Firmen, 20.000 kommerziellen Kunden (u.a. Super- und Hypermärkte, Cash- und Carry, Lebensmittelhändler, Lebensmittelindustrie, Gastronomie und Cateringfirmen) und einem Umsatz von 7,1 Milliarden Euro (2004) (www.rungisinternational.com, 11.04.06) der größte Großmarkt der Welt. Auf 232 Hektar werden neben Obst und Gemüse auch Fleisch- und Fischwaren, Milchprodukte und Blumen gehandelt. Der Großmarkt entstand 1968 am südlichen Stadtrand von Paris in der Nähe des Flughafens Orly und ersetzte Les Halles im Stadtzentrum von Paris. Das hohe Verkehrsaufkommen und das begrenzte Platzangebot machten einen Umzug erforderlich. Rungis ist heute ein großes, verkehrsgerecht ausgebautes Gewerbe-gebiet, das nicht mehr viel mit den alten Les Halles gemein hat.

Die Importfirmen

Die erste Importfirma, die sich in Burkina Faso engagierte, war die auf den Vertrieb grüner Bohnen der Contre-Saison spezialisierte Firma Sélection. Mit Hilfe der COLEACP konnte sie Anfang der 1970er Jahre Lieferanten in Burkina finden (Interview Importeur, 2006). Bis in die 1990er Jahre versorgten sich mehrere Dutzend Importeure in Burkina. Der größte Teil der grünen Bohnen ging jedoch an einige wenige Firmen. Drei oder vier Firmen nahmen durchschnittlich 75% des Exportvolumens ab und beeinflussten durch ihre niedrigen Kaufpreise auch alle anderen Lieferanten in Burkina (APEFEL/B 2000: 6). Insbesondere Sélection hatte eine dominante Position und bestimmte faktisch den Verkaufspreis aller Exporteure (Freidberg 2004: 164). Durch Verträge mit den Exporteuren waren die Importeure mit der Produktion in Burkina verbunden, planten die Mengen und den Ablauf der Saison und finanzierten in der Regel die Produktionsmittel vor. Einige unter ihnen hatten ihre eigenen Vertreter in Burkina (z.B. Dole und Sélection), die direkt mit den Produzentengruppen arbeiteten. Diese wurden jedoch vor einigen Jahren dazu gedrängt, eigene Exportstrukturen zu gründen (BFL bzw. Geprest), wobei ihr einziger Kunde ihr bisheriger Arbeitgeber blieb. Die Motivation für diesen Schritt bestand auf Seiten der Importeure vor allem darin, weniger Verpflichtungen und finanzielle Vorleistungen für die Produktion in Burkina eingehen zu müssen.

Die meisten Importfirmen haben sowohl ihre Versorgungsquellen als auch ihre Produktpalette diversifiziert. Grüne Bohnen sind in der Regel nur eines von vielen Obst- und Gemüseprodukten und machen nur einen kleinen Teil ihres Umsatzes aus. Mit dem Aufstieg anderer afrikanischer Länder bei der Produktion grüner Bohnen (vgl. Kap. III/2.2) und den damit verbundenen Diversifizierungsmöglichkeiten in der Versorgung haben sich mehr und mehr Importeure vollständig aus Burkina Faso zurückgezogen. Die hohen Transportkosten (bis zu 1,80 Euro pro Kilogramm für Transport und Transit) und die unregelmäßige Ver- sorgung machen die Belieferung aus Burkina zu einem riskanten Geschäft in einem Markt- segment, das zunehmend unter ökonomischem Druck steht, da grüne Bohnen der ContreSaison nicht mehr als Luxusprodukt angesehen werden. Dies wird in der Aussage eines Importeurs markant auf den Punkt gebracht:

"Pour le Burkina, il n'y a aucune espoir. Pour moi, c'est fini." (Interview Importeur, 2006)

Die Bedeutung des Großmarkts in Rungis für den Lebensmitteleinzelhandel

In den letzten Jahren sind die Supermarktketten in Frankreich wie auch in den meisten anderen europäischen Ländern zunehmend in direkte Beziehungen zu Obst- und Gemüseerzeugern getreten, um Großhändler umgehen zu können und so niedrigere Preise durchzusetzen. Bei bestimmten exotischen Produkten und Erzeugnissen der Contre-Saison versorgen sie sich jedoch weiterhin bei den Importeuren in Rungis. Diese unterliegen gewissen Unsicherheiten in der Produktion und sind nicht homogen. Es können also schnell große Qualitätsunterschiede auftreten. Die Importeure können flexibler auf Qualitäts- schwankungen reagieren, da sie Ware schlechterer Qualität noch auf dem Großmarkt absetzen können, während die Supermärkte diese Ware nicht mehr verkaufen können. Das Risiko für die Supermärkte ist so bei einem Einkauf in Rungis geringer. Sie können dadurch gleichbleibend hohe Qualität in ihren Regalen sicherstellen (Interview Mitarbeiter ColeACP, 2006). Dementsprechend legen auch die Importeure hohen Wert darauf, dass die Ware billig, schnell und in gleichbleibender Qualität ankommt. Auch in Frankreich wurden die Supermärkte mittlerweile unter dem Einfluss der EU-Reglementation und privat- wirtschaftlicher Standards strikter in ihren Forderungen, vor allem hinsichtlich hygienischer Bedingungen, was die Importeure bei der Auswahl ihrer Lieferanten stärker unter Druck setzt, auch auf Produktions- und Arbeitsbedingungen zu achten.

4 Governance in der Wertschöpfungskette: Wer steuert?

Entscheidend für die Handlungsspielräume, die sich auf der Ebene der einzelnen Akteure ergeben, ist die Frage der Machtverteilung innerhalb der Wertschöpfungskette. Sie bestimmt die Risiko- und Nutzenverteilung zwischen den Beteiligten. Erzeuger und Lieferanten landwirtschaftlicher Erzeugnisse finden sich in nachfrageorientierten Ketten (vgl. Kap. I/2.2) gewöhnlich in einer schwächeren Position (Albert 2005: 22). Ausgehend von den theoretischen Überlegungen des GVC-Konzeptes soll im Folgenden auf die Beziehungen zwischen den Akteuren eingegangen werden, um aufzuzeigen, wer die Kette steuert und über welche Formen die Aktivitäten zwischen den Akteuren koordiniert werden. Anschließend wird dargestellt, wie sich die Wertschöpfung innerhalb der Warenkette verteilt.

4.1 Die Beziehungen zwischen Exporteuren und Produzenten

Die Vertrauenskrise seit den 1990er Jahren

Seit den strukturellen Schwierigkeiten der UCOBAM und den Umwälzungen in den 1990er Jahren wurde von einer 'Vertrauenskrise' zwischen Produzenten und Exporteuren gesprochen, eine Entwicklung, die in allen Studien zur Filière Haricot Vert Erwähnung fand (s. MAHRH 2005, PIP 2003a, FENOP 2001) und oft als zentrales Problem der Warenkette angesehen wurde. Während dieser Periode häuften sich die Fälle, in denen die Produzenten, wenn überhaupt, erst Monate nach Ende der Saison bezahlt wurden:

C'est pas le bénéfice le problème… ils ont pris le produit parti et c'est fini. Il n'y a rien encore. Ils n'ont rien dit. On a entendu de l'argent jusqu'aujourd'hui. Et jamais reçu.

(Interview Produzent, 2005)

Unter diesen Bedingungen der Unsicherheit reagierten die Kleinbauern mit einer eigenen Logik der Risikominimierung: So setzten sie zum Beispiel den gelieferten Dünger für ihre eigenen Kulturen ein oder verkauften ihn weiter. Häufig verkauften sie die einem Exporteur versprochene Ernte kurzerhand an andere Händler, die dadurch ihrerseits versuchten, die Mengen, die sie den Importeuren zugesichert hatten, einhalten zu können. Letztlich wurde dadurch ein Prozess in Gang gesetzt, der dazu geführt hat, dass die Importeure in Rungis Burkina Faso als zunehmend unzuverlässige Quelle angesehen haben.

Die negativen Erfahrungen mit den Händlern aufgrund der ausbleibenden Bezahlung haben auch bewirkt, dass viele Produzentengruppen ganz mit dem Anbau grüner Bohnen aufgehört haben. Die Kulturpflege erfordert nach Aussagen der Kleinbauern viel Konzentration, so dass keine Zeit mehr bleibt für den Anbau anderer Gartenbauprodukte, die sie für sich nutzen und an lokale Händler verkaufen könnten. In dieser Situation der drohenden Einnahmeausfälle entschieden die Produzenten sich deshalb gegen den Anbau grüner Bohnen und für andere Gemüsesorten, bei deren Verkauf sie sofort in bar bezahlt werden:

"Il y a beaucoup de pertes. Dans tous les travaux maraîchers c'est l' haricot vert qui est tellement difficile. Et tu n'as pas le temps. [...]. C'est un travail vraiment gênant. Et il n'y a pas de l'argent. […] Parce que, l'haricot vert, premièrement, le travail c'est difficile. Bon, deuxièmement, le prix du carton, le cours est très très bas. Le carton faisait 1250 Franc. Le carton de 5 kg. Le carton de 5 kg faisait 1250 Franc. Le travail c'est dur. Donc, il n y a pas de revenues. Il n'y a pas d'argent. Donc et puis encore, c'est pas cash, c'est crédit."

(Interview Produzent, 2005)

Risikoverteilung zwischen Produzenten und Exporteuren

Die Vorfinanzierung der Saison durch die Exportfirmen ist nach wie vor der Regelfall, wie Tab. 12 für die befragten Exporteure (und die Saison 2005/06) zeigt. Nur ein befragter Exporteur gab an, den Produzenten, die für ihn anbauen, im voraus keine Unterstützung zukommen zu lassen.

Tab. 12: Ausmaß der Vorfinanzierung durch die Exporteure

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen

Viele Exporteure, ihrerseits unter zunehmenden Druck durch die Importeure, wollen die Produzenten jedoch stärker in die Pflicht nehmen.

„On va leur dire qu’il faut trouver un autofinancement, mais ils ne veulent pas. Si la campagne n’est pas bien, ils n’ont pas un risque, ils ne sont pas obligés à rembourser. Ils vont cultiver des autres produits comme des tomates, oignons, parce qu’ils vont dire que les Haricots Verts n’apportent rien.“ (Interview Exporteur, 2005)

Sie wollen dadurch erreichen, dass die Kleinbauern sich der Produktion gegenüber verantwortlicher zeigen, indem sie rechtzeitig die Ernte der Regenzeit einfahren, Dünger und Diesel für die Bewässerung nicht für andere Kulturen verwenden und die Produktionsplanung respektieren. Denn bei Eigenfinanzierung läge das Risiko bei schlechten Erträgen bei den Produzenten. Genau darin liegt jedoch aus deren Sicht das Risiko einer Autofinanzierung. Die Umstellung auf eine 'marktbasierte' Koordinationsform (vgl. Tab. 1) brächte die Gefahr mit sich, dass die Kleinbauern auf ihrer Ernte sitzen bleiben. Im Gegensatz zu anderen Gemüsesorten erfordern grüne Bohnen jedoch sehr viel höhere Investitionen in Produktions-mittel und haben keine Aussicht, lokal rentabel verkauft zu werden, so dass den Produzenten das Risiko einer reinen Eigenfinanzierung zu hoch erscheint. Dies wäre nur akzeptabel, wenn sich die Exporteure weiterhin zur Abnahme verpflichteten:

"Ce n'est pas très évident que les producteurs peuvent préfinancer eux-mêmes la campagne quoi. Les producteurs peuvent préfinancer la campagne à une seule condition: que l'exportateur s'engage à payer la production." (Interview Produzent, 2005)

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Produzenten und Exporteuren ist die Frage, wann die Ware den Besitzer wechselt. Die Produzenten wünschen sich einen Ab-Feld-Verkauf (vente bord-champ), bei dem der Exporteur die akzeptierte Ware sofort bezahlt. Tatsächlich lassen jedoch alle Exporteure die Bohnen erst in der Verpackungshalle in Ouagadougou aussortieren, ohne Kontrolle durch die Produzenten. Der aussortierte Teil der Ware wird normalerweise nicht bezahlt. Die Produzenten vermuten, dass die Exporteure sie dabei hintergehen und ihnen gegenüber mehr Verluste angeben als tatsächlich aussortiert wurde.

"Le Groupement ne peut pas vérifier la quantité de retri parce que l'exportateur n'annonce cette quantité que à la fin de la campagne." (Interview Produzent, 2005)

Von Seiten der Exporteure kommt dagegen oft der Vorwurf, die Produzenten würden die Bohnen schlechter Qualität (d.h zu kleine oder zu große Bohnen, Bohnen mit Schädlingsbefall etc.) unten in den Kartons verstecken, weswegen sie ihnen die Kartons nicht direkt am Feld abkaufen können, sondern erst nach der Aussortierung in Ouagadougou, bei entsprechendem Abzug der nicht akzeptierten Ware.

Der Anbau erfordert eine zeitgenaue Produktionsplanung, um die wöchentlichen Liefer- vereinbarungen einhalten zu können. Die Produzenten wissen von der Terminplanung oft wenig und räumen sozialen Ereignissen häufig eine größere Bedeutung ein als der Kultur- pflege eines Exportproduktes, das sie selbst ja gar nicht konsumieren. Die Exporteure, die unter dem Druck der Lieferverpflichtungen stehen, bringen dafür wenig Verständnis auf, wie folgendes Zitat verdeutlicht:

„Ils vont toujours dire qu’ils sont prêt, mais quand on arrive, rien est fait. […].Ils vont te dire qu’il y avait une funerail, le jour de marché… ils ne vont pas semer! Ils sont partis boire le Dolo17. On ne peut rien maîtriser avec ces gens là.“ (Interview Exporteur, 2005).

Bindungen durch Patronage

Auf der anderen Seite pflegen viele Exporteure seit langem den Kontakt zu bestimmten Produzentengruppen. Viele sind seit langer Zeit dans les Haricots Verts und haben früher bei der UCOBAM gearbeitet. Sie brauchten so für ihr eigenes Geschäft nur an die Kontakte anzuknüpfen, die sie schon zuvor mit den Produzentengruppen gehabt hatten. Sie sehen sich als Patrons der Paysans, denen die Produzenten vertrauen, wie aus der Aussage eines Kleinbauern in Lelegsé über seinen Exporteur deutlich wird:

"Avec Paul, nous avons confiance, comme nous sommes côté à côté." (Interview Produzent, 2005)

Die Aussage bezieht sich darauf, dass das Heimatdorf des Exporteurs, Ziniaré, in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. Dadurch, dass dieser seine Familie dort hat, kennen sie sich. Er kam eines Tages zu den Produzenten und hat ihnen den Anbau grüner Bohnen vorgeschlagen.

Anders als etwa in regionalen und subregionalen Händlernetzwerken sind die Kontakte jedoch nicht entlang ethnischer Bindungen entstanden. Von den Exporteuren wird aber behauptet, die Mossi auf dem Zentralplateau zu bevorzugen, die 'verzweifelter' als etwa die Dioula im Südwesten des Landes auf zusätzliches Einkommen durch die grünen Bohnen angewiesen sind. Auch Produzenten in der Nähe urbaner Zentren - Ouagadougou und Bobo-Dioulasso - sind schwerer für den Anbau zu gewinnen, da sie viele Möglichkeiten haben, ihre Gartenbauprodukte lokal zu vermarkten (Freidberg 2004: 80f.).

Perspektiven für die Zukunft

Viele Exporteure sehen im Besitz eines eigenen, landwirtschaftlichen Großbetriebes mit eigenen Anbauflächen, auf denen sie Tagelöhner oder Arbeiter anstellen können, die einzige Möglichkeit, dem sinkenden Anteil Burkinas am europäischen Markt entgegenzusteuern und die Produktion grüner Bohnen wieder anzustoßen:

„Il faut travailler en régie sur son propre terrain. Avec les petits producteurs, ça ne marche pas.“ (Interview Exporteur, 2005)

Sie bevorzugen damit eine höhere vertikale Integration in Form einer hierarchischen Koordination (Tab. 1). Für das bestehende kleinbäuerliche Produktionssystem - eine QuasiHierarchie im Sinne einer vollständigen Abhängigkeit der Produktion von den Vorgaben der Exporteure, ohne dass diese eine direkte Kontrolle über den Produktionsprozess ausüben könnten - sehen sie kaum noch Zukunftschancen.

Die Einstellung der Exporteure hat sich damit im Vergleich zu früheren Aussagen (vgl. Freidberg 2004: 89) bemerkenswert verändert. Damals (2000) wurden eigene Großfarmen abgelehnt, die nicht der kleinbäuerlichen Tradition Burkinas entsprechen. Nun, fünf Jahre später und mit von Saison zu Saison geringer werdenden Exportmengen konfrontiert, geht es mehr und mehr nur noch darum, ökonomisch zu überleben. Agrobusinness wird als einzige verbleibende Option gesehen, überhaupt im Markt zu bleiben.

Aktuell stoßen die Pläne der Exporteure allerdings aufgrund der angesprochenen geringen Durchsetzungskraft des modernen Bodenrechts auf Schwierigkeiten. Mehrere Exporteure planen jedoch, im Bewässerungsprojekt Bagré Flächen zu erwerben.

4.2 Importeure und Exporteure: Ungleiche Geschäftspartner

Vorfinanzierung durch die Importeure

Interessanterweise werden die Effekte der Vorfinanzierung auf den Handlungsspielraum der Akteure in Burkina Faso unterschiedlich beurteilt. Externe Akteure verweisen zumeist auf die hohe Abhängigkeit, die sich durch die finanziellen Transfers der Importeure ergibt:

"Les exportateurs sont totalement dépendant de l'importateur français qui impose ses prix, donne ses semences, donne l'argent pour préfinancer le carburant, l'engrais… Il faut réduire la dépendance." (Interview Mitarbeiter AFDI, 2005)

Diese Sicht wird auch in den ausgewerteten Studien zur Warenkette (MAHRH 2005, PIP 2003a, FENOP 2001) bestätigt ("Une filière sous perfusion de financements par les importateurs européens" vgl. MAHRH 2005: 30). Andere Untersuchungen über Warenketten sehen dagegen die finanzielle Beteiligung der Käufer an der Warenherstellung als besonderes Zeichen von Vertrauen in die Stabilität und Sicherheit der Geschäftsbeziehung, ist doch damit auch eine Beteiligung am Risiko der Produktion verbunden (vgl. Kaplinsky/ Morris 2001: 74). In der Tat fassen die Exporteure (und auch die Produzenten) die Vorfinanzierung selten als 'Abhängigkeit' auf. Im Gegenteil sehen sie dadurch die Bindungen zu ihren Partnern in Rungis gestärkt. Zumindest für eine konkrete Saison muss dann die Importfirma ein Interesse an der Produktion in Burkina haben; denn schließlich ist es ihr Geld, das dort investiert wird. Die Importeure sind jedoch immer weniger bereit, finanzielle Vorleistungen zu erbringen, da sie dadurch oft Geld verloren haben:

"Au Burkina, il n'y a pas de moyens. Il faut préfinancer tous - motopompes, intrants, semences… Nous avons perdu 300.000 Euro au Burkina. Nous avons perdu beaucoup d'argent." (Interview Importeur, 2006)

Trotzdem wird aus Tab. 13 deutlich, dass die Exportfirmen auf die Vorfinanzierung angewiesen bleiben. Bei den befragten Exporteuren verfügte einzig die große SOBFEL über genug Kapital, um die Saison 2005/06 komplett selbst vorzufinanzieren.

Tab. 13: Ausmaß der Vorfinanzierung durch die Importeure

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen

Risikoverteilung zwischen Exporteuren und Importeuren Kernbestandteil der Verhandlungen zwischen Importeuren und Exporteuren ist der Verkaufspreis. Dabei sind drei Typen anzutreffen (Interview Exporteur, 2005):

- Vente à la commission avec prix minimum garanti (FOB Ouaga). Der Importeur nimmt dabei eine Kommission von 10% bis 15% des Verkaufspreises in Rungis (bei drei Euro also beispielsweise 30 bis 45 Cent pro Kilogramm) und zahlt dem Exporteur den Rest abzüglich der Transportkosten Ouagadougou- Rungis, auf jeden Fall aber einen Minimalpreis (z.B. 650 FCFA pro Kilogramm). Dieser Vertrag ist am vorteilhaftesten für den Exporteur, am riskantesten für den Importeur, der dann Verluste macht, wenn der Kurs in Rungis niedrig liegt.
- Vente ferme (FOB Ouaga). Der Importeur zahlt einen zuvor vereinbarten Fixpreis (der etwa zwischen 650 und 680 FCFA liegt), unabhängig von der Kursentwicklung in Rungis. Gegebenenfalls werden jedoch für unterschiedliche Perioden unterschiedliche Preise vereinbart, da zum Beispiel vor Weihnachten normalerweise höhere Verkaufs-preise in Rungis erzielt werden können.
- Vente à la commission simple. Der Preis richtet sich nach dem Kurs in Rungis, ohne dass ein Mindestpreis gezahlt wird. Dies ist am gefährlichsten für die Exporteure; denn ihnen droht bei niedrigen Verkaufspreisen in Rungis ein Verlust, wenn die Zahlungen ihre eigenen Kosten nicht mehr decken.

Während bis Mitte der 1990er Jahre der Kommissionsverkauf Normalität war (APEFEL/B 2000: 5), konnte der Exportverband APEFEL/B schließlich bessere Konditionen durchsetzen. Keiner der befragten Exporteure nahm das Risiko eines reinen Kommissionsverkaufs auf sich. Am häufigsten war die Mittelvariante mit Festpreis, der beiden Partnern eine gewisse Planungssicherheit vermittelt, indem zumindest theoretisch die Erlöse für die Exporteure und die Kosten für die Importeure bekannt sind.

Die Exporteure bevorzugen einen festen Verkaufspreis FOB Ouaga gegenüber dem Kommissionsverkauf, „parce qu’on ne connaît pas très bien le marché en Europe, on ne sait pas qu’est-ce que se passe là-bas. Il faut faire attention.“ (Interview Exporteur, 2005)

„Avec vente à la commission on ne gagne pas. C’est très difficile de suivre les prix au marché européen.“ (Interview Exporteur, 2005)

Ohne genaue Kenntnisse der Marktsituation in Rungis kann ein Kommissionsverkauf sehr riskant sein. Mit garantierten Abnahmepreisen haben die Exporteure dagegen mehr Sicher- heit.

Um die Preisentwicklung in Rungis besser verfolgen zu können und mit den Angaben ihrer Importeure zu vergleichen, wurde öfters der Wunsch geäußert, einen von den Importeuren unabhängigen Beobachter (wie ihn auch Exporteure aus anderen Ländern haben, z.B. Senegal) in Rungis bezahlen zu können, der dort die Marktsituation für sie verfolgt.

Erfahrungen in der Zusammenarbeit

Die Erfahrungen der Exportfirmen mit ihren Geschäftspartnern sind unterschiedlich. Während einige vertrauensvolle, über lange Jahre stabile Geschäftsbeziehungen vorweisen können, wie zum Beispiel BFL und GEPREST, die ja vorher selbst Mitarbeiter der Importeure waren, können andere durchaus auf negative Erlebnisse verweisen, wie ein Exporteur präzisiert:

„En Europe il y a des vrais bandits. Ils nous font venir pour faire notre diplôme en Europe. Après on repartit et ils pensent qu’on dort toujours sur les arbres. Ils ne veulent même pas faire des contrats. Mais comment est-ce que je peux avoir un crédit à la banque si je n’ai pas un contrat? Comme ça ils ne jamais traiteraient leurs partenaires européens.“ (Interview Exporteur, 2005)

Andererseits erscheinen die Geschäftsbeziehungen weniger 'rein geschäftlich' als zum Beispiel in den anglophonen Warenketten für Obst und Gemüse (vgl. Freidberg 2004). Vertrauen wird nicht - wie dort - über endlose Checklisten und detaillierte vertragliche Regelungen hergestellt, sondern beruht noch stärker auf persönlichen Beziehungen. Einladungen der Importeure in die 'besten Hotels' (Interview Exporteur, 2005) waren üblich, ebenso zeigten sich die Exporteure bereit, die Importeure in ihre Heimatdörfer mitzunehmen und ihnen ihre Familien vorzustellen. Angesichts der sich verschärfenden Konkurrenz sehen sich aber mehr und mehr Importeure außerstande, die Unkalkulierbarkeit der Produktion, die Irregularitäten der Lieferungen und eventuelle Verluste in Kauf zu nehmen, und damit die persönlichen Beziehungen höher zu stellen als den geschäftlichen Erfolg.

Koordinationsformen

Legt man die Kriterien der GVC-Analyse zugrunde (Kap. I/2.2.2), so können die Importfirmen als lead firms, als Schlüsselfirmen innerhalb der Wertschöpfungskette angesehen werden, denn sie entscheiden über Art und Weise, Zeitpunkt und Menge der Produktion. Daraus ergibt sich auch eine starke Position bei den Verhandlungen über die Kaufpreise, die jedoch nicht so weit geht, dass sie den Exporteuren den Kommissionsverkauf aufzwingen könnten. Die Koordination findet in Form einer QuasiHierarchie statt; denn faktisch kontrollieren die Importeure den Produktionsprozess durch ihre Vorgaben. Bemerkenswert ist der Übergang von einer hierarchischen Koordination in eine mit größerem Netzwerkcharakter bei den Firmen Sélection und Dole. Sie haben die direkte Einbindung in den Produktionsprozess ersetzt durch die Gründung formal selbständiger Zulieferer, um ihr eigenes Risiko zu minimieren.

Der Einfluss der EU-Reglementation

Der Verpflichtung zum Aufbau eines Rückverfolgbarkeitssystems (EU-Verordnung Nr. 178/2005) konnten Importeure und Exporteure mit Unterstützung durch das PIP nachkommen. So wurden cahiers de charge eingeführt, in denen jeder Dünger- und Pestizideinsatz notiert ist und aus denen klar hervorgeht, von wem die Produktion stammt. Auch bei der Verpackung der Bohnen am Flughafen wird darauf geachtet, die Kartons unterschiedlicher Produzenten nicht miteinander zu vermischen. Auf den Kartons wird schließlich der Code des Produzenten und des Produktiosorts - zusammen mit dem Code für die mit dem Aussortieren der Bohnen beschäftigten Frauen - vermerkt.

Mehr Schwierigkeiten wird den Akteuren in Burkina Faso die Implementierung des "Hygiene- Pakets" (EU-Verordnung Nr. 852/2004) sowie der Aufbau eines nationalen Systems zur Kontrolle der Lebensmittelsicherheit, wie sie die EU-Verordnung 882/2004 verlangt, bereiten. Die Hygieneanforderungen beinhalten eine umfangreiche Liste an Einzelmaßnahmen (wie toxikologische Analysen, Einzäunung der Felder, Kontrolle des Zugangs zu den Produktions- zonen, Vorhandensein von Toiletten, Möglichkeiten zum Händewaschen etc.), die mit erheblichen Kosten verbunden sind und in einem kleinbäuerlichen Produktionssystem nur schwierig zu verwirklichen sind. Der Aufbau eines nationalen Qualitätssicherungssystems erfordert den Einbezug vieler staatlicher Akteure, was beträchtliche Koordinierungsarbeit erforderlich macht. Konfrontiert mit diesen Entwicklungen erscheint es wahrscheinlich, dass einerseits die Akteure in Burkina Faso mit den zu ergreifenden Maßnahmen in Verzug geraten (und ihnen damit im Extremfall die Einfuhr ihrer Ware in die EU verweigert wird), andererseits die Importeure in Frankreich sich verstärkt anderen Ländern zuwenden, in denen die Konformität zur EU-Reglementation bereits gewährleistet ist (Interview Mitarbeiter Task Force PIP, 2005).

Die Macht der Supermärkte

Auch die Importeure stehen unter zunehmenden Handlungszwängen aufgrund der dominierenden Rolle der Supermärkte in ihrer Kontrolle des Zugangs zum Endkunden.

Der größte Teil des produzierten Obstes und Gemüses (vgl. Abb. 1) wird über die Supermärkte an den Kunden gebracht. Andere Vertriebswege sind in Europa stark zurück- gegangen. Die Beziehungen zwischen Supermarktketten und deren Lieferanten sind dabei sehr asymmetrisch: Die Bedeutung eines Handelsunternehmen für den Marktzugang eines einzelnen Lieferanten steht in genau umgekehrtem Verhältnis zur Bedeutung eines Lieferanten für ein Handelsunternehmen als Versorgungsquelle. Die Importeure in Rungis schließen zwar Lieferverträge mit den Supermärkten für eine bestimmte Periode, in denen auch feste Preise vereinbart sind. Zumeist sind jedoch Anpassungen für besondere Situationen (z.B. schlechter Verkauf, mangelhafte Qualität, schwierige ökonomische Situation) vorgesehen. Sobald die Nachfrage in den Supermärkten sinkt, wird dies an die Akteure in der Wertschöpfungskette weitergegeben:

"Ce n'est pas comme en Angleterre! Là, s'ils ont écrit dans le contrat qu'on paye 3 Euro du 1 janvier jusqu'au 31 décembre, ils vont payer 3 Euro. En France, dès que le prix baisse, ils nous payent moins." (Interview Importeur, 2006)

Die Einzelhandelsunternehmen sind, anders als in anglophonen Warenketten (vgl. Dolan et al. 1999, Freidberg 2004), zwar (noch) keine lead firms, die direkt den Herstellungsprozess steuern würden. Dennoch bestimmen sie über Preis- und Qualitätsvorgaben maßgeblich die Produktionsmuster und ihre geographische Verteilung. Dadurch deutet sich eine Verschiebung der Koordinationsformen von einer domestic coordination (in der Unsicher- heiten in den Geschäftsbeziehungen über Vertrauen und persönliche Beziehungen gelöst wurden) zu anderen Koordinationsformen an. Supermärkte setzen in besonderem Maße auf externe Zertifizierungen, stellt dies doch eine Möglichkeit dar, sich gegenüber den Kon- sumenten verantwortlich zu zeigen, ohne dafür notwendigerweise die Kosten tragen zu müssen.

4.3 Die Kontrolle der Raumüberwindung: Engstelle Luftverkehr

Mit dem Aufstieg anderer afrikanischer Konkurrenten, die über den Land- oder Seeweg die grünen Bohnen wesentlich günstiger nach Europa transportieren können, kristallisieren sich die hohen Transportkosten aufgrund der Binnenlage des Landes und seiner relativen Entfernung zu Europa als ein entscheidender Standortnachteil der Produktion in Burkina Faso heraus. Die Frage nach der Bedeutung des Raums für sozioökonomische Prozesse erfährt damit eine hochgradige Aktualität. Gleichzeitig wird deutlich, wie wenig dieses Problem mit der geographischen Lage Burkinas an sich zu tun hat, sondern wie sehr es vielmehr Ausdruck fehlender Konkurrenz im Luftverkehr ist.

Air France Cargo absorbiert einen großen Teil der Wertschöpfung. Obwohl die Fluggesellschaft die Kette nicht im Sinne einer direkten Einflussnahme auf die Erzeugung und Vermarktung der grünen Bohnen steuert, hat sie doch eine zentrale Machtposition inne; denn sie stellt die physische Verbindung zwischen Produktionsort und Absatzmarkt her. Die Exporteure sind von ihrem Angebot abhängig, da sie wegen der unsicheren Produktions- bedingungen nicht genügend Volumen pro Flug zusagen können, das notwendig wäre, um andere Cargoanbieter nach Burkina zu holen. Cargoflüge sind nur dann ökonomisch rentabel, wenn ausreichend Fracht garantiert werden kann. Außerdem müssen Hin- und Rückflüge ausgelastet sein. Das ist jedoch im Falle Burkinas, wie bei vielen anderen afrikanischen Ländern, problematisch, denn nur wenige Importprodukte, die nach Burkina Faso gehen, haben einen entsprechend hohen Wert oder eine schnelle Verderblichkeit, um einen Transport per Flugzeug und die damit verbundenen hohen Preise zu rechtfertigen. Dass andere Fluggesellschaften in Zukunft über Linienflüge große Mengen an Bohnen trans-portieren können, ist ebenfalls unrealistisch, da sie zu kleine Maschinen haben (s. Kap. III/3.4).

Planung des Versands

Zwischen den Exporteuren und Air France Cargo existieren keine Verträge über die Verschickung der Fracht. Tatsächlich werden die zu exportierenden Mengen jede Woche neu abgesprochen, oftmals erst 48 Stunden vor Abflug. Schätzungen über wöchentliche Lieferungen werden von den Exporteuren zu Beginn der Saison abgegeben. Aus Sicht von AFC hätten Verträge für die Exporteure keinen Sinn, da sie wegen der unsicheren Produktionsplanung sowieso nicht immer eingehalten werden könnten (Ouedraogo Br. 2005). Dies wurde von den Exporteuren bestätigt. Andererseits riskieren sie dadurch, dass sie in Phasen hohen Andrangs auf die Frachtkapazitäten auf ihrer Ware sitzen bleiben. In der Saison 2004/05 verdarben kurz vor Weihnachten 40 Tonnen auf dem Rollfeld des Flughafens, da AFC nicht genügend Frachtraum anbieten konnte, um die gesamte Ernte mitzunehmen. In der Woche vor den Feiertagen, wenn die Nachfrage in Rungis besonders groß ist und gute Preise erzielt werden können, ist wegen der Aussaat Anfang bis Mitte Oktober auch Haupterntezeit in Burkina. Für Air France sind Verträge mit den Importeuren deshalb nicht essentiell, da sie ihre Passagierflüge sowieso durchführen. Es bedeutet für sie lediglich, zusätzlich zu den Einnahmen aus dem Verkauf der Flugtickets ihren Frachtraum zu rentabilisieren. Auch der wöchentliche Cargoflug während der Saison fliegt weitere afrikanische Ziele an, so dass er nicht komplett mit Bohnen beladen werden muss.

Im Falle von Schäden, die während des Transports auftreten können (beispielsweise im Falle von Verspätungen; denn auch im Flugzeug wird der Frachtraum oft nicht gekühlt) haftet jedoch AFC aufgrund internationaler Vereinbarungen zu Warentransporten.

Die Verhandlungen um die Tarife

Während der Vorbereitung der Saison 2005/06 kam es zu zwei Treffen der Exporteure mit den Transitunternehmen und den Fluggesellschaften, um den Lufttransport zu planen. Die Diskussion um die Tarife wurde sehr emotional geführt, weil der Vorteil, den die Lieferanten in Ländern mit geringeren Transportkosten haben, den Exporteuren klar bewusst ist. Sie appellierten an Air France, einen Beitrag zum Überleben der franko-burkinischen Warenkette zu leisten:

"On sait tout que Air France va survivre, même s’il n’y a plus de Haricots Verts à exporter. Mais les petites entreprises vont mourir. Est-ce que vous voulez la mort des entreprises burkinabès?" (Exporteur, Protokoll DGAC 2005)

III Die Wertschöpfungskette für grüne Bohnen 99

"Qu'est-ce que Air France peut faire pour la relance de la filière? Vous êtes au Burkina depuis 30 ans. Vous avez gagné de l’argent. Maintenant, qu’est-ce que vous pouvez faire pour relancer la filière?" (Exporteur, Protokoll DGAC 2005)

Die Weigerung des Vertreters von AFC, die Tarife zu senken, führte zu erhitzten Reaktionen der Exporteure:

"C’est dommage parce que cette démarche est suicidaire. Comme ςa vous allez ouvrir la porte à la concurrence. Vous parlez avec des acteurs économiques, pas avec des gens de la Croix Rouge. On doit gagner de l’argent." (Exporteur, Protokoll DGAC 2005)

Die Exporteure konnten die Angebote von DHL und Africa West schließlich doch als wirksames Druckmittel bei den Verhandlungen mit Air France einsetzen. Am Ende erklärte sich AFC bereit, den Tarif um 45 FCFA pro Kilogramm zu senken.

4.4 Die Verteilung der Wertschöpfung als Ausdruck ungleicher

Machtstrukturen

Die Ermittlung der Kosten und Erlöse auf den einzelnen Stufen der Kette bringt einige Probleme mit sich. Es ist schwierig, zum einen alle Kostenfaktoren überhaupt zu ermitteln, zum anderen sie zu quantifizieren und sie für eine relevante Einheit (pro Kilogramm) zu berechnen. Kosten und Erlöse variieren außerdem in Abhängigkeit von Produktions- und Marktbedingungen, sind also nicht statisch. Die nachfolgenden Ausführungen sind somit eher als theoretisches Beispiel zu verstehen, sollen aber dazu dienen, einen Überblick zu bekommen, wie sich die Wertschöpfung auf die einzelnen Stufen verteilt.

Produktionskosten

Zunächst muss von einem bestimmten Hektarertrag ausgegangen werden, um die Produktionskosten ermitteln zu können. Dieser schwankt jedoch stark von Saison zu Saison und von Parzelle zu Parzelle. Klimatische Einflüsse, wie verspäteter Regen, frühzeitig einsetzende Hitze und Sandstürme (die z.B. in der Saison 2004/05 einen bedeutenden Teil der Ernte im Februar und März vernichtet haben) oder auftretender Schädlingsbefall können die Erträge rasch dezimieren. Im nachfolgend präsentierten Beispiel wird von einem durchschnittlichen exportierten Ertrag von fünf Tonnen pro Hektar ausgegangen, ein Wert, mit dem die Exporteure und die Groupements üblicherweise die nötigen Mengen an Produktionsmitteln kalkulieren. Einige Kostenfaktoren, wie Beiträge zur Nutzung der Parzellen und der Motorpumpen für die Bewässerung, Beiträge an die Produzentengruppe,

100 III Die Wertschöpfungskette für grüne Bohnen

Amortisierung der Motorpumpen und des landwirtschaftlichen Materials, Beteiligung an den Transportkosten etc. wurden nicht miteinbezogen, da diese - wenn gegeben - stark variieren. Ebenfalls nicht eingerechnet sind Kosten für Familien- bzw. zusätzliche Arbeitskräfte, die der Produzent aus seinem Gewinn zu bezahlen hat. Die hier präsentierten Produktionskosten sind somit eher als untere Kostengrenze zu verstehen. Grundlage des Beispiels ist eine Kalkulation der Firma SOBFEL für 20 Hektar einer Produzentengruppe in Kaya (Tab.14), herunter gerechnet auf einen Hektar und pro Kilogramm.

Tab. 14: Produktionskosten pro Hektar und Kilogramm (FCFA)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen (Angaben der Firma SOBFEL)

Die Anteile der einzelnen Posten an den gesamten Produktionskosten zeigt Abb. 6. Auffallend hoch sind die Kosten des Saatgutes. Diese machen mehr als ein Viertel der Produktionskosten aus. Wie in Kap. III/3.2 ausgeführt, muss das Saatgut aus Europa importiert werden. Auch die hohen Mineralölkosten in Burkina (durchschnittlich 600 FCFA pro Liter) machen sich bei den Produktionskosten bemerkbar. Die eingesetzten Düngemittel (NPK, Harnstoff, organischer Dünger) tragen mit 45% ebenfalls wesentlich zu den Produktionskosten bei.

Abb. 6: Verteilung der Produktionskosten in %

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben der Firma SOBFEL

Verkaufspreis und Gewinn der Produzenten

Der Verkaufspreis der Produzenten an die Exportfirmen liegt zwischen 300 und 350 FCFA pro Kilogramm, abzüglich der geleisteten Vorschüsse auf die Produktionsmittel. Im Mittel kann mit 325 FCFA kalkuliert werden. Der "Gewinn" des Produzenten liegt also bei etwa 170 FCFA pro Kilogramm. Eine befragte Exportfirma stellt ihren Produzenten die Kosten der Produktionsmittel nicht in Rechnung und zahlt ihnen eine Pauschale von 150 FCFA pro Kilogramm. Der Aussage des Exporteurs zufolge bedeutet das für die Produzenten einen höheren Gewinn (Interview Exporteur, 2005). Für einen Produzenten mit einem Feld von 400 Quadratmetern, auf dem er 200 Kilo grüner Bohnen erntet, ergibt sich im obigen Beispiel somit eine Differenz zwischen Verkaufspreis und Produktionskosten von 34.460 FCFA (ca. 52,50 Euro).

Verkaufspreis, Kosten und Gewinn der Exporteure

Für den Verkaufspreis der Exporteure (FOB Ouagadougou) wird ein durchschnittlicher Betrag von 650 FCFA pro Kilogramm angenommen. Demgegenüber stehen Kosten für den Transport vom Produktionsort nach Ouagadougou (der jedoch bei einigen Exporteuren den Produzenten in Rechnung gestellt wird), für den Lohn der Packerinnen und der Lagerarbeiter und für die Kartons, in die die grünen Bohnen verpackt werden. Nicht eingerechnet sind Fixkosten wie die Miete der Verpackungshalle und der Kühlräume, die Bezahlung der fest angestellten Mitarbeiter, die Miete für Büroräume, die Kosten für die phytosanitäre Zertifizierung etc. Die Angaben beruhen auf Aussagen der Exporteure bzw. auf einer früheren Studie (FENOP 2001: 51) und sind als Durchschnittswerte zu verstehen.

Tab. 15: Kosten der Exporteure pro Kilogramm (FCFA)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen (Angaben der befragten Exporteure) und FENOP 2001: 51

Auf der Stufe der Exporteure ergibt sich somit eine Differenz zwischen Kauf- und Verkaufpreis von 325 FCFA pro Kilogramm. Abzüglich der Kosten verbleiben 75 FCFA bei den Exportfirmen. Bei einem Exportvolumen von 100 Tonnen bedeutet dies einen "Gewinn" von 7,5 Millionen FCFA (etwa 11.430 Euro).

Transportkosten

Der Tarif von Air France Cargo lag in der Saison 2004/05 bei insgesamt 802 FCFA pro Kilogramm. Dazu kommen Transitkosten von 14 FCFA in Burkina Faso sowie von etwa 100 FCFA in Frankreich (FENOP 2001: 51). Überschlagsweise wird hier mit Transport- und Transitkosten von 920 FCFA pro Kilogramm gerechnet.

Tab. 16: Tarif von Air France Cargo für den Transport Ouagadougou - Paris (FCFA)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Erhebungen (Angaben AFC.)

Verkaufspreis in Rungis

Der Preis für grüne Bohnen in Rungis lag im Winter 2005 zwischen 2 Euro und 3,80 Euro pro Kilogramm (Tab. 17). Bei einem veranschlagten mittleren Preis von 3 Euro ergibt sich für die Importeure eine Differenz zwischen Kaufpreis zuzüglich den Transportkosten und dem Verkaufspreis von ca. 0,60 Euro. Allerdings wird auch deutlich, dass somit ein Mindestpreis von 2,40 Euro erzielt werden muss, um keine Verluste zu machen.

Tab. 17: Verkaufspreise für grüne Bohnen in Rungis (Euro pro Kilogramm)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Angaben von Paqui, Th., Rungis. Anmerkung: Die Angaben beziehen sich auf die KW 1-13 2005, Kategorie Très Fin

Preise im Supermarkt

Der Preis, den der Konsument im Supermarkt für ein Kilo grüne Bohnen zu zahlen hat, wird auf durchschnittlich 5 Euro pro Kilogramm geschätzt. Grundlage dafür sind Vergleiche in französischen Supermärkten im März 2006. Zu beachten ist aber, dass grüne Bohnen aus Burkina Faso dort in diesem Zeitraum nicht vorgefunden wurden. Die 5 Euro pro Kilogramm scheinen eher eine untere Grenze darzustellen. Deutlich wird auch der Mehrwert pro Kilogramm bei vorverpackter Ware (Tab. 18).

Tab. 18: Kaufpreise grüner Bohnen in französischen Supermärkten (Euro pro Kilogramm)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

Verteilung der Wertschöpfung

Die Wertschöpfung, ausgedrückt als Differenz zwischen Erlös und Kaufpreis, verteilt sich bei den gegebenen Annahmen wie folgt auf die einzelnen Stufen: Für den Produzenten bleiben durchschnittlich 325 FCFA pro Kilogramm (0,49 Euro), für den Exporteur ebenfalls 325 FCFA pro Kilogramm (0,49 Euro), für die Transport- und Transitgesellschaften 920 FCFA pro Kilogramm (1,40 Euro), für die Importfirma 0,60 Euro und für das Einzelhandelsunternehmen 2 Euro pro Kilogramm (abzüglich der Mehrwertsteuer, in Frankreich 5,5% auf Obst und Gemüse) (vgl. Abb. 7). Es muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Gewinne, die bei den Akteuren in Burkina Faso verbleiben, wesentlich darunter liegen; denn ein großer Teil des Umsatzes bei den Produktionsmitteln (bei Saatgut z.B. 75% s. Kap. III/3.2) fließt wieder in die Industrieländer ab.

So theoretisch das Beispiel auch ist, es zeigt doch eines sehr deutlich: Selbst bei hohen Erträgen nach einer problemlos verlaufenen Saison bleibt nur ein geringer Teil der Wertschöpfung bei den Kleinbauern. Ihr höherer "Gewinn" pro Kilogramm gegenüber den Exporteuren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie angesichts der kleinen Parzellengröße nur geringe Mengen produzieren, während die Exporteure und erst recht die Importeure mit großen Mengen handeln und Gewinne über Volumen erzielen. Auffallend ist der hohe 'Aufschlag' vom Groß- zum Einzelhandel, der mit 40% den größten Anteil am Endpreis darstellt. Auch die Transportkosten zwischen Burkina Faso und Frankreich fallen mit 28% (bzw. 47% des Verkaufspreises in Rungis) stark ins Gewicht.

Abb. 7: Wertschöpfung pro Stufe in % im Verhältnis zum Verkaufspreis an den Endkunden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung

Beitrag des Sektors zu den Exporterlösen

Bei einem Preis FOB von 650 FCFA pro Kilogramm und einem Exportvolumen von 823 Tonnen im Jahr 2004 ergaben sich Exporterlöse für Burkina Faso in Höhe von nur noch ca. 535 Millionen FCFA (ca. 815.500 Euro), ein verschwindend geringer Anteil an den gesamten Exporterlösen Burkinas in Höhe von 234, 9 Milliarden FCFA (ca. 358 Millionen Euro) (www.izf.net, 10.5.06).

5 Alternativen zum Export grüner Bohnen nach Europa

Angesichts der hohen Produktionskosten, der niedrigen lokalen Kaufkraft und der Tatsache, dass grüne Bohnen bisher kaum Eingang in die lokalen Ernährungsgewohnheiten gefunden haben, stellt sich die Alternative, die grünen Bohnen anstelle des Exports auf dem lokalen (Burkina Faso) oder regionalen (Westafrika) Markt zu verkaufen, nicht direkt (vgl. AFD 2003: III). Wie bereits erwähnt, wird bisher bei den für den Export angebauten Sorten einzig die aussortierte Ware auf dem lokalen Markt kommerzialisiert, zu Preisen, die oft unter den Herstellungskosten liegen. Andererseits bauen Kleinproduzenten in Nähe der urbanen Zentren Ouagadougou und Bobo-Dioulasso Bohnen für den Verkauf in den Städten an, die sich insbesondere bei den französischen Expatriés einer gewissen Beliebtheit erfreuen. Dafür werden aber andere, günstigere Sorten verwendet, und auch die Anforderungen an die Produktion unterscheiden sich.

Die Möglichkeit, grüne Bohnen im ökologischen Landbau anzubauen, ist nach einer Studie des Centre Ecologique Albert Schweitzer technisch machbar (MAHRH 2005: 68). Allerdings haben die europäischen Akkreditierungsorganisationen hohe Auflagen bezüglich der organischen Produktion und vor allem bezüglich der Kontrolle bzw. der zu erbringenden Nachweise. Dies ist mit Kosten verbunden, die den ökologischen Anbau bisher wenig wahrscheinlich machen. Unklar ist zudem, inwieweit dafür ein Potential auf dem europäischen Markt besteht.

Eine weitere Option zum Upgrading, die jedoch ebenfalls ein Minimum an Investitionen erfordert, ist die Vorverpackung der grünen Bohnen in Burkina. Dadurch würde ein Transformationsschritt auf die lokale Ebene verlagert, der zusätzliche Wertschöpfung ermöglicht, da die Preise für vorverpackte Ware in den Supermärkten höher liegen. Zu den nötigen Investitionen sind offenbar aber nicht einmal burkinische Investoren, wie die SOBFEL, bereit. Die Anlagen müssten auch ganzjährig ausgelastet sein (Interview Mitarbeiter ColeACP, 2006). Für ausländische Investoren gibt es schlicht keinen Grund, ausgerechnet nach Burkina zu gehen, wenn andere Länder deutlich attraktiver sind.

In Anbetracht dieser wenig aussichtsreichen Alternativen sollten die Akteure in Burkina Faso somit eher auf die Transformation anderer Agrarprodukte setzen. Potentiale dafür werden entweder für den Export gesehen (wie Karité- Butter, Gummi arabicum) oder zur Substitution von Importprodukten (wie Fruchtsäfte, Neem als organischer Dünger) (MAHRH 2004c: 15). Die Chancen, auf dem Markt für Frischobst und -gemüse in Zukunft noch einen Platz zu haben, werden aufgrund der Standortnachteile von mehreren Studien als gering eingeschätzt (vgl. MAHRH 2005: 6, MAHRH 2004c: 16), allenfalls zum Beispiel in Nischenmärkten wie bei der Kommerzialisierung von Gombos für die asiatische und afrikanische Küche.

IV Schlussfolgerungen

Welthandelsströme, globale Produktions- und Investitionsmuster sowie die Einbindung oder auch Ausgrenzung lokaler Standorte in die bzw. aus der Weltökonomie werden in hohem Maße durch globale Wertschöpfungsketten, ihren Steuerungsmechanismen und durch die Entscheidungen von lead firms geprägt. Dies wird so weder in neoklassischen Vorstellungen globaler Marktallokation (die private Steuerungsmechanismen nur als Marktkoordination konzeptualisieren können) noch in der inter-gouvernementalen Betrachtung der Weltwirtschaft (in der die Governance-Perspektive auf staatliche Akteure fixiert bleibt) thematisiert (vgl. Messner 2003: 107). Über den GVC-Ansatz dagegen wird es möglich - durch die Fokussierung auf den Lebensweg eines Produktes - Aktivitäten und Interaktionen entlang einer Wertschöpfungskette von der Erzeugung bis zur Abgabe an den Endkunden zu verfolgen und dabei Governance- und Koordinationsformen zu analysieren.

In die Warenkette von grünen Bohnen zwischen Burkina Faso und Europa (vor allem Frankreich) sind Kleinbauern, Saatgut-, Pflanzenschutzmittel- und Düngerlieferanten, Exporteure, Transport- und Transitgesellschaften und Importeure als direkte Akteure eingebunden. Diese wirken in einem transnationalen Netzwerk zusammen, das seinen Ursprung in den historischen Verbindungen zwischen Frankreich und der ehemaligen Kolonie hat.

Heute unterliegt dieses Netzwerk globalen Einflüssen, die nicht nur seine Struktur verändern, sondern seinen Fortbestand gefährden. Die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit sind nachfolgend in sechs Thesen noch einmal zusammengestellt.

1 Zentrale Ergebnisse der Arbeit

Erstens sind die Anforderungen des europäischen Marktes bei der Einfuhr von Nahrungsmitteln in den letzten Jahren strenger geworden. Supermärkte benutzen zusätzlich privatwirtschaftliche Qualitäts- und Kontrollsysteme als Risikoabsicherung und zur Positionierung gegenüber Wettbewerbern. Die EU-Verordnungen zur Rückverfolgbarkeit von Nahrungsmitteln, zur Minimierung von Pestizidrückständen und zu hygienischen Anfor- derungen entlang der gesamten Lieferkette entstanden als Reaktion auf Lebensmittelskandale in der Europäischen Union in den 1990er Jahren. Beide, privatwirtschaftliche Standards und rechtliche Anforderungen, haben großen Einfluss auf den Marktzugang von Produzenten in Entwicklungsländern. Ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Zweitens hat die dynamische Entwicklung im Frischobst- und gemüsesektor viele Entwicklungsländer dazu veranlasst, mit Hilfe der Entwicklungszusammenarbeit Initiativen in diesem Bereich zu starten, um ihre oft einseitigen Exportstrukturen zu diverifizieren. Durch die Einbindung von Kleinbauern in der Produktion sah man gleichzeitig die Chance, einen wirksamen Beitrag zur Armutsbekämpfung zu leisten. Die Ausweitung der Produktion auf mehrere Länder führt jedoch zu einem Anstieg des Angebots und damit zu einem Verfall der Preise (wie zuvor bei zahlreichen traditionellen Agrarprodukten) und zur Herausdrängung von Erzeugern, die zu teuer produzieren.

Drittens begünstigt der stärkere Wettbewerb im Segment grüne Bohnen - wie in anderen Bereichen von Frischobst und -gemüse - Standorte mit niedrigen Produktions- und Transportkosten. Die Produzenten in Burkina Faso sind aufgrund der Binnenlage des Landes und der fehlenden Konkurrenz im Luftverkehr benachteiligt. Die Vermarktung verderblicher Ware erfordert eine effiziente Lieferkette "vom Feld bis zum Supermarktregal". Dezentrale und schlecht erreichbare Produktionszonen sowie fehlende Transportmittel können zur Unterbrechung der Kühlkette führen und dadurch die Qualität beeinträchtigen.

Viertens diversifizieren die Importeure zunehmend ihre Versorgungsquellen. Voraussetzung dafür war eine Zunahme der produzierenden Länder. Auch die Importeure mit langjährigen Beziehungen zu Burkina Faso haben ihre direkte Involvierung in die Produktion durch Subkontraktierung ersetzt, um flexibler zu werden und ihr Risiko zu minimieren. Das Verhältnis zwischen Importeuren und den Exporteuren/Produzenten in Burkina kann als Quasi-Hierarchie bezeichnet werden. Die Importeure bestimmen Art und Weise, Ausmaß und Zeitpunkt der Produktion und steuern so alle nachfolgenden Aktivitäten. Sie stellen somit die lead firms im Sinne der GVC-Analyse dar. Allerdings ist auch ihr Handeln von der Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel abhängig und richtet sich darauf, im Wettbewerb um Lieferverträge mit Supermärkten besonders preisgünstige und qualitativ hochwertige Ware liefern zu können. Während zwar Vertrauen und persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten in der Warenkette nach wie vor wichtig sind (vgl. Freidberg 2004), wird diese domestic coordination mehr und mehr durch externe Zertifizierungen ersetzt, die auch durch den Einfluss zivilgesellschaftlicher Gruppen an Bedeutung gewonnen haben.

Fünftens müssen exportorientierte Entwicklungsstrategien die Machtverteilung innerhalb von Wertschöpfungsketten kennen, um nicht ihre Zielgruppe zu verfehlen und die "Reichen reicher zu machen". Sie leisten nur dann einen direkten Beitrag zur Armutsbekämpfung, wenn Kleinbauern in die Ketten integriert werden oder in ihnen integriert bleiben. Die gegenwärtigen Entwicklungen begünstigen jedoch eine stärkere vertikale Integration von Produktion und Export, was gegen ein dezentrales, disperses Produktionssystem spricht. Kleinbauern haben darin, wie Studien aus anderen afrikanischen Ländern zeigen (u.a. Dolan et al. 1999, Ogambi 2005, Oldenziel et al. 2005), oft keinen Platz mehr. Auch die Exporteure in Burkina Faso sehen für das gegenwärtige kleinbäuerliche Produktionssystem wenig Zukunft.

Sechstens ist Burkina Faso aufgrund der zahlreichen Nachteile in Organisation und Logistik bedroht, in Zukunft völlig vom Markt für grüne Bohnen zu verschwinden. Allenfalls als Nischenprodukt für bestimmte Nachfragegruppen (z.B. Gastronomie) könnten Haricots Verts aus Burkina noch bestehen bleiben. Alternativen ergeben sich durch die Transformation anderer Agrarprodukte, wie zum Beispiel Karité, um entweder neue Exportmöglichkeiten zu erschließen oder Importe zu substituieren.

2 Produktion und Konsumtion in einer globalisierten Welt

Das Händlernetzwerk zwischen Burkina Faso und Frankreich erscheint in vielen Aspekten als völlig unangepasst an die Anforderungen eines globalisierten Nahrungsmittelmarkts. Mit seiner kleinbäuerlichen Struktur, seinem Mangel an Koordination zwischen Produktion und Distribution und seinem Vertrauen auf persönliche Beziehungen anstelle institutionalisierter Audits, um Qualität zu garantieren und Risiken zu kontrollieren, erscheint es 'anachronistisch' im Vergleich etwa zu anglophonen Versorgungsketten (Freidberg 2004: 214). Es ist angesichts der im Kapitel II beschriebenen Trends geradezu verwunderlich, dass es überhaupt so lange in dieser Form 'überleben' konnte. Die veränderten Rahmenbedingungen lassen den Akteuren in Burkina Faso wenig Wahlmöglichkeiten. Der Übergang zu einer stärker an ökonomischer Effizienz orientierten Produktion scheint, wenn überhaupt, nur über großflächigen Agrobusiness möglich zu sein, bei dem unter einer zweckrationalen Handlungslogik Kostensenkungen erreicht werden können. Für die Kleinbauern bedeutet dies, dass sie wenig Chancen haben, weiter in diese globale Wertschöpfungskette eingebunden zu werden. Allenfalls werden einzelne unter ihnen als Landarbeiter auf den Großfarmen der Exportfirmen arbeiten können, Großfarmen, die als "globalisierte Orte" (Scholz 2004) temporär in den Weltmarkt eingebunden sind, aber jederzeit wieder ausgeschlossen werden können.

Der grundlegende Widerspruch des Kapitalismus (Wallerstein 1995: 32), dass einerseits Unternehmenskosten, insbesondere für den Faktor Arbeit, ständig gesenkt werden müssen, um überhaupt im Wettbewerb bestehen zu können, andererseits eine gewisse Kaufkraft vorhanden sein muss, um die Güter überhaupt absetzen zu können, wird heute dadurch gelöst, dass Produktion und Konsumtion an verschiedenen Orten dieser Welt stattfinden. Diese 'neue Form des Kolonialismus' kann in gewisser Weise auch am Beispiel der exportorientierten Produktion grüner Bohnen in Burkina Faso beobachtet werden: Es handelt sich hierbei um ein Produkt, dass nur für die Länder des Nordens erzeugt wird, nur dort konsumiert wird, zu Bedingungen, die von dort bestimmt werden und mit Produktionsmitteln, die von dort kommen. Die Wertschöpfung verbleibt zu 80% bei Unternehmen aus Europa. Allein die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden werden für den Anbau 'ausgeliehen'.

Die Chancen, die sich für Entwicklungsländer im Weltmarkt ergeben, basieren vor allem auf ihren niedrigen Kosten für den Faktor Arbeit. In diesem Zusammenhang erfährt die These von der nicht-monetären Subvention der Marktproduktion durch die Subsistenzproduktion (vgl. Evers 1987) neue Aktualität: Der Subsistenzsektor übernimmt einen Teil der Produktionskosten (vor allem der Reproduktionskosten der Arbeitskraft) des Marktsektors und stellt somit die eigentliche Garantie für das Überleben der Warenproduktion dar (Hammer 1992: 119). Wie in den Industrieländern, so ist auch in den Entwicklungsländern die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse in exportorientierten Sektoren charakteristisches Kennzeichen der Globalisierung.

Insofern müssen auch exportorientierte, auf Weltmarktintegration abzielende Entwicklungs- strategien kritisch in Bezug zu ihrer Zielsetzung, der Armutsbekämpfung, hinterfragt werden. Dabei helfen handlungstheoretische Ansätze, die den methodologischen Individualismus der Neoklassik übernehmen und die Abwägung zwischen Alternativen nur als individuelles Entscheidungsproblem konzeptualisieren, ohne die Alternativen zu bewerten, nur wenig weiter. Es ist aus meiner Sicht keineswegs zwingend, dass die Einbindung lokaler Agrar- produktion in globale Wertschöpfungsketten schon allein deshalb förderungswürdig ist, weil die Alternative, der Anbau anderer Gemüsesorten für den lokalen Markt, mit noch größeren Unsicherheiten verbunden ist. Sich in dieser Situation für das 'geringere Übel' zu ent- scheiden, sagt auch nichts darüber aus, wie autonom diese Entscheidung tatsächlich ist. Beim Fokus multilateraler und bilateraler Geber auf die Förderung von Kooperationen zwischen Unternehmen in den Industrieländern und klein- und mittelständischen Betrieben in Entwicklungsländern darf nicht die Frage der Governance und die kritische Rolle, die manche Firmen in der Förderung oder Behinderung gewünschter Entwicklungsstrategien spielen können, aus den Augen verloren werden (vgl. Humphrey/ Schmitz 2001: 21).

Vielleicht ist die angesprochene soziale und räumliche Trennung von Produktion und Konsumtion der Grund, warum sich Konsumenten in Europa letztlich wenig Gedanken darüber machen, wo und wie eine Ware produziert worden ist, solange der Preis stimmt, der aber nichts über die Entstehungsbedingungen des Erzeugnisses und die Verteilung der Wertschöpfung zwischen den Beteiligten verrät. Umgekehrt bleiben für einen Kleinbauern in Burkina Faso wie anderswo in Entwicklungsländern die Qualitätsansprüche europäischer Konsumenten unverständlich; denn sie haben nichts mit seiner Lebenswirklichkeit zu tun. Es ist paradox, dass - wie am Beispiel der Wertschöpfungskette deutlich wird - jeder unter Sachzwängen handelt (oder meint, unter Sachzwängen zu handeln), vom Konsumenten bei seiner Kaufentscheidung über die Supermärkte bei der Auswahl ihrer Lieferanten bis zu den Importeuren und ihren Beziehungen zu Versorgern aus Entwicklungsländern, ohne dass klar festgestellt werden könnte, wer denn nun diese Sachzwänge eigentlich produziert und damit eine globale Geographie der Ungleichheit "macht".

Karl Marx bezeichnete mit dem Fetischcharakter von Waren die Art und Weise, wie ihre Erscheinung soziale und ökonomische Machtbeziehungen verschweigt. Heute hängen Millionen von Menschen in Entwicklungsländern von den wechselnden und teilweise manipulierten Konsumpräferenzen einer globalen Oberschicht ab, die sich disproportional auf der Erde verteilt, nämlich auf Nordamerika, Westeuropa und Japan:

„Too much knowledge of the exploitation of human beings and/or the spoliation of nature required to satisfy those preferences could leave a bad taste in their mouths“ (Goldfrank 1994: 278).

Summary

Integration of Local Agricultural Production from Developing Countries in Global Value Chains. The Case of Green Beans from Burkina Faso

Introduction

Green beans from Burkina Faso have been exported to Europe for more than 35 years, particularly to France. As a dry-season produce, grown between December and March mainly on irrigation schemes built in the first years of post-colonial independence after 1960, it coincides with a demand for imported green beans in Europe where own production is not possible during this period.

This thesis analyses the trade network for green beans between smallholders and exporters in Burkina Faso, and importers in France, a network which links local production in one of the poorest countries in the world to globalised consumption patterns in industrial nations. Drawing on Global Value Chain- Analysis, a concept which first appeared under the term Global Commodity Chain- Analysis (Gereffi et al. 1994), and the French Filière-Approach, which is a common tool in francophone agricultural research, the input-output-structure, the institutional framework and the forms of governance of the value chain will be shown.

Recent trends in trade in agricultural produce will be explained first, as they are crucial to understand how the chain is reshaped by agricultural and trade policies, development strategies, and trends in retailing.

Trends in trade in agricultural produce

Until the 1980s, production of traditional cash crops such as coffee, cocoa or cotton was mainly state-controlled. International producer cartels were successful in controlling prices on the world market by buying up surpluses or by setting export quotas. These cartels collapsed in the 1980s, in most cases as a result of the emergence of new producing countries. Through the implementation of structural adjustment policies, most state marketing monopolies were privatised. Governments therefore lost control over crop quality and availability. Consequently, a tendency towards falling prices has been accompanied by increasing price instability.

For these reasons, many developing countries, supported by international donors, promoted so-called non-traditional cash crops such as Fresh Fruits and Vegetables (FFV). This reflected a shift towards export-oriented development strategies and efforts to diversify exports as many countries depend on one or few cash crops or raw materials. The FFVsector appeared particularly attractive as it was considered to be a high-value-segment. Given the fact that horticultural production is often exercised by small-scale contract farming, support of this sector seemed also promising for poverty reduction.

Global trade in agricultural produce is currently influenced by two trends: First, with the formation of the World Trade Organisation (WTO), efforts are made to harmonise international trade regimes. Second, private standards in trade networks have become extraordinary important. A key issue of the WTO-agreements is the reciprocity principle. Developing countries are now expected to have national trade regimes as open as those in industrial nations. All forms of protectionism are to be abolished. Furthermore, the Most Favoured Nation principle requires that each country must give every other country the same treatment as it gave to its most favoured trading partner. For ACP-countries like Burkina Faso, to which the European Union has had special trade relations based on non-reciprocal trade preferences since 1975, this means an erosion of their privileged market access. Besides legal exigencies, meeting private standards on production and working conditions has become a requirement for access to markets in industrialised states. Moreover, costs to fulfil the criteria are usually passed on to local actors. Standards may also contribute to large-scale-farming as supermarkets prefer to work with only few, reliable suppliers who can assure compliance to these standards.

The European Union is the main market for FFV from ACP-countries. The expansion of huge retail chains and the concentration in food retailing led to an increasing buying power of some companies whereas the position of producers in value chains has been weakened. In France, supermarkets, hypermarkets and discounters have a 70% share of all vegetables sales, in Germany their share reaches 88%.

Evolution of the green bean trade

Green beans were introduced in Burkina Faso in the 1920s by French missionaries around Lake Bam, approximately 100 kilometres north of the capital, Ouagadougou. After independence, the state encouraged horticulture around irrigation schemes as part of a rural development strategy to generate revenues for the rural population during the dry season. At the beginning of the 1970s, the first green beans were exported to France, with the help of an interprofessional organisation to promote horticultural exports from ACP-countries (ColeACP). At that time, off-season green beans were a high-value-produce, making them viable even on small plots. Burkina remained the leading off-season exporter after Kenya until the 1980s, with 3000 to 4000 tons per year. Input supply, production and export were organised by the parastatal UCOBAM, a union of cooperatives of small-scale farmers. However, the UCOBAM depended on seasonal pre-financing from their French clients.

Like many other developing countries, Burkina Faso adopted a World Bank structural adjustment program in the early 1990s. In return for debt rescheduling and financial support Burkina Faso had to liberalise trade policies and privatise state-owned enterprises. Consequently, the state pulled out of the green bean sector. UCOBAM became a private company, other exporters could enter the sector more easily, and farmers could sell to anyone who offered them to buy their crops, even if they had promised their produce to someone else. This led to a disorganisation of the chain in Burkina, which was aggravated by increasing irregularities in air transport due to financial problems of the monopolistic Air Afrique. Thus, the reputation of Burkina Faso as a reliable supplier of green beans was put into question. The devaluation of the West Africa Franc (CFA) in 1994, aimed at increasing competitiveness for exports from West African countries, raised at the same time costs for imported inputs - seeds, fertilisers, and pesticides.

Meanwhile, it turned out that, besides their internal problems, other African countries which had entered the lucrative market became the major challenge for Burkinian green bean growers. Imports into the European Union increased by more than 480% between 1989 and 2004, from 33.000 tons per year to 160.000 tons. Morocco and Egypt count for much of this increase. Both countries have an advantage which may become decisive: they can transport their produce to Europe by truck (Morocco) or by ship (Egypt) and therefore avoid high tariffs for airfreight. Kenya is still the largest ACP-exporter; though the share of ACP-countries in the green bean trade has declined. Kenya is able to deliver high-quality produce which still justifies high costs for air cargo. Burkinian exports declined from about 3500 tons per year in the middle of the 1980s to only 664 tons in 2004/05. In many producing countries, tendencies to large-scale farming can be observed, as these production systems allow economies of scale and are more likely to meet legal and private requirements specified by supermarkets and importers.

As a result from several food scandals agricultural products in the European Union, whether imported or not, now face strict regulations concerning food safety. Central to the new legislation is the traceability of a product, which means that traders have to assure that every commodity placed on the market can be traced back to its producer and to all intermediaries who dealt with it until it landed on the supermarket shelf. Sellers in the EU are likewise required to guarantee hygienic standards during the whole production process. As a consequence, a HACCP-Analysis has to be established to identify all potential hazards along the chain. Producers also have to comply with maximum residue levels for pesticides in or on food. To ensure compliance only pesticides allowed in the EU must be applied. Another key issue is the implementation of official controls for food safety in producing countries. In order to help developing countries to adhere to the new regulations technical assistance is provided to avoid that these food safety directives become technical barriers to trade.

Main Actors

The main actors of the Franco-Burkinian value chain for green beans are producers, input suppliers, exporters, freight forwarders, airfreight transporters, and importers.

Producers are usually organised in Groupements, groups of farmers, who negotiate contracts for the cultivation of green beans with their exporters. In almost all cases examined in Burkina Faso exporters at least partly prefinance the inputs - seeds, fertilisers, pesticides, and gasoline for irrigation. Access to credits for producers is limited although there is a micro credit project launched by the private irrigation association APIPAC, which is funded by the World Bank. Some producer groups are member of the national producers' association ANPHV which achieved that contracts between farmers and exporters have become standard. Asked why they cultivate a produce for which local consumption is nearly inexistent, production costs are high and conflicts with exporters are common, farmers would answer that the cultivation of green beans is less risky compared to vegetables for the local market since the market outlet is secure, and prefinancement is usually given. Even though the cultivation requires much concentration, production may be profitable if the farmers are paid correctly and crop yields are sufficient.

Currently there are only two seed suppliers based in Burkina Faso, King Agro and Nankosem. Both are branches of multinational corporations: Seminis (which is part of Monsanto) in the former, Technisem in the latter. Efforts to produce seeds locally failed since the used variety was no longer in demand on the European market. The predominant variety at the moment, AMY, is imported from Europe. The price paid to Seminis for the seeds constitutes more than 75% of the price of sale to the producers.

After variations due to the transformation of the sector in the framework of structural adjustment policy in the 1990s, the number of exporters went down to eleven firms in 2004/05. Apart from the UCOBAM, there is only one major enterprise, the SOBFEL, which was only recently created. Most of the exporters depend on prefinancing of their French importers. Besides green beans, exporters deal with onions, tomatoes and potatoes for the local market. Another important export product is mangos. However, they are not always commercialised through the same channels as green beans. Exporters are confederated in two export associations. APEFEL/B, the older one, profited from financial aid of the French co-operation agency AFD. However, as discrepancies about the use of the money emerged, AFD withdrew from the project. Members of the newly founded APEX now export more quantities than the remaining firms in the APEFEL/B.

Freight forwarders deal with green beans once the produce has been packed in the pack house at Ouagadougou’s international airport. They enter the goods for customs clearance and phytosanitary certification.

Airlines play a critical role in FFV value chains given the perishable nature of the produce which requires an efficient and fast transport from the remote production zones to the points of sale. After Air Afrique's breakdown in 2001, Air France took over many of their connections. As Air Afrique before, Air France is largely without competitors for cargo, so they can impose prices for airfreight transport. The tariff for green beans, with more than 800 FCFA per kilogram at present, constitute up to 50% of the price of sale at the wholesale market in Rungis, and still around 28% of the price customers pay for green beans in French supermarkets.

Importers based at the wholesale market in Rungis, near Paris, sell grean beans to wholesalers, groceries, restaurants and supermarkets. They have usually diversified their products as well as their suppliers. The first importer who had Burkinian suppliers, Sélection, is still an important green bean trader. Sélection, like Dole France, has withdrawn from direct involvement in production by subcontracting to the Burkinian exporters Geprest and BFL. Though supermarkets in France as elsewhere have increasingly engaged in production by surpassing intermediaries, they still buy exotic and off-season produce in Rungis to assure constant quality throughout the year.

Governance in the Value Chain

According to GVC-Analysis, Governance means the exercise of control along the chain, that is to define, what is to be produced, how it is to be produced, when it is to be produced, how much is to be produced and what target prices are to be met. Those who define these parameters are identified as lead firms. In the case of the green bean value chain between Burkina Faso and France, importers can be identified as lead firms. However, their activities depend on trends in food retailing, where supermarkets have become powerful in quality- defining and price-setting over the last decades. Another key actor in the chain is the airfreight transporter, Air France Cargo, who controls the transport from the source of supply to the market outlet. The analysis of value added along the chain shows that producers gain 10% of the price green beans are sold for in French supermarkets, as well as exporters do. The transit and transport operators receive 28%, the importers in Rungis another 12%. Though, the main part (40%) of the value added remains with the supermarkets.

Conclusion

Today, the network for green beans between Burkina Faso and France faces major challenges: Competition has become fierce, and EU-requirements concerning food safety have evolved remarkably over the last decade. Access to consumers is dominated by few retailing chains. Importers are less willing to provide financing for production. Transport costs for air cargo are prohibitive compared to transport by truck or ship. The smallholder system in Burkina Faso seems to be an obstacle for further integration in the global value chain for green beans. If any, green beans from Burkina Faso may survive in specialised niche markets. Smallholders, however, are threatened to get excluded from this chain.

Literatur- und Quellenverzeichnis

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Hinweis: Diese Arbeit wurde gegenüber der an der Universität Bayreuth eingereichten Fassung in folgenden Punkten geändert:

- Die Interviewpartner wurden anonymisiert
- Der Anhang wurde nicht mit veröffentlicht

[...]


1 HDI-Rang 175 von 177 im Human Development Report der UNDP (2003)

2 In dieser Arbeit werden die Begriffe "Wertschöpfungskette" und "Warenkette" synonym verwendet.

3 Unter dem Begriff AKP-Staaten sind derzeit 77 Staaten aus Afrika südlich der Sahara, der Karibik und dem Pazifik zusammengefasst, zumeist ehemalige Kolonien, zu denen die EU besondere Beziehungen unterhält.

4 Der Anteil Afrikas an den Weltexporten ist seit den 1960er Jahren um etwa zwei Drittel gefallen und liegt unter 2%, denn der Zuwachs der Exporte aus Afrika fiel deutlich geringer aus als bei allen anderen Kontinenten. Während sich der Wert aller weltweit exportierten Güter 2000 im Vergleich zu 1963 fast vervierzigfacht hat, stieg er in Afrika nur um das fünfzehnfache (Gibbon/ Ponte 2005: 38).

5 Die handelsexogenen, sozioökonomischen Veränderungen, die zu dem Strukturwandel im Einzelhandel beitrugen, sind in zahlreichen Arbeiten beschrieben (vgl. z.B. Kulke 1997 und Schröder 1997) und sollen hier nicht weiter vertieft werden.

6 Hypermarchés sind Supermärkte mit mehr als 2500 Quadratmetern Verkaufsfläche.

7 Burkina Faso liegt in der Sudano-Sahelzone und ist charakterisiert durch eine kurze Regenzeit von Mai/Juni bis September und eine längere Trockenzeit von Oktober bis April/Mai. Die höchsten Temperaturen (mit Tageshöchstwerten über 40°C) werden von März bis Mai erreicht. Die Niederschläge liegen zwischen 300 mm im Norden des Landes und 1200 mm im Süden und weisen eine hohe Variabilität auf (MAHRH 2005: 15). Während der Regenzeit werden die Grundnahrungsmittel Hirse, Sorghum und Mais im Regenfeldbau kultiviert. In der Trockenzeit findet die Gemüseproduktion über Bewässerung statt.

8 Gemeint sind die Erträge, die sich auf die Menge an exportierten grünen Bohnen beziehen. Die tatsächlichen Erträge liegen darüber - manchmal beträchtlich (Verluste bis zu 30%).

9 Die DGPSA rechnet die Produktion aufgrund von Stichproben aus einzelnen Dörfern hoch, nicht über Angaben der Händler über ihre Versorger.

10 Eine Karte Burkina Fasos mit allen Provinzen befindet sich im Anhang.

11 130 ha / 2 Zyklen = 65 ha / 1000 qm = 650 bzw. 220 ha / 1 Zyklus = 220 ha / 400 qm = 5500.

12 Länder aus denen mindestens 9 Tonnen exportiert wurden.

13 Zu den verschiedenen Praktiken s. z.B. Stamm 1996.

14 Die Groupements haben kommerziellen (Erwerbs-) Charakter und unterscheiden sich so von Associations oder Syndicats, die für die politische Organisation des ländlichen Raumes wichtig sind. Groupements desselben Sektors oder entlang einer Filière können sich zu einer Union zusammenschließen. Dem übergeordnet sind die Fédérations als Vereinigungen mehrerer Unions. Diese können sich mit anderen Fédérations wiederum zu einer Confédération zusammenschließen. Auf nationaler Ebene entstand 2002 die Confédération Paysanne du Faso (CPF) durch Vereinigung von fünf Fédérations: der FNJPA-B (Fédération Nationale des Jeunes Producteurs Agricoles), der FEPA-B (Fédération des Professionnels Agricoles du Burkina), der UNPC-B (Union Nationale des Producteur de Coton du Burkina), der FENAFER-B (Fédération Nationale des Femmes Rurales du Burkina) und der FEB (Fédération des Eleveurs du Burkina). Auf Ebene der nicht-kommerziellen Bauernorganisationen spielt vor allem die FENOP (Fédération Nationale des Organisations Paysannes) eine wichtige Rolle.

15 Zur Stellung und Rolle von Monsanto als Global Player im Agrarsektor siehe zum Beispiel Herbers 2005: 56-58).

16 FOB ist ein sog. IncoTerm und bedeutet Free on Board. IncoTerms regeln die Verantwortlichkeiten der Beteiligten einer Gütertransaktion, die über internationale Grenzen hinweg erfolgt. Dabei geht es um die Frage, wann eine Ware den Besitzer wechselt und somit ein Kosten- und Risikotransfer vom Verkäufer zum Käufer erfolgt. Bei einem Verkaufspreis FOB geht die Ware im Moment der Entgegennahme der Ware für den Haupttransport in den Besitz des Empfängers über. Als Konsequenz daraus ist der Empfänger auch für die Bezahlung des Transports vom Ursprungs- zum Zielland verantwortlich.

17 Hirsebier

Ende der Leseprobe aus 138 Seiten

Details

Titel
Integration lokaler Agrarproduktion von Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten
Untertitel
Das Beispiel der exportorientierten Produktion grüner Bohnen in Burkina Faso
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
138
Katalognummer
V118072
ISBN (eBook)
9783640220076
Dateigröße
1134 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Integration, Agrarproduktion, Entwicklungsländern, Wertschöpfungsketten
Arbeit zitieren
Florian Zerzawy (Autor:in), 2006, Integration lokaler Agrarproduktion von Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118072

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