Das Exemplarische Lehren im Spiegel der Kritik

Der Vergleich von Wagenschein's Theorie mit empirischen Untersuchungen


Seminararbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. HAUPTTEIL
2.1 Historischer Hintergrund
2.2 Das Exemplarische Lehren nach dem Verständnis Wagenscheins
2.3 Die empirische Untersuchung Alexander Engelbrechts
2.3.1 Einführung
2.3.2 Der Untersuchungsaufbau
2.3.3 Die Kritik an WAGENSCHEIN von ENGELBRECHT
2.4 Kritische Betrachtung der Unterrichtsdurchführung und Analyse ENGEL- BRECHTS

3. Abschlussteil
3.1 Fazit

Literaturverzeichnis

EINLEITUNG

Das Ringen um die beste Didaktik beschäftigt Theoretiker und Praktiker, solange es Schule gibt. Im Laufe der Zeit wurden viele didaktische Theorien und Modelle entworfen, weiterentwickelt und mitunter auch wieder verworfen. Ein Problem, das die Didaktiker besonders seit den letzten Jahrhunderten beschäftigt, ist die Vermittlung der Stofffülle, die über die Zeit stetig angewachsen ist. So ist die Menge des jeweiligen Lernstoffs im Zuge der immer stärkeren Verwissenschaftlichung so angewachsen, dass eine Anpassung des jeweiligen Curriculums mit dem Ziel, Schüler effektiv auf das Leben vorzubereiten, immer schwieriger wurde.

Im 19. Jahrhundert nahm die durch das Spezialistentum bedingte Fülle an wissenschaftlichen Erkenntnissen in hohem Maße zu, was zu einer enormen Ausweitung der Lehrpläne führte. Dabei wurde besonders kritisiert, dass die Lernziele nicht mehr die wirkliche Welt der jungen Lernenden darstellten.[1] Nach einer „tiefgreifende[n,CB] Bildungskrise“ (Oehlerking-Bähre 1992, S. 156f.) Mitte des 20. Jahrhunderts sah man die Notwendigkeit, die zunehmende Stofffülle in den Lehrplänen einzudämmen, um die Schüler nicht zu überlasten. Die Verfasser der Tübinger Resolution von 1951 forderten, die Stofffülle zu beschränken und hofften, durch das exemplarische Lehren die Effizienz des Bildungssystems zu erhöhen.[2] Der Physiker und Mathematiker WAGENSCHEIN bemühte sich dabei mit seinen Beiträgen zum exemplarischen Lehren um eine Neugestaltung des physikalischen und mathematischen Unterrichts an höheren Schulen, um dem „Dilemma zwischen Wissen und Verstehen durch Zunahme der wissenschaftlichen Inhalte an Komplexität und Menge“ (TWARDY 1983, S. 360) entgegenzuwirken.[3] Seither haben viele Pädagogen und Nicht-Pädagogen das exemplarische Lehren analysiert und dabei das Für und Wider diskutiert. Die Befürworter stellten fest, dass die von WAGENSCHEIN propagierte didaktische Methode ein effizienteres Lernen ermöglichte, weswegen sie sowohl von den Theoretikern als auch von den Praktikern übernommen wurde.[4] Kritiker bemängeln, dass WAGENSCHEIN lediglich ein Ziel angibt, aber kaum einen Weg, dieses Ziel zu erreichen; ebenso, dass die von ihm verwendeten Begriffe nicht erläutert werden[5], was das Verständnis und die Umsetzung des Konzepts erschweren. Ein Hauptvertreter dieser kritischen Betrachtungsweise ist ENGELBRECHT, der WAGENSCHEINS Ansatz in einer empirischen Studie untersucht hat. Auffällig dabei ist, dass diese Untersuchung bisher jedoch kaum einer Kritik unterzogen worden ist. So ist es Ziel dieser Arbeit, zu überprüfen, ob die Kritik ENGELBRECHTS an WAGENSCHEINS Konzept gerechtfertigt ist und ob es ENGELBRECHT somit gelingt, WAGENSCHEIN empirisch zu widerlegen.[6]

Zum Verständnis der in dieser Arbeit behandelten Thematik muss zunächst eine terminologische Klärung des Begriffs „exemplarisch“ vorgenommen werden.

Der Begriff „exemplarisch“ leitet sich etymologisch aus dem lateinischen Wort exemplum[7] ab und bedeutet „Vorbild“, „Beispiel“ oder „beispielhafte Erzählung“. Klafki orientiert sich bei seiner Definition an den Vorstellungen WAGENSCHEINS[8] und grenzt den Begriff des „Exemplarischen“ weiter ein, indem er beim Exemplarischen von einem „Verhältnis von Allgemeinen und Besonderen“ (KLAFKI 1964, S. 443) spricht. Damit ist gemeint, dass man anhand eines besonderen Beispiels, eines „Falls“, versucht, ein übergeordnetes Ganzes, ein „Gesetz“ oder eine „Struktur“ zu erschließen. KLAFKI hebt hervor, dass das Besondere durch Nachdenken von dem Allgemeinen abgeleitet wird.[9]

Im ersten Teil der Untersuchung wird nach einer knappen Übersicht über den historischen Hintergrund WAGENSCHEINS Ansatz in verkürzter Form dargestellt, um einen Überblick über wesentliche Grundlagen des exemplarischen Lehrens zu geben. Anschließend werden zunächst ENGELBRECHTS Untersuchungsaufbau und Unterrichtsführung zusammengefasst, worauf seine Kritik an WAGENSCHEIN verdeutlicht wird. Daraufhin wird ENGELBRECHT einer kritischen Würdigung unterzogen.

Aufgrund des bereits angesprochenen begrenzten Umfangs dieser Arbeit kann nicht untersucht werden, in wieweit das exemplarische Lehren bei der Erstellung von Curricula entsprechender Fachrichtungen Berücksichtigung gefunden hat und ob es sich in der praktischen Umsetzung bewährt hat. Ebenso kann nicht auf das genetische Lernen und sokratische Vorgehen eingegangen werden, da die Vorgehensweisen für diese Arbeit eine eher untergeordnete Rolle spielen.

2. HAUPTTEIL

2.1 Historischer Hintergrund

Das exemplarische Prinzip hat seine Wurzeln im Hellenismus (336 v. Chr. -30 v. Chr.) und findet sich ebenso im Bildungsideal der Paideia (παιδεία)[10] des antiken Griechenlands wieder, wo bereits anhand bedeutender Beispiele unterrichtet wurde. Damals wurde exemplarisches Lehren eher auf die musische, gymnastische und politische Bildung angewandt. Griechische Gelehrte setzten sich intensiver mit der Paideia unter didaktischen Gesichtspunkten auseinander, was die Grundbildung und weiterführend den Unterricht an höheren Schulen beeinflusste. Damit wollte man den Lernenden bestmögliche Vorkenntnisse für ein wissenschaftliches Studium und einen beruflichen Weg vermitteln.[11] Ab dem 17. Jahrhundert fand ein Richtungswechsel zum Spezialistentum statt, der bis Mitte des 20. Jahrhunderts anhielt. Mit der Tübinger Resolution (1951) besann man sich wieder auf die Ursprünge der Paideia des Hellenismus; darauf, „das Prinzip des Exemplarischen im Sinne des vorgelebten oder des erzählten ‚Beispiels’ praktisch-sittlicher Bewährung“ (Neues Pädagogisches Lexikon 1971, S. 253) zu verstehen. Folglich fand das Prinzip bei der Erstellung neuer Bildungskonzepte für neuhumanistische Gymnasien und höheren Schulen Berücksichtigung.[12]

2.2 Das Exemplarische Lehren nach dem Verständnis Wagenscheins

WAGENSCHEIN als Verfasser der „Tübinger Resolution“ von 1951 ist der Auffassung, dass „das deutsche Bildungswesen (…) in Gefahr ist, das geistige Leben durch die Fülle des Stoffes zu ersticken“ und [dass] „die Durchdringung des Wesentlichen der Unterrichtsgegenstände (…) den unbedingten Vorrang vor jeder Ausweitung des stofflichen Bereichs [hat]“(Klafki 1964, S. 2). So schlägt die „Tübinger Resolution“ vor, „der Stofffülle durch exemplarisches Lernen zu begegnen“ (WAGENSCHEIN 1982, S. 7). In diesem Zusammenhang bezeichnet WAGENSCHEIN die Schule als „Erledigungsmaschinerie“ (WAGENSCHEIN 1982, S. 8; zitiert nach PICARD 1956, S. 79), indem er das stufenförmige Lernen nach dem Prinzip “Vom-Einfachen-zum-Komplizierteren“ folgendermaßen kritisiert: „Der Grundsatz ‚Erst das Einfache, dann das Kompliziertere’ hat natürlich sein Recht. Er darf aber nicht allein herrschen. Sein Fehler liegt auf der Hand: Sehr oft ist das ‚Einfache’ entweder gar nicht einfach, oder es ist trivial“ (WAGENSCHEIN 1982, S. 9). Dabei ist WAGENSCHEIN der Meinung, dass ein systematischer Lehrgang keinen nachhaltigen Antrieb für den Lernenden hat, da er zur „Vollständigkeit (…) und damit zur Hast und zur Ungründlichkeit [verführt]“ (WAGENSCHEIN 1982, S. 9) und durch das Festhalten an der Systematik den Durchblick des Lernenden verhindert. Diese Struktur versucht WAGENSCHEIN mit Hilfe des „exemplarischen Lehrens“ zu durchbrechen.

[...]


[1] vgl. Neues Pädagogisches Lexikon 1971, S. 251f.

[2] vgl. KLAFKI 1964, S. 2

[3] Man geht davon aus, dass das Bestreben um Verständnis der erlernten Inhalte nur durch eine Eingrenzung der Inhaltsmenge und die Zunahme der Inhalte nur zu Lasten der Verstehbarkeit umgesetzt werden kann.

[4] vgl. dazu OEHLERKING-BÄHRE 1992, S. 230 sowie SPRECKELSEN 2001, S. 144 und Neues Pädagogisches Lexikon 1971, S 253

[5] vgl. TWARDY 1983, S. 356f. und ENGELBRECHT 2003, S. 169f.

[6] Da der Umfang dieser Arbeit es nicht zulässt, Untersuchungen mehrerer verschiedener Kritiker zu hinterfragen, kann hier nur auf ENGELBRECHT als Hauptvertreter der Kritiker WAGENSCHEINS eingegangen werden. Aus demselben Grund können die Befürworter WAGENSCHEINS hier nicht detailliert untersucht werden.

[7] STOWASSER , J. M.: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, 1994, S. 190

[8] Diese Vorstellungen werden später detailliert erläutert.

[9] vgl. KLAFKI 1964, S. 443f.

[10] vgl. GEMOLL 1959, S. 562; Paideia (παιδεία) bedeutet Erziehung, Zucht oder Bildung, Kenntnisse.

[11] vgl. OEHLERKING-BÄHRE 1992, S. 156f.

[12] vgl. Neues Pädagogisches Lexikon 1971, S. 253

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das Exemplarische Lehren im Spiegel der Kritik
Untertitel
Der Vergleich von Wagenschein's Theorie mit empirischen Untersuchungen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Wirtschaftspädagogik)
Veranstaltung
Vorbereitung des Schulpraktikums in Hauptstudium SS 2008
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V118428
ISBN (eBook)
9783640213207
ISBN (Buch)
9783640213290
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zitat des Dozenten: "Das war eine sehr erfreuliche Arbeit" (May, 2008)Zitat des Dozenten: "Das war eine sehr erfreuliche Arbeit" (May, 2008)Zitat des Dozenten: "Das war eine sehr erfreuliche Arbeit" (May, 2008)Zitat des Dozenten: "Das war eine sehr erfreuliche Arbeit" (May, 2008)
Schlagworte
Exemplarische, Lehren, Wagenschein, Exemplarisches Lernen, Exemplarisches Lehren
Arbeit zitieren
Christian Bodenstein (Autor:in), 2008, Das Exemplarische Lehren im Spiegel der Kritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118428

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