Gewinnung diagnostischer Informationen durch Schülerbeobachtungen


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Überlegungen
2.1 Beobachtungsbegriff
2.2 Gefahren für die Gültigkeit von Beobachtungsergebnissen
2.3 Merkmale und Arten wissenschaftlicher Beobachtung
2.4 Formen der Beobachtungsprotokollierung

3. Praktische Umsetzung der thematischen Einheit im Seminar
3.1 Planung und Vorbereitung
3.2 Umsetzung und Reflexion

4. Schlusswort

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

Gewinnung diagnostischer Informationen durch Schülerbeobachtung

1. Einleitung

Unsere Wahrnehmung ist subjektiv und begrenzt. Trotz dessen ist die Durchführung von Beobachtungen im Schulalltag unerlässlich, wenn es darum geht, ein angemessenes Urteil anzustreben.

Für mich, als zukünftige Referendarin, ist diese Thematik von großer Bedeutung. Sie wirft jedoch einige Fragen auf: Was beeinträchtigt unsere Wahrnehmung und damit auch unsere Beobachtungsergebnisse? Welche Arten der Beobachtung gibt es? Und welche Möglichkeiten der Beobachtungsverschriftlichung kann ich als Lehrer einsetzen, um meine Beobachtungen festhalten und optimal auswerten zu können? Auf diese Schwerpunkte möchte ich im Rahmen dieser Arbeit eingehen.

Der erste Teil der Arbeit umfasst die theoretischen Überlegungen zu diesem Thema. Ich definiere zunächst den Beobachtungsbegriff und setze mich mit den Gefahren für die Gültigkeit von Beobachtungsergebnissen, den Merkmalen und Arten der wissenschaftlichen Beobachtung und den Möglichkeiten der Beobachtungsprotokollierung auseinander.

Im zweiten Teil wird dann die Planung und die praktische Umsetzung der von mir durchgeführten Seminareinheit zu diesem thematischen Schwerpunkt vorgestellt.

2. Theoretische Überlegungen

2.1 Beobachtungsbegriff

Der Begriff Beobachtung lässt sich verschiedentlich definieren. Nach Bortz spricht man von Beobachtung, „wenn aus einem Ablauf von Ereignissen etwas aktiv, also nicht beiläufig zum Objekt der eigenen Aufmerksamkeit gemacht wird“[1].

Graumann präzisiert dies, indem er anführt, dass Beobachtung „die absichtliche aufmerksamselektive Art des Wahrnehmens [ist], die ganz bestimmte Aspekte auf Kosten der Bestimmtheit von anderen beachtet. [...] Gegenüber dem üblichen Wahrnehmen ist das beobachtende

Verhalten planvoller und von vornherein auf die Möglichkeit der Auswertung des Beobachtenden im Sinne der übergreifenden Absicht gerichtet“[2].

2.2 Gefahren für die Gültigkeit von Beobachtungsergebnissen

Die subjektive Wahrnehmung und Beobachtung ist zahlreichen Verfälschungstendenzen ausgesetzt. Im Folgenden soll eine gezielte Auswahl dieser vorgestellt werden.

Es ist von großer Wichtigkeit sich bewusst zu machen, dass unsere Beobachtung kein neutraler Vorgang ist. Sie wird unter anderem von unseren Erfahrungen, sozialen Einstellungen und persönlichen Werten beeinflusst. Oft passen wir unsere Wahrnehmung unseren Bedürfnissen an und machen sie so zu einem subjektiven Vorgang.

Bezüglich der Strukturierung unserer Wahrnehmung werden vier Faktoren unterschieden:

Selektion: aus einer Vielzahl von dargebotenen Reizen werden nur diejenigen ausgewählt, die sich mit unserer Erwartung und unseren Bedürfnissen verbinden lassen.

Organisation: Die wahrgenommenen Reize werden so strukturiert, dass sie mit unseren persönlichen Vermutungen und Annahmen harmonieren.

Akzentuierung: Während wir bestimmten Reizen besondere Wichtigkeit beimessen, lassen wir andere außen vor.

Fixierung: Die Veränderung einer Beobachtungssituation wird verdrängt und zuvor gewonnene Eindrücke werden auf neue und unbekannte Wahrnehmungsreize übertragen, auch wenn sie diesen nicht entsprechen.[3]

Diese vier genannten Aspekte wirken in jedem allgemeinen und schulischen Urteilsund Wahrnehmungsprozess zusammen.

Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, alle Verfälschungstendenzen auszuführen sollen nun zusammenfassend zwei allgemeine diagnostische Fehler, nämlich die Referenzund Beobachtungsfehler, vorgestellt werden.

Von Referenzfehlern kann man immer dann sprechen, wenn das Beobachtete mit einem unangemessenen Vorbild verglichen wird. Dazu zählen unter anderem die „Weder-noch- Aussagen“, bei denen der Beobachter überwiegend Urteile im Mittelbereich bevorzugt. Zu den Referenzfehlern gehören außerdem die Maßstabsfehler. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass entweder zu streng oder zu milde beurteilt wird. Der Beobachter legt damit Maßstäbe an, die der Person, die er beobachten und beurteilen soll, nicht angemessen sind. Meist ist ein solches Beobachtungsverhalten durch bestimmte Erfahrungen und Einstellungen zu begründen. Unser Erfahrungsschatz beeinflusst also die Häufigkeit von Referenzfehlern. Wenn wir beispielsweise eine Person beobachten, deren Verhaltensnormen uns eher unbekannt und ungewöhnlich erscheinen, schränkt dies unser Urteilsvermögen ein und begünstigt Referenzfehler. Was in anderen Kulturen ein typisches Zeichen der Höflichkeit und des gegenseitigen Respektes ist, kann von einem diesbezüglich unerfahrenen Beobachter als persönliche Zuneigung oder Auffälligkeit gewertet werden.[4]

Von Zusammenhangsfehlern spricht man immer dann, wenn der Beobachter Merkmale miteinander in Beziehung setzt, die nicht unmittelbar in Zusammenhang gebracht werden können. Ein typischer Zusammenhangsfehler ist der „Halo-Effekt“, bei dem die Einschätzung einer Eigenschaft einer Person von einer anderen Eigenschaft oder Verhaltensweise beeinflusst wird. Lehrer neigen beispielsweise dazu, Schüler mit einem schnelleren Sprechtempo intelligenter einzuschätzen. Des Weiteren werden Schülern, die überwiegend schlechte Leistungen erbringen, Eigenschaften wie Dummheit und Faulheit zugeschrieben.[5]

Neben diesen allgemeinen diagnostischen Fehlern soll im Folgenden auch auf vier typische beobachtungsspezifische Fehler eingegangen werden:

Überforderte Differenzierungsfähigkeit: Die menschliche Wahrnehmung ist begrenzt. Ein Beobachter ist zum Beispiel überfordert, wenn die Anzahl der zu beobachtenden Personen oder die zu beobachtenden Merkmale ein bestimmtes Maß überschreiten.

Unscharfe Definition: Trifft immer dann zu, wenn der Beobachtungsgegenstand nicht genau festgelegt bzw. definiert ist. Möchte man beispielsweise die Lernbereitschaft eines Schülers beobachten, reicht es nicht aus, den Schüler bei der Erledigung der Hausaufgaben zu beobachten. Auch das Verhalten im Unterricht und zahlreiche andere Aspekte müssen in den Beobachtungsvorgang einbezogen werden. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, den Beobachtungsgegenstand zu präzisieren.

Unvertrautheit mit der Beobachtungseinheit: Der Beobachter sollte mit dem Beobachtungsgegenstand vertraut sein. Er muss ihn definieren und einordnen können.

Unvertrautheit mit der Probandengruppe: Der Beobachter ist mit den Verhaltensweisen und Werten der zu beobachtenden Personen unvertraut. Dies erschwert eine gute Einschätzung und Beurteilung des Beobachteten.[6]

Derartigen Beobachtungsfehlern versucht man bei der Schulung der wissenschaftlichen Beobachtung durch gezieltes Informieren und Einüben von Beobachtungstechniken entgegenzuwirken.

2.3 Merkmale und Arten wissenschaftlicher Beobachtung

Greve und Wentura (1997) benennen folgende Merkmale der wissenschaftlichen Beobachtung:

- Die Zielsetzung und Absicht Annahmen zu überprüfen;
- die systematische Auslese bestimmter Gesichtspunkte;
- die Absicht, das Beobachtete auszuwerten sowie
- die Kriterien der Wiederholbarkeit und Objektivität.[7]

Neben den genannten Merkmalen, die in diesem Rahmen nur eine zusammenfassende Auswahl darstellen, soll nun auf die wichtigsten Arten wissenschaftlicher Beobachtung[8] eingegangen werden. Man unterscheidet:

- die unsystematische und die systematische Beobachtung;
- die nicht-teilnehmende und die teilnehmende Beobachtung;

Die unsystematische Beobachtung beinhaltet zumeist eine weit gefasste Fragestellung. In der Forschung wird sie überwiegend zu Beginn einer neuen Arbeit eingesetzt. Sie dient zur Orientierung und eignet sich für das Gewinnen eines ersten Eindrucks. Nachteilig wirkt sich jedoch aus, dass die unsystematische Beobachtung relativ unkonkret ist und keine genauen Ergebnisse liefert.

Die systematische Beobachtung hingegen baut auf ein detailliertes Beobachtungsschema. Sowohl die zu beobachtenden Sachverhalte und Verhaltensmuster als auch die Vorgehensweise und die Art der Registrierung während der Beobachtung werden genau festgelegt. Der Vorteil hierbei ist, dass die Vergleichbarkeit der gewonnenen Informationen erleichtert wird. Zudem kann der Beobachter seine Wahrnehmung auf bestimmte Aspekte konzentrieren. Da jedoch das Beobachtungsfeld eher eingeschränkt ist, eignet sich diese Art der Beobachtung eher für Hospitationen bei Lehrerkollegen oder bei Videoaufnahmen des eigenen Unterrichts.

Bei der nicht-teilnehmenden Beobachtung ist der Beobachter selbst nicht Teil des zu beobachtenden Handlungsablaufs. Er nimmt ihn lediglich als Außenstehender wahr. Beispiele für eine nicht-teilnehmende Beobachtung sind Hospitationen oder Pausenbeobachtungen. Wenn der Beobachter nicht selbst am zu beobachtenden Prozess teilnimmt, kann er objektiver beobachten und beurteilen. Es muss jedoch auch bedacht werden, dass das Wissen um die Beobachtung sich auf das Verhalten der Schülers oder des jeweiligen Beobachteten auswirken kann.

Wenn der Beobachter eine mithandelnde soziale Rolle während der Beobachtung einnimmt, spricht man von einer teilnehmenden Beobachtung. Ein Lehrer ist in diesem Fall Teil des Geschehens und wird von den Schülern nicht als Beobachter, sondern als Teilnehmer gesehen. Es bietet sich an, diese Form der Beobachtung während einer Gruppenarbeit oder anderen offenen Unterrichtsformen einzusetzen. Der Nachteil der teilnehmenden Beobachtung liegt in der starken Dominanz des Lehrers, der nur etwas beobachten kann, was er zuvor provoziert hat. Außerdem ist es als mithandelnde Person nur schwer möglich, gleichzeitig noch detailliert und genau zu beobachten.

2.4 Formen der Beobachtungsprotokollierung

Um die durchgeführte Beobachtung möglichst effektiv auswerten zu können, muss diese schriftlich festgehalten bzw. protokolliert werden. Im Folgenden sollen drei Möglichkeiten der Beobachtungsprotokollierung[9] kurz vorgestellt werden.

[...]


[1] Nuding 2006, S.31

[2] Nuding 2006, S.31

[3] Ingenkamp/Lissmann 2005, S.75

[4] Ingenkamp/Lissmann 2005, S.76

[5] Ebenda, S.76

[6] Ingenkamp/Lissmann 2005, S.77

[7] ebenda, S.77-78

[8] ebenda, S. 78-80

[9] Beispiele siehe Anhang 6.1, S.12

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Gewinnung diagnostischer Informationen durch Schülerbeobachtungen
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V118769
ISBN (eBook)
9783640221165
Dateigröße
630 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewinnung, Informationen, Schülerbeobachtungen
Arbeit zitieren
Sophie Männel (Autor:in), 2008, Gewinnung diagnostischer Informationen durch Schülerbeobachtungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118769

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Gewinnung diagnostischer Informationen durch Schülerbeobachtungen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden