Diese Ausarbeitung bezieht sich auf Sigmund Freuds Aufsatz „Das Unbehagen in der Kultur“ (1929). Sie beinhaltet eine kurze Biografie Freuds und hebt die besonderen Umstände hervor, die die Entstehung der Schrift umgaben. Außerdem wird „Das Unbehagen in der Kultur“ auf folgende Fragestellungen hin untersucht: Worin sieht Freud die Ursache für die Bedingung des Unbehagens in der Kultur? Warum ist der Mensch laut Freud trotz Kultur nicht glücklich? Worin besteht ihm gemäß die Leistung der Kultur? Was leistet sie nicht?
Inhaltsverzeichnis
I.) EINFÜHRUNG
I.A) EINLEITUNG
I.B) KURZBIOGRAFIE SIGMUND FREUDS
I.C) EINFÜHRUNG IN DIE SCHRIFT "DAS UNBEHAGEN IN DER KULTUR"
I.c.1) Warum Kulturbetrachtung?
I.c.2) Äußere und biografische Umstände
I.c.3) Einführende Gedanken zur Schrift
II.) WORIN BESTEHT NACH FREUD DIE BEDINGUNG DER URSACHE FÜR DAS UNBEHAGEN IN DER KULTUR?
II.A) ZUSAMMENFASSUNG DER BISHERIGEN ÜBERLEGUNGEN
II.B) WEITERFÜHRENDE ÜBERLEGUNGEN
III.) WORIN BESTEHT DIE LEISTUNG DER KULTUR?
III.A) DEFINITION DES BEGRIFFES ‚KULTUR’ NACH FREUD
III.B) ALS WAS SIEHT FREUD DIE LEISTUNGEN DER MENSCHLICHEN KULTUR?
III.C) DIE LEISTUNGEN DER KULTUR IM EINZELNEN
III.D) KURZE ZUSAMMENFASSUNG DER LEISTUNGEN DER KULTUR GEMÄß FREUD
IV.) SCHLUSSFOLGERUNG: WAS LEISTET DIE KULTUR NICHT?
V.) BIBLIOGRAFIE
V.A) PRIMÄRLITERATUR
V.B) SEKUNDÄRLITERATUR
I.) Einführung
I.A) Einleitung
Die vorliegende Ausarbeitung trägt den Titel „Die Leistungen und Nicht-Leistungen der Kultur gemäß Freud“ und bezieht sich auf Sigmund Freuds Essay "Das Unbehagen in der Kultur", veröffentlicht im Jahre 1929. Untersuchungsrelevant sind folgende Fragen:
- Worin besteht nach Freud die Bedingung der Ursache für das Unbehagen in der Kultur?
- Worin besteht die Leistung der Kultur?
- Was leistet die Kultur nicht?
Um die biografischen Aspekte der Schrift zu verstehen, soll zunächst Freuds Lebenswerk kurz umrissen werden:
I.B) Kurzbiografie Sigmund Freuds
Sigmund Freud, bedeutsamer Mediziner und Begründer der Psychoanalyse, wurde am 06. Mai 1856 als Sohn des jüdischen Ehepaares Jacob Freud (Textilkaufmann) und Amalia, geb. Nathanson, in Freiberg geboren. Vier Jahre später zog die Familie nach Wien um, wo Freud 1873 – 1881 Medizin an der Universität studierte. 1876 bis 1882 leistete er erste Forschungstätigkeiten am Wiener Physiologischen Institut, welche vom einjährigen Militärdienst (1880) und von seiner Promotion in Medizin (1881) unterbrochen wurden.
Ab 1882 war Freud drei Jahre lang Angestellter des Allgemeinen Krankenhauses in Wien, indem er an der Entdeckung der schmerzstillenden Wirkung von Kokain beteiligt war. Gefolgt von der Habilitation in Neuropathologie und einer Beschäftigung als Dozent an der Wiener Universität für dieses Fachgebiet, betrieb Freud nun hirnanatomische Forschungen. Zwischen 1885 und 1886 beobachtete er Salpêtrière an der Pariser Nervenklinik; speziell bei Frauen mit seelischen Erkrankungen ohne organischen Befund, zum damaligen Zeitpunkt als Hysterie diagnostiziert. Er erhielt kurz darauf die Zusage, die Arbeiten von Martin Charcot (1825-1893), der diese Patientinnen mithilfe von Hypnose oder Suggestion behandelte, ins Deutsche zu übersetzen.
Zu diesem Zeitpunkt war Sigmund Freud bereits vier Jahre lang mit Martha Bernays, Tochter einer jüdischen Hamburger Familie, verlobt und alsbald heirateten die beiden. Kurz darauf eröffnete er seine neurologische Praxis in Wien.
1895 stellte er in denStudienüberHysteriesein mit Josef Breuer (1842-1925) gemeinsam entwickeltes Konzept der ‚freien Assoziation’ vor. Dieses Konzept basiert auf der These, dass Neurosen und andere seelische Störungen die Folge von verdrängten traumatischen Erfahrungen sind, und der Psychoanalytiker von spontanen Äußerungen des Patienten auf deren Symptomatik schließen und letztendlich heilenden Zugriff auf die Neurosen nehmen kann.
Am 03. Dezember 1895 wurde Tochter Anna als sechstes und letztes Kind geboren. Selbst künftige Mitarbeiterin ihres Vaters und später bedeutende Forscherin in der Psychoanalyse und ohne Zweifel eine der großen Frauen des 20. Jahrhunderts, war Anna Freud von Geburt an der ganze Stolz des Vaters.
Im Jahre 1897 erhielt Wilhelm Fliess einen Brief von Sigmund Freud über dessen Selbstbetrachtung hinsichtlich des Ödipus-Komplexes, welcher die in der Phase zwischen dem 3. bis 5. Lebensjahr nicht abgeschlossene Verliebtheit des Sohnes in die eigene Mutter bei gleichzeitiger Eifersucht und Mordlust gegenüber dem eigenen Vater bezeichnet. Freud schloss von sich auf andere und ersetzte somit die Lehre vom pathogenen Trauma durch die Lehre von der pathogenen Wunscherfüllung.
Um die Jahrhundertwende veröffentlichte er "Die Traumdeutung", die gleichzeitig die ersten Grundbegriffe der frühen Psychoanalyse vorstellte: Der Hauptantrieb menschlichen Verhaltens entspringe unterbewussten kindlichen Sexualphantasien, denen gesellschaftliche Normierungen gegenüberstünden. Laut Freud sind Träume verschlüsselte Hinweise auf den Konflikt zwischen menschlichen Wünschen und Verboten. Zusätzlich hob er den Sexualtrieb als die größte Antriebskraft menschlichen Verhaltens hervor.
In der "Psychopathologie des Alltagslebens" beschäftigte er sich ein Jahr später mit der Bedeutung von Vergesslichkeit und Versprechern, welche nach seiner Auffassung auch durch Egoismus, Feindseligkeit oder Eifersucht entstehen können, und 1902 erhielt er die Professur für Neuropathologie an der Wiener Universität, während er im Rahmen der Tagungen der Psychologischen Mittwochs-Vereinigung in seiner eigenen Wohnung über jene neue Konzepte debattierte und sie erprobte. Er beschrieb 1905 inDrei Abhandlungen zur Sexualtheoriedie sexuelle Komponente des normalen und des pathogenen Verhaltens. Nach seiner jetzigen Auffassung werden auch Kleinkinder zum Teil von erotischen Impulsen angetrieben.
1908 tagte der erste Psychoanalytische Kongress in Salzburg und 1910 wurde dasZentralblatt für Psychoanalyseund dieInternationale Psychoanalytische Vereinigunggegründet. Freud schlug Carl Gustav Jung (1875-1961) für deren Amt des Präsidenten vor, welcher daraufhin auch zum solchen gewählt wurde.
1913 erfolgte das Erscheinen seiner Schrift "Totem und Tabu", in der Freud Inzestverbote bei den Ureinwohnern Australiens analysierte und die religiöse Anbetung eines Totems und auch der soziale Zusammenhalt verdrängten Inzestwünschen und Aggressionen zuordnete. 1917 hielt Freud die Vorlesung 'Einführung in die Psychoanalyse' an der Wiener Universität zum letzten Mal, während kurz darauf der Internationale Psychoanalytische Verlag gegründet wurde. 1920 widersprach sich Freud offiziell selbst und revidierte in "Jenseits des Lustprinzips" die Wunscherfüllungstheorie und gelangte zum Triebdualismus von Tod und Eros.
Drei Jahre danach wurde bei Freud Kieferkrebs diagnostiziert, worauf insgesamt 33 Operationen folgten, denen er sich bis zu seinem Tode unterziehen musste. Dennoch entwickelte er das Konzept des Drei-Instanzen-Apparates, bestehend aus dem Ich (Verstand/Persönlichkeitsempfinden), dem Es (Trieb) und dem Über-Ich (Gewissen). Durch Sublimieren (Trieb-Unterdrückung) könne das Es vom Über-Ich kontrolliert werden, während das Ich als integrierende Instanz für Es und Über-Ich fungiere.
Im Jahre 1930 erhielt er den Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, obwohl antisemitische Organisationen gegen die Verleihung des Preises an einen Juden protestierten. Etwa um diese Zeit stellte er "Das Unbehagen in der Kultur" fertig; drei Jahre danach die gemeinsam mit Albert Einstein verfasste Schrift "Warum Krieg?". Am 10. Mai desselben Jahres wurden neben anderen auch Freuds Werke bei der von den Nationalsozialisten inszenierten Bücherverbrennung vernichtet. Jedoch wurde er zwei Jahre später von der British Royal Society of Medicine zum Ehrenmitglied ernannt. Großbritannien sollte auch zu seinem Zufluchtsort werden, als er nach der Annektierung Österreichs an das Deutsche Reich von Nationalsozialistischen Regressionen ins Exil gezwungen wurde und seinev Heimstätte in der Wieder Berggasse 19 verlassen musste. Hier, in London, sollte er bis zu seinem Tode weiter praktizieren.
Am 23. September 1939 starb Sigmund Freud nach jahrelangem Leiden durch die von ihm selbst erbetene Injektion von zwei Zentigramm Morphium (Denker 1995:31).1
I.C) Einführung in die Schrift "Das Unbehagen in der Kultur"
I.C.1) Warum Kulturbetrachtung?
Sigmund Freud war nicht nur Neurologe und Psychoanalytiker, sondern ebenso Forscher und Beobachter. Ein wichtiges Teilgebiet der Psychologie ist die Sozialpsychologie, von deren Ebene aus eine kritische Betrachtung der menschlichen Kultur nicht fern liegt. Der Zusammenhang wird offensichtlich, wenn man hinzuzieht, dass wir alle Teil einer Kulturgemeinschaft sind, die sowohl durch jeden von uns geprägt, beeinflusst und mitgestaltet, als auch umgekehrt jedes Individuum täglich durch die Gemeinschaft bewegt und konfrontiert wird.
I.C.2) Äußere und biografische Umstände
"Das Unbehagen in der Kultur" wurde unter turbulenten Umständen verfasst – Zum Einen führte der Erste Weltkrieg zur Entwicklung von Freuds These des Todestriebs und förderte Freuds Pessimismus. Dann, 1929/30: der Wall Street Börsencrash, bzw. Wirtschaftskrise als Kontrast zu den ‚Goldenen Zwanzigern’ und die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten, der auch Freuds Werke zum Opfer fielen. Außerdem erleidet Freud einen Herzanfall und seine Mutter verstirbt. Im Jahre 1930 wird Freud in Frankfurt am Main der Goethe- Preis verliehen, den allerdings seine Tochter Anna an seiner Statt entgegen nimmt, da Freud bereits seit sieben Jahren an äußerst schmerzhaftem Kieferkrebs leidet (Denker 1995:22).
I.C.3) Einführende Gedanken zur Schrift
Die gemischte Stimmung, die sich aus den biografischen Zeitumständen ergibt, schwingt mit beim Lesen von "Das Unbehagen in der Kultur". Die FrageWas leistet die Kultur und warum ist der Mensch trotz Kultur nicht glücklich?kann in dieser Schrift wohl als zentral angesehen werden.
Sigmund Freud setzt demnach mit seiner pessimistischen Kulturtheorie eine grundsätzliche Unzufriedenheit im Menschen voraus, deren Namensgebung ‚Unbehagen‘ laut Schmid-Noerr angesichts Freuds insgesamter These „als erstaunliches Understatement erscheint“ (1992:326). Wo entstammt gemäß Freud diese Unzufriedenheit?
Freud bedient sich als Anstoß der Begegnung mit dem französischen Schriftsteller Romain Rolland, der ihm ein gewisses „ozeanisches Gefühl“ als Quelle der Religiosität zu veranschaulichen versucht (vgl. Freud 1929:197). Von hieraus beginnt Freud seine Untersuchung von der Warte eines skeptischen Beobachters aus – also subjektiv, wie er es bisher auch zu tun pflegte.
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1 Zum vorigen Abschnitt vgl. Speziale-Bagliacca 1999
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