Chinas Öffnungs- und Reformpolitik unter Deng Xiaoping in den 80er Jahren


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die VR China bis zum Machtantritt Deng Xiaopings
1.1. China unter Mao – vom „Großen Sprung“ bis zur „Kulturrevolution“
1.2. Der Kampf um Mao’s Nachfolge – Dengs Weg an die Macht

2. Die Reform- und Öffnungspolitik
2.1. Einleitung und erste Phase (1979 – 1984)
2.2. Die Reform und Öffnungspolitik nach 1984
2.3. Die politischen Reformen in den 80er Jahren

Fazit und Ausblick

Literatur- und Quellenverzeichnis

Einleitung

„Der Zweck des Sozialismus ist, das Land reich und stark zu machen“[1]

Seit Gründung der Volksrepublik China sind nunmehr fast 60 Jahre vergangen. In den ersten, knapp dreißig Jahren, war das Land durch die Herrschaft des „Großen Vorsitzenden“ Mao Zedong geprägt. Auch unter Mao sollte sich der Staat ständig weiterentwickeln, dies jedoch so Maos Ansicht nach, nur unter höchst möglicher Hingabe des chinesischen Volkes und der Bereitschaft auf materiellen Verzicht. Mao gelang es zu diesem Zwecke das Volk in riesigen Massenkampagnen zu organisieren, um so China aus seiner Rückständigkeit zu befreien. Jedoch waren die maoistischen Ideale oft so weit von der Realität entfernt, das Maos Ziele nicht durchführbar waren. Gleichzeitig prägte Mao das Bild der ständigen Revolution in China. Während in den Jahren der Kulturrevolution mögliche und tatsächliche Widersacher rigoros aus Machtpositionen entfernt und als Rechtsabweichler gejagt, verbannt oder sogar hingerichtet wurden, konnte mit dem Tot Maos und der zunehmenden Schwäche der alten Eliten ein Neuanfang gewagt werden.

Mit der Absetzung des Mao-Nachfolgers Hua Guofeng durch Deng Xiaoping konnte dieser Neuanfang nun in Angriff genommen werden. Deng, der für seine von Maos Gedanken abweichenden Ansichten und Ideen mehrmals von seinen Führungsämtern der Kommunistischen Partei Chinas ausgeschlossen und sogar verbannt wurde, sollte nun der neue Steuermann in Staat und Partei werden. Mit ihm wurde die Ideologie aus Marxismus-Leninismus-Maoismus als Entscheidungskriterium der politischen Führung Chinas abgelöst und durch einen neuen, bis dahin in China nicht gekannten Pragmatismus ausgetauscht. Dies ermöglichte den Weg für umfassende Reformen.

Dengs Pragmatismus und Abkehr von den Idealen Mao Zedongs lassen sich daher schon in den eingangs zitierten Worten erkennen. Nach Dengs Meinung sollte das chinesische Volk seine führende Rolle in der Welt durch den Sozialismus erreichen und nicht durch größtmöglichen, materiellen Verzicht und Hingabe zum sozialistischen Menschen umerzogen werden. Das die neue chinesische Führung entgegen dem maoistischen Gedanken, bereitwillig in Kauf nahm das sich unterschiedliche Lebensstandards entwickelten, zeigt auch Dengs oft zitierter Ausspruch: „Some people in rural areas and cities should be allowed to get rich before other.“[2]

Um das große Ziel zu erreichen, kam es unter Dengs Herrschaft zu umfassenden Reformen in den Bereichen der Wirtschaft, des Militärs, auch zu Reformen im politischen Bereich. Trotz aller Reformen stand für Chinas Führungselite jedoch eins immer fest, die Macht müsse in den Händen der Kommunistischen Partei bleiben. Es war und ist das erklärte Ziel der Partei den Sozialismus zu bewahren. Das Konzept des „Sozialismus chinesischer Prägung“ war geboren.

Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Reformen des chinesischen Systems in den ersten zehn Jahren nach Deng Xiaopings Machtantritt im Jahr 1979. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird, in aller Kürze, die Entwicklung der Volksrepublik China in der Epoche der Herrschaft Maos dargestellt werden. Im zweiten Teil soll dann auf das Ringen um dessen Nachfolge eingegangen werden. Danach wird sich diese Arbeit mit den Phasen der Reform- und Öffnungspolitik bis zum Juni 1989, vor allem im wirtschaftlichen Bereich beschäftigen. Der Vierte Teil dieser Arbeit wird sich dann mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welcher Form es im Zuge der Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft zu politisch erforderlichen Reformen kam. Abschließend soll ein kurzes Fazit der ersten 10 Jahre unter Deng Xiaoping, sowie ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der Volksrepublik China gegeben werden. Ziel ist es aufzuzeigen, in wie weit man bereits nach dieser ersten Periode vom „Sozialismus chinesischer Prägung“ sprechen kann. Auf Grund der gegebenen Kürze dieser Arbeit wird eine Vielzahl von Themen unbehandelt bleiben müssen. Das Hauptaugenmerk wird sich auf die wirtschaftliche Entwicklung sowie die daraus resultierenden politischen Maßnahmen beschränken. Die Reformen im militärischen Bereich, Veränderungen im sozialen Leben des chinesischen Volkes, sowie außenpolitische Veränderungen und die aufkeimende Demokratiebewegung werden in dieser Arbeit außer Acht gelassen oder nur Ansatzweise dargestellt.

1. Die VR China bis zum Machtantritt Deng Xiaopings

1.1. China unter Mao – vom „Großen Sprung“ bis zur „Kulturrevolution“

Als Mao am 1. Oktober 1949 vor dem Tor des Himmlischen Friedens die Volksrepublik China vor einer jubelnden Menge ausrief, feierten ihn die Chinesen nicht als Verkünder der sozialistischen Revolution, sondern als Befreier des chinesischen Volkes, der ihnen nach hundert Jahren Demütigung und kolonialer Unterdrückung ihre Unabhängigkeit, Einheit und Würde zurückgab. Nicht die kommunistische Idee, verlieh Mao und der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) die Legitimation zur Herrschaft, sondern die nationale Befreiung an sich.[3]

Sofort mit Beginn der Herrschaft der KPCh begann man mit der Umgestaltung des Landes. Es begannen die Massenkampagnen die sich über die gesamte Mao-Ära fortsetzten. Die Kampagnen der Anfangszeit bis 1952, zum Beispiel Landreform- und Gedankenreform-Kampagne, sollten das Land und die Bevölkerung auf die nächste, die sozialistische Phase vorbereiten,[4] da die KPCh die Ansicht vertrat, die ersten drei Jahre ihrer Regierung seien zur wirtschaftlichen Erholung des Landes und der Mobilisierung des Volkes, ehe man mit der Umgestaltung der Gesellschaft beginnen konnte.[5]

In der Zeit von 1953 bis 1957 ahmte man schließlich das System des sowjetischen Vorbildes nach, dessen Fokus sich auf die Entwicklung der Schwerindustrie konzentrierte.[6] Chinas erster Fünfjahresplan schloss sich dementsprechend eng an den ersten der Sowjetunion an und konzentrierte die nationalen Kräfte auf den Aufbau von Kraft- und Stahlwerken, Maschinen-, Lastwagen- und Traktorfabriken, sowie auf Produktionsanlagen für chemische Grundstoffe. Doch während die Städte rasch wuchsen, stagnierte das Wachstum der Landwirtschaft und stellte somit die weitere Finanzierung des schwerindustriellen Aufbaus in Frage.[7] Trotzdem erwies sich der erste Fünfjahresplan als sehr erfolgreich und auch in anderen Gebieten konnte die Volksrepublik China große Erfolge vorweisen, zum Beispiel stieg der Anteil der Kinder die eine Volksschule besuchten sprunghaft von 25% auf 50%, die Lebenserwartung von durchschnittlich 36 auf 57 Jahre und die Einkommen der Bauern erhöhten sich trotz Stagnation der Landwirtschaft um ein Fünftel.[8]

Zwar war ein zweiter Fünfjahresplan in Bearbeitung, jedoch wurde dieser nie veröffentlicht. Es begann mit Maos Erkenntnis, dass sich das sowjetische Entwicklungsmodell für China als Industrialisierungsstrategie als ungeeignet und falscher Weg erwies. Mao entwickelte daher eine alternative Entwicklungsstrategie, die sich radikal von dem der Sowjetunion unterschied. Diese neue Strategie sollte erreichen, dass die Bauern in den Kollektiven die Entwicklung selbst vorantrieben und ihre Ziele selbst festlegen konnten. Mao war der Ansicht, dass dadurch die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft mit dem wirtschaftlichen Wachstum einhergehen würde und so gleichzeitig die Macht der Bürokratie zurückgedrängt werden könnte. Der Grundgedanke dieser neuen Entwicklungsstrategie erschien durchaus vernünftig, jedoch verband sich diese Idee Maos mit der Idee des „Großen Sprungs nach Vorne“[9]

Mit dem „Großen Sprung nach Vorne“ forderte Mao das gesamte Land durch eine gewaltige Anstrengung der Massen zu einer bis dahin nicht gekannten Geschwindigkeit der Industrialisierung. Was 1958 hiermit eingeleitet wurde endete drei Jahre später letztlich in einem Desaster und verursachte damit die wohl größte von Menschen verursachte Hungersnot. Dies resultierte aus dem Irrglauben an das Volk, welches mit vereinten Kräften alles erreichen kann und führte im Zusammenspiel mit korrupten und ängstlichen lokalen Politikern in diese Katastrophe. Die örtlichen Stellen wetteiferten darin, wie gut sie die Befehle der Zentrale ausgeführt hatten und täuschten so durch falsche Statistiken und viel zu hoch angegebenen Produktionszahlen der Führung in Peking einen überwältigenden Erfolg vor.[10] D]ie übertriebenen Annahmen der Erntesteigerung für die Jahre 1959 und 1960 führten letztlich zur Katastrophe und Hungersnot. Als sich die Führung im Laufe des Jahres 1960 der Hungersnot bewusst wurde, war es jedoch schon zu spät. Zwischen 1959 und 1961 forderten die „Bitteren Jahre“ zwischen fünfzehn und vierzig Millionen Bauern das Leben.[11]

Als Folge des „Großen Sprungs“ zog sich Mao aus der Politik zurück und Pragmatiker wie Lui Shaoqi und Deng Xiaoping übernahmen die Führung. Sie machten sich daran die am Boden liegende Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Hier spaltete sich die KPCh in zwei Linien. Auf der einen Seite standen diejenigen, wie Deng und Lui, die eine vernünftige und fachlich kompetente Wirtschaftspolitik verfolgen wollten. Auf der anderen Seite stand die Fraktion um Mao, die ihr Gesicht verloren hatte und sich fürs erste geschlagen geben musste. Für Mao waren diese Reformen der Beweis dafür, dass seine einstigen Weggefährten dem Kommunismus entgegenarbeiteten. Seit 1962 hatte Mao in immer neuen Anläufen versucht, die Kontrolle über den Parteiapparat, von innen her, zurückzuerobern – vergebens. Nun begann Mao die Massen auf seiner Seite ins Spiel zu bringen und die Jugend zum Sturm gegen die Hauptquartiere der Partei aufzurufen. Diese Gegenbewegung führte zur „Großen proletarischen Kulturrevolution“.[12]

Während der Kulturrevolution wurde höhere Bildung faktisch abgeschafft und Maos verhasste Intellektuelle, sowie politische Gegner sollten durch harte körperliche Arbeit auf dem Land umerzogen werden. So entwickelte sich auch die Kulturrevolution zu einem schweren Rückschlag für die sich gerade erholende chinesische Wirtschaft. Maos „Rote Garden“, die zumeist aus Schülern und Studenten bestanden, verwüsteten Land und Städte und sorgten durch Machtkämpfe untereinander schließlich für bürgerkriegsähnliche Zustände, so das Mao 1969, nach dem Erreichen seiner politischen Ziele, letztlich die Armee zur Hilfe rufen musste, um die entfesselten Massen wieder unter Kontrolle zu bringen und Ruhe im Land zu gewährleisten. In dem Chaos der Kulturrevolution fanden mehrere hunderttausende Menschen den Tod und viele wurden in quälenden Schauprozessen seelisch und körperlich verstümmelt, sogar in den Selbstmord getrieben. Jedoch kam es auch nach dem verkündeten Ende 1969 weiterhin zu Gewalttätigkeiten, sodass das Ende der Kulturrevolution von vielen erst mit dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ 1976 gesehen wird.[13]

[...]


[1] Deng Xiaoping zu einer rumänischen Delegation im November 1980, zt. n. Seitz, Konrad: China – Eine Weltmacht kehrt zurück, München 2006, S. 232.

[2] Deng Xiaoping: Selected Works of Deng Xiaoping. Volume III (1982-1992), Peking 1994, S. 33.

[3] Vgl. Seitz, S. 161.

[4] ebd. S. 166ff.

[5] Vgl. Fairbank, J.K.: Geschichte des modernen China 1800-1985, Nördlingen 1989, S. 277.

[6] Vgl. Schmidt-Glintzer, Helwig: Das neue China – Von den Opiumkriegen bis heute, 2. Aufl., München 2001, S. 72ff, vgl. auch Fairbank, S. 283ff, vgl. auch Fischer, Doris / Schüller, Margot: Wandel der ordnungspolitischen Konzeptionen seit 1949, in: Fischer, Doris / Lackner, Michael (Hg.): Länderbericht China, 3. vollst. überarb. Aufl., Bonn 2007, s. 230ff.

[7] Vgl. Seitz, S. 175f.

[8] Vgl. Fairbank, S. 285.

[9] Vgl. Seitz, 185ff., vgl. auch Schmidt-Glintzer, S. 76ff.

[10] Vgl. Fairbank, S. 295ff, vgl. auch Seitz, S. 187ff.

[11] Vgl. Seitz, S. 190f , vgl. auch Klaschka, Siegfried: Die politische Geschichte im 20. Jahrhundert, in: Fischer, Doris / Lackner, Michael (Hg.): Länderbericht China, 3. vollst. überarb. Aufl., Bonn 2007, S. 144ff, vgl. auch Zhang, Wei-Wei: Ideology and Economic Reform under Deng Xiaoping 1978-1993, London 1996, S. 14f.

[12] Vgl. Seitz, S. 197ff, vgl. auch Schmidt-Glintzer, S. 82ff, vgl. auch Fairbank, S. 314ff.

[13] Vgl. Klaschka, S. 146ff, vgl. auch Fairbank, S. 314ff, vgl. auch Seitz, S. 206ff.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Chinas Öffnungs- und Reformpolitik unter Deng Xiaoping in den 80er Jahren
Hochschule
Universität Rostock
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V121144
ISBN (eBook)
9783640247530
ISBN (Buch)
9783640247844
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Deng, Xiaoping, Öffnung, Reform, Politik, Mao
Arbeit zitieren
Raik Dowedeit (Autor:in), 2008, Chinas Öffnungs- und Reformpolitik unter Deng Xiaoping in den 80er Jahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121144

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