Das Werk behandelt zwei Themenkomplexe an ihrer Schnittstelle: die Systemtransformation im Blick auf den Wandel des Rechts und seiner Rolle im Staat sowie die Privatisierung der Wahrnehmungsform öffentlicher Aufgaben am Beispiel der Kommunalwirtschaft. Die Darstellung umfasst auch den Verlauf der Transformation in Russland und Ostdeutschland nach 1989 im Bereich der Themenstellung sowie die Grundzüge der kommunalen Selbstverwaltung und der Organisation der Kommunalwirtschaft in beiden Ländern. Die Analyse bedient sich des Instrumentariums der Neuen Institutionenökonomik.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Themenstellung und Zielsetzung der Arbeit
2. Untersuchungsobjekt
3. Vorbemerkung zur Methodik
4. Hinweis zu Terminologie und Schreibweise
5. Gang der Untersuchung
1. Teil: Grundlagen Einführung
1. Kapitel — Institutionen und Organisationen
1.1. Institutionen
1.1.1. Der Begriff „Institution“
1.1.2. Klassifizierung von Institutionen
1.2. Organisationen
2. Kapitel — Ausgangssituation: Kommunalwirtschaft in der Sowjetunion und in der DDR
2.1. Sowjetunion
2.1.1. Zur Rolle von Recht und Gesetz und zur Dominanz der kommunistischen Partei in der Sowjetunion
2.1.2. Staatsverwaltung im örtlichen Bereich
2.1.3. Wirtschaftsverwaltung
2.1.4. Schattenwirtschaft
2.1.5. subjektive Rechte
2.1.6. Reformen der Wirtschaftsverwaltung
2.2. DDR
2.2.1 örtliche Verwaltung
2.2.2. Wirtschaftsverwaltung
3. Kapitel — Neue Institutionenökonomik
3.1. Rationale Wahl und ökonomische Methode
3.2. Anreize - verhaltenssteuernde Wirkung von Institutionen
3.3. Implikationen für diese Arbeit
4. Kapitel — Transformation
4.1. Begriff und Verlauf der Transformation
4.2. Transformation in Russland
4.2.1. Perestrojka, 1. Teil
4.2.2. Perestrojka, 2. Teil
4.2.3. Fortgang der Transformation in Russland
4.2.3.1. Die Amtszeit des Präsidenten Jelzin
4.2.3.2. Die Amtszeit des Präsidenten Putin
4.3. Transformation in Ostdeutschland
4.3.1. Politische Wende im Herbst 1989
4.3.2. Beitritt
4.3.3. Neuorganisation der örtlichen Verwaltung und Bildung des kommunalen Vermögens
5. Kapitel — Analyseraster
5.1. Vergleich der Selbständigkeit kommunaler Unternehmen
5.1.1. Kriterien
5.1.2. Bewertung der Kriterien und Einordnung konkreter Unternehmen
5.1.3. Beispiel
5.2. Institutioneile Voraussetzungen
5.2.1. Beckerts Ansatz
5.2.2. Vorteilhaftigkeit selbständigerer institutioneller Arrangements
5.3. Analyseraster zur Bewertung von Qualität und Stabilität des institutioneilen Umfelds
5.3.1. Koblers Ansatz
5.3.2. Qualität und Stabilität des institutioneilen Umfelds
5.3.2.1. Qualität
5.3.2.2. Stabilität
5.3.2.3. Untersuchung der Leistungsfähigkeit des institutioneilen Umfelds Zusammenfassung zum 1. Teil
2. Teil: Rechtsentwicklung und Rechtslage in Russland
Einführung
6. Kapitel — Vorhandensein bestimmter Institutionen,
1. Gruppe: Voraussetzungen im Bereich der Verwaltungsorganisation
6.1. Grundlagen der örtlichen Selbstverwaltung
6.1.1. Selbstverwaltungsrecht
6.1.2. Munizipale Gebilde
6.1.3. Die Organe der örtlichen Selbstverwaltung
6.1.4. Territoriale gesellschaftliche Selbstverwaltung
6.1.5. Selbstverwaltungsaufgaben
6.1.6. Wirtschaftliche Grundlagen der örtlichen Selbst verwaltung und wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben
6.1.6.1. Wirtschaftliche Grundlagen
6.1.6.2. wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben
6.1.7. Definierte Zuständigkeit zur Entscheidung über die Organisationsform der Aufgabenerfüllung
6.2. Stabilität der Verwaltungsorganisation im Zeitverlauf
7. Kapitel — Vorhandensein von Institutionen,
2. Gruppe: Vorhandensein alternativer Organisationsformen (institutioneile Arrangements)
7.1. MUP
7.2. Aktiengesellschaft
7.3. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
7.4. Bewertung des Grades der Selbständigkeit der verfügbaren institutioneilen Arrangements
7.5. Auftreten und Stabilität der institutioneilen Arrangements im Zeitverlauf
8. Kapitel — Vorhandensein von Institutionen,
3. Gruppe: Bereitstellung von Verfügungsrechtssurrogaten
8.1. Verfügungsrechtssurrogate und Transformation
8.1.1. Anreizorientierte Entlohnung der Unternehmensleitung
8.1.2. Märkte
8.1.3. Unternehmenskultur
8.1.4. Öffentlichkeit
8.2. Stabilität der Verfügungsrechtssurrogate im Zeitverlauf
9. Kapitel — Durchsetzung institutioneller Arrangements
9.1. System rechtlicher Garantien und Ansprüche
9.2. Aufbau und Funktion der rechtsprechenden Gewalt
9.3. Verfahren zur Durchsetzung institutioneller Arrangements
9.3.1. Grundrechtsschutz
9.3.2. Verwaltungsgerichtsverfahren, insbesondere Organstreitigkeiten
9.3.3. Durchsetzung von Verträgen
9.4. Stabilität der Möglichkeiten zur Durchsetzung von Rechten im Zeitverlauf
Zusammenfassung zum 2. Teil
3. Teil: Überblick über Rechtsentwicklung und Rechtslage in Ostdeutschland
Einführung
10. Kapitel — Vorhandensein bestimmter Institutionen,
1. Gruppe: Voraussetzungen im Bereich der
Verwaltungsorganisation
10.1. Selbstverwaltungsaufgaben und Organisation der
kommunalen Selbstverwaltung
10.2. Gemeindewirtschaft und Unternehmen in Privatrechtsform
10.3. Entscheidungskompetenz
11. Kapitel — Vorhandensein bestimmter Institutionen,
2. Gruppe: Organisationsformen (institutioneile Arrangements)
11.1. AG
11.2. GmbH
11.3. Sonstige Organisationsformen
11.4. „Neues Steuerungsmodell“
12. Kapitel — Vorhandensein bestimmter Institutionen,
3. Gruppe: Verfügungsrechtssurrogate
12.1. Anreizorientierte Entlohnung des Managements
12.2. Märkte
12.3. Unternehmenskultur
12.4. Öffentlichkeit
13. Kapitel — Durchsetzung institutioneller Arrangements
Zusammenfassung zum 3. Teil
4. Teil: Ökonomische Analyse einzelner Typen institutioneller Arrangements und kritische Würdigung
Einführung
14. Kapitel — Institutioneile Arrangements und Leistungsfähigkeit des institutioneilen Umfelds
14.1. Russland
14.1.1. Träger des Unternehmens und Vertreter munizipaler Interessen
14.1.2. Munizipaler Unitarbetrieb
14.1.2.1. Unternehmensleitung und direkte Steuerung
14.1.2.2. Transaktionskosten und korrigierende Effekte
14.1.3. Aktiengesellschaften und GmbHs
14.1.3.1. Unternehmensleitung und direkte Steuerung
14.1.3.2. Transaktionskosten und korrigierende Effekte
14.2. Zum Vergleich: Deutschland - Kursorische Betrachtung der verfügungsrechtlichen Strukturen von AG und GmbH nach deutschem Recht
14.2.1. Einfluss der Eigentümerinteressen sowie externer und interner Interessengruppen
14.2.2. Transaktionskosten und korrigierende Effekte
14.3. Zur Bedeutung des institutioneilen Umfelds für die Auswahl institutioneller Arrangements
15. Kapitel — Kritische Würdigung und Ausblick
15.1. Anwendungsfelder ökonomischer Analyse
15.2. Ausblick
Zusammenfassung zum 4. Teil
Zusammenfassung und Endergebnis
Anhänge
Literaturverzeichnis
Vorwort
Die vorliegende Arbeit behandelt zwei Themenkomplexe an ihrer Schnittstelle: die Systemtransformation mit Blick auf den Wandel des Rechts und seiner Rolle im Staat sowie die Privatisierung der Wahrnehmungsform öffentlicher Aufgaben. Die Darstellung umfasst auch den Verlauf der Transformation in Russland und Ostdeutschland nach 1989 im Bereich der Themenstellung sowie die Grundzüge der kommunalen Selbstverwaltung und der Organisation der Kommunalwirtschaft in beiden Ländern auf dem Entwicklungsstand des Jahres 2005. Neuere Entwicklungen und Literatur konnte nur vereinzelt berücksichtigt werden. Die Analyse bedient sich des Instrumentariums der Neuen Institutionenökonomik. Die Juristenfakultät der Universität Leipzig hat die Arbeit im Sommersemester 2006 als Dissertation angenommen.
Denjenigen, die die Arbeit während Ihrer Entstehung auf verschiedene Weise unterstützt und gefördert haben, gilt mein herzlicher Dank:
Herr Prof. Dr. Helmut Goerlich hat die Dissertation betreut und das Erstgutachten erstattet. Er hat mich in den zurückliegenden Jahren verschiedentlich an seinem Lehrstuhl beschäftigt und mir entscheidende Impulse bei der Themensuche und der Festlegung des Ganges der Untersuchung gegeben.
Herr Prof. Dr. Markus Kotzur hat kurzfristig die Erstellung des Zweitgutachtens übernommen.
Herr Prof. Dr. Alexander Blankenagel hat für die Recherche in Russland wesentliche Kontakte vermittelt und überdies das Drittgutachten erstattet.
Für die freundliche Unterstützung während der Aufenthalte in Russland danke ich Frau Prof. Dr. Nadežda Sališčeva und Frau Prof. Dr. Elena Gritsenko.
Der DAAD hat die Auslandsreisen durch ein Kurzzeitstipendium für Doktoranden unterstützt und mich damit erst in die Lage versetzt, empirisches Material für die Arbeit vor Ort zu gewinnen. Herr Prof. Dr. Ekkehard Becker-Eberhard hat mich auf das SYLFF-Fellowship der Universität Leipzig aufmerksam gemacht, um das ich mich in der Folge erfolgreich bewerben konnte. Für die ideelle und finanzielle Unterstützung meiner Forschung sowie einen Druckkostenzuschuss danke ich dem SYLFF-Ko- mitee der Universität Leipzig.
Eine besondere Rolle bei der Entstehung dieser Arbeit kommt meinen Kollegen und Freunden zu, die mich in der Zeit ihrer Entstehung durch ihre Begleitung gefördert haben. Aus diesem Kreis hervorheben möchte ich Frau Erika Koglin, Herrn Volker Klein und Herrn Alexander Chwostschinski, LL.M., die mir für intensive Gespräche zur Verfügung gestanden haben und in entscheidenden Momenten mit Rat und Tat zur Stelle waren. Auch die Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Goerlich, insbesondere Herr Dr. Frank Lohse und Herr Dr. Friedrich Kühn, haben mit einer angenehmen Arbeitsatmosphäre zum Gelingen des Promotionsvorhabens beigetragen.
Schließlich habe ich auch durch meine Familie - wie immer - Rückhalt und Unterstützung erfahren, wofür ich sehr dankbar bin.
Leipzig, im August 2006 Felix Böllmann
Übersetzung des GUP/MUP-G (Auszug) 331
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
1. Themenstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Russische Föderation und den Osten Deutschlands verbindet die Erfahrung einer Transformation am Ende des 20. Jahrhunderts. Beide ehemals zentralistischen, planwirtschaftlichen „Diktaturen des Proletariats“ öffneten sich wirtschaftlichen und politischen Reformen, die alle Bereiche von Staat und Gesellschaft erfassten. Die vorliegende Arbeit untersucht in diesem Zusammenhang den Einsatz von privaten Rechtsformen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf der Ebene der kommunalen Selbstverwaltung in beiden Ländern.
Diese Ebene eigenverantwortlicher Entscheidung hatte es vor Beginn der Transformation weder in Russland,[1] noch in der DDR gegeben. Jedoch stellten und stellen sich vor Ort - weitgehend unabhängig von der bestehenden Gesellschaftsordnung - vergleichbare Aufgaben: Die Bevölkerung benötigt Wohnraum, muss mit Energie und Wasser versorgt werden, Abwässer und Abfälle sind zu entsorgen und durch ein System des öffentlichen Nahverkehrs ist Mobilität zu gewährleisten. Wurden all diese Aufgaben vor Beginn der Transformation von staatlicher Seite aus gesteuert, gingen sie seitdem zu einem Großteil in die Zuständigkeit der Kommunen über. Soweit diese sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben kommunaler Unternehmen bedienen, fällt heute beim Vergleich von Russischer Föderation und (Ost-)Deutschland ein deutlicher Unterschied auf: Im Osten Deutschlands haben sich im kommunalen Bereich vergleichsweise viele verschiedene Unternehmensformen etabliert. Unter ihnen ist der Anteil solcher Unternehmen erheblich, die der Organisationsform nach einen hohen Grad an Selbständigkeit aufweisen, nämlich privatrechtlich organisierter Handelsgesellschaften, insbesondere Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Demgegenüber dominiert auf kommunaler Ebene in der Russischen Föderation eine einzige Unternehmensform, die sich zudem durch einen vergleichsweise geringeren Grad an organisatorischer Selbständigkeit auszeichnet und deren Gründung ausschließlich öffentlichen Aufgabenträgern Vorbehalten ist: Der munizipale Unitarbetrieb.
Dieser Unterschied verlangt angesichts der soeben geschilderten Gemeinsamkeiten in der Ausgangslage Russlands und Ostdeutschlands vor Beginn der Transformation nach einer Erklärung. Neben anderen, mehr oder weniger offensichtlichen Gründen - beispielsweise den unterschiedlichen Rechtstraditionen - könnte der Unterschied auch auf spezifische Wechselbeziehungen unterschiedlicher Regelungsebenen in der jeweils neu entstehenden Rechtsordnung zurückzuführen sein. Zur Überprüfung dieser Vermutung eignet sich ein Vorgehen, das bei den Entscheidungsträgern ansetzt und Faktoren analysiert, die aus deren Sicht für oder gegen die Wahl bestimmter Organisationsformen sprechen und die sich möglicherweise in Russland und Ostdeutschland unterscheiden:
Die Entscheidung über die Organisation der Erfüllung kommunaler Aufgaben und mithin auch über den Grad der Selbständigkeit kommunaler Unternehmen obliegt im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts den Vertretern der Aufgabenträger. Wodurch wird diese Entscheidung aber bestimmt? Zwei Überlegungen erscheinen hier hervorhebenswert: Damit der Betrieb eines kommunalen Unternehmens betriebswirtschaftlich sinnvoll - also i.w.S. zweckmäßig - organisiert werden kann, bedarf es einerseits der „Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Leitungskräfte“.[2] Dies folgt im Grunde aus der einleuchtenden Überlegung, dass konkrete Zweckmäßigkeitserwägungen am sinnvollsten von derjenigen Instanz angestellt werden können, die sich durch die größere Sachnähe auszeichnet und daher regelmäßig über eine vergleichsweise gute Informationsbasis für ihre Entscheidungen verfügt. Damit die zu erbringende Leistung der jeweiligen kommunalen Aufgabe möglichst exakt entspricht, sind andererseits Einflussmöglichkeiten der kommunalen Führungsebene auf die Unternehmensleitung erforderlich.
Der Gegensatz, der zwischen diesen beiden bestimmenden Anforderungen besteht, ist offensichtlich.[3] Kommunale Unternehmen befinden sich in einem „Spannungsfeld kommunalwirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Anforderungen“.[4]
Es ist nicht erkennbar, dass bezüglich dieses Spannungsfeldes zwischen der Russischen Föderation und Deutschland grundsätzliche Unterschiede bestünden. Um so mehr verwundert der zu beobachtende Unterschied zwischen beiden Ländern. Schnell fallen dabei die verschiedenen
Transformationspfade Russlands und Ostdeutschlands auf. Während in Ostdeutschland infolge des am 23.08.1990 mit Wirkung zum 03.10. 1990 durch die Volkskammer erklärten Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes bald die komplette Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland Geltung erlangte,[5] verlief in Russland seit 1986 von der Perestrojka unter Michail Sergeewitsch Gorbatschow über das Ende der Sowjetunion 1991, die Annahme einer neuen Verfassung 1993 und die Schaffung einer weitgehend neuen Rechtsordnung ein längerer Wandlungsprozess, der bis heute nicht zu einem definitiven Abschluss gekommen ist. Die Rechtsordnung bildet zusammen mit weiteren, außerrechtlichen Regeln die menschliches Zusammenleben bestimmen, das so genannte institutioneile Umfeld.[6]
Unter der Annahme, dass in jedem gegebenen institutioneilen Umfeld die dazu berufenen Entscheidungsträger nach Organisationsformen für kommunale Unternehmen (d.h. institutioneller Arrangements zur Erfüllung kommunaler Aufgaben) suchen, die das beschriebene Spannungsfeld bestmöglich auflösen, kommt dem institutioneilen Umfeld bei der Auswahl und Gestaltung konkreter institutioneller Arrangements entscheidende Bedeutung zu.[7] In Anbetracht des soeben beschriebenen Unterschieds zwischen Russland und Deutschland soll daher für den hier untersuchten Gegenstand folgende Hypothese aufgestellt werden, deren Überprüfung sich der analytische Teil der Arbeit widmet:
Je leistungsfähiger das institutioneile Umfeld ist, desto größer die organisatorische Selbständigkeit institutioneller Arrangements zur Erfüllung kommunaler Aufgaben.
Sicherlich gibt es keine monokausale Erklärung des beobachteten Phänomens. Neben den institutioneilen Gegebenheiten spielen auch das Wissen, Können und Wollen der Akteure eine erhebliche Rolle, die jeweils eine eigene Untersuchung wert wären. Das in der Hypothese zum Ausdruck kommende Verhältnis von institutionellem Umfeld und institutioneilen Arrangements kann aber als ein Grund für die geringe Verbreitung der Organisationsform nach selbständigerer kommunaler Unternehmen angenommen werden.
Leistungsfähigkeit bezieht sich dabei ausschließlich auf den betrachteten Gegenstand. Das institutioneile Umfeld wäre in diesem Sinne „leistungsfähig“, wenn es die nötigen Voraussetzungen für den Einsatz selbständigerer Organisationsformen schafft. Die Leistungsfähigkeit des institutioneilen Umfelds soll in zwei Dimensionen analysiert werden: Zum einen geht es um bestimmte Eigenschaften. Gemeint sind damit Existenz, Funktion und Durchsetzung solcher Institutionen, die organisatorisch selbständigere institutioneile Arrangements ermöglichen. Diese Dimension wird als „Qualität“ bezeichnet. Ihre Betrachtung erfolgt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der institutioneile Wandel bleibt dabei zunächst unberücksichtigt. Da aber - wie bereits angedeutet - zu vermuten ist, dass dieser Wandel Auswirkungen auf das Verhalten von Entscheidungsträgern hat, wird als zweite Dimension die Stabilität des institutioneilen Umfelds, also Zeitpunkt, Häufigkeit und Ausmaß institutioneller Veränderungen, betrachtet. Beide Dimensionen treten dabei nicht zueinander in Konkurrenz, werden vielmehr kumulativ zur Erklärung herangezogen.
2. Untersuchungsobjekt
Diese Arbeit betrachtet die Bedeutung des institutioneilen Umfelds für die Wahl bestimmter Rechtsformen unter den Bedingungen der Transformation. Untersuchungsobjekt im engeren Sinne ist mithin die Auswahl der Organisations- bzw. Rechtsform zur Erfüllung konkreter Aufgaben. Über die Wahlhandlung - die Entscheidung selbst - hinaus geht es dabei aber um die sie im Einzelnen bestimmenden Faktoren, die sich in zwei Kategorien unterteilen lassen:
Zur ersten Kategorie gehören die faktischen und rechtlichen Voraussetzungen einer Entscheidung über die Organisationsform der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im kommunalen Bereich, sowie deren historischer Kontext.
Eine Wahl in Bezug auf die Organisationsform der Aufgabenerfüllung bleibt einer Gemeinde nach deutschem Recht nur dann, wenn es sich um Aufgaben im eigenen Wirkungskreis - also freiwillige oder pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben - handelt.8 Bei Aufgaben, die dem über-[8] [9]
tragenen Wirkungskreis zuzurechnen sind - Auftragsverwaltung und Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung - ist demgegenüber auch die „Art der Aufgabenerfüllung fremdbestimmt“.[10] Besteht nach dem soeben Gesagten eine Wahlmöglichkeit, so kann die Erfüllung einer kommunalen Aufgabe im Rahmen der (unmittelbaren) Ämterverwaltung oder mittelbar mit Hilfe - zumindest organisatorisch und finanzwirtschaftlich und ggf. auch rechtlich - verselbständigter Formen erfolgen. Unter den - mehr oder weniger - verselbständigten Organisationsformen sind öffentlich-rechtliche und privatrechtliche zu unterscheiden.[11] Schließlich lassen sich privatrechtliche Organisationsformen klassifizieren als solche, die nur der Form nach privatrechtlich ausgestaltet sind, an denen die Gemeinde aber 100% der Anteile hält, und solche, an denen die Gemeinde gemeinsam mit anderen Anteilseignern oder gar nicht mehr kapitalmäßig beteiligt ist. Für die erste Gruppe hat sich die Bezeichnung „Eigengesellschaften“ etabliert. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die der Rechtsform nach „privatisiert“ sind, obgleich die Erfüllung der betreffenden Aufgabe weiterhin durch einen öffentlichen Träger erfolgt und sie damit ihren öffentlichen Charakter behält (so genannte „Formal-“ oder „Organisationsprivatisierung“).[12] Unternehmen, die der zweiten Gruppe zuzurechen sind, werden als „gemischt-wirtschaftliche“ Unternehmen bezeichnet. Die dritte Gruppe bilden gänzlich private Unternehmen.[13]
Diese in der deutschen Rechtswissenschaft und Wirtschaftslehre öffentlicher Unternehmen verbreiteten Bezeichnungen sind allerdings nur bedingt auf Russland übertragbar. Neben der Terminologie unterscheiden sich, wie im 2. Teil der Arbeit im einzelnen zu zeigen sein wird, auch in materieller Hinsicht die Trägerschaft des Rechts auf örtliche Selbstverwaltung, die Stellung der örtlichen Selbstverwaltung im Staatsaufbau, die Unterscheidung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationsformen und damit der Verwaltungsaufbau insgesamt.[14] Aufgrund der Universalität der zu erfüllenden Aufgaben lassen sich freilich funktionale Äquivalente identifizieren. Konkrete Beispiele dafür sind die Versorgung der Bevölkerung mit Energie (Strom, Gas bzw. Fernwärme) und Wasser, die Organisation des öffentlichen Nahverkehrs, die Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie der städtische Wohnungsbau.
Folglich eignen sich zur beispielhaften Betrachtung Aufgaben, die nach deutschem Recht dem eigenen Wirkungskreis einer Gemeinde zuzurechnen wären und mit Hilfe kommunaler Unternehmen erfüllt werden, sowie deren Äquivalente in Russland.
Hinsichtlich der Entscheidungsalternativen betrachtet diese Arbeit nur solche Unternehmen, die sich zur Ausübung einer wirtschaftlichen Betätigung des Trägers eignen und die eine eigene Rechtspersönlichkeit haben. Bei dieser Art von Unternehmensform ist das eingangs beschriebene Spannungsfeld zwischen betriebs- und kommunalwirtschaftlichen Anforderungen am deutlichsten feststellbar. Denn während bei organisatorisch weniger selbständigen Rechtsformen die Hierarchie innerhalb der Verwaltung als Koordinationsmechanismus dominiert,[15] treten bei selbständigeren Rechtsformen, die zudem zunehmend unter Wettbewerbsbedingungen agieren, marktmäßige Koordinationsmechanismen in den Vordergrund. Weit mehr als für die hierarchische Verwaltung sind hierfür die Regeln von Bedeutung, die das institutioneile Umfeld bereitstellen muss, wenn die Steuerung kommunaler Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit trotz deren größerer Selbständigkeit gelingen soll.
Damit rücken als zweite Kategorie der die Wahl einer Organisationsform bestimmenden Faktoren die unmittelbar handlungsleitenden Institutionen ins Blickfeld. Einflussfaktoren dieser Kategorie sollen mit Hilfe eines ökonomischen Modells untersucht werden. Da die tatsächlichen Motive solcher Entscheidungen und die Interessen der Entscheider zumindest im Rahmen dieser Arbeit exakt nicht fassbar sind, werden typische Interessen und Abwägungskriterien mit Hilfe der Theorie der rationalen Wahl und institutionenökonomischen Ansätzen modelliert. Die Untersuchung hat insoweit heuristischen Charakter als sie fragt, ob die eingangs genannte Hypothese falsifiziert werden kann, unterstellt, dass das angenommene Modell zutreffend ist.
3. Vorbemerkung zur Methodik
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine qualitative Untersuchung. Die Darstellung ist dabei zunächst deskriptiv. Bislang wurde das Untersuchungsobjekt - zumindest soweit es um Russland geht - in der deutschen Literatur nur wenig betrachtet. Daher ist es erforderlich, die Rechtslage in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand darzustellen. Die Differenz zwischen normativem Postulat und tatsächlichen Gegebenheiten ist dabei zu berücksichtigen, was einen interdisziplinären Ansatz rechtfertigt. Problematisch ist freilich, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln das Untersuchungsobjekt im engeren Sinne - die Auswahl der Organisations- bzw. Rechtsform zur Erfüllung konkreter Aufgaben - nur mittelbar beobachtbar ist. Hier wird versucht, anhand der Vorgefundenen Gegebenheiten einen Rückschluss auf diese Entscheidung zu ziehen.
Als empirisches Material lassen sich Gesetze und untergesetzliche Rechtsnormen, sowie Quellen, die Auskunft über Entstehung, Änderung und Durchsetzung dieser Normen geben, heranziehen. Solche Quellen sind vorrangig theoretische Untersuchungen verschiedener Fachrichtungen sowie empirische Studien von Wissenschaftlern oder Organisationen, sowie auch einige eigene Interviews.[16] Literatur zu Russland wurde in Deutschland sowie in Russland recherchiert, wobei im Wesentlichen die wissenschaftliche Bibliothek der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau (INION RAN) sowie die - vergleichsweise fortschrittlich ausgestattete - Universitätsbibliothek der Baikaler Staatsuniversität für Wirtschaft und Recht in Irkutsk zur Verfügung standen. Gespräche und Interviews ergaben sich mit Wissenschaftlern und Praktikern in Russland. In Moskau lag der Schwerpunkt dabei auf übergeordneten Fragestellungen. Zugang zu Abteilungen der Stadtverwaltungen bestand hauptsächlich in Irkutsk sowie teilweise in Angarsk, Habarovsk und Vladivostok.
Demgegenüber ist der Untersuchungsgegenstand in Deutschland verhältnismäßig gut dokumentiert. Die Darstellung kann insoweit auf einen Überblick beschränkt werden. Ein solcher ist allerdings zu Vergleichszwecken auch notwendig, da zunächst die Rechts- und Sachlage in Russland weitmöglichst ohne Rückgriff auf deutsche Rechtsbegriffe behandelt wird. Durch Vermeidung eines direkten Vergleichs kann die Arbeit der fremden Rechtsordnung ein Höchstmaß an Offenheit entgegenbringen.
Anschließend soll verifizierend nach dem Zusammenhang zwischen institutionellem Umfeld und einzelnen institutioneilen Arrangements gefragt werden. Mit der Operationalisierung der dafür verwendeten Variablen beschäftigt sich ausführlich das 5. Kapitel im 1. Teil der Arbeit.
Soweit die Arbeit deskriptiv ist, kommen rechtswissenschaftliche Methoden, namentlich die Auslegung von Gesetzen, zur Anwendung. Der verifizierende Teil arbeitet, soweit das im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Dissertation möglich ist, auch mit sozialwissenschaftlichen Methoden. Im Vordergrund stehen dabei das Forschungsprogramm und die Methodik der Neuen Institutionenökonomik, die das 3. Kapitel in Grundzügen näher vorstellt.
Bereits an dieser Stelle ist aus Gründen der methodischen Transparenz auf die Art des beabsichtigten Vergleichs hinzuweisen: Es soll hier nicht gefragt werden, was die „ideale“ Lösung des eingangs beschriebenen Spannungsfeldes wäre und in welchem Maß Institutionen in Russland oder Deutschland ggf. von diesem Ideal abweichen. Dieser Blick verbietet sich aus zwei Gründen, von denen der erste einen juristischen und der zweite einen ökonomischen Bezug hat: Erstens bereitet die Befassung mit einer fremden Rechtsordnung grundsätzliche, begriffliche Probleme. „Begriffsjuristische“ Einordnungen können bestenfalls Ergebnis einer Untersuchung, nicht aber Ausgangspunkt und Maßstab der Qualifizierung Vorgefundener Phänomene sein.[17] Zweitens besteht das Wesen aller Modelle in der Abstraktion von der Wirklichkeit. Ökonomische Modelle erreichen erstbeste Lösungen oft dadurch, dass sie zum Teil in erheblichem Umfang Nebenbedingungen einführen. Dies kann unter Umständen nützlich sein, beispielsweise um bestimmte Zusammenhänge deutlicher hervorzuheben. Von Vertretern der Neuen Institutionenökonomik wird es hingegen für fruchtbarer erachtet, produktive Ergebnisse realer Institutionen miteinander zu vergleichen, anstatt realen ideale Institutionen gegenüberzustellen.[18] Dieser Ansicht folgt die vorliegende Arbeit. Die historisch konkreten institutioneilen Umfelder (Ost-)Deutschlands und Russlands werden einander gegenübergestellt.
Ein solcher Vergleich institutioneller Umfelder in unterschiedlichen Staaten ist nicht dahingehend falsch zu verstehen, dass etwa eine Rechtsordnung zum Maßstab für eine andere Rechtsordnung erhoben würde. Vielmehr erfolgt eine Typisierung bestimmter institutioneller Gegebenheiten, die sodann an einer anderen Rechtsordnung getestet wird. Eine - gebotene - kritische Würdigung dieses Vorgehens erfolgt im 15. Kapitel der Arbeit.
Auch eine Übersetzung russischer Begriffe wird nur mit Vorsicht unternommen. Einige Hinweise zu Sprache und Terminologie erscheinen daher angebracht.
4. Hinweis zu Terminologie und Schreibweise
„Zuerst haben sie den Kopf verblödet mit dem Wort ,Kommunismus“, keiner verstand, was das ist, [und] jetzt gibt es munizipal.“[19]
Die Befassung mit der russischen Rechtsordnung führt nicht zuletzt auch an sprachliche Grenzen. Mitunter trifft man auf Worte, die nachweislich anderen Sprachen, z.B. dem Deutschen oder dem Englischen, entlehnt wurden. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie unbedingt die gleiche Bedeutung hätten. Noch weniger bedeutet es, dass die mit den betreffenden Termini bezeichneten Gegenstände identisch oder auch nur vergleichbar wären. Im günstigsten Fall sind funktionale Äquivalente identifizierbar. Wie das einleitende Zitat verdeutlicht, ist z.B. der Begriff „munizipal“ auch in Russland nicht unumstritten. Freilich handelt es sich beim Urheber um einen ausgewiesen streitbaren russischen Politiker, der hier allein aus Gründen der Illustration zu Wort kommt.[20]
Diese Arbeit bemüht sich in Bezug auf entscheidende Begriffe um eine möglichst wörtliche Übersetzung, z.T. wird eine Übersetzung auch ganz vermieden und der betreffende Begriff lediglich mit Hilfe einer Umschrift wiedergegeben. Der bei diesem Vorgehen auftretende Effekt eines merkwürdigen „Klangs“ wird bewusst in Kauf genommen. Die Wiedergabe geläufiger Namen und Begriffe folgt dabei aus Gründen der besseren Lesbarkeit der üblichen deutschen Schreibweise. Fachbegriffe sowie Angaben in Fußnoten und Literaturverzeichnis werden regelmäßig nach der deutschen wissenschaftlichen Umschrift gemäß DIN 1460 notiert. Entscheidendes Kriterium ist immer die Rückverfolgbarkeit des jeweiligen Begriffs in die russische Sprache. Sofern russische Autoren selbst in deutscher oder englischer Sprache publiziert haben, wird die von ihnen selbst verwendete Schreibweise ungeachtet der DIN 1460 übernommen.
Einzelne Rechtsnormen werden im laufenden Text in deutscher Sprache zitiert. Die Übersetzungen sind - soweit nicht anders gekennzeichnet - eigene. Auch hierbei wurde einer möglichst wörtlichen Übersetzung gegenüber einem guten „Klang“ der Vorzug gegeben. Dies soll daran erinnern, dass Rechtsbegriffe der fremden Rechtsordnung nicht unmittelbar übernommen werden können, sondern in besonderem Maße der Auslegung bzw. Einordnung bedürfen.
Drei zentrale Begriffe sollen bereits an dieser Stelle angesprochen werden. Es handelt sich um die Begriffe „Gemeinde“, „kommunal“ und „örtlich“.
Eine genaue Entsprechung zur deutschen Gemeinde mit ihrem Status als juristische Person des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaft)[21] und den umfassenden, sie kennzeichnenden Hoheiten in Bezug auf die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft,[22] gibt es nach russischem Recht nicht. Am nächsten kommt dem in funktionaler Hinsicht das so genannte „munizipale Gebilde“,[23] das im 6. Kapitel der Arbeit genauer dargestellt wird.
In Bezug auf Dienstleistungen und die wirtschaftliche Betätigung der munizipalen Gebilde deckt sich das russische Wort „kommunal’nyj“ nicht mit dem deutschen Begriff „kommunal“. Während die Bezeichnung „kommunale Selbstverwaltung“ im deutschen Rechtsraum aus historischen Gründen einen gemeinschaftlichen Bezug betont,[24] ist in anderen
Rechtsordnungen der örtliche Bezug bei der Begriffsbildung vorrangig.[25] In russischen Gesetzen sowie in der russischen Literatur wird daher von „örtlicher Selbstverwaltung“[26] gesprochen. In der Folge hat auch der Begriff „Kommunalwirtschaft“ in Russland grundsätzlich eine engere Bedeutung, als in Deutschland. Er wird vorrangig in der Zusammensetzung „Wohnungs- und Kommunalwirtschaft“[27] verwendet und bezeichnet in erster Linie den Bestand an Wohn- und anderen Häusern im munizipalen Eigentum sowie die örtliche Infrastruktur zur Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgung sowie Abwasserentsorgung.[28] Eine wörtliche Übersetzung des deutschen Begriffs „Kommunalwirtschaft“ kommt daher nicht in Betracht. Im Zweifel wird daher in Bezug auf Russland der Begriff „öffentliche örtliche Wirtschaft“ verwendet.
Die Begriffe „örtlich“ und „munizipal“ sowie diesbezügliche Zusammensetzungen werden entsprechend Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes „Über die allgemeinen Prinzipien der Organisation der örtlichen Selbstverwaltung in der Russischen Föderation“[29] [im Folgenden: FödSV-G 1995] „in Bezug auf die Organe der örtlichen Selbstverwaltung, Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, Eigentumsobjekte [...] und anderen Fällen“ synonym gebraucht.[30] Eine entsprechende Bestimmung enthält auch Art. 2 Abs. 2 des neuen Gesetzes „Über die allgemeinen Prinzipien der Organisation der örtlichen Selbstverwaltung in der Russischen Föderation“[31] [im Folgenden: FödSV-G 2003].
5. Gang der Untersuchung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Gang der Untersuchung
1. Teil
Grundlagen
Einführung
Wenn mehrere Individuen miteinander interagieren oder gar gemeinsame Aktivitäten verfolgen, unterwerfen sie ihr Verhalten Regeln. Folgender Auszug aus einer Geschichte von Christoph Hein verdeutlicht recht anschaulich, dass dieser Prozess mit Schwierigkeiten behaftet sein kann:
,,[...S]ie [waren] zu dritt und sprachen über dies und das, bis Panadel [der Clochard] vorschlug, Karten zu spielen. Aus den prall gefüllten Taschen seines Mantels fischte er ein abgegriffenes Kartenspiel und zeigte Kleiner Adlerfeder und dem Falschen Prinzen, wie man Dicker Schneiderkarpfen spielt. Er behauptete, er habe es am französischen Königshof gelernt, wo man es jeden Abend zu spielen pflege.
Dicker Schneiderkarpfen war insofern ein bemerkenswertes Spiel, als der Clochard den beiden fortwährend neue Spielregeln mitteilte. So überraschte er seine Mitspieler, als er seine höchste Karte, ein rotes As, zweimal ausspielte. Er beteuerte, dass eben diese Karte im Dicken-Schneiderkarpfen-Spiel mehrmals stechen dürfe. Als der Falsche Prinz beim nächsten Spiel das rote As erhielt, war es allerdings überhaupt nichts wert. Der Clochard erklärte dem erstaunten Falschen Prinzen, bei einem königlichen Spiel wie Dicker Schneiderkarpfen habe man es oft, dass die Karten ihren Wert wechseln: ,Das ist eben je nachdem, wenn du verstehst, was ich damit meine.“
Es muss wohl nicht gesagt werden, wer die meisten Spiele gewann, zumal Panadel der Clochard ganz entsetzlich betrog und meistens zwei Karten mehr in der Hand hatte als die beiden Mitspieler. Jedesmal, wenn er einen Stich machte, haute er seine Karte auf den Zeltboden und brüllte dabei: ,Nicht jeder Vogel ist ein Adler.“ Oder: ,An einer Kuh hängt nun mal kein Pferdeschwanz.“ Oder auch: ,Ein gekochtes Huhn legt keine goldenen Eier.“ Als Kleine Adlerfeder wissen wollte, was diese Sprüche bedeuten, sagte Panadel: ,Am französischen Königshof bedeuten sie soviel wie guten Tag oder grüß Gott. So geht‘s halt in der vornehmen Welt zu. ‘ Und dabei steckte er ein paar Karten in die rechte Manteltasche und holte aus der linken Westentasche drei neue hervor, mit denen er weiterspielte und gewann.“[32]
Offensichtlich können Regeln, ihre Anwendung und ihre Durchsetzung sehr unterschiedlicher Art sein: Sie können für alle gleichermaßen gelten, oder nicht. Sie können in einem formalen Verfahren oder spontan entstehen. Ihre Änderung kann wiederum allgemeinen Regeln unterworfen sein, oder nicht. Ihre Befolgung kann überprüfbar oder einklagbar sein, oder nicht. Auch spielen unterschiedliche Grade der Informiertheit von Akteuren über den Bestand, das Zustandekommen und auch die Bedeutung von Regeln eine erhebliche Rolle.
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung eines übergeordneten Regelsystems für die Schaffung und Funktion einer bestimmten Art konkreter Regeln. Sie betrachtet einen Zeitraum, den Regeländerungen erheblichen Ausmaßes kennzeichnen, und es werden zwei Rechtsordnungen untersucht, in denen sich der Verlauf der Regeländerungen erheblich unterscheidet.
Eine Erklärung für das Phänomen Transformation wird nicht gegeben. Vielmehr werden der Begriff übernommen und Etappen des Wandels beschrieben. Die Arbeit berührt verschiedene Dimensionen des hinter dem Begriff stehenden Phänomens, die sich nur schwerlich in eine schlüssige Systematik bringen lassen. Eine Abbildung mit einigen, exemplarischen Dimensionen mag dies verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Einige Dimensionen der Transformation
Die Schnittpunkte dieser Dimensionen bzw. ein von ihnen gemeinsam umschlossener Bereich der sozialen Wirklichkeit bilden den Gegenstand dieser Arbeit. Neben der Beschreibung wird auch eine Analyse von Rechtsnormen in der Transformation unternommen. Als analytischer Rahmen dient dabei die Theorie der rationalen Wahl.
Dieser Teil der Arbeit behandelt erforderliche Grundlagen sowohl im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand, als auch auf die Methode. Zunächst wird der Begriff der Institution eingeführt und daraufhin Eckpunkte der institutioneilen Ausgangslage in Russland und der DDR dargestellt. Anschließend geht es um die Methodik der Neuen Institutionenökonomik, mit der sich u.a. auch der rechtlich gestaltbare Teil institutioneilen Wandels analysieren lässt. Im Vordergrund stehe dabei der Property-Rights-Ansatz. Darauf folgt eine kurze Darstellung des institutioneilen Wandels in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand und schließlich wird ein Analyseraster entwickelt, mit dessen Hilfe sich die heutige institutioneile Situation erfassen und bewerten und mithin eine mögliche Erklärung für den eingangs festgestellten Unterschied im Hinblick auf kommunalwirtschaftliche Organisationsformen in Russland und (Ost-)Deutschland geben lässt.
1. Kapitel —
Institutionen und Organisationen
Die als Neue Institutionenökonomik bezeichnete Forschungsrichtung umfasst zahlreiche verschiedene Ansätze und versteht sich selbst nicht notwendigerweise als ausgereifte Theorie.[33] Vertreter dieser Forschungsrichtung sind sich aber über einen Umstand einig: Institutionen sind relevant für individuelles Verhalten.[34] In diesem Kapitel geht es darum, was unter einer Institution zu verstehen ist und wie sich Institu tionen von Organisationen unterscheiden. Grundzüge der Institutionenökonomik bzw. der ökonomischen Methode stellt das 3. Kapitel dar.
1.1. Institutionen
Das Eigentum, die Ehe, die Vormundschaft, das Marktwesen, das Geldwesen, der Staat und die Unternehmung haben zumindest eines gemeinsam: Sie alle lassen sich als Institutionen bezeichnen. Wenn Institutionen im Einzelnen so verschieden sein können, lässt sich dann überhaupt eine allgemeine Definition finden? Und lassen sich einzelne Institutionen möglicherweise anhand bestimmter Merkmale zusammenfassen bzw. voneinander unterscheiden?
1.1.1. Der Begriff „Institution“
Es gibt vielfältige Versuche, den Begriff der Institutionen zu definieren.[35] Als Grund für diese Vielfalt wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es für eine junge, sich in der Entwicklung befindliche Forschungsrichtung wie die Neue Institutionenökonomik geradezu imperativ sei, ein „Zuviel an Genauigkeit zu vermeiden.“[36] Allerdings verliert das Argument der „Jugendlichkeit“ der Forschungsrichtung mit fortschreitender Zeit an Überzeugungskraft.[37] Tatsächlich haben sich verschiedene Definitionen herausgebildet. Meist haben diese Definitionen einen im Hinblick auf die jeweilige Fachrichtung spezifischen Gehalt.[38] Diese
Arbeit rekurriert ausschließlich auf den „Ökonomischen-“ oder „Ratio- nal-Choice-Institutionalismus“. Selbst innerhalb der institutionenökonomischen Literatur gibt es verschiedene Institutionenbegriffe, die aber in wesentlichen Punkten übereinstimmen. Einigkeit herrscht vor allem darüber, dass Institutionen etwas mit Regeln zu tun haben - sei es, dass als Institution eine einzelne Regel, ein Bündel von Regeln oder auch ein ganzes Regelsystem verstanden wird.[39] Grundlegende Kennzeichen solcher Regeln sind, dass sie
1. von Menschen „produziert“ werden;
2. die Beziehungen zwischen Menschen (ggf. in Bezug auf eine Sache) betreffen und
3. Vorkehrungen zu ihrer Durchsetzung enthalten.[40]
Wenn sich einzelne konkrete Definitionen dennoch unterscheiden, so mag ein Grund dafür darin liegen, inwieweit der betreffende Autor schwerpunktmäßig auch an der Erforschung des Institutionenbegriffs selbst oder vorrangig an dessen Anwendung auf ein spezifisches Problem interessiert ist.
Zur ersten Gruppe zählen aus den Reihen der „alten“ Institutionalisten u.a. von Schmoller, der eine Institution als „System formgebundener oder formungebundener Regeln einschließlich der Vorkehrungen zu deren Durchsetzung“ definiert.[41] In neuerer Zeit haben sich u.a. North, Pejo- vich und Ostrom um den Institutionenbegriff verdient gemacht, deren Definitionen hier stellvertretend für viele andere zitiert werden sollen:
North versteht unter Institutionen „alle Arten menschengemachter Beschränkungen zur Gestaltung menschlicher Wechselbeziehungen“.[42]
Nach Pejovich sind „Institutionen definiert als rechtliche, administrative und gewohnheitsmäßige Arrangements für wiederholte menschliche Interaktion“.[43]
Ostrom schreibt: „Institutionen lassen sich definieren als die Menge von Funktionsregeln, die man braucht, um festzulegen, wer für Ent- Scheidungen in einem bestimmten Bereich in Frage kommt, welche Handlungen statthaft oder eingeschränkt sind, welche Aggregationsregeln verwendet werden, welche Verfahren eingehalten werden müssen, welche Informationen geliefert oder nicht geliefert werden müssen, und welche Erträge den einzelnen entsprechend ihren Handlungen zugebilligt werden.“[44]
Einige Autoren, die der großen zweiten Gruppe zuzuordnen sind, sind Pistor, Engerer und Voigt sowie Kobier. Ihr Institutionenbegriff erscheint vorrangig anwendungsorientiert.
Pistor nennt Institutionen unter Berufung auf North „Grenzen menschlichen Handelns, die von Sozialverbänden gesetzt werden“ und der Strukturierung sozialen Handelns dienen.[45]
Engerer und Voigt formulieren unter Berufung auf Ostrom: „Institutionen können [...] definiert werden als allgemein bekannte Regeln, mit deren Hilfe wiederkehrende Interaktionssituationen strukturiert werden und die mit einem Durchsetzungsmechanismus bewehrt sind, der eine Sanktionierung [...] im Fall eines Regelverstoßes bewirkt.“[46]
Kobier schließlich verzichtet ganz auf eine genaue Definition und führt Institutionen allgemein als „Spielregeln des täglichen Lebens“[47], als „die gesellschaftlichen Regeln [...], welche die Menschen miteinander verbinden und ihr Zusammenleben koordinieren“[48] ein. Er verwendet dabei die Begriffe „Regeln“ und „Institutionen“ als Synonyme und fährt mit einer für die Zwecke seiner Untersuchung zielführenden Beschreibung und Klassifizierung von Institutionen fort.[49] Aufgrund der Zielsetzung seiner Arbeit setzt er den Begriff „ökonomische Institution“ weitgehend mit dem Begriff „Eigentumsrecht“ gleich.[50]
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass eine umfassende allgemeine Definition von Institutionen zwar Schwierigkeiten bereitet, sich andererseits aber operable Festlegungen des Begriffs finden lassen.
Für ihre Zwecke versteht diese Arbeit in Anlehnung an die wiedergegebenen Definitionen unter „Institution“ eine Regel oder ein Bündel von Regeln, die von Menschen zur Strukturierung menschlicher Interaktion erzeugt werden, und die Mechanismen zu ihrer Durchsetzung enthalten. Um eine möglichst präzise Subsumtion speziell rechtlicher Regeln[51] unter diese Definition zu ermöglichen, sind im Folgenden verschiedene Arten von Institutionen zu betrachten.
1.1.2. Klassifizierung von Institutionen
Institutionen lassen sich in verschiedener Weise klassifizieren. An dieser Stelle sollen drei Unterscheidungen eingeführt werden, nämlich zum einen hinsichtlich der Form, zum anderen nach dem Gegenstand und schließlich nach dem Geltungsbereich der Regelung.
Institutionen können formeller oder informeller Art sein. Formelle Institutionen sind Produkte eines im weitesten Sinne formalisierten Prozesses und schriftlich oder mündlich fixiert. Beispiele für formelle Institutionen sind Gesetze und Verträge. Definitionsmerkmal informeller Institutionen ist demgegenüber, dass weder ihre Entstehung noch ihre Tradierung an eine Form gebunden sind. Beispiele dafür sind Traditionen und persönliche, insbesondere moralische Überzeugungen.[52]
Eine eng verwandte Unterscheidung orientiert sich an der Form der Durchsetzung von Regeln: Sofern Regeln zu ihrer Durchsetzung nicht auf das - externe - staatliche Gewaltmonopol zurückgreifen, können sie als „interne Institutionen“ bezeichnet werden. Entsprechend setzt der Staat externe Institutionen durch.[53] Unter den internen Institutionen lassen sich wiederum vier Typen unterscheiden, die von der Konvention (selbstdurchsetzend) über ethische Regeln (Durchsetzung durch Selbstbindung der Akteure) und Gewohnheiten (Durchsetzung über spontane gesellschaftliche Kontrolle) bis hin zu privaten Regeln (Durchsetzung durch eine private Organisation) reichen.[54]
Die vorliegende Arbeit beschränkt sich im Wesentlichen auf die Untersuchung rechtlicher Regeln, also formeller, externer Institutionen. Dies entspricht dem Blickwinkel der ökonomischen Analyse des Rechts, als deren Gegenstände Posner „rechtliche Regeln und Institutionen“ bezeichnet.[55] Allerdings können starke informelle sowie interne Institutionen die Schaffung, Anwendung und Durchsetzung rechtlicher Regeln massiv behindern, indem sie Individuen zu einem Verhalten bewegen, dass einer betreffenden rechtlichen Regel zuwiderläuft. Da die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieses Phänomens in der Transformation (dazu im 3. Kapitel) hoch ist,[56] können diese Kategorien auch im hier behandelten Kontext nicht völlig außer Betracht bleiben.
Eine andere Unterscheidung von Institutionen kann nach dem Regelungsgegenstand getroffen werden. Aus der Vielzahl der Regelungsbereiche, die für menschliche Interaktion insgesamt von Bedeutung sind, greift die Arbeit den Bereich der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit Hilfe kommunaler Unternehmen heraus und betrachtet ihn näher. In diesem Bereich geht es einerseits um die Bereitstellung von Wirtschaftsgütern, d.h. Waren oder Dienstleistungen, andererseits um den politischen Prozess mit dessen Hilfe bestimmt wird, wie diese Bereitstellung im Einzelnen erfolgen soll. Entsprechend soll hier von ökonomischen und politischen Institutionen gesprochen werden. Ökonomische Institutionen sind dabei „die Basis für Produktion, Tausch und Verteilung“, sie strukturieren die wirtschaftlichen Wechselbeziehungen, die im weitesten Sinne als Märkte bezeichnet werden können.[57] Politische Institutionen sind demgegenüber die Ordnungen, die für die Schaffung, Änderung und Durchsetzung von Regeln bestimmend sind.[58] Ein wichtiger Aspekt dabei ist, wie Entscheidungsträger in Entscheidungspositionen gelangen und wie die Rationalität ihrer Entscheidungen abgesichert wird.
Schließlich unterscheidet diese Arbeit in Anlehnung an Davies und North zwischen institutionellem Umfeld und institutioneilen Arrangements.[59] Mit institutionellem Umfeld werden in der Neuen Institutionenökonomik die allgemeinen, für alle geltenden Regeln bezeichnet. Es handelt sich dabei um alle (rechtlichen und außerrechtlichen) Regeln, deren Gesamtheit für das Verhalten aller Akteure bestimmend ist, deren
Schaffung sich aber niemandem speziell zuordnen lässt (obwohl sie selbstverständlich das Produkt der Überzeugungen, Wahlhandlungen und Ziele einzelner Individuen sind), also die Rechtsordnung und die ihre Grundregeln.[60]
Als institutioneile Arrangements sind im Gegensatz dazu spezifische Rahmenbedingungen zu verstehen, die identifizierbare Akteure zur Gestaltung ihrer Beziehungen untereinander gezielt setzen, also beispielsweise Verträge, Bürokratien und Unternehmen. Wesentliche kennzeichnende Merkmale institutioneller Arrangements sind damit vor allem, dass die im konkreten Fall getroffenen Regelungen nur inter partes gelten und dass damit spezifische, im Sinne der ökonomischen Grundannahme eigennützige Ziele verfolgt werden. Freilich kann der Kreis der an einem konkreten institutioneilen Arrangement beteiligten Akteure im Einzelfall sehr groß sein. Zudem kann es durchaus sein, dass das institutioneile Umfeld bestimmte Typen von institutioneilen Arrangements bereitstellt, und die Grenzen zwischen beiden Kategorien schwer bestimmbar werden. Beispiele dafür sind allgemeine Geschäftsbedingungen oder Musterverträge.[61]
1.2. Organisationen
Die Unterscheidung von Institutionen und Organisationen bereitet in der Neuen Institutionenökonomik Schwierigkeiten und ist im Einzelnen umstritten.[62] Einigkeit besteht aber weitgehend darüber, dass sich in einer Organisation Institutionen und Personen verbinden: North nennt Organisationen „Institutionen einschließlich der daran beteiligten Personen.“[63] Eine Organisation ist folglich dadurch gekennzeichnet, dass eine Personenmehrheit zum Zweck der Verfolgung gemeinsamer Ziele ihr jeweiliges Verhalten in wiederkehrenden Situationen bestimmten Regeln unterwirft.[64] In diesem Sinne lassen sich u.a. Unternehmen oder Staaten, aber auch Märkte als Organisationen beschreiben. Von der Literatur werden solche Strukturen jedoch mitunter auch als Institutionen bezeichnet, weshalb eine Anmerkung zum Gebrauch der Begriffe in dieser Arbeit erforderlich ist.[65] Hier stehen einerseits die Regeln, andererseits die konkreten Entscheidungsträger im Vordergrund. Entsprechend der aus der Wirtschaftslehre öffentlicher Unternehmen stammenden „Instrumentalthese“ vertritt diese Arbeit die Auffassung, dass öffentliche Unternehmen „Instrumente der Wirtschaftspolitik ihrer Träger“,[66] also dass kommunale Unternehmen Instrumente zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in der Hand der Gemeinden sind. Da die Träger solcher Unternehmen (Organisationen) als Personenmehrheiten im Sinne des methodologischen Individualismus nur über das Verhalten von Individuen erklärt werden können, kann die Wirtschaftspolitik nicht den Trägern öffentlicher Unternehmen als solchen zu geschrieben werden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, werden hier nicht Entscheidungen „der Gemeinde“ oder „des Staates“ thematisiert, sondern typisierend die Handlungen von Vertretern bestimmter Interessen „in“ bestimmten institutioneilen Arrangements.[67] Der Begriff der Organisation spielt mithin im Rahmen dieser Arbeit eine untergeordnete Rolle.
Bevor nun die ökonomische Betrachtungsweise von Institutionen und ihrer verhaltenssteuernden Wirkung näher vorgestellt wird, sind auf der Grundlage der soeben gewonnenen Erkenntnisse die Institutionen darzustellen, die vor Beginn der Transformation für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben im kommunalen Bereich in Russland und in der DDR bestimmend waren.
2. Kapitel —
Ausgangssituation: Kommunalwirtschaft in der Sowjetunion und in der DDR
Bei der im vorigen Kapitel vorgenommenen Begriffsbestimmung wurden Institutionen definiert als eine Regel oder ein Bündel von Regeln, die Menschen zur Strukturierung menschlicher Interaktion erzeugen und die Mechanismen zu ihrer Durchsetzung enthalten. Im Rahmen dieser Arbeit sind vorrangig formelle, externe Institutionen - also in der Hauptsache rechtliche Regeln wie Gesetze und Verträge - von Interesse. Weil es jeweils Menschen sind, die Institutionen produzieren, können diese in verschiedenen Gesellschaften sehr unterschiedlich ausfallen. Insbesondere trifft das auf rechtliche Regeln zu, da bereits die Rolle des Rechts selbst in einer Gesellschaft je nach vorherrschender Ideologie sehr unterschiedlich sein kann.
In der Bundesrepublik hatte sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges ein rechtswissenschaftlicher Forschungszweig (wieder) etabliert, der sich mit dem „Ostrecht“ befasste. Auch unter den schwierigen politischen Bedingungen zur Zeit des kalten Krieges wurden insbesondere das sowjetische Rechtssystem, aber auch andere sozialistische Systeme, darunter das der DDR, untersucht.[68] [69] Neben Analysen des positiven Rechts haben sich Forscher dabei auch mit der Rolle des Rechts selbst befasst. Das Ausmaß der Problematik, mit der derartige Untersuchungen behaftet sind, hat Brunner in folgender Zuspitzung treffend zum Ausdruck gebracht:
„Ich bin [...] immer wieder verblüfft, wie der rechtsstaatliche Verstand durch Eigengesetzlichkeiten der totalitären Einparteiendiktatur, den Instrumentalcharakter des Rechts z.B., überfordert ist.
Ein Blick auf die Entwicklung der Transformation insbesondere in der Russischen Föderation, aber auch im Osten Deutschlands legt nahe, dass ein entsprechender Satz auch aus der entgegen gesetzten Perspektive denkbar ist: Die von der Transformation unmittelbar betroffenen Rechtsanwender müssen ebenfalls erst lernen, mit den neuen Institutionen umzugehen. Enttäuschung im Hinblick auf - unrealistische, aber möglicherweise auch ganz realistische - Erwartungen ist ein verbreitetes Phänomen.[70]
Unabhängig von der Frage, ob und aus welchen Gründen ein bestimmtes System von Regeln im konkreten Fall vorzugswürdig scheint, arrangieren sich Menschen mit Institutionen. Sie lernen, „nach den Regeln zu spielen“. Jede Regeländerung, auch, wenn sie eine von allen anerkannte Verbesserung darstellen sollte, verlangt den „Spielern“ eine Anpassungsleistung ab. Solche Anpassungsprozesse können - auch in Abhängigkeit von der konkret betrachteten Institution - von langer Dauer sein.
Bei der Betrachtung der aktuellen Rechtslage in Russland fallen daher Phänomene auf, die sich als „Schatten der Vergangenheit“ erklären lassen.[71] Zudem hält in vielen Bereichen nach wie vor das für die Transformation eines Rechtssystems typische Auseinanderfallen von normativer und faktischer Geltung von Recht an.[72] Es erscheint daher hilfreich, zum besseren Verständnis der Entwicklung des hier betrachteten Gegenstandes einen Überblick über die vortransformatorischen Ordnung in der Sowjetunion und der DDR zu geben.
2.1. Sowjetunion
2.1.1. Zur Rolle von Recht und Gesetz und zur Dominanz der kommunistischen Partei in der Sowjetunion
In der Geschichte der Sowjetunion hat das Recht mehrere Funktionswandel erfahren.[73] Durch alle Wandel prägend ist jedoch ein instrumentales Rechtsverständnis. Lenin ging in seiner Interpretation der Theorien Karl Marx’ und Friedrich Engels’ davon aus, dass das Recht eine „Waffe“ der herrschenden bürgerlichen Klasse sei.[74] Allerdings ging seine Vorstellung dahin, dass das Recht mit dem Fortschritt der Revolution den
[...]
[1] Die Begriffe „Russland“ und „Russische Föderation“ werden in dieser Arbeit im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1, 2 Verfassung der Russischen Föderation v. 12.12.1993 synonym gebraucht. Die Verfassung der Russischen Föderation v. 12.12.1993 [im Folgenden: V-RF] wurde zuerst veröffentlicht in Rossijskaya Gazeta, 25.12.1993, Nr. 237. Eine deutsche Übersetzung findet sich u.a. bei Starilow, J. N. (1999), S. 143 ff.
[2] So z.B. Gaß, A. (2003), S. 61 f.
[3] Vgl. Uechtritz, M. (2004), Rz. 37 f. (S. 551 f.).
[4] Beckert, J. (1996), S. 63 f.
[5] Beschluss der Volkskammer der DDR v. 23.08.1990, GBl. DDR 1990 I 1324; Einigungsvertrag vom 31.08.1990, BGBl. 1990 II 889, dazu im Einzelnen sogleich, im 4. Kapitel im 1. Teil, ab S. 77.
[6] Vgl. dazu ausführlicher sogleich im 1. Kapitel im 1. Teil, ab S. 39.
[7]Diese Annahme ist ebenso zentral wie problematisch. Eine kritische Würdigung erfolgt im 4. Teil der Arbeit, vgl. unten ab S. 261.
[8] Ronellenfitsch, M. (2004a), Rz. 3 ff. (S. 3 f.); Prägnant zur (geringen) Bedeutung der Unterscheidung einzelner Kommunalverfassungssysteme im deutschen Recht im Hinblick auf die Finanzierung kommunaler Aufgabenerfüllung: Lohse, F. (2006),
[9] 46 ff.
[10] Ronellenfitsch, M. (2004a), Rz. 8. (S. 4).
[11] Vgl. Cronauge, U./Westermann, G. (2003), Rz. 25 ff., für einen Überblick über im Einzelnen mögliche Organisationsformen kommunaler Unternehmen, vgl. aaO. Rz. 105 ff.
[12] vgl. Ronellenfitsch, M. (2004b), Rz. 17, 19 (S. 25); Schliesky, U. (2004), S. 487 ff.; vgl. Mischke, A. (2005), S. 7 f.
[13] Hellermann, J. (2004), Rz. 91 f. (S. 153 f.); vgl. auch F. Jaeckel/L. Jaeckel, (2003), Rz. 261 (S. 252 f.).
[14] Vgl. Gritsenko, E. V. (2001), S. 316. Im Einzelnen werden diese Fragen im 2. Teil der Arbeit näher untersucht, vgl. unten ab S. 133.
[15] Vgl. dazu umfassend Waffler, B. (2002), S. 113 ff.
[16] Vgl. zu juristischen Methoden in der Ostrechtsforschung: Westen, K. (1965), insbes. S. 311 ff.
[17] Vgl. Westen, K. (1965), S. 316, 318 f.
[18] Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 117 f.
[19] Žirinovskij, V. V. (2002), S. 55. Bei einer parlamentarischen Anhörung sprach sich Žirinovskij in der ihm eigenen Art gegen das Fremdwort „munizipal“ und für das russische Wort „obščina“ (Gemeinde) aus. Das Zitat stammt aus diesem Zusammenhang und lautet im Original: „Cnepßa roaoBy ^ypnan chobom ,KOMMyHH3M‘, hhkto He ποηηη, HTO 3το TaKoe, Tenepb bot MyHHgHnaabHoe.“
[20] Service, R. (1998), S. 528, spricht von Žirinovskijs „vulgar aggressiveness“ bzw. der Schwierigkeit, ihn und sein politisches Programm, das „Spuren von Anti-Pariamenta- rismus, Nationalismus, Kommunismus und Liberalismus“ enthalte, zu kategorisieren (aaO. S. 533).
[21] Vgl. die Gemeindeordnungen der deutschen Bundesländer, z.B. § 1 Abs. 4 BWGO; § 1 Abs. 2 LSAGO; § 1 Abs. 2 SächsGO; vgl. Gern, A. (2003), Rz. 125; zu Sonderregelungen in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen vgl. aaO. Rz. 120 ff.
[22] Vgl. z.B. § 2 Abs. 1 BWGO; vgl.Thieme,W. (1982), S. 140; vgl. Gem, A. (2003), Rz. 160 ff.
[23] municipal’noe obrazovanie“, beachte Art. 124 Abs. 2 Gesetz der RF Nr. 51 v. 30.11.1994 „Bürgerlicher Kodex der Russischen Föderation (Erster Teil)“, SZ RF 1994/3301 [im Folgenden: BGB RF], dazu Gritsenko, E. V. (2001), S. 320 f.; anders: Postovoj, N. V. (2000), S. 65.
[24] Vgl. zum Begriff: v. Unruh, G.-Ch. (1982), S. 59. Für einen Überblick über die historische Entwicklung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung im deutschen Rechtsraum, vgl. Lohse, F. (2006), S. 27 ff.
[25] Vgl. Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung v. 15.05.1985, BGBl. 1987 II 65. Die authentischen Texte verwenden die Bezeichnungen „local self-government“ und „l’autonomie locale“, die russische Übersetzung schließt sich dem mit „mestnoe samoupravlenie“ an.
[26] Mestnoe samoupravlenie.
[27] Žiliščno-kommunal’noe hozyajstvo.
[28] Vgl. Kutafin, O. E./Fadeev, V. I. (2002), S. 468.
[29] Gesetz der RF Nr. 154 v. 28.08.1995 „Über die allgemeinen Prinzipien der Organisation der örtlichen Selbstverwaltung in der Russischen Föderation“, Sobranie Zakonodatel’stva RF [Gesetzblatt der Russischen Föderation, im Folgenden SZ RF, zitiert nach Jahr/Position], 1995/3506.
[30] Vgl. auch Kutafin, O. E./Fadeev, V. I. (2002), S. 9 ff.; Bondar’, N. S./Avseenko, V. I./Bočarov, S. N. (2003), S. 6 ff.
[31] Gesetz der RF Nr. 131 v. 06.10.2003 „Über die allgemeinen Prinzipien der Organisation der örtlichen Selbstverwaltung in der Russischen Föderation“, SZ RF 2003/3822.
[32]Hein, Chr. (1987), S. 71 ff.
[33] Vgl. Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 2 f., Engerer, H. (1997), S. 136 f.
[34] Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 1.
[35] Vgl. Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7 m.w.N., dazu im Einzelnen sogleich.
[36] so Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7 unter Hinweis auf Arrow (1970).
[37] Das bei Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7 erwähnte Zitat von Arrow stammt bereits aus dem Jahr 1970.
[38] Beispielhaft sei hier eine Definition von Esser für den Bereich der Soziologie genannt: „Eine Institution sei [...] eine Erwartung über die Einhaltung bestimmter Regeln, die verbindliche Geltung beanspruchen.“, vgl. Esser, H. (2000), S. 2; gelungen auch die Darstellung bei Kuhlmann, S. (2003), S. 40 ff.
[39] Vgl. Martiensen, J. (2000), S. 11 f.; Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7 f.
[40] Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7; Erlei, M. (1998), S. 25; vgl. Martiensen, J. (2000), S. 12 f. m.w.N.
[41] Vgl. Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 7 f. mit Hinweis auf v. Schmoller (1900), Nachweis aaO.
[42] Pistor, K. (2000), S. 59, dort Fn. 4, mit Hinweis auf North (1990): „humanly devised constraints that shape human interaction“, Nachweis aaO.
[43] Pejovich, S. (1990), S. 4: „Institutions are defined as the legal, administrative and customary arrangements for repeated human interactions“.
[44] Ostrom, E. (1990), S. 51,„Institutions can be defined as the sets of working rules that are used to determine who is eligible to make decisions in some arena, what actions are allowed or constrained, what aggregation rules will be used, what procedures must be followed, what information must or must not be provided, and what payoffs will be assigned to individuals dependent on their actions“.
[45] Pistor, K. (2000), S. 59.
[46] Engerer, H./Voigt, S. (2002), S. 155.
[47] Kobier, M. (2000), S. 9. Vgl. Mestmäcker, E.-J. (1978), S. 160 zur Verwendung des Begriffs „Spielregeln“ bei Hart (1961) und Böhm (1933), Nachweise aaO.
[48] Kobier, M. (2000), S. 85.
[49] Kobier, M. (2000), S. 13 ff.
[50] Kobier übersetzt „Property Right“ mit „Eigentumsrecht“. Diese Arbeit verwendet dafür der Begriff „Verfügungsrecht“, ohne eine inhaltliche Differenz zu Kobier zu begründen. Vgl. Kobier, M. (2000), S. 253.
[51] Zur Unterscheidung zwischen Recht als Befehl und Recht als Regel vgl. Mestmäcker, E.-J. (1978), S. 159.
[52] Vgl. Kobier, M. (2000), S. 13 f. m.w.N.
[53] Engerer, H./Voigt, S. (2002), S. 155 f.
[54] Engerer, H./Voigt, S. (2002), S. 156.
[55] Posner, R. A. (1998), S. vii: „legal rules and institutions“.
[56] Vgl. z.B. Hedlund, St. (2001), S. 224 f.
[57] Kobier, M. (2000), S. 17.
[58] Kobier, M. (2000), S. 17.
[59] Davis, L. E./North, D. C. (1971), S. 6. ff.
[60] Vgl. zu dieser Unterscheidung Klein, P. G. (1999), S. 456 ff.; Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 313 f.; Kobier, M. (2000), S. 17.
[61] Vgl. Daumke, M./Keßler J. (2000), S. 7 f.
[62] Vgl. Kobier, M. (2000), S. 9, dort auch Fn. 5; vgl. Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 10 f.; Cooter, R./Ulen, Th. S. (2004), S. 137.
[63] Richter, R./Furubotn, E. G. (2003), S. 10 mit Hinweis auf North (1990), Nachweis aaO.
[64] Vgl. die Definition bei Martiensen, J. (2000), S. 488.
[65] Vgl. Kobier, M. (2000), S. 9, 45.
[66] Beckert, J. (1996), S. 34.
[67] Vgl. Beckert, J. (1996), S. 235 ff.
[68] Vgl. z.B. Blankenagel, A. (1976); ders. (1988), m.w.N.; Meissner, B. (1977); Westen, K. (1965); Brunner, G. (1985); zu nennen wären auch Luchterhandt, Fincke, Rog- gemann, Schroeder u.a.m.
[69] Brunner in einer Aussprache auf der 4. Sitzung des Arbeitskreises Staats- und Verfassungsrecht in Potsdam, 24.-26.11.1991. Die Aussprache ist abgedruckt bei Stern, K. (1992), S. 179.
[70] Vgl. Horn, N. (1993), S. 7 f.
[71] Im Bereich rechtlicher Fragestellungen etwa die schwach ausgeprägte Trennung zwischen Rechtsformen des öffentlichen und des Privatrechts, vgl. Gritsenko, E. V. (2001), S. 266 ff., oder der Aufbau der Staatsverwaltung, dazu: Schaich, Chr. (2001), S. 324; im empirischen Bereich etwa die Praxis von Gerichten und Anklagebehörden, dazu: Schroeder, F.-Chr. (2002), S. 59 ff.
[72] Vgl. Horn, N. (1993), S. 5.
[73] Möglin, Chr. (2003), S. 159, 163 ff.; zu resultierenden Bewegungen der „Realität kommunistischer Herrschaftssysteme“, vgl. Brunner, G. (1985), S. 43.
[74] vgl. dazu ausführlich und mit vielen Nachweisen: Möglin, Chr. (2003), S. 163 ff.; Zum zweifelhaften Umgang mit dem Gedankengut Lenins und zur Rechtfertigung höchst unterschiedlicher Positionen damit, vgl. Blankenagel, A. (1990), S. 12, dort Fn. 11 m.w.N.
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