Entwurf einer EDV gestützten Qualitätssicherung für marktforschende Telefonstudios


Diplomarbeit, 2009

96 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Marktforschung
2.2 Telefonische Dienstleistungen
2.3 Call Center und Telefonstudio
2.4 Qualität von Dienstleistungen
2.5 Das Interviewer Management System „MR Orga Suite“
2.6 Stand der Technik

3 Qualitätsmanagement im Dienstleistungssektor
3.1 Total Quality Management
3.2 Qualitätsmodelle
3.2.1 Deming Price
3.2.2 Malcolm Baldrige National Quality Award
3.2.3 European Quality Award
3.2.4 Service Quality (SERVQUAL)
3.2.5 International Service Study

4 Qualitätsmanagement in Telefonstudios
4.1 Auswahl eines geeigneten Qualitätsmanagement-Modells
4.2 Darstellung der relevanten Dimensionen und Parameter
4.2.1 Führung im Unternehmen
4.2.2 Organisation & Kultur
4.2.2.1 Ergebnis – Qualität der Arbeitsbedingungen
4.2.2.2 Erfolgsfaktor – Dienstleistungskultur
4.2.2.3 Erfolgsfaktor – Arbeitsumfeld
4.2.2.4 Erfolgsfaktor – Mitarbeiterführung
4.2.3 Dienstleistungskonzept & -gestaltung
4.2.3.1 Ergebnis – Effektivität der Leistung
4.2.3.2 Erfolgsfaktor – Verständnis für den Kunden
4.2.3.3 Erfolgsfaktor – Leistungsgestaltung
4.2.3.4 Erfolgsfaktor – Leistungssystem & Prozessgestaltung
4.2.4 Dienstleistungserstellung
4.2.4.1 Ergebnis – Qualität der Leistung
4.2.4.2 Erfolgsfaktor – Qualitätslenkung
4.2.4.3 Erfolgsfaktor – Umgang mit Fehlern
4.2.4.4 Erfolgsfaktor – Flexibilität & Reaktionsverhalten
4.2.4.5 Erfolgsfaktor – Technik
4.2.5 Dienstleistungsnutzen & -messung
4.2.5.1 Ergebnis – Kundenzufriedenheit & -loyalität
4.2.5.2 Ergebnis – Wachstum
4.2.5.3 Erfolgsfaktor – Kosten
4.2.5.4 Erfolgsfaktor – Leistungsstandards
4.2.5.5 Erfolgsfaktor – Leistungsmessung
4.2.5.6 Erfolgsfaktor – Interne Leistung

5 Entwurf einer EDV gestützten Qualitätssicherung
5.1 Realisierbarkeit und Modifizierung des ausgewählten Modells
5.2 Auswahl geeigneter Kennziffern
5.2.1 Quantitative Kennziffern
5.2.2 Qualitative Kennziffern
5.3 Prozess der Qualitätssicherung
5.4 Anforderungen
5.4.1 Funktionale Anforderungen
5.4.2 Nicht-Funktionale Anforderungen
5.5 Komponenten-Modell
5.6 Benutzerschnittstelle (GUI)
5.6.1 Tangierte Systemfunktionen der MR Orga Suite
5.6.1.1 Status-Monitor
5.6.1.2 Schichtplanung
5.6.1.3 Mitarbeiterstammdaten
5.6.1.4 Mitarbeitersuche
5.6.1.5 Berechtigungsverwaltung
5.6.2 Konfiguration des Qualitätssicherungs-Moduls
5.6.3 Erfassung der qualitativen Parameter
5.6.4 Auswertungen
5.6.4.1 Erfasste Beurteilungsdaten
5.6.4.2 Integrierte Reporte
5.6.4.3 Dynamische Reporte
5.7 Auswertungen
5.7.1 Qualitative Auswertung des Telefonstudios
5.7.2 Qualitative Auswertung der Mitarbeiter
5.7.3 Quantitative Auswertungen (Benchmarking)

6 Bewertung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beispiel der Fragebogensteuerung durch CATI

Abbildung 2: MR Studio Orga – Mitarbeiter Stammdaten

Abbildung 3: Qualitätserfassung anhand der CATI-Studio Größe

Abbildung 4: Funktionen des Qualitätsmanagements

Abbildung 5: Implementierung von Total Quality Management

Abbildung 6: Das MBNQA-Modell

Abbildung 7: Das EQA-Modell

Abbildung 8: Das SERVQUAL-Modell

Abbildung 9: Das ISS-Modell

Abbildung 10: Das modifizierte ISS-Modell

Abbildung 11: Prozess der Qualitätssicherung

Abbildung 12: Eingliederung des QS-Moduls in den Erhebungsprozess

Abbildung 13: Komponenten-Modell mit Schnittstellen

Abbildung 14: MR Studio Orga – Status Monitor

Abbildung 15: MR Studio Orga – Schichtplanung

Abbildung 16: MR Studio Orga – Mitarbeitersuche

Abbildung 17: MR Studio Orga – Berechtigungsverwaltung

Abbildung 18: Konfigurationsdialog

Abbildung 19: Qualität – Stammdaten

Abbildung 20: Qualität – Beurteilungskriterien

Abbildung 21: Erfasste Qualitätsbeurteilungen

Abbildung 22: Integrierte Reporte

Abbildung 23: Dynamische Reporte

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Dimensionen und Parameter im SERVQUAL-Modell

Tabelle 2: Ursachen für Burnout und Vorgehen zur Vermeidung

Tabelle 3: Bewertungssystem

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Zu exzellenten Verkaufszahlen gehört ein Produkt und ein werbewirksam gestaltetes Marketing, welches ggf. durch PR-Maßnahmen unterstützt wird. Das Wissen um Kundenpräferenzen und Trends auf dem Markt ist hierfür unumgänglich. Täglich werden Menschen in den Medien oder auf der Strasse mit Umfragen zu Produkten und Dienstleistungen oder zu Meinungen konfrontiert. Marktforschende Unternehmen werden mit der Ermittlung dieser Trends beauftragt. Mit ihren Umfrageergebnissen und Veröffentlichungen beeinflussen sie unsere Gesellschaft. Sie prägen Meinungen. Ein wachsender Qualitätsanspruch der Menschen an Produkte und Dienstleistungen ist seit einigen Jahren auch in Deutschland zu beobachten. Von dieser Entwicklung sind telefonische Dienstleister nicht aus- genommen. Gerade Call Center und Marktforscher erhalten das Feedback der Kunden auf ihre Qualitätsbemühungen direkt aus erster Hand.

Qualifizierte Kontakte sind für Marktforscher überlebenswichtig. Sie stellen das Kapital der Unternehmen dar, auf das bei Befragungen exklusiv zurückgegriffen werden kann. Zur Wahrung einmal akquirierter und qualifizierter Kunden muss somit dauerhaft eine qualitative Dienstleistung erbracht werden.

1.1 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist der Entwurf einer EDV gestützten Qualitätssicherung auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen zur Messung, Auswertung und Sicherung von Qualität in Telefonstudios der Marktforschung.

Erfahrungswerte und Umfrageergebnisse bei Kunden der run-e GmbH & Co. KG zeigten auf, dass für die Branche keine computergestützte Anwendungen existieren, die marktforschende Unternehmen bei der Qualitätsbildung im Telefonstudio unterstützen. Einige Marktforscher entwickelten eigene Lösungen, andere arbeiteten mit schriftlichen Aufzeichnungen und häufig wird auf eine Qualitätssicherung im Studio gänzlich verzichtet. Eine Marktanalyse verschiedener Softwaresysteme ergab, dass für Unternehmen der Call Center Branche bereits einige Qualitätssicherungs-Systeme angeboten werden. Sie sind jedoch ausschließlich Bestandteil umfangreicher Softwarepakete. Diese integrieren Unterstützung für die Auftragsbearbeitung, die Personaleinsatzplanung, das Beschwerdemanagement, den Help-Desk, das Customer Care und andere branchenspezifische Funktionen [TeleT09]. Tatsache ist, dass die am Markt befindlichen Anwendungspakete für große Call Center entwickelt wurden und entsprechend hochpreisig in der Anschaffung und im Unterhalt sind. Sie sind für marktforschende Unternehmen überdimensioniert. Ein weiteres Problem ist, dass die erhobenen Qualitätskriterien in den Anwendungen auf keiner wissenschaftlichen Grundlage basieren.

1.2 Aufbau der Arbeit

Basierend auf wissenschaftlich fundierten Kriterien wird in dieser Arbeit ein Softwaremodul entworfen. Die Herangehensweise an die Problematik des Entwurfs soll im Folgenden kurz skizziert werden.

Das für das Verständnis der Arbeit benötigte Wissen sowie ein Einstieg in die Branche wird in Kapitel 2 gegeben. Es werden Begrifflichkeiten voneinander abgegrenzt und elementare Definitionen erläutert.

Im Zentrum der Kapitel 3 und 4 steht die Vorstellung (Kap. 3) und Überprüfung erfolgreich praktizierter Modelle des Qualitätsmanagements auf ihre Eignung für telefonische Dienstleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der Betrachtung der in den Modellen definierten Qualitätsparameter und deren praktische Anwendbarkeit auf das Szenario Telefonstudio (Kap. 4.1). Im Folgenden wird ein geeignetes Modell als Grundlage für den späteren Entwurf ausgewählt, im Detail erörtert und verfeinert. Die fundiert erhobenen Qualitätskriterien werden definiert (Kap. 4.2).

Kapitel 5 setzt den Fokus auf den Entwurf der Applikation. Die Ergebnisse aus Kapitel 4.2 werden auf ihre fachliche und technische Umsetzbarkeit und somit auf ihre Eignung zur Erfassung und Sicherung von Qualität geprüft (Kap. 5.1). Daraus resultieren wissenschaftlich basierte Kennziffern für die Erhebung von Qualität im Telefonstudio (Kap. 5.2). Der Erfassungsprozess, in den sich das zu entwerfende Qualitätssicherungs-Modul im Unternehmen eingliedert und den es unterstützt, wird in Kapitel 5.3 dargestellt. Im Folgenden werden Anforderungen an die Anwendung formuliert (Kap. 5.4) und die Komponenten des Interviewer Management Systems MR Orga Suite und des zu integrierenden Moduls mit ihren Schnittstellen modelliert (Kap. 5.5). Die zur Verfügung stehende grafische Benutzeroberfläche mit den zu implementierenden Masken wird in Kapitel 5.6 definiert und erörtert. Abschließend werden die Möglichkeiten zur Auswertung erhobener Qualitätskriterien erläutert (Kap. 5.7).

In Kapitel 6 werden die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst und es wird ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen und Einsatzgebiete gegeben.

2 Grundlagen

Das Kapitel 2 stellt auf der fachlichen Seite die elementaren Begriffe „Call Center“, „Telefonstudio“, „Telefonische Dienstleistung“ und „Qualität von Dienstleistung“ dar und vermittelt grundlegendes Wissen zum Verständnis dieser Arbeit. Hierzu werden die Termini Call Center und Telefonstudio definiert und voneinander abgegrenzt. Die Begriffe Marktforschung und Telefonische Dienstleistung werden erläutert und themenspezifisch eingeordnet. Eine Einführung in Qualität von Dienstleistung wird gegeben. Das Thema wird später (Kap. 3) aufgegriffen und spezialisiert. Dort werden verschiedene Modelle des Qualitätsmanagements beschrieben und anhand ihrer Merkmale auf die Verwendbarkeit bei Dienstleistungen, insbesondere der Marktforschung, untersucht. In technischer Hinsicht wird auf bereits am Markt existierende Problemlösungen Bezug genommen. Das Interviewer Management System „MR Orga Suite“ (MROS) der in Dortmund ansässigen Firma run-e GmbH & Co. KG wird in diesem Zusammenhang näher betrachtet. Der vorliegende Softwareentwurf soll als Erweiterung der Anwendung umgesetzt und zukünftig als lizenzierbares Modul vertrieben werden.

2.1 Marktforschung

Das Wissen um Kundenpräferenzen ist ein wichtiges Kriterium für unternehmens- politische Entscheidungen; während einer Rezession sogar noch bedeutender als während eines wirtschaftlichen Booms.

„Marktforschung ist ein wesentliches Werkzeug des Marketings und beinhaltet die zielgerichtete, systematische und nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Beschaffung und Analyse von Informationen und Daten als Grundlage beschaffungs- und absatzpolitischer Entscheidungen“ [AegMa08]. Aegidius definiert die „Meinungsforschung“ als eine Nachbardisziplin der Marktforschung. Die Demoskopie untersucht „die Einstellungen und Stimmungen der Bevölkerung hinsichtlich ökonomischer, politischer, kultureller und sonstiger Themen“. Überschneidungen zur Marktforschung können bestehen [AegMe08].

Die Marktforschung kann hauptsächlich in primäre und sekundäre Marktforschung unterteilt werden. In der Primärforschung werden die Erkenntnisse aus erstmaligen Untersuchungen und Befragungen von Marktteilnehmern gewonnen. Die Sekundärforschung greift auf bereits erhobene Daten zurück und führt weitere Analysen und Auswertungen durch. Die Erhebung von Daten der Primärforschung kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen. Die Erfassungsmethoden lassen sich in qualitative und quantitative Methoden unterteilen. Den qualitativen Methoden werden z. B. Tiefeninterviews, Gruppendiskussionen und Workshops zugerechnet. Die Analyse und Auswertung dieser kleinen Stichprobe erfolgt anhand mitgeschnittener Video- und Tonaufnahmen. Als quantitative Methoden werden alle Erhebungsverfahren bezeichnet, in denen für eine Stichprobe eine größere Anzahl von Personen befragt wird. Häufige Vertreter sind Markt- und Meinungsumfragen, Telefonumfragen und große Teststudios. Durch den rasanten Fortschritt in der IT- Branche und die damit möglichen automatisierten Auswertungen kommt es mittlerweile oft zu Überschneidungen von qualitativen und quantitativen Methoden [Wikip08]. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal können die am Markt tätigen Unternehmen nach betrieblichen und institutionellen Marktforschern kategorisiert werden. Betriebliche Marktforscher sind meist als eigene Abteilungen innerhalb eines Unternehmens eines beliebigen Geschäftsfeldes organisiert und unterstützen das Marketing und den Vertrieb des Unternehmens mit eigens erfassten Forschungsdaten. Unter Institutsmarktforschern versteht man Unternehmen, die als Hauptgeschäftsfeld die Marktforschung betreiben [AegIn08]. Diese sind häufig als spezialisierte Dienstleister mit Branchen-Know-How oder für andere Markt- forschungsunternehmen aufgestellt.

In dieser Arbeit werden unter „Marktforschern“ beliebig organisierte Unternehmen mit mindestens einer marktforschenden Abteilung und einem Fokus auf Computer unterstützte Telefonbefragungen (Computer Assisted Telephone Interview [CATI]) verstanden.

2.2 Telefonische Dienstleistungen

Im Laufe der letzten zehn Jahre stieg die Bedeutung telefonischer Dienstleistungen für die Marktforschung sprunghaft an. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der technologische Fortschritt (ISDN, VoIP, Internet) größere Möglichkeiten für Interaktionen mit Kunden bietet. Gleichzeitig ist das Telefon seit seiner Erfindung im Jahre 1877 das älteste und verbreitetste Kommunikationsmedium weltweit und profitiert weiterhin von den höchsten Zuwachsraten durch fallende Gesamtkosten.

Unter „Dienstleistung“ soll in dieser Arbeit jegliche Art von telefonischer Dienstleistung verstanden werden, die von einem Marktforscher durch ein Telefonstudio (Kap. 2.3) angeboten wird.

2.3 Call Center und Telefonstudio

Das Call Center kann historisch gesehen zwischen der Organisationseinheit Telefonzentrale (Weiterleiten von Anrufen) und dem strategischen Bereich des Kommunikations-Centers (multimediale Kundenkommunikation) eingeordnet werden [Wienc97]. Da sich das Call Center aus der Idee der Telefonzentrale entwickelte, ist das Weiterleiten von Anrufen noch vielfach Bestandteil der Call Center-Leistungen.

Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Begriff Call Center in der Literatur nicht eindeutig definiert ist. So werden die Begriffe „Telefonzentrale“, „Hotline“, „Customer Care“, „Kundendienst“, „Bestellannahme“ oder „Telefonmarketing“ häufig synonym zu Call Center verwendet [HennH98]. Wiencke definiert ein Call Center als Organisationseinheit oder eigenständige Firma, die von Menschen geprägt wird [DurrW96] und deren Aufgabe ein serviceorientierter und telefonischer Dialog mit verschiedenen Gruppen (Kunden, Interessenten, Lieferanten, Händlern) unterschiedlichsten Anspruchs ist [Wienc97]. Read definiert Call Center in Anbetracht der technologischen Entwicklung der letzten Jahre wie folgt: „Call centers are where formal interactions and transactions such as information, service, support, sales, employee assistance, and emergency occur virtually, that is, not face-to-face“ [ReadB05]. In Anlehnung an Henn und die spezielle Themenausrichtung dieser Arbeit, soll der Begriff Call Center im Folgenden definiert werden als Organisationseinheit, deren Aufgabe darin besteht, einen serviceorientierten und effizienten, überwiegend telefonischen Dialog mit Kunden durch Einsatz von Informations- und Telekommunikationstechnologien unter Wahrung von qualitativen (z. B. Kundenzufriedenheit) und quantitativen Unternehmens- und Marketingzielen (z. B. Kostensenkung und Umsatzsteigerung) zu ermöglichen [HennH98]. Neben dem Telefon werden heutzutage auch die Medien Brief, Fax, Internet und eMail eingesetzt. Im Fokus dieser Arbeit sollen jedoch ausschließlich Call Center mit Schwerpunkt Telefonie betrachtet werden.

Abzugrenzen sind verschiedene Ausprägungsformen von Call Centern. Grund- sätzlich gibt es zwei verschiedene Erscheinungsformen. Üblicherweise wird dabei unterschieden zwischen passiven (inbound) und aktiven (outbound) Call Centern.

Als passiv werden alle zustande gekommenen Dienstleistungen betrachtet, bei denen der Kontakt vom Kunden aus initiiert wird. Für inbound konzipierte Call Center sind darauf ausgerichtet, ankommende Anrufe entgegenzunehmen und zu bedienen [Bodin96]. Diese am häufigsten vertretene Art der Call Center findet man üblicherweise bei Bestellannahmen, als Kunden- und Servicehotlines, Infotelefone und Help-Desks. Abhängig von den jeweiligen Ausprägungen des Inbound-Service kommt es zu einem mehr oder minder hohen Individualisierungsgrad der Dienstleistung.

Geht der Telefonkontakt für eine Leistung von einem Anbieter aus, wird von aktiver Dienstleistung gesprochen. Beispielhaft für diese Art der telefonischen Dienstleistung sind Verkaufsgespräche, die im Rahmen des Direkt-Marketing auch als Telefonmarketing bezeichnet werden [Bruns98]. Outbound orientierte Call Center stellen ebenfalls den am häufigsten anzutreffenden Typ in der Markt- und Meinungsforschung (Kap. 2.1) dar. Hierbei werden Personen von Interviewern telefonisch kontaktiert und nach ihren Prämissen befragt. Gerade in der telefonischen Marktforschung sind für die Nutzung von persönlichen Daten weitere gesetzliche Bestimmungen (z. B. Datenschutz) zu beachten. Abzugrenzen sind zudem unternehmensinterne und fremd vergebene Call Center. Da Kunden aufgrund des nicht vorhandenen persönlichen Sichtkontaktes (Face-To-Face) nur schwer erfahren, ob es sich um ein unternehmenseigenes oder extern geführtes (Outsourcing) Call Center handelt, wird im folgenden hierbei keine Unterscheidung gemacht..

Eine Voraussetzung dieser Arbeit ist der Einsatz und die Unterstützung der Call Center Agenten durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien. Grundlegend hierbei ist vor allem die Nutzung eines CATI-Systems.

In dieser Arbeit soll als Telefonstudio ein unternehmenseigenes aktives Call Center definiert werden, dessen primäres Ziel die Marktforschung (Kap. 2.1) darstellt. Extern vergebene Call Center können durch ihre Betreiber äquivalent hinsichtlich der Qualität überprüft und gesichert werden.

Kunde des Marktforschungsunternehmens ist der eigentliche Auftraggeber der Forschung. Er ist an den Ergebnissen und Auswertungen der Befragung interessiert. Die Kommunikation (Auftragserteilung, Ergebnispräsentation etc.) erfolgt normalerweise direkt zwischen Kunde und Vertriebsabteilung oder dem Management. Die Mitarbeiter des Telefonstudios pflegen einen Kundenkontakt nur im Sinne der zu befragenden Personen oder als Schnittstelle zur Rekrutierung von Probanden (für Diskussionen, Tests etc.), nicht aber mit dem eigentlichen Auftraggeber des Marktforschers.

Als Kunde des Telefonstudios soll deshalb in dieser Arbeit die vom Interviewer zu befragende Person verstanden werden, die bestimmte Leistungen gegen Vergütung oder unentgeltlich erbringt und mit der telefonisch in Kontakt getreten wird.

2.4 Qualität von Dienstleistungen

Das Ergebnis einer telefonischen Dienstleistung ist immateriell, da sie nicht anhand objektiver Kriterien beurteilt werden kann.

Spätestens seit der Veröffentlichung der PIMS-Studie des Strategic Planning Institute steht die besondere Bedeutung von Qualität im Unternehmen fest. Die Qualität wirkt direkt auf die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Die Studie zeigt die Bedeutung der von Kunden wahrgenommenen, relativen Qualität [Buzze89]. Es zeigt sich, dass eine Qualitätsorientierung auch deswegen notwendig ist, um Kundenabwanderung durch Unzufriedenheit zu vermeiden und gleichzeitig die Kosten der Neukundenakquise zu senken. Diese Qualitätsorientierung gilt branchenübergreifend, durch die interne Organisation der Unternehmen jedoch insbesondere für Call Center und Telefonstudios. Der Dialog am Telefon ist hier der einzige persönliche Kontakt zwischen Kunde und Unternehmen. Somit setzen Kunden (bei Telefonstudios befragte Personen, die Ihre Einwilligung zur Nutzung ihrer Daten gegeben haben) die Qualität des Unternehmens mit der Leistung der Person am Telefon gleich. Qualität definiert sich im Telefonstudio demnach nicht durch anbieterorientierte, wie technische und objektive Merkmale, sondern vielmehr steht sie aus Sicht des Angerufenen im Vordergrund. Qualität setzt sich aus subjektiven bzw. individuell erfahrenen Kriterien und Merkmalen zusammen.

Zusammenfassend wird Qualität von Dienstleistungen in Anlehnung an Bruhn definiert als „die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung [...] (in diesem Fall Telefonstudio) aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmale von Dienstleistungen, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden“ [Bruhn96]. Das Niveau der Dienstleistungsqualität bestimmt sich somit aus der Differenz zwischen Erwartungen und Wahrnehmung der von einem Telefonstudio befragten Personen. Die Operationalisierung der so beschriebenen Dienstleistungsqualität anhand von bestimmten Merkmalen steht im Vordergrund dieser Arbeit. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass zurzeit verfügbare Literatur über Call Center und Telefonstudios hier kaum Informations- grundlagen bietet.

2.5 Das Interviewer Management System „MR Orga Suite“

Die run-e GmbH & Co. KG mit Hauptsitz im westfälischen Dortmund ist ein auf Prozessoptimierung spezialisierter IT Dienstleister. Seit 2002 entwickelt das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Marktforschern spezielle Branchenlösungen. Zu den Kunden der run-e gehören Unternehmen wie „Ipsos“, „DT&P international“, „Produkt + Markt“ und „forum!“ [runRe08]. In 2008 expandierte run-e und eröffnete eine Niederlassung in München. Durch die kürzlich abgeschlossenen Kooperations- vereinbarung mit Voxco, einem der weltweit führenden Anbieter von CATI- Lösungen, drängt run-e nun auch auf den internationalen Markt.

CATI-Systeme sind komplexe Softwaresysteme zur Steuerung und Optimierung von telefonischen Befragungen (Abb. 1). Computergestützt können Fragebögen einfach erstellt und intelligent ausgewertet werden [Buchw02]. Aktuelle CATI-Systeme beherrschen neben der Fragebogenerstellung für telefonische Interviews auch webfähige Fragebögen, eigene Programmier- bzw. Skriptsprachen zur Erstellung, eine Interviewerverwaltung sowie erweiterte Möglichkeiten zur Auswertung der abgeschlossenen Befragung (z. B. Con Joint Analysen). Die weltweit wichtigsten Vertreter von CATI-Systemen sind SPSS Dimension, Voxco Command Center, sowie Sawtooth WinCATI. Am Markt existiert hierüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Systeme.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispiel der Fragebogensteuerung durch CATI

Quelle: Buchwald 2002

Das Portfolio der run-e GmbH & Co. KG umfasst drei Branchenprodukte, die ständig weiterentwickelt werden [runPo08]. Die Anwendungen basieren auf Sun Java WebStart Technologie und sind direkt an eine SQL basierende Datenbank (Microsoft SQL oder Oracle) angebunden. Den interessierten Kunden unterstützt ein dynamisches Verwaltungssystem für Testpersonen und Bewerber „ProbandenDB“ ebenso, wie ein lernendes Projektmanagementsystem inklusive Angebots- verwaltung mit dem Namen „Project Suite“.

Für die zugrunde liegende Arbeit ist das Interviewer Management System „MR Orga Suite“ von besonderem Interesse. Die Anwendung unterstützt Marktforscher, speziell im CATI-Bereich, bei anfallenden organisatorischen Aufgaben. Die Applikation ist modular aufgebaut.

Zu den Aufgaben des Supervisors im Telefonstudio zählen vor allem die Mitarbeitermotivation, Schulungen, Qualitätskontrollen (z. B. durch Mithören von Interviews), Coaching und Weitergabe von Feedback an die Mitarbeiter. Das Management Modul „MR Studio Orga“ enthält für den Studioleiter oder den Supervisor folgende Funktionen:

- Mitarbeiter-Stammdatenpflege
- Projektverwaltung
- Interviewer-Einsatzplanung über Schicht- und Kapazitätenplan
- Planung von Rekrutierungen (Einzelinterviews und Gruppendiskussionen)

Die Mitarbeiter der Buchhaltung oder Personalabteilung können neben der Stammdatenpflege auch über die integrierte Interviewerabrechnung die Agenten nach folgenden Kriterien abrechnen:

- Tages-, Wochen- und Monatsabrechnung
- Projektabrechnung

Zu den für die Exekutive bestehenden Möglichkeiten der Echtzeitabfrage von Unternehmenszahlen zählen:

- Projektreport
- Zeitenreport
- Studien- und Studienkostenanalyse
- Mitarbeiterperformance
- Customized MIS Reports

Die Projektarbeitszeiten der Interviewer werden automatisch im Modul „MR Agent Orga“ erfasst. Diese werden, sofern verfügbar, direkt mit den Telefon- und Interviewdaten aus dem CATI-System abgeglichen und können über o. g. Reporte in Echtzeit abgefragt und ausgewertet werden. Durch die Anbindung an viele gängige CATI-Systeme ist die Software einzigartig auf dem deutschen Markt. Sie verbindet den operativen Teil der Marktforschung (speziell von Telefonstudios) mit den Daten aus der CATI-Software (Interviews, Calls, Dauer, Kosten, Dispositions Codes, etc.).

Mit Hilfe der MROS konnten bis heute viele Unternehmen ihre Prozesse optimieren und den Zeitaufwand für Organisationstätigkeiten verringern. So fallen z. B. für die Abrechnung der Interviewer in einem Telefonstudio nur noch wenige Minuten an, wohingegen vor Einsatz der Applikation oft mehrere Mitarbeiter pro Monat mehrere Tage mit der Erstellung der Interviewerabrechnung befasst waren.

Die vorliegende Arbeit beschreibt den Entwurf eines Erweiterungsmoduls für die MR Studio Orga, das an die Mitarbeiter-Stammdatenverwaltung (Abb. 2) angebunden ist und diese um standardisierte Qualitätsmerkmale und Auswertungsmöglichkeiten erweitert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: MR Studio Orga – Mitarbeiter Stammdaten

Quelle: run-e GmbH & Co. KG 2009

2.6 Stand der Technik

Zunächst bleibt festzuhalten, dass speziell für Dienstleistungen in Telefonstudios bislang kein empirisch fundierter, allgemeingültiger Ansatz der Messung von Dienstleistungsqualität vorliegt. Beinahe alle Autoren der in dieser Arbeit verwendeten wissenschaftlichen Publikationen (diese beziehen sich allesamt auf Call Center) machen jedoch deutlich, dass der Qualität ein großer Stellenwert zukommt [ReadB05]. Wie sich Qualität in Call Centern darstellt oder wie sie zu messen ist, lassen sie hingegen offen. Die Gründe hierfür finden sich vor allem darin, dass sich bei Call Centern die Messung der Quantität verhältnismäßig unproblematisch darstellt, während die Qualität nur schwer zu messen ist [Maler98]. In der zurzeit verfügbaren Literatur wird ausnahmslos das Call Center zum Thema der Untersuchung gemacht. Gegenstand dieser Arbeit stellt jedoch das Telefonstudio dar, das eine Spezialisierung mit weitreichenden Auswirkungen darstellt.

Eine in 2008 von run-e beauftragte, bei zwölf Kunden verschiedener Größen- ordnung durchgeführte, nicht repräsentative, telefonische Befragung (Abb. 3), zeigte auf, dass nur ein Drittel der befragten Unternehmen überhaupt eine Art von dauerhafter Qualitätsaufnahme durchführt. Häufig werden zwar Interviews mitgehört, die Daten hierzu jedoch nicht erfasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Qualitätserfassung anhand der CATI-Studio Größe

Die für die Erhebung verwendeten Hilfsmittel reichten bei den größeren und großen Telefonstudios von Microsoft Excel und Microsoft Access bis hin zu papierbasierenden Aufzeichnungen bei kleinen Studios. Die Befragung verdeutlichte jedoch auch, dass die Unternehmensgröße kein Indiz für Qualitätssicherung ist. Von zwei befragten Telefonstudios mit mehr als 100 CATI-Stationen verfügte nur eines über ein geeignetes Tool. Gerade bei den im mittleren Segment positionierten Studios der Größenordnung bis 60 CATI-Plätzen ist ein Erfassen der Qualität nur eingeschränkt zu beobachten. Ein Nebenaspekt der Befragung war die Zustimmung von mehr als 90 Prozent der Befragten, dass eine Qualitätssicherung im Telefonstudio auch aus ihrer Sicht notwendig und in Zukunft die Anschaffung einer unterstützenden Anwendung geplant sei.

3 Qualitätsmanagement im Dienstleistungssektor

„Qualitätsmanagement“ beschäftigt sich mit dem Erreichen von Qualität. So definiert die DIN EN ISO 8404 Qualitätsmanagement als „alle Tätigkeiten des Gesamt- managements, die im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems die Qualitäts- politik, die Ziele und Verantwortlichkeiten festlegen, sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung verwirklichen“ [DINQM95]. Dem Qualitätsmanagement (QM) wird somit eine Führungsaufgabe zugewiesen, die durch den Begriff Qualitätspolitik einen hochrangigen Stellenwert erhält und genauso wie die Personal-, Finanz-, Vertriebs- und Einkaufspolitik eine strategische Komponente der Unternehmenspolitik darstellt. Abbildung 4 zeigt die Funktionen des Qualitätsmanagements, mit denen die Festlegungen der Qualitätspolitik zur Ausführung gebracht werden sollen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Funktionen des Qualitätsmanagements

Als acht Grundsätze des Qualitätsmanagements werden in der Norm DIN EN ISO 9000:2000 folgende Stichpunkte genannt:

- Kundenorientierung
- Führung
- Einbeziehung der Personen
- Prozessorientierter Ansatz
- Systemorientierter Ansatz
- Ständige Verbesserung
- Sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung
- Lieferantenbeziehung zum gegenseitigen Nutzen

Übertragen auf Dienstleistungen hat sich das Qualitätsmanagement als Teilaspekt des Managements mit der Planung der Qualität im Telefonstudio auseinander- zusetzen. Auf der anderen Seite lenkt und prüft es diese, um schließlich die angestrebten Qualitätsziele zu erreichen.

Somit spielt neben der Qualitätsplanung die Qualitätslenkung, die Qualitätsprüfung und die Qualitätsverbesserung bei telefonischen Dienstleistungen im Telefonstudio eine wichtige Rolle.

Ziel dieser Arbeit ist es, Dimensionen der Qualität von Dienstleistungen im Telefonstudio zu entwickeln. Um im Rahmen eines Qualitätsmanagements steuernd auf das Qualitätsniveau von Telefonstudio-Dienstleistungen einwirken zu können, ist es erforderlich die relevanten Teileigenschaften der Dienstleistungsqualität möglichst vollständig zu kennen. Zusätzlich muss geklärt werden, wie diese beeinflusst werden können, um die Qualität im Telefonstudio steigern zu können. Die Operationalisierung der Qualität stellt dabei die Grundlage der Messung der Qualität dar. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit liegt ein erstes Teilziel somit darin, aus einer Vielzahl vorliegender Möglichkeiten zur Operationalisierung der Qualität von Telefonstudio-Dienstleistungen diejenigen auszuwählen, die für die Darstellung der Qualität besonders geeignet sind. Die ausgewählten Parameter werden anschließend auf ihre Eignung zur Modellierung überprüft und ggf. für den Untersuchungszweck modifiziert.

3.1 Total Quality Management

„TQM ist eine auf Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beruhende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt“ [DINTQ95].

Total Quality Management (TQM) ist demnach ein fortgeschrittenes Konzept zur Steuerung und Bewertung von Qualität. Es ist eine auf Mitwirkung aller Mitglieder ausgelegte Führungsmethode, die Qualität in den Mittelpunkt stellt. TQM dominiert alle Managementaktivitäten [Bruhn98] und macht Qualität zum wichtigsten Erfolgsfaktor des Unternehmens [Staus94]. Qualitätsmanagement, das auf dem Konzept von TQM beruht, kann in diesem Verständnis als ein unternehmerischer Kernprozess gesehen werden. Demnach ist Qualität nicht nur ein Ziel, sondern vielmehr ein dauerhafter Prozess. Qualität ist kein Resultat, sondern Aktionsparameter [Staus94]. Eine einheitliche Definition für die Bestandteile des TQM gibt es nicht, da „es sich hierbei nicht um ein eindeutiges Theoriegebäude handelt, […] sondern TQM vielmehr ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Konzepten, Philosophien, Merkmalen, Methoden, Instrumenten, Techniken oder Prinzipien des Qualitätsmanagements darstellt“ [Binne02].

Bei der Einführung von Total Quality Management spielt die Unternehmensführung eine entscheidende Rolle. Es muss ein Qualitätssystem integriert werden, das eine „Organisationsstruktur, Verantwortungen, Verfahren, Prozesse und die erforderlichen Mittel für die Verwirklichung des Qualitätsmanagements“ [Binne02] festlegt. Durch aktives Vorleben der Prinzipien wird eine Unternehmenskultur geschaffen, die sämtliche Mitarbeiter motiviert an der Qualitätsverbesserung zu partizipieren. Die Durchsetzung der Qualitätsstrategie von der Spitze des Unternehmens bis zum einzelnen Arbeiter wird als Top-to-Bottom Ansatz bezeichnet. Die große Schwierigkeit hierbei ist, die Kommunikation der Qualitätsziele durch die komplette Organisation zu gewährleisten.

Für die Umsetzung von TQM existieren viele Ideen und Methoden (vgl. Abb. 5). So spielt aus der Historie des Total Quality Managements heraus das japanische „Kai Zen“ (jap.: Veränderung zum Besseren) eine wichtige Rolle. „Die Botschaft von Kaizen heißt, es soll kein Tag ohne irgendeine Verbesserung im Unternehmen vergehen“ [ImaiM92]. Den größten Unterschied zu den westlichen Managementkonzepten beschreibt Imai in seinem Buch folgendermaßen:

„Japanisches Kaizen und die damit verbundene prozessorientierte Art zu denken gegenüber dem westlichen innovations- und ergebnisorientierten Denken.“ Eine weitere, in letzter Zeit mehr an Bedeutung gewinnende Idee ist der Six Sigma Weg.

„Six Sigma is not a business fad tied to a single method or strategy, but rather a flexible system for improved business leadership and performance. It builds on many of the most important management ideas and best practices of the past century, creating a new formula for 21st-century business success. It’s not about theory, it’s about action“ [Pande00]. Hierbei werden verschiedene bewährte Methoden zusammengefasst, um das TQM zu verwirklichen.

In Abbildung 5 sind die wichtigsten Methoden und Strategien zusammengefasst, auf die eine Implementierung der Philosophie des Total Quality Managements in einem Unternehmen aufbauen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Implementierung von Total Quality Management

Auf das Telefonstudio übertragen, determiniert Total Quality Management alle Strukturen, Abläufe, Vorschriften, Regeln, Anweisungen und Maßnahmen, die dazu dienen, die Qualität der Leistung des Telefonstudios in allen Funktionen durch das Mitwirken aller beteiligten Mitarbeiter (Interviewer, Supervisoren, Management) zu gewährleisten und dauerhaft zu verbessern.

3.2 Qualitätsmodelle

Um die Planung und Steuerung der Qualität in Management- und Controlling- prozessen sicherzustellen, ist eine Qualitätskonzeption zugrunde zu legen bzw. zu entwickeln.

Die nachfolgenden Kapitel enthalten existierende und erprobte Modelle. Einerseits stützen sie sich auf Quality Awards, die jedes Jahr für herausragende Leistungen im Qualitätsmanagement vergeben werden. Andererseits werden auch zwei unabhängig entwickelte Modelle vorgestellt, die speziell an Dienstleistungen ausgerichtet sind. Hierzu zählt z. B. eines der wenigen empirisch fundierten Qualitätsmodelle von Parasuraman, Zeithaml und Berry (Kap. 3.2.4).

3.2.1 Deming Price

Der Deming Price (DP), benannt nach William Edwards Deming, ist auf unternehmensweite Qualitätsanstrengungen, auf ständige Verbesserungen und die Einführung von so genannten Qualitätszirkeln eingerichtet. Deming führte in den 1950er Jahren in Japan Seminare zum Thema Qualitätsmanagement durch. Der Preis wird regelmäßig an in Japan ansässige Unternehmen vergeben, die bezüglich ihrer Unternehmensziele beachtenswerte Leistungen erreichten, indem sie TQM in der für sie besten Art und Weise anwendeten.

Beim DP existieren keine niedergelegten Kriterien, die erfüllt werden müssen, um herausragendes Qualitätsmanagement zu betreiben. Der Preis wird vielmehr für die Entwicklung individueller und neuer Qualitätsansätze vergeben. Das untersuchte Unternehmen muss den Prüfern eigene Methoden des QM vorstellen und Verbesserungsbeispiele aufzeigen. Das japanische Verständnis sieht im Festlegen von starren Kriterien eher die Gefahr des Standardisierens und ein Ignorieren von Kreativität einzelner Unternehmen [Boute98].

3.2.2 Malcolm Baldrige National Quality Award

Das Konzept des Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA) drückt das Verständnis von TQM in konkreten Termen aus [Staus96]. Die Gewinner sind Musterbeispiele für erfolgreiches, kundenorientiertes Qualitätsmanagement in den USA. Gefördert wird das Programm vom amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST). Das Modell basiert auf einem umfassenden Verständnis von Qualität. Die einzelnen Kriterien beruhen auf Grundprinzipien, die als die Säulen des Qualitätsmanagements angesehen werden können [Nakha94]. Diese Grundprinzipien und der differenzierte Kriterienkatalog mit den zusätzlich angegebenen Erläuterungen in den Bewerbungsunterlagen geben Hinweise für Managementaktivitäten in allen wesentlichen Bereichen der unternehmensweiten Qualitätspolitik [Staus97]. Somit können die Beurteilungskriterien auch als interner Leitfaden für Qualitätsbemühungen dienen. Auf diese Weise bietet der Ansatz ein praktikables Managementkonzept. Alle MBNQA Kriterien sind auch auf Dienstleister anwendbar. Das zurzeit aktuelle Modell besteht aus den folgenden sieben Hauptkriterien, die für eine Beurteilung von der Jury herangezogen und genauer untersucht werden (Abb. 6):

- Leadership
- Strategic Planning
- Customer and Market Focus
- Information and Analysis
- Human Resource Focus
- Process Management
- Business Results

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Das MBNQA-Modell

Quelle: National Institute of Standards and Technology,

U.S. Department of Commerce 2005

Jedes Hauptkriterium wird in weitere Unterkriterien aufgesplittet. Im Kontext des zu untersuchenden Themas ist vor allem die Kategorie „Human Resource Focus“ mit dem Parameter „Employee Well-Beeing and Satisfaction“ zu betrachten. Hier werden Unterkategorien, z. B. die Aktivitäten von Managern, die auf Mitarbeiterzufriedenheit zielen, betrachtet.

3.2.3 European Quality Award

Der European Quality Award (EQA), verliehen durch die European Foundation for Quality Management (EFQM) mit Sitz in Brüssel, ähnelt in seinen Bewertungs- kriterien denen des amerikanischen MBNQA. Auch ihm liegt die Idee einer umfassenden, unternehmensweiten Qualitätskonzeption und einer ganz auf den Kunden ausgerichteten Philosophie des Unternehmens zugrunde [Staus94]. Ziel des EQA ist ebenso die Identifikation von Unternehmen, die als Vorbild in Bezug auf TQM gelten. Der Zweck des Qualitätsmodells ist die Festlegung und Förderung von „Business Excellence“. Die Bedeutung des Preises liegt nicht allein in der Verleihung. Der Nutzen zeigt sich dem Bewerber bereits weitaus früher während des Bewerbungsprozesses. Durch Umsetzung der zugrunde liegenden Bewerbungskriterien im Unternehmen wird die Unternehmenskultur auf der definierten Basis des Preises zum Total Quality Management hingeführt. Die gesamte Ablauf- und Aufbauorganisation wird beeinflusst [Staus94]. Der Aufbau des Modells beruht auf Enablers- und Results-Kriterien und dem Input-Throughput- Output-Ansatz: Die Enabler liefern den strukturellen und humanen Input, der über Prozesse transformiert wird, um so ein Ergebnis zu erzielen, bei dem auch wesentliche Stakeholder einbezogen sind [Boute98]. Unter Enablers werden im Allgemeinen Handlungen und Faktoren bezeichnet, die ein bestimmtes Resultat (hier Qualität) erst ermöglichen. Im ISS-Modell (Kap. 3.2.5) werden Enablers als Erfolgsfaktoren bezeichnet.

Das in Abbildung 7 dargestellte Modell hebt neun Kriterien mit Angabe der Gewichtung hervor, aus denen insgesamt mehr als 200 Ansatzpunkte hervorgehen:

- Leadership
- People
- Policy & Strategy
- Partnerships & Resources
- Processes
- People Results
- Customer Results
- Society Results
- Key Performance Results

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Das EQA-Modell

Quelle: European Foundation for Quality Management 2003

Hinter dem Modell steht der Grundsatz, dass Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, sowie positive gesellschaftliche Effekte durch ein Managementkonzept erzielt werden, dass durch spezifische Politik und Strategie, geeignete Mitarbeiter- orientierung und dem Management der Ressourcen und Prozesse zu herausragenden Geschäftsergebnissen führt. Das EQA kann auf ganze Organisationen, ebenso wie auf einzelne Bereiche selbiger angewendet werden. Die Selbstbewertung anhand der EFQM Standards ermöglicht es, Stärken des Unternehmens zu identifizieren und Bereiche, in denen Verbesserungen sinnvoll und notwendig sind, zu sehen [WolfG96].

3.2.4 Service Quality (SERVQUAL)

Das empirisch fundierte Qualitätsmodell Service Quality (SERVQUAL), entwickelt und beschrieben in den 1980er Jahren von Parasuraman, Zeithaml und Berry [Paras86], basiert auf der Annahme, dass Qualität ein subjektives Urteil und abhängig von den persönlichen Wahrnehmungen des Nachfragers ist. Die Qualität wird in diesem Ansatz als globales einstellungsähnliches Konstrukt gesehen, dass aus der Differenz von erwarteter und erlebter Leistung resultiert. Zur Messung wurden Bewertungskriterien der Dienstleistungsqualität aus Kundensicht aufgestellt. Abbildung 8 zeigt die im SERVQUAL-Modell beschriebenen Dimensionen, die zur Erreichung von Qualität beachtet werden müssen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 96 Seiten

Details

Titel
Entwurf einer EDV gestützten Qualitätssicherung für marktforschende Telefonstudios
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
96
Katalognummer
V124741
ISBN (eBook)
9783640298570
ISBN (Buch)
9783640303731
Dateigröße
1732 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marktforschung, Telefonstudio, Qualitätssicherung, MR Orga Suite, Dienstleistung, Qualitätsmanagement, Qualitätsmodelle, Organisation, Interviewer, Mitarbeiter, Meinungsforschung, CATI, CAPI, run-e, Management, Beurteilung, Qualität, Studio, Teststudio, Rekrutierer, Servicequalität, Telemarketing, Telefonmarketing, Qualitätskontrolle
Arbeit zitieren
Oliver Bischof (Autor:in), 2009, Entwurf einer EDV gestützten Qualitätssicherung für marktforschende Telefonstudios, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124741

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