Die Einnahmen-Überschussrechnung wurde als erleichternde Alternative der Gewinnermittlung zum Betriebsvermögensvergleich im Jahre 1925 eingeführt. In der damaligen Gesetzesbegründung heißt es, dass die Möglichkeit als Basis für die Gewinnermittlung
lediglich den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu nehmen, bei vielen Steuerpflichtigen oder auch ganzen Berufsgruppen genutzt wird, so von Kleingewerbetreibenden oder Freiberuflern.
Dieser Vereinfachungsgedanke steht heute auch noch im Vordergrund, so wie es in den Pressemitteilungen zu dem Referentenentwurf und dem Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts zu lesen ist. Im Rahmen der Befreiungsvorschrift des § 241a HGB-E wird einigen Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, statt des aufwendigeren Betriebsvermögensvergleiches die Einnahmen-
Überschussrechnung als Gewinnermittlungsart zu wählen. Diese Arbeit stellt die beiden Gewinnerermittlungsarten im Vergleich dar, zeigt Problembereiche auf und geht auf die Neuerungen durch den § 241a HGB-E ein. Der folgende Abschnitt stellt die beiden Gewinnermittlungsarten Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschussrechnung gegenüber und arbeitet deren größten Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus.
Der dritte Abschnitt beinhaltet die Neuerungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes, speziell durch den § 241a HGB-E in Bezug auf den ermöglichten Wechsel der Gewinnermittlungsart. Abschnitt vier weist auf Besonderheiten und mögliche Problembereiche hin, die mit der Wahl oder dem Wechsel der Gewinnermittlungsart und dem § 241a HGB-E einhergehen. Diese Seminararbeit schließt mit einem Fazit und einem kritischem Ausblick.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Gewinnermittlungsarten
2.1 Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 EStG
2.1.1 Persönlicher Anwendungsbereich
2.1.2 Gewinnbegriff
2.1.3 Behandlung von Geschäftsvorfällen
2.2 Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
2.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich
2.2.2 Gewinnbegriff
2.2.3 Behandlung von Geschäftsvorfällen
2.3 Weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten
3. Neuerungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
3.1§ 241a HGB-E als Deregulierungsmaßnahme
3.1.1 Persönlicher Anwendungsbereich
3.1.2 Inhalt
3.1.3 Auswirkungen und Relevanz
3.2 Stellungnahmen zum § 241a HGB-E
4. Steuerliche Vorteilhaftigkeit undProblembereiche
4.1 Wahl der Gewinnermittlungsart
4.1.1 Endgültigkeit und Zeitpunkt der Wahl
4.1.2 Gewinnschätzung
4.2 Wechsel der Gewinnermittlungsart
4.3 Mögliche Probleme des §241a HGB-E
5. Fazit und kritischer Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Beispiel für die Bildung eines antizipativen Postens
Tab. 2: Beispiel für die Bildung einer sonstigen Verbindlichkeit
Tab. 3: Beispiel für die Behandlung möglicher Geschäftsvorfälle
Tab.4: Wichtige Unterschiede der Gewinnermittlungsarten
Tab. 5: Beispiele für Korrekturen bei Wechsel der Gewinnermittlungsart
1. Einleitung
Die Einnahmen-Überschussrechnung wurde als erleichternde Alternative der Gewinnermittlung zum Betriebsvermögensvergleich im Jahre 1925 eingeführt.1 In der damaligen Gesetzesbegründung heißt es, dass die Möglichkeit als Basis für die Gewinnermittlung lediglich den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu nehmen, bei vielen Steuerpflichtigen oder auch ganzen Berufsgruppen genutzt wird, so von Kleingewerben reibenden oder Freiberuflern.2 Dieser Vereinfachungsgedanke steht heute auch noch im Vordergrund, so wie es in den Pressemitteilungen zu dem Referentenentwurf und dem Regierungsentwurf zum Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts zu lesen ist.3 Im Rahmen der Befreiungsvorschrift des § 241a HGB-E wird einigen Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, statt des aufwendigeren Betriebsvermögensvergleiches die Einnahmen-Überschussrechnung als Gewinnermittlungsart zu wählen. Diese Arbeit stellt die beiden Gewinnerermittlungsarten im Vergleich dar, zeigt Problembereiche auf und geht auf die Neuerungen durch den §241a HGB-E ein.
Der folgende Abschnitt stellt die beiden Gewinnermittlungsarten Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschussrechnung gegenüber und arbeitet deren größten Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus. Der dritte Abschnitt beinhaltet die Neuerungen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes, speziell durch den § 241a HGB-E in Bezug auf den ermöglichten Wechsel der Gewinnermittlungsart. Abschnitt vier weist auf Besonderheiten und mögliche Problembereiche hin, die mit der Wahl oder dem Wechsel der Gewinnermittlungsart und dem § 241a HGB-E einhergehen. Diese Seminararbeit schließt mit einem Fazit und einem kritischem Ausblick.
2. Gewinnermittlungsarten
2.1 Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 EStG
2.1.1 Persönlicher Anwendungsbereich
Gewerbetreibende, die auf Basis eines anderen Gesetzes verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen4 oder dieses freiwillig tun, haben gern. § 140 ?? die gleichen Pflichten wie im Handelsrecht zu erfüllen, also u.a. auch die Buchführungspflicht und somit den steuerrechtlichen Gewinn mit Hilfe des Betriebsvermögensvergleiches nach § 5 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Es wird aufbauend auf der Handelsbilanz eine sog. derivative Steuerbilanz erstellt.5 Es kann für Gewerbetreibende, welche nicht zum Führen von Handelsbüchern verpflichtet sind, zu einer originären Buchführungspflicht6 und somit zur Pflichterstellung eines Betriebsvermögensvergleich7 kommen, wenn sie gem. § 141 Abs.1 Satz 1 Nr. 1, 4 ?? die Umsatzgrenze von 500.000 € im Kalenderjahr oder die Gewinngrenze von 50.000 € im Wirtschaftsjahr überschreiten.
Es besteht eine originäre steuerrechtliche Buchführungs- und Abschlusserstellungspflicht8 für Land- und Forstwirte, wenn diese die Wert- oder Gewinngrenzen des § 141 ?? überschreiten9 oder aber nach § 140 ?? aufgrund eines anderen Gesetzes zur Buchführung verpflichtet sind. Daraus folgt eine Pflicht zum Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG.10 Durch freiwilliges Führen von Büchern ist der Gewinn ebenfalls nach Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.11 Weitere Voraussetzung könnte ein Antrag nach § 13a EStG sein bzw. der Ausschluss der Möglichkeit der Gewinnermittlung nach § 13a EStG.12 Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbständiger Arbeit13, hier seien beispielhaft Freiberufler genannt, können uneingeschränkt14 zwischen den Gewinnermittlungsarten wählen.15
2.1.2 Gewinnbegrifî
Nach dem § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG wird als Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen den Betriebsvermögensständen zu Beginn und Schluss des Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen, vermindert um den Wert der Einlagen bezeichnet, also als Vermögens-Bestandsmehrung definiert.16 Zusätzlich kann der Gewinn auch durch die Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag in einer Gewinn- und Verlustrechnung nach § 242 Abs. 2 HGB i.V.m. §§ 275 ff. HGB ermittelt werden.17
In der Steuerlehre bilden die Wirtschaftsgüter das Betriebsvermögen. An einer expliziten Definition des Begriffes „Wirtschaftsgut“ mangelt es zwar im Steuerrecht, diese Lücke wird jedoch in vielen Urteilen geschlossen.18 So wird u.a. ein Bezug zum Vermögensgegenstandsbegriff im BGB vorgenommen.19 Einlagen werden gem. § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG als solche Wirtschaftsgüter definiert, welche der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat, während Betriebsentnahmen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG alle Wirtschaftsgüter sind, die der Steuerpflichtige im Laufe des Wirtschaftsjahres für betriebsfremde Zwecke aus dem Unternehmen entnommen hat.
Abhängig vom Nutzungsgrad im Betrieb wird zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen sowie dem notwendigen Privatvermögen unterschieden. Wirtschaftsgüter, welche ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke verwendet werden oder dazu bestimmt sind, sowie Wirtschaftsgüter -mit Ausnahme von Gebäuden und Grundstücken-, die zu mehr als 50% im Betrieb genutzt werden, sind gem. EStR R 4.2 Abs.1 Satz 1, 4 als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen. Besteht eine betriebliche Nutzung von 10% - 50%, kann das betreffende Wirtschaftsgut entweder anteilig oder vollumfänglich zum gewillkürten Betriebsvermögen gerechnet werden. Die Bildung des gewillkürten Betriebsvermögens muss jedoch betriebsdienlich20 und betrieb- lich veranlasst sein21. Werden Wirtschaftsgüter zu mehr als 90% im privaten Bereich genutzt, zählen sie gem. EStR R 4.2 Abs. 1 Satz 5 in vollem Umfang zum notwendigen Privatvermögen.
2.1.3 Behandlung von Geschäftsvorfällen
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG ist beim Betriebsvermögensvergleich das Betriebsvermögen anzusetzen, welches sich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ergibt. Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB sind Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahres unabhängig von der Vereinnahmung oder Verausgabung der entsprechenden Geldbeträge im Jahresabschluss des Geschäftsjahres, in dem sie anfallen, zu berücksichtigen. Es wird also auch bei Bilanzierenden im Steuerrecht auf die wirtschaftliche Verursachung abgestellt und nicht auf einen möglichen Zahlungsstrom.
Als Beispiel seien hier die antizipativen Posten gem. § 250 Abs. 1, 2 HGB bzw. § 5 Abs. 5 EStG genannt. Wenn ganz oder teilweise Ausgaben in das laufende Wirtschaftsjahr und der entsprechende Aufwand in das folgende Wirtschaftsjahr fallen, so muss auf der Aktivseite der Bilanz ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.22 Mietzahlungen oder Versicherungsprämien, die einmal jährlich anfallen, sind entsprechend ihrer Verursachung zwischen dem gewinnmindernden Aufwandsposten (Anteil im laufenden Wirtschaftsjahr) und dem aktiven, gewinnneutralen Rechnungsabgrenzungsposten (Anteil des folgenden Wirtschaftsjahres) aufzuteilen. Zu Beginn des neuen Wirtschaftsjahres wird der aktive Rechnungsabgrenzungsposten gewinnmindernd aufgelöst. Die folgende Tabelle zeigt ein Beispiel für die Bildung und Auflösung eines antizipativen Postens:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Beispiel für die Bildung eines antizipativen Postens. 23
Sollten Aufwand und Ausgaben bzw. Ertrag und Einnahmen in der Art auseinanderfallen, dass die Zahlungen erst im nächsten Wirtschaftsjahr erfolgen, während der Aufwand oder der Ertrag ganz oder teilweise im alten Wirtschaftsjahr anfällt, so ist dies gem. EStR R 5.6 Abs. 3 Satz 2 erfolgswirksam durch Bildung einer entsprechenden Forderung bzw. Verbindlichkeit zu berücksichtigen. Diese gesondert zu führenden „sonstigen Forderungen“ bzw. „sonstigen Verbindlichkeiten“ sind im nächsten Geschäftsjahr gewinnneutral aufzulösen. Die folgende Tabelle zeigt die Bildung und Auflösung einer „sonstigen Verbindlichkeit“:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Beispiel für die Bildung einer sonstigen Verbindlichkeit24.
2.2 Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
2.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich
Steuerpflichtige, welche nicht per Gesetz verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, sind gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG berechtigt, den Gewinn aus dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu bilden.
Hierzu zählen unter anderem auch Land- und Forstwirte, die weder eine originäre steuerliche Buchführungspflicht 25 noch eine derivative Verpflichtung26, abgeleitet aus dem Handelsrecht, zum Führen von Büchern und Erstellen von Abschlüssen haben 27. Im Einzelfall müsste ein Antrag gem. § 13a Abs. 2 EStG gestellt werden, damit es keine Verpflichtung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gibt. Gewerbliche Unternehmer gelten als nichtkaufmännische Kleingewerbetreibende, wenn sie nicht nach Handelsrecht verpflichtet sind, Bücher zu führen und sie auch nicht die Umsatz- und Gewinngrenzen des § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4 AO überschreiten. Ist dies der Fall und führen28 sie auch nicht freiwillig Bücher, können sie die Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) als Gewinnermittlungsart wählen.29 Personen mit steuerpflichtigen Einkünften aus selbständiger Arbeit zählen, wie bereits in Abschnitt 2.1.1. erwähnt, zu dem Personenkreis, dem ein Wahlrecht zugunsten der EÜR als Gewinnermittlungsart zusteht.
Es müssen zwar seitens des Steuerpflichtigen keine Bücher geführt werden, aber es bestehen weiterhin einige andere Aufzeichnungspflichten.30 Diese können einerseits auf einer abstrakten Regelung beruhen31 oder auch explizit im Gesetz genannt sein. Sie haben Beweisfunktion32 und dienen dem Steuerpflichtigen als Nachweis für bestimmte Aufwendungen oder Kosten. So ist etwa ein laufendes Verzeichnis über nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sowie bestimmte Güter des Umlaufvermö- gens zu führen33, um sicher zu stellen, dass auch nach längerem Verbleib im Unternehmen die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt werden.34 Es könnten auch verpflichtend Warenein- und ausgangsbücher (vgl. §§ 143, 144 AO) oder Aufzeichnungen über die Betriebseinnahmen zum Zwecke der Umsatzsteuerberechnung (vgl. § 22 UStG i.V.m. §§ 63 bis 68 UStDV)35 geführt werden.
2.2.2 Gewinnbegriff
Laut § 4 Abs.3 Satz 1 EStG wird als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben bezeichnet.36 Betriebsausgaben werden in § 4 Abs. 4 EStG als Aufwendungen bezeichnet, die durch den Betrieb veranlasst sind. An einer gesetzlichen Definition des Begriffes der Betriebseinnahmen im Rahmen der EÜR mangelt es. Im EStH H 4.7 ,, Betriebseinnahmen“ werden in Verbindung mit der Betriebsausgabendefinition des § 4 Abs. 4 EStG und der Einnahmendefinition für Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 Betriebseinnahmen als solche Zugänge definiert, die in Geld oder Geldeswert bestehen und betrieblich veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlassung gilt als gegeben, wenn nicht nur ein äußerlicher, sondern auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, etwa also Einnahmen im Rahmen der Geschäftstätigkeit oder Einnahmen das Betriebsvermögen betreffend erzielt werden. Es kommt nicht darauf an, ob die fragliche Einnahme Entgelt für eine betriebliche Leistung darstellt, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahme besteht oder ob eine freiwillige Zuwendung von Le- benden oder im Rahmen einer Erbschaft gegeben wurde.37
Jan Daniel Witten Wintersemester 2008/2009
Lange Zeit war es nicht zulässig, dass Einnahmen-Überschussrechner genauso wie Bilanzierende „gewillkürtes Betriebsvermögen“ bilden dürfen, da vermutet würde, es würde zu Gestaltungen kommen, dass gewinnträchtige Wirtschaftsgüter in den Privatbereich „verschoben“ werden, während Verlust bringende Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Bereich gelangen.38 Zum 2.10.2003 vollführte die Rechtssprechung einen Richtungswechsel und sieht es nun gesetzlich nicht mehr gerechtfertigt, warum die Gewinnermittlung nach EÜR der Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen entgegen stehen sollte.39 Es werden die gleichen Voraussetzungen wie beim Betriebsvermögensvergleich bzgl. der Zuordnung angesetzt40, genauso wie die Aufnahme des gewillkürten Betriebsvermögens in Bestandsverzeichnis zu Beweiszwecken41.
2.2.3 Behandlung von Geschäftsvorfällen
Im Rahmen der EÜR werden i.A. nur solche Geschäftsvorfälle erfasst bei denen ein Zahlungsstrom existiert. Gem. §11 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 EStG werden diese Einnahmen und Ausgaben nach dem sog. „Zu-/Abflussprinzip“ dem Kalenderjahr zugerechnet, indem diese erfolgten, unbeachtlich zu welchem Zeitpunkt sie wirtschaftlich verursacht wurden bzw. welchem Wirtschaftsjahr der entsprechende Aufwand bzw. Ertrag zugerechnet werden müsste.
Ausnahmen bzgl. des „Zu-/Abflussprinzips“ bilden z.B. die wiederkehrenden Zahlungsströme, die kurz vor oder nach einem Kalenderjahr fließen. Werden Zahlungen innerhalb von 10 Tagen42 vor oder nach Ende des Kalenderjahres getätigt, zu dem sie wirtschaftlich gehören, so sind diese Zahlungsströme nach § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 EStG diesem Kalenderjahr zuzurechnen. Für die abnutzbaren Güter des Anlagevermögens (Maschinen, Fahrzeuge usw.) ist der Zahlungszeitpunkt irrelevant, da nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG die Regeln des § 7 EStG über die Absetzung für Abnutzung zu befolgen sind, wird der Aufwand über die jährlichen Abschreibungsbeträge erfasst. Für nicht abnutzbare Güter des Anlagevermögens (z.B. Grundstücke) wird die gewinnmindernde Betriebsausgabe erst in dem Jahr berücksichtigt, in dem das Anlagegut veräußert oder entnommen wird (vgl. § Abs. 3 Satz 4 EStG). Diese Verteilung bzw. Verlagerung der Betriebsausgaben in die Zukunft soll einen entlastenden Effekt haben und den ermit- telnden Gewinn nicht unnötig verzerren. Die folgende Tabelle zeigt einige Arten von Geschäftsfällen, wie sie in der EÜR behandelt werden und die Erklärung hierfür:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 3: Beispiel für die Behandlung möglicher Geschäftsvorfälle.43
Die EÜR kann also als eine Mischung aus dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und einer reinen Cash-Flow-Rechnung angesehen werden. 44
2.3 Weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Das Prinzip der Totalgewinngleichheit bzw. Gesamtgewinngleichheit besagt, dass beide Gewinnermittlungsarten den gleichen Gewinn für die gesamte Lebensdauer eines Unternehmens ermitteln sollen. Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung von Geschäftsvorfällen und Umfanges von Bilanzpositionen kommt es aber zu einer unterschiedlichen Verteilung des Totalgewinnes auf die einzelnen Jahre45. Zunächst war dieses Prinzip auf den Wechsel der Gewinnermittlungsart46 und dem Verkauf des Unternehmens47 beschränkt48. In jüngerer Vergangenheit werden auch Problemfragen bzgl. der laufenden Gewinnermittlung auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes49 zurückgeführt50 und mit dem Prinzip der Totalgewinngleichheit beantwortet.51 Die folgende Tabelle stellt wichtige Unterschiede zwischen den beiden Gewinnermittlungsarten zusammengefasst dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 4: Wichtige Unterschiede der Gewinnermittlungsarten. 52
3. Neuerungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (Bil- MoG)
Ein Ziel des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes soll es sein, die Unternehmen durch eine umfassende Deregulierung der handelsrechtlichen Pflichten53, soweit es möglich ist, von Kosten zu befreien54. So soll ein Abbau von Bürokratie bewirkt55 und die Unternehmen von vermeidbarem Bilanzierungsaufwand befreit56 werden.
[...]
1 Vgl. KANTWILL, WERNER: Die Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, SteuStud 2006, S. 65.
2 Vgl. ebenda S. 65.
3 Vgl. BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ: Informationen für die Presse: Eckpunkte der Reform des Bilanzrechts, Berlin, 08.11.2007, S. 1 sowie Pressemitteilung „Bundesregierung beschließt modernes Bilanzrecht für die Unternehmen in Deutschland“, Berlin, 21.05.2008.
4 Vgl. §§ 1, 2 Satz 1, §§ 238 ff. HGB.
5 Vgl. TREISCH, CORINNA/ MÜßIG, ANKE: Betriebsvermögensvergleich und Einnahmenüberschuss-Rechnung - Unterschiede und Gemeinsamkeiten, SteuStud 2007, S. 21.
6 Vgl. DRÜEN, KLAUS-DIETER: Zur Wahl der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsart, DStR 1999, S. 1589.
7 Vgl. EStRR4.1 Abs. 2 Satz 1.
8 Vgl. DRÜEN (1999), S. 1589.
9 Wirtschaftswert der selbst bewirtschafteten Flächen höher als 25.000 € und ein Gewinn von mehr als 50.000 € im Kalenderjahr.
10 Vgl. EStRR 4.1 Abs. 1 Satz 1.
11 Vgl. EStRR 4.1 Abs. 1 Satz 2.
12 Vgl. ebenda.
13 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 18 EStG.
14 Die Grenzen des § 141 AO gelten ausschließlich für gewerbliche Unternehmer, sowie Land- und Forstwirte.
15 Vgl. KANTWILL (2006), S. 67.
16 Vgl. VON CAMPHAUSEN, OTTO: Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, Abs. 3 EStG und Cash-Flow - Ein Vergleich, SteuStud 2004, S. 642.
17 Vgl. ebenda, S. 642.
18 Vgl. BFH-Urteil vom 19.6.1997, IV R 16/95, BStBl 1997 II, S. 809.
19 Vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1990, IV R 3/89, BStBl 1991 II, S. 347.
20 Vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1996, XI R 52/95, BStBl 1997 II, S. 351 und EStH H 4.2 (1) „Gewillkürtes Betriebsvermögen“.
21 Vgl. BFH-Urteil vom 24.2.2000, IV R 6/99, BStBl 2000 II, S. 297.
22 Entsprechendes gilt für passive Rechnungsabgrenzungsposten, die Einnahmen ganz oder teilweise vor dem Abschlussstichtag und Erträge ganz oder teilweise nach dem Abschlussstichtag abdecken.
23 Eigene Darstellung.
24 Eigene Darstellung.
25 Vgl. § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr.3, Nr.5 AO und § 13a Abs. 1 EStG.
26 Vgl. § 140 AO i.V.m. §§ 2, 3 Abs. 2 HGB.
27 Vgl. KANTWILL (2006), S. 65.
28 Vgl. § 140 AO i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 238 ff. HGB.
29 Vgl. KANTWILL (2006), S. 66, 67.
30 Vgl. KANTWILL (2006), S. 67.
31 Vgl. § 90 AO.
32 Vgl. KANTWILL (2006), S. 69.
33 Vgl. § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG.
34 Vgl. KANTWILL (2006), S. 69.
35 Vgl. BFH-Urteil vom 26.2.2004, XI R 25/02, BStBl 2004 II, S. 599.
36 Theoretische wäre auch bei der § 4 Abs. 3-Rechnung ein Betriebsvermögensvergleich möglich. Hierzu: VON CAMPHAUSEN (2004), S. 642.
37 Vgl. BFH-Urteil vom 14.3.2006, VIII R 60/03, BStBl 2006II, S. 650-651.
38 Vgl. KANTWILL (2006), S. 69.
39 Vgl. BFH-Urteil vom 2.10.2003, IV R 13/03, BStBl 2004 II, S. 985.
40 Vgl. Abschnitt 2.1.2.
41 Vgl. KANTWILL (2006), S. 69-70.
42 Vgl. BFH-Urteil vom 24.7.1986, IVR 309/84, BStBl 1987 II, S. 17.
43 Eigene Darstellung vgl. KANTWILL (2006), S. 67-72.
44 Vgl. VON CAMPHAUSEN (2004), S. 644.
45 Vgl. ebenda, S. 645.
46 Vgl. BFH-Urteil vom 28.5.1968, IVR 202/67, BStBl. 1968 II, S. 650.
47 Vgl. BFH-Urteil vom 23.11.1961, IV 163/59 U, BStBl. 1962 III, S. 183.
48 Vgl. DRÜEN, KLAUS-DIETER: Über gewillkürtes Betriebsvermögen bei Freiberuflern, DB 2003, S. 2352.
49 Vgl. Artikel 3 GG.
50 Vgl. BFH-Urteil vom 2.10.2003, IV R 13/03, BB 2003, S. 2725.
51 Vgl. DRÜEN (2003), S. 2352.
52 Eigene Darstellung vgl. TREISCH/MÜßIG (2007), S. 25-26.
53 Vgl. Referentenentwurf (RefE) eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz - BilMoG), S.1.
54 Vgl. ebenda, S. 1.
55 Vgl. ERCHINGER, HOLGER/WENDHOLT, WOLFGANG: Zum Referentenentwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG): Einführung und Überblick, DB 2008, Heft 7, Beilage 1, S. 4.
56 Vgl. BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ: Pressemitteilung: Bundesregierung beschließt modernes Bilanzrecht für die Unternehmen in Deutschland; Berlin, 21.5.2008.
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