Das Einzel-Assessment Center als Personalauswahlverfahren für Führungskräfte


Bachelorarbeit, 2009

67 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition des Begriffes „Führungskraft“
2.2 Definition des Begriffes „Personalauswahl“
2.3 Definition des Begriffes „Einzel-Assessment Center“
2.3.1 Zielsetzung des Einzel- Assessment Center s
2.3.2 Historische Entwicklung des Einzel- Assessment Center s

3. Das Einzel- Assessment Center
3.1 Beteiligte Personen an einem Einzel-Assessment Center
3.1.1 Bewerber
3.1.2 Beobachter
3.1.3 Rollenspieler
3.2 Wichtige Kompetenzbereiche
3.2.1 Führungskompetenz
3.2.2 Soziale Kompetenz
3.2.3 Persönliche Kompetenz
3.2.4 Unternehmerische Kompetenz
3.3 Übungen eines Einzel-Assessment Centers
3.3.1 Interview
3.3.2 Präsentation
3.3.3 Fallstudie
3.3.4 Postkorb
3.3.5 Rollenspiel
3.3.6 Psychologische Testverfahren
3.4 Organisatorische Phasen eines Einzel-Assessment Centers
3.4.1 Anforderungs- und Kompetenzanalyse
3.4.2 Auswahl und Entwicklung der Übungen
3.4.3 Durchführung eines Einzel- Assessment Center s
3.4.4. Beobachtung und Beurteilung
3.4.5 Feedback -Gespräch und Ergebnisbericht
3.5 Vor- und Nachteile eines Einzel-Assessment Centers
3.5.1 Vorteile eines Einzel- Assessment Center s
3.5.2 Nachteile eines Einzel- Assessment Center s

4. Das Einzel- Assessment Center in der betrieblichen Praxis – dargestellt am Beispiel der X Gmbh
4.1 Vorstellung der X GmbH
4.2 Das Einzel-Assessment Center bei der X GmbH
4.2.1 Organisation des Einzel- Assessment Center s
4.2.2 Durchführung des Einzel- Assessment Center s
4.3 Übungsbeispiele der X GmbH
4.3.1 Persönlichkeitstest
4.3.2 Intelligenztest
4.3.3 Komplexe Fallstudie
4.3.4 Ad-hoc Vortrag
4.3.5 Rollenspiel
4.3.6 Selbstreflexion
4.3.7 Interview
4.4 Zusammenfassung des Praxisbeispiels

5. Kritische Beurteilung des Einzel- Assessment Center s
5.1 Kosten- und Zeitaufwand
5.2 Wichtigkeit der Anforderungs- und Kompetenzanalyse
5.3 Beobachtung und Beurteilung des Bewerbers
5.4 Kritische Aspekte der Übungen
5.4.1 Allgemeine Anmerkungen zu den Übungen
5.4.2 Fehlende Gruppenübung
5.4.3 Psychologische Testverfahren
5.4.4 Postkorb

6. Resümee

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Kompetenzgruppen eines Einzel-ACs

Abb. 2: Planungsphasen eines Einzel-ACs

Abb. 3: Beispielhafter Ablauf eines Einzel-ACs der X GmbH

Abb. 4: Bewerberprofil einer Gesamtbeurteilung der X GmbH

Abb. 5: Beispielhaftes CPI Profil der X GmbH

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Beurteilungsmatrix eines Einzel-ACs

Tab. 2: Übersicht der Vor- und Nachteile eines Einzel-ACs

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Der steigende Wettbewerb, die wachsende Komplexität der Unternehmen und die konjunkturellen Schwankungen sind nur einige von vielen Heraus-forderungen, denen sich Unternehmen heutzutage stellen müssen.1 Um stets richtige Entscheidungen mit dem notwendigen Fachwissen treffen zu können, werden qualifizierte und leistungsstarke Führungskräfte benötigt. Sie sind wertvolle Ressourcen des Unternehmens und für den wirtschaftli-chen Erfolg unabdingbar.2 Je kompetenter eine Führungskraft ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass durch ihre erfolgreiche Einfluss-größe Misserfolge des Unternehmens vermieden werden können.3

Verschiedene Faktoren, zu denen beispielsweise ein frühzeitiger Austritt einer Führungskraft aus dem Unternehmen oder die steigenden Anforde-rungen an die Qualität der Führungskräfte gehören, können jedoch dazu führen, dass eine neue kompetente Führungskraft benötigt wird.4 Wenn das der Fall ist, tragen die Personal- und die Fachabteilung als ausführen-de Organe eine große Verantwortung darin, die Position im Sinne des Un-ternehmens bestmöglich zu besetzen. Andernfalls könnten dadurch so-wohl die Marktposition des Unternehmens erheblich geschwächt werden als auch zusätzlich hohe Kosten entstehen.5

Um eine Fehlbesetzung zu vermeiden ist es wichtig, ein Personalauswahl-verfahren einzusetzen, bei dem besonders viele Informationen über die gesamte Persönlichkeit des Bewerbers, seinen Kompetenzen und Fähig-keiten gewonnen werden. Schließlich sind die Referenzen und der bishe-rige berufliche Erfolg eines Bewerbers keine alleinige Garantie für einen späteren Erfolg der Person in dem jeweiligen Unternehmen. Dafür wech- seln die Anforderungen an Führungspositionen zu häufig.6 Diesbezüglich stellt sich die wichtige Frage nach einem geeigneten Personalauswahlver-fahren, das eine Vielzahl an Informationen über den Bewerber liefert und so den Personalauswahlprozess effektiv unterstützt. In den letzten Jahren hat sich für die Besetzung höherer Führungspositionen insbesondere das Einzel- Assessment Center7 (Einzel-AC) als Sonderform des Assessment Center s (AC) stark etabliert.8 Es ist sogar bereits in einigen deutschen Unternehmen als standardisiertes Verfahren für die Positionsbesetzung von Führungskräften in die Unternehmenskultur integriert.9 Mit dem stei-genden Einsatz des Einzel-ACs steigt jedoch auch die Kritik an diesem Verfahren. So wird von einigen Kritikern behauptet, dass es aufgrund von mangelnder Qualität oft nicht die entscheidenden Informationen über den Bewerber liefert.10 Befürworter des Einzel-ACs sind hingegen der Mei-nung, dass es in seiner Ergebnisqualität durch nichts ersetzt werden könn-te und es die einzige effektive Methode für die Rekrutierung einer neuen Führungskraft repräsentieren würde.11

Um die Vor- und Nachteile des Einzel-ACs näher zu beleuchten, wird die-ses spezielle Personalauswahlverfahren ausführlich vorgestellt und disku-tiert. Außerdem soll durch eine kritische Analyse beurteilt werden, ob es sich um ein geeignetes Verfahren für die Auswahl von Führungskräften handelt und welche Aspekte bei der Organisation und Durchführung be-sonders berücksichtigen müssen, damit mit Hilfe dieses Verfahrens der richtige Bewerber12 ermittelt werden kann. Um die theoretischen Aussa-gen der Arbeit mit praxisrelevanten Daten zu unterstützen und einen um-fangreichen Eindruck zu bekommen, wurden zusätzlich zu der Fachlitera-tur Ergebnisse von zwölf geführten Interviews als Quellen verwendet. Die Informationen wurden mit Hilfe von Fragebögen und offen geführten Ge-spräche von Unternehmen eingeholt, die sowohl Einzel-ACs anwenden als auch mit Unternehmen, die in der Praxis keine Einzel-ACs zum Einsatz kommen lassen. Sieben der befragten Unternehmen kommen aus der Au-tomobil-, Elektro-, Finanzdienstleistungs- und Pharmabranche. Außerdem wurden Interviews mit fünf spezialisierten Beratungsunternehmen geführt. Da es sich bei den Informationen um die Herausgabe von vertraulichen Unternehmensdaten handelt, bat ein Großteil darum, die Kontaktdaten zu anonymisieren. Sowohl die Auflistung der Interviewpartner als auch die schriftlichen Ergebnisse der Interviews befinden sich im Anhang der Arbeit (siehe Anhang ab S. 66 ff.)

1.2 Aufbau der Arbeit

Um vorab ein Grundverständnis für das Thema zu erhalten, werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit im zweiten Kapitel zunächst theoretische Grundlagen erläutert. Dabei werden die Begriffe „Führungskraft“, „Perso-nalauswahl“ und das „Einzel- Assessment Center “ definiert. Anschließend werden die Zielsetzung und die historische Entwicklung des Einzel-ACs beschrieben. Das dritte Kapitel dient der ausführlichen Beschreibung des Einzel-ACs in seiner Theorie. Zunächst erfolgt eine Beschreibung der be-teiligten Personen eines Einzel-ACs. Danach werden die wichtigen Kom-petenzbereiche, die einzelnen Übungen und die eigentliche Organisation des Einzel-ACs näher erläutert. Das Kapitel schließt mit einer theoreti-schen Bewertung des Verfahrens, in der die wesentlichen Vor- und Nach-teile beschrieben werden, ab. Aufbauend auf der theoretischen Darstel-lung des Einzel-ACs wird im vierten Kapitel ein Praxisbeispiel eines Bera-tungsunternehmens vorgestellt. Dabei wird im Einzelnen die gesamte Or­ganisation und Durchführung des Einzel-AC Verfahrens sowie die von dem Unternehmen eingesetzten Übungen eines Einzel-ACs erläutert. Eine kritische Beurteilung des Einzel-ACs, die sowohl die theoretischen als auch die praxisbezogenen Aspekte mit einbezieht, erfolgt im fünften Kapi-tel. In Kapitel sechs werden abschließend die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Definition des Begriffes „Führungskraft“

In der Praxis definieren Unternehmen eine Führungskraft als einen diszip-linarischen und fachlichen Mitarbeiter, der eine gewisse Vorbildfunktion übernimmt. Dabei kann eine Führungskraft aus verschiedenen Hierarchie-ebenen kommen und sowohl ein Abteilungsleiter als auch beispielsweise ein Vorstandsmitglied sein.13 In der deutschsprachigen wissenschaftlichen Literatur wird unter einer Führungskraft eine Person mit leitender Funktion verstanden, die gegenüber anderen Mitarbeitern Weisungsrechte besitzt und in einer betrieblichen Organisation Führungsaufgaben wahrnimmt.14 „Führung“ bedeutet zielorientiert das Verhalten und die Einstellungen von Personen und/oder Gruppen zu beeinflussen. Zu den klassischen Füh-rungsaufgaben gehören u.a. die Aufgabenverteilung, die Aufgabenorgani-sation und die disziplinarische Personalverantwortung.15 Zudem sollte sie befähigt sein, bereichsbezogene Aufgaben koordinieren zu können und fachliche als auch personalwirtschaftliche Entscheidungen treffen zu müs-sen, um letztendlich die gesetzten Unternehmensziele zu erreichen.16 Nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern auch überfachliche Kompetenzen wie Belastbarkeit, Motivation, strukturiertes Denkvermögen oder Durch-setzungskraft sind wichtige Kompetenzen, die eine Führungskraft aus-zeichnen sollten.17 Sie sollte sowohl befähigt sein, ihre Mitarbeiter zu un-terstützen und ihr Vertrauen zu gewinnen als auch in der Lage sein, jeder-zeit mit einer analytischen Herangehensweise Probleme zu lösen.18

2.2 Definition des Begriffes „Personalauswahl“

Bei den Einsatzgebieten des Einzel-ACs wird grundsätzlich zwischen der Personalauswahl und der Personalentwicklung entschieden.19 Da sich das in dieser Arbeit vorgestellte Thema nur auf das Einsatzgebiet der Perso-nalauswahl bezieht, werden die Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Per-sonalentwicklung hier nicht weiter behandelt. Hier sei nur zum besseren Verständnis erwähnt, dass bei der Personalentwicklung ein Mitarbeiter auf eine höhere Position vorbereitet wird indem seine Stärken und Schwächen beurteilt werden, um somit gezielt den Bedarf an Weiterbildungsmaßnah-men ermitteln zu können.20

Die Personalauswahl ist ein Teilbereich der Personalbeschaffungspla-nung. Bei der Personalbeschaffungsplanung wird festgelegt, woher und mit welchen Mitteln der Bewerber für einen Personalauswahlprozess rek-rutiert werden soll, um eine vakante Stelle im Unternehmen zu besetzen.21 Sie hat die Aufgabe den Personalbedarf mit adäquaten Bewerbern zu de-cken. Dabei muss sich der Bewerber einer tiefergehenden Eignungsprü-fung unterziehen, um identifizieren zu können, ob er eine Übereinstim-mung mit den Anforderungen der zu besetzenden Position aufweist. Die Vorauswahl erfolgt mit der Durchsicht der Bewerbungsunterlagen, worauf-hin entschieden wird, welcher Bewerber für die Hauptauswahl in Frage kommt und mittels eines Personalauswahlverfahrens beurteilt werden soll.22 Zu den klassischen Personalauswahlverfahren gehören die Refe-renzen der Bewerber, Bewerbungsgespräche und Assessment Center (AC).23 Das „ Assessment - Center “ steht wörtlich übersetzt für ein „Bewer-tungs- bzw. Beurteilungszentrum“ (englisch: to assess = bewer-ten/beurteilen; Center = Zentrum) bei dem gewöhnlich zwischen vier und zehn Bewerber in einem mehrtätigen Programm beurteilt werden, weshalb es auch als Gruppen-AC bezeichnet wird.24

2.3 Definition des Begriffes „Einzel- Assessment Center“

Das „Einzel- Assessment Center “ ist eine Sonderform des klassischen Gruppen-ACs. Wie der Name bereits vermuten lässt, wird das Einzel-AC im Vergleich zu einem Gruppen-AC mit nur einem einzelnen Bewerber durchgeführt und insbesondere als Personalauswahlverfahren für die Auswahl von Führungskräften eingesetzt.25 Es ist ein Verfahren der Ma-nagement -Diagnostik, bei dem das Verhalten im Hinblick auf verschiedene Kompetenzen des Bewerbers von Beobachtern bewertet bzw. beurteilt wird.26 Unter dem Begriff Management- Diagnostik ist eine Untergruppe der psychologischen Eignungsdiagnostik zu verstehen. Sie dient dazu, besonders wichtige Kompetenzen einer Führungskraft mit Hilfe bestimmter Methoden zu messen.27

Bei einem Einzel-AC wird sowohl die Leistung als auch das Verhalten des Bewerbers anhand von unternehmensspezifischen Anforderungen in ver-schiedenen Einzelübungen beobachtet und beurteilt.28 In den Übungen wird er mit bestimmten Aufgaben konfrontiert und zum Handeln aufgefor-dert. Gleichzeitig erhält er einen gewissen Spielraum, um seine Hand-lungsweisen und Strategien bestmöglich präsentieren zu können.29 Zu den bekanntesten Übungen zählen Fallstudien, Präsentationen, Rollen-spiele, Interviews, Postkörbe und der Einsatz von psychologischen Test-
verfahr

2.3.1 Zielsetzung des Einzel- Assessment Centers

Das Einzel-AC als Personalauswahlverfahren hat das Ziel, hinreichende Informationen über die Kompetenzen des Bewerbers zu erhalten, um überprüfen zu können, ob der Bewerber die Anforderungen an die zu be- setzende Führungsposition optimal erfüllt.31 Es wird zu einem Einzel-AC grundsätzlich nur der Bewerber eingeladen, der eine realistische Erfolgs-aussicht in dem Unternehmen hat.32 Um das zu überprüfen werden die fachlichen Fähigkeiten bereits anhand der schriftlichen Bewerbung, Refe-renzen und dem ersten Gespräch im Vorfeld analysiert. Dabei ist zu beto-nen, dass die fachlichen Fähigkeiten meistens schon durch die Einladung zu einem Einzel-AC unbestritten und vom Unternehmen akzeptiert sind und es im weiteren Verlauf vor allem auf die persönlichen, sozialen, unter-nehmerischen und Führungskompetenzen ankommt.33

2.3.2 Historische Entwicklung des Einzel- Assessment Cen­ter s

Das Einzel-AC entwickelte sich erst in den 1950er Jahren aus dem früher entstandenen klassischen Gruppen-AC bei dem mehrere Bewerber beur-teilt werden. Der Ursprung des Gruppen-ACs liegt in der deutschen Wehrmachtspsychologie. Im Jahr 1920 entwickelte Professor J.B. Rieffert im Auftrag des Reichswehrministeriums der Weimarer Republik in einem psychologischen Forschungszentrum ein Verfahren, um die Persönlichkeit und Eignung von Soldaten überprüfen zu können.34 Um geeignete Offi-ziersanwärter zu identifizieren und auch ernennen zu dürfen, wurde das Durchlaufen dieses Verfahrens für jeden angehenden Offizier sieben Jah-re später zur Pflicht, bevor er offiziell ernannt werden durfte.35 Dabei wur-den bereits damals verschiedenste Aufgaben, wie z.B. Präsentationen und psychologische Testverfahren durchgeführt.36

Durch einen in Deutschland stationierten britischen Berufsoffizier, der von dem Verfahren beeindruckt war, wurde es in den 1940er Jahren von den Briten übernommen. Der britische Psychologe Murray entwickelte diese Methode weiter und führte den Begriff „ Assessment Center “ ein. Das Ver- fahren wurde in Deutschland bis Mitte der 1940er Jahre nur für die Marine weiter eingesetzt.37 Eine schnelle und vor allem intensive Entwicklung des Gruppen-ACs vollzog sich jedoch ab 1950 in den USA. Dort verwendeten es die Amerikaner vorwiegend für die Auswahl von potenziellen Geheim-dienstagenten. Im Jahr 1958 wurde es in den USA erstmals im Rahmen einer unternehmensbezogenen Personalauswahl von der amerikanischen Telefongesellschaft AT&T (American Telephone & Telegraph Corporation) für die Beurteilung von Führungskräften eingesetzt.38 Etwa zur gleichen Zeit wurde auch das Einzel-AC von dem damals weltweit größten Erdöl-Raffinerie Konzern Standard Oil in den USA für die Auswahl von Füh-rungskräften eingesetzt.39 Zu Beginn der 1960er Jahre verbreitete es sich gemeinsam mit dem Gruppen-AC in ganz Europa. Die Anzahl der Anwen-der in Deutschland stieg 1970 soweit, dass das Einzel-AC dort für die Füh-rungskräfteauswahl zur Verwendung kam.40 Mittlerweile setzen 54% der deutschen Unternehmen, die bereits das Gruppen-AC nutzen auch das Einzel-AC als Personalauswahlverfahren für ihre Führungskräfte ein.41

3. Das Einzel- Assessment Center

Nachdem im vorherigen Kapitel die theoretischen Grundlagen näher erläu-tert wurden, folgt nun die thematische Auseinandersetzung mit dem Ein-zel-AC als Personalauswahlverfahren.

3.1 Beteiligte Personen an einem Einzel- Assessment Cen­ter

An einem Einzel-AC sind verschiedene Personen mit unterschiedlichen Absichten und Erwartungen beteiligt. Zu den Hauptpersonen eines Einzel-ACs gehören insbesondere der Bewerber, die Beobachter und die Rollen-spieler.42 Für die administrativen und organisatorischen Aufgaben, wie z.B. die Vorbereitung der Räume und Eingabe der Bewertungsergebnisse, werden gewöhnlich interne Mitarbeiter als Unterstützung für das Gesamt-verfahren eingesetzt.43 Da jedoch bei einem Einzel-AC die Organisation im Vergleich zu einem Gruppen-AC weniger komplex ist, ist ihre Unters-tützung nicht immer erforderlich.44

Um einen Einblick in die Aufgaben und Funktionen der drei Hauptperso-nengruppen zu liefern, werden diese im Folgenden kurz vorgestellt.

3.1.1 Bewerber

Der Bewerber eines Einzel-ACs ist diejenige Person, die sich für eine aus-geschriebene Position im Unternehmen bewirbt und während des Einzel-AC Verfahrens von den Beobachtern beurteilt wird. Wenn es sich dabei um eine Führungskraft handelt, ist meist davon auszugehen, dass sie be-reits in einem fremden oder im betreffenden Unternehmen als Führungs- kraft tätig war.45 Ist im aktuellen Personalbestand des Unternehmens be-reits eine potenzielle, für die Position geeignete Führungskraft vorhanden, so handelt es sich um einen internen Bewerber.46 Ein externer Bewerber gehört hingegen dem Unternehmen nicht an und ist dem Unternehmen bislang in der Regel noch fremd, da er üblicherweise erst nach Zusage bei dem aktuellen Arbeitgeber kündigt.47

3.1.2 Beobachter

Die Aufgabe der Beobachter besteht darin, das Verhalten des Bewerbers anhand von Kriterien zu beobachten und zu bewerten.48 Da mit Hilfe meh-rerer Personen eine höhere Aussagefähigkeit über die Leistung des Be-werbers möglich ist und somit subjektive Fehlbeurteilungen korrigiert wer-den können, nehmen an einem Einzel-AC mindestens zwei Beobachter teil.49 Es handelt sich bei der Zusammensetzung der Beobachter in der Regel um eine Kombination aus verschiedenen Funktionen. Gewöhnlich werden interne Führungskräfte, Mitarbeiter der Fach- und der Personalab-teilung sowie externe Berater als Beobachter eingesetzt.50 Bei den exter-nen Beobachtern handelt es sich im optimalen Fall um spezialisierte Bera-ter bzw. Psychologen.51 Der Einsatz von spezialisierten Beratern ist bei einem Einzel-AC von essenzieller Bedeutung, da sie sich aufgrund ihrer Erfahrungen mit der diagnostischen Beobachtung und Beurteilung optimal auskennen und anhand ihres Wissens möglichst objektiv urteilen können. Die Aufgabe dieser Berater ist häufig nicht nur die Funktion als Beobach-ter, sondern auch die gesamte Konzeptionierung und Durchführung eines professionellen Einzel-ACs, wodurch sich die Unternehmen gegen mögli-che Fehlentscheidungen bei der Personalauswahl besser absichern.52

3.1.3 Rollenspieler

Für die klassische Übung eines Einzel-ACs – dem sog. Rollenspiel (siehe Abschnitt 3.3.5) werden Personen mit schauspielerischen Fähigkeiten be-nötigt, die eine bestimmte Position (z.B. Mitarbeiter oder Kunde) in der jeweiligen Übung einnehmen. Bei den zuvor geschulten Rollenspielern handelt es sich entweder um Personen aus dem Unternehmen, Personen der durchführenden Beratungsunternehmen oder sogar um engagierte Schauspieler. Die Rollenspieler sind mit der Aufgabe vertraut und sollen innerhalb der Übung spezielle Kompetenzen des Bewerbers sichtbar ma-chen.53 Dafür müssen sie den Bewerber innerhalb eines Gesprächs dazu führen, möglichst die anforderungsspezifischen Kriterien in seinem Verhal-ten zu zeigen. Um dabei eine möglichst realistische Situation darstellen zu können, müssen die Rollenspieler flexibel auf die Vorgehensweise und das Verhalten des Bewerbers reagieren.54

Bevor im nächsten Kapitel die Beschreibung der verschiedenen Übungen des Einzel-ACs erfolgt, werden zuvor die zu beurteilenden Kompetenzbe-reiche anhand von Beispielen näher erläutert, um somit besser nachvoll-ziehen zu können, wie die einzelnen Kompetenzgruppen charakterisiert sind.

3.2 Wichtige Kompetenzbereiche

Die verschiedenen zu beurteilenden Kompetenzen in einem Einzel-AC werden gewöhnlich vier Kompetenzgruppen zugeordnet. Dabei handelt es sich um Führungs-, soziale, persönliche und unternehmerische Kompe-tenzen (siehe Abb. 1).55

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kompetenzgruppen eines Einzel-ACs (Lüdemann (2008), S. 19)

3.2.1 Führungskompetenz

Zu den Führungskompetenzen gehören Fähigkeiten die insbesondere bei Führungskräften relevant sind.56 Sie ergeben sich aus den Anforderungen und den verschiedenen Aufgaben einer Führungskraft. Beispielhaft wäre hier die Ergebnisorientierung.57 Zu ihr gehören die Fähigkeiten, herausfor-dernde Ziele in einer hohen Qualität zu setzen und auf Chancen sowie Risiken optimal reagieren zu können. Um das Verhalten des Bewerbers diesbezüglich beobachten zu können, wird darauf geachtet, ob er in den Aufgaben anspruchsvolle und klar definierte Ziele in der betreffenden Zeit formulieren und Probleme frühzeitig erkennen und lösen konnte. Negativ zu beurteilen wäre die Ergebnisorientierung des Bewerbers beispielsweise dann, wenn er keine genaue Zielformulierung vornimmt und stattdessen qualitativ schlechte Aussagen trifft sowie wichtige Probleme und Chancen nicht erkennt.58 Eine Führungskraft sollte zudem auch die Führungskom-petenz aufweisen, die eigenen Mitarbeiter in jeglichen Situationen motivie-ren zu können, sie zu Bestleistungen anzutreiben und innerhalb der Ar-beitsgruppe für ein angenehmes Arbeitsklima zu sorgen.59

[...]


1 Vgl. Anhang, S. 63

2 Vgl. Leciejewski (2008), S. 102

3 Vgl. Trost (2008), S.136

4 Vgl. Hesse/Schrader (2007), S. 196

5 Vgl. Leciejewski (2008), S. 103

6 Vgl. Bäcker/Etzel (2002), S. 25

7 Die in dieser Arbeit verwendeten englischen und lateinischen Termini werden durch eine kursive Schreibweise gekennzeichnet.

8 Vgl. Obermann (2006), S. 325

9 Vgl. Eck/Jöri/Vogt (2007), S. 112

10 Vgl. Obermann (2008), S. 10

11 Vgl. Anhang, S. 76 (Frage 19)

12 Die in dieser Arbeit verwendete männliche Form bezieht die weibliche Form selbstver-ständlich mit ein. Auf die Verwendung beider Geschlechtsformen wird lediglich mit Hinb-lick auf eine bessere Lesbarkeit der Arbeit verzichtet.

13 Vgl. Anhang, S. 73 (Frage 1) und Anhang, S. 78 (Frage 1)

14 Vgl. Holtbrügge (2007), S. 42

15 Vgl. Staehle (1999), S. 328

16 Vgl. Klutmann (2004), S.15 f.

17 Vgl. Püttjer/Schnierda (2005), S.9

18 Vgl. Goldfuß (2006), S.48

19 Vgl. Obermann (2006), S. 326

20 Vgl. Obermann (2006), S. 18 ff.

21 Vgl. Wöhe (2005), S. 159

22 Vgl. Holtbrügge (2007), S. 103 f.

23 Vgl. Kanning/Pöttker/Klinge (2008), S.40

24 Vgl. Hesse/Schrader (2007), S. 18

25 Vgl. Lüdemann (2008), S. 39

26 Vgl. Wöhe (2005), S. 161

27 Vgl. Sarges (1990), S. 2

28 Vgl. Weber (2007), S. 160

29 Vgl. Durnwalder (2001), S. 72 und Anhang, S. 75 (Frage 13)

30 Vgl. Kanning/Pöttker/Klinge (2008), S. 45

31 Vgl. Hesse/Schrader (2007), S. 19

32 Vgl. Schuler (2006), S. 164

33 Vgl. Püttjer/Schnierda (2005), S. 39

34 Vgl. Obermann (2006), S. 23

35 Vgl. Hesse/Schrader (2007), S. 20

36 Vgl. Sarges (1990), S. 22

37 Vgl. Obermann (2006), S. 26

38 Vgl. Hesse/Schrader (2007), S. 20 f.

39 Vgl. Sarges (1990), S. 567

40 Vgl. Obermann (2006), S. 23 ff.

41 Vgl. Obermann (2006), S. 325

42 Vgl. Paschen et al. (2004), S. 220 f.

43 Vgl. Obermann (2006), S. 221 f.

44 Vgl. Obermann (2006), S. 324

45 Vgl. Bäcker/Etzel (2002), S. 33

46 Vgl. Weber (2007), S. 39

47 Vgl. Kanning/Pöttker/Klinge (2008), S.3

48 Vgl. Lüdemann (2008), S. 33

49 Vgl. Eck/Jöri/Vogt (2007), S. 123

50 Vgl. Anhang, S. 97

51 Vgl. Lüdemann (2008), S. 33 und Anhang, S. 74 (Frage 6)

52 Vgl. Weber (2007), S. 160 und Anhang, S. 86 (Frage 8)

53 Vgl. Obermann (2006), S. 222 f.

54 Vgl. Paschen et al. (2004), S. 222

55 Vgl. Lüdemann (2008), S. 19 f.

56 Vgl. Anhang, S. 79 (Frage 10)

57 Vgl. Obermann (2006), S. 86

58 Vgl. Anhang, S. 102

59 Vgl. Lüdemann (2008), S. 21

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Das Einzel-Assessment Center als Personalauswahlverfahren für Führungskräfte
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
67
Katalognummer
V126636
ISBN (eBook)
9783640324002
ISBN (Buch)
9783640321919
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einzel-Assessment, Center, Personalauswahlverfahren, Führungskräfte
Arbeit zitieren
Verena Bauer (Autor:in), 2009, Das Einzel-Assessment Center als Personalauswahlverfahren für Führungskräfte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126636

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