Das Schullesebuch von 1946: ideologiefreie Texte über meist gleichaltrige Vorbilder


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische und bildungspolitische Einordnung des 1946er Schullesebuches

3. Allgemeine Analyse des 1946er Schullesebuches
3.1. Quantitative Analyse
3.2. Qualitative Analyse
3.3. Frequenzanalyse

4. Nachweis der Ideologiefreiheit an ausgewählten Texten
4.1. „Hochwasser“ von Georg Sicker
4.2. „Gelernt ist gelernt“ von Adolf Ryssel

5. Schlussfolgerung: Transportiert das 1946er Schullesebuch Ideologie?

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Kulturelle Überlieferung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Zeugnisse menschlichen Schaffens und menschlicher Lebensformen finden sich […] in schriftlichen Dokumenten über vergangene, nicht mehr zugängliche Ereignisse und Sachverhalte. […]. Schulbücher sind derartige Zeugnisse, denn die Schule hatte zu allen Zeiten neben der Vermittlung der Kulturtechniken auch die Aufgabe, die unterrichteten Kinder in gesellschaftliche Verhältnisse und kulturelle Gegebenheiten einzugliedern.“ (Grömminger 2002, 7)

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Schullesebuch „Von Tieren und Menschen“ von 1946, das als eines der ersten in der Nachkriegszeit in der Schule Verwendung fand. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, ob und inwieweit die im Lesebuch enthaltenen Texte bereits Anzeichen der späteren Ideologie der Deutschen Demokratischen Republik enthalten oder transportieren. Daneben soll auch geklärt werden, ob die Personen überwiegend gleichaltrige Vorbilder sind. Die für die Bildungspolitik Verantwortlichen jener Zeit mussten sehr schnell entscheiden, welche Texte sie in das neue Lesebuch aufnehmen wollten. Deshalb habe ich mich in Kapitel 2 mit den Vorstellungen und Erwartungen der Regierung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bezüglich der Aufgaben und Ziele der neu- en Schule beschäftigt. Bei dieser Untersuchung stütze ich mich auf das „Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule“ von 1946 und die Ausführungen Joachim Hohmanns zu diesem Thema.

Das Kapitel 3 befasst sich mit der allgemeinen Analyse des 1946er Schullesebuches, um zum einen die Kriterien der Analyse – die quantitative, die qualitative und die Frequenzanalyse – zu entwickeln und dadurch auch relevante Texte herauszufiltern. Die Grundlage bildet hier natürlich das Lesebuch selbst.

Danach gehe ich im Kapitel 4 noch genauer auf 2 ausgewählte Beispiele ein, um die Ergebnisse des vorherigen Kapitels auf ihre Anwendbarkeit hin zu überprüfen und anhand der Texte zu bestätigen.

Abschließend fasse ich die Erkenntnisse noch einmal zusammen und versuche ein Fazit auszuarbeiten, welches meine Hauptthese dann entweder stützt oder widerlegt.

2. Historische und bildungspolitische Einordnung des 1946er Schullesebuches

Da diese Arbeit sich mit dem Schullesebuch von 1946 befasst, um herauszufinden, ob und inwieweit in den darin verwendeten Texten bereits die spätere Ideologie der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nachweisbar ist, halte ich es für notwendig das vorliegende Lesebuch historisch und bildungspolitisch in die frühe Nachkriegszeit einzuordnen.

Am 8.Mai 1945 unterzeichnete Deutschland die bedingungslose Kapitulation, nachdem allen Beteiligten klar war, dass Deutschland den Krieg verloren hatte. Als Resultat dieser Kapitulation wurde das besiegte Deutschland in 4 Besatzungszonen (bzw. Berlin in 4 Sektoren) aufgeteilt, die drei westlichen unter französischer, amerikanischer und britischer Herrschaft, sowie die Sowjetische Besatzungszone (SBZ), auch Ostzone genannt. Der letzten gilt das Interesse dieser Arbeit, da aus der SBZ 1949 die DDR entstand. Für die SBZ in Deutschland wurde am 9.Juni 1945 die Sowjetische Militäradministration (SMAD) installiert, eine autonome Militärregierung.

„Am 25.August 1945 erließ der oberste Chef der SMAD den Befehl Nr. 40 über die Vorbereitung der Schulen zur Aufnahme ihres Betriebes. Darin wurde angeordnet, alle erforderlichen Maßnahmen, um die Schule von faschistischen und militaristischen Einflüssen zu befreien, Privatschulen in staatliche Schulen umzuwandeln und den Unterricht in kürzester Frist aufzunehmen“ (Hohmann 1997, 12),

woraufhin am 01.Oktober desselben Jahres der Schulunterricht in der SBZ wieder aufgenommen wurde. In diesem Befehl wurde auch festgelegt, dass zunächst einmal auf die Lehrpläne aus der Zeit vor 1933 zurückgegriffen werden sollte. „Was im nationalsozialistischen Staat an Lesebüchern in Umlauf war, wanderte zu Recht meist in die Papierpresse“ (Hohmann 1992, 7) und knapp zwei Wochen später wurde am 12.10. der Verlag Volk und Wissen als zentraler Schulbuchverlag gegründet. Die schulpolitischen Beschlüsse und Geschehnisse dieser Zeit werden auch unter dem Begriff „antifaschistisch-demokratische Schulreform (1945-1949)“ (Hohmann 1997, 11) zusammengefasst. Tenorth, Kudella und Paetz bezeichnen die Schritte der SBZ jener Zeit als „radikalen Neuanfang […], den die SBZ bildungspolitisch zunächst wagte“ (Tenorth/Kudella/Paetz 1996, 95), denn „in der Frühphase der DDR […] erzeugte z.B. die Ablösung der NS-belasteten Pädagogen durch die Einsetzung der Neulehrer wirklich eine neue Realität mit eindeutigen Konsequenzen (ebd., 97).

Im Mai 1946 wurde das ‚Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule’ verabschiedet, das sich mit der neuen Schule, ihren Aufgaben und Ziele befasst. Sie sollte das geistige Niveau heben, für Frieden und Völkerfreundschaft werben, das Soziale in den jungen Leuten wecken, sie zum Dienst an der Gemeinschaft bewegen, ihre Verbundenheit mit dem eigenen Volk stärken und realitätsnahe Texte beinhalten. „Grundsätzlich galt, dass der Lehrplan und die Lehrbücher nach den allgemeinen Richtlinien zur Demokratisierung und Entmilitarisierung der Schule auszurichten seien“ (Hohmann 1997, 13). Dem Deutschunterricht kam dabei eine besondere Stellung zu, denn er

„ist Krönung und Mittelpunkt der der Gesamtbildung, Lebensbewahrer; die Sprache ist innerstes Wesen, der Herz der Nation und umfaßt alles, was im Leben erscheint; sie ist nicht nur Lebensniederschlag, sondern auch Motor.“ (Dokument 1 in Hohmann 1997, 75).

Der Deutschunterricht spielt auch insofern eine große Rolle, als er „stärker als jedes Unterrichtsfach die Möglichkeit“ hat, „unmittelbar auf den ganzen Menschen einzuwirken und den Schüler im Geiste wahrer Humanität zu erziehen“ (Dokument 13 in Hohmann 1997, 89). Dem Deutschunterricht kommt also die Aufgabe zu, die Schüler auf den rechten Weg zu bringen und damit sollte auch möglichst früh, nämlich bereits in der Grundschule (oder auch Unterstufe genannt), begonnen werden.

Auch mit Hilfe des Lesebuches „Von Tieren und Menschen“ sollte dieses Ziel erreicht werden, denn dieses war eines der ersten, die in der Schule der SBZ benutzt wurden. Mit dem Inhalt dieses Buches, den verwendeten Texten also, befasse ich mich im nächsten Kapitel. Dabei liegt der Fokus aber auf dem möglichen Ideologiegehalt der Geschichten, der Humanitätsgedanke wird nur nebensächlich beleuchtet, da mich vor allem die denkbare Verbreitung ideologischer Ansichten und dergleichen interessiert.

3. Allgemeine Analyse des 1946er Schullesebuches

Das Lesebuch „Von Tieren und Menschen“ umfasst 191 Seiten und beinhaltet 45 Texte, die durch insgesamt 31 liebevoll gestaltete Illustrationen begleitet werden. Es wurde im Jahre 1946 als eines der ersten in der Nachkriegszeit in den Schulen der SBZ genutzt. Die für die Bildungspolitik Verantwortlichen jener Zeit mussten damals sehr schnell entscheiden, welche Texte im neuen Schulbuch verwendet werden sollten, da der normale Schulalltag so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden sollte. Nur 6 dieser Texte tauchen in späteren Schullesebüchern wieder auf, nämlich Peter Roseggers „Der Vogelsprache kund“, „Das Huhn und der Karpfen“ von Heinrich Seidel, „Das tapfere Schneiderlein“ der Gebrüder Grimm, Friedrich Gülls „Eichhörnchen“, „Wie die Tiere im Zoologischen Garten spielten“ von Julius Lerche und „Wintermorgen“ von Fritz Gansberg.

Inwieweit die im 1946er Lesbuch verwendeten Texte eine Ideologie (der DDR) transportierten, hoffe ich mit den folgenden Analysen des Lesebuches herauszufinden. Dabei erfolgt zunächst die quantitative Analyse, um relevante Texte auszuwählen. Darauf aufbauend unterziehe ich die Texte der qualitativen und abschließend der Frequenzanalyse.

3.1. Quantitative Analyse

Um überhaupt Aussagen über in den Texten vermittelte Werte treffen zu können, ist es notwendig, das Lesebuch genau auf die Anzahl relevanter Texte und auf die Autoren hin zu überprüfen. Die durch diese Analyse gewonnen Erkenntnisse stelle ich jeweils mit absoluten Zahlen und in Prozent dar.

Nachdem ich mir die Übersicht der im Buch verwendeten Texte das erste Mal durchgelesen hatte, drängte sich mir sehr schnell die These auf, dass die Texte überwiegend Prosatexte sind, die nicht erst nach 1945 geschrieben wurden und dass die Autoren nicht aufgrund ihrer Herkunft ausgewählt wurden, dass heißt, dass sie nicht aus der Sowjetunion oder der SBZ stammen mussten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Schullesebuch von 1946: ideologiefreie Texte über meist gleichaltrige Vorbilder
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Ak Für Frieden und Sozialismus? Das Schullesebuch der DDR
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V131670
ISBN (eBook)
9783640375332
ISBN (Buch)
9783640375158
Dateigröße
448 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schullesebuch, Texte, Vorbilder
Arbeit zitieren
Kristina Müller (Autor:in), 2006, Das Schullesebuch von 1946: ideologiefreie Texte über meist gleichaltrige Vorbilder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131670

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