Interkulturelle Mediation

Was es zu beachten gilt und wie sie trotzdem gelingen kann


Hausarbeit, 2008

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Themenwahl und Ablauf der Arbeit

I. Mediation in der westlichen Welt
1. Herkunft und heutige Anwendungsgebiete
2. Ablauf des Verfahrens

II. Interkulturelle Mediation
1. Probleme der Begrifflichkeit
1.1 Interkulturelle Mediation – ein Verfahren?
1.2 Kulturdefinition nach deterministischem Ansatz
1.3 Kulturdefinition nach konstruktivistischem Ansatz
2. Fallbeispiel
3. Kulturbedingte Einflussfaktoren auf Konflikt und Mediation
3.1 Kulturelle Orientierungen
3.2 Machtungleichgewichte
3.3 Sprache und Übersetzung
3.4 Gruppenbildung, Konfliktstile und das Verständnis von Führung
3.5 Vorturteile und Stereotype
3.6 Kulturalisierung
3.7 Kultur als Strategie
3.8 Emotionen und kulturelle Körpersemantiken
4. Wege zur gelungenen Mediation im interkulturellen Kontext
4.1 Anforderungen an den Mediator
4.2 Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg

Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Themenwahl und Ablauf der Arbeit

In Teams und Arbeitsgruppen kann es in allen Phasen der Teamentwicklung zu offenen Konflikten kommen. In Teams, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Kulturen stammen, ist die Konfliktgefahr noch größer, denn zur persönlichen und fachlichen Ebene stößt hier auch noch die kulturelle.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, die Mediation als Verfahren der Konfliktbearbeitung für internationale Teams vorzustellen. Da die Forschung im Bereich der interkulturellen Mediation für Teams im Unternehmenssektor noch in den Anfängen steckt, wird hierbei der Schwerpunkt auf den Herausforderungen an interkulturelle Mediation im Allgemeinen liegen. Der Aspekt der Teamentwicklung wird anhand eines Konfliktbeispiels in die Arbeit mit eingehen, das zur Untermalung der Ergebnisse immer wieder herangezogen wird.

Zunächst wird das Mediationsverfahren für monokulturelle Kontexte kurz umrissen. In einem zweiten Teil geht es um die Frage, wann eine Mediation oder der ihr zugrunde liegende Konflikt als „interkulturell“ bezeichnet werden kann. Maßgeblich für eine Antwort ist hierbei das Verständnis von Kultur, welches – je nach Betrachter - sehr unterschiedlich ausfällt. Im darauffolgenden Punkt werden dann Problemstellungen an die interkulturelle Mediation anhand des Konfliktbeispiels aus einem internationalen Team in der Altenpflege näher betrachtet. Abschließend werden die Anforderungen an den interkulturellen Mediator zusammengefasst und mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg ein konkretes Modell für die Mediation im interkulturellen Kontext dargestellt und einer kritischen Betrachtung unterzogen. Den Abschluss der Arbeit bilden eine Zusammenfassung und ein kurzer Ausblick zur weiteren Entwicklung dieser Konfliktmanagement-Methode.

I. Mediation in der westlichen Welt

1. Herkunft und heutige Anwendungsgebiete

Die Mediation – zu Deutsch nichts anderes als Vermittlung – ist in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelt worden, als man aufgrund einer chronischen Überlastung der Gerichte mit nichtigen Streitereien nach neuen Alternativen in der Konfliktbearbeitung forschte. Diese sollten zum einen kosten- und zeitsparend sein und zum anderen eine neue, demokratischere Streitkultur fördern. Die Mediation als Ergebnis dieser ADR-Forschung (Alternative Dispute Resolution) setzte sich in der Folge in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Amerikas durch und hat sich heute in institutionalisierter Form als Ergänzung des Gerichtswesen fest etabliert. Die Anwendungsgebiete sind Scheidungsfälle, Nachbarschaftskonflikte, Streitfälle in Unternehmen, Schulen und Organisationen sowie Täter-Opfer-Ausgleiche und Umweltmediationen.

In Deutschland und Westeuropa stößt das Verfahren seit den 80er Jahren mehr und mehr auf offene Ohren und ist auf dem besten Wege, bald eine ähnliche Position wie in den USA eingenommen zu haben.

2. Ablauf des Verfahrens

Die wesentlichste Rolle im Mediationsverfahren nimmt der Mediator ein (damit sind im Folgenden weibliche und männliche Personen gleichermaßen gemeint). Er wird zu den zwei Streitparteien als neutraler Dritter hinzugezogen und hat die Gewalt über die Strukturierung des Gesprächsprozesses, nicht aber über dessen Inhalt. Seine Aufgabe ist es, die gestörte Kommunikation zwischen den Betroffenen wiederherzustellen, damit diese in Zukunft wieder miteinander leben und/oder arbeiten können.

Die Streitenden ihrerseits sind freiwillig am Verfahren beteiligt. Sie entscheiden selbst, über welche Themen im Rahmen der Mediation gesprochen werden soll und sind selbst für die Erarbeitung von Lösungen verantwortlich, die dem Prinzip folgen, dass es am Ende nur Gewinner gibt.

Eine Mediation ist in klare Gesprächsphasen gegliedert. In der ersten Phase wird das Verfahren vorgestellt, die Freiwilligkeit überprüft und Regeln für den Umgang miteinander aufgestellt. Anschließend werden jeweils von beiden Seiten die als wesentlich erachteten Themen benannt, die Eingang in die Sitzung finden sollen. In der dritten Phase arbeitet der Mediator durch bestimmte Gesprächstechniken die eigentlichen Interessen der Beteiligten heraus, die sich hinter den nicht vereinbar scheinenden Positionen verstecken. Danach werden die Parteien gebeten, Lösungsoptionen zu entwickeln und diese dann zu bewerten, um in einem letzten Abschnitt konkrete, von beiden Seiten getragene Vorschläge vertraglich zu fixieren und somit den Konflikt und die Mediation beenden zu können.

Für eine Scheidungsmediation bedeutete dies beispielsweise das Festhalten von Regelungen im Umgang mit den Kindern, zwei streitende Nachbarn könnten sich auf flexible Pläne zur Reinigung des gemeinsamen Gartens einigen und statt eines Kohlekraftwerks wird in einem dicht besiedelten Gebiet nun doch ein neuartiges Solarwerk gebaut.

Fragt man allerdings nach den konkreten Ergebnissen einer interkulturellen Mediation, sind die spontanen Antworten längst nicht so plastisch und naheliegend wie in diesen Beispielen. Was also unterscheidet die interkulturelle Mediation von der klassischen? Kann man diese spontane Ratlosigkeit bei der Suche nach Inhalten erklären?

II. Interkulturelle Mediation

1. Probleme der Begrifflichkeit

1.1 Interkulturelle Mediation – ein Verfahren?

Der Begriff „interkulturelle Mediation“ führt in die Irre. Man könnte vermuten, dass es ein Verfahren gibt, also die interkulturelle Mediation, mit der sich alle Konflikte in interkulturellen Situationen (theoretisch) lösen lassen. Tatsächlich ist es aber so, dass das Interkulturelle in einem Konflikt „lediglich“ eine Verkomplizierung darstellt (Liebe, S. 42), und im Normalfall nicht der eigentliche Inhalt eines Streites ist. So macht es mehr Sinn, von „Mediation im interkulturellen Kontext“ zu sprechen (vgl. Mayer/Boness, S. 1). Im Folgenden werden die beiden Begriffe synonym verwendet.

Inhaltlich müssen interkulturelle Mediationen also mindestens denselben Bereich abdecken, der im monokulturellen Kontext auftaucht (Teamkonflikte, Partnerschaften, Umweltthemen etc.). Denkt man auch noch an ihren Einsatz in der internationalen Politik, wie beispielsweise dem Nahostkonflikt (vgl. Henschel), ergeben sich daraus völlig neue Einsatzgebiete.

Wann genau man aber einen Konflikt und die darauf ausgerichtete Mediation als „interkulturell“ bezeichnet, wird unterschiedlich gehandhabt. Entweder stellt die bloße Tatsache, dass die Konfliktparteien unterschiedlichen Kulturen angehören, das entscheidende Kriterium dar, oder aber man sagt, dass nur Konflikte oder Mediationen, die maßgeblich von kulturellen Fragen geprägt sind, das Attribut „interkulturell“ bekommen. Doch was sind nun „kulturelle Unterschiede“ oder „kulturelle Fragen“?

1.2 Kulturdefinition nach deterministischem Ansatz

Wer eine kulturdeterministische Auffassung vertritt, geht davon aus, dass die Kultur einen Menschen sehr stark bestimmt. Sie gilt in diesem Sinne als ein „im Rahmen der Sozialisation erworbenes inneres Muster, das in hohem Maße das Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst“ (Fröhlich-Archangelo, S. 268). Die Kultur befindet sich hauptsächlich auf einer unbewussten Ebene und die kulturelle Zugehörigkeit ist eher statischer Natur. Kulturelle Differenzen gelten deswegen als etwas ursprünglich Gegebenes und sind besonders von der nationalen Zugehörigkeit geprägt (ebd., S. 269). Die Deterministen stellen die Nationalkultur in den Vordergrund ihrer Betrachtungen, da innerhalb nationaler Grenzen aufgrund einer gemeinsamen Sprache und eines einheitlichen politischen- und Bildungssystems verstärkt kommuniziert wird und die Individuen alle dieselben Sozialisationsinstanzen durchlaufen haben. Das so entstandene Orientierungssystem für intrakulturelle Abläufe wird unbewusst auch auf interkulturelle Situationen übertragen. Treffen nun Angehörige verschiedener Kulturen aufeinander, kommt es zu Orientierungslosigkeit und Unsicherheit, weil Erwartungen an den Verlauf der Interaktion durch den Gegenüber nicht erfüllt werden. Konflikte sind somit vorprogrammiert und die Kultur wirkt als Kommunikationsbarriere (ebd., S. 271).

Wer ein solches Verständnis vom interkulturellen Konflikt hat, wird an eine Mediation die Anforderung haben, dass sie die verloren gegangene Orientierung wieder herstellt. Die Medianten werden sich der unterschiedlichen Bedeutungen von Symbolen und Verhaltensweisen bewusst, Stereotype werden durch Kulturwissen ersetzt und man lernt, das Verhalten des Anderen richtig einzuordnen. Die besonderen Herausforderungen an den Mediator sind in diesem Falle eine umfassende Kenntnis der beteiligten Kulturen und die Kunst, ohne inhaltlich auf den Prozess einzuwirken, die jeweilige kulturelle Gebundenheit der Konfliktparteien aufzudecken und lebbar zu machen.

1.3 Kulturdefinition nach konstruktivistischem Ansatz

Kritisiert wird der deterministische Standpunkt, weil er die Gefahr birgt, dass Differenzen zwischen Menschen unterschiedlicher Kultur zwar erkannt, aber gleichzeitig auch benutzt werden, um ein Nicht-Verstehen zu rechtfertigen und Stereotype zu zementieren. Somit kann Kultur zur Legitimation von Ausgrenzung, Diskriminierung und Krieg dienen und wahre Interessen verschleiern, wie es in der Geschichte schon oft genug vorkam. Kultur wird in diesem Sinne zum bloßen Austragungsort von Konflikten degradiert und gilt als erdachtes menschliches Konstrukt (ebd., S.272 f.). Sie ist interessenabgängig und somit sehr dynamisch. Die kulturelle Identität basiert nicht auf Besonderheit, sondern auf Abgrenzung von anderen. Demzufolge stellt der Kulturkonstruktivismus auch die Nationalkultur in ihrer Bedeutung zurück.

Dies geschieht zum einen, weil durch die zunehmende Globalisierung ihre Grenzen immer weiter aufweichen, hauptsächlich aber dadurch, dass sie nur eine von vielen Kulturen bzw. Identitätsbestandteilen eines jeden Menschen ist.

Der Mediator, der diesen Kulturbegriff vertritt, wird versuchen, den Konflikt auf eine individuelle Ebene herunterzuführen und somit die Kultur zu relativieren. Er wird die ganze Breite der Identität der Beteiligten herausstellen und so auf Gemeinsamkeiten zwischen ihnen aufmerksam machen, die die Grundlage für künftige Beziehungen stellen. Besonders schwierig dürfte es für ihn sein, einen Rahmen zu finden, in dem die Medianten ihre gesamte Identität preisgeben, und auch der Weg zu der Einsicht, dass kulturelle Differenzen durch bloßen Willen zu überwinden seien, kann problematisch werden.

Gerade weil es so verschiedene Auffassungen vom Kulturbegriff gibt, sollte dieser in einer interkulturellen Mediation in seiner gesamten Bandbreite berücksichtigt werden und sowohl deterministische als auch konstruktivistische Elemente beinhalten. Konflikte sind im Normalfall zu vielschichtig, um sie nur aus der einen oder der anderen Perspektive zu betrachten. Oft sind Missverständnisse aufgrund verschiedener Kommunikationsstile oder Körpersemantiken und tatsächliche Interessenskonflikte miteinander verwoben. Diese zu trennen ist Aufgabe des Mediators in interkulturellen Kontexten. Als Arbeitsdefinition wird im Folgenden die des Bundesverband Mediation e.V. benutzt: Man spricht von interkultureller Mediation, „wenn die Kultur wesentlich den Konflikt oder den Konfliktverlauf beeinflusst oder prägt und der Prozess mit angemessenen Kenntnissen und Methoden gestaltet wird“ (Bundesverband Mediation e.V.)

Die angesprochene Vielschichtigkeit von Konflikten in interkulturellen Situationen soll nun anhand eines Fallbeispiels (vgl. Böcker-Kamradt) näher erläutert werden.

2. Fallbeispiel

Die Beteiligten des Konfliktes sind Angestellte eines deutschen Altenpflegeheims, die in ihrem Team einen von vier Wohnbereichen der Anstalt betreuen. Der Fall ereignete sich zu einer Zeit, als umfangreiche, durch den Gesetzgeber vorgeschriebene Veränderungen auf den Pflegebereich zukamen. Das waren neben neuen strengeren Richtlinien zu Planung, Dokumentation, Controlling, Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit auch die Einführung der sogenannten Gruppenpflege, bei der die Aufgaben und Verantwortungsbereiche innerhalb des Teams stärker nach Qualifikation aufgeteilt wurden. Zudem wurden Absprachen wichtiger und neue Entscheidungs- und Informationswege mussten etabliert werden. Das Know-How zur Umsetzung dieser neuen Strukturen fehlte sowohl im Management als auch bei den Mitarbeitern weitestgehend.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Mediation
Untertitel
Was es zu beachten gilt und wie sie trotzdem gelingen kann
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Fachgebiet für Interkulturelle Wirtschaftskommunikation)
Veranstaltung
Interkulturelle Teamentwicklung
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
24
Katalognummer
V131709
ISBN (eBook)
9783640373628
ISBN (Buch)
9783640373338
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturelle, Mediation
Arbeit zitieren
Felix Block (Autor:in), 2008, Interkulturelle Mediation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131709

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