Im März 2005 veröffentlichte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) eine umfassende Studie zur Entwicklung der Kinderarmut in den sogenannten Industrieländern seit dem Jahr 1990 („Child Poverty in Rich Countries 2005“). Diese kam zu dem Ergebnis, dass sich in 17 von 24 OECD-Staaten die Lebensverhältnisse von Kindern innerhalb der vergangenen 15 Jahre verschlechtert haben. In Schweden leben beispielsweise vier Prozent der Kinder in relativer Armut, in Deutschland sind es dagegen über zehn und in den Vereinigten Staaten von Amerika sogar knapp 22 Prozent. Zudem zeigt die Studie deutliche Unterschiede im Rückgang beziehungsweise Anstieg der relativen Kinderarmut in den „reichen“ Ländern der westlichen Welt. So fiel sie beispielsweise in den USA um 2,4 Prozent, während sie in Deutschland mit 2,7 Prozent überdurchschnittlich stark anstieg. UNICEF zufolge besteht ein erheblicher Zusammenhang zwischen der Höhe staatlicher Aufwendungen für soziale Leistungen und der Kinderarmut. In den Vereinigten Staaten liegt die Höhe der Sozialleistungen bei unter fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die der Kinderarmut bei über 20 Prozent. Schweden dagegen gibt mehr als zehn Prozent des BIP für sein Wohlfahrtssystem aus – nur vier Prozent der Kinder sind hier von relativer Armut betroffen. Doch nicht nur die Höhe der Sozialleistungen ist entscheidend für die Bekämpfung der Armut. So geben zehn OECD-Län¬der, unter ihnen auch Deutschland, einen ungefähr gleichen Anteil ihres Bruttoinlandspro¬dukts für soziale Absicherung aus – trotzdem variiert die Armutsrate von drei Prozent in Norwegen über zehn Prozent in Deutschland bis zu 15 Prozent in Groß Britannien.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition
3. Kinderpolitik in Schweden, den USA und Deutschland
3.1 Politik in Schweden – das sozialdemokratische Modell
3.2 Politik in den USA – „workfare“ statt „welfare“
3.4 Politik in Deutschland – der Mittelweg
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im März 2005 veröffentlichte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) eine umfassende Studie zur Entwicklung der Kinderarmut in den sogenannten Industrieländern seit dem Jahr 1990 („Child Poverty in Rich Countries 2005“). Diese kam zu dem Ergebnis, dass sich in 17 von 24 OECD-Staaten die Lebensverhältnisse von Kindern innerhalb der vergangenen 15 Jahre verschlechtert haben. In Schweden leben beispielsweise vier Prozent der Kinder in relativer Armut, in Deutschland sind es dagegen über zehn und in den Vereinigten Staaten von Amerika sogar knapp 22 Prozent. Zudem zeigt die Studie deutliche Unterschiede im Rückgang beziehungsweise Anstieg der relativen Kinderarmut in den „reichen“ Ländern der westlichen Welt. So fiel sie beispielsweise in den USA um 2,4 Prozent, während sie in Deutschland mit 2,7 Prozent überdurchschnittlich stark anstieg. UNICEF zufolge besteht ein erheblicher Zusammenhang zwischen der Höhe staatlicher Aufwendungen für soziale Leistungen und der Kinderarmut. In den Vereinigten Staaten liegt die Höhe der Sozialleistungen bei unter fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die der Kinderarmut bei über 20 Prozent. Schweden dagegen gibt mehr als zehn Prozent des BIP für sein Wohlfahrtssystem aus – nur vier Prozent der Kinder sind hier von relativer Armut betroffen. Doch nicht nur die Höhe der Sozialleistungen ist entscheidend für die Bekämpfung der Armut. So geben zehn OECD-Länder, unter ihnen auch Deutschland, einen ungefähr gleichen Anteil ihres Bruttoinlandsprodukts für soziale Absicherung aus – trotzdem variiert die Armutsrate von drei Prozent in Norwegen über zehn Prozent in Deutschland bis zu 15 Prozent in Groß Britannien.
Dass Deutschland überhaupt von Kinderarmut betroffen ist, wurde über Jahrzehnte hinweg verleugnet oder totgeschwiegen. Armut galt für Viele als Problem der Entwicklungsländer. Doch seit einigen Jahren werden auch die Armutsprobleme der eigenen Gesellschaft durch Armutsberichte, Studien und Statistiken in vielen OECD-Staaten wahrgenommen. Wie kann es dazu kommen, dass in Wohlfahrtsstaaten, die ihren Bürgern eine gewisse soziale Grundsicherung gewähren, eine Bevölkerungsschicht aus Kindern entsteht, die in relativer Armut lebt?
Diese Hausarbeit beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Kinderarmut in Industrie-ländern. Zunächst werden die Begriffe, die im Kontext mit Armut verwendet werden, defi-niert: Wie wird Armut im Allgemeinen definiert und wie unterscheidet sich die relative von der absoluten Armut? Anschließend widmet sich die Arbeit der Familien- und Kinderpolitik der drei OECD-Länder Schweden, USA und Deutschland. Hierbei soll ermittelt werden, inwiefern sich die sozialpolitischen Ansätze hinsichtlich der drei verschiedenen Staaten unterscheiden und welche finanziellen und nicht-finanziellen Maßnahmen über die Zeit hinweg eingeführt wurden, um werdenden und potenziellen Eltern die Angst vor einem sozialem Abstieg zu nehmen. Die drei ausgewählten Industriestaaten unterscheiden sich signifikant in ihren Auslegungen eines Wohlfahrtssystems. Das Königreich Schweden ist wegen seiner jahrzehntelangen ungebrochenen Regierung durch die Arbeiterpartei stark sozialdemokratisch-geprägt und setzt daher auf einen weitreichenden und ausgebauten Sozialstaat. Die Vereinigten Staaten von Amerika wiederum haben eine liberale Ideologie, die mehr auf die Eigenverantwortung der Bürger setzt als auf staatliche Unterstützung. Die Einstellung zu einem minimalistischen Wohlfahrtsstaat ist in der Politik sowie in der Bevölkerung weitverbreitet. Als einen Mittelweg zwischen sozialdemokratischer und liberaler Vorstellung, kann man die Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland sehen. Durch die dominierende Regierungszeit der Christlich-Demokratischen Union herrscht eine Gesetzeslage, die vor allem das konservative Modell des männlichen Versorgers unterstützt. Jedoch wurde auch, insbesondere nach sozialdemokratischer Machtübernahme, die öffentliche Kinderbetreuung mehrfach ausgebaut. Eine Besonderheit findet sich jedoch in der deutschen Geschichte durch die Trennung des Landes in Ost und West und die erst 1989 vollzogene Wiedervereinigung des deutschen Staates.
Zur Analyse der gestellten Frage setzt diese Arbeit die drei erwähnten Modelle des Wohlfahrtssystems in einen Zusammenhang mit unterschiedlichen Raten der Familien- und vor allem der Kinderarmut.
2. Begriffsdefinition
Die Definition des Armutsbegriffs ist in vielen Gesellschaften und Sprachen völlig unterschiedlich geprägt und somit ist auch die Sichtweise auf soziale Ungleichheit abhängig von den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Im Allgemeinen wird Armut definiert als eine wirtschaftliche Lage, in der es den Menschen an ausreichenden Mitteln fehlt, um sich ein bestimmtes minimales Niveau der Gesundheitsvorsorge, der Ernährung, der Bildung, der Kleidung und des menschenwürdigen Wohnens zu ermöglichen. Dieses minimale Niveau wird als notwendig erachtet, um einen angemessen Lebensstandard erreichen zu können. Die Betrachtung jenes adäquaten Bewertungsmaßstabes ist jedoch vom durchschnittlichen Lebensniveau der jeweiligen Gesellschaft abhängig. In der wissenschaftlichen Literatur, sowie in zahlreichen Studien und Untersuchungen, treten hauptsächlich zwei Unterscheidungen des Armutsbegriffs hervor: Die absolute Armut und die relative Armut. Von absoluter Armut wird gesprochen, wenn „Menschen nicht über die zu ihrer Lebenserhaltung notwendigen Güter wie Nahrung, Kleidung, Obdach und Mittel der Gesundheitspflege verfügen.“[1] Demnach besteht also für diejenigen Menschen, die an diesem andauernden absoluten Existenzminimum leben, immer die Gefahr, dass sie nicht über ausreichende existenzsichernde Ressourcen verfügen und daher ihre Lebenssicherung gefährdet ist.
Die absolute Armut tritt überwiegend in den ehemaligen Dritte Welt- und heutigen Entwicklungsstaaten auf und ist in den westlichen / hochentwickelten Ländern eher selten vorzufinden. Hier spricht man andererseits fast ausschließlich von relativer Armut, da der durchschnittliche Wohlstandsstandard in OECD-Staaten, wie Deutschland, weit über dem physischen Existenzminimum liegt. Der Armutsbegriff in diesen Teilen der Welt – und somit auch der Reichtumsbegriff – orientiert sich an gesellschaftlichen Normurteilen und Wertüberzeugungen.[2] Diese „Armut im Wohlstand“, wie sie auch genannt wird, lässt sich somit einerseits an den ökonomischen Verhältnissen sowie an der Lebenslage erkennen, wobei ersteres auf das Einkommen als die essentielle wirtschaftliche Ressource abzielt. Um eine Messung der Armut anhand der Lebenslage durchzuführen, wird eine Auswahl wichtiger Lebensbereiche betrachtet, wie etwa Lebensmittelversorgung, Bildung, Wohnen, Arbeit, Gesundheitsleistungen oder die Teilnahme an kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten.
Die oben erwähnte Studie von UNICEF bezieht nun folgende sechs Analyseansätze für Armut ein, um den Armutsbegriff in wohlständigen Industriestaaten für die Situation der Kinder anzupassen und definierbar zu machen: Die materielle Sachlage, die von der Einkommenssituation der Eltern beeinflusst wird; die Gesundheit, zu der Kategorien wie Säuglingssterblichkeit und Impfmöglichkeiten gehören; Bildung und die berufliche Zukunft; die Beziehungen zu den Eltern sowie zu Gleichaltrigen; Lebensweise und Risiken der Kinder, wie zum Beispiel gesunde Ernährung oder Erfahrung von Gewaltanwendung; sowie letztendlich die eigene Einschätzung der Kinder über ihre Gesundheit, die Situation in der Schule und die allgemeine Zufriedenheit.[3]
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[1] Stimmer, Franz (Hrsg.): Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit - 4. völlig überarb. und erw. Aufl. - Oldenbourg, 2000, S. 49
[2] Vgl. Lebenslagen in Deutschland, Der 2. Armuts - und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 2005, S. 5f
[3] Vgl. UNICEF, Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF - Bericht zur Situation der Kinder in Industrieländern, 2007
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