Arbeitslosigkeit - ein Dauerproblem in Deutschland oder kommt mit den Gesetzen 'Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt' die Rettung?


Seminararbeit, 2003

21 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entstehung und Zusammensetzung der Hartz-Kommission

3. Die 13 Innovationsmodule und deren Bewertung durch Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft
3.1. Doppelter Kundenauftrag
3.2. Familienfreundliche Vermittlung und Erhöhung der Geschwindigkeit in der Vermittlung
3.3. Neue Zumutbarkeit und Freiwilligkeit
3.4. Jugendliche Arbeitslose - AusbildungsZeit-Wertpapier
3.5. Förderung älterer Arbeitnehmer und „BridgeSystem“
3.6. Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
3.7. Kein Nachschub für Nürnberg!
3.8. Aufbau von PersonalServiceAgenturen (PSA)
3.9. Neue Beschäftigung und Abbau von Schwarzarbeit durch „Ich-AG“ und „Familien-AG“
3.10. Personal, Organisation und Steuerung der BA-neu
3.11. Umbau der Landesarbeitsämter zu KompetenzCenter
3.12. Der JobFloater - Kapital für Arbeit
3.13. Beitrag der Profis der Nation

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Arbeitslosigkeit war in der Bundesrepublik Deutschland bis Anfang der siebziger Jahre kein Thema. Die Arbeitslosenquote bewegte sich meist um die 1 Prozent. Es herrschte Vollbeschäftigung. Sogar Gastarbeiter aus anderen Ländern waren herzlich will-kommen, um offene Stellen zu besetzen. Ab 1975 änderte sich dies: Die Millionen-grenze an Arbeitslosen wurde überschritten. Mitte der achtziger Jahre wurde der Höchststand seit Bestehen der BRD erreicht. Abgesehen von einer kleinen Erholung in den neunziger Jahren, kletterten die Arbeitslosenzahlen bis heute auf über vier Millionen Arbeitslosen[1]. Massenarbeitslosigkeit ist in unserer Gesellschaft seit nun mehr als einem viertel Jahrhundert eine zentrales Problem. Deshalb ist die Verringerung der Arbeitslosigkeit und die Sicherung eines hohen Beschäftigungs-standes ein vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik[2].

Im Spätsommer 2002 verkündet Gerhard Schröder, mit den Vorschlägen der so genannten Hartz-Kommission, den Leitbildwechsel von der aktiven Arbeitsmarkt-politik hin zu einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik. Das Ziel der Hartz-Kommission: Halbierung der registrierten Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2005 durch schnellere Arbeitsvermittlung, neue Zumutbarkeitsregeln, mehr Leiharbeit, Förderung von Selbst-ständigkeit und Mini-Jobs.

Mein Ziel wird es sein, die einzelnen Innovationsmodule des Kommissionsberichts „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsplatz“ daraufhin zu untersuchen, ob sie geeignet sind, das oben genannte Ziel zu realisieren und ob ihre sozialpolitischen Auswirkungen akzeptabel sind. Dabei helfen mir zahlreiche Bewertungen des Hartz-Berichts durch Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft.

2. Entstehung und Zusammensetzung der Hartz-Kommission

Den Anlass zur Bildung der Hartz-Kommission lieferte der Skandal um gefälschte Vermittlungszahlen beim Arbeitsamt Anfang 2002[3]. Daraufhin wurde am 22. Februar 2002 die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“[4] unter dem Vorsitz von Herrn Dr. Peter Hartz von der Bundesregierung beauftragt, Vorschläge zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit zu erarbeiten.

Am 06. März 2002 kommt die Kommission zu der ersten Sitzung zusammen und nimmt ihre Arbeit auf. Die Kommission setzt sich aus Persönlichkeiten aus Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Politik, Wissenschaft, Ländern und Kommunen zusammen. Im einzelnen sind dies die Konzernvertreter Dr. Peter Hartz (Personal-vorstand der Volkswagen AG), Heinz Fischer (Abteilungsleiter Personal der Deutschen Bank AG), Eggert Voscherau (Mitglied des Vorstandes der BASF AG), Norbert Bensel (Personalvorstand der Deutschen Bahn AG), die Lobbyisten Isolde Kunkel-Weber (Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes), Peter Gasse (Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen), Hans-Eberhard Schleyer (Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks), Klaus Luft (Geschäftsführer der Market Access for Technology Services GmbH), Harald Schartau (Minister für Arbeit und Soziales in Nordrhein-Westfalen), Wilhelm Schickler (Präsident des Landesarbeitsamtes Hessen), die Unternehmens- und Organisationsberater Dr. Jobst Fiedler (Roland Berger Strategy Consultants), Dr. Peter Kraljic (Direktor der McKinsey Company Düsseldorf), die Wissenschaftler Prof. Dr. W. Jann (Professor für Politikwissenschaft, Verwaltung und Organisation an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam), Prof. Dr. Günther Schmid (Direktor der Abteilung Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigung am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin) und der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig Wolfgang Tiefensee.

3. Die 13 Innovationsmodule und deren Bewertung durch Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft

Am 16. August 2002 überreicht Dr. Peter Hartz dem Bundeskanzler Gerhard Schröder bei einer offiziellen Präsentation im Französischen Dom in Berlin das Hartz-Konzept. Es umfasst weit mehr als die Reformvorschläge zum Umbau der Bundesanstalt für Arbeit. Es unterbreitet ein ganzes Bündel zur Reform der Arbeitsmarktpolitik. Die Leitidee der neuen Arbeitsmarkpolitik lautet: „Eigenaktivitäten auslösen - Sicherheit einlösen“ entsprechend der Formel „Fördern und Fordern“. Es kommt zum Wechsel von der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik.

Das Hartz-Konzept umfasst 13 Innovationsmodule. Im Zentrum steht die eigene Inte-grationsleistung des Arbeitslosen, welche von einem Angebot an Dienstleistungen begleitet wird: von der Vermittlung von Zeitarbeit über Qualifikationsmöglichkeiten bis zu einer regulären Beschäftigung.

3.1. Doppelter Kundenauftrag

Das erste Modul beschreibt den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit[5], also der Arbeits-verwaltung.

Das Arbeitsamt wird in seiner Betriebsform zu einem so genannten JobCenter, zu einem lokalen Zentrum für alle Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, umgestaltet. Die haupt-sächliche Arbeit des JobCenters besteht im Vermittlungsprozess. Er ist ein ganz-heitlicher Service für den Kunden. Kunden sind alle Erwerbstätigen, die arbeitslos bzw. arbeitsuchend sind, erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger und auch Arbeitgeber. Die Arbeitssuchenden werden nach Informations[6] -, Beratungs[7] - und Betreuungskunden[8] sortiert und an Vermittler bzw. Fallmanager weitergeleitet. Die Arbeitsvermittler werden von Verwaltungs- und Nebenaufgaben befreit. So können sie sich voll auf die Pflege der Kontakte zu Unternehmen und auf die Akquisition offener Stellen konzentrieren. Der Vermittler bespricht mit dem Arbeitssuchenden in Frage kommende Stellenangebote und bereitet ihn auf das Bewerbungsgespräch vor.

Mehr Service im JobCenter soll die Arbeitslosenzahl um 230.000 reduzieren.

Die BA meldete am 05. Februar 2003: Die BA befindet sich in einem intensiven Umbauprozess. In 25 Projekten wird derzeit erarbeitet, wie die BA künftig ihre Aufgaben effizienter wahrnehmen kann, und welche Strukturen sie hierfür benötigt. Um die Projektarbeit voranzutreiben, lässt sich die BA inhaltlich und methodisch durch externe Beratungsunternehmen unterstützen. Damit profitiert sie von Erfahrungen bei den besten Dienstleistern in der Wirtschaft oder bei anderen Arbeitsverwaltungen.

Grundsätzlich wird dieses Innovationsmodul durch Mitglieder der Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft positiv bewertet. „Das Anliegen einer Verwaltungsreform, die funktionslose Hierarchien abbaut, starre Bürokratien verflüssigt, überprüfbare Hand-lungsziele und Kernaufgaben definiert sowie individuelle Handlungsspielräume erschließt, ist vorbehaltlos zu unterstützen. Denn es dient den Arbeitsuchenden, wenn sich Beamte mit hoheitlichem Nimbus in einfühlsame Anbieter personennaher Dienst-leistungen verwandeln“ (Trube: 147-148). Das Image der BA wird sich positiv ver-ändern.

JobCenter in unseren europäischen Nachbarländern zeigen, dass in Kombination mit weiteren arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ein Abbau der Arbeitslosigkeit möglich ist.

3.2. Familienfreundliche Vermittlung und Erhöhung der Geschwindigkeit in der Vermittlung

Das zweite Modul ist ein weiteres zentrales Anliegen der Hartz-Kommission. Tempo und Qualität der Vermittlung muss gesteigert werden, um in Zukunft 450.000 Arbeits-lose weniger in der Statistik zu finden.

Bisher hat die Arbeitslosmeldung nach Eintritt der Arbeitslosigkeit zu erfolgen, spätestens aber nach zwei Monaten. „Das Arbeitsamt erfährt erst von der Arbeits-losigkeit, wenn diese bereits eingetreten ist. Die Zeit zwischen Kündigung und Eintritt der Arbeitslosigkeit bleibt damit ungenutzt“ (Kommissionsbericht: 82). Künftig sind Arbeitnehmer verpflichtet, das JobCenter bereits zum Zeitpunkt der Kündigung, über die drohende Arbeitslosigkeit zu informieren. Mit Beginn der Kündigungsfrist können so die Vermittlungsbemühungen für betroffene Arbeitnehmer frühzeitig eingeleitet werden. Das Ziel ist der Wechsel von Beschäftigung in Beschäftigung.

[...]


[1] Stand 06. März 2003: 4.706.200 Arbeitslose (AL-quote: 11,3 %)

[2] genauer der Arbeitsmarktpolitik

[3] Der Bundesrechnungshof beschuldigte die Arbeitsämter, Vermittlungszahlen gefälscht zu haben.

Eine Stichprobenuntersuchung des Bundesrechnungshofes ergab, dass bis zu 70 Prozent der Vermittlungen bei den Arbeitsämtern fehlerhaft gebucht seien. Dies würde bedeuten, dass statt der angeblichen 3,8 Millionen Vermittlungen im Jahr 2001 nur 1,2 Millionen Vermittlungen in den 181 deutschen Arbeitsämtern stattgefunden haben.

[4] Im Folgendem (Hartz)-Kommission genannt

[5] Im Folgendem BA genannt

[6] Arbeitsuchende, die in der Lage sind, die Stellensuche in Eigeninitiative erfolgreich zu gestalten

[7] haben darüber hinaus Beratungsbedarf

[8] Arbeitsuchende mit erheblichen vermittlungshemmenden Erschwernissen

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Arbeitslosigkeit - ein Dauerproblem in Deutschland oder kommt mit den Gesetzen 'Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt' die Rettung?
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar: Aktuelle Fragen der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und in Europa
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V13287
ISBN (eBook)
9783638189781
ISBN (Buch)
9783640098958
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hartz-Kommission
Arbeit zitieren
Tina Dutschmann (Autor:in), 2003, Arbeitslosigkeit - ein Dauerproblem in Deutschland oder kommt mit den Gesetzen 'Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt' die Rettung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13287

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