Öffentlich-Private-Partnerschaften als Instrument der Effizienzsteigerung in der Kommune


Diplomarbeit, 2009

106 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Problemstellung

3 Themenfeld öffentlich-Private-Partnerschaften
3.1 Entstehung und Definition
3.2 Entwicklung von ÖPP-Projekten in Deutschland
3.3 Förderung
3.4 Verfahrensablauf
3.4.1 Bedarfsermittlung
3.4.1.1 Verkehrsinfrastruktur
3.4.1.2 Technische Infrastruktur
3.4.1.3 öffentlicher Hochbau
3.4.1.4 öffentliche Dienstleistungen und eGovernment
3.4.1.5 Kultur- und Freizeitbereich
3.4.1.6 Sozialbereich
3.4.2 Partnersuche
3.4.3 Vertragsgestaltungsphase
3.4.3.1 Erwerbsmodell
3.4.3.2 Gesellschaftsmodell
3.4.3.3 Inhabermodell
3.4.3.4 Konzessionsmodell
3.4.3.5 Leasingmodell
3.4.3.6 Mietmodell
3.4.3.7 Vertragsmodell
3.4.4 Realisierung
3.4.5 Kontrolle und Nachverhandlungen

4 Notwendigkeit der Effizienzsteigerung in der Kommune
4.1 Kommunale Haushaltslage
4.2 Kommunaler Investitionsbedarf
4.2.1 Kommunaler Investitionsbedarf von 2000-2009
4.2.2 Kommunaler Investitionsbedarf bis 2020
4.3 Einnahmensteigerung
4.4 Ausgabenreduzierung
4.4.1 Privatisierung
4.4.2 Personal- und Leistungsreduzierung
4.4.3 öffentlich-Private-Partnerschaften

5 Effizienzgewinne durch ÖPP-Projekte
5.1 Der Effizienzbegriff in der ÖPP
5.2 Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
5.3 Risikomanagement
5.4 Ursachen der Effizienzsteigerung
5.4.1 Optimierung des Risikotransfers
5.4.2 Der Lebenszyklusansatz
5.4.3 Betriebswirtschaftlicher Ansatz
5.4.4 Aktivierung privaten Kapitals
5.5 Einbindung von KMU
5.6 Beispielprojekte
5.6.1 Integrierte Gesamtschule im Landkreis Peine
5.6.2 Sanierung einer Schwimmsporthalle der Stadt Gera
5.6.3 Projekt ”Würzburg Integriert”

6 Risiken eines Effizienzverlustes bei ÖPP-Projekten
6.1 Versteckte Kommunalverschuldung
6.2 Unübersichtliche Vertragsgestaltung
6.3 Transaktionskosten
6.4 Pauschale Bedenken
6.5 Beispielprojekte
6.5.1 Rathausneubau in Gladbeck
6.5.2 Warnowquerung bei Rostock

7 OPP-Projekte als Instrument der Effizienzsteigerung in der Kommune
7.1 Studienergebnisse zu kommunalen ÖPP-Projekten
7.2 OPP als Bestandteil des New Public Management
7.3 Chancen und Risiken von ÖPP
7.4 Handlungsbedarf und Perspektive

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Vorwort

”Public Private Partnership ist weder eine wundertätige Zauberformel noch
Kapitalisten-Voodoo. Stattdessen muss PPP zu einem demokratischen
Finanzierungselement werden, wenn wir uns zukünftig noch Schulen, Straßen und
Verwaltung leisten wollen.”
1

Viele Städte und Gemeinden in Deutschland befinden sich seit einigen Jahren in erhebli-chen Finanzierungsschwierigkeiten. Trotz eines teils massiven Rückgangs der Steuerein-nahmen, steigen die Kommunalausgaben weiter an. Allein im Sozialbereich kam es in den letzten Jahren zu einem erheblichen Ausgabenanstieg im zweistelligen Prozentbe-reich.2 Die kommunale Infrastruktur, die überwiegend in den 50er, 60er und 70er Jahren errichtet wurde, ist heute grofßtenteils sanierungsbedürftig. Des Weiteren sind viele Kom-munen in Deutschland hoch verschuldet.3 Wenn Städte und Gemeinden ihre Haushalte sanieren und trotzdem weiterhin wichtige Infrastruktur- , Bau- und Dienstleistungsin-vestitionen tätigen wollen, sind sie auf alternative Beschaffungsformen angewiesen. Eine dieser Beschaffungsformen ist die ”öffentlich-Private-Partnerschaft” (ÖPP).

Bei einer ÖPP arbeitet die Kommune mit einem privatwirtschaftlichen Partner zu-sammen, wobei aufgrund von entstehenden Synergieeffekten eine teils erhebliche Kos-tenreduzierung erwirkt werden kann. Ein Projekt kann zudem wesentlich schneller und nachhaltiger realisiert werden, so dass es zu einer deutlichen Effizienzsteigerung bei ÖPP-Projekten im Gegensatz zur konventionellen Projektabwicklung kommen kann. Der Pri­vate sollte dabei sowohl in die Planungs-, Finanzierungs-, Bau-, Betriebs- als auch in die Verwertungsphase einbezogen werden, um grofßtmogliche Kosteneinsparungen zu erzie-len. Doch nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch der privatwirtschaftliche Partner profitiert von der Zusammenarbeit und es entsteht eine sog. Win-Win-Situation. Bei einer ÖPP binden sich Kommune und Privater über einen längeren Zeitraum anein-ander und konnen mit einer guten Kombination der Fachkompetenzen das gemeinsam gesteckte Ziel der erhöhten Wirtschaftlichkeit erreichen. Wenn ein lokales Wirtschafts-unternehmen für eine ÖPP gewonnen wird, hat dies aufßerdem positive Auswirkungen auf die regionale Wirtschaftsentwicklung und sollte daher angestrebt werden.

Die Bundesregierung hat das grofße Potential von ÖPP-Projekten bereits erkannt und verschiedene Initiativen zur Förderung und Optimierung gestartet. Besonders hervorzu-heben ist die PPP-Task-Force4 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung (BMVBS) und die Beratungsgesellschaft Partnerschaften Deutschland5 . Auch die Lander haben eigene Initiativen gegründet um ihren Stadten und Gemeinden bei einer ÖPP unterstützend zur Seite zu stehen. Ferner hat die Wirtschaft die ÖPP als po-tentiellen Wachstumsmarkt entdeckt und treibt die Diskussion voran. Speziell im Bau-wesen wird sie als Möglichkeit gesehen, die Auslastung der Branche zu erhöhen.6 Das im Rahmen der Finanzkrise verabschiedete Konjunkturpaket der Bundesregierung zielt auf Infrastrukturinvestitionen ab. Hier bietet sich die ÖPP an, um die Fördermittel effizient zu nutzen. Des Weiteren gibt es erste Schritt auch Verwaltungsaufgaben zusammen mit Privaten zu betreiben.7

öffentlich-Private-Partnerschaften sind aber weder eine Wunderwaffe für finanzschwa-che Kommunen, noch ein Goldesel für die privaten Partner, sondern bergen für beide Seiten Herausforderungen und Risiken. Eine wohldurchdachte Planungsphase kann diese jedoch deutlich reduzieren. Durch die in den letzten Jahren realisierten ÖPP-Projekte können Kommunen und private Partner bereits auf erste Erfahrungen zurückgreifen und so Verfahrensablaufe optimieren. Es ist hervorzuheben, dass ÖPP-Projekte zwar zur Be-waltigung der kommunalen Finanzkrise beitragen können, jedoch allein nicht ausreichen um diese zu lösen. Sie sind stets nur ein Mosaikstein in der kommunalen Sanierungsstra-tegie.

In den USA, Grofßbritannien und Frankreich ist die ÖPP bereits ein gangiges Fi-nanzierungsmodell. Die standig ansteigende Zahl8 von kommunalen ÖPP-Projekten in Deutschland verdeutlicht den grofßen Bedarf und die beidseitige Zuversicht in dieses neue Beschaffungsinstrument auch hierzulande. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren ihre Zahl weiter steigen wird.

2 Problemstellung

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob eine ÖFF ein geeignetes Instru­ment zur Effizienzsteigerung in der Kommune darstellt. So wird geprüft ob und wie die ÖFF zu einer Kostenreduzierung führen kann. Hierzu wird zuerst die ÖFF in ihrer Mo-dellvielfalt besprochen und ein typischer ÖFF-Verfahrensablauf aufgezeigt. In diesem dritten Kapitel wird, neben einem historischen Abriss und der Definition einer ÖFF auch die Entwicklung und Förderung von ÖFF-Frojekten in Deutschland besprochen. Ziel dieses Kapitels ist es den Leser in die Grundlagen einer ÖFF, die deutsche Entwick-lungsgeschichte und die unterschiedliche Modellvarianten einzuführen.

Es stellt sich die Frage, warum die ÖFF gerade jetzt als mögliche Alternative zur konventionellen Realisierung gesehen wird, obwohl sie in anderen westlichen Industrie-nationen bereits seit Jahrzehnten ein gängiges Finanzierungsinstrument ist. Grund hier-für ist die schlechte Finanzlage von Bund, Ländern und Kommunen, welche die ÖFF aufgrund einer Effizienzsteigerung von ca. 15%9 gerade jetzt besonders attraktiv werden lässt. Da die Effizienzsteigerung das Hauptkriterium der Kommunen darstellt, wird auch in dieser Diplomarbeit die Effizienz als zentrales Bewertungskriterium verwendet. Der in dieser Diplomarbeit verwendete Effizienzbegriff ist dabei stark vereinfacht. So geht mit dem Effizienzbegriff immer eine bestimmte Wertvorstellung einher. Es stellt sich dabei die Frage, an welchen Kriterien die Effizienz gemessen wird, denn diese Kriterien sind je nach Frioritätensetzung variabel. Der Begriff der Effizienz wird in der ÖFF-Fachliteratur häufig unkommentiert verwendet und so mangelt es ihm an einer unmissverständlichen Operationalisierung. Zudem ist die Effizienz stets ein begriffliches Konstrukt, welches sich an einem hypothetischen Sachverhalt orientiert. So müssen nach einer Definiti­on von Effizienz messbare Effizienzindikatoren gefunden werden, auf deren Grundlage eine Effizienzanalyse vorgenommen wird. Diese werden aufgrund ihres hypothetischen Charakters immer Kritikpunkte aufweisen. Die Erfassung eines komplexen Systems in vergleichbaren Zahlen ist jedoch nicht möglich, da Zahlenwerte die Wirklichkeit nicht vollständig abbilden konnen. Um nicht Gefahr zu laufen sich in einer komplexen Effizi-enzdefinition zu verlieren wird in dieser Diplomarbeit der Effizienzbegriff nur unter dem eindimensionalen Aspekt der Kostenreduzierung verwendet.10 In dieser Diplomarbeit wird er speziell unter dem Gesichtspunkt der Kosten- und Ressourceneffizienz verwen-det. D.h. eine Effizienzsteigerung geht mit einer Kosten- und Aufwandsreduzierung für die Kommunen einher. Effizienz wird dabei unter Input-Gesichtspunkten gesehen, das bedeutet, dass es angestrebt wird, die selbstauferlegten Aufgaben moglichst ressourcen-arm zu verwirklichen. Es wird davon ausgegangen, dass das realisierte Frojekt sowohl bei einer konventionellen Beschaffung, als auch bei einer Beschaffung über eine ÖFF, qualitativ mindestens gleichwertig ist und dass dieses Frojekt nicht, z.B. durch Quer-subventionen, in ein komplexes kommunales Wirtschaftsgefüge eingebunden ist, sondern auch losgelost betrieben werden kann.

Im vierten Kapitel wird die Notwenigkeit einer Effizienzsteigerung in den Kommunen dargelegt. Neben der aktuellen kommunalen Haushaltslage, wird der aktuelle und der zukünftige kommunale Investitionsbedarf besprochen. Es werden zudem Moglichkeiten diskutiert, eine Effizienzsteigerung in der Kommune vorzunehmen. Eine dieser Moglich-keiten ist die öffentlich-Frivate-Fartnerschaft. Das Kapitel soll verdeutlichen, warum gerade jetzt eine alternative Finanzierungsmoglichkeit für die Kommunen in Deutsch­land notwendig wird und welche Alternativen es neben der ÖFF gibt.

Daraufhin werden die Gründe für eine Effizienzsteigerung bei einer ÖFF analysiert. Der betriebswirtschaftliche Ansatz, der Lebenszyklusansatz und die optimale Risikover-teilung zwischen öffentlicher Hand und dem privaten Fartner spielen dabei eine zen-trale Rolle. Eine Effizienzsteigerung wird anhand der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nachgewiesen, welche ebenfalls kritisch betrachtet wird. Die gelungene Erschließung von kommunalen Effizienzpotentialen wird anhand von Fraxisbeispielen veranschaulicht.

Im sechsten Kapitel werden die Gefahren eines Effizienzverlustes bei einer ÖFF be-sprochen. So gibt es vor allem in der Flanungsphase und in der Kontroll- und Nach-verhandlungsphase die Gefahr, die ursprüngliche Effizienzsteigerung zu gefährden. Auch grundsätzliche Bedenken gegenüber der Einbeziehung privater Akteure in kommunale Aufgaben werden hier diskutiert. Zwei ineffiziente ÖFF-Frojekte sollen die Gefahren des Effizienzverlustes veranschaulichen.

Im siebten Kapitel wird die ÖFF als Instrument der Effizienzsteigerung in der Kom- mune beurteilt und die Vorteile und Risiken werden gegeneinander abgewogen. Empi-rische Erhebungen über die Zufriedenheit der öffentlichen und privaten Partner werden dabei berücksichtigt. Des Weiteren wird veranschaulicht, wie die ÖPP in den Prozess des New Public Managements einzuordnen ist. Schlussendlich werden die Perspektiven dieses neuen Finanzierungsinstruments und der politische Handlungsbedarf aufgezeigt.

In Deutschland stellt die ÖPP eine verhaltnismaßig neue Finanzierungsweise dar, so dass die vorhandenen Quellen selten alter als 8 Jahre sind. Da die Projektlaufzeit von ÖPP-Projekten idealerweise 20-30 Jahre betragt, ist der Erfolg oder Misserfolg einer ÖPP noch nicht in vollem Umfang zu erfassen. Die ersten Erkenntnisse aus deutschen ÖPP-Projekten zeigen jedoch, dass die versprochenen Effizienzgewinne auch hierzulande grundsatzlich erzielt werden können und z.T. sogar weit übertroffen werden.

3 Themenfeld öffentlich-Private-Partnerschaften

Die Kommunen sind aufgrund ihrer schlechten Haushaltslage zur Mitteleffizienz ge-zwungen. Eine der Möglichkeiten eine Effizienzsteigerung zu erwirken ist die ÖPP. Im folgenden Kapitel wird die Funktionsweise und der Ablauf von öffentlich-Privaten-Partnerschaften aufgezeigt. Zu Beginn wird auf die Entstehung der ÖPP eingegangen, worauf eine Darlegung der Verbreitung und Förderung von ÖPP-Projekten in Deutsch­land folgt. Daraufhin wird ein ÖPP-Merkmalskatalog besprochen und die Verfahrens-weise und die verschiedenen Arten und Vertragsmodelle einer ÖPP aufgezeigt. Ziel ist es, dem Leser eine grundlegende Einführung in die ÖPP zu geben und den aktuellen Stand von ÖPP-Projekten in deutschen Kommunen zu besprechen.

3.1 Entstehung und Definition

Das Modell der öffentlich-Privaten-Partnerschaft kommt ursprünglich aus den USA. Dort ist es bereits seit den 40er Jahren11 nicht unüblich, derartige Kooperationen einzu-gehen. Aufgrund des wirtschaftlichen Strukturwandels und der öffentlichen Finanzkrise wurde die ÖPP als Möglichkeit genutzt, Infrastrukturinvestitionen zu tatigen. Der Begriff Public Private Partnership wurde in der Carter-¨Ara geprägt und war Bestandteil der New-Urban-Policy. So konnten sich Städte über den Urban Development Action Grant um staatliche Fördermittel für ihre Projekte bewerben, wenn sie bereits einen priva-ten Partner zu deren Realisierung gefunden hatten. Unter Präsident Reagan wurde die Einbeziehung privatwirtschaftlichen Kapitals bei der Stadterneuerung im Rahmen der Privatism-Kampagne weiter ausgebaut. Da sich der Staat zunehmend aus dem öffentli-chen Aufgabenfeld zurückzog, mussten die Kommunen nach anderen Finanzierungsmo-dellen suchen. In den USA wird für das Gemeinwohl traditionell eher die Gesellschaft als der Staat verantwortlich gemacht. Daher ist die Hemmschwelle private Unternehmen an gemeinwohlorientierten Projekten zu beteiligen deutlich geringer als z.B. in Deutsch­land, wo staatliche Fürsorgepflicht, über das Sozialstaatsprinzip, bereits im Grundgesetz verankert ist. Von den USA aus gelangte das ÖPP-Modell nach Grofßbritannien und wurde dort speziell in der Thatcher-¨Ara verbreitet und gefördert. Nach einer Revisions-phase wurde die ÖPP unter Premierminister Blair wieder aufgegriffen und ausgebaut. Inzwischen fliefßen 20% der staatlichen Nettoinvestitionsausgaben in Grofßbritannien in ÖPP-Projekte.12 Mittlerweile ist sie sowohl in den USA, als auch in Grofßbritannien ein gängiges Beschaffungsinstrument. Deutschland übernimmt in diesem Prozess die Rolle eines Nachzüglers. Zwar gibt es gemischtwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts, die flächendeckende staatliche Förderung der-artiger Kooperationen ist jedoch neu.13 In der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde die ÖPP auch in Deutschland als alternative Beschaffungsvariante wahrgenommen.14 Ursa-che hierfür ist neben der schlechten Finanzlage die politische Tendenz zur Deregulierung und Dezentralisierung und die zunehmende Bedeutung von wirtschaftlichen Gesichts-punkten. So entstand 1986 mit dem Initiativkreis Ruhrgebiet die erste deutsche ÖPP, welche sich mit Regionalmarketing befasste.15

Akteure innerhalb von ÖPP-Projekten können öffentliche- und halböffentliche Kör-perschaften, die Politik und privatwirtschaftliche Institutionen sein. Unter privatwirt-schaftlichen Institutionen sind neben dem konkreten privatwirtschaftlichen Partner auch Kreditinstitute und Banken zu nennen. Da gerade in Deutschland die Skepsis gegenüber einer privatwirtschaftlichen Beteiligung an bisher öffentlichen Aufgaben sehr ausgeprägt ist, wird eine ÖFF oft sehr ideologisch diskutiert. So muss, wie bei allen kommunalen Entwicklungen, auch bei einer ÖFF, die politische Durchsetzbarkeit gewährleistet sein. D.h. es muss im Gemeinderat eine Mehrheit für eine ÖFF gefunden werden. Auch der Bürgermeister und die Verwaltungsangehörigen müssen einer ÖFF aufgeschlossen ge-genüberstehen. Je nach Bundesland und ÖFF-Modell bedarf es zudem der Zustimmung von Aufsichtsbehörden und der Fersonalräte. Da die öffentliche Meinung einen grofßen Einfluss auf politische Entscheidungen hat, sollten auch Medien und Bürgerschaft als Akteure berücksichtigt und eine transparente Informationspolitik betrieben werden.16

Der Begriff Öffentlich-Private-Partnerschaft ( ¨ ÖFF) geht aus dem englischen Begriff Public-Private-Partnership (FFF) hervor. Da der deutsche Gesetzgeber und die betref-fenden Ministerien in Gesetzen17 und Arbeitspapieren von ÖFF sprechen, beginnt dieser Begriff sich zunehmend zu etablieren. Daher wird ihm auch in dieser Diplomarbeit der Vorzug gegeben. ÖFF ist ein neuer und nicht vorbelasteter Begriff, der ein enges Mit-einander von Staat und Frivatwirtschaft suggeriert. Da sich die öffentliche Hand häufig dem Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit und der Ineffizienz gegenübersieht, legt der Be-griff ”ÖFF” eine Zunahme von betriebswirtschaftlichen Instrumenten und Ansätzen im Bereich der öffentlichen Leistungserbringung nahe. Da sich auf der anderen Seite die Frivatwirtschaft häufig mit dem Vorwurf des fehlenden Gemeinwohlinteresses konfron-tiert sieht, lässt allein die Begrifflichkeit ÖFF auf eine für den Steuerzahler entlastende Symbiose aus Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohl hoffen.

Für den Begriff ÖFF gibt es jedoch noch keine allgemein anerkannte wissenschaftli-che Definition, sondern es handelt sich um einen unstrukturierten Sammelbegriff.18 Die verschiedenen Definitionsansätze beinhalten jedoch fast immer folgende Aspekte:

- Das Frojekt muss langfristig angelegt sein, dass heifßt es verfügt über eine Laufzeit von ca. 5 - 30 Jahren.

- Das Weiteren müssen zu einem erheblichen Teil finanzielle Ressourcen durch den Privaten eingebracht werden. So empfiehlt der Bundesverband deutscher Ban-ken eine ÖPP erst ab einem Projektvolumen von mindestens 25 Mio. Euro19 , da die erhöhten Planungskosten i.d.R. erst ab dieser Summe durch die erzielten Effizienz-gewinne übertroffen werden. Das BMVBS zeigt in einer Studie, dass kommunale ÖPP-Projekte einen eine Durchschnittsinvestitionssumme von 13 Mio. Euro auf-weisen und trotzdem zweistellige Effizienzpotentiale erschließen können.20
- Es findet eine Aufgabenteilung zwischen öffentlicher Hand und dem privaten Partner statt, wobei die öffentliche Hand der Projektinitiator ist und meist nur in der Planungs- und Kontrollphase einbezogen wird, während die Projektrealisierung und der Betrieb meist die alleinige Aufgabe des privaten Partners darstellt.
- Es muss eine Risikoverteilung zwischen beiden Partnern stattfinden, wobei idea-lerweise jeder die Risiken übernimmt, die er am besten beherrscht.
- Es muss ein Lebenszyklusansatz vorhanden sein. D.h, dass die Weiterverwen-dung des ÖPP-Gegenstandes bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden sollte. Falls keine anderweitige Verwendung vorgesehen ist, muss sich die Zusam-menarbeit zumindest über drei Projektphasen erstrecken.

Des Weiteren wird zwischen einer Institutionellen-, einer Konzessionellen- und einer Vertrags-ÖPP unterschieden. Hierbei handelt es sich um die Form des Verhältnisses zwi-schen Privatem Partner und der öffentlichen Hand. Bei der Institutionellen ÖPP 21 wird eine gemeinsame Kapitalgesellschaft gegründet. öffentliche Hand und Kommune bewältigen die gestellte Aufgabe also in einem gemeinsamen Unternehmen. Bei einer Konzessionellen ÖPP22 ist die öffentliche Hand der Auftragsgeber und der private Partner führt diesen Vertrag lediglich aus. Die öffentliche Hand tritt dabei nicht mehr als Produzent auf, sondern stellt die Versorgung der Kommune durch einen privaten Partner sicher. So tritt der private Partner in direkten Kontakt zum Endnutzer. Eine weitere Möglichkeit ist die Vertrags ÖPP. Bei ihr besteht die Zusammenarbeit zwi-schen Kommune und privatem Partner aus einer rein schuldenrechtlichen Beziehung. D.h. es handelt sich hierbei primär um ein Finanzierungsmodell. Diese ÖPP kann als reine Beschaffungsmethode angesehen werden.

Die ÖPP steht zwischen der konventionellen und der privaten Realisierung und stellt nicht nur eine Finanzierungsvariante, sondern eine Beschaffungsvariante dar. Sie unter-scheidet sich von der konventionellen Beschaffung durch ihre Interdisziplinarität, ihre Komplexität und ihre Langfristigkeit.23 Hauptziel einer ÖPP ist der Effizienzgewinn. Beide Partner sind an diesem interessiert. Für die öffentliche Hand bedeutet eine Effi-zienzsteigerung, dass sie ihre Finanzmittel effektiver genutzt hat und für den privaten Partner eine konstante und langfristige Einnahmequelle und ggf. eine Bonuszahlung oder Endzahlung. Ein weiteres Ziel stellt der gegenseitige Informationsgewinn dar. Während die öffentliche Hand Einblick in die privatwirtschaftliche Arbeitsweise erlangt, kann der private Partner Abläufe innerhalb der Verwaltung besser nachvollziehen. So kann die Kommune ihre eigene Arbeitsweise unter Effizienzgesichtspunkten optimieren und der Private kann Erkenntnisgewinne für zukünftige Kooperationen nutzen.

In der Literatur wird häufig jegliche Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und der Privatwirtschaft voreilig als ÖPP bezeichnet, sobald einige der oben genannten Aspekte zutreffen. Grundsätzlich ist eine Zusammenarbeit von öffentlichen und priva-ten Trägern nichts Neues. So war es z.B. bei Bauvorhaben schon lange vor der ÖPP-Diskussion üblich mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen über Realisierbarkeit, Kosten und Realisierungsdauer zu verhandeln. Neu bei einer ÖPP ist hingegen der frühe Zeitpunkt der Kooperation und der Umfang der Partnerschaft.

Kritiker sehen in einer ÖPP häufig den erster Schritt zur Komplett-Privatisierung und Deregulierung24 öffentlicher Aufgaben und befürchten bei einer zunehmenden Berück-sichtigung marktwirtschaftlicher Ansätze einen Verlust des Sozialstaats und des Gemein-wohlinteresses. Ideologisch wird die ÖPP dem Neoliberalismus zugeordnet.

Auch wenn keine Legaldefinition vorliegt, kann die Definition des BMVBS als Orien-tierungshilfe genommen werde:

”ÖPP ist eine langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher

Hand und Privatwirtschaft zur wirtschaftlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben über
den gesamten Lebenszyklus eines Projektes. Die für die Aufgabenerfüllung benötigten
Ressourcen (z.B. Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal etc.) werden von den
Partnern in einem gemeinsamen Organisationsmodell zusammengeführt und
vorhandene Projektrisiken entsprechend der Managementkompetenz der Projektpartner
angemessen verteilt.”
25

3.2 Entwicklung von ÖPP-Projekten in Deutschland

Deutschland hat im internationalen Vergleich die ÖPP erst spat für sich entdeckt. Die deutsche ÖPP-Geschichte gliedert sich in 3 Phasen. Die erste Phase begann in den 80er Jahren, als Stadte und Gemeinden, meist in interkommunaler Zusammenarbeit, grofße-re Projekte zusammen mit Privaten durchgeführt haben. Hierbei ging es meist um die Wirtschafts- und Strukturforderung. So wurde z.B. der Media-Park in Koln zu dieser Zeit realisiert. Diese Phase ging von den Kommunen aus und wird daher als Bottom-Up-Prozess bezeichnet. Die 2. Phase in den 90er Jahren ist auf die Liberalisierungspolitik der EU und der Bundes zurückzuführen und hat meist grofßere Infrastrukturprojekte als Gegenstand. Speziell in den Neuen Landern gab es grofßen Investitionsbedarf im Infra-strukturbereich. Ab Mitte der 90er Jahre kam es zur 3. Phase, welche auch Dienstleis-tungen als moglichen ÖPP-Gegenstand erkannte.26 Inspiriert durch die britische Private Finance Initiative, durch welche z.B. die britische Botschaft in Berlin realisiert wurde, gründete die Bundesregierung 2002 den Lenkungsausschuss PPP im öffentlichen Hoch-bau27 und eine dazugehorige Arbeitsgruppe. In diesem Lenkungsausschuss befinden sich das BMVBS, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium für Wirt-schaft und Technologie, die Finanz-, Innen- und Bauministerkonferenz der Lander, die kommunalen Spitzenverbande, Vertreter der privaten Bauwirtschaft, die Bundesarchi-tektenkammer und Vertreter der Kreditwirtschaft. Der Lenkungsausschuss ermoglicht den Dialog zwischen den an einer ÖPP im Hochbau beteiligten Parteien.

Im Juli 2004 beschloss die Bundesregierung die Gründung der PPP Task Force. Sie stellt das ÖPP-Bundeskompetenzzentrum dar und ist dem BMVBS untergeordnet. Ihre Aufgaben sind neben der Grundsatzarbeit die Koordinierung von ÖPP-Projekten und der Wissenstransfer.

Die damalige Rechtslage ermoglichte ÖPP-Projekte bereits, gestaltete deren Abwick-lung jedoch kompliziert und benachteiligte die ÖPP dadurch im Vergleich zur konventio-nellen Beschaffung. Daher wurde, auf Grundlage der Vorarbeit des Lenkungsausschusses, im Juni 2005 das sog. ÖPP-Beschleunigungsgesetz28 erlassen. Das Gesetz sieht Verbesse-rungen im Bereich des Vergabe-, Gebühren-, Steuer-, Investments-, und Haushaltsrecht vor. Der Koalitionsvertrag29 zwischen CDU/CSU und SPD von 2005 sieht eine weitere Forderung von ÖPP-Projekten vor. Speziell der Mittelstand soll dabei intensiver einge-bunden werden. Eine Arbeitsgruppe der grofßen Koalition arbeitet seit Frühjahr 2006 am ÖPP-Vereinfachungsgesetz, das jedoch noch nicht verabschiedungsfahig ist.

Die Lander haben zusatzlich eigene Kompetenzzentren geschaffen, um ihre Kommunen besonders zu fordern und um sie in der landesspezifischen Rechtslage genauer zu beraten. Hier ist z.B. das PPP Kompetenzzentrum Hessen in Wiesbaden zu nennen.

Die ÖPP wird in der Bevolkerung jedoch nur schwach wahrgenommen. So konnen 2006 nach einer Umfrage nur 23% der Deutschen mit dem Begriff ÖPP etwas anfangen, wovon 53% das Konzept für richtig halten und 23% für falsch.30 Das zeigt den grofßen Aufklarungsbedarf aber auch die grundsatzlich positive Stimmung in der Bevolkerung.

Die ÖPP ist zwar eine neue Beschaffungsform, verfügt aber über eine sehr grofße Zu-wachsrate. So gibt es im Zeitraum von 2003 bis 2007 allein im Hochbau 46 laufende ÖPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von 1,4 Mrd. Euro und 120 weitere Pro-jekte welche sich in der Planung befinden. Von diesen Projekten sind 38 auf kommuna-ler Ebene, 7 auf Landes- und 1 auf Bundeseben.31 Man erkennt also einen deutlichen quantitativen Schwerpunkt bei den kommunalen ÖPP-Projekten, wahrend die Investiti- onssumme bei Bundes- oder Landes-ÖPP-Projekten meist deutlich höher liegt.

Erklartes Ziel des BMVBS ist es, den Anteil von ÖPP-Projekten bei öffentlichen In-vestitionen auf 15% anzuheben, wie es in anderen westlichen Industrienationen bereits üblich ist. Die ÖPP hat also ein beachtliches Zukunftspotential, da sie sowohl von der Politik, als auch von der Wirtschaft und Gesellschaft grundsatzlich begrüfßt wird und über grofße Effizienzpotentiale verfügt.

3.3 Förderung

”Sofern im PPP-Modell gegenüber der konventionellen Realisierung z.B. eine
Fördermitteleinbindung nicht möglich ist, dürfte ein wirtschaftlicher Vorteil für die
PPP-Realisierung selbst bei Erschließung aller Effizienzpotentiale kaum darstellbar
sein”
32

Im § 23 und § 44 der Bundeshaushaltsordnung sind bestimmte Kriterien definiert, nach welchen Bundeszuwendungen vergeben werden. Wenn eine Stelle aufßerhalb der Bun-desverwaltung Aufgaben wahrnimmt, an denen der Bund ein erhebliches Interesse hat, können Bundes-Leistungen in Anspruch genommen werden. Neben gesetzlich geregel-ten Förderbestimmungen33 gibt es Verordnungen und Richtlinien des Bundes und der Lander, die über Förderung und die genaue Höhe des Förderungsbetrags bestimmen. Das BMVBS gibt den Kommunen Hilfestellung zur Fördermittelbeantragung und infor-miert umfassend über Fördermöglichkeiten.34 Die Inanspruchnahme von Fördermitteln ist i.d.R. essentiell für die Effizienzsteigerung bei ÖPP-Projekten. Da bei der konventio-nellen Realisierung meist Bundesfördermittel in Anspruch genommen werden können, würde ein Wegfall dieser bei ÖPP-Projekten eine Effizienzsteigerung voraussetzen, wel-che nicht nur eine Kostenreduzierung gegenüber der konventionellen Beschaffung bein-haltet, sondern zudem auch noch die Bundesfördermittel mit einschliefßt. Derartige Effizi-enzen können nur die wenigsten ÖPP-Projekte erreichen. Daher ist eine Inanspruchnah-me von Fördermitteln auch bei ÖPP-Projekten Voraussetzung für deren Realisierung.

I.d.R. konnen diese Fordermittel auch bei ÖPP-Projekten in Anspruch genommen wer-den. Forderungsrechtlich ist die ÖPP jedoch ein Problemfall. So muss normalerweise der Forderantrag gestellt werden, bevor der Maßnahmenbeginn35 eingeleitet wird. Bei einer ÖPP ist es jedoch ohne die Planungen des Privaten nicht moglich, einen Forder-mittelantrag überhaupt zu stellen. Daher musste ein Schlupfloch gefunden werden, um ÖPP zu einer tatsachlichen Alternative werden zu lassen. So wird der Vertrag mit ei-ner Vorbehaltsklausel versehen, so dass er nur bei einer Bewilligung von Fordermitteln gültig wird. Daher ist der Vertrag in diesem Vorbehaltszustand noch nicht abgeschlos-sen und enthalt trotzdem bereits die Planungen des Privaten, auf deren Grundlage die Forderung beantragt werden kann. Die Forderungen bestehen je nach Forderprogramm aus Anteils- oder Festbetragsfinanzierung. D.h. entweder übernehmen der Bund bzw. die Lander einen prozentualen Anteil der Kosten oder aber er steuert einen Fixbetrag zum Vorhaben bei.

Die Forderung erfolgt in Zusammenarbeit mit Forderbanken. Hier sind die Landes-banken, die Europaische Investitionsbank (EIB) und die KfW-Bankengruppe zu nennen. Die Europaische Investitionsbank wurde 1958 durch den Vertrag von Rom gegründet und soll den europaischen Integrationsprozess durch langfristige Finanzierungen voran-treiben. Durch die europaweite Ausschreibung leistet die ÖPP einen nicht zu unter-schatzenden Beitrag zu europaischen Integration. Die EIB, an der alle Mitgliedsstaaten Anteilseigner sind, hat 2006 ein Finanzierungsvolumen von 45,8 Mrd. Euro gehabt und beteiligt sich u.a. auch an der Finanzierung von ÖPP-Projekten.36 Die über die EIB vergeben Kredite für ÖPP-Projekte belaufen sich auf ca. 20 Mrd. Euro. Neben der Kre-ditvergabe, berat die Bank die Kommission, die Mitgliedsstaaten und die Beteiligten in der finanziellen Abwicklung des Projektes.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)-Bankengruppe wurde 1948 gegründet und sollte den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach dem 2. Weltkrieg finanzieren. Der Bund halt 80% und die Lander insgesamt 20% der Anteile an der KfW. Nach dem abgeschlossenen Wiederaufbau übernahm die KfW Forderfunktionen und ist, seit der Wiedervereinigung, auch in den Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft involviert. Die Kreditvergabe der KfW erfolgt durch das Prinzip der Bankendurchleitung, d.h. der Kre-ditsuchende wendet sich zuerst an seine Hausbank, die daraufhin den Forderantrag bei (2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.189. der KfW einreicht. Wenn diese Fördermittel genehmigt werden, schliefßt die Hausbank mit dem Kreditsuchenden einen entsprechenden Fördervertrag ab. Abseits der Kreditver-gabe per Bankendurchreichung verfügt die KfW auch über kommunale Infrastrukturför-derprogramme. Aktuell sind dies die Programme ”KfW-Investitionskredit Kommunen”, ”Kommunal Investieren”, ”Sozial Investieren”, ”Energieeffizient Sanieren - Kommunen” und ”Sozial Investieren - Energetische Gebäudesanierung”.37 Die Programme variieren je nach Projektvorhaben in Förderumfang und -dauer.

In jüngster Vergangenheit erschütterten Finanzskandale und eine internationale Fi-nanzkrise die Landesbanken und die KfW besonders stark. So verspekulierten sich die Banken auf dem internationalen Finanzmarkt und kamen in Liquiditätsengpässe. Um das Vertrauen in die Banken zu sichern und die wirtschaftlichen Auswirkungen möglichst gering zu halten beschloss die Bundesregierung ein Rettungspaket. Trotz dieses milliar-denschweren Rettungspaketes ist das Klima auf den Finanzmärkten deutlich abgekühlt und die Investitionsfreudigkeit der Unternehmen ist deutlich niedriger. Als Reaktion auf die Krise wird es voraussichtlich zu Umstrukturierungen im Bankenbereich kommen, so denkt man im Moment über eine Zusammenlegung von benachbarten Landesbanken nach. Neben den Fehlspekulationen, trugen intransparente Transaktionen im Umfeld der Finanzkrise zu einer Skepsis gegenüber den Banken bei. Wie sehr sich diese Entwicklung auf die Finanzierung von ÖPP-Projekten auswirken wird ist zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer vorherzusagen. Das in diesem Rahmen von der Bundesregierung beschlossene Investitionspaket zielt aber speziell auf Infrastrukturinvestitionen ab, so dass es zu ei-ner einmaligen Gelegenheit für die öffentliche Hand und die Privatwirtschaft kommen könnte, ÖPP-Projekte weiter voranzutreiben und ihr Effizienzpotential voll zu nutzen. So könnte die ÖPP zum stillen Gewinner der Finanzkrise werden.

3.4 Verfahrensablauf

Im Folgenden Abschnitt wird der Ablauf eines ÖPP-Projektes aufgezeigt. Wenn eine Kommune ein ÖPP-Projekt umsetzen möchte, muss zuerst der Bedarf festgestellt und die Eignung eines Projektes für eine ÖPP ermittelt werden. Wenn sie sich für eine Reali-sierung als ÖPP entscheidet, wird daraufhin ein Partner gesucht und zusammen mit ihm ein Vertrag gestaltet. Nachdem das Projekt realisiert wurde, muss in der Kontrollpha-se geprüft werden, ob Umfang und Qualität des Projektes vertragsgemäf3 gewährleistet wird und ob die ÖFF effizienter als die konventionelle Realisierung war. Meist wird zur Umsetzung von ÖFF-Frojekten ein facherübergreifender Lenkungsausschuss gebildet, welcher aus Vertretern aller am Vorhaben beteiligten Ressorts besteht. So sind meist Bauverwaltung, Kammerei, Liegenschaftenmanagement und die zukünftigen Nutzer des Objektes in diesem vertreten. Der Lenkungsausschuss begleitet ein ÖFF-Frojekt über den gesamten Zeitraum.

3.4.1 Bedarfsermittlung

”Demzufolge wären Private nur dann einzuschalten, wenn sie die allokative
Effizienzsteigerung durch eine Steigerung der betriebswirtschaftlichen Effizienz im
Vergleich zu einer rein öffentlichen Produktion überkompensieren.”
38

Die Kommune muss feststellen, was für Infrastrukturinvestitionen für sie notwendig sind und ob die geplanten Investitionen als ÖFF realisiert werden konnen oder ob die kon-ventionelle Realisierung für sie günstiger ist. Die Bedarfsermittlung sollte losungsneutral gestaltet werden, da sie die Grundlage für das weitere Vorgehen bildet. Die Kommu-ne definiert ihren genauen Bedarf bzw. ihre angestrebten Ziele moglichst frühzeitig und umfassend. Meist handelt es sich bei den Investitionen um die Umsetzung gesetzlicher Versorgungsziele, die Gewahrleistung qualitativer Standards oder die Durchführung be-stimmter Dienstleistungen. Hierbei sollten Faktoren wie die potentielle wirtschaftliche und demographische Entwicklung und die politischen Versorgungsziele berücksichtigt werden. Grundsatzlich muss die Zielformulierung spezifisch, messbar, realistisch und zeit-lich konkretisiert sein. Die Feststellung des Bedarfs erfolgt allein durch die öffentliche Hand und ergibt sich normalerweise aus einem Soll-Ist-Vergleich.39

Die ÖFF eignet sich sowohl als Beschaffungsinstrument für den Neubau, den Umbau, die Sanierung, als auch für den Betrieb von Infrastruktur. Auch Dienstleistungen kon-nen mittels ÖFF bereitgestellt werden. Eine detaillierte Beurteilung der vorhandenen Infrastruktur bzw. Dienstleistung sollte einer potentiellen ÖFF vorrangehen, damit die Investitionskosten und Risiken bei einer ÖFF-Realisierung moglichst genau eingeschätzt werden konnen. Jedoch verfügen nur wenige Kommunen über einen aktuellen und um-fangreichen Zustandsbericht ihrer Infrastruktur und Dienstleistungen. Daher muss die-ser im Vorfeld angefertigt werden. Falls sich die Kommune für eine Realisierung mittels ÖFF entschliefßt, benotigt sie den Zustandsbericht zudem, um in der Kontrollphase die Vertragserfüllung genau überprüfen zu konnen. Der Zustandsbericht sollte nach Mog-lichkeit von erfahrenen und spezialisierten Experten durchgeführt werden, um moglichst umfassende und genaue Gutachten zu erhalten. Hierzu kann auf externe Sachverständige zurückgegriffen werden, welche moglichst unabhängig sein sollten. Neben der Erstellung eines Zustandsberichts sind externe Fachleute und Berater auch bei der Vertragsgestal-tung und generell in der Flanungsphase hinzu zu ziehen. Dies gilt vor allem für personal-schwache und im Bereich ÖFF unerfahrene Kommunen. Es muss sich bei externen Bera-tern nicht zwangsläufig um privatwirtschaftliche Beratungsfirmen handeln. Die meisten Länder haben eigene Kompetenzzentren gegründet, die ihren Kommunen beratend zur Seite stehen und bereits viele Erfahrungen mit ÖFF-Frojekten gesammelt haben. Auch die Bundeseben stellt Beratungsmoglichkeiten zur Verfügung. Die Kommunikations- und Beratungsstrukturen in Deutschland sind jedoch weiter ausbaubedürftig.

Durch den Anstieg von ÖFF-Frojekten in den vergangenen Jahren beginnen be-reits erste Standardisierungsprozesse. Ziel dieses Frozesses ist die Vereinheitlichung des Verfahrensablaufs und der zu schliefßenden Verträge, um moglichst erfolgreiche ÖFF-Frojekte für die Kommunen zu gewährleisten. Die Kommune sollte diese Vorlagen bei ihrer Bedarfsermittlung hinzuziehen.

Eine ÖFF eignet sich nicht pauschal für alle Investitionen einer Gemeinde. Im offentli-chen Hochbau stellt die ÖFF z.B. in 20 % der Fälle eine geeignete Beschaffungsvariante dar.40 Folgende Kriterien sollte ein Vorhaben erfüllen, um als ÖFF in Erwägung gezogen zu werden:

- Das Frojekt sollte eine hohe Investitionssumme benotigen, da dies eine ÖFF grundsätzlich begünstigt. Denn bei einer prozentualen Effizienzsteigerung sind bei einer hohen Investitionssumme die grofßten Einsparungen zu erwirtschaften. Bei kleineren Frojekten drohen die leicht erhohten Finanzierungs- und Transaktions-kosten bei einer ÖFF die Kosteneinsparung aufzuheben. Des Weiteren sollten regel- mafßige Instandhaltungsarbeiten bei dem Objekt erforderlich sein, da diese i.d.R. vom Privaten günstiger zu erbringen sind. Diese Voraussetzungen sind eher bei grofßen Projekten erfüllt.
- Die Kommune muss in der Lage sein, das Projekt langfristig finanzieren zu kon-nen. D.h. auch wenn das Projekt durch eine ÖPP für die Kommune günstiger wird, sind trotzdem regelmafßige Ausgaben für das Projekt einzuplanen. Normalerweise sind diese in Form von jahrlichen Zahlungen an den privaten Partner zu leisten. Je nach erzielter Effizienzsteigerung betragen sie trotzdem meist ca. 85% der Kosten einer konventionellen Realisierung.
- Die Laufzeit des Projektes sollte auf mindestens 5 Jahre angelegt sein. Langere Laufzeiten von bis zu 35 Jahren sollten angestrebt werden. Die demographische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung ist bei langer angelegten Projekten zu be-rücksichtigen, denn sie wirkt sich ggf. auf die Auslastung bzw. Beanspruchung des Objektes aus. Falls eine Nutzungsanderung im Laufe der Vertragslaufzeit vorgese-hen ist, sollte diese im Vertrag festgehalten werden.
- Die Rahmenbedingungen wie Standort, stadtebauliche Rahmenbedingungen, der baurechtliche Rahmen und die Genehmigung durch Fachbehorden, sollten im Vorfeld geklart werden.
- Die Fördermöglichkeiten durch EU-41 , Bundes-42 und Landerprogramme43 soll-ten im Vorfeld geklart werden. Bei den Forderungen handelt es sich i.d.R. um Zuschüsse und zinsfreie bzw. zinsreduzierte Kredite. So kann eine Kommune bis zu 50% ihres Kreditbedarfs über einen zinsgünstigen KfW-Kredit decken, wah-rend private Unternehmen einer Hochstgrenze von 5 Mio. Euro unterliegen. Die-se Hochstgrenze kann mittels eines Einzelfallentscheids überschritten werden. Die Forderung von ÖPP-Projekte erfolgt meist über die KfW Bankengruppe und die Europaische Investitionsbank.
- Es muss eine genaue Leistungsbeschreibung unter Bezugnahme auf vergleich-bare Projekte erfolgen. So konnen die Projektkosten mit denen anderer Projekte verglichen werden. Der Private erhält so eine Vorgabe der Ziele, es bleibt jedoch ihm überlassen, mit welchen Mitteln er diese erreicht. Eine detailierte Leistungsbe-schreibung ist ein wichtiger Bestandteil des ÖPP-Vertrages, da ein Fehler an dieser Stelle im Nachhinein nur schwer zu korrigieren ist.
- Es gibt mehrere geeignete privatwirtschaftliche Interessenten, so dass Wett-bewerbsbedingungen die Privaten zur grofßtmoglichen Effizienz anhalten.

Der Bedarf muss, nachdem ein Projekt die obengenannten Kriterien erfüllt hat, weiter konkretisiert werden. So sollte der zukünftige Zielzustand und die gewünschte Realisie-rungsdauer bestimmt werden und zudem eine grobe Kostenschätzung erfolgen. Die poli-tische Umsetzbarkeit einer ÖPP sollte unter Berücksichtigung der moglichen Mehrheits-änderungen auf Kommunal-, Bezirks- und Landesebene abgewogen werden. Aufgrund der langen Projektlaufzeit, dauert eine ÖPP meist über mehrere Legislaturperioden an.

Die offentliche Hand ist im Rahmen des Sozialstaatprinzips44 dazu verpflichtet sog. Daseinsvorsorge zu leisten. D.h. es müssen Güter und Leistungen für ein angemessenes menschliches Dasein bereitgestellt werden. So muss eine Grundversorgung an kommu-naler Infrastruktur gewährleistet sein. Alle Aufgaben der Daseinvorsorge konnen mittels einer ÖPP realisiert und betrieben werden. Die ÖPP kann neben dem Bau des Gebäudes auch die Verwaltung und Bewirtschaftung das sog. Facility Management beinhalten. Bei den Aufgaben der Daseinsvorsorge handelt es sich um:

3.4.1.1 Verkehrsinfrastruktur Es konnen sowohl Strafßen, Tunnel, Brücken, Häfen, Wasserwege und Flughäfen über ÖPP-Projekte bereitgestellt werden. Da im Strafßenbau meist sehr hohe Investitionssummen benotigt werden, eignet sich die ÖPP hierzu aufßer-ordentlich gut. Populäre Projekte sind das LKW-Maut-System, zu dessen Realisierung die ÖPP-Gesellschaft Toll Collect gegründet wurde, die Travequerung bei Lübeck oder die Warnowquerung bei Rostock.45 Die Refinanzierung der Projekte erfolgt i.d.R. über eine Maut-Gebühr für den LKW- und z.T. auch PKW-Verkehr. Projekte dieser Gröfßen-ordnung fallen häufig in die Kompetenz des Landes bzw. Bundes und tangieren die Kom-mune nur indirekt. Wenn es zu kommunalen Verkehrsinfrastrukturmafßnahmen kommt, handelt es sich häufig um Brücken oder Tunnel, da diese einerseits sehr kostenintensiv sind und andererseits, im Vergleich zu kommunalen Strafßen, besser in ein Mautsystem zu integrieren sind. In der Vergangenheit sind Mautpflichtige ÖPP-Projekte jedoch von den Endnutzern nur schlecht angenommen worden und es ergaben sich dadurch Pro-bleme bei der Refinanzierung. Dies führte zu einer negativen Presseberichterstattung, welche die ÖPP als Beschaffungsvariante häufig pauschal in Frage gestellt hat.

3.4.1.2 Technische Infrastruktur Sowohl die Strom- und Gasversorgung, die Wasser-gewinnung, -aufbereitung und -verteilung, die Abfallabfuhr, -beseitigung und -aufbereitung, die Unterhaltung eines Fuhrparks und der öffentliche Personennahverkehr kann als ÖPP durchgeführt werden. Die in der Vergangenheit rein durch die öffentliche Hand betrie-benen Stadtwerke werden zunehmend in institutionellen ÖPP-Projekten zusammen mit Privaten betrieben. Aufgrund des hohen Personalaufwands und den grofßen Investitionen in Bau und Mobilien eignet sich die technische Infrastruktur sehr gut für ÖPP-Projekte.

3.4.1.3 öffentlicher Hochbau Alle Gebäude und Anlagen der Kommune können mit-tels einer ÖPP realisiert und betrieben werden. Neben Schul- und Verwaltungsgebäuden sind Parks, Messe-, und Stadthallen zu nennen. Dieser Bereich hat sich unter den ÖPP-Projekten besonders hervorgetan und wächst weiterhin stark. So gibt es hier die meisten kommunalen ÖPP-Projekte in Deutschland.

3.4.1.4 öffentliche Dienstleistungen und eGovernment Neben Bau und Betrieb von Immobilien, gibt es ÖPP-Projekte im Dienstleistungsbereich. So gibt es im Logistikbe-reich 46 oder im IT-Bereich47 , die Möglichkeit ÖPP-Projekte anzusiedeln. So werden z.B. Hard- und Software für Kommunen mittels Privaten entwickelt, erworben und betrieben. Auch im Bereich der Infrastrukturentwicklung, der Wirtschafts- und Strukturförderung kann eine ÖPP sinnvoll sein.

3.4.1.5 Kultur- und Freizeitbereich Privates Engagement im Kultur- und Freizeitbe-reich hat eine lange Tradition und hat von Seiten des Privaten nicht immer das primare Ziel des wirtschaftlichen Gewinns. So stellt die Unternehmerische Sozialverantwortung (Corporate Social Responsibility) haufig die Hauptmotivation des Privaten dar. Eine Ko-operation zwischen öffentlicher Hand und Privaten findet meist in Form von Stiftungen oder einer GmbH48 statt. Die Beschaffungsform der ÖPP eignet sich für Bau, Umbau, Sanierung, Vermarktung und Betrieb von Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Typische ÖPP-Objekte in diesem Bereich sind Sporthallen und Sportplatze, Museen, Theater, Bibliotheken, Kunst- und Konzerthallen.

3.4.1.6 Sozialbereich Das Konzept der Public Social Private Partnership (PSPP) hat zum Ziel soziale Interessen mittels einer ÖPP durchzusetzen. So können z.B. Projekte für Arbeitssuchende, Behinderte oder zur Schuldenberatung durchgeführt werden. Ziel ist die Einbeziehung privatwirtschaftlichen Kapitals in das langfristige Betreiben von gemeinnützigen sozialen Projekten. Sie zielt ebenfalls auf die Unternehmerische Sozial-verantwortung ab. Es geht bei ihr aber weniger um Bauinvestitionen, sondern mehr um Dienstleistungen.49

3.4.2 Partnersuche

Sobald die Kommune ihren Bedarf ermittelt hat und die Bedarfsbefriedigung über ei-ne ÖPP beschlossen wurde, schaut sie sich nach einem privaten Partner um, welcher sich zur Realisierung eignet. Für die Kommune ist ein Partner aus der eigenen Region besonders wünschenswert, da dies einerseits die lokale Wirtschaft starkt und anderer-seits haufig ein besseres Vertrauensverhaltnis vorliegt. Weiterer Vorteile sind die kurzen Transport und Kommunikationswege. Der Partner sollte zudem über genügend Kapital bzw. Sicherheiten verfügen, um das Projektrisiko tragen zu können.

Die Partnersuche erfolgt über das Ausschreibungsverfahren. Hierbei ist das Gesetz ge-gen Wettbewerbsbeschrankungen und die Verordnung über die Vergabe öffentlicher Auf-trage zu berücksichtigen. Die Gesetzeslage schafft ein transparentes Vergabeverfahren, welches dem unterlegenen Bieter die Möglichkeit gibt, bei einem fehlerhaften Vergabe-verfahren Schadensersatz einzuklagen. Daher ist große Sorgfalt bei der Ausschreibung und Vergabe geboten.50

Wenn die Kommune eine ÖPP ausschreiben will, muss sie sich an das EU-Vergaberecht halten.51 Beim Vergaberecht handelt es sich um eine relativ junge Rechtsmaterie. Die öffentlichen Beschaffungsakte sind ein grofßer wirtschaftlicher Faktor und machen ca. 15%52 des Bruttoinlandsprodukts der EU aus. Allein in Deutschland werden jahrlich öffentliche Auftrage für ca. 250 Mrd. Euro vergeben. Eine europaweite Ausschreibung ermöglicht eine Kosteneinsparung von etwa 7 bis 10%. Bei grofßen Investitionssummen und unter Anbetracht der Tatsache, dass die Staaten selbst keiner Wettbewerbssituation unterliegen, eignet sich das Vergaberecht besonders, um Korruption und überteuerter Realisierung entgegenzuwirken, da die Lander so gezwungen werden, ihre Partner unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu wahlen. Das Vergaberecht schafft also einen Markt im Raum der öffentlichen Hand, der bisher zwingend keiner Wettbewerbssituationen unterlag.

Das Vergaberecht unterliegt den Grundsatzen des Wettbewerbs, der Transparenz, des Diskriminierungsverbots, der Berücksichtigung mittelstandischer Interessen, der Vergabe an Fachkundige, der Bevorzugung leistungsfahiger und zuverlässiger Unternehmen, dem Grundsatz des wirtschaftlichsten Angebots und dem des subjektiven Bieterrechts. So muss die Kommune, wenn die geplante Investition bestimmte Schwellenwerte überschrei-tet, eine europaweite Ausschreibung ihres Auftrages durchführen. Die Schwellenwerte betragen bei Bauvorhaben 5.150.000 Euro, im Bereich der Trinkwasser- oder Energie-versorgung bzw. im Verkehrsbereich 412.000 Euro und in sonstigen Fallen 206.000 Euro. Die Ausschreibung erfolgt über das Amtsblatt der EU. In diesem taglich aktualisierten Dokument finden sich in Reihe S(upplement) die zu vergebenden öffentlichen Auftrage in der EU. ÖPP-Projekte im Dienstleistungsbereich sind jedoch nicht ausschreibungs-pflichtig. Sie unterliegen lediglich den Grundsatzen von Transparenz, Gleichbehandlung, Verhaltnismafßigkeit und gegenseitigen Akzeptanz.53 Es handelt sich hierbei um ein of-fenes Verfahren, bei dem sich so viele Bewerber melden können wie sich finden.

Die europaische Vergaberechts-Vorgabe wurde in Deutschland im Gesetz gegen Wett-bewerbsbeschrankungen umgesetzt. Dieses sieht speziell für die Vergabe von ÖPP-Projek-ten die Methode des Wettbewerblichen Dialogs vor.54 Hierbei handelt es sich um ein drei-stufiges Verfahren. In der ersten Phase wird Unternehmen mittels einer offentlichen Aus-schreibung die Moglichkeit gegeben Teilnahmeantrage für das Verfahren einzureichen.55 Oft findet eine Vorinformation über Workshops, Informationsveranstaltungen oder mit-tels einer Internet-Vorstellung statt. Nachdem die auf Grundlage der Antrage geeigneten Unternehmen ausgewahlt wurden, werden sie in die Dialogphase gebeten. In der Dia-logphase werden die individuellen Losungsansatze der Unternehmen mit der Kommune diskutiert und so eine bedarfsgerechte Losung entwickelt. Da es sich bei ÖPP-Projekten meist um sehr komplexe Leistungen handelt, ist eine ausführliche Darlegung und Dis-kussion vorteilhaft. Nachdem eine oder mehrere Losungen erarbeitet wurden, werden die Unternehmen aufgefordert, konkrete Angebote zu erstellen. Es empfiehlt sich bereits hier, einen Vertragsentwurf von Seiten der öffentlichen Hand zu erstellen und den potentiellen Partnern als Grundlage für ihre Angebote zur Verfügung zu stellen. Der Vertragsentwurf beinhaltet vorlaufig nur grobe Punkte, welche in der anschließenden Vertragsphase ge-nauer ausformuliert werden. Dies ermoglicht dem Bieter einen zusatzlichen Eindruck von den Vorstellungen der öffentlichen Hand und hat sich in bisherigen ÖPP-Projekten als sehr erfolgreich erwiesen.56 Unter diesen Angeboten wahlt die Kommune das für sie Beste aus. Das Besondere an diesem Verfahren ist, dass bereits vor dem Einreichen der Angebote eine umfassende Besprechung stattfindet. Dies ist bei herkommlichen Verga-beverfahren ein Ausschlussgrund, da einem Unternehmen, das an einer Vorbereitung für eine Ausschreibung mitarbeitet, die Bewerbung um diese Ausschreibung normalerweise untersagt ist. Der Wettbewerbliche Dialog kommt nur bei sehr komplexen Projekten, wie einer ÖPP, zum Tragen. Denn bei einer ÖPP wird nicht nur eine Leistung, sondern ein Gesamtpaket an Einzelleistungen zur Verfügung gestellt.

3.4.3 Vertragsgestaltungsphase

Nachdem ein geeigneter Partner gefunden wurde, muss der Vertrag zwischen öffentlicher Hand und dem Privaten Partner ausgehandelt werden.

[...]


1 Driesen, Oliver. PPP - Ein Geheimcode wird entschlüssel. Erschienen in: Das neue Miteinander. Hrsg.: Pauly, Lothar (2006). Verlag Hoffmann und Campe, S.18.

2 Dedy, Helmut/Stempel, Sonja (2002). DStGB Dokumentation No 28: Public-Private-Partnership-Neue Wege in Städten und Gemeinden. Verlagsbeilage Stadt und Gemeinde INTERAKTIV Ausgabe 12/2002, S.1.

3 Vgl. Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW (2008). Pressemitteilung (078/08). Düs-seldorf.

4 Vgl. www.bmvbs.de. Stand: 10.10.2008.

5 Vgl. www.partnerschaftendeutschland.de. Stand: 10.10.2008.

6 Wilhaus, Andrea (2008). Corporate Social Responsibility-Aspekte bei Public Private Partnership-Projekten. Verlag Dr. Kovac. Hamburg, S.27.

7 Vgl. Projekt Würzburg Integriert der Stadt Würzburg und der Bertelsmann Arvato Gruppe. 8Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Girover-

band(2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.9-

9 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Girover-band(2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.14.

10 Vgl. Budäus, Dietrich (1982). Betriebswirtschaftliche Instrumente zur Entlastung kommunaler Haus-halte. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, S.81 ff.

11 Z.B. 1940 in Pittsburgh, wo mittels der Allegheny Conference on Community Development, welche aus Vertretern der Wirtschaft und der Verwaltung besteht, die strukturbedingte Notlage der Region überwunden wurde.

12 Wilhaus, Andrea (2008). Corporate Social Responsibility-Aspekte bei Public Private Partnership-Projekten. Verlag Dr. Kovac. Hamburg, S.25.

13 Ab 1905 wurde die Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG (RWE) als gemischtwirtschaftliches Unternehmen betrieben.

14 Matuschewski, Anke (1996). Stadtentwicklung durch Public-Private-Partnership in Schweden. Kieler geographische Schriften Bd. 92. Kiel: Geographisches Institut, S.2-5.

15 öffentliche Verwaltung in Deutschland (1997). Hrsg.: König, Klaus/Siedentopf, Heinrich. 2. Auflage. Nomos Verlag, S.124.

16 Bertelsmann Stiftung. Prozessleitfaden Public Private Partnership. Abgerufen unter: www.initiatived21.de. Stand: 12.11.08, S. 37.

17 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von öffentlich Privaten Partnerschaf-ten und der Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für öffentlich Private Partnerschaften. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (2005). Deutscher Bundestag Druck-sache 15/5668. Berlin.

18 Vgl. ver.di: Positionspapier zu Public Private Patnership. Hrsg.: Vereinigte Dienstleistungsgesellschaft Bundesverwaltung (2005). Berlin.

19 Bundesverband deutscher Banken (2004). Public Private Partnership - Chance für die Modernisierung

von Infrastruktur und Verwaltung. Berlin, S.16.

20 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2005). Public Private Partnership Pro-

jekte - Eine aktuelle Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen. Berlin, S. 35ff.

21 Diese Form wir auch als Organisations-PPP, Kooperationsmodell, Gesellschaftsmodell oder Poolm-

odell bezeichnet.

22 Diese Form wir auch als Tauschmodell bezeichnet.

23 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Girover-

band(2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.41.

24 Matuschewski, Anke (1996). Stadtentwicklung durch Public-Private-Partnership in Schweden. Kieler geographische Schriften Bd. 92. Kiel: Geographisches Institut, S.2.

25 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2007). Erfahrungsbericht-öffentlich-Private-Partnerschaften in Deutschland. Berlin, S.4.

26 Vgl. Sack, Detlef. Eine Bestandsaufnahme der Verbreitung, Regelungen und Kooperationspfade ver-traglicher PPP in Deutschland - Effizienz, Kooperation und relationaler Vertrag. Erschienen in: Budäus, Dietrich (2008)(Hrsg.). Kooperationsformen zwischen Staat und Markt. Baden-Baden: No-mos Verlagsgesellschaft, S.55.

27 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2007). Erfahrungsbericht - öffentlich-Private-Partnerschaften in Deutschland. Berlin, S.8.

28 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von öffentlich Privaten Partnerschaf-ten und der Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für öffentlich Private Partnerschaften. Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (2005). Deutscher Bundestag Druck-sache 15/5668. Berlin.

29 Vgl. Gemeinsam Für Deutschland. Mit Mut und Menschlichkeit. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Verlag: Union Betriebs GmbH. 2005.

30 Güllner, Manfred. PPP - Die große Unbekannte. Erschienen in: Das neue Miteinander. Hrsg.: Pauly, Lothar (2006). Verlag Hoffmann und Campe, S. 39.

31 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2007). Erfahrungsbericht - öffentlich-Private-Partnerschaften in Deutschland. Berlin, S.12.

32 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.182. 33Z.B. Förderungen im Rahmen des Investitionszulagengesetzes.

34 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2006). Leitfaden PPP und Förder-recht. Berlin.

35 Hierzu zählt bereits der Vertragsabschluss.

36 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Giroverband

37 Vgl. www.kfw.de. Stand: 12.12.2008.

38 Mühlenkamp, Holger (2004). Public Private Partnership ökonomisch analysiert. Spyerer Arbeitsheft Nr. 166. Speyer, S.12.

39 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Girover-band(2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.30 ff.

40 Public Private Partnership zur Realisierung öffentlicher Baumaßnahmen in Bayern - Teil 1 Grundla-gen. Hrsg.: Gesprächsrunde PPP (2005). Augsburg, S.16.

41 Z.B. der Europäischer Fonds für regionale Entwicklung. Vgl. Verordnung (EG) N.1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999.

42 Z.B. das Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung (IZBB). Näheres unter www.Ganztagsschulen.org. Stand: 12.12.2008.

43 Z.B. Richtlinie zur Förderung des Baues von Sporthallen in Mecklenburg-Vorpommern. Vgl. Erlass des Sozialministeriums vom 21. Mai 2002 - IX 240.

44 Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (2007). Hrsg.: Deutscher Bundestag. Berlin, Artikel 20.

45 Vgl. Sack, Detlef. Eine Bestandsaufnahme der Verbreitung, Regelungen und Kooperationspfade ver-traglicher PPP in Deutschland - Effizienz, Kooperation und relationaler Vertrag. Erschienen in: Budäus, Dietrich (2008)(Hrsg.). Kooperationsformen zwischen Staat und Markt. Baden-Baden: No-mos Verlagsgesellschaft, S.56-57.

46 Z.B. das Fahrzeugflottenmanagement.

47 Z.B kommunale Internetportale im Rahmen des eGovernment.

48 Ggf. auch GmbH & Co KG oder einer gGmbH.

49 Vgl. Public Social Private Partnership (PSPP) - Modell. Hrsg.: FH Joanneum Gesellschaft mbH

(2007). Graz. Abgerufen unter: http://pspp.web.arge.at/file/000708.pdf. Stand: 12.12.2008.

50 Vgl. Eggers, Mark (2004). Public Private Partnership. Peter Lang Verlag. Frankfurt a.M., S.109.

51 Vgl. VERORDNUNG (EG) Nr. 1422/2007 DER KOMMISSION vom 4. Dezember 2007 zur ¨Ande- rung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im

Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren.

52 Loer, Elmar (2007). Public Private Partnership und Public Public Partnership. Osnabrück: Verlag V&R unipress GmbH, S.47.

53 Vgl. Kommission der Europäischen Union (2004). Grünbuch zu öffentlich-Privaten-Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen. Kom(2004)327, Absatz 29.

54 Vgl. § 25 Abs 9 BVergG 2006.

55 Diese Phase wird auch als Teilnahmewettbewerb bezeichnet.

56 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2008). PPP-Handbuch - Leitfaden für öffentlich-Private-Partnerschaften. Bad Homburg, S.60.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Öffentlich-Private-Partnerschaften als Instrument der Effizienzsteigerung in der Kommune
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
106
Katalognummer
V136610
ISBN (eBook)
9783640438655
ISBN (Buch)
9783640438525
Dateigröße
866 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Diplomarbeit zum Thema ÖPP / PPP in der deutschen Kommune.
Schlagworte
RalfStruschka[at]aol.com
Arbeit zitieren
Ralf Struschka (Autor:in), 2009, Öffentlich-Private-Partnerschaften als Instrument der Effizienzsteigerung in der Kommune, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136610

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