Key-Account-Lifetime-Value-Modelle im Strategischen Kundencontrolling


Diplomarbeit, 2009

61 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Controlling
2.2 Strategisches Kundencontrolling
2.3 Kundenwert
2.4 Key-Accounts

3 Customer-Lifetime-Value-Modelle
3.1 Basismodell
3.2 Determinanten des Basismodells
3.2.1 Betrachtungszeitraum
3.2.2 Zahlungsströme
3.2.3 Kalkulationszinssatz
3.3 Kundencharakterisierung
3.3.1 Lost-for-good-Kunden (Customer-Retention-Modelle)
3.3.2 Always-a-share-Kunden (Customer-Migration-Modelle)
3.4 Einteilung der Modelle nach ihrem Aggregationsgrad
3.4.1 Kundenstamm- und Kundensegmentbezogene Modelle
3.4.2 Modelle auf Einzelkundenebene

4 Key-Account-Lifetime-Value-Modelle
4.1 Eine umfassende Berechnungsformel
4.1.1 Die Komponenten
4.1.1.1 Bindungsrate
4.1.1.2 Umsatz
4.1.1.3 Kosten
4.1.1.4 Indirekt monetäre Erfolgsbeiträge
4.1.2 Zusammenführung zu einem Modell
4.1.3 Bewertung
4.2 Einzelvertragliche Entscheidungen
4.2.1 Grundgedanke
4.2.2 Modellannahmen und Berechnung
4.2.3 Ergebnisse
4.2.3.1 Entscheidungssequenzen
4.2.3.2 Die optimale Dauer der Kundenpflege
4.2.3.3 Entscheidungen über einzelne Vertragsangebote
4.2.4 Bewertung des Modells
4.3 Auf Markov-Ketten basierende Modelle
4.3.1 Grundlagen
4.3.2 Das Modell
4.3.2.1 Beispielrechnung
4.3.2.2 Erweiterungen des Modells
4.3.3 Bewertung des Modells

5 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Vergleich zwischen strategischem und operativem Controlling

Anhang 2: Strategisches und operatives Marketing-Controlling

Anhang 3: Phasen der Marketingplanung und -kontrolle

Anhang 4: Beispiel zum Aufbau einer Kundendeckungsbeitragsrechnung

Anhang 5: Zeitliche Segmentierung im Kundenlebenszyklus

Anhang 6: Idealtypischer Verlauf des Produktlebenszyklus

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Systematisierung der Ansätze zur Kundenbewertung

Abbildung 2: Basismodell zur Berechnung des CLV

Abbildung 3: Einsatz verschiedener Methoden der Kundenbewertung

Abbildung 4: Die prognostizierte Länge einer Geschäftsbeziehung mit Hilfe des NBD/Pareto-Modells

Abbildung 5: Erwarteter Deckungsbeitrag unter Berücksichtigung von P(Active)

Abbildung 6: Auswirkungen auf den CLV bei falscher Wahl des Kalkulationszinssatzes

Abbildung 7: Systematik zur Unterscheidung der Modelle nach ihrem Aggregationsgrad

Abbildung 8: Umfassende Formel zur Berechnung des CLV

Abbildung 9: Illustration der Transformationsfunktion mit D m 2

Abbildung 10: Entscheidungsbaum aus Sicht des Unternehmens

Abbildung 11: Grafische Darstellung der Übergangswahrscheinscheinlichkeiten

1 Einführung

1.1 Problemstellung

Spätestens seit Mitte der 80er Jahre ist Unternehmen die Bedeutung eines umfang-reichen und qualitativ hochwertigen Informationsmanagements bewusst.1 Mit der Ab-kehr vom Transaktionsmarketing hin zum Beziehungsmarketing wird diese Forderung um die Funktionen Analyse, Planung und Steuerung von Kundenbeziehungen erweitert, so dass eine konsequente Neuausrichtung des gesamten Unternehmens am Kunden erfolgt.2 Damit rückt der Kunde immer mehr in den Vordergrund der Betrachtung und Unternehmen stehen oft vor dem Problem zu entscheiden, ob und für welche Kunden sich Marketingaufwendungen rentieren.

Es ist demnach unumgänglich wertsteigernde Kunden herauszufiltern und zu fördern bzw. wertvernichtende Kunden aufzugeben oder in ein gewinnbringendes Verhältnis zu überführen. Insbesondere mit dem Blick auf zukünftige Geschäftsbeziehungen ist es notwendig den Kundenwert auf die gesamte Dauer der Geschäftsbeziehung zu er-mitteln, um Investitionsentscheidungen gezielter treffen zu können. 3

Für eine geeignete Prognose der künftigen Profitabilität von Kundenbeziehungen hat sich der Customer-Lifetime-Value4 (im Folgenden als CLV bezeichnet) als Schlüssel-kennzahl herauskristallisiert.5 Dieser folgt der Grundidee, den diskontierten Gewinn oder Verlust zu bestimmen, der pro Kunde innerhalb der gemeinsamen Geschäfts-beziehung durch das Unternehmen erzielt werden kann.6 Der CLV kann somit als Ent-scheidungskriterium für Marketing- und Investitionsentscheidungen dienen.

Key-Accounts werden wegen ihrer überragenden Stellung im Unternehmen hinsichtlich Preis- und Produktgestaltungen, Serviceleistungen, Finanzleistungen etc. gegenüber„normalen“ Kunden mehr Vorteile eingeräumt.7 Wichtig für das Unternehmen ist hier-bei, dass sich die dadurch entstehenden höheren Kosten am Ende der Geschäfts-beziehung rentieren.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Der Aufbau und die Pflege einer langfristigen Geschäftsbeziehung setzt in aller Regel ein hohes Maß an persönlicher und finanzieller Bereitschaft aller Beteiligten voraus.8 Ob sich dieser Einsatz lohnt, erkennt man aber meist erst bei der Betrachtung über einen längeren Zeitraum hinweg und erfordert demzufolge Berechnungsmethoden, bei denen dieser Aspekt berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang findet die CLV-Berechnung ihre Anwendung.

Obwohl diese Methode von vielen Unternehmen als relativ sinnvoll angesehen wird, erfolgt ihr Einsatz mit nur knapp fünf Prozent. 9 Ein Grund hierfür kann in der mangelnden Anzahl praktikabler Berechnungsmethode gesehen werden.10 Aber auch der hohe Informationsbedarf an Kundendaten und die damit verbunden hohen Kosten können Gründe für die geringe Anwendung in der Praxis sein.

Bei den Key Accounts verfügt das Unternehmen, aufgrund der engen Bindung, in der Regel auch über einen höheren Bestand an Kundendaten, was die CLV-Berechnung für diese Art von Kunden deutlich interessanter macht, als die für Durchschnittskunden 11 .

Unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich für die vorliegende Arbeit folgende Frage-stellungen:

- Welche Bedeutung kommt der CLV-Berechnung bei der Bewertung von Key Accounts zu?
- Lohnt sich im Sinne der Kosten/Nutzen-Relation der Einsatz der CLV-Berechnung auch für den Durchschnittskunden?

1.3 Aufbau der Arbeit

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Darstellung von Key-Account-Lifetime-Value-Modellen. Hierzu werden im Folgenden Kapitel die theoretischen Grundlagen, die im Zusammenhang mit dem CLV und dem Strategischen Kundencontrolling stehen, er-klärt. In Kapitel drei wird die Methodik des CLV präsentiert. Dies beinhaltet, neben der Darstellung des Basismodells mit seinen einzelnen Komponenten, auch die Ab-grenzungen bzgl. Kundencharakterisierung und Aggregationsgrad.

Darauf aufbauend werden im vierten Kapitel drei Berechnungsmethoden vorgestellt, die auf unterschiedliche Weise ein Nutzen für die Bewertung von Key-Accounts aufzeigen. Abschließend werden die gewonnen Erkenntnisse zusammengefasst und ein kurzes Fazit gezogen.

2 Grundlagen

2.1 Controlling

Seinen Ursprung hat das Controlling in den USA Ende des 19. Jahrhunderts und ver-breitete sich in den 50er Jahren auch in Deutschland.12 Trotz der Verbreitung in Literatur und Praxis gibt es in Deutschland sowohl über den Inhalt als auch über den Begriff „Controlling“ keine einheitliche Meinung, was nicht zuletzt mit dem anglo-amerikanischen Terminus „to control“ zusammenhängt.13 Kontrolle wird in einer Viel-zahl deutscher betriebswirtschaftlicher Literatur gleichbedeutend mit der Durchführung eines Vergleichs gesehen, weshalb „control“, im Zusammenhang mit Controlling, nicht als Kontrolle übersetzt werden darf.14 Eine Möglichkeit wäre, Controlling als das „Planen und Steuern der unternehmerischen Tätigkeit aufgrund oder mit Hilfe betriebs-wirtschaftlicher Daten, Kennzahlen und Analysen“15 zu verstehen.

Die wesentliche Aufgabe des Controllings kann in der Koordination, in dem Ab-stimmen einzelner Entscheidungen auf ein gemeinsames Ziel, gesehen werden. 16 Dies kann sich auf das Leistungs- oder das Führungssystem beziehen. Das Leistungssystem betrifft die mit der Erstellung und Verwertung von Gütern- und Dienstleistungen ver-bundenen Geld- und Güterprozesse.17 Demgegenüber beinhaltet das Führungssystem alle Aktivitäten zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung.18

Für das Controlling ergeben sich strategische und operative Aufgabenstellungen.19 Während für das strategische Controlling die Unterstützung der langfristig orientierten Planung und Kontrolle maßgeblich ist, orientiert man sich im operativen Controlling auf einen kurz- bis mittelfristigen Planungshorizont.20 Anhang 1 zeigt einen Vergleich beider Aufgabenfelder.

2.2 Strategisches Kundencontrolling

In der Praxis hat sich der Begriff Controlling auf verschiedene Bereiche (Leistungs-bereiche), wie z. B. Logistik-, Personal- und Marketingcontrolling, übertragen.21 Innerhalb des einzelnen Leistungsbereiches muss eigens organisiert, geplant und kontrolliert werden, wobei stets die Beziehung zum Gesamtunternehmen sowie dessen Teilbereiche aufgrund bestehender Interdependenzen gewahrt werden muss.22

Beim Marketing und Controlling sind die Schwerpunkte der Funktionen unterschiedlich gelegt.23 Dennoch gibt es Parallelen in den Funktionen, die im Marketingcontrolling in folgender Weise zusammengeführt werden:24

- Die Instrumental- und Koordinationsfunktion des Controllings unterstützt die Wahrnehmung der Marketingaufgaben.
- Die im Marketing erfassten und aufbereiteten Daten dienen der Informationsver-sorgung des Controllings.

Aus den Funktionen ergeben sich die zwei wichtigsten Herausforderungen im Marketingcontrolling: erstens in der Bewertung des erzielten Markterfolgs in der Ver-gangenheit und zweitens im Aufzeigen zukünftiger Marketingoptionen zur Festlegung des Marketingbudgets.25 Marketingcontrolling erstreckt sich demzufolge auf eine strategische und operativ-taktische Ebene. In Anhang 2 findet sich hierzu eine Gegen-überstellung.

Aufgabe des operativen Marketingcontrollings ist die Ausnutzung der im strategischen Marketingcontrolling identifizierten Erfolgspotenziale.26 Zudem muss kontrolliert werden, ob die Umsetzung im Marketing-Mix zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat.27

Beim strategischen Marketingcontrolling dagegen steht die Schaffung bzw. Sicher-stellung zukünftiger Erfolgspotenziale im Vordergrund.28 Erfolgspotenziale werden, da sie in der Regel weder gegeben sind noch einfach so entstehen, vom Unternehmen neu geschaffen, indem verschiedene Phasen durchlaufen werden.29 Anhang 3 zeigt die einzelnen Phasen im Prozess der Marketingplanung und -kontrolle. Zu den Phasen der strategischen Planung zählen die Problemstellungs-, Such- und Bewertungsphase. In der Problemstellungsphase wird zunächst durch die Analyse von Umfeld und Unternehmen eine informationelle Grundlage über Chancen und Gefahren geschaffen.30 Aufbauend darauf müssen in der Suchphase Handlungsalternativen als Strategiekonzepte gesucht werden um Erfolgspotenziale zu generieren.31 In der Bewertungsphase wird dann die Frage hinsichtlich der Erfolgswirksamkeit strategischer Maßnahmen geklärt.32 Ein mög-liches Instrument der Bewertungsphase ist die CLV-Analyse.

Im Marketingcontrolling kann die Erfolgsermittlung eine Reihe von Bezugsobjekten betreffen, die es auszuwählen gilt. 33 Diese können Produkte, Aufträge, Regionen, Kunden usw. sein.34 Bildet der Kunde das Bezugsobjekt des Marketingcontrollings, kann vom Kundencontrolling bzw. bei einer langfristigen Ausrichtung auf die Unter-nehmensstrategie vom Strategischen Kundencontrolling gesprochen werden.

Dem Strategischen Kundencontrolling kommt bei der CLV-Berechnung die Aufgabe zu, eine Informationsgrundlage zu schaffen, die aufzeigt, welche Marketing-Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt bei dem betrachteten Kunden einen positiven Ein-fluss auf den CLV und damit auf den Unternehmenswert haben, 35 denn Kundenwerte erhöhen praktisch wie Eigenkapital den Unternehmenswert.36

2.3 Kundenwert

Bei einer wertorientierten Unternehmensführung stellt sich die Frage, welchen Beitrag das Marketing zum Unternehmenswert leistet.37 In diesem Zusammenhang haben sich in den vergangenen zehn Jahren die Begriffe „Brand Equity“ (Markenwert) und „Customer Equity“ (Kundenstammwert) gebildet.38 Letzterer wird wegen des hohen Steuerungspotenzials für das Ziel der Unternehmenswertsteigerung als Spitzenkennzahl für das Marketingcontrolling gesehen.39 Die ökonomische Bedeutung eines Kunden für den Anbieter wird dagegen als Kundenwert bezeichnet.40

Zur Kundenbewertung können verschiedene Instrumente herangezogen werden, welche in Abbildung 1 dargestellt sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Systematisierung der Ansätze zur Kundenbewertung
Quelle: Krafft (2007), S.75.

Kundenbewertungsverfahren, die auf der Basis eines einzelnen Kriterium arbeiten (ein-dimensionale Verfahren), bauen direkt auf den Daten des Internen Rechnungswesens auf.41 Die individuelle, eindimensionale Darstellung findet vermehrt im Industriegüter-sektor und der Dienstleistungsbranche ihre Anwendung.42 Bei einer kumulierten, ein-dimensionalen Darstellung werden die potenziellen Kunden hinsichtlich eines Merkmals kumuliert und anschließend bewertet.43 Im Gegensatz dazu werden bei der mehrdimensionalen Darstellung auf kundenindividueller oder kumulierter Basis Kriterienkataloge herangezogen und die Kundenbeziehungen differenzierter be-trachtet.44

2.4 Key-Accounts

Die Bezeichnung Key-Account setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen „Key“ für „Schlüssel“ und „Account“ für „Konto“, wobei sich letzteres in diesem Zu- sammenhang als Begriff für „Kunde“ durchgesetzt hat.45 Übersetzen lässt sich Key-Account demnach als „Schlüsselkunde“. Diese nehmen aufgrund ihrer Bedeutung für den Umsatz eines Unternehmens gegenüber anderer Kunden eine überragende Stellung (sog. Schlüsselposition) ein.46 Kennzeichnen lassen sich Key-Accounts durch zwei Merkmale:47

- der Nachfragemacht gegenüber Lieferanten und
- des wiederkehrenden Bedarfs auf Kundenseite, so dass die hierdurch ent-stehenden längerfristigen Geschäftsbeziehungen auf eine gezielte Pflege dieser Geschäftsbeziehung geachtet werden muss.

Marketingpolitische Instrumente müssen möglichst genau auf Key-Accounts aus-gerichtet werden. Hierfür setzen Unternehmen häufig Key-Account-Manager zur individuellen Betreuung ein, welche sich durch einen höheren Kenntnisstand sowie eine umfangreichere Entscheidungsbefugnis auszeichnen.48 Die detaillierten Kenntnisse der Key-Account-Manager sind für das Controlling sowohl auf strategischer als auch operativer Ebene nutzbar, woraus sich für das Controlling verschiedene Fragestellungen ergeben:49

- Wie muss mit den Key-Accounts umgegangen werden, die sich eventuell ge-winnen lassen oder entwickeln?
- Mit welchen Instrumenten lassen sich langfristige Investitionsentscheidungen (Kaufzyklen über fünf Jahre) treffen?
- Inwieweit können dem Kunden die durch ein Key-Account-Management ent-stehenden Kosten zugerechnet werden?
- Wie können neben den quantitativen auch die qualitativen Größen erfasst und in die Beurteilung mit einbezogen werden.

Werden den Key-Accounts durch das Unternehmen spezielle Prioritäten und Vorteile, insbesondere im Dienstleistungs- und Servicebereich, eingeräumt, welche sich von den Angeboten für die „normalen Kunden“ abheben, spricht man von Key-Account-Management.50 Erforderlich zur optimalen Gestaltung eines Key-Account-Managements sind entsprechende Informationssysteme zur Aufgabenerfüllung, wie bspw. der Einsatz kundenbezogener Rechnungssysteme.51

Trotz der strategischen Bedeutung des Key-Account-Managements erfolgt die Be-trachtung meist auf operativer Ebene, indem man sich bei der Berechnung zu stark an den klassischen Finanzkennzahlen orientiert und oft nur Zeiträume von bis zu einem Jahr betrachtet.52

Key Accounts sind nur begrenzt steuerbar und so liegen Spitzenergebnisse und große Ausfälle oft dich beieinander.53 Das Controlling besitzt keine „Glaskugel“, mit der alle Zukunftsfragen richtig beantworten werden können.54 Es kann aber dazu beitragen Risiken im Umgang mit Zahlen und Messungen deutlich zu verringern.55 Diese Tat-sache stellt den Ausgangspunkt der folgenden drei Kapital dar.

3 Customer-Lifetime-Value-Modelle

3.1 Basismodell

Verfahren der Investitionsrechnung lassen sich einteilen in statische und dynamische Verfahren.56 Bei der Kapitalwertmethode, einzuordnen in die letzte Gruppe der Ver-fahren, werden die durch eine Investition ausgelösten Ein- und Auszahlungen mit einem Kalkulationszinssatz auf den Bezugszeitpunkt abgezinst.57

Um die Vorteilhaftigkeit einer Investition beurteilen zu können wird diese mit einer Nichtinvestition bzw. mit einer Kapitalanlage am Kapitalmarkt zum Kalkulationszins-satz verglichen.58 Wird ein positiver (negativer) Kapitalwert erzielt stellt sich die In-vestition als vorteilhaft (unvorteilhaft) dar.59 Ergibt sich ein Kapitalwert von Null be-deutet dies, dass die Rückflüsse aus der getätigten Investition gerade ausreichen um die Anschaffungsausgaben zu decken und das durch die Investition gebundene Kapital zum Kalkulationszinssatz zu verzinsen.60

Die Kernidee des CLV ist die Betrachtung des Kundenwertes über die Dauer der Ge-schäftsbeziehung unter Verwendung der Kapitalwertmethode.61 Er stellt damit die Relation zwischen Unternehmensgewinn und Kundenbeziehung her und dient somit als Steuerungsgröße zur Maximierung des Unternehmensgewinns.62

Das „Basismodell“ des CLV lässt sich in seiner einfachen Form folgendermaßen be-rechnen (Abbildung 2):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Basismodell zur Berechnung des CLV
Quelle: Homburg/Beutin (2006), S. 246.

Der Kunde wird hier einem Investitionsobjekt gleichgestellt. Die Frage, ob sich eine Investition lohnt, kann anhand des CLV beantwortet werden. Unter Profitabilitäts-gesichtspunkten rechtfertigt (analog zu den Entscheidungsregeln der Kapitalwert-methode) ein positiver CLV die Durchführung der Investition in den Kunden und ein negativer die aktive Beendigung einer Kundenbeziehung.

Obwohl das Basismodell noch recht einfach gehalten ist, ergeben sich folgende Heraus- forderungen bei der Berechnung:63

- Zusammenführung interner und externer Informationen
- Prognose zukünftiger Cash Flows
- Verursachungsgerechte Erlös- und Kostenzurechnung
- Bestimmung der Länge der Kundenbeziehung
- Modellierung von Risiko bei der Wahl des Kalkulationszinssatzes

Bei richtiger Anwendung können mit Hilfe dieser einen Kennzahl Angaben über die Vorteilhaftigkeit einer Kundenbeziehung getroffen werden.64 Trotzdem findet die CLV-Analyse in der Praxis nur wenig Anwendung (dargestellt in Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Einsatz verschiedener Methoden der Kundenbewertung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Droll (2008), S. 152. 65

Im Vergleich setzt der Versandhandel, gefolgt von Finanzdienstleistungs- und Ver-sicherungsunternehmen, den CLV mit Abstand am häufigsten ein. Eine Begründung hierfür wäre die gute Datenverfügbarkeit in diesen Branchen, da Kunden- und Auf-tragsdaten leicht gespeichert und elektronisch ausgewertet werden können. Insgesamt werden andere Kundenbewertungsmethoden, wie z. B. ABC-Analyse oder Kunden-portfolios, wesentlich häufiger eingesetzt.

3.2 Determinanten des Basismodells

3.2.1 Betrachtungszeitraum

Der prognostizierte Betrachtungszeitraum (Länge der Geschäftsbeziehung) ist von ent-scheidender Bedeutung, denn Akquisitionskosten und andere Anfangsinvestitionen in eine Kundenbeziehung verlieren mit zunehmender Länge an Gewicht.66 Zu dessen Be-stimmung kann auf statistische Werte zurückgegriffen werden, wie bspw. die durch-schnittliche Lebenserwartung, wobei eine Anpassung in Bezug auf Branche und an-gebotenes Produkt erfolgen sollte, denn unterschiedliches Nutzungsverhalten bringt in aller Regel auch unterschiedliches Kundenverhalten mit sich.67

Bei nichtvertraglichen Geschäftsbeziehungen bietet das NBD/Pareto-Modell eine Möglichkeit zur Bestimmung der Lebenszeit eines Kunden.68 Auf der Basis von Ver-gangenheitswerten wird die kundenindividuelle Wahrscheinlichkeit P(Alive) anhand von Kaufhäufigkeiten und Kaufzeitpunkten bestimmt, die es ermöglichen den Kunden als aktiv oder inaktiv einzustufen.69 Abbildung 4 zeigt beispielhaft die prognostizierte Länge der Geschäftsbeziehung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die prognostizierte Länge einer Geschäftsbeziehung mit Hilfe des NBD/Pareto-Modells

Quelle: Krafft (2007), S. 139.

[...]


1 Vgl. Gerth (2001), S. 104.

2 Vgl. Gerth (2001), S. 104.

3 Vgl. Krafft/Marzian (1997), S. 106.

4 Kundenlebenswert

5 Vgl. Elssenwenger (2004), S. 11.

6 Vgl. Link (1995), S. 110.

7 Vgl. Homburg/Workman/Jensen (2002), S. 38. Die Abgrenzung zwischen Key-Account und „normalem“ Kunden ist eine strategische Aufgabe und darf nicht ausschließlich anhand der Kennzahl Umsatz erfolgen. Vgl. Winkelmann (2001), S. 505f.

8 Vgl. Eggert (2006), S. 44.

9 Vgl. Tomczak/Rudolf-Sipötz (2006), S. 150.

10 Vgl. Tomczak/Rudolf-Sipötz (2006), S. 150.

11 Mit Durchschnittskunden sind die Kunden gemeint, die für das Unternehmen keine Schlüsselposition einnehmen und folglich keine Key Accounts sind.

12 Vgl. Küpper (2008), S. 1.

13 Vgl. Liebl (1989), S. 29.

14 Vgl. Horváth (2009), S. 17.

15 Liebl (1989), S. 29.

16 Vgl. Horvath (2009), S. 94, 96.

17 Vgl. Berens/Bertelsmann (2002), S. 283.

18 Vgl. Berens/Bertelsmann (2002), S. 283.

19 Vgl. Reichmann (2006), S. 559.

20 Vgl. Reichmann (2006), S. 559.

21 Vgl. Küpper (2008), S. 463.

22 Vgl. Küpper (2008), S. 464.

23 Vgl. Horváth (1986), S. 12.

24 Vgl. Horváth (1986), S. 12f.

25 Vgl. Reinecke (2006), S. 17.

26 Vgl. Auerbach/Czenskowsky (2003), S. 25.

27 Vgl. Auerbach/Czenskowsky (2003), S. 25.

28 Vgl. Link/Weiser (2006), S. 28f.

29 Vgl. Link/Weiser (2006), S. 31.

30 Vgl. Link/Weiser (2006), S. 32, 126.

31 Vgl. Link/Weiser (2006), S. 126.

32 Vgl. Link/Weiser (2006), S. 163.

33 Vgl. Reichmann (2006), S. 442.

34 Vgl. Reichmann (2006), S. 444.

35 Vgl. Weber/Lissautzki (2006), S. 278.

36 Vgl. Winkelmann (2005), S. 321.

37 Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2008), S. 802.

38 Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2008), S. 802.

39 Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2008), S. 802f.

40 Vgl. Diller (2001), S. 876.

41 Vgl. Krafft (2007), S. 75.

42 Vgl. Krafft (2007), S. 75.

43 Vgl. Krafft (2007), S. 77.

44 Vgl. Krafft (2007), S. 79.

45 Vgl. Sidow (2002), S. 13.

46 Vgl. Alisch (2004), S. 1668.

47 Vgl. Fiesser/Fiesser/Schellenberg (2000), S. 2.

48 Vgl. Alisch (2004), S. 1668.

49 Vgl. Zupancic/Belz (2006) ,S. 375f.

50 Vgl. Winkelmann (2005), S. 505, 508.

51 Vgl. Ebert (1991), S. 10.

52 Vgl. Zupancic/Belz (2006), S. 377 und 379.

53 Vgl. Zupancic/Belz (2006), S. 392.

54 Vgl. Horváth (2006), S. 275.

55 Vgl. Zupancic/Belz (2006), S. 392.

56 Vgl. Lücke (1991), S. 189.

57 Vgl. Beyer/Bestmann (1989), S. 156.

58 Vgl. Rehkugler/Glunz (2007), S. 42.

59 Vgl. Beyer/Bestmann (1989), S. 156.

60 Vgl. Rehkugler/Glunz (2007), S. 42.

61 Vgl. Bruhn (2004), S. 140.

62 Vgl. Zezelj (2000), S. 15.

63 Vgl. Reinecke/Keller (2007), S. 86.

64 Vgl. Günter/Helm (2006), S. 22.

65 Angegeben ist der Anteil der Unternehmen, die die jeweilige Methode, bewertet auf einer 7-er Skala, in starkem Maße (Werte t 5) einsetzen.

66 Vgl. Thelen/Wilkens (2000), S. 148.

67 Vgl. Thelen/Wilkens (2000), S. 149.

68 Vgl. Glady/Baesens/Croux (2007), S. 18; Kumar (2008) S. 24; Krafft (2007), S. 113. NBD steht hier für: negative binomial distribution. In Krafft (2007) finden sich zur Bestimmung der Kundenlebens-zeit auf Basis von NBD/Pareto-Modellen weitere Varianten der Berechnung. auf die in dieser Arbeit aber nicht näher eingegangen wird.

69 Die Wahrscheinlichkeit der Aktivität eines Kunden P(Alive) wird in eine dichotome „lebt/tot“-Variable transformiert, derer ein kritischer Schwellenwert zugeordnet wird, unterhalb dessen der Kunde als in-aktiv angesehen wird (vgl. hierzu Krafft (2007), S. 114 und 128f.).

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Key-Account-Lifetime-Value-Modelle im Strategischen Kundencontrolling
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
61
Katalognummer
V136680
ISBN (eBook)
9783640438327
ISBN (Buch)
9783640438556
Dateigröße
755 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Key Accounts, Customer-Lifetime-Value, CLV, Kundencontrolling, Strategisches Controlling
Arbeit zitieren
Stefanie Oehl (Autor:in), 2009, Key-Account-Lifetime-Value-Modelle im Strategischen Kundencontrolling, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136680

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