Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände: Kritische Würdigung der Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs


Hausarbeit, 2008

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Gang der Untersuchung

3 Zielsetzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung

4 Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit
4.1 Das Vermögenswertprinzip
4.2 Das Greifbarkeits- und Übertragbarkeitsprinzip
4.3 Das Prinzip selbständiger Bewertbarkeit

5 Die konkrete Aktivierungsfähigkeit: Das Prinzip des entgeltlichen Erwerbs

6 Kritische Würdigung der Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs

7 Thesenförmige Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Urteilsverzeichnis

Gesetze und Regelwerke

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Problemstellung

„Das HGB wird nicht mehr dasselbe sein!“1 Mit diesen Worten lässt sich eine der wohl größten Reformen des deutschen Bilanzrechts beschreiben. Am 8.11.2007 hat das Bundesministerium der Justiz den erwarteten Referentenentwurf eines Bilanz-rechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) veröffentlicht. Der Gesetzgeber verfolgt mit diesem Entwurf das Ziel, das Handelsgesetzbuch zu modernisieren und somit den Unternehmen im Vergleich zu den internationalen Rechnungslegungsstandards eine gleichwertige, aber weniger komplexe und kostengünstigere Alternative zu bieten.2 Eine wesentliche geplante Änderung stellt die Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs, welches in § 248 Abs. 2 HGB3 kodifiziert ist, dar. Folglich möchte der Gesetzgeber Entwicklungskosten aktiviert wissen, was keine Neuerung im internationalen Kontext darstellt, da in IAS 38 die Aktivierung von Ent-wicklungskosten bereits vorgeschrieben ist. So soll durch diese Änderung der zu-nehmenden Bedeutung von immateriellen Vermögensgegenständen Rechnung ge-tragen werden, was eine Stärkung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses bewirken soll,4 wobei an der Zahlungsbemessungsfunktion festgehalten werden soll.5

An dieser ambitionierten dualistischen Zielsetzung gilt es den Gesetzgeber zu messen. Als erstes stellt sich die Frage, ob den Adressaten durch die Abschaffung des Aktivierungsverbots ein Mehr an Informationen bereitgestellt wird. Es ist auch zu hinterfragen, ob dem Bilanzierenden ein subjektiver Ermessensspielraum ermög-licht wird und dadurch zu einer Entobjektivierung der Jahresabschluss-informationen führt. Eine der zentralen Zielsetzungen an denen sich der Gesetz-geber messen lassen muss, ist die Frage, in wieweit diese geplante Neuregelung mit den elementaren Funktionen des handelsrechtlichen Jahresabschlusses harmonisiert, insbesondere mit der durch die Ausschüttungsstatik geprägten objektivierten und vorsichtigen Ermittlung eines ausschüttungsfähigen Gewinns.

2 Gang der Untersuchung

Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet eine kurze Darstellung der Zielsetzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung. Aufgrund der fehlenden Legaldefinition ge-hört der Begriff des Vermögensgegenstandes zu den unbestimmten Rechts-begriffen.6 Deshalb wird im ersten Schritt die abstrakte Aktivierungsfähigkeit er-läutert, worunter man die Eignung eines Objekts oder Vorgangs versteht, in der Bilanz angesetzt werden zu können.7 Hierbei soll das Greifbarkeits- sowie Über-tragbarkeitsprinzip den Schwerpunkt bilden, da hierin der Kasus knaxus zu sehen ist. Daran anschließend wird die Frage der konkreten Aktivierungsfähigkeit zu klären sein, wonach ein vorher identifizierter Vermögensgegenstand nur dann aktiviert werden darf, wenn keine Bilanzierungsverbote im konkreten Fall vor-liegen.8 Ein solches Verbot stellt der § 248 Abs. 2 HGB dar. Abgerundet wird die ganze Arbeit durch eine kritische Würdigung der geplanten Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs, wobei u.a. untersucht wird, ob die Abschaffung durch das BilMoG zu einer Verbesserung der Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses führt.

3 Zielsetzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung

Die Zielsetzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung wird nicht explizit im Gesetz genannt. Dennoch lässt sich die Bilanzaufgabe mit Hilfe der Inter-dependenzthese9 durch eine Ableitung der handelsrechtlichen Fundamental-prinzipien ermitteln. Die Bilanzrechtsprechung wird an drei Fundamentalprinzipien gebunden: „periodengerechte Gewinnermittlung (Realisationsprinzip), Verlustanti-zipation (Imparitätsprinzip) und Ermessensbegrenzung (Objektivierungsprinzip)“10. Im deutschen Bilanzrecht spielt das Vorsichtsprinzip, welches in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB als GoB kodifiziert ist, eine zentrale Rolle. Eine Konkretisierung erfährt das Vorsichtsprinzip durch das Realisationsprinzip, durch welches sichergestellt werden soll, dass unrealisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden und daher auch nicht zur Ausschüttung bereitstehen.11

Nach dem Imparitätsprinzip sollen hingegen negative Erfolgsbeiträge, soweit sie im abzuschließenden Geschäftsjahr verursacht wurden, auch in dieser Periode erfasst werden.12 Außerdem sind eine Reihe von Objektivierungsprinzipien zu beachten, wie z.B. das Einzelbewertungsprinzip. Aus diesen Fundamentalprinzipien lässt sich letztendlich die Zielsetzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung ableiten: „Als primärer Sinn und Zweck einer solchen umsatzbezogenen, verlustantizipierenden und ausgeprägt objektivierten Gewinnermittlung kann nur die vorsichtige Be-stimmung des als Gewinn entziehbaren Betrags gelten [...]“13. Ein solches System von Bilanzrechtsprinzipien kann der durch Moxter geprägten „Ausschüttungs-statik“ zugeordnet werden.14 Abschließend ist festzuhalten, dass das deutsche Bilanzrecht sehr stark an der Kapitalerhaltung orientiert ist, was durch die zentrale Bedeutung des Vorsichtsprinzips zum Ausdruck kommt. Darauf aufbauend soll er-reicht werden, dass das Haftungsvermögen durch eine Ausschüttung nicht ver-ringert wird, um eine Schädigung der Gläubiger zu verhindern.

4 Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit

4.1 Das Vermögenswertprinzip

Ausgangspunkt des Vermögenswertprinzips ist die wirtschaftliche Betrachtungs-weise der Bilanz im Rechtssinne.15 Dieser Umstand wird besonders durch die Rechtsprechung betont: „Die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz richtet sich in erster Linie nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.“16. Somit ist das Vorhandensein eines vermögenswerten Vorteils als Voraussetzung für einen aktivierungsfähigen Ver-mögensgegenstand anzusehen,17 denn alle Tatbestände, die dem Unternehmen eine Nutzungsmöglichkeit gewähren, also die Gewinnchancen positiv beeinflussen, lassen sich als vermögenswerte Vorteile ansehen.18 Darauf aufbauend können zu den bilanzrechtlichen Aktiva „nicht nur Gegenstände im Sinne des bürgerlichen Rechts, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und sämtliche Vorteile für den Betrieb“19 zählen. Somit können auch rein wirtschaftliche Güter, wie z.B. das Know-How der Mitarbeiter eines Unternehmens vermögenswerte Vorteile darstellen, sofern sie ertragswirksam sind. Aufgrund dessen kann fest-gehalten werden, dass als Aktivum angesehen werden kann, was einen zukünftigen Ertragswertbeitrag leistet, also ertragswirksam ist.20 Es wird ersichtlich, dass „nur eine Chance, nur eine Gewinnmöglichkeit“21 zur Existenz eines Nutzens ausreichen kann. Daraus folgt, dass der „Begriff des Wirtschaftsgutes weit gespannt“22 ist und somit das Vorliegen eines vermögenswerten Vorteils nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung darstellt und es daher einer Konkretisierung bedarf.23

4.2 Das Greifbarkeits- und Übertragbarkeitsprinzip

Der mit einem Vermögensgegenstand einhergehende Nutzen ist sehr stark er-messensbehaftet und eröffnet dem Bilanzierenden einen erheblichen Spielraum. Als Vermögensgegenstände können nur solche vermögenswerten Vorteile angesehen werden, deren Werthaltigkeit nicht nur vom subjektiven Ermessen abhängt, wes-halb es einer Eingrenzung des Begriffs des vermögenswerten Vorteils bedarf.24 Daher ist für die Konkretisierung des vermögenswerten Vorteils das Greifbarkeits-prinzip notwendig. Der BFH hat schon darauf hingewiesen, dass der vermögenswerte Vorteil „als Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar“25 sein muss. Das Greifbarkeitskriterium bildet damit im Rahmen der handelsrechtlichen Objektivierungskriterien eine bedeutende Säule. Das Unentziehbarkeitstheorem konkretisiert das Greifbarkeitskriterium näher, wonach vermögenswerte Vorteile dann als greifbar werthaltig gesehen werden, wenn sie dem Bilanzierenden ohne die Befürchtung einer Sanktion zum Bilanzstichtag von keinem Dritten mehr entzogen werden können.26 Aus diesem Kriterium lässt sich umgekehrt ein Rückschluss auf die aktivierungsfähigen Objekte ableiten. Physisch greifbare Objekte gelten auch im handelsrechtlichen Sinne als greifbar und damit als aktivierungsfähig. Auch Rechte, deren Umsetzbarkeit gemäß ihres von Natur aus justiziablen Charakters als sicher gesehen werden, können bzw. müssen nach dem Kriterium der Greifbarkeit aktiviert werden. Bei rein wirtschaftlichen Gütern kann sich dieser Sachverhalt anders darstellen. So kann bspw. das Know-How von Mitarbeitern in einem Unternehmen zwar das Vermögenswertprinzip erfüllen, da sich an dieses durchaus ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen knüpfen lässt. Allerdings wird rein wirtschaftlichen Gütern aufgrund des fehlenden Bestands-schutzes die rechtliche Absicherung gegen Dritte zunächst abgesprochen.27 Damit wird das Greifbarkeitsprinzip als nicht erfüllt angesehen und die Aktivierung als nicht zulässig erachtet. Das Greifbarkeitskriterium und das Übertragbarkeits-prinzip, welches es im Folgenden zu erläutern gilt, setzen an verschiedenen Punkten der Objektivierung an und ergänzen sich gegenseitig. Nach Moxter stellt sich „das Übertragbarkeitsprinzip [...] mithin als eine Ausprägung des Greifbar-keitsprinzips dar“28.

[...]


1 Fülbier/ Gassen (2007), S. 2605.

2 Vgl. Bundesministerium der Justiz (2007), S. 1–4.

3 Hiernach darf ein Aktivposten für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegen-stände des Anlagevermögens nicht angesetzt werden.

4 Vgl. Bundesministerium der Justiz (2007a), S. 97–99.

5 Vgl. Bundesministerium der Justiz (2007a), S. 61.

6 Vgl. Schick/ Nolte (2002), S. 542.

7 Vgl. Gruber (1991), S. 1.

8 Vgl. Tiedchen (1991), S. 1.

9 Vgl. Böcking (1988), S. 114.

10 Moxter (1985), S. 217.

11 Vgl. Leffson (1987), S. 251.

12 Vgl. Baetge/ Kirsch/ Thiele (2007), S. 136.

13 Moxter (1987a), S. 373–374.

14 Vgl. Moxter (1986a), S. 176.

15 Vgl. Babel (1997), S. 102.

16 BFH-Urteil vom 9.2.1978 IV R 201/74, BStBl. II 1978, S. 371.

17 Vgl. Hommel (1997), S. 352.

18 Vgl. May (1969), S. 29.

19 BFH-Urteil vom 9.7.1986 I R 218/82, BStBl. II 1987, S. 14.

20 Vgl. Hommel (1998), S. 55.

21 RFH-Urteil vom 16.1.1929, I A a 707, StuW II 1929, Sp. 832.

22 BFH-Urteil vom 20.3.2003, IV R 27/01, BStBl. II 2003, S. 879.

23 Vgl. Moxter (1986b), S. 247–248.

24 Vgl. Kronner (1995), S. 13.

25 BFH-Urteil vom 28.1.1954 IV 255/53 U, BStBl. III 1954, S. 110.

26 Vgl. Hommel (1998), S. 152.

27 Vgl. Hommel (1998), S. 157.

28 Moxter (2007), S. 7.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände: Kritische Würdigung der Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Veranstaltung
Seminar: Das BilMoG- ErfolgreicheHarmonisierung von Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS?
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V138250
ISBN (eBook)
9783640468430
ISBN (Buch)
9783640468669
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aktivierung, Vermögensgegenstände, Kritische, Würdigung, Abschaffung, Prinzips, Erwerbs
Arbeit zitieren
Andreas Kleinke (Autor:in), 2008, Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände: Kritische Würdigung der Abschaffung des Prinzips des entgeltlichen Erwerbs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/138250

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