Insolvenzstraftaten


Seminararbeit, 2009

42 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung
I. Vorbemerkungen
II. Unternehmenskrise, Insolvenzrecht und Insolvenzverfahren
1. Grundbegriffe des Insolvenzrechts
a) Krise
b) Zahlungsunfähigkeit
c) drohende Zahlungsunfähigkeit
d) Uberschuldung
2. Grundzüge des Insolvenzverfahrens
a) Eröffnungsantrag
b) gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung
c) Insolvenzmasse
d) Insolvenzanfechtung
e) Insolvenzplanverfahren
III. Insolvenzstrafrecht

B. Insolvenzstraftaten
I. Bankrott (§§ 28 3, 28 3a StGB)
1. § 28 3 I Nr. 1 StGB
2. § 28 3 I Nr. 2 StGB
3. § 28 3 I Nr. 3 StGB
4. § 28 3 I Nr. 4 StGB
5. § 28 3 I Nr. 5 StGB
6. § 28 3 I Nr. 6 StGB
7. § 28 3 I Nr. 7 StGB
8. § 28 3 I Nr. 8 StGB
9. Besonders schwerer Fall des Bankrotts (§ 28 3a StGB)
II. Verletzung der Buchfiihrungspflicht (§ 28 3b StGB)
III. Gläubigerbegiinstigung (§ 28 3c StGB)
IV. Schuldnerbegiinstigung (§ 28 3d StGB)
V. Insolvenz(antrags)verschleppung (§ 15a IV InsO)
VI. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB)

C. Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Verzeichnis amtlicher Schriften

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

I. Vorbemerkungen

§ 74c GVG vermittelt einen — nahezu vollständigen — Uberblick über die nach deutsch-em Recht im Wirtschaftsverkehr verbotenen Handlungen. Von den im Einzelnen dort aufgeführten Wirtschaftsstraftaten zählen lediglich diejenigen zum Gegenstand der vorliegenden Arbeit, welche typischerweise in unmittelbarem Zusammenhang mit Un-ternehmenskrisen begangen werden, die sogenannten — in § 74c GVG nur teilweise erwähnten — Insolvenzdelikte. Gänzlich augerhalb der Betrachtung bleiben die nach den Steuergesetzen verbotenen Handlungen.

Der 24. Abschnitt1 des Strafgesetzbuchs trägt die Uberschrift „Insolvenzstraftaten". Die dort vorgesehenen, charakteristischen Insolvenzdelikte: Bankrott (§§ 28 3, 28 3a StGB), Verletzung der Buchführungspflicht (§ 28 3b StGB), Gläubigerbegünstigung (§ 28 3c StGB) und Schuldnerbegünstigung (§ 28 3d StGB) zählt man zu den Insolvenzdelikten im engeren Sinne. § 28 3 StGB bildet den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Zu den Insolvenzstraftaten im weiteren Sinne gehören die Insolvenzverschleppung (§ 15a In-sO), das Vorenthalten und das Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) aber auch der Betrug (§ 26 3 StGB), die Untreue (§ 266 StGB), der Kreditbetrug (§ 265b StGB), der Subventionsbetrug (§ 246 StGB), die Unterschlagung (§ 264 StGB) und die Vereitelung der Zwangsvollstreckung (§ 288 StGB). Aus Platzgründen wird lediglich auf § 15a InsO und den praxisrelevanten § 266a StGB näher eingehen werden können.

Aus gleichem Grund beschränke ich mich weitgehend auf die Darstellung des objekti-ven Tatbestandes des jeweiligen Delikts. Zur Veranschaulichung wird den einzelnen Delikten ein konkretes Beispiel aus der einschlägigen Rechtsprechung vorangestellt.

II. Unternehmenskrise, Insolvenzrecht und Insolvenzverf a hren

1. Grundbegriffe des Insolvenzrechts

a) Krise

Eine Krise ist das Endstadium eines vom betroffenen Unternehmen ungewollten Pro-zesses, in dessen Verlauf die Erfolgspotentiale, das Reinvermögen und/oder die Liqui-dität des Unternehmens sich so ungünstig entwickelt haben, dass die Existenz des Un-ternehmens akut bedroht ist. Drei Arten von Krisen werden unterschieden: (1) die stra-tegische Krise, bei der die Erfolgspotentiale gestört oder zerstört sind, (2) die Erfolgs-krise, bei der Verluste entstehen und ( 3) die Liquiditätskrise, bei der die Zahlungsfähig-keit des Unternehmens bedroht oder erloschen ist.2 Strategische Krisen gehen den Erfolgs- und auch den Liquiditätskrisen zeitlich voraus; oft werden sie aber erst als letz-te erkannt. Liquiditätskrisen werden offensichtlich, wenn Banken weitere Kredite ver-weigern. Eine Erfolgskrise zeigt sich in einer drastisch gesunkenen Eigenkapitalquote, weil bspw. der Lageraufbau durch Fremdkapital finanziert wurde, so dass Uberschul-dung droht. Oft führt eine anschliegende Ursachensuche zur Entdeckung einer strate-gischen, langfristigen Unternehmenskrise, weil bspw. versäumt wurde, rechtzeitig für ein Nachfolgeprodukt zu sorgen, das den Umsatzrückgang des bisherigen „Rennersa kompensieren kann. Die weiterführende Produktion des auslaufenden Produktes führ-te nicht mehr zu Umsätzen, sondern zum Aufbau von Lagerbeständen.3

b) Zahlungsunfähigkeit

Unter Zahlungsunfähigkeit wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur das auf Man-gel an Zahlungsmittel beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen verstanden, die fälligen, sofortige Befriedigung erheischenden Geldschulden wenigstens zu einem wesentlichen Teil zu erfüllen.4

Gemäg § 17 I InsO ist die Zahlungsunfähigkeit allgemeiner - und bedeutendster5 - Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Zahlungsunfähig ist der Schuldner, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, § 17 II 1 InsO. Widerleglich vermutet wird dies, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat, § 17 II 2 InsO.

Eine lediglich vorübergehende Zahlungsstockung führt nicht zur Zahlungsunfähigkeit. Der Gesetzgeber hielt es für selbstverständlich, dass eine vorübergehende Zahlungs-stockung keine Zahlungsunfähigkeit begründet und sah daher keine Veranlassung, dies besonders zum Ausdruck zu bringen.6 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich der Schuldner bei vorübergehender Illiquidität neue flüssige Mittel durch Bankkredit be-schaffen kann und er insoweit im Sinne der Vorschrift „in der Lage ist, die fälligen Zah-lungspflichten zu erfüllen".7

Uneinigkeit herrscht in Rechtsprechung und Literatur darüber, wann (nur) Zahlungs-stockung vorliegt und ab wann bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Die im Zu-sammenhang hiermit vertretenen Auffassungen für die Bejahung von Zahlungsunfä-higkeit im Sinne des § 17 II 1 InsO reichen von der geringsten Unterdeckung bereits ab dem ersten Tag — einerseits — bis hin zu einer 25%igen Unterdeckung über eine Dauer von drei Monaten — andererseits.8 Die im Insolvenzrecht herrschende Meinung nimmt Zahlungsunfähigkeit an, wenn der Schuldner 5-1° % seiner Verbindlichkeiten länger als 2- 3 Wochen nicht ausgleichen kann.9 Umstritten ist auch, ob der dem § 17 II 1 InsO zugrunde liegende Begriff der Zahlungsunfähigkeit auch für das Insolvenzstrafrecht zu übernehmen oder ob hier eigenständig zu definieren ist.10

Die Zahlungsunfähigkeit kann auf zwei methodisch unterschiedliche Wege festgestellt werden: (1) durch die Erstellung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens nach vor-heriger Auswertung der Buchhaltung und des Jahresabschlusses oder (2), wenn Buch-haltung oder Bilanz nicht (vollständig) zur Verfügung stehen, durch chronologische Auflistung von Krisenzeichen, die nach betriebswirtschaftlicher Erfahrung auf das Vor-liegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit schliegen lässt (sog. kriminalistische Metho-de).11

c) drohende Zahlungsunfähigkeit

Die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit ist zwar noch keine Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO, sie bildet aber — bei Eigenantrag — einen weiteren Eröffnungs-grund, § 18 I InsO; §§ 320 S. 2, 333 II 3 InsO; § 46b I 3 KWG. In Abgrenzung zur (einge-tretenen) Zahlungsunfähigkeit werden bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch diejenigen Zahlungspflichten des Schuldners in die Betrachtung einbezogen, die schon bestehen, aber noch nicht fällig sind. Zahlungsunfähigkeit droht demnach, wenn nach der Auswertung eines Liquiditätsplans12 zu erwarten, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Pflichten zu ihrer Erfüllung nicht in der Lage sein wird. In die Prog-nose muss die gesamte Entwicklung der Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten einbezogen werden. Hierbei sind neben den zu erwartenden Einnahmen auch die zukünftigen, noch nicht begründeten Zahlungs-pflichten mit zu berücksichtigen.13 Die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erfolgt durch Gegenüberstellung von vorhandener Liquidität und Einnahmen, die zu dem genannten Zeitpunkt zu erwarten sind — einerseits — und den fälligen und bis zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich fällig werdenden Verbindlichkeiten — andererseits.14 Im Unterschied zu § 17 InsO wird bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht auf eine Zeitpunkt-Illiquidität abgestellt, sondern auf eine Zeitraum-Illiquidität.15

d) Uberschuldung

Uberschuldung kommt als Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im We-sentlichen16 in Betracht bei (1) juristischen Personen (§ 19 I InsO), (2) nicht rechtsfähi-gen Vereinen (§ 11 I 2 InsO)17 und ( 3) Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet (§ 19 III InsO).

Die Uberschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners seine Verbindlichkei-ten nicht mehr deckt, wenn also die Passiven (alle gegenwärtigen im Falle der Insol-venzeröffnung aus der Masse zu begleichenden Schulden) die Aktiven (alle mit ihren wirklichen Gegenwartswerten einzusetzenden Vermögensgfter) uberwiegen, § 19 II 1 InsO. Umstritten war zunächst, ob der Bewertung die Zerschlagungswerte oder die Betriebsfortfuhrungswerte zugrunde zu legen sind.18 Ist die Fortfuhrung des Unter-nehmens beabsichtigt19 und erscheint das Unternehmen wirtschaftlich lebensfähig20, sind Fortfuhrungswerte (going-concern-Werte) anzusetzen, § 19 II 2 InsO, anderenfalls sind die Werte zugrunde zu legen, die bei der Liquidation des Unternehmens zu erzie-len wären.21 22

2. Grundzüge des Insolvenzverfahrens

Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung zum 1. Januar 199923 wurden die Konkurs- und Vergleichsordnung von 1877 bzw. 19 35 und die aus der ehemaligen DDR stammende Gesamtvollstreckungsordnung auger Kraft gesetzt und somit die frühere Dreiteilung in unterschiedliche Verfahren beseitigt.24 Das Insolvenzverfahren dient der gemeinschaft-lichen Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners, § 1 S. 1 InsO. Der redliche Schuld-ner soll zudem Gelegenheit erhalten, sich — leichter als früher25 — von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien, § 1 S. 2 InsO.

a) Eröffnungsantrag

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgt nur auf Antrag, § 1 3 I 1 InsO. Antrags-berechtigt ist nicht jedermann26, sondern gemäg § 1 3 I 2 InsO nur der Schuldner (Ei-genantrag) sowie dessen Gläubiger (Fremdantrag). Eröffnungsgründe (§ 16 InsO) sind Uberschuldung (§ 19 InsO) und Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), beim Eigenantrag auch drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO). Der Eröffnungsgrund ist beim Fremdantrag (§ 14 I InsO) bzw. bei einem nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans gestell-ten Eigenantrag (§ 15 II 1 InsO) nicht nur darzulegen, sondern glaubhaft zu machen.27 Bei einem von allen vertretungsberechtigten Organen unterzeichneten Insolvenzantrag wird das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes unterstellt. Im Regelfall ordnet das Insol-venzgericht Sicherungsmagnahmen an, § 21 InsO, und beauftragt gemäg § 22 I Nr. 3 InsO den vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Prüfung, ob ein Eröffnungsgrund vor-liegt, die Verfahrenskosten gedeckt sind und welche Aussichten zur Fortführung des Unternehmens bestehen.28

Nach Abschluss der überprüfung entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insol-venzverfahrens. Fehlt es an einem Insolvenzgrund, wird der Antrag abgewiesen. Der Antrag ist ebenfalls abzuweisen, wenn zwar ein Insolvenzgrund vorliegt, die Insol-venzmasse, § 35 InsO, aber so gering ausfällt, dass hieraus die im Zusammenhang mit der Durchführung des Insolvenzverfahrens entstehenden Kosten voraussichtlich nicht gedeckt werden können, § 26 I 1 InsO. Die Abweisung mangels Masse wird bei natürli-chen Personen nach § 26 II 1 InsO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen. Bei Kapi-talgesellschaften oder Handelsgesellschaften hat die Abweisung mangels einer die Kos-ten des Verfahrens deckenden Masse die Auflösung zur Folge, §§ 60 I Nr. 5 GmbHG, 262 I Nr. 4 AktG, 81a Nr. 1 GenG, 1 31 II Nr. 1 HGB. Das zuständige Registergericht ver-anlasst die Löschung der Gesellschaft, § 141a FGG.

Anderenfalls wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Gericht ernennt einen Insol-venzverwalter, § 27 InsO, und fordert die Gläubiger auf, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden und ihre Sicherungsrech-te geltend zu machen, § 28 InsO.

b) gemeinschaftliche Gläubigerbefriedigung

Das Insolvenzverfahren beendet den Gläubigerwettlauf.29 An dessen Stelle tritt die gleichmägig verteilende, bestmögliche 30 Befriedigung des Insolvenzverfahrens.

Drei gleichrangige Wege zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger i. S. v. § 1 S. 1 InsO sind denkbar: (1) Liquidation des Vermögens, (2) (Teil-)Sanierung des schuld-nerischen Unternehmens oder ( 3) übertragende (Teil-)Sanierung durch Verkauf an ei-nen anderen Rechtsträger. 31

c) Insolvenzmasse

Der für das Insolvenzverfahren zentrale Begriff der Insolvenzmasse, die der gemein-schaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient, § 1 S. 1 InsO, ist in § 35 InsO definiert. Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen des Schuldners, welches ihm zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung, § 27 II Nr. 3, III InsO, gehört und welches er wäh-rend der Durchführung des Verfahrens erlangt („Neuerwerb"). Gegenstände, die dem Schuldner nicht gehören, dienen nicht der Befriedigung seiner Gläubiger nach §§ 1 S. 1, 38 f., 159, 174 ff. InsO.

d) Insolvenzanfechtung

Der dritte Abschnitt der Insolvenzordnung, §§ 129 ff. InsO, enthält das Recht der An-fechtung innerhalb des Insolvenzverfahrens. Es hat die Aufgabe, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wieder herzustellen, dass Vermö-gensverschiebungen rückgängig gemacht werden, die insbesondere in der Zeit der Kri-se vor der Verfahrenseröffnung zum Nachteil Gläubiger vorgenommen worden sind. 32

Der Gesetzgeber beabsichtigte mit den neuen Vorschriften eine wirksamere Ausgestal-tung des Anfechtungsrechts. 33 Die dogmatische Einordnung der Anfechtung ist in Lite-ratur und Rechtsprechung umstritten. 34

Im Grundsatz kann der Insolvenzverwalter alle Rechtshandlungen, die vor der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maggabe der §§ 1 30 bis 146 InsO anfechten, § 129 InsO.

e) Insolvenzplanverfahren

Bestehen Aussichten auf eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens, können Schuldner und Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan erarbeiten und diesen dem Ge-richt vorlegen, § 218 I 1 InsO. Als „Sanierungsplana kann der Insolvenzplan die Wieder-herstellung der Ertragskraft des schuldnerischen Unternehmens und die Befriedigung der Gläubiger aus den Erträgen des Unternehmens zum Gegenstand haben. 35 Denkbar ist auch eine „übertragende Sanierung". Hier wird das Unternehmen auf einen Dritten übertragen, wobei dieser sich zur Befriedigung der Gläubiger aus den Erträgen der fortgeführten Unternehmung verpflichtet, § 229 InsO. Der Insolvenzplan übernimmt dabei die Funktion eines „übertragungsplansa. Schlieglich ist auch ein bloger „Liquida-tionsplana möglich, in welchem ein vom gesetzlich vorgesehenen Verfahren abwei-chende Lösung, § 1 S. 1 Fall 2 InsO, für das schuldnerischen Unternehmen getroffen wird.

III. Insolvenzstrafrecht

Das Insolvenzstrafrecht knüpft an die zentralen Begriffe des allgemeinen Insolvenz-rechts, wie der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder der Uberschuldung, an. So setzt bspw. die Bestrafung eines GmbH-Geschäftsführers gemäg § 15a IV InsO i. V. m. §§ 15

I 1 InsO, 14 I Nr. 1 StGB wegen nicht rechtzeitiger Insolvenzantragstellung notwendig die Kenntnis voraus, wann bei der von ihm geführten Gesellschaft angeblich Zahlungs-unfähigkeit und/oder Uberschuldung eingetreten sein soll.

Insolvenzrechtliche Vorläufer finden sich bereits im Alten Orient vor mehr als 4.000 Jahren. 36 Der Uberlieferung nach durften damals Gläubiger ihre Schuldner, die nicht zahlen konnten oder wollten, in Selbsthilfe ergreifen und die Schuld bei sich abarbei-ten lassen. 37 Im Alten Agypten hatte nicht einmal der verstorbene zahlungsunfähige Schuldner Ruhe vor seinen Gläubigern, denn er durfte bis zur Begleichung seiner Schuld (durch seine Angehörigen) nicht ehrlich begraben werden. 38

B. Insolvenzstraftaten

Die betriebswirtschaftliche Insolvenzursachenforschung ermittelte als häufigste Ursa-che von Insolvenzen in Deutschland, Osterreich und der Schweiz die als unternehmeri-sches Fehlverhalten zu qualifizierende ungenugende Eigenkapitalausstattung, welche ihrerseits zu einer entsprechenden Uberkreditierung fuhrt. 39 Bedeutende Insolvenz-ausloser sind ferner die grob wirtschaftswidrige Verringerung der Aktiven durch Ober-mägige Privatentnahmen aus dem Gesellschaftsvermogen, der Schleuderverkauf kredi-tierter Waren und schlieglich die Vernachlässigung und Manipulation der Buchfuh-rung.40

Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden erfasse fur das Berichtsjahr 2007 insgesamt 6.284.661 Straftaten.41 Hiervon entfielen auf Insolvenzdelikte im Einzelnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Art. 60 Nr. 1 EGInsO vom 05.10.1994 ersetzte den früheren Begriff „Konkursstraftaten", BGBl. I 2911, 2940.

2 Vgl. Hess/Fechner, Sanierungshandbuch, S. 19.

3 Vgl. Hess/Fechner, Sanierungshandbuch, S. 20.

4 Vgl. Hess/Fechner, Sanierungshandbuch, S. 31.

5 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 17 Rn. 1.

6 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 114.

7 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 114.

8 Vgl. Trundle/Fischer, Strafgesetzbuch, Vor § 283 Rn. 9.

9 Vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 58.

10 Vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 59.

11 Vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 68; vgl. Reck, Insolvenzstraftaten und deren Vermeidung, S. 34 ff.

12 Vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 79; vgl. Foerste. Insolvenzrecht, § 12 Rn 112.

13 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 114 f.

14 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 115.

15 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 18 Rn. 8; vgl. Foerste. Insolvenzrecht, § 12 Rn 112.

16 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 19 Rn. 3 mit vollständiger Darstellung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 19 InsO.

17 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 115.

18 Vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 81.

19 Sog. „subjektive Uberlebenswilligkeit", vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 90.

20 Sog. „objektive überlebensfähigkeit", vgl. Bittmann in Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 11 Rn 90.

21 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 115.

22 Die Ermittlung der Uberschuldung wurde jungst durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und das MoMiG modifiziert, Art. 9 IV MoMiG, BGBl. 2008 I, 2026, 20 37.

23 Art. 110 I EGInsO vom 05.10.1994, BGBl. 1994 I S. 2952.

24 Vgl. FK-InsO/Schmerbach Vor § 1 Rn. 6; Hager, Der Bankrott durch Organe juristischer Personen, S. 109.

25 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 81.

26 Vgl. Becker, Insolvenzrecht, § 9 Rn. 429 f. mit Hinweis auf Sonderregelungen für Kreditinstitute und Finanzdienst-leistungsinstitute (§ 1 I, Ia, Ib KWG) und Versicherungsunternehmen (§ 88 I VAG).

27 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 15 Rn. 28.

28 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 22 Rn. 29 f.

29 Vgl. Becker, Insolvenzrecht, § 1 Rn. 20.

30 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 108.

31 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 1 Rn. 12.

32 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 156.

33 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 156.

34 Vgl. FK-InsO/Schmerbach § 129 Rn. 3 ff.

35 Vgl. BT-Drucksache 12/2442, S. 195.

36 Vgl. Hager, Der Bankrott durch Organe juristischer Personen, S. 4.

37 Vgl. Hager, Der Bankrott durch Organe juristischer Personen, S. 5.

38 Vgl. Hager, Der Bankrott durch Organe juristischer Personen, S. 5.

39 Vgl. Herren, Die Misswirtschaft gemäss Art. 165 StGB, S. 15 ff.

40 Vgl. Herren, Die Misswirtschaft gemäss Art. 165 StGB, S. 15.

41 Vgl. Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2007, S. 32 ff.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Insolvenzstraftaten
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Berlin früher Fachhochschule
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
42
Katalognummer
V143059
ISBN (eBook)
9783640507900
ISBN (Buch)
9783640508129
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Insolvenzstraftat, Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, Gläubigerbegünstigung, Schuldnerbegünstigung, Veruntreuung, Zahlungsunfähigkeit, Insolvenzverschleppung, Untreue, Kreditbetrug, Vereitelung der Zwangsvollstreckung, Insolvenzdelikt
Arbeit zitieren
Dipl.-Wirtschaftsjurist (FH) Steffen Salutzki (Autor:in), 2009, Insolvenzstraftaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/143059

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