Die Neue Frau und andere Phänomene in der Literatur der Weimarer Republik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

21 Seiten, Note: 1,7

Paulo L. (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Weimarer Republik
1.1 Entstehung und Verlauf der Weimarer Republik
1.2 Die Situation der Frauen in der Weimarer Republik

2. Die Neue Frau und ihr Selbstverständnis
2.1 Image versus Typus
2.2 Die schreibende Neue Frau

3. Die Neue Sachlichkeit

4. Über Ruth Landshoff-Yorck

5. Die Vielen und der Eine
5.1. Ist Louis Lou eine Neue Frau ?
5.2. Biographische Elemente im Roman „Die Vielen und der Eine“
5.3. Neusachliche Elemente im Roman „Die Vielen und der Eine“

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Wenn an die traditionsreiche deutsche Literatur gedacht wird, dann fallen einem in der Regel zunächst immer die Epochen Barock, Sturm und Drang, Klassik, Romantik, Expressionismus und Moderne und die entsprechenden großen Autoren ein.

Eine literaturgeschichtlich bedeutsame Zeit wird in der öffentlich aber auch literaturwissenschaftlichen Diskussion oft vernachlässigt, obwohl sie auf politischer Ebene betrachtet zu den wichtigsten Stationen der deutschen Geschichte zählt.

Die Rede ist von der Literatur zur Zeit der Weimarer Republik, also von 1918 bis zum Anfang des NS-Regimes 1933.

Ein Grund dafür, dass die Weimarer Republik noch nicht zu den großen literarischen Epochen der deutschen Literaturgeschichte gezählt wird, mag wohl daran liegen, dass sie sich „in all ihren Erscheinungsformen als Zeitalter der Paradoxien und Widersprüche (…)“ vorstellt.[1]

Die Weimarer Republik verdient es sich jedoch trotz dieser Paradoxien und Widersprüche verstärkt in den Fokus der Literaturforschung zu treten, da sie eine Zeit ist, in der Frauen erstmals mit wesentlich größerer Präsenz in der Literaturszene mitwirken.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit der weiblichen Literatur in der Weimarer Republik und mit den in Verbindung stehenden Phänomenen.

Zunächst müssen jedoch einige zentrale politische, soziale und wirtschaftliche Schwerpunkte der Weimarer Republik näher betrachtet werden, bevor es anschließend um die konkrete Situation der Frau in dieser Zeit geht.

Im nächsten Kapitel soll dann das Phänomen der Neuen Frau zentraler Gegenstand sein, wobei noch der Unterschied zwischen Image und Typus betrachtet und auf die Neue Frau als Autorin eingegangen wird.

Im Anschluss daran wird die für diese Zeit wichtige literarische Bewegung der Neuen Sachlichkeit vorgestellt, indem die Entstehung, Entwicklung und die wichtigsten Charakteristika erläutert werden.

Als Beispiel für eine neusachliche Neue Frau wird dann die Autorin Ruth Landshoff-Yorck und eines ihrer Werke vorgestellt, welches die Eigenschaften einer Neuen Frau und eben auch neusachlichen Schreibens offenlegt.

Zum Abschluss dieser Arbeit folgt ein kurzes und bewertendes Fazit.

1. Die Weimarer Republik

Die Voraussetzungen für das Entstehen bestimmter Phänomene wie das der Neuen Frau oder das der Neuen Sachlichkeit sind in den Gegebenheiten der Weimarer Republik zu suchen. Deshalb ist es notwendig, einen Blick auf die politische, soziale und wirtschaftliche Situation dieser Zeit zu werfen, wobei auf die komplexen politischen Zusammenhänge nicht näher eingegangen wird, da auf diesen nicht der Fokus dieser Arbeit liegt.

1.1 Entstehung und Verlauf der Weimarer Republik

Die Weimarer Republik ging am Ende des Ersten Weltkrieges aus der so genannten Novemberrevolution hervor. Diese bestand in der Übernahme einer Vielzahl von deutschen Großstädten durch Arbeiter und Soldatenräte und führte am 9. November 1918 zur Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann (SPD).[2]

Die Tatsache, dass Deutschland als Verlierer aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen war, führte dazu, dass die Weimarer Republik mit so genannten „Hypotheken“ belastet ihre Ära begann.[3] Dementsprechend konnte auch nicht die Rede von einem Nullpunkt im Sinne eines Neuanfangs die Rede sein. Die bedingungslose Kapitulation im Herbst 1918 und die im Zuge des im Versailler Vertrags auferlegten Reparationen an die alliierten Mächte bedeuteten für das damalige Deutschland eine extreme Belastung der deutschen Wirtschaft und dadurch bedingt eine Zerreißprobe für die Politik.

Angesichts solcher extremen Vorbelastungen erscheint es äußerst fragwürdig, ob es überhaupt möglich wäre, diesen immensen Druck zu stemmen, wenngleich die Verfassung zumindest theoretisch dazu geeignet war, diese Erwartungen zu erfüllen. Und tatsächlich wurden in der Weimarer Republik wichtige Ansätze zur Demokratisierung auf den Weg gebracht, darunter ein demokratisches Wahlrecht nach dem Verhältniswahlsystem, die Einführung des Frauenwahlrechts, die Abschaffung der Zensur, die Reduzierung des Maximalarbeitstages auf acht Stunden, etc. Demgegenüber sah man sich allerdings einer Vielzahl an Hindernissen ausgesetzt, die einer vollständigen Demokratisierung im Wege standen. So wurde die überwiegende Mehrheit der Positionen in der Justiz, in der Staatsverwaltung sowie im Erziehungswesen noch von nationalgesinnten Anhängern des Wilhelminismus bekleidet, die der neuen Republik gegenüber feindlich gestimmt waren.[4]

Dies bedeutet wiederum, dass das Ziel der Weimarer Verfassung, nämlich die Herstellung der unerlässlichen Voraussetzungen zur Umsetzung einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft, nur partiell erreicht werden konnte.

Trotz aller Spannungen und Konflikte konnten jedoch auch Erfolge verzeichnet werden. Durch die Währungsreform und durch die im Rahmen des so genannten Dawes-Planes genehmigten US-Kredite etablierte sich der bis heute noch geläufige Ausdruck Goldene Zwanziger, der sich vornehmlich auf die Stabilisierungsphase zwischen 1924 und 1929 bezieht. Das Kriegs- und Revolutionserlebnis, der Durchbruch der Demokratie, aber auch der kontinuierliche Fortschritt der Technik sowie die starken amerikanischen Impulse, wie zum Beispiel die Jazz-Musik oder die Filmkunst, machten die Zwanziger Jahre auch auf der kulturellen Ebene zu einer Zeit der Umbrüche.

Im Oktober 1929 kam es dann infolge des Börsensturzes an der New Yorker Wall Street zum Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft, der die „grundsätzliche Instabilität einer Gesellschaft“[5] offenlegte. Die daraus resultierenden Folgen, insbesondere die zunehmende Arbeitslosigkeit, die Proletarisierung der Mittelklasse sowie die Politisierung des Kleinbürgertums bedeuteten zwangsläufig den Niedergang einer Gesellschaft, die an ihren eigenen Widersprüchen zerfiel.

Aber eben dieser Mangel an Konsens gab den Impuls für die kulturellen und literarischen Entwicklungen während dieser Zeit.

„Das Ende des autoritären Wilhelminismus und die Errichtung eines Rahmens, innerhalb dessen sich alle politischen Ideologien frei bewegen konnten, bedeutete für die Kultur und die Literatur (…), dass sie mit einer zuvor ungeahnten Fülle von Material konfrontiert wurde, die in der Literatur thematisiert und problematisiert werden konnte und wurde.“[6]

Die aus diesen Impulsen entstandenen Phänomene dieser Zeit werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit konkretisiert.

1.2 Die Situation der Frauen in der Weimarer Republik

Nachdem zunächst die allgemeine sozio-politische Situation in der Weimarer Republik näher betrachtet wurde, soll im Folgenden die Ausgangslage für die Frauen dieser Zeit analysiert werden.

Es ist unbestritten, dass die Weimarer Verfassung günstigere Lebens- und Existenzbedingungen für weibliche Bestrebungen nach Selbstverwirklichung als die der vorangegangen Wilhelminischen Ära bot. Bereits im Jahr 1908 erhielten die Frauen das Recht, zum Studium an deutschen Universitäten zugelassen zu werden, wobei angemerkt werden muss, dass „sie (…) den meisten Professoren und männlichen Kommilitonen noch lange nicht willkommen waren.“[7]

Die Einführung des Frauenwahlrechtes im Jahr 1918 legte den Grundstein für ein stärkeres Mitbestimmungsrecht des weiblichen Geschlechtes.

Jedoch blieben Frauen trotz des Artikels 109 der Weimarer Verfassung (staatsbürgerliche Gleichheit) oftmals benachteiligt, denn dieser schrieb ihnen lediglich grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten zu. Eine uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen war allerdings nicht konsensfähig.[8]

Diese fehlende Gleichberechtigung der Frauen spiegelte sich auch in ihrem Arbeitsalltag wider. Zwar konnte ein Großteil der Frauen am Berufsleben teilnehmen, da durch den Mangel an männlichen Arbeitskräften bedingt durch den Ersten Weltkrieg sowie durch die Modernisierung der deutschen Wirtschaft neue Arbeitsplätze in den neuen Kommunikationstechniken und den entsprechenden Berufen frei wurden. Weiterhin positiv für die Frauen war es, dass dieser vereinfachte Zugang zur Berufstätigkeit mit größerem Erfahrungspotential sowie materieller und ökonomischer Selbstständigkeit der Frauen einherging. Jedoch standen diese positiven Aspekte im Widerspruch zu den alten Ungleichheiten der Geschlechter hinsichtlich der Vergütung sowie der Kündigungspraxis.

Dies wiederum hatte entsprechende Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den Geschlechtern. So hatten Männer oft Angst, ihren Job an eine Frau zu verlieren. Demgegenüber mussten sich berufstätige Frauen häufig vor sexuellen Übergriffen durch ihre männlichen Arbeitskollegen fürchten, was gerade in der Literatur der Zwanziger Jahre oft thematisiert wurde.[9]

Nichtsdestotrotz war eine Verbesserung der Situation der Frau in der Weimarer Republik objektiv feststellbar. Der zuvor im Kaiserreich auferlegte Lebensradius von Kinder, Küche und Kirche wurde zumindest in der öffentlichen Darstellung durch Konsum, Kino und Kultur ersetzt.[10]

Vor allem der Umstand, dass die Frauen problemlos in die Berufswelt eintreten konnten, ebnete ihnen den Weg für materielle und ökonomische Unabhängigkeit, die ihnen zu einer neuen Selbstdefinition jenseits traditioneller Rollenzuschreibungen verhalf.[11]

Diese Ausgangslage ist die Prämisse für das Entstehen des Phänomens der Neuen Frau, das im folgenden Kapitel thematisiert wird.

[...]


[1] Stephen Lamb. Die Weimarer Republik: Im Zeichen des Konflikts. In: Das literarische Leben in der Weimarer Republik. Hrsg. v. Keith Bullivant. Königstein/Ts: Scriptor-Verlag, 1978, S.3-10, hier S.3.

[2] Horst Möller. Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie. München: dtv, 2006. S.321

[3] Stephen Lamb. Die Weimarer Republik: Im Zeichen des Konflikts. In: Das literarische Leben in der Weimarer Republik. Hrsg. v. Keith Bullivant. Königstein/Ts: Scriptor-Verlag, 1978, S.3-10, hier S.3.

[4] Ebda. S.4

[5] Ebda. S.5

[6] Ebda. S.6

[7] Petra Bock: Zwischen den Zeiten – Neue Frauen und die Weimarer Republik. In: Neue Frauen zwischen den Zeiten. Hrsg. v. Petra Bock/Katja Koblitz. Berlin: Hentrich, 1995, S.14-37, hier S.17.

[8] vgl. Reinhard Sturm: Zwischen Festigung und Gefährdung 1924-1929. In: Weimarer Republik. Informationen zur politischen Bildung (Heft 261). Hrsg. v.: Bund für politische Bildung, Bonn: 2003.

[9] Walter Fähnders/Helga Karrenbrock: Einleitung. In: Autorinnen der Weimarer Republik. Hrsg. v. Walter Fähnders/Helga Karrenbrock. Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2003, S.7-19, hier S.7f

[10] vgl. Anja Schüler: Bubikopf und kurze Röcke. In der Weimarer Republik veränderten sich die Frauenrollen und die Frauenbewegung kam in die Jahre. In: Frauenbewegung. Hrsg. v.: Bund für politische Bildung, Bonn: 2008.

[11] Walter Fähnders/Helga Karrenbrock: Einleitung. In: Autorinnen der Weimarer Republik. Hrsg. v. Walter Fähnders/Helga Karrenbrock. Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2003, S.7-19, hier S.8

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Neue Frau und andere Phänomene in der Literatur der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
21
Katalognummer
V144592
ISBN (eBook)
9783640556120
ISBN (Buch)
9783640556519
Dateigröße
511 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neue, Frau, Phänomene, Literatur, Weimarer, Republik
Arbeit zitieren
Paulo L. (Autor:in), 2009, Die Neue Frau und andere Phänomene in der Literatur der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144592

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