Führen mit Konfliktkompetenz


Bachelorarbeit, 2009

63 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung
1.1 Der Umgang mit Konflikten
1.2 Zielsetzung der Arbeit

2 Das Mediationsverfahren
2.1 Ablauf des Verfahrens
2.1.1 Vorgespräch
2.1.2 Phase 1: Eröffnungsphase
2.1.3 Phase 2: Sachverhaltsdarlegung, Positionenermittlung & Themenfindung
2.1.4 Phase 3: Interessenklärung, Ziele und Bedürfnisse
2.1.5 Phase 4: Lösungsphase
2.1.6 Phase 5: Abschlussvereinbarung
2.2 Schlussüberlegung zum Mediationsverfahren

3 Konflikte
3.1 Intrapersonale und Interpersonale Konflikte
3.2 Endogener und exogener Konflikt
3.3 Latenter und manifester Konflikt
3.4 Verhaltensinduzierter Konflikt
3.5 Organisationskonflikt/ Strukturinduzierter Konflikt
3.6 Systematik zwischenmenschlicher Spannung
3.7 Konfliktstufen nach Glasl
3.8 Dysfunktionaler und funktionaler Konflikt - der positive Konflikt ?

4 Positive Aspekte von Konflikten

5 Grundsätze des erfolgreichen Wandels aus Unternehmensführungssicht
5.1 Konsens
5.2 Betroffenen zu Beteiligten machen
5.3 Verpflichtungen
5.4 Anreize
5.5 Gruppenwandel und Kooperation
5.6 Projektmanagement und -Controlling
5.7 Wandelzyklus
5.8 Kommunikation
5.9 Erfolgserlebnisse
5.10 Treiber des Wandels

6 Führung
6.1 Kommunikation
6.2 Motivation
6.2.1 Bedürfnisorientierte Motivation
6.2.2 Prozessorientierte Motivation
6.3 Belohnungsmodelle
6.4 Führungsstiltypologien

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Ursachen für Konflikte in Organisationen

Abbildung 2: Intrapersonaler und interpersonaler Konflikt

Abbildung 3: Vergleich von endogenem und exogenem Konflikt

Abbildung 4: Latent vorhandener und manifestierter Konflikt

Abbildung 5: Überblick Strukturinduzierter Konflikte

Abbildung 6: Eskalationsstufen nach Glasl

Abbildung 7: Funktionaler Konflikt und Dysfunktionaler Konflikt

Abbildung 8: Individuelle und kollektive positive Konfliktauswirkungen

Abbildung 9: Ebenen der Führung

Abbildung 10: Zusammenhang der Führungsbegriffe

Abbildung 11: Führungsaktivität aufgrund des Ist-Zustandes

Abbildung 12: Maslowsche Bedürfnispyramide

Abbildung 13: Zwei-Faktoren Theorie

Abbildung 14: Belohnungsmodell nach Porter/ Lawler

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Wirkung verhaltensinduzierter Konflikte

Tabelle 2: Konflikte in Organisationen

Tabelle 3: Die Systematik zwischenmenschlicher Spannungen

1 Einführung

1.1 Der Umgang mit Konflikten

„Schwierigkeiten sollten einen antreiben, nicht entmutigen. Der menschliche Geist wächst in Konflikten.“

William E. Channing (1780-1842)

Führungskräfte werden kontinuierlich mit Konflikten konfrontiert. Sie sind integraler Bestandteil jeglichen Zusammenlebens. Menschen mit unterschiedlichen Werten, Zielen und Verhaltensweisen treffen aufeinander. Seien es persönliche Abneigungen gegen Mitarbeiter oder sachliche Zielkonflikte, organisatorische Missstände, Konflikte können Potenziale, Kreativität und Innovationen freisetzen. Sie können Probleme, Fehler und Irrtümer an die Oberfläche bringen, diese sichtbar machen und damit zu Qualitätsverbesserungen führen. Auf der anderen Seite führen Konflikte häufig zu Lähmung, Motivationsverlust, Unproduktivität und Frustration. „Entscheidend ist, dass Konflikte nicht weiter eskalieren. Konstruktive Konfliktbearbeitung dient dazu, dies zu verhindern“.1

Konfliktlösungskompetenz und Konfliktprävention erleichtern der Führungskraft die Arbeit. Fachkompetenz gibt einer Führungskraft die Fähigkeit, MitarbeiterIn2inhaltlich gut zu beraten. Hierarchische Macht gibt Ihr die Möglichkeit, Anweisungen zu erteilen, die ausgeführt werden müssen. Jedoch treten auch Führungssituationen auf, in denen weder Ratschläge noch Anweisungen angebracht sind, um Führungserfolg zu erreichen. In diesem Fall werden Kompetenzen gefordert, die zum Finden neuer Lösungen benötigt werden.3Strukturiertes Handwerkszeug zur Konfliktlösung in Theorie und Praxis ist die Herausforderung an die Führungskraft, die gefordert wird.4

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Konflikte sind potenzielle Impulse für Veränderungen und Verbesserungen. Sie werden dann zur Energieressource, wenn die positiven Aspekte in den Vordergrund rücken. Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens ist in hohem Maße gebunden an die Kompetenz jeder Führungskraft, dieses Potenzial für Weiterentwicklung zu nutzen. Konflikte - gelöst oder ungelöst - im beruflichen Alltag spiegeln den Zustand, die Lernfähigkeit und die Innovationskompetenz der Organisation wider. Dabei entscheidend ist, den Konflikt zu verstehen, als Suche der Organisation nach besseren Möglichkeiten für das Notwendige, als Aufforderung zur gemeinsamen Reflexion und als Prozess, der seine Lösung bereits im Visier hat.

Die Fähigkeit, einen Konflikt vorwegzunehmen und innerlich auszutragen, gehört zu den menschlichen Qualitäten, die den zivilisatorischen Fortschritt in besonderer Weise fördern.5„Streit und Konflikte gehören zu unserer Kultur. Insbesondere die kritische Auseinandersetzung mit einer anderen Meinung, zweifelnder, prüfender oder ablehnender Haltung, stellt Grundfeste der demokratischen westlichen Wertegemeinschaft dar. So wie die freie Marktwirtschaft das Individuum in seiner persönlichen Handlungsfreiheit nicht einschränken will, so will die demokratische Streitkultur die Meinungsfreiheit gewährleisten. Streit und Diskurs ist somit Bestandteil unserer freiheitlichen Meinungsbildung. Die freiheitliche Konflikt- und Streitkultur, beginnt auf individueller Basis im Unternehmen zwischen Beschäftigten und erstreckt sich bis hin zu Interessenvertretungen durch Parteien auf politischer Basis. Meinungsbildung ist Streitkultur. Meinungsbildung ist Diskussion. Moral und Sitte entwickelt sich durch kritische Auseinandersetzung mit meinungsbildenden Prozessen. Fortschritt entwickelt sich durch konstruktive Konfliktlösung. Die Tatsache, diese Konfliktkultur als notwendig anzuerkennen und zu akzeptieren (…) stellt eine wichtige Grundvoraussetzung für Fortschritt dar. Erst durch die konstruktive und selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Konflikt wird dieser in einen Lösungsprozess transformiert. Ein belastendes, blockierendes, demotivierendes Problem wird als solches erkannt, und die Offenheit zur Problemlösung kann hieraus direkt kausal resultieren“6

Auf diesem Gedankengang soll die Arbeit aufbauen. Es wird versucht, Führungskompetenzen herauszuarbeiten, die der Führungskraft ein Handwerkszeug an die Hand geben, um vorbereitet in Konfliktsituationen agieren zu können. Dabei richtet sich die Arbeit an Führungskräfte mit Personalverantwortung und hat zum Ziel, die entsprechend notwendigen Kompetenzen in der Konfliktbewältigung aufzubauen bzw. weiter zu entwickeln.

Dazu wird vorerst auf die Mediation eingegangen und die einzelnen Phasen zum besseren Verständnis umfangreich in Zusammenhang gestellt. Danach werden die Eigenschaften und Erscheinungsformen von Konflikten dargelegt. Aufgrund der Relevanz zum Verständnis über die Abläufe von Änderungsprozessen in Unternehmungen wird auf den Wandel in Unternehmungen eingegangen. Nach einer Darstellung der Grundlagen der Personalführung wird im Anschluss herausgearbeitet, in wie weit Analogien kooperativer Führung als Führungsstil mit Mediationskompetenz im Führungsalltag auftreten.

2 Das Mediationsverfahren

„Wenn auch die Kräfte fehlen, ist doch der Wille zu loben“ Ovid

Die Mediation ist ein Konfliktbewältigungswerkzeug, welches unter Einschaltung eines unparteiischen Dritten, die Parteien in Ihrem Lösungsprozess unterstützt. Prämisse ist jedoch, dass dieser keinerlei Lösungsvorschläge macht, daher auch über keinerlei Entscheidungskompetenz verfügt.

Das Mediationsverfahren kann in weiterem Sinne mit einer Vermittlung, oder einem Ausgleich zwischen den Parteien verglichen werden. Dabei handelt es sich bei der Mediation (lat. „Vermittlung“) um ein strukturiertes Verfahren zur konstruktiven Beilegung oder Vermeidung eines Konfliktes. Es handelt sich um ein freiwilliges Verfahren, wobei es wichtig, ist den Konfliktparteien - Medianten genannt - dies nahe zu bringen. Eine dritte unparteiische Person (Mediator) unterstützt und befähigt sie zu einer einvernehmlichen Vereinbarung, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Es existiert eine Vielzahl von Definitionen.7Der Begriff des Mediators ist rechtlich nicht geschützt. So stellt sich die Frage, welches die zentralen Elemente der Mediation sind. Eine Definition vertritt die Auffassung, dass Mediation dann aus einem Vermittlungsverfahren entsteht, wenn der Vermittler neutral ist, die Beteiligten der Lösung zuführt und ihnen behilflich ist, die Lösung aber nicht vorgibt, sondern die Beteiligten die Lösung selbst erarbeiten müssen.8Eine andere Definition sagt, Mediation sei ein von neutralen Dritten moderiertes Konfliktlösungsverfahren, dessen charakteristisches Merkmal ein von den Konfliktparteien gemeinsam erarbeiteter, akzeptierter und vereinbarter Ausgang sei9. Aufgabe des Mediators sei es, die Beteiligten zur Kanalisation ihrer Interessen und Bedürfnisse zu befähigen und diese in einen konzeptionellen Rahmen zu überführen. Dieser Rahmen diene den Beteiligten als Basis für eine beiderseitig einvernehmliche Lösung. Auch hier wirkt der Mediator als neutraler, moderierender Verhandlungsteilnehmer, der keinerlei Partei ergreift.

Ebenso formuliert die Definition der GWMK e.V., München10, die Mediation als eine Methode, mit der eine dritte neutrale Person zwei oder mehr Personen bei der Streitbeilegung unterstützt. Dabei handelt es sich um ein nichtförmliches Verfahren mit dem Ziel, den Parteien zu einer Lösung aus freiem Willen zu verhelfen.

Aus der Vielzahl der Definitionen kristallisiert sich als wichtige Eigenschaft die Neutralität des Mediators ohne eigene Entscheidungskompetenz.11Der Mediator gibt den Streitparteien durch verschiedene Techniken Werkzeuge an die Hand, mit denen die Parteien eigenverantwortlich einen Ausgleich ihrer Standpunkte schaffen, und dadurch den Konflikt versöhnlich beilegen können. Er ist ein Mittler zwischen den Parteien. Der Interessensausgleich zielt darauf ab, durch Akzeptanz der gegenseitigen Interessen, Ziele und Motive, eine „Kompromisslösung“ zu erarbeiten, zu der jedoch beide Parteien zu 100% zustimmen.

Ein weiteres wichtiges Element ist die Freiwilligkeit des Verfahrens, durch die Möglichkeit, jederzeit aus dem Verfahren auszusteigen. Dies wird insbesondere dadurch gewährleistet, dass die Parteien nicht zu dem Verfahren gezwungen werden und die Lösung nur eigenverantwortlich erarbeitet wird. Der Lösungsprozess ist an keinerlei Verpflichtungen gebunden und Strafen oder Konsequenzen hängen nicht vom Erfolg des Mediationsverfahrens ab. Durch diese Tatsache ergibt sich die Freiwilligkeit am Lösungsprozess.12

Letztendlich bleibt das Element der Nichtförmlichkeit. Wohl ist das Verfahren an einen gewissen Rahmen gebunden, um erfolgreich zu sein, jedoch ist das Vorgehen absolut frei und keinerlei gesetzliche Restriktionen unterstellt. Zeit, Abschlussvereinbarungen oder der schlichte Erfolg des Mediationsverfahrens sind nicht vorgegeben. Sie entwickeln sich mit den Medianten und werden grundsätzlich unter dem Mantel der Verschwiegenheit behandelt. Bei Erfolg des Verfahrens, könnte ohne schriftliche Ausgestaltung der Vereinbarung nicht einmal ein gültiger Anspruch vor Gericht erwirkt werden, wenn es wider Erwarten doch noch einmal zum Konflikt zwischen den Parteien kommen sollte. Schriftliche Ausgestaltungen der Abschlussvereinbarung sind zweckmäßig, jedoch nicht zwangsläufig. Dies bedeutet das Mediationsverfahren zielt grundsätzlich auf eine vertrauensvolle Einigung der Parteien ab, nicht auf den rechtlich durchsetzbaren Anspruch. Das Mediationsverfahren erreicht seinen Erfolg durch die Wiederherstellung der Beziehung der Konfliktparteien.

Beziehungen zwischen den Parteien werden dadurch verbessert und können außerdem gefestigt werden. Kommunikation und Kooperation sind wesentliche Begriffe der Mediation.

Die Mediation stellt eine Alternative zu herkömmlicher Streitkultur dar. So stellt sie beispielsweise einen wesentlichen Teil der alternativen außergerichtlichen Konfliktlösung als Ergänzung zum herkömmlichen Rechtssystem dar, welches durchaus in der Lage ist, die zunehmende Belastung der Justiz zu kompensieren. Eine eigenverantwortliche, selbständig erarbeitete Konfliktregelung soll den Gerichtsapparat entlasten und zu einer tragfähigen und langfristigen Konfliktlösung führen.

Das genuine Ziel der Mediation ist die zukunftsorientierte neue Kommunikation zwischen den Parteien zu gewährleisten, wobei die Historie des Konfliktes nicht analysiert wird. Jegliche Schuldzuweisung oder die Entstehung der Eskalation wird dabei außer Acht gelassen. Es kann als direkter Gegensatz zum Gerichtsverfahren angesehen werden, bei dem die vergangenheitsorientierte Betrachtung des Konfliktes von Belangen ist.

2.1 Ablauf des Verfahrens

Im engeren Sinne ist für den Erfolg der Mediation die Teilnahme aller beteiligten Konfliktparteien notwendig, die im Lösungsprozess von der mediierenden Partei begleitet werden. Es muss ganz klar zum Konflikt Coaching abgegrenzt werden, bei dem die beratende Arbeit im Vordergrund steht. Das zentrale Anliegen ist, die Parteien wieder in ein Gespräch zu bringen, um den neu beginnenden Kommunikationsprozess zu steuern. Dabei sollen die Parteien befähigt werden, Sache und Person voneinander zu trennen und ihre eigenen Wahrnehmungs- und Entscheidungsmuster zu erkennen. Ebenso sollen sie individuelle Wahrnehmungsphänomene als ursächliche Konfliktfaktoren anerkennen.

Im Speziellen werden dazu Tools verwendet, welche das Verfahren in einen zweckmäßigen, aber nicht zwangsläufig zu verwendeten Rahmen fügen. Innerhalb diesem wird der Mediationsprozess so geführt wird, dass die Sicherung der Kommunikation gewahrt wird und die Eskalation des Konfliktes vermieden wird. Unabhängig von dem Bereich, in welchem die Mediation eingesetzt wird, folgt sie im Wesentlichen immer dem gleichen Verfahrensmuster der fünf Phasen.13

2.1.1 Vorgespräch

Hier kann die erste Kontaktaufnahme stattfinden. Diese Phase dient außerdem der Abwicklung der formalen Gegebenheiten. So wird hier der Vertragsabschluss/Mediationsvertrag unterzeichnet. Regelungen des Honorars, der Verschwiegenheit und der rechtlichen Haftung werden hier vermittelt.14

2.1.2 Phase 1: Eröffnungsphase

Durch die Eröffnungsphase wird den Medianten der Einstieg in das Mediationsverfahren erleichtert. Der Mediator stellt das Mediationsverfahren vor und versucht Vertrauen zwischen den Parteien zu schaffen. Dabei betont er die Mediationsgrundsätze wie die Vertraulichkeit des Verfahrens, die Lösungsbereitschaft der Medianten, die Freiwilligkeit des Verfahrens, die Neutralität des Mediators und die Eigenverantwortung der Parteien für das Ergebnis. Gesprächsregeln werden aufgestellt, die während dem Verfahren eingehalten werde sollen. Diese unterstreichen die Prinzipien des Dialoges zwischen den Parteien. So sollten sich die Parteien aussprechen lassen. Zeitgleiche Sprechzeit erleichtert die Kommunikation zwischen den Parteien genauso wie das jederzeitige Interventionsrecht des Mediators bei Eskalation der Debatten. Erwartungen sollen geklärt werden, außerdem gibt es die Möglichkeit zur Beantwortung offener Fragen. In der Eröffnungsphase weist der Mediator darauf hin, dass es die Möglichkeit der Einzelgespräche gibt, welche jeder Partei in gleichem Maße gewährt werden soll. Zeitrahmen, Phasenklärung und das Einverständnis zu Notizen durch den Mediator werden dargelegt. Zweck der Eröffnungsphase ist es, Grundregeln und Verfahrensprinzipien der Mediation zu erklären und die Eignung des Mediationsverfahrens für den konkreten Konfliktfall zu klären, sowie die Spielregeln aufzustellen und zu erläutern.

2.1.3 Phase 2: Sachverhaltsdarlegung, Positionenermittlung & Themenfindung

Die zweite Phase dient der Klärung des Sachverhaltes. Die Konfliktparteien sollen eine Darstellung des Konfliktes aus ihrer jeweiligen Sicht geben. Dazu sollen sie den Konflikt dem Mediator darlegen. Dies führt dazu, dass der Mediator als Kompensationsebene für Aggressionen oder Trauer fungiert, was den Medianten die Darstellung oft einfacher macht. Während der Darstellung fragt der Mediator gegebenenfalls immer wieder nach, um die Vollständigkeit des Sachverhaltes zu prüfen. Er hört aktiv zu und macht eventuell Visualisierungen oder Notizen. Bei der Darstellung ist es für den Mediator wichtig keine Partei zu ergreifen und keine persönliche Bindung zu einer Partei des Konfliktes entstehen zu lassen. Es besteht schon hier die Möglichkeit, ein Einzelgespräch mit den Parteien zu suchen, um den Parteien das Gefühl der Vertrautheit zu vermitteln. Oft ist es für die Parteien schwer, ihre Wut offen zu äußern. Nachdem die Parteien etwa die gleiche Zeit für die Darstellung des Konfliktes bekommen haben, sollten folgende Punkte abgeschlossen sein, um das Mediationsverfahren in die nächste Phase zu leiten:

Darstellung der Standpunkte, Klärung der Positionen der Parteien, Konsens und Dissens zwischen den Parteien sollten ermittelt sein, Themen sollten zusammengetragen, und die Reihenfolge der Themenbearbeitung sollte festgelegt worden sein.

2.1.4 Phase 3: Interessenklärung, Ziele und Bedürfnisse

Diese Phase stellt den eigentlichen Kern des Mediationsverfahrens dar. Die Klärung der Bedürfnisse und Interessen der Konfliktparteien. Dazu versucht der Mediator gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Er würdigt den Willen der Zusammenarbeit zwischen den Parteien und beginnt durch Fragetechniken wie aktives Zuhören, Kontrollfragen, Orientierungsfragen, Ja-Fragen, oder offene Fragen, die von der Sachebene getrennte, Gefühls- und Beziehungsebene deutlicher zu untersuchen. Die Erkenntnis, dass Bedürfnisse auf Gefühlen, und diese auf sogenannten Denkgefühlen beruhen, welche letztendlich geäußert werden, ist der Kern der Bearbeitung in der dritten Phase. Die Parteien zeigen ein Verhalten, das auf Werten und Überzeugungen beruht. Prägungen äußern sich in Ängsten und Wünschen, welche durch die Medianten in Überzeugungen, Werten und Standpunkten im Konflikt geäußert.15Die Kernarbeit des Mediators liegt nun darin, Bedürfnisse, Gefühle und Überzeugungen der Konfliktparteien wahrzunehmen, zu benennen und würdigen zu können, damit diese sich verstanden fühlen und bereit sind, über Ihre Gefühle zu reden. Vor allem missachtete und verletzte Gefühle müssen vom Mediator erkannt, benannt und gewürdigt werden, bevor die Parteien konstruktive Lösungswege erarbeiten können. Das Vorhandensein der Gefühle bringt letztendlich die Medianten in die Situation, nicht Herr über ihre Handlungen zu sein. Gefühlsausbrüche werden durch den Angriff, oder die Bestätigung von Werten, Bedürfnissen und Überzeugungen ausgelöst. Die selbstkritische Klärung der Gefühle durch die Medianten hilft Ihnen, den Konflikt in konstruktive Lösungen zu wandeln. Dabei wird insbesondere durch aktives Zuhören die Gefühlsebene erarbeitet. Es ist essentiell für den Erfolg des Mediationsverfahrens, die Konflikterhellung abschließend zu erarbeiten. Es besteht die Möglichkeit der Einzelgespräche, in denen es den Parteien leichter fallen sollte, über ihre Gefühle zu reden. Zum vollständigen Verständnis sollte jeder die Sichtweise des anderen verstanden haben. Ein Werkzeug zur Kontrolle dessen, ist der Perspektivenwechsel. Emphatieentwicklung durch die Parteien erzeugt nachhaltige Lösungen. Diese werden als wahrhaftig, gerecht und funktionell passend erkannt und innerlich wie äußerlich akzeptiert. Mitfühlen, mitdenken und erkennen der Situation des anderen erreicht Konflikterhellung. Positionen werden durch Fragen wie: „ Wie haben Sie den Konflikt erlebt?“ erhellt. Themen kristallisieren sich durch die Frage, worüber man reden müsste, heraus. Gefühle werden durch die Medianten durch die Frage: „Was löst das bei Ihnen aus?“ erörtert. Daraus werden Bedürfnisse erarbeitet: „Was wünschen Sie sich?“. Interessen bilden die Grundlage für die Lösungsfindung in Phase 4. Fragen wie: „Was erwarten Sie vom anderen?“ helfen die Werte („Was ist Ihnen wichtig?“) der persönlichen Ebene von der Sachebene zu trennen. Das Harvard Konzept beruht auf der Erkenntnis, dass die persönliche Ebene vorrangig behandelt wird16. Nach diesem Konzept werden sachgerechte problembewusste Verhandlungsmaximen für zielgerichtete Konfliktlösung vermittelt17. Beste Möglichkeit ist, sich in andere zu versetzen (Empathie). Subjektive Sichtweisen sollen geklärt werden durch:

Verstehen lernen, über Darstellung beidseitiger Vorstellungen und wechselseitige Beteiligung am Ergebnis. Emotionen erkennen, artikulieren und verstehen. Aufmerksam zuhören. Ich-Botschaften senden. Erkundung von Interessen, Vermeidung von Positionen. Durch die Entwicklung von Optionen, die der Lösung von widerstreitenden Interessen dienen, werden objektive Kriterien erlangt, die durch die erlangte Empathie der Parteien verfestigt werden.

2.1.5 Phase 4: Lösungsphase

Hauptaufgabe ist es hier, die Ergebnisse der Moderation aus der 3. Phase sicherzustellen.

Die Parteien sollten dabei ihr eigenes Portfolio an Positionen und Lösungsoptionen entwickeln. Dies führt zu mehr Eigenverantwortlichkeit im Lösungsprozess. Dadurch wird die Werbung für die eigenen Bedürfnisse, Interessen und Ziele möglich. Die Lösung des Problems geht beide etwas an. Phantasie ist gefragt. Jede Idee ist erlaubt. Grundsätzlich sollte ein Klima der Offenheit vorherrschen. Der Mediator sollte versuchen, jede Abwehr von Ideen durch eine Partei zu unterbinden. Ebenso sollte er versuchen, einen Abgleich der Bedürfnisse aus Phase 3 sicherzustellen. Jede Meinung sollte anerkannt werden. Einigungsmöglichkeiten, als auch Alternativen sollten erörtert werden. Der Mediator sollte jedoch auch eventuelle Gefahren eines Fehlschlages behandeln.

Eine gute Akzeptanz der Lösung wird durch die Einhaltung des SMART-Prinzips in der Lösungsfindung erreicht. Die Lösung sollte spezifisch, messbar, angemessen, relevant und terminiert sein. Ein Ziel ist nur dann korrekt definiert, wenn es diese fünf Bedingungen erfüllt. Dadurch vermittelt die Lösung Vertrauen und erreicht bei den Parteien den Ehrgeiz zur Einhaltung der Lösung. Ein gutes Resultat wird erreicht, wenn die Parteien eine Vergrößerung des Kuchens erreichen. Aus Konfliktfeldern werden gemeinsame objektive Kriterien, die legitimiert, kommuniziert und verpflichtend werden sollen. Hier kann es noch einmal zu Reibereien kommen. Jedoch mit dem grundlegenden Unterscheid, dass die Parteien an einer gemeinsamen Lösung arbeiten und nicht an der Verteidigung ihrer Position. Verhandlungen sind also zuträglich zur Lösungsfindung. Sie dienen dem Verständnis des Standpunktes der Gegenseite. Die Parteien sollten zur besseren Akzeptanz der Lösung ihre BATNA (Best Alternative to Negociated Agreement) ständig überprüfen. Die BATNA stellt eine vorher ausgearbeitete, für eine Partei nicht verhandelbare, Mindestlösung dar, die nicht offenbart wird, eine sogenannte Nichteinigungsalternative. Die Lösungsfindung der Parteien beruht auf den Optionen der Erkenntnisse aus Phase 3.

2.1.6 Phase 5: Abschlussvereinbarung

In der Abschussvereinbarung regeln die Parteien in einer verbindlichen, in die Zukunft weisenden Vereinbarungen die Regelung des Konfliktes. Ein kooperatives Verhalten zwischen den Parteien ist das optimale Ergebnis der Mediation. Der Mediator beglückwünscht die Parteien zur Lösungsfindung. Das Ergebnis soll auf Nachhaltigkeit überprüft werden. Dies erreicht der Mediator gegeben falls in Nachgesprächen mit den Medianten. Sind alle Bedürfnisse und Interessen aus Phase 3 wirklich berücksichtigt worden? Die Schriftform, oder die anwaltliche oder notarielle Beurkundung vermittelt den Parteien, dass die Lösung von beiden Seiten angestrebt und verbindlich wird. Geltungsbereich und Zeitraum sollte genauso formuliert werden, wie Kontrollmechanismen oder eventuelle Sanktionen oder Konsequenzen.

Die Abschlussvereinbarung soll die Parteien benennen, den Umfang der Vereinbarung und die zeitliche und örtliche Dimension.18Nach Abschluss einer Vereinbarung ist das Mediationsverfahren abgeschlossen.

2.2 Schlussüberlegung zum Mediationsverfahren

Abschließend kann festgestellt werden, dass die Mediation ein hochsensibles Streitschlichtungsverfahren ist, welches durch seine Fähigkeit, Sach- und Beziehungsebene zu trennen, hohe Chancen zum Erfolg aufweist. Nach transformativem Ansatz stehen die beteiligten Personen im Mittelpunkt. Die Änderung des menschlichen Diskursverhaltens ermöglicht die Zielgrößen: Empowerment (Befähigung) zur Formulierung eigener Interessen, Recognition (Anerkennung) der gegenseitigen Interessen und Bedürfnisse. Ziel ist soziales Lernen zwischen den Parteien. Die Erfahrung von gegenseitigen Interessen, eigene Positionen, als auch die des Konfliktpartners. Optionenentwicklung, bei denen beiderseitige Interessen befriedigen werden, stellt den Erfolgsfaktor des Mediationsverfahrens dar. Der Mediator dient dabei als Ressourcen-Erweiterer vom Konflikt zum gemeinsamen Ziel.

3 Konflikte

„In der Wirtschaft geht es nicht gnädiger zu als in der Schlacht im Teutoburger Wald.“ Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)

Konflikte sind unterschiedlich. Daher ist es von eminenter Wichtigkeit für kompetente Personalführer und Medianten, einen Konflikt erkennen und einordnen zu können - ihn zu definieren. Es stellt sich somit die Frage nach den Eigenschaften von Konflikten.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Eigenschaften von Konflikten zu erkennen, die im Folgenden dargelegt werden. Worin liegt diese Notwendigkeit? Jeder Konflikt hat einen anderen Hintergrund. Um zu verstehen, „…wie tief…“, „…wie schwerwiegend…“, oder auch einfach „…warum…“ es Konflikte gibt, ist diese Konfliktkompetenz erforderlich.

Ein Konflikt kann als ein „Phänomen…“ bezeichnet werden, „… bei dem widerstreitende menschliche Strebungen aufeinander prallen.“19Dabei besteht der Konflikt darin, dass stets zwei oder mehr Elemente (Inhalte, Interessen, Bedürfnisse, Motive) in einer Beziehung gleichzeitiger Gegensätzlichkeit, Unvereinbarkeit oder Unverträglichkeit zueinander stehen. Schon hier erkennt man, dass sich der Konflikt auf einer Trennung von Sach- und Beziehungsebene aufbaut, die der Personalführer trennen muss. Gelingt es ihm diese Basen zu trennen, kann er persönliche und sachliche Konflikte unabhängig von einander lösen. Zur Analyse muss sich die Führungskraft der unterschiedlichen Konfliktformen bewusst werden können. Folgende Unterteilung ist hilfreich.

Interpersonale Konflikte treten in Unternehmen und Organisationen durch verschiedene Situationen auf. Je nach individueller Vorgeschichte, Kenntnis, Situation oder Erfahrung wird eine Situation unterschiedlich wahrgenommen oder interpretiert. Das Problem kristallisiert sich beispielsweise heraus, sobald Ressourcen begrenzt zur Verfügung stehen und diese von mehreren Parteien in Anspruch genommen werden, wird die Einschränkung der Verfügungsrechte durch andere zum Konflikt führen. Zergliederte organisatorische Struktur erschwert Weisungen und Prozesse. Die Führungskraft trennt gerne Mitarbeiter und Kommunikation. Es werden Führungsebenen in die Unternehmung integriert. Allein diese Trennung kann zu Konflikten führen. Wenn Arbeitsabläufe von vorherigen Arbeiten abhängig sind, können bei Verzögerungen, Konflikte auftreten. Interpersonelle Rollenkonflikte treten auf zwischen Mitarbeitern, die fortwährend verschiedene Rollen annehmen müssen. Dabei tritt unfaire Behandlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei bleibt es unerheblich, aus welchem Grund unfair, ungleich oder sogar diskriminiert wird. Unfairness in Organisationen führen zu Konflikten. Darüber hinaus wird jede Verletzung von tatsächlichem persönlichem oder ideellem Territorium als konfliktär wahrgenommen. Die Veränderung der Umwelt bleibt der letzte Aspekt, der bei Unkenntnis der Sachlage gerne in Konflikte umschwenkt. Veränderung der Umwelt führen in Organisationen zu Unsicherheit und Stress. Im Resultat sieht man, dass es viele Aspekte in der Unternehmung gibt, die hochgradig konfliktträchtig sind.

Selten ist eine einzelne Ursache alleine der Grund für einen auftretenden Konflikt. Oft treten verschiedene Konfliktursachen kumulativ auf. Zur Konfliktlösung kann es deshalb hilfreich sein die Ursachen zu ergründen.20In folgendem Schaubild werden einzelne Einflüsse genannt, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.

Dabei muss beachtet werden, dass die folgenden Konfliktarten, wie oben angedeutet, nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, da die Grenzen untereinander fließend sind. Des Weiteren können die folgenden Konfliktarten auch miteinander kombiniert sein. Unterschiedliche Konfliktarten treten gleichzeitig oder teilweise gleichzeitig auf. Die Liste kann nicht als abschließend angesehen werden, da durch Dynamik die Unternehmung kontinuierlichem Wandel unterworfen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Ursachen für Konflikte in Organisationen (Eigene Darstellung)

Die Feststellung dass es Konflikte gibt, und in welcher Form sie in der Unternehmung auftreten reicht jedoch nicht aus, um in Konfliktsituationen konsequent und konfliktkompetent aufzutreten. Da es zur Konfliktlösungskompetenz einer Trennung von Sach- und Beziehungsebene bedarf, ist es notwendig nach dem Ursprung des Konfliktes zu forschen. Dabei unterscheidet die Wissenschaft nach verschiedenen Kriterien, die der verantwortungsbewussten Führungskraft nützlich sei können.

Im Folgenden werden die Erscheinungsformen dargelegt.

[...]


1Phillip (2002), S. 18

2Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet. Es ist jedoch immer sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint.

3Vgl. Von Hertel (2008), S. 13

4Vgl. Von Hertel (2008), S. 14

5Von Hertel (2008), S. 16

6Trost (2008), S. 12 f.

7Vgl. von Schlieffen (2008), §1, Rn.16, S. 8, Baruch-Bush/Folger (2005), S. 2; vgl. Breidenbach (1995), S. 4; vgl. Hehn (1996), S. 17; vgl. Moore (1996), S. 15 ff

8Vgl. Henssler/Koch, (2000), S. 21

9Vgl. Lenz/Mueller (1999), S. 73

10 Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement e.V., München. 3

11Vgl. Kracht (2008), § 15, Rn. 98 ff.

12Vgl. Knell (2006), S.79-80

13 Risse/ Wagner (2008), S. 987; Duve (2003), S. 71ff; Risse (2003), S. 159 ff. 5

14Von Schlieffen (2006), S. 68

15Mayer-Rönne (2006), S. 101-104

16Wunderer (2007), S. 498

17Vgl Fisher/Ury/Patton (2000)

18Vgl. Freyenschlag (2006), S.20

19Von Hertel (2008), S. 16

20Vgl. Farmer (2001), S. 31/32

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Führen mit Konfliktkompetenz
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, früher: Berufsakademie Ravensburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
63
Katalognummer
V146561
ISBN (eBook)
9783640572960
ISBN (Buch)
9783640573264
Dateigröße
1398 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediation, Wirtschaftsmediation, Personalführung, Coaching, Konflikt, Konfliktmanagement, Führung, Unternehmensführung
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts (Hotel- & Gastronomiemanagement)/ Wirtschaftsmediator Florian Trost (Autor:in), 2009, Führen mit Konfliktkompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146561

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