Finanzierung und Investition

Ein Lehr- und Übungsbuch


Fachbuch, 2010

164 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einführung
1.1. Funktionen und Ziele
1.2. Grundbegriffe
1.3. Finanzierungsregeln
1.4. Finanzmathematische Grundlagen

2. Kapitalbedarf und Finanzplanung
2.1. Kapitalbedarfsermittlung
2.2. Finanzplanung

3. Innenfinanzierung
3.1. Offene Selbstfinanzierung
3.2. Stille Selbstfinanzierung
3.3. Abschreibungs- und Rückstellungsfinanzierung
3.4. Sonstige Kapitalfreisetzung

4. Außenfinanzierung
4.1. Kreditfinanzierung
4.1.1. Überblick
4.1.2. Handelskredite
4.1.3. Kontokorrentkredit
4.1.4. Darlehen
4.1.5. Anleihen
4.1.6. Kreditprüfung
4.1.7. Kreditsicherheiten
4.1.7.1. Überblick
4.1.7.2. Bürgschaft
4.1.7.3. Schuldbeitritt, Garantie und Patronatserklärung
4.1.7.4. Sicherungszession
4.1.7.5. Eigentumsvorbehalt
4.1.7.6. Pfandrecht
4.1.7.7. Sicherungsübereignung
4.1.7.8. Grundpfandrechte
4.2. Beteiligungsfinanzierung
4.2.1. Allgemeines
4.2.2. Einzelunternehmen, Personengesellschaften und GmbH
4.2.3. Aktiengesellschaft
4.3. Leasing
4.4. Factoring

5. Investitionsrechnung
5.1. Grundlagen
5.2. Statische Verfahren
5.2.1. Kostenvergleichsrechnung
5.2.2. Gewinnvergleichsrechnung
5.2.3. Rentabilitätsrechnung
5.2.4. Amortisationsrechnung
5.2.4.1. Überblick
5.2.4.2. Durchschnittsrechnung
5.2.4.3. Kumulationsrechnung
5.2.4.4. Dynamische Amortisationsrechnung
5.3. Dynamische Verfahren
5.3.1. Kapitalwertmethode
5.3.2. Interne Zinsfussmethode
5.3.3. Annuitätenmethode
5.4. Optimale Nutzungsdauer
5.4.1. Einmalige Investition
5.4.2. Mehrmalige Investition
5.5. Berücksichtigung von Steuern
5.6. Nutzwertanalyse

6. Zahlungsverkehr
6.1. Geld
6.2. Zahlungsformen und –arten
6.2.1. Überblick
6.2.2. Barzahlung
6.2.3. Postservice
6.2.4. Zahlschein
6.2.5. Nachnahme
6.2.6. Überweisung, Dauerauftrag, Lastschrift
6.2.7. Scheck
6.2.8. Wechsel
6.2.9. Kartenzahlung
6.2.10. Elektronische Zahlungssysteme

7. Außenhandelsfinanzierung
7.1. Auslandszahlungsverkehr
7.2. Spezielle Finanzierungsarten im Außenhandel

8. Risikomanagement

9. Grundzüge der Jahresabschlussanalyse
9.1. Grundlagen
9.2. Horizontale Bilanzstruktur
9.3. Vertikale Bilanzstruktur
9.4. Rentabilität

Anhang - Finanzmathematische Faktoren

Literatur

Vorwort

Das vorliegende Buch gibt einen systematischen Überblick über Finanzierung und Investition der Unternehmen. Ziel ist es dabei, das grundlegende Instrumentarium der betrieblichen Finanzwirtschaft anwendungsorientiert zu vermitteln. Durch die Integration zahlreicher Beispiele und Übungsaufgaben wird die Aneignung des Lehrstoffs unterstützt.

Zielgruppen dieses Buches sind vor allem Studenten der Betriebswirtschaftslehre an Fachhochschulen und Berufsakademien sowie Teilnehmer an Fortbildungsmaßnahmen der Industrie- und Handelskammern, z.B. zum Geprüften Bilanzbuchhalter oder zum Geprüften Betriebswirt, sowie interessierte Praktiker.

Nach der Einführung in die wesentlichen Grundlagen werden insbesondere die Finanzplanung, die Instrumente der Kapitalbeschaffung, die Investitionsrechnung und der Zahlungsverkehr dargestellt. Die Besonderheiten der Außenhandelsfinanzierung und Möglichkeiten der Risikominimierung werden im Überblick betrachtet. Abschließend wird die Jahresabschlussanalyse in Grundzügen behandelt.

Über die Autoren

Prof. Dr. Jörg Herold ist Professor für allgemeine Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt methodische Verfahren an der Adam-Ries-Fachhochschule Erfurt und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Jena.

Dipl.-Betriebsw. (FH) Uwe Lehmann ist freiberuflicher Dozent für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen. Er ist u.a. für die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Erfurt, die IHK Erfurt und als Lehrbeauftragter an der Adam-Ries-Fachhochschule Erfurt und der Fachhochschule Jena tätig.

Dipl.-Kfm. Lutz Völker, LL.B. ist als freiberuflicher Dozent für Betriebswirtschaftslehre und Recht an verschiedenen Einrichtungen der Erwachsenenfortbildung, u.a. der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Erfurt, der IHK Erfurt und der Steuerakademie Thüringen tätig.

1. Einführung

1.1. Funktionen und Ziele

Der gesamte betriebliche Leistungsprozess von der Beschaffung über die Leistungserstellung bis zum Absatz wird in Geld bewertet. Die Finanzwirtschaft befasst sich dabei mit den Zahlungsströmen[1] eines Unternehmens. Ausgangspunkt dafür ist das Modell des Betriebes:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Innerhalb der Finanzwirtschaft werden dazu drei Funktionen unterschieden:

1. Kapitalbeschaffung (Finanzierung)
2. Kapitalverwendung (Investition)
3. Kapitalverwaltung (Zahlungsverkehr)

Dabei werden mehrere Ziele verfolgt:

1. Liquidität (ständige Zahlungsfähigkeit)
2. Rentabilität (hohe Verzinsung des eingesetzten Kapitals)
3. Sicherheit (geringe Risiken für den Verlust des eingesetzten Kapitals)
4. Unabhängigkeit (geringe Einflussmöglichkeiten unternehmensexterner Personen)

Zwischen den Zielen bestehen teilweise Zielkonflikte. Eine hohe Liquidität bedingt beispielsweise meist geringe Rentabilität. Das gleiche gilt für eine hohe Sicherheit. Die Unabhängigkeit wird vor allem durch die Kapitalstruktur beeinflusst, welche wiederum die Sicherheit beeinflusst. Anzustreben ist somit eine ausgewogene Balance aller Ziele.

1.2. Grundbegriffe

Innerhalb der Finanzwirtschaft werden verschiedene Begriffe verwendet, welche zunächst zu definieren sind.

Die Beschreibung von Zahlungsströmen verwendet die Begriffe Einzahlungen und Aus­zahlungen.

Einzahlung: Zahlungsmittelzufluss (Bar- oder Buchgeld)

Auszahlung: Zahlungsmittelabfluss (Bar- oder Buchgeld)

Die beiden zentralen Begriffe der Finanzwirtschaft sind die Begriffe Investition und Finanzierung.

Unter Investition wird die Verwendung von Kapital für die Beschaffung materieller oder immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens verstanden. Der Begriff der Investition bezieht sich somit auf die Frage der Mittelverwendung, also auf die Aktivseite der Bilanz.

Investitionen lassen sich auf verschiedene Arten unterscheiden:

a) objektbezogen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b) wirkungsbezogen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Demgegenüber bezieht sich der Begriff der Finanzierung auf die Kapitalbeschaffung, also auf die Passivseite der Bilanz.

Investition und Finanzierung stehen somit in einem engen Zusammenhang, sind „zwei Seiten einer Medaille“. Der Zusammenhang wird über die Bilanz deutlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Bilanz werden Vermögen und Kapital gegenübergestellt.

Vermögen ist die Gesamtheit der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände.

Das Vermögen gliedert sich in langfristiges Vermögen – das Anlagevermögen – und kurzfristiges Vermögen – das Umlaufvermögen.

Zum Anlagevermögen gehören:

- Immaterielle Vermögensgegenstände
- Sachanlagen und
- Finanzanlagen.

Das Umlaufvermögen gliedert sich in:

- Vorräte
- Forderungen
- Wertpapiere und
- Liquide Mittel.

Kapital ist die in Geld ausgedrückte Summe der Finanzierungsmittel.

Beim Kapital ist zwischen Eigenkapital und Fremdkapital zu unterscheiden.

Die wesentliche Merkmale von Eigen- und Fremdkapital zeigt die folgende Tabelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Finanzierungsarten werden nach dem Kapitalgeber in Eigenfinanzierung (Finanzierung durch Eigenkapital) und Fremdfinanzierung (Finanzierung durch Fremdkapital) unterschieden.

Neben der Finanzierung aus Eigen- und Fremdkapital kommen auch Mischformen in Betracht. Hierfür hat sich der Begriff Mezzanine-Kapital durchgesetzt. Beispiele für Mezzanine-Finanzierung sind stille Beteiligungen, Genussscheine und nachrangige Darlehen.

Andererseits wird nach der Kapitalherkunft zwischen Innen- und Außenfinanzierung unter­schieden. Bei der Innenfinanzierung kommt das Kapital aus dem Leistungserstellungs­prozess des Betriebs, bei der Außenfinanzierung wird es dem Betrieb von außen zugeführt.

Eine Zuordnung der verschiedenen Finanzierungsarten zeigt die folgende Abbildung.[2]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.3. Finanzierungsregeln

Finanzierungsregeln beinhalten Aussagen darüber, in welcher Relation bestimmte Bilanz­positionen zueinander stehen sollen, damit die Kriterien Liquidität und Sicherheit in der Unternehmensfinanzierung erreicht werden. Sie stellen zunächst relativ grobe Aussagen dar, die durch Kennziffern im Rahmen der Jahresabschlussanalyse (vgl. Kap. 7.) genauer überprüft werden können.

Es ist zwischen horizontalen und vertikalen Finanzierungsregeln zu unterscheiden. Horizontale Finanzierungsregeln setzen Aktiv- und Passivpositionen zueinander ins Ver­hältnis und bezwecken jederzeitige Zahlungsfähigkeit. Vertikale Finanzierungsregeln setzen Vermögens- bzw. Kapitalpositionen ins Verhältnis zueinander, um Aussagen über die Kapitalstruktur zu treffen. Sie betreffen die Sicherheit.

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Die erste horizontale ist die goldene Finanzierungsregel. Nach dieser ist langfristiges Vermögen langfristig zu finanzieren und kurzfristiges Vermögen kurzfristig zu finanzieren (Fristen­kongruenz).

Nach der goldenen Bilanzregel i.e.S. ist das Anlagevermögen vollständig durch Eigenkapital, nach der goldenen Bilanzregel i.w.S. durch Eigen- und langfristiges Fremdkapital zu finan­zieren.

Die wichtigsten vertikalen Finanzierungsregeln sind die 1 : 1 – Regel und die 2 : 1 – Regel. Sie beziehen sich auf das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital. Allerdings treffen diese eine sehr pauschale Aussage, in der Praxis werden solche Werte kaum erreicht.

Der Verschuldungsgrad (das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital) hat Hebelwirkung auf die Eigenkapitalrentabilität. Bei hoher Gesamtkapitalrentabilität im Verhältnis zum Fremd­kapitalzins erhöht der Verschuldungsgrad die Eigenkapitalrentabilität, bei niedriger senkt er sie (Leverage-Effekt).

Der Zusammenhang lässt sich über die Leverage-Formel darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dazu das folgende Beispiel:

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1.4. Finanzmathematische Grundlagen

Mit Hilfe finanzmathematischer Verfahren werden Ein- und Auszahlungen, die zeitlich auseinanderfallen, unter Berücksichtigung des Zinseszinseffektes vergleichbar gemacht. Dies erfolgt, indem durch Auf- oder Abzinsung (Diskontierung) auf einen einheitlichen Bezugs­zeitpunkt Vergleichbarkeit hergestellt wird. Dabei wird i.d.R. von der Prämisse des voll­kommenen Kapitalmarktes ausgegangen, was insbesondere bedeutet:

- Es wird ein einheitlicher Zinssatz für Soll- und Habenzinsen zugrunde gelegt und somit Eigen- und Fremdkapital nicht unterschieden.
- Kapital wird als in unbegrenztem Maße beschaffbar und anlegbar betrachtet.

Die wichtigsten finanzmathematischen Berechnungen können mit Hilfe von Formeln oder finanzmathematischen Faktoren durchgeführt werden.

Bei der Anwendung der finanzmathe­matischen Faktoren werden i.d.R. Tabellen zugrunde gelegt (s. Anhang), in denen die Fak­toren für verschiedene Zinssätze und Zeiträume zusammengefasst werden. Zwischenwerte können dabei näherungsweise durch Interpolation ermittelt werden.

Die finanzmathe­matischen Faktoren bzw. Formeln und deren Anwendung sollen nachfolgend erläutert werden.

Aufzinsungsfaktor (AuF)

Mit einem Aufzinsungsfaktor wird ein jetzt fälliger Geldbetrag (K0) mit Zinseszins auf einen nach n Jahren fälligen Betrag (Kn)aufgezinst.

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Beispiel: ein Geldbetrag in Höhe von 1.000 € wird über 5 Jahre zu 5% Zinsen angelegt. Wie hoch ist der Endbetrag?

Kn = 1.000 € × 1,055 = 1.276,28 €

Abzinsungsfaktor (AbF)

Mit einem Abzinsungsfaktor wird ein in n Jahren fälliger Betrag (Kn) auf den heutigen Wert (K0) unter Berücksichtigung der Zinseszinsen abgezinst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

K0 = Kn × AbF

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Beispiel: Welcher heutigen Kaufkraft entsprechen 1.000 € in 10 Jahren, wenn eine Inflation von 3% zugrunde gelegt wird?

K0 = 1.000 € × 1,03-10 = 744,09 €

Barwertfaktor (BWF) bzw. Diskontierungssummenfaktor (DSF)

Der Barwertfaktor ermittelt die Summe (K0) der abgezinsten Werte einer gleichbleibenden Zahlungs­reihe unter Berücksichtigung des Zinseszins.

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Beispiel: Welche Einmalzahlung müsste geleistet werden, um eine zehnjährige nachschüssig zu zahlende Rente in Höhe von 6.000 € zu finanzieren, wenn ein Zinssatz von 5% zugrunde gelegt wird?

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Kapitalwiedergewinnungsfaktor (KWF) bzw. Annuitätenfaktor

Mit dem Kapitalwiedergewinnungsfaktor wird ein Geldbetrag (K0) in gleiche Annuitäten über einen Zeitraum von n Jahren unter Berücksichtigung des Zinseszins verteilt.

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Beispiel: Ein Annuitätendarlehen in Höhe von 50.000 €, welches mit 6% verzinst wird, soll in 10 nachschüssigen Jahresraten getilgt werden. Wie hoch ist die Jahresrate?

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Endwertfaktor (EWF)

Der Endwertfaktor dient der Ermittlung des aufgezinsten Endwertes (Kn) einer gleichbleibenden Zahlungsreihe unter Berücksichtigung des Zinseszins.

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Beispiel: Ein Anleger zahlt jährlich nachschüssig einen Betrag von 1.000 € auf ein Konto ein, welches mit 5% verzinst wird. Welcher Kontostand ergibt sich nach 5 Jahren?

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Restwertverteilungsfaktor (RVF)

Mit dem Restwertverteilungsfaktor kann ein in n Jahren fälliger Geldbetrag (Kn) in gleiche Zahlungen unter Berücksichtigung des Zinseszins verteilt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel: Wieviel muss jährlich nachschüssig angespart werden, um nach 5 Jahren eine Summe von 10.000 € zu erhalten, wenn der Zinssatz 6% beträgt?

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Übungsaufgaben zu Kapitel 1

1. In der Gesellschafterversammlung der Baumann & Clausen KG werden Maßnahmen zur Rationalisierung beraten. Dabei geht es insbesondere um die Finanzierung geplanter Investitionen. In Erwägung gezogen werden die Aufnahme neuer Gesellschafter oder eines Darlehens zur Finanzierung verschiedener neuer Vermögensgegenstände.

a) Erklären Sie die Begriffe Investition und Finanzierung.
b) Was versteht man unter Selbstfinanzierung? Gehen Sie auf die zwei Arten der Selbstfinanzierung ein und nennen Sie je ein Beispiel.
c) Um welche Finanzierungsarten handelt es sich bei der Aufnahme neuer Gesellschafter?

2. Die folgenden Finanzierungsvorgänge sind zu beurteilen. Entscheiden Sie, ob es sich

- um Außen- oder Innenfinanzierung handelt
- um Eigen- oder Fremdfinanzierung handelt

a) Die Futura AG gibt neue Aktien aus
b) Eine KG nimmt zwei neue Kommanditisten auf
c) Die Reise AG gibt eine Anleihe aus
d) Die Futura AG bildet Pensionsrückstellungen
e) Von den Gewinnen der Futura AG werden 100.000 € in Rücklagen eingestellt

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3. Eine Anlagegesellschaft plant, ein Unternehmen für 5.000.000 € zu kaufen. Auf Grund der Ertragslage in der Vergangenheit wird eine Gesamtkapitalrentabilität von 10% erwartet. Für die Finanzierung des Kaufpreises werden 3 Alternativen in Betracht gezogen:

a) 80% Eigenkapital und 20% Fremdkapital zu 6% Zinsen
b) 50% Eigenkapital und 50% Fremdkapital zu 7% Zinsen
c) 20% Eigenkapital und 80% Fremdkapital zu 8% Zinsen.

Berechnen Sie die Eigenkapitalrentabilitäten der drei Alternativen und erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Eigenkapitalrentabilität an Hand der Ergebnisse.

4. a) Wie hoch ist der Geldbetrag, den ein Sparer erhält, der 5.000 € auf einem Festzinskonto für 5 Jahre fest anlegt, wenn die Zinsen in Höhe von 6% jährlich nachschüssig gezahlt werden?

b) Eltern wollen das voraussichtlich in 5 Jahren beginnende Studium ihrer Tochter mit einem Betrag von 50.000 € unterstützen. Welcher Betrag müsste bei nachschüssiger jährlicher Verzinsung dazu angelegt werden, wenn der Zinssatz 5% beträgt?

c) Ein Gesellschafter einer OHG scheidet einvernehmlich aus der Gesellschaft aus. Um die Liquidität der Gesellschaft zu schonen, soll ihm der Wert seines Geschäftsanteils in Höhe von 100.000 € über 8 Jahre in gleichen jährlichen Raten am Ende jedes Jahres ausgezahlt werden. Wie hoch müsste bei einer angenommenen Verzinsung von 5% die Höhe einer Rate sein, damit der Gesellschafter gegenüber der Sofortauszahlung keinen Verlust erleidet?

d) Welcher Kontostand ergibt sich nach 10 Jahren für einen Anleger, der jährlich nachschüssig einen Betrag von 2.500 € auf ein Konto einzahlt, welches mit 6% verzinst wird?

2. Kapitalbedarf und Finanzplanung

2.1. Kapitalbedarfsermittlung

Kapitalbedarf in Unternehmen entsteht dadurch, dass dem Unternehmen für zu leistende Auszahlungen keine Einzahlungen in zumindest gleicher Höhe gegenüberstehen. Der Kapitalbedarf hängt sowohl von der Höhe der Ein- und Auszahlungen als auch von deren zeitlichen Versatz ab. Im Hinblick auf die Kapitalsbedarfsermittlung ist zwischen dem Bedarf im Zusammenhang mit der Gründung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs und dem Bedarf im laufenden Geschäftsbetrieb zu unterscheiden. Hier soll zunächst die Kapitalbedarfsermittlung bei Gründung oder Erweiterung betrachtet werden, bevor im nächsten Kapitel auf die Ermittlung des laufenden Kapitalbedarfs im Rahmen der Finanzplanung eingegangen wird.

Der Kapitalbedarf bei Gründung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebs setzt sich aus dem Anlagekapitalbedarf und dem Umlaufkapitalbedarf zusammen. Der Gesamtkapitalbedarf ergibt sich aus der Summe von Anlage- und Umlaufkapital.

Zum Anlagekapitalbedarf gehören insbesondere die zu leistenden Zahlungen für die benötigten Betriebsmittel, für eiserne Bestände, für die Gründung des Unternehmens (z.B. Gerichts- und Notarkosten) sowie für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs (z.B. Personalbeschaffung, Markteinführungswerbung).

Bei der Ermittlung des Umlaufkapitalbedarfs ist zunächst die Kapitalbindungsdauer zu ermitteln, wobei zwischen Lohneinsatz, Materialeinsatz und zahlungswirksamen Gemeinkosteneinsatz zu unterscheiden ist:[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel:

Die Solar Energy GmbH plant die Errichtung einer neuen Produktionsstätte zur Herstellung von Fotovoltaik-Anlagen. Folgende Daten wurden im Rahmen der Vorprojektierung ermittelt:

- auf einem bereits vorhandenen Grundstück soll ein Fabrikgebäude für 1.250.000 € errichtet werden
- neue Maschinen für 2.750.000 € werden benötigt
- für die Betriebs- und Geschäftsausstattung werden 500.000 € veranschlagt
- Personalanwerbungskosten 100.000 €

Für das Umlaufvermögen wird von folgendem täglichen Bedarf ausgegangen:

- Materialeinsatz 5.000 €
- Lohneinsatz 10.000 €
- zahlungswirksame Gemeinkosten 8.000 €

Die Rohstofflagerdauer beträgt 20 Tage, das Lieferantenziel 14 Tage, die Produktionsdauer 5 Tage, die Lagerdauer der Fertigprodukte 10 Tage und das Debitorenziel 30 Tage.

Kapitalbedarf Anlagevermögen:

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2.2. Finanzplanung

Die Finanzplanung dient der Ermittlung des laufenden Kapitalbedarfs sowie der Sicherung der Liquidität. Dabei wird vom Bestand an Zahlungsmitteln zum Beginn des Planungszeit­raums ausgegangen und die zu erwartenden Einzahlungen und Auszahlungen berücksichtigt. Somit lässt sich der jeweilige Endbestand an Zahlungsmitteln bestimmen. Ist dieser positiv, besteht die Möglichkeit, überschüssige Zahlungsmittel anzulegen. Ein negativer Endbestand bedeutet Finanzierungsbedarf, der z.B. über Kredite zu decken ist.

Die Finanzplanung wird i.d.R. als Monatsrechnung in Tabellenform dargestellt:[4]

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Nachfolgend ein Beispiel für einen stark vereinfachten Finanzplan Januar bis Juni. Es liegen folgende Daten vor:

Einzahlungen monatlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auszahlungen monatlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit lässt sich der folgende Finanzplan erstellen:

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Aus dem Finanzplan ergibt sich für den Monat April ein Finanzierungsbedarf in Höhe von 3.100 €, welcher z.B. durch einen Kontokorrent-Kredit gedeckt werden könnte.

Etwas schwieriger wird die Erstellung des Finanzplans, wenn die monatlichen Einzahlungen erst ermittelt werden müssen und die Umsatzsteuer berücksichtigt wird.

Dazu folgendes Beispiel:

Für die Fahrrad-GmbH soll ein Finanzplan für das 2. Quartal erstellt werden. Es liegen folgende Absatzzahlen (=Produktionszahlen) des ersten Halbjahres vor (1. Quartal Ist-Zahlen, 2. Quartal Plan-Zahlen):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Netto-Preis eines Fahrrades beträgt 350 €. Die Kunden zahlen die Rechnungen erfahrungsgemäß wie folgt:

40% Zahlung im Rechnungsmonat mit 3% Skonto

50% Zahlung im Folgemonat

10% verspätete Zahlung im 2. Monat nach Rechnungslegung.

An weiteren Daten zu zahlungswirksamen Vorgängen sind bekannt:

Materialkosten 80 € netto pro Stück, die Zahlung erfolgt im Monat vor der Produktion

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Fahrrad-GmbH legt bei der Umsatzsteuer die Versteuerung nach vereinbarten Entgelten zugrunde, die Umsatzsteuer-Zahllast wird am 10. des Folgemonats überwiesen.

Der Endbestand an Zahlungsmitteln zum 31.3. beträgt 5.000 €.

Um den Finanzplan zu erstellen, müssen zunächst die erhaltenen Einzahlungen aus Umsatzerlösen für die Monate Februar bis April, die Materialkosten für die Monate Mai bis Juli und die Umsatzsteuer-Zahllast für März bis Mai berechnet werden, da diese im 2. Quartal zahlungswirksam werden.

Im April ergeben sich z.B. folgende Einzahlungen (netto):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf die Summe dieser Beträge sind dann die 19% erhaltene Umsatzsteuer als Einzahlung zu berücksichtigen. In den Folgemonaten ist entsprechend zu rechnen.

Für die Monate April bis Juni sind die Brutto-Auszahlungen für Material wie folgt zu berechnen:

1.000 × 80 € × 119% = 95.200 €

Die Berechnung der Umsatzsteuer-Zahllast erfolgt, indem die Umsatzsteuer auf die gestellten Rechnungen des laufenden Monats vermindert um Korrektur für gezogenes Kundenskonto und die Vorsteuer, welche in den Materialrechnungen und den sonstigen Kosten sowie der Investition im Mai enthalten ist. Es ergibt sich folgende Rechnung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit lässt sich nun der Finanzplan für das zweite Quartal erstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Finanzplan zeigt für den Monat Mai einen Finanzierungsbedarf in Höhe von 20.473 €.

Übungsaufgaben zu Kapitel 2.1 und 2.2.

5. Ein Einzelhändler plant, eine weitere Filiale zu eröffnen. Dazu wird ein Gebäude benötigt, für dessen Anschaffung 360.000 € (incl. Nebenkosten) benötigt werden. Die Geschäftsausstattung wird mit 144.000 € veranschlagt, der eiserne Bestand an Waren mit 12.000 €.

Für den Wareneinkauf ist ein Betrag von 3.600 € täglich zu berücksichtigen, für die auszahlungswirksamen Handlungskosten 720 € pro Tag.

Das Lieferantenziel beträgt 30 Tage, die Lagerdauer 15 Tage und das Kundenziel 60 Tage.

Ermitteln Sie den Kapitalbedarf.

6. Eine Brauerei will ein neues Zweigwerk zur Herstellung von Bionade errichten. Folgende Daten sind bekannt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Weiterhin soll ein eiserner Materialbestand berücksichtigt werden, der dem Verbrauch von 10 Tagen ent­spricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Materiallagerdauer beträgt 14 Tage, das Lieferantenziel 10 Tage, die Produktionsdauer 9 Tage, die Lagerdauer der Fertigprodukte 12 Tage und das Debitorenziel 23 Tage.

Ermitteln Sie den Kapitalbedarf.

7. Erstellen Sie einen Finanzplan für ein Unternehmen für das erste Halbjahr, wenn folgende Daten gelten (unter Vernachlässigung der Umsatzsteuer):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schätzen Sie die Liquiditätssituation ein. Welche Vorschläge würden Sie unterbreiten?

8. Sie sollen den Finanzplan für einen Getränkehändler für das 2. Quartal erstellen. Dazu liegen Ihnen folgende Daten vor:

Für den Wareneinkauf wurden im März 38.080 € (brutto) aufgewendet, ab April wird mit monatlich 35.700 € (brutto) gerechnet. Die Zahlungen für den Wareneinkauf sind sofort fällig. Weiterhin sind folgende Ausgaben zu berücksichtigen:

- Miete pro Monat 500 € (umsatzsteuerfrei)
- Jeweils zum Quartalsende wird die betriebliche Versicherung in Höhe von 350 € fällig.
- Personalkosten pro Monat 3.150 €
- Monatliche Kreditrate 1.500 €
- Steuervorauszahlungen: 4.000 € im Mai (GewSt.), 5.000 € im Juni (KSt.)
- Sonstige monatliche Kosten: 8.330 € (brutto)
- Geplante Investitionsausgabe im April: 3.570 € (brutto)

Im Januar wurden Getränke im Wert von 53.550 € verkauft, im Februar für 49.980 € und im März für 57.120 € (jeweils brutto). Ab April wird mit Bruttoverkäufen von 53.550 € gerechnet. Die Rechnungen werden zu 30% im Monat des Verkaufs, zu 50% im Folgemonat und zu 20% verspätet nach 2 Monaten bezahlt.

Der Zahlungsmittel-Anfangsbestand beträgt 2.500 €.

a) Ermitteln Sie jeweils die Umsatzsteuerzahllast für das 2. Quartal. Dabei ist die Versteuerung nach vereinbarten Entgelten zugrunde zu legen, die Umsatzsteuer-Zahllast wird am 10. des Folgemonats überwiesen.
b) Erstellen Sie den Finanzplan für das 2. Quartal.

3. Innenfinanzierung

3.1. Offene Selbstfinanzierung

Die offene Selbstfinanzierung ist eine Erhöhung des Eigenkapitals aus nicht ausge­schütteten Gewinnen, die offengelegt werden. Wenn Gewinne nicht ausgeschüttet werden, spricht man von Gewinnthesaurierung.

Eine offene Selbstfinanzierung bei Einzelunternehmen erfolgt, indem der Unternehmer weniger an Privatentnahmen tätigt, als Gewinne erwirtschaftet werden.

Sinngemäß das gleiche gilt für die persönlich haftenden Gesellschafter bei Personen­gesellschaften. Lässt sich ein Gesellschafter seinen Gewinnanteil, bei der OHG z.B. nach §§ 120, 121 HGB, nicht vollständig auszahlen, so erhöht sich sein Kapitalkonto. Der Kommanditist trägt grundsätzlich nicht zur Selbstfinanzierung bei, da ihm sein Gewinnanteil nach voller Einlage auszuzahlen ist (§ 167(2) HGB).

Bei einer GmbH können per Beschluss der Gesellschafterversammlung Gewinne zur Bildung von Gewinnrücklagen verwendet werden (§§ 29(2), 46 Nr. 1 GmbHG).

Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hat eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ¼ des Jahresüberschusses einzustellen sind. Die Rücklage darf nur zur Kapitalerhöhung (§ 57c GmbHG) oder zum Verlustausgleich verwendet werden (§ 5a(3) GmbHG).

Besonders weitgehende Möglichkeiten der offenen Selbstfinanzierung bestehen bei der AG. Nach § 150(1)(2) AktG ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden. In diese sind 5% des um einen eventuellen Verlustvortrag verminderten Jahres­überschusses einzustellen, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklagen nach § 272(2) Nr. 1 bis 3 HGB zusammen 10% oder einen satzungsgemäßen höheren Anteil des Grundkapitals betragen.

Stellt die Hauptversammlung den Jahresabschluss fest, so kann die Satzung bestimmen, dass bis zu 50% des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einzustellen sind (§ 58(1) AktG). Vorstand und Aufsichtsrat können, wenn diese den Jahresabschluss feststellen, ebenfalls bis zu 50% des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen einstellen (§ 58(2) AktG). Weitere Beträge können per Beschluss der Hauptversammlung thesauriert werden.

Vorteile der Selbstfinanzierung sind insbesondere:

- keine Finanzierungskosten
- Erhöhung der Kreditwürdigkeit
- Unabhängigkeit von Kapitalgebern
- Krisenfestigkeit

Nachteile der Selbstfinanzierung sind:

- Gefahr von Fehlinvestition
- Interessenkonflikt mit den Anteilseignern

3.2. Stille Selbstfinanzierung

Im Gegensatz zur offenen Selbstfinanzierung ist eine stille Selbstfinanzierung nicht aus der Bilanz ersichtlich. Dies wird erreicht, indem stille Reserven gebildet werden. Möglichkeiten hierfür sind die Unterbewertung von Aktiva oder die Überbewertung von Passiva durch Ausübung von Bilanzierungswahlrechten.

Der Finanzierungseffekt besteht zum einen darin, dass Gewinne niedriger ausgewiesen werden und somit auch nicht ausgeschüttet werden. Zum anderen bewirkt der Steuer­stundungs­effekt eine Finanzierungswirkung.

Spezielle Vorteile der stillen Selbstfinanzierung sind insbesondere:

- Sicherheit, da das tatsächliche Eigenkapital das bilanzielle Eigenkapital übersteigt
- Möglichkeit des „unsichtbaren“ Verlustausgleichs

Dem stehen als spezielle Nachteile gegenüber:

- Verschleierung von Gewinnen/Verlusten
- Falschberechnung der Rentabilität

3.3. Abschreibungs- und Rückstellungsfinanzierung

Der Finanzierungseffekt der Abschreibung besteht im Kapitalfreisetzungs- und Kapital­bindungseffekt. Über erhöhte Abschreibungen können weiterhin stille Reserven gebildet werden.

- Kapitalfreisetzungseffekt: Indem die Abschreibungen in der Preiskalkulation berücksichtigt werden, wird Anlagevermögen (z.B. Maschinen) in Umlaufvermögen (Forderungen) umgeschichtet. Durch den zeitlichen Unterschied zwischen Abschreibungsrückfluss und Reinvestition wird Kapital freigesetzt. Der Zusammenhang lässt sich im „Abschreibungskreislauf“ verdeutlichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Kapitalbindungseffekt: Die Kapitalbindung der Abschreibungen wird in der GuV deutlich. Abschreibungen stellen Aufwand dar und mindern somit den ausschüttungsfähigen Gewinn. Damit wird verhindert, dass das freigesetzte Kapital durch Gewinnausschüttungen wieder abfließt.

Ein weiterer Finanzierungseffekt der Abschreibungen ist der Kapitalerweiterungseffekt (Lohmann-Ruchti-Effekt). Wenn die Abschreibungsgegenwerte, die aus den Umsatzerlösen erzielt werden, fortlaufend in neues Anlagevermögen investiert werden, so kann der Anlagen­bestand ohne neue Finanzierungsmittel erweitert werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gründungsinvestitionen aus Eigenkapital finanziert waren.

Der Effekt soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:

Ein Unternehmen wird zunächst mit 3 Maschinen des gleichen Typs gegründet, welche 10.000 € kosten und eine Nutzungsdauer von 5 Jahren haben. Werden die Abschreibungen vollständig zur Reinvestition verwendet, ergibt sich folgender Werteverlauf bei linearer Abschreibung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Kapitalerweiterungseffekt (KEF) lässt sich dabei wie folgt berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ND … Nutzungsdauer der Maschinen

Für das Beispiel ergibt sich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

neue Kapazität = alte Kapazität × KEF = 5

Rückstellungen sind gemäß § 249 HGB für u.a. für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Der Finanzierungseffekt von Rückstellungen besteht in folgendem:

- Rückstellungen führen sofort zu Aufwand, aber erst später zu Auszahlungen. Durch diesen zeitlichen Versatz wird Kapital freigesetzt und gebunden. Dieser Kapitalfreisetzungs- und -bindungseffekt entspricht dem bei Abschreibungen.
- Über erhöhte Rückstellungen können stille Reserven gebildet werden.

Für die Finanzierung besonders bedeutsam sind langfristige Rückstellungen, vor allem Pensions­rückstellungen.

3.4. Sonstige Kapitalfreisetzung

Die Finanzierung durch sonstige Kapitalfreisetzung umfasst insbesondere Vermögensumschichtungen und Rationalisierungsmaßnahmen.

Die Finanzierung durch Vermögensumschichtungen erfolgt, indem materielle oder immaterielle Vermögensgegenstände veräußert werden und dadurch die Liquidität erhöht wird. Dabei ist insbesondere die Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Gegenständen des Anlage- oder Umlaufvermögens möglich, wie etwa Wertpapiere, nicht benötigte Grundstücke oder Überbestände an Vorratsvermögen. Die Veräußerung von betriebsnotwendigem Vermögen kommt allenfalls als Notmaßnahme, z.B. zur Vermeidung einer Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit, in Betracht.

Ein Sonderfall der Vermögensumschichtung ist das Sale-and-lease-back -Verfahren, bei dem Vermögensgegenstände verkauft und zurückgeleast werden.[5] Der Verkauf von Forderungen (Factoring [6] ) ist je nach Ausgestaltung als Kreditfinanzierung oder Kapitalfreisetzung einzuordnen.

Rationalisierungsmaßnahmen bewirken einen Finanzierungseffekt, wenn bei gleichem Leistungsvolumen der Einsatz des gebundenen Kapitals verringert wird. So führt eine größere Lagerumschlagshäufigkeit (= Materialverbrauch : durchschnittlichen Lagerbestand) zu einer Freisetzung eines Teils des im Unternehmen gebundenen Kapitals. Dies kann z.B. durch Senkung der Mindestbestände oder Just-in-time-Lieferung erreicht werden. Eine Verkürzung der Fertigungsdauer oder Beschleunigung des Forderungseinzugs kann ebenfalls den Kapitaleinsatz verringern. Die somit freigesetzten Mittel können für Investitionen oder zur Verringerung von Verbindlichkeiten genutzt werden.

Beispiel:

Der durchschnittliche Forderungsbestand eines Unternehmens beträgt 81.000 €, das durchschnittliche Debitorenziel 30 Tage.

Wie hoch ist die Kapitalfreisetzung, wenn das effektive Zahlungsziel auf 25 Tage verkürzt wird?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übungsaufgaben zu Kapitel 3.

9. Die Maschinenbau GmbH Gotha plant die Erweiterung ihrer CAD Ausstattung. Das Unternehmen hat bisher fünf hochwertige CAD-Arbeitsplätze, die aus eigenen Mitteln am 1.1.2010 für jeweils 6.000 € erworben wurden.

Die Nutzungsdauer eines CAD-Arbeitsplatzes beträgt drei Jahre, die Abschreibung erfolgt linear. Die Abschreibungsbeträge werden durch die Umsatzerlöse verdient. Freie Mittel werden am Ende einer Periode in zusätzliche gleichwertige CAD-Arbeitsplätze investiert.

Stellen Sie die Entwicklung des CAD-Arbeitsplatz-Bestandes und der freien Mittel bis 2016 dar, wenn neue CAD-Arbeitsplätze ebenfalls 6.000 € kosten.

10. Die Futura AG hat im Januar 2010 eine neue Maschine für 1.500.000 € angeschafft. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 10 Jahre. Erwirtschaftete handelsrechtliche Jahresüberschüsse schüttet die Futura AG vollständig an die Aktionäre aus.

a) Berechnen Sie den Liquiditätsvorteil oder -nachteil (auf volle € gerundet), der sich für die ersten 4 Jahre ergibt, wenn die Maschine degressiv (Abschreibungssatz 25%) statt linear abgeschrieben wird. Steuerliche Effekte sollen unberücksichtigt bleiben.
b) Erklären Sie, woraus der Liquiditätsvorteil resultiert und um welche Finanzierungsart es sich hierbei handelt.

11. Die Baumann & Clausen KG hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Materialaufwand von 48.000.000 € bei einem durchschnittlichen Lagerbestand von 1.600.000 €.

a) Wie hoch war die Lagerumschlagshäufigkeit?
b) Wie hoch müsste die Lagerumschlagshäufigkeit sein, um eine Kapitalfreisetzung von 400.000 € zu erreichen?

4. Außenfinanzierung

4.1. Kreditfinanzierung

4.1.1. Überblick

Kredite sind die bedeutsamste Form der Außenfinanzierung mit Fremdkapital für Unter­nehmen. Kreditfinanzierung erfolgt über Schuldverhältnisse. Der Kapitalgeber verlangt für die Überlassung einen Zins und i.d.R. Sicherheiten.[7]

Kredite lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden:

a) nach Laufzeit

- kurzfristig
- mittelfristig
- langfristig

b) nach Kreditgeber

- Bankkredit
- Handelskredit

c) nach Sicherheiten

- Personalkredit
- Realkredit

Nachfolgend sollen die wichtigsten Kreditarten betrachtet werden.

4.1.2. Handelskredite

Handelskredite sind Kredite, die nicht von Banken, sondern von Geschäftspartnern des Unternehmens im Rahmen der Leistungsbeziehung gewährt werden. Sie lassen sich in Lieferantenkredite und Kundenanzahlungen unterscheiden.

Ein Lieferantenkredit entsteht, wenn dem Kunden einer Waren- oder Materiallieferung ein Zahlungsziel eingeräumt wird. Dem Unternehmen fließt damit Kapital in Form des Wertes der Lieferung zu, der Zahlungsmittelabfluss erfolgt erst später. Da das Zahlungsziel meist recht kurz ist, gehören Lieferantenkredite zu den kurzfristigen Krediten. Ein Sonderfall des Lieferantenkredits ist der Wechselkredit.

Wird durch den Lieferanten auf Ziel geliefert, ohne dass Skonto gewährt wird, so handelt es sich um einen zinsfreien Kredit. Meist wird jedoch auch kurzfristige Zahlung unter Skonto­abzug angeboten. Ist dies der Fall, so liegt ein verzinslicher Kredit vor, wenn das Zahlungsziel ausgeschöpft wird.

Der Jahreszinssatz eines solchen Lieferantenkredites lässt sich näherungsweise nach folgender Formel berechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel: Zahlungsbedingung 3% Skonto bei Zahlung binnen 3 Tagen, sonst binnen 60 Tagen netto Kasse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorteile:

- einfach, schnell und formlos
- keine Kreditprüfung

Nachteile:

- teuer
- Abhängigkeiten vom Lieferanten

Bei der Kundenanzahlung ist der Abnehmer Kreditgeber, da er i.d.R. einen Teil seiner Zahlung leistet, bevor er die Gegenleistung erhält. Kundenanzahlungen sind insbesondere bei Auftragsproduktion mit langer Fertigungsdauer, z.B. im Bauwesen, im Schiffsbau oder im Groß- und Spezialmaschinenbau, üblich.

Kundenanzahlungen können zinslose Kredite darstellen oder indirekt über einen Preisnachlass verzinst sein.

Beispiel: Für eine Anzahlung in Höhe von 200.000 € vom Gesamtpreis in Höhe von 800.000 € bei einer Lieferfrist von 180 Tagen bietet der Lieferant einen Preisnachlass von 1% des Gesamtpreises. Die Verzinsung berechnet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Absicherung des Kunden als Kreditgeber erfolgt meist durch Bankbürgschaften oder -garantien.

Anzahlungen stellen für den Lieferanten zum einen eine Finanzierungshilfe und zum anderen eine Sicherheit bezüglich der Abnahme und Bezahlung dar.

4.1.3. Kontokorrentkredit

Beim Kontokorrentkredit (=Konto in laufender Rechnung) räumt ein Kreditinstitut dem Kreditnehmer das Recht ein, bis zu einer vereinbarten Kreditlinie über sein Konto zu verfügen. Beim Kontokorrent (geregelt in den §§ 355-357 HGB) werden Forderungen und Verbindlichkeiten laufend verrechnet und die Zinsen taggenau auf den Saldo berechnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Kontokorrentkredit ist ein kurzfristiger Kredit, der vor allem der Sicherung der Liquidität und der Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe dient.

Vorteile:

- Sehr flexibel
- Verzinsung nur auf den in Anspruch genommenen Teil

Nachteil:

- relativ teuer

4.1.4. Darlehen

Durch den Darlehensvertrag (§§ 488 ff. BGB) verpflichtet sich der Darlehensgeber, eine bestimmte Geldsumme zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, die vereinbarten Zinsen zu zahlen und das Darlehen zurückzuzahlen. In der Regel dienen Darlehen der langfristigen Finanzierung.

Die Laufzeit des Darlehens kann fest bestimmt sein, dann ist das Darlehen laufend (Tilgungsdarlehen als Abzahlungs- oder Annuitätendarlehen ) oder bei Fälligkeit (Fälligkeits- oder Festdarlehen) zurückzuzahlen.

Ein unbe­fristetes Darlehen ist nach Kündigung fällig.

Bezüglich der Rückzahlungsmodalitäten lassen sich somit unterscheiden:

- Fälligkeits- oder Festdarlehen: Die Rückzahlung erfolgt erst bei Fälligkeit, laufend werden nur Zinsen gezahlt.
- Abzahlungsdarlehen: Die Rückzahlung erfolgt mit gleichbleibender Tilgung, die Zinsen sinken aufgrund des sinkenden Restkapitals. Damit sinken auch die Raten.
- Annuitätendarlehen: Die Rückzahlung erfolgt in gleichbleibenden Raten, die einen steigenden Tilgungs- und fallenden Zinsanteil enthalten. Die Berechnung der Rate (Annuität) erfolgt nach folgender Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel:

Ein Darlehen über 100.000 € wird über 5 Jahre bei 7,5% Zinsen und jährlicher nachschüssiger Zahlung gewährt. Damit ergeben sich folgende Zins- und Tilgungspläne:

Fälligkeitsdarlehen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abzahlungsdarlehen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Annuitätendarlehen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Verzinsung eines Darlehens kann unterschiedlich erfolgen. Bei einem Festzinsdarlehen ist der Nominalzinssatz über die gesamte Laufzeit oder einen vereinbarten Zeitraum festgeschrieben. Darlehen mit variablem Zins sind dadurch gekennzeichnet, dass der Zinssatz an die jeweiligen Marktzinsen angepasst wird.

Für den Vergleich von verschiedenen Zinsangeboten ist der Nominalzins ungeeignet. Zu diesem Zweck ist der Effektivzins die geeignetere Vergleichsgrundlage. Die Höhe des Effektivzinses hängt insbesondere vom Nominalzins, einem eventuellen Disagio (= Differenz zwischen Rückzahlungs- und Auszahlungsbetrag), eventuellen einmaligen Kreditkosten (z.B. Bearbeitungsgebühren), der Laufzeit und den Tilgungsmodalitäten ab. Näherungsweise[8] kann folgende Gleichung zur Berechnung des Effektivzinses verwendet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die mittlere Laufzeit ist bei endfälligen Darlehen gleich der Laufzeit (t). Bei einer Tilgung in gleichen Raten berechnet sich die mittlere Laufzeit zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Mit den Leistungsströmen befasst sich die Kosten- und Leistungsrechnung, vgl. hierzu z.B. Völker/Herold (2009).

[2] In Anlehnung an Perridon/Steiner (2003), S. 354.

[3] Quelle: Perridon/Steiner (2003), S. 643.

[4] In Anlehnung an Olfert/Reichel (2005), S. 106.

[5] Vgl. auch Kapitel 4.3.

[6] Vgl. Kapitel 4.4.

[7] vgl. dazu Kap. 4.1.7.

[8] Eine exakte Berechnung des Effektivzinses ist möglich, indem für die Gesamtzahlungsreihe der interne Zinsfuss ermittelt wird, vgl. Kapitel 5.3.2.

Ende der Leseprobe aus 164 Seiten

Details

Titel
Finanzierung und Investition
Untertitel
Ein Lehr- und Übungsbuch
Autoren
Jahr
2010
Seiten
164
Katalognummer
V148254
ISBN (eBook)
9783640599431
ISBN (Buch)
9783640600168
Dateigröße
2267 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Überarbeitete Fassung: Oktober 2011
Schlagworte
BWL, Finanzierung, Investition
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm., LL.B. Lutz Völker (Autor:in)Jörg Herold (Autor:in)Uwe Lehmann (Autor:in), 2010, Finanzierung und Investition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148254

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