Luftverschmutzung in Megacities unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Metropole Beijing


Bachelorarbeit, 2009

73 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Hinführung
1.2 Aufriss und Fragestellung
1.3 Aufbau derArbeit
1.4 Vorgehensweise/Methodik

2 Megacities
2.1 Definition Megacities
2.2 Entstehung, Entwicklung undZukunftsprognose von Megacities
2.3 Probleme der Megacities

3 Luftverschmutzung in Megacities
3.1 Aerosole
3.2 Definition von Luftverschmutzung
3.3 Ursachen der Luftverschmutzung
3.4 Datenlage der Luftverschmutzung von 20 Megacities im Jahr 1992
3.5 Gesundheits- und Umweltprobleme verursacht durch Luftverschmutzung

4 Luftverschmutzung von Megacities in Asien und China
4.1 Die Ursachen von Luftverschmutzung in MegacitiesAsien und China
4.2 Gesundheitsrisiken speziell in China
4.3 Reaktionen der asiatischen Regierungen auf die zunehmende Luftverschmutzung

5 Fallbeispiel:Beijing
5.1 Überblick über die Metropolregion
5.1.1 Topographie
5.1.2 Klima
5.2 Ursachen der Luftverschmutzung in Beijing
5.2.1 Verkehr
5.2.2 Industrie
5.2.3 „Indoor Pollution"
5.2.4 Sandstürme
5.3 Datenlage zur Situation in Beijing
5.4 Gesundheitsrisiken für die Teilnehmer der Olympischen Spiele Beijing 2008
5.5 Maßnahmen zur Verbesserung der Luft für die Olympischen Spiele Beijing 2008
5.6 Zwischen fazit zu Beijing

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Größenvergleich verschiedenerAerosole

Abbildung 2: Entwicklung der Luftverschmutzung gemessen am Entwicklungsstand

Abbildung 3: Prognose des Wachstums der Gesamtbevölkerung, der urbanen Bevölkerung und der Kraftfahrzeuge 1950-2020

Abbildung 4: Überblick der Luftverschmutzung von 20 Megacities aufgrund einer subjektiven Einschätzung

Abbildung 5: Größenabhängige Lungengängigkeit von Aerosolen

Abbildung 6: Vereinfachtes Schaubild des chinesischen Luftqualitätsmanagements

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Prognose Wachstum Weltbevölkerung 1950 - 2050

Tabelle 2: Zusammenfassung der "WHO AirQuality guidelines"

Tabelle 3: Update der "WHO Air Quality guidelines"

Tabelle 4: Zwischenziele für Feinpartikelkonzentrationen

Tabelle 5: Verschiedene Klimate in denen Megacities zu finden sind

Tabelle 6: Jährliche Feinpartikelbelastung asiatischer Städte von 1998-2001

Tabelle 7: Schätzungen von Schadensfällen, die unter Einhaltung der Grenzwerte vermieden werden könnten

Tabelle 8: Herausforderungen des Luftqualitätsmanagements in asiatischen Städten

Tabelle 9: Chinesische Grenzwerte für Feinpartikel und PM 10 im Vergleich zu den Grenzwerten der WHO

Tabelle 10: Deutsche Grenzwerte für Feinpartikel und PM10

Tabelle 11: Charakteristika der Personenkraftwagenflottenflotte von Beijing

Tabelle 12: EU-Grenzwerte und Jahresmittelwerte der Schadstoffbelastung in Peking..

Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Wachstumsprognose der Großstädte > 750.000 Einwohner in verschiedenen Teilen der Erde von 2003 bis 2030

Diagramm 2: Schwefeldioxidbelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 3: Feinpartikelbelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 4: Bleibelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 5: Kohlenmonoxidbelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 6: Stickstoffdioxidbelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 7: Ozonbelastung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 8: Zusammengefasster Stand der Luftverschmutzung in den 20 Megacities (subjektive Einschätzung)

Diagramm 9: Durchschnittswerte der Luftverschmutzung ausgewählter Städte in Asien. Oben 1990-1999 unten 2000-2004

Diagramm 10: Absoluter anthropogener Schadstoffausstoß in Asien ausgewählter Substanzen im Jahre 2000

Diagramm 11: Klimadiagramm Beijings

Diagramm 12: Vergleich derVerkehrsemissionen verschiedener Städte

Diagramm 13: Durchschnittswert der jährlichen Konzentrationen von PM10, NOx, CO, SO2in Beijing 1996-2004

Diagramm 14: Tagesprofil für die Ozonkonzentration in Yufa (50 km südlich von Beijing). Darstellung der Mittelwerte des Zeitraums 19.8.-9.9.2006. Ozon: 70 ppb = 140 |jg/m3

Kartenverzeichnis

Karte 1: Vergleichender Überblick über Megacities im Jahre 2000 und im Jahre 2015

Karte 2: Topographische Karte Chinas. 1 Beijing, 2 Wüste Gobi, 3 Wüste Takla Makan,

Karte 3: Satellitenbildervon Beijing. Oben: Sandsturm, Unten: Klare Sicht

Karte 4: Satellitenbild einer Smog-Wolke über Beijing

1 Einleitung

1.1 Hinführung

Unsere Erde und speziell ihre Regierungen werden seit den letzten 50 Jahren vor große Herausforderungen gestellt und dies wird sich in Zukunft noch potenzieren. Seit den 1950er Jahren hat sich durchschnittlich die Lebenserwartung der Menschen aufgrund des medizinischen Fortschritts und verbesserter Hygienebedingungen enorm erhöht. Eine Statistik der UN hat das Wachstum der Weltbevölkerung seit 1950 festgehalten und prognostiziert demographisch in die Zukunft.

Tabelle 1: Prognose Wachstum Weltbevölkerung 1950 - 2050.

Quelle: BUNDESAMT FÜR POLITISCHE BILDUNG, 2009.
http://www.bpb.de/wissen/I6T8RL,0,0,Bev%F6lkerungswachstum.html,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In dieser Prognose zeigt sich, dass sich die Weltbevölkerung, von 1950 bis voraussichtlich 2050 nahezu vervierfacht. Dies stellt nicht nur eine Studie der UN fest. Auch die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung veranschaulicht mittels einer Weltbevölkerungsuhr, dass die Bevölkerung beim Verstrei­chen jeder Sekunde um 2,6 Menschen wächst (vgl. DEUTSCHE STIFTUNG WELTBEVÖLKERUNG, 2008).

Neben dem Ansteigen der Weltbevölkerung ist in den Entwicklungsländern eine zunehmende Landflucht zu verzeichnen, die die Städte anwachsen lässt. So zeigt der UNO Report, dass bereits 2008 die Hälfte der Welt­bevölkerung in Städten lebt und sich dies bis 2030 noch auf zwei Drittel erhöhen wird (vgl. SPIEGEL ONLINE, 2007). Die Entstehung neuer und das Wachsen schon bestehender Großagglomerationen wird die Folge sein. Megacities werfen eine Vielzahl an Problemen auf, welche in der west­lichen Welt nur schwer vorstellbar sind. Vielleicht rücken sie genau des­halb in den letzten Jahren immer häufiger in das öffentliche Interesse. Jedoch werden in Berichten der Printmedien oder Reportagen im Fern­sehen oft nur Schicksale Einzelner dargestellt, die übergeordneten kausa­len Probleme werden dabei oft nicht deutlich. Übergeordnete Probleme sind zum Beispiel (z.B.) Probleme in der Infrastruktur, beispielsweise Ver­kehr, Wasserver- und Entsorgung oder Probleme der Luftverschmutzung. Der Schadstoffausstoß produziert von Megacities ist oft sehr hoch und diese belasten dadurch ebenfalls die umliegenden Regionen und die glo­bale Atmosphäre. Das Fallbeispiel Beijing wurde gewählt, da Beijing eine der Megacities mit der meisten Luftverschmutzung war beziehungsweise (bzw.) auch heute noch trotz Problemlösungsansätzen ist. Als Ausrichter der Olympischen Spiele 2008 stand Chinas Hauptstadt im Zentrum des globalen Medieninteresses. Dieses sportlich historische Ereignis hatte zur Folge, dass die Umweltproblematik in die Wahrnehmung der Weltbevöl­kerung rückte und dafür sensibilisierte.

1.2 Aufriss und Fragestellung

Im Bezug auf übergeordnete Probleme in Megacities hat in den letzten Jahren schon ein Umdenken stattgefunden. Institutionen wie die Welt­bank, Deutsche Bank und Siemens AG, aber auch Organisationen wie die United Nations Enviroment Programme (UNEP) oder die World Health Organization (WHO) forschen nun interdisziplinär, entwickeln Konzepte und suchen nach Lösungsansätzen, die die Lebensbedingungen in diesen Ballungsräumen verbessern sollen. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Ursachen und welches Ausmaß die Luftverschmutzung in Megacities hat und wie diese sich auf ihre Bewohner, die Umwelt und das Weltklima auswirken. Beijing ist ein Beispiel für sehr hohe Luft­verschmutzung, die zusammengetragenen Daten demonstrieren die enormen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft Beijings.

1.3 Aufbau der Arbeit

Grundlegend hat die Arbeit deskriptiven Charakter. Ausgehend von der globalen Datenlage werden Einzelprobleme auf Beijing transferiert. Der Hauptteil der Arbeit in drei große Teilbereiche gegliedert:

1. allgemeiner Teil über Megacities mit Definition, Entstehung, Entwick­lung und der Prognose für die Zukunft
2. Luftverschmutzung in Megacities - Ursachenforschung, Darstellung der gesundheitlichen und ökologischen Folgen
3. Luftverschmutzung in Asien und speziell in China - explizite Erklärung am Fallbeispiel Beijing

1.4 Vorgehensweise/Methodik

Im ersten Teil der Arbeit konnte weitestgehend auf aktuelle wissenschaft­liche Literatur zurückgegriffen werden. Von Autoren wie Schwentker, Bronger und Kraas wurde das Thema Megacities in den letzten 10 Jahren sehr ausführlich behandelt. Der zweite Teil stellte sich in sofern als schwierig heraus, da es zwar genügend Literatur zum Thema Luft-

Verschmutzung in großen Städten der Industrieländer gibt, jedoch Litera­tur zum Thema Luftverschmutzung von Megacities in den Entwicklungs­ländern eher rar ist. Die Quellen beschränken sich hierbei auf ein Werk der UNEP und WHO von 1992 und einige wissenschaftliche Aufsätze. Grund für die dürftige Quellenlage ist der Mangel an finanziellen Forschungsmitteln und wissenschaftlichen Einrichtungen in den Entwicklungsländern. Die gefundenen Datenerhebungen für Asien und beschränkten auch weitest­gehend auf ein Werk von Schwela et al.. Aufgrund der Messungen für die Olympischen Spiele war im Bezug auf Beijing die Quellenlage etwas bes­ser, jedoch gestaltete sich die Quellenanalyse trotzdem problematisch. Im Internet veröffentlichte Daten sind kritisch zu betrachten, da man auf­grund der politischen Verhältnisse in der Volksrepublik fehlende Trans­parenz und Beschönigungen bedenken muss. Der Verfasser, beschränkt sich auf seriöse Datensätze, die jedoch oftmals unvollständig waren. Zusätzlich wurden Quellen der Konrad Adenauer Stiftung e. V., des "Spiegels" und "Fokus" hinzugezogen. Hilfreich zeigte sich auch ein medi­zinischer Ratgeber des Bundessportbundes anlässlich der Olympischen Spiele. Ein Kontakt mit Prof. Dr. Andreas Wahner, der im Forschungs­zentrums Jülich arbeitet, hatte vor den Spielen in Beijing Messungen durchgeführt. Mit Hilfe dieser Daten wurde oben genannter Ratgeber unterstützt. Herr Wahner wies auf den Ratgeber hin und gab zusätzlich Literaturhinweise.

Satellitenbilder der NASA tragen zur Veranschaulichung bei.

2 Megacities

2.1 Definition Megacities

In der wissenschaftlichen Literatur bezeichnet der Begriff Megacity die größte Form urbaner Agglomeration. Die Autoren sind sich jedoch weitest­gehend uneinig, ab welcher Bevölkerungszahl von einer Megacity gespro­chen werden kann.

Wolfgang Schwentker trägt in der Einleitung des Buches Megastädte im 20. Jahrhundert Definitionsmöglichkeiten aus verschiedenen Bereichen der Wissenschaft zusammen.

Die oben genannte Uneinigkeit bezieht sich hierbei maßgeblich auf die Kriterien: Untergrenze der Bevölkerungszahl, die räumliche Ausdehnung und die Bevölkerungsdichte.

Diese Diskrepanz der Wissenschaftler, besonders der Historiker, ist maß­geblich darauf zurückzuführen, dass die Megacity in ihrem heutigen Aus­maß ein eher junges Phänomen ist. Die Definition musste in den vergan­genen Jahren aufgrund des rapiden Wachstums der Megacities angegli­chen werden. So galten in den 1950er Jahren etwa Städte mit zwei Millio­nen Einwohnern als Megacities. Dogan Mattei und John D. Kasarda setzten in den 1980er Jahren die Untergrenze bei vier Millionen (Mio.), Dirk Bronger in den 1990er Jahren bei fünf Millionen Einwohnern an. Einige Forschergruppen und Organisationen operieren seit den 1980erJahren gar mit einer Untergrenze von acht oder sogar zehn Millionen. Das Bestimmen der genauen räumlichen Ausdehnung der Agglomerationen stellt ein Problem dar, da manche urbane Räume sich bereits so weit ausgebreitet haben, dass sie mit anderen nahe liegenden Städten verschmelzen. Ein Beispiel hiefür wäre das Ruhrgebiet. Diese polyzentrischen Ballungsräume werden nicht als Megacities bezeichnet. Megacities liegt eine funktionale

Primatstellung (funktionale Primacy[1] ) zugrunde, bei der administrative, wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Institutionen monozentrisch angesiedelt sind. Die Bevölkerungsdichte ist ein weiteres umstrittenes Kriterium. Bronger geht von einer Mindestdichte von 2000 Einwohnern pro km2aus (der aber nur als ein unterer Wert verstanden werden könne. Es seien Bevölkerungsdichten von über 40000 Einwohner/km2 möglich). Mattei und Kasarda warnen davor dieses Definitionskriterium überhaupt zu benutzen, da unterschiedliche Stadt- und Wohnungsbaustrukturen die­ses Kriterium verfälschen könnten (vgl. SCHWENTKER, 2006, S. 7 ff).

Megacities der Industrieländer, wie New York, Tokio und London werden auch oft als Global Cities bezeichnet, da sie großen Einfluss auf den glo­balen Waren-, Finanz- und Informationsaustausch haben (vgl. ZEHNER, 2001, S. 183).

Bronger warnt jedoch trotz all seiner Definitionskriterien davor die Erscheinungsform Megacity zu globalisieren und trennt gezielt Industrie­länder von Schwellen- und Entwicklungsländern (vgl. SCHWENTKER, 2006, S. 13).

In der Literatur werden für den Terminus Megacity auch die Begrifflich- keiten Megastadt, Giantcity und Megalopolis verwendet. Diese sind synonym zu verwenden.

2.2 Entstehung, Entwicklung und Zukunftsprognose von Megacities

„Streng genommen sind Megastädte keine auf das Zeitalter der Moderne und Postmoderne zu begrenzenden siedlungsgeographischen

Erscheinungsformen. In Relation zur jeweiligen territorialen

Gesamtbevölkerung hat es bereits in Antike und Mittelalter sehr große Städte gegeben."

(ZEHNER, 2001, S. 185)

Auch vor Beginn unserer Zeitrechnung bildeten sich schon große Bal­lungsräume. Voraussetzung für diese großen Agglomerationen war die Existenz von Hochkulturen, wie beispielsweise in der vorchristlichen Zeit in Indien, Mesopotamien und China. Dies waren jedoch oft Einzelphänomene und nicht von langer Dauer. Die damaligen Megacities hatten jedoch eine Einwohnerzahl, die sich oft nur auf circa 500.000 bis 1 Mio. belief. Dies ist jedoch im Verhältnis mit der im Vergleich zu heute geringen Gesamtwelt­bevölkerung zu sehen. Die größte Welle megapolitanen Wachstums beruht laut World Commission Urban 21 auf vier zeitlich versetzte Faktoren: die Industrialisierung, die ihr folgende De-Industrialisierung in Verbindung mit der Ausweitung des Dienstleistungssektors, eine Revolution in Mobilität und Telekommunikation und zum Ende des 20. Jahrhunderts das Auf­kommen einer neuen Informationstechnologie (vgl. SCHWENTKER, 2006, S. 19).

Megacities nach der heutigen Definition entstanden erst ab dem Zeitalter der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Da der Industrialisierungs­prozess in den Entwicklungsländern erst später einsetzte, beschränkte sich die Ausbildung von Megacities anfangs auf Europa, Nordamerika und Japan. In den Entwicklungsländern formten sich Megacities erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Unterschied in den Entwicklungsländern liegt jedoch darin, dass hier das Wachsen viel dynamischer vonstatten gegan­gen ist als in Industrieländern (vgl. ZEHNER, 2001, S. 186).

Um deutlich zu machen, wieviele Städte sich in den letzten 100 Jahren zu Metropolen und Megacities entwickelt haben, trägt Schwentker folgende Daten zusammen: Betrachtet man die Metropolen, kannte man 1900 gerade mal 20 Städte mit mehr als 1 Million Einwohner, so waren es um 1950 schon 70 Städte. Im Jahr 2000 existierten 300 Millionenstädte, davon ein Drittel in China. Metropolitanwachstum ist demnach ein globales Phänomen. Für Megacities gilt dies allerdings nur im eingeschränkten Sinn. 2000 waren 45 Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern bekannt. Heute sind Megacities zunehmend Erscheinungsbild in Entwick­lungsländern. So liegen im Jahr 2000 zwei Drittel der 45 Megacities in die­sen Ländern und zählen Einwohnerzahlen deutlich über 10 Millionen (vgl. SCHWENTKER, 2006, S. 8-9).

Krass prognostizierte 2001 bereits für das Jahr 2015 die Zahl von 60 Megacities (Definitionskriterium Untergrenze 5 Mio.), wobei fast alle in den Entwicklungsländern entstehen sollen (vgl. KRAAS, 2001, S. 9).

Dieser Ausblick ist auf folgender Karte zu erkennen. Die Neuansiedlung und Expansion von Megacities ist in naher Zukunft maßgeblich im südost­asiatischen Raum lokalisiert.

Hinzu kommt, dass 2009 die Prognose von Kraas schon eingetroffen ist und diese mit einer Anzahl von 64 Städten mit über fünf Millionen Einwoh­nern sogar schon überschritten ist (vgl. BRINKHOFF, 2009).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Karte 1: Vergleichender Überblick über Megacities im Jahre 2000 und im Jahre 2015.

Quelle: KRAAS, 2003, S. 8.

Die Ansiedlung der Megacities in Entwicklungsländern hat mehrere Ursa­chen. Ein wichtiger Grund ist, dass Megacities der Entwicklungsländer eine Primatstellung gegenüber dem Umland besitzen. (vgl. SCHWENTKER, 2006, S. 14)

In Diagramm 1 der Wachstumsprognose der World Urbanization Prospects 2003 bis 2030 wird sichtbar, wie stark Großstädte in den Entwicklungs­ländern und den Industrieländern anwachsen werden. Die Fertilitätsrate spielt in den Großstädten weniger eine Rolle, das Wachstum geschieht hauptsächlich durch Zuwanderung. Man sieht auch, dass das Wachstum der Großstädte in den Industrieländern weitestgehend stagniert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 1: Wachstumsprognose der Großstädte > 750.000 Einwohner in verschiede­nen Teilen der Erde von 2003 bis 2030.

Quelle:SIEMENS AG, 2006.

http://wl.siemens.com/innovation/de/publikationen/zeitschriften_pictures_of_the_future /pof_fruehjahr_2006/infrastrukturen/fakten_und_prognosen.htm,

Zugriff: 6.01.2009.

Da in den Entwicklungsländern der Pullfaktor sehr stark ist, kommt es hier vermehrt zu Landflucht und Megacitybildung. Das Phänomen Megacity wirft zudem gerade in den Entwicklungsländern zahlreiche Probleme, besonders Umweltprobleme, auf.

2.3 Probleme der Megacities

„Die Megastädte in Entwicklungsländern unterliegen einer Vielzahl spezi­fischer Probleme mit auffälligen Gemeinsamkeiten. Vorsicht ist geboten vor pauschalisierenden Aussagen, denn in Megastädten existieren nicht zu vernachlässigende deutliche Unterschiede hinsichtlich der infrastruk­turellen Ausstattung, dem wirtschaftlichen Entwicklungsstand, der sozia­len Polarisierung oder der politischen Führung und Regierbarkeit."

(KRAAS, 2001, S. 19)

Bei Betrachtung der enormen Bevölkerungszahlen, Bevölkerungsdichte und der flächenmäßigen Ausdehnung in den Megacities, liegt das Auftre­ten verschiedenster Probleme nahe. Zu den Problemen zählen Platz- bzw. Beschäftigungsmangel, Segregation und die daraus resultierende Krimina­lität. Ein sehr großes Problem stellen jedoch Mobilität, Versorgung und Entsorgung, sowie die daraus resultierenden Umweltprobleme und Gesundheitsprobleme dar.

Die Probleme der Megacities in Entwicklungsländern sind darüber hinaus zusätzlich dadurch verschärft, da die Ausgangsbedingungen andere waren als in den Industrieländern. Neben dem schnellen, unkontrollierten Wachstum der Ballungsräume kommen noch zusätzliche Probleme hinzu.

Mit Einsetzen der Metropolisierung war in den Industrieländern schon poli­tische Stabilität, Unabhängigkeit, relative wirtschaftliche Stabilität, befrie­digender Lebensstandard, sowie eine flexible und zugleich geordnete Sozi­alstruktur vorhanden (vgl. BRONGER, 1997a, S. 2).

In vielen Entwicklungsländern herrschten während der Zeit der extremen Metropolisierung politische Unruhen oder teilweise auch Militärdiktaturen. Auch in Asien hatten viele Entwicklungsländer, wie z.B. Indien, noch mit den Problemen der Entkolonialisierung zu kämpfen und mussten erst ein­mal das politische Gleichgewicht im Land herstellen.

Umweltprobleme wurden zu dieser Zeit oft von der Regierung verschwie­gen oder verdrängt. In der heutigen Zeit werden in einigen Ländern durch erhöhte mediale Transparenz die Regierungen damit konfrontiert und die Missstände werden beleuchtet.

Die Hauptursache für Umweltprobleme in Megacities liegt darin, dass die Zuwanderer aus dem Umland auf illegalen oder semilegalen Grund sie­deln. Diese provisorischen, so genannten Slum- oder Marginalsiedlungen[2] sind infrastrukturell meist nicht erschlossen und besitzen weder Wasser­versorgung noch Kanalisation. Ist die Trinkwasserversorgung in „norma­len" Großstädten der Entwicklungsländer schon ein Problem, so wird sie in den Megacities zum besonderen Brennpunkt. Offiziell hat in Großstädten der Entwicklungsländer ein Großteil der Bevölkerung Zugang zu „siche­rem" Trinkwasser. Bei dem Begriff „sicheres Trinkwasser" ist allerdings zu beachten, dass es sich in Entwicklungsländern hierbei um Leitungswasser oder tiefgründiges Grundwasser handelt, welches nicht an europäischen Standard gemessen werden kann. Bei genauerer Untersuchung wird dem so genannten „sicheren Trinkwasser" meist eine sehr mangelhafte Qualität bescheinigt (vgl. KARTHE, 2002, S. 33).

Abwässer, welche in Haushalten, Hotels und Industrieunternehmen, besonders den kleineren anfallen, werden meist ungeklärt in den Boden in Bäche und Flüsse oder überirdische Kanalsysteme (z. B. in Bangkok die Khlongs) abgeleitet (vgl. KRAAS, 1996, S. 95). Grund hiefür ist, die oft­mals mangelnde Kanalisation. Ursache hierfür ist zum einen der Mangel an finanziellen Mitteln zum Ausbau einer ausreichenden Kanalisation, des Weiteren ist es in Slum- oder Marginalsiedlungen beinahe unmöglich eine

Kanalisation zu planen, da Slum- oder Marginalsiedlungen meist auf unkontrollierte Weise entstehen und ständig neue errichtet werden.

Die schlechte Qualität des Trinkwassers und die mangelhafte Abwasser­entsorgung ist auch eine Ursache für die Entstehung und Verbreitung von Krankheiten. Müll wird oft, wenn er nicht dazu dient Behausungen zu bauen auf der Straße oder im Fluss entsorgt, was die Trinkwasserqualität zudem verschlechtert. Ein weiteres Problem, die Luftverschmutzung, wird im folgenden Kapitel ausführlich erörtert.

3 Luftverschmutzung in Megacities

3.1 Aerosole

Dem besseren Verständnis des Kapitels Luftverschmutzung wird die Erklärung von Aerosolen vorgeschoben, um die Zusammensetzung der Partikel der Luft verständlich zu machen.

Graedel und Crutzen beschreiben die Atmosphäre als:

ein Multikomponenten- und Multiphasensystem, das aus Gasen, Flüs­sigkeitströpfchen und Feststoffen besteht. Bilden diese festen und/oder flüssigen Partikel eine stabile Suspension mit der Luft, spricht man von einem atmosphärischen Aerosol."

(GRAEDEL/ CRUTZEN, 1994 in HUNDT/ STÜBEN, 2008, S. 3)

Bei Messungen werden verschiedene Aerosolfraktionen erfasst. Die Gesamtstaubfraktion, welche das gesamte Größenspektrum beinhaltet, bezeichnet man TSP (Total Suspended Particulate Matter). Innerhalb die­sem Gesamtspektrum kann zusätzlich noch mal in einzelne Korngrößen unterschieden werden. Die Fraktion PM2,5 (PM = Particulate matter) gilt hierbei als gesundheitlich besonders bedenklich (vgl. HUNDT/ STÜBEN, 2008, S. 3).

Wichtig zur Klassifizierung der Aerosole ist die Größeneinteilung. Gutenbrunner (2001) setzt ein Spektrum an der Untergrenze die Größe eines Moleküls von ca. 1 nm und an der Obergrenze die Größe von 100 nm. Dass geogen bedingte Aerosole, wie Meersalz und Mineralstaub oft größer sind als Aerosole anthropogenen Ursprungs wird deutlich in der Abbildung von Graedel (1994):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Größen vergleich verschiedener Aerosole. Quelle: GRAEDEL, 1994 in HUNDT/ STÜBEN, 2008, S. 4.

Die Größe und vor allem die Form bestimmen viele der physikalischen Eigenschaften der Aerosole, wie zum Beispiel die Verweildauer in der Atmosphäre. Aerosole sind je noch Oberflächengröße Träger von toxischen Substanzen.

3.2 Definition von Luftverschmutzung

Der Begriff Luftverschmutzung lässt sich in zwei Arten von Luftverschmut­zung unterteilen: Natürliche und anthropogene Luftverschmutzung.

Pourahmad A. schreibt dazu:

"Einer der wichtigsten Umweltgesichtspunkte der Zersiedlung ist die Verschlechterung der Luftqualität. Als Luftverschmutzung bezeichnet man die Störung und Vermischung der natürlichen Struktur der Luft durch das Anreichern von Schadstoffen. Durch die Anreicherung von Schadstoffen wird die Luftqualität unvermeidbar verschlechtert. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Luftverschmutzung entstehen kann:

1. Natürliche Luftverschmutzung als Resultat der Anreicherung von natürli­chen Substanzen, beispielsweise durch vulkanischen Staub, Pollen von Pflanzen, Transport von Wüstensand, Gasentweichung, die nicht als orga­nische Substanz gebunden werden kann etc.

2. Luftverschmutzung als Konsequenz menschlicher Aktivität, wie Transport, Wohnen in Wohngebieten, Industrie- und Produktionsstätten." "[3]

(POURAMAD et al., 2007, S.253 übersetzt vom Verfasser)

Anthropogene Luftverschmutzung war im Altertum nur auf die Städte und deren Feuerungen begrenzt. Erst mit Beginn der Industrialisierung ver­schärfte sich die Situation. Mit dem enormen Anwachsen der Emissionen in den Städten und der Überschreitung der natürlichen Quellen reiner Luft (remote air) in I960 wurde anthropogene Luftverschmutzung zum globa­len Problem (vgl. MÖLLER, 2000, S. 4).

Luftverschmutzung ist also grundlegend ein Phänomen der Urbanisation. Großagglomerationen produzieren hochgradig Luftverschmutzung. Zudem ist durch den Transport der Schadstoffe die suburbane Region in gleicher Weise gefährdet wie die Stadtregion selbst.

[...]


[1] Funktionale Primacy „ist eine ausgeprägte Dominanz der Metropolen in sämtlichen (Ausnahme: Landwirtschaft) Lebensbereichen: wirtschaftlich [...], politisch-

administrativ[...], sozial-kulturell[...]. Es ist in erster Linie die [funktionale Primacy] die die Sogwirkung („Pull-Faktor") der Metropole mit ihrer Attraktivität einschließlich Arbeitsplatzmöglichkeiten [...] bewirkt, die wiederum metropolitan gerichtete Binnenwanderung auslöst." (BRONGER, 2004, S. 13).

[2] „Slum: Elendsviertel, entstanden durch baulichen Verfall und Verwahrlosung ehemaliger Arbeiter-, aber auch mittelständiger Viertel. Heruntergekommene Bausubstanz, hohe Wohndichte, geringe Einkommen der Bewohner, sowie häufig ein hohes Maß an sozialem Verfall (z.B. Kriminalität, Drogenkonsum) kennzeichnen die Slums, deren Ausgang in England (19. Jahrhundert), später den USA zu suchen ist und deren Verbreitung heute zwar überwiegend in den Großagglomerationen der „Dritten Welt" zu finden, aber keineswegs auf diese beschränkt ist." (BRONGER, 1997b, S.45)

[3] "One of the most important environmental results of urban sprawl is the deterioration of air quality. [...] Air pollution can be stated as the disturbance of mixed natural structure of air as the result of the entrance of pollutants into air. Inevitable the entrance of pollutants into air means the reduction in air quality too. Air pollution orignates in two ways:
1. Natural air pollution which results from the entrance of natural pollutants like volcanic dust, pollen of plants, dust arising from desert zones in arid regions, gas arising from the disintegration of organic substance in nature etc.
2. Air pollution as a consequence of human activities like transportation, dwelling and residential areas, industries, productive units."
(POURAMAD et al., 2007, S.253)

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Details

Titel
Luftverschmutzung in Megacities unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Metropole Beijing
Hochschule
Universität Trier
Note
2,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
73
Katalognummer
V149177
ISBN (eBook)
9783640599196
ISBN (Buch)
9783640598809
Dateigröße
9082 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Luftverschmutzung, Megacities, Berücksichtigung, Metropole, Beijing
Arbeit zitieren
Christian Cartarius (Autor:in), 2009, Luftverschmutzung in Megacities unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Metropole Beijing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149177

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