Globaler Wettbewerb und Unsicherheiten beim Einstieg in den Arbeitsmarkt


Wissenschaftliche Studie, 2002

29 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. THEORETISCHER HINTERGRUND
2.1 Die Krise der 70er Jahre
2.2 Sozioökonomischer Wandel und die Sonderstellung Deutschlands
2.3 Neue Märkte - Neue Konkurrenz
2.4 Institutionelle Abhängigkeiten
2.5 Neue Unternehmensstrategien
2.6 Zwischenresümee:
2.7 Hypothesen

3. DATEN UND METHODEN

4. EMPIRISCHE ANALYSEN
4.1 Produktionssektor und Befristung
4.2 Übergang zu Arbeitslosigkeit
4.3 Diskussion der Ergebnisse im Hinblick auf die Hypothesen

5. ZUSAMMENFASSUNG/RESÜMEE

1. EINLEITUNG

Immer wieder wird in TV- oder Printmedien von Massenentlassungen bei bekannten Industrieunternehmen berichtet. Ob OPEL, BMW, BASF oder Bremer Vulkan, jedes dieser Unternehmen hat in den letzten Jahren teilweise tausende von Arbeitnehmern freigesetzt, da aufgrund von Umstrukturierungen, Rekordverlusten, Konkursen oder der Übernahme defizitärer Unternehmen in anderen Ländern eine Reduzierung der Kosten notwendig geworden war. Gerade in Deutschland werden von Arbeitgeberverbänden die im internationalen Vergleich verhältnismäßig hohen Lohnnebenkosten und unflexiblen, geschützten Beschäftigungsverhältnissen moniert, die es deutschen Unternehmen erschwerten, auf internationalen Märkten mit internationalen Konkurrenten erfolgreich tätig zu sein. Aber gerade die Fähigkeit im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein wird, in einer stark exportorientierten Volkswirtschaft, wie dies bei Deutschland der Fall ist, zu dem Überlebensfaktor für Unternehmen, neue globale Märkte als potentielle neue Absatzmärkte werden zu Schlüsselindikatoren einer internationalen Expansionsstrategie. Der Kampf um die beste Positionierung auf einem neuen Markt und die Gewinnung neuer Konsumenten wirkt als Motor eines zunehmenden globalen Güterhandels. Schon wird China als potentieller Markt für Handy´s, PKW´s und Unterhaltungselektronik gesehen. Eine Milliarde Chinesen wirken nahezu als Magnet für internationale Großkonzerne, nationale Regierungen tun ihr möglichstes, um den jeweiligen Unternehmen eine gute Ausgangsposition zu ermöglichen. Doch nicht immer werden die Erwartungen auf hohe Gewinne durch eine Internationalisierungsstrategie erfüllt. Scheitert sie und werden Verluste statt prognostizierter Gewinne verbucht, sei es aufgrund einer Erhöhung der Verbraucherzinsen in den USA oder veränderten Konsumverhaltens aufgrund eines Attentats, zu geringer Handynachfrage in China etc., gilt es schnell zu handeln. Von Veräußerung der verlustbringenden Nebengeschäfte, Konzentration auf das Kerngeschäft, Umstrukturierungen und Neuorientierung auf dem Weltmarkt wird dann hektisch gesprochen, Folge ist eine Reduzierung der Arbeitnehmerzahl.

Die Ausweitung des globalen Handels und die Anpassung an die Konkurrenten entscheiden über Gewinn und Verlust, wer nicht in der Lage ist schnellstens auf eine veränderte Nachfragesituation oder globale Wirtschaftsentwicklung mit dem richtigen Mittel zu reagieren, könnte morgen schon von seinem Konkurrenten übernommen werden. Aus dieser erforderten Flexibilität ist ein erhöhtes Arbeitslosenrisiko oder auch eine Zunahme prekärer, d.h. befristeter Beschäftigung zu erwarten, durch die die Unternehmen in der Lage sind, ihre Strategien flexibel auf die veränderten Bedingungen anzupassen und die Zahl der Beschäftigten der Nachfrage nach bestimmten Produkten anzugleichen und dadurch international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Doch gerade nationale Besonderheiten, in Deutschland die hohen Lohnnebenkosten oder das duale Bildungssystem, können unterschiedlich auf die Flexibilitätsanforderungen Einfluss nehmen, die auf die Unternehmen durch den globalen Wettbewerb wirken.

Ziel dieser Analyse ist es, die besondere Situation der Berufseinsteiger im Produktionssektor/Producer Service Sektor unter der Berücksichtigung der deutschen Besonderheiten im Bildungssystem und Arbeitsmarkt hinsichtlich des Wohlfahrtsregimes zu untersuchen. Gerade in Deutschland wirkt das duale Ausbildungssystem mit einem hohen Maß beruflicher Spezialisierung für diejenigen schützend (z.B. vor Arbeitslosigkeit/prekärer Beschäftigung), die bereits im Arbeitsmarkt integriert sind, während diejenigen, die am Anfang ihrer Berufskarriere stehen, den Berufseinstieg noch schaffen müssen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei in der Betrachtung des Produktionssektors, einerseits weil der Trend zu einer Dienstleistungswirtschaft ungebrochen scheint und andererseits da ich davon ausgehe, dass in diesem Sektor die globale Konkurrenz am schärfsten ist. Daher sind die unternehmerischen Entscheidungen in diesem Sektor in hohem Grade von Unsicherheit bestimmt. Als Folge könnten auch die Arbeitnehmer, insbesondere die Berufseinsteiger, in diesem Sektor einer besonders großen Unsicherheit ausgesetzt sein.

In einem ersten Schritt werde ich daher die Beschäftigungsverhältnisse der Berufseinsteiger analysieren, ob tatsächlich eine vermehrte Betroffenheit von prekären Arbeitsverträgen im Produktionssektor zu beobachten, oder insgesamt ein Trend zu befristeten Verträgen zu beobachten ist? In einem zweiten Schritt werde ich dann der Frage nach dem Übergang zu Arbeitslosigkeit nachgehen: Sind Beschäftigte in anderen Sektoren tatsächlich einem geringen Arbeitslosenrisiko ausgesetzt? Welche Rolle spielt Bildung bei dem Risiko der Arbeitslosigkeit und inwiefern schützt ein bestimmtes Bildungsniveau im Produktionssektor eher vor Arbeitslosigkeit?

Ich werde meine Arbeit wie folgt gliedern: Nachdem ich in einem ersten Teil Annahmen darüber erläutern werde, in welcher Weise sich globaler Wettbewerb entwickelt hat und in welchen Entwicklungen die Ursachen globaler Konkurrenz liegen könnten, als auch, weshalb Unternehmen des Produktionssektors, d.h. sowohl Beschäftigte als auch Unternehmer, in einem besonderen Maße von diesen Veränderungen betroffen sein könnten, werde ich dann charakterisieren, inwiefern globaler Wettbewerb beeinflussend auf unternehmerische und politische Entscheidungen gewirkt hat und damit auch auf die Beschäftigungsverhältnisse abhängiger Arbeitnehmer. Danach entwickle ich die Hypothesen darüber, aus welchen Gründen Berufseinsteiger im Produktionssektor/Producer Service Sektor beim Berufseinstieg auf der einen Seite von einem prekären Beschäftigungsverhältnis und auf der anderen Seite durch Arbeitslosigkeit betroffen sein könnten. Diesen Überlegungen folgend, werde ich dann auf Daten und Methoden eingehen und die Ergebnisse der empirischen Analysen zur Verteilung prekärer Beschäftigung im Produktionssektor/Producer Service Sektor beim Berufseintritt und des Übergangs zur Arbeitslosigkeit nach dem ersten Beruf vorstellen und die Ergebnisse der Analysen im Hinblick auf die entwickelten Hypothesen diskutieren.

In dem letzten Abschnitt werde ich dann in einem Resümee die Ergebnisse abschließend diskutieren.

2. THEORETISCHER HINTERGRUND

2.1 DIE KRISE DER 70ER JAHRE

Mit dem Wirtschaftswunder in den 60er Jahren wurde ein nahezu ungebremstes Wirtschaftswachstum suggeriert. Erst der Wirtschaftseinbruch in den 70er Jahren und der drohende Produktionseinbruch, der vor allem durch die Ölkrise ausgelöst worden war, zeigten ein Ende dieses Wirtschaftswachstums.1 Für Unternehmen in Deutschland wurde nach nahezu 20 Jahren des Produktivitätswachstums und der Vollbeschäftigung eine Neuorientierung der Unternehmensstrategien auf diese Veränderungen notwendig. Diese Neuorientierung ist sowohl in einem vermehrten Einsatz neuerer Kommunikations- und Informationstechnologien als auch in einem Wandel der Organisationsstruktur abzulesen.

Castells sieht als Ursache der Fortdauer der Krise der 70er Jahre vor allem die Unfähigkeit der Unternehmen, neue Märkte mit neuen Absatzmöglichkeiten zu finden und dadurch neue Arbeitsplätze zu schaffen.2

Die Erschließung neuer Absatzmärkte erforderte hohe Investitionen und die Erweiterung der Kommunikationskapazitäten, die in den 80er Jahren aufgebaut wurden. Vor allem die Finanzdienstleister konnten aufgrund des frühen Aufbaus eines Kommunikationsnetzwerks mit der Verknüpfung der wichtigsten Handelsplätze/Börsen (USA

-> Europa -> Asien) miteinander kommunizieren, und waren als erste in der Lage, über nationale Grenzen hinweg Dienstleistungen in Echtzeit anzubieten.3

2.2 SOZIOÖKONOMISCHER WANDEL UND DIE SONDERSTELLUNG DEUTSCHLANDS SOZIOÖKONOMISCHER WANDEL

Tendenziell wird seit Mitte der 70er Jahre, z.T. gleichzeitig mit der Krise der Wirtschaft, ein sozioökonomischer Wandel der fortgeschritteneren Gesellschaften (G7) zu einer post- industriellen Dienstleistungsgesellschaft deutlich.4 Dieser Strukturwandel zu einer post- industriellen Gesellschaft (1970-1990) zeichnet sich dadurch aus, dass es in der überwiegenden Zahl der G7-Staaten zu einer Verringerung der industriellen Beschäftigung kommt und eine generelle Zunahme der Beschäftigung im Dienstleistungsbereich einsetzt.

„The high productivity in agriculture and manufacturing allows for economic growth and rising national and per capita income, which in turn stimulates a rising demand for various kinds of services.”5

DIFFERENZIERUNG DES DIENSTLEISTUNGSSEKTORS

Singelmann und Browning haben bereits in den 70er Jahren auf das Problem verwiesen, dass es notwendig sei, den Dienstleistungsbereich zu differenzieren, da er sehr heterogene Bereiche beinhaltet, die nicht der Landwirtschaft oder Produktion zugeordnet werden können.

„However, in recognition of the importance of within-sector variation, the six sectors are broken down into thirty-seven more detailed industries. The major Change from the previous model is a differentiation of the tertiary sector into more homogeneous units: four separate sectors replace the single tertiary sector.”6

Castells hat daraufhin in Anlehnung an die Singelmann´sche Einteilung von 1970 die neueren Bedingungen seit den 70er Jahren an diese Einteilung angepasst:

„Die gesamte Beschäftigung wird nach dem jeweiligen Platz einer bestimmten Tätigkeit in der Zusammenhangskette aufgeteilt, die mit dem Produktionsprozess beginnt. So erfassen distributive Dienstleistungen sowohl Kommunikations- und Transporttätigkeiten und ebenso kommerzielle Verteilungsnetzwerke im Großund Einzelhandel. Produktionsbezogene Dienstleistungen sind solche, mit denen entscheidend wichtige Beiträge zur Wirtschaft geleistet werden

Soziale Dienstleistungen umfassen einen großen Bereich der Staatstätigkeit als auch Arbeiten, die mit dem kollektiven Konsum zu tun haben. Personenbezogene Dienstleistungen beziehen sich auf den individuellen Konsum, von der Unterhaltung bis zur Gastronomie.“7

DIE SONDERSTELLUNG DEUTSCHLANDS

Deutschland kommt allerdings in diesem Strukturwandel eine Sonderstellung innerhalb dieses Wandels zu, da in Deutschland nur ein moderater Rückgang des sekundären Sektors auf hohem Niveau (von 36,00% (1970) auf 27,00% (1993)) feststellbar ist.8 Dieser moderate Rückgang ist darin begründet, dass es sich bei der deutschen Wirtschaft eher um eine industriell- und exportorientierte Wirtschaft handelt. Eine weitere Ursache dieser Entwicklung liegt in der geringen Ausgliederung produktionsbezogener Dienstleistungen aus dem Produktionsprozess, d.h. einer engeren Verbindung des Dienstleistungsbereichs mit dem Produktionsprozess als dies in anderen G7 Staaten festzustellen ist.

Der Produktionssektor ist deswegen gerade für Deutschland ein insgesamt sehr wichtiger Wirtschaftsbereich, dem bei der Betrachtung der Entwicklung der Berufs-/ und Beschäftigungsstruktur in Deutschland eine zentrale Stellung zukommt.9

2.3 NEUE MÄRKTE - NEUE KONKURRENZ

Castells geht davon aus, dass technische Innovationen und der Ausbau der Kommunikationsstruktur in den 80er Jahren eine Deregulierung bestimmter Märkte erreichten, d.h.: Rückzug des Staates aus marktwirtschaftlichen Prozessen, Globalisierung des Kapitals und der Unternehmen, die von dieser Deregulierung betroffen waren.10 Der sprunghafte Anstieg der Produktivität und Rentabilität der Unternehmen, die auf den deregulierten Märkten agierten, führte dazu, dass zunehmend mehr Industriebranchen von dieser Rentabilitäts- und Produktivitätssteigerung profitieren wollten.11 Dadurch, dass immer mehr Unternehmen und Branchen auf den neuen Absatzmärkten aktiv werden wollten, nahm der Wettbewerb unter den beteiligten Unternehmen beständig zu. Neben den aus nationalen Wettbewerb bekannten Konkurrenten wurden die Unternehmen infolge der Ausweitung ihrer Aktivitäten auf bisher unbekannten, neuen Märkten auch mit neuen Konkurrenten konfrontiert, was die Wettbewerbssituation noch verschärfte.

IMPORT- UND EXPORTENTWICKLUNG

Die Entwicklung des Exports-, Imports-, und Außenhandelvolumens weist für den Zeitraum 1970 bis 1990 für die G7 Staaten auf eine deutliche Zunahme aller drei Volumina hin, auch wenn in den 80er Jahren eine kurze Zeit der Stagnation zu beobachten ist.

Abb.1:Entwicklung des Außenhandelsvolumens (in Milliarden US Dollar)

aus: Beisheim (1999)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insgesamt lässt dies also auf eine Zunahme grenzüberschreitender Handelsströme schließen, die die Denationalisierungsentwicklung des Güterhandels bestätigt.12 Beisheim verdeutlicht an der Entwicklung des Gütertransports via Luftfracht, das die geflogenen Fracht-Tonnen-Kilometer stetig gewachsen sind und dieser Wachstum in Deutschland sogar exponentielle Züge trägt.13

Beides, sowohl die Steigerung der Export-, Außenhandels- und Importraten als auch die Zunahme des Gütertransports verdeutlichen, inwiefern der Austausch von Gütern eine wachsende Bedeutung für Volkswirtschaften als Ganzes und für die Unternehmen im speziellen, erfahren hat.

Dieses Entwicklung wird durch Untersuchungen des IWD Köln auch für die neueste Vergangenheit bestätigt, so ist der „internationale Handel .. fulminant ins neue Jahrtausend gestartet: Nur selten stieg die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen so stark wie im Jahr 2000“14. Der Dienste-Handel expandierte dabei allerdings nur halb soviel wie der Warenhandel.

Diese Skizzierung der jüngsten Entwicklungen weist nochmals auf die wachsende Bedeutung des grenzüberschreitendenden Austauschs von Waren und Dienstleistungen hin, auch wenn Dienstleitungen wesentlich langsamer steigen als der Güteraustausch. Aufgrund der wachsenden Bedeutung des grenzüberschreitenden Austauschs sind Unternehmen, insbesondere güterproduzierende, in einem immer stärkeren Maße als auf rein nationalen Märkten dazu gezwungen, organisatorische- und innovative Strukturen (z.B. Downsizing, Enthierarchisierung, Lean Produktion, Einsatz neuer Technologien, Produktentwicklung etc.) zu optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit am Markt bestehen zu können. Wissenserzeugung und technologische Kompetenz sind damit zu Schlüsselinstrumenten im Wettbewerb zwischen Unternehmen und Organisationen zum Zwecke der Innovationsfähigkeit geworden.15

2.4 INSTITUTIONELLE ABHÄNGIGKEITEN

DIREKTE UND INDIREKTE BETROFFENHEIT

Die Globalisierung der Märkte, die einerseits aufgrund einer steigenden Produktivität und andererseits durch die Suche nach neuen Absatzmärkten auf Basis einer neuen Infrastruktur entstehen konnte, hat neben Auswirkungen (Wettbewerb, Konkurrenz) auf die aktiv Tätigen auf diesen Märkten auch Auswirkungen auf nicht direkt betroffene Bereiche, wie national agierende Unternehmen oder Binnenmärkte, aber auch Arbeitnehmer und Beschäftigte. Diese nicht direkt Betroffenen werden dadurch zu Betroffenen, da sie von einem institutionellen Kontext abhängig sind, in dem durch politische Instanzen ein maximaler Wettbewerbsvorteil für diejenigen Unternehmen angestrebt wird, die in ihrem Machtbereich und im globalen Wettbewerb stehen, um so die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften zu fördern. Gleichzeitig dienen diese Unternehmen als Legitimation für Regierungen, um bestehende Gesetzesgrundlagen zu verändern z.B. Beschäftigungsförderungsgesetz u.ä..16 Die Funktion der Regierungen ist in den Bereichen entscheidend, in denen es darum geht, menschliche Ressourcen bereitzustellen, also Erziehung und Bildung auf allen Qualifikationsebenen, sowie eine günstige und effiziente technologische Infrastruktur, zur Verfügung zu stellen.17 Damit ist auch die Berufs-/Beschäftigungsstruktur und die Sozialstruktur einer nationalen Gesellschaft von dieser Legitimationsmacht der Regierungen betroffen.

Dennoch muss man davon ausgehen, dass drei Mechanismen auf eine zunehmende Abhängigkeit der Erwerbsbevölkerung von der global agierenden Wirtschaft hinwirken: globale Beschäftigung in multinationalen Konzernen, d.h. in Konzernen, die keine Bindung an eine bestimmte Nation mehr haben, Auswirkungen des internationalen Handels, des globalen Wettbewerbs und des flexiblen Managements auf nationale Beschäftigung und Arbeitsbedingungen.18

DER NATIONALE KONTEXT

Das Reagieren von Unternehmen auf globalen Wettbewerb ist vom nationalen Kontext abhängig, so weisen Blossfeld u.a. daraufhin, dass durch Unterschiede in Wohlfahrtsystemen, Bildungs- und Wirtschaftssystemen die Auswirkungen von globalem Wettbewerb unterschiedlich ausfallen können.19

Für den Deutschen Arbeitsmarkt lassen sich einige wesentliche Besonderheiten zusammenfassen:

1.) Nahezu 84 Prozent aller Erwerbstätigen sind durch die von Kollektivparteien

(Arbeitgeber/Arbeitnehmerverbände) ausgehandelten Flächentarifverträge

abgesichert. Viele Arbeitnehmer sind organisiert und die gewerkschaftliche Arbeit ist vom Grundgesetz her abgesichert.

Damit besteht in Deutschland eine relativ hohe Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer, die sich nicht nur auf Bereiche der Lohnhöhe beschränkt. Die Flächentarifverträge regulieren für die meisten Beschäftigten Arbeitszeit, soziale Absicherung und andere soziale Verpflichtungen des Arbeitnehmers.20 Gerade in der jüngsten Vergangenheit wurden den Arbeitnehmern mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetztes nochmals Rechte zugesprochen, die ihre Position gegenüber den Arbeitnehmer deutlich stärkt.

2.) Das Beschäftigungssystem ist mit der Basis der dualen Ausbildung ein recht

geschlossenes System, das Arbeitsplatzbesitzer schützt, Neueinsteiger aber eher mit prekärer Beschäftigung und Arbeitslosigkeit konfrontiert.21

Neben der Sicherung der „Insider“, d.h. der im Arbeitsmarkt integrierten, bedeutet das System der dualen Ausbildung aber auch einen hohen Grad an standardisierter Ausbildung. D.h. die Ausbildung garantiert ein bestimmtes Wissen nach der Beendigung der Ausbildung, allerdings ist dieses Wissen nur schwer in andere Bereich übertragbar.

3.) Das Wohlfahrtsystem zeichnet sich durch eine Vielzahl von

Absicherungsmöglichkeiten (Rente, Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe) aus. Das führt auf der einen Seite zu einer relativ guten und umfassenden Absicherung der von Arbeitslosigkeit Betroffenen, bietet aber auch gleichzeitig die Schwächen, dass durch hohe Lohnnebenkosten auch die Löhne für un- und angelernte Arbeitnehmer relativ hoch sind und damit gleichzeitig eine Art Mindestlohn vorhanden ist unter dem keiner arbeiten würde.22

Diese drei Aspekte zeigen den spezifischen Fall Deutschlands und verdeutlichen, wie abhängig unternehmerische Entscheidungen von den institutionellen Rahmenbedingungen sind.

Gerade in Deutschland wurde in den letzten Jahren eine Flexibilisierungsdiskussion geführt, die es den Unternehmen in Deutschland ermöglichen sollte, im globalen Konkurrenzkampf wettbewerbsfähiger zu werden.

Insgesamt wurden zwei wesentliche Änderungen durchgeführt um mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen:

a.) Öffnungsklauseln:

Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen einigten sich 1997 darauf, dass es Unternehmen in Ostdeutschland in schwerwiegenden ökonomischen Schwierigkeiten erlaubt werden sollte, die Löhne auch unter die tarifvertraglichen Bedingungen zu reduzieren.23

b.) Beschäftigungsförderungsgesetz:

Das bereits 1985 verabschiedete Beschäftigungsförderungsgesetzt erleichterte im wesentlichen die Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von zwei Jahren. Bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages möglich.24 Mit dem 1.1.2001 wurde das Beschäftigungsförderungsgesetz außer Kraft gesetzt und durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz ersetzt, dessen Ziel es ist, Teilzeitarbeit zu fördern, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge festzulegen und die Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten und befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu verhindern.25

„Befristet beschäftigt ist ein Arbeitnehmer mit einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrag. Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Arbeitsvertrag (befristeter Arbeitsvertrag) liegt vor, wenn seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag) oder sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag)“26

[...]


1 Vgl.: Castells [2001, S.90]

2 Vgl.: Castells [2001, S.102]

3 Vgl.: Kaufmann [1998; S.1-10]

4 Vgl.: Geißler1996

5 Vgl.: Singelman J. & Browning, H.L.[1978, S.485]

6 Singelmann, J. & Browning, H.L. [1978, S. 477f]

7 Castells [2001, S.236]

8 Vgl.: Giarinni, O.Liedtke, P.M1997

9 Vgl.: Giarinni, O.Liedtke, P.M [1997, S.180f)

10 Vgl.: Castells [2001, S.111]

11 Vgl.: Castells [2001, S.104]

12 Vgl.: Beisheim, M. [1999, S.267ff]

13 Vgl.: Beisheim, M. [1999, S.274]

14 Vgl.: IWD Köln Ausgabe 50/2001 S.6

15 Vgl.: Castells [2001, S.105]

16 Vgl.: Castells [2001,S.105]

17 Vgl.: Castells [2001, S.135]

18 Vgl.: Castells [2001, S. 130]

19 Vgl.: Blossfeld [2000, S.3]

20 Vgl.: Fuchs u. Schettkat [2000, S.224]

21 Vgl.: Blossfeld [2000

22 Vgl.: Fuchs u. Schettkat [2000, S.223]

23 Vgl.: Fuchs u. Schettkat [2000, S.225]

24 Vgl.: BGBl. I 1985 S. 710

25 BGBl. I 2000 S. 1966

26 Vgl.: BGBl. I 2000 S. 1966

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Globaler Wettbewerb und Unsicherheiten beim Einstieg in den Arbeitsmarkt
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Soziologie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
29
Katalognummer
V17047
ISBN (eBook)
9783638217279
Dateigröße
1194 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich um eine examensrelevante Arbeit zum Thema Globalisierung und deren Folgen für den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Anhand von SOEP Datensätzen von 1984 - 1998 wurde eine repräsentative Studie mit TDA durchgeführt.
Schlagworte
Globaler, Wettbewerb, Unsicherheiten, Einstieg, Arbeitsmarkt
Arbeit zitieren
Tim Bischoff (Autor:in), 2002, Globaler Wettbewerb und Unsicherheiten beim Einstieg in den Arbeitsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17047

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