Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland

Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura


Fachbuch, 2011

152 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Eiszeitliche Raubkatzen im Eiszeitalter

Shuhei Tamura

aus Kanagawa in Japan gewidmet,

der den Autor

bei etlichen Buchprojekten

unterstützt hat.

Vorwort

Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland

Im Eiszeitalter (Pleistozän) vor etwa 2,6 Millionen Jahren bis vor ca. 10.700 Jahren lebten im Gebiet von Deutschland etliche große Raubkatzen. Durch Funde von Knochen und Zähnen sind Löwen, Jaguare, Säbelzahnkatzen, Dolchzahnkatzen, Leoparden, Geparden und Pumas nachgewiesen, die zu verschiedenen Zeiten und teilweise zusammen existierten. Am größten war der Mosbacher Löwe (Panthera leo fossilis) mit einer Gesamtlänge bis zu 3,60 Metern, der nach dem ehemaligen Dorf Mosbach zwischen Wiesbaden und Biebrich benannt ist. Besonders viele Reste hat man vom Höhlenlöwen (Panthera leo spelaea) entdeckt, der vor rund 300.000 Jahren aus dem Mosbacher Löwen hervorgegangen ist. Merklich seltener kamen offenbar Jaguare, Säbelzahnkatzen, Dolchzahnkatzen, Leoparden, Geparden und Pumas vor. Das Taschenbuch „Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland“ ist Shuhei Tamura aus Kanagawa in Japan gewidmet, der den Autor bei etlichen Buchprojekten unterstützt hat.

Der Mosbacher Löwe

Der Mosbacher Löwe (Panthera leo fossilis) trat im Eiszeitalter vor etwa 700.000 Jahren in Europa erstmals auf, wie ein Fund aus Isernia bei Molise in Italien belegt. Vor etwa 600.000 Jahren ist er aus den Mosbach-Sanden von Mosbach in Wiesbaden sowie aus den Mauerer Sanden von Mauer bei Heidelberg nachgewiesen. Originalfunde vom Mosbacher Löwen liegen im Naturhistorischen Museum Mainz, in der Universität Mainz, im Museum Wiesbaden und im Urgeschichtlichen Museum der Gemeinde Mauer.

Die erste wissenschaftliche Beschreibung des Mosbacher Löwen erfolgte 1906 durch den Mainzer Paläontologen Wilhelm von Reichenau (1847–1925). Ihm hatten Funde aus

Museen in Mainz (linker Unterkieferast und eine Elle aus Mosbach), Wiesbaden (eine Elle aus Mosbach), Darmstadt (linker Unterkieferast aus Mosbach) und Frankfurt am Main (rechter Unterkieferast aus Mosbach) sowie aus der Universität Heidelberg (linker Unterkieferast und ein rechter Oberkiefer-Reißzahn aus Mauer bei Heidelberg) vorgelegen. Diese Funde verglich er mit Resten von Höhlenlöwen aus Steeden an der Lahn sowie von heutigen Löwen und Tigern. Reichenau ordnete diese Funde einer fossilen Unterart

des Löwen namens „ Felis leo fossilis “ zu. Die heute gültige Bezeichnung für diese Unterart lautet Panthera leo fossilis.

Der Mosbacher Löwe wurde oft von Wissenschaftlern untersucht und teilweise unter anderen Namen beschrieben. Einer dieser Experten – nämlich der Berliner Paläontologe Wilhelm Otto Dietrich (1881–1964) – nannte ihn 1968 Panthera leo mosbachensis, was sich aber nicht durchsetzte. Auch der Name „Alt-Panther“ für den Mosbacher Löwen behauptete sich nicht.

Ein fast kompletter, etwa 43 Zentimeter langer Oberschädel eines Mosbacher Löwen wurde um 1885 in den Mauerer Sanden von Mauer bei Heidelberg entdeckt. Diesen Löwen-Oberschädel hat 1912 der Paläontologe Adolf Wurm (1886–1968) beschrieben. Bei dem Fundort handelte es sich um die Sandgrube Grafenrain, wo am 21. Oktober 1907 der Unterkiefer des Heidelberg-Menschen (Homo erectus heidelbergensis bzw. Homo heidelbergensis) zum Vorschein kam. Dieser Frühmensch gilt mit einem geologischen Alter von etwa 630.000 Jahren als der älteste bekannte Mitteleuropäer. Der Unterkiefer des Heidelberg-Menschen wird im Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Heidelberg aufbewahrt. Dort lag früher auch der Löwen-Oberschädel aus Mauer, bevor er 1982 anlässlich der 75. Wiederkehr der Entdeckung des Heidelberg-Menschen dem Urgeschichtlichen Museum der Gemeinde Mauer als Dauerleihgabe überlassen wurde.

Dass eine diesen ersten europäischen Löwen sehr nahe stehende Form schon viel früher existierte, zeigt die frappierende Formähnlichkeit eines Löwenunterkiefers aus den Mosbach-Sanden in Deutschland mit dem rund 1,75 Millionen Jahre alten Unterkiefer eines Löwen aus der Olduvai-Schlucht in Tansania (Afrika). Dieser frühe Löwe aus dem „Schwarzen Erdteil“ wird zur Unterart Panthera leo shawi gerechnet, die 1948 der südafrikanische Arzt und Paläontologe Robert Broom (1866–1951) beschrieben hat.

Noch mehr als die Mosbacher Teilfunde lässt der Löwenschädel aus Mauer bei Heidelberg erkennen, dass diese Tiere eine ursprünglichere Stufe der Hirnentwicklung als die meisten heutigen Löwen aufwiesen. Das Hirn des Mosbacher Löwen dürfte etwa dem des in freier Wildbahn und in unvermischter Form auch in Gefangenschaft ausgestorbenen Berberlöwen oder Atlaslöwen (Panthera leo leo) und dem des Indischen Löwen (Panthera leo goojratensis) oder Asiatischen Löwen (Panthera leo persica) entsprechen. Letztere beiden Löwen besitzen weniger Hirnmasse als Afrikanische Löwen (Panthera leo). Es scheint, als ob Löwen mit der geringeren Hirnentwicklung auch in ihrem Sozialverhalten noch weniger entwickelt waren als gegenwärtige Afrikanischen Löwen. Sie werden deshalb paarweise oder als Einzelgänger gelebt und gejagt haben. Sicherlich mussten sich die Großkatzen von Mosbach und Mauer wie die noch vor einigen Jahrzehnten im Atlasgebirge heimischen Berberlöwen auch bei Schnee, Frost und Eis behaupten.

Der Mosbacher Löwe gilt mit einer maximalen Gesamtlänge bis zu etwa 3,60 Metern als die größte Raubkatze in Deutschland und Europa. Seine Kopfrumpflänge betrug ca. 2,40 Meter, hinzu kam noch ein etwa 1,20 Meter langer Schwanz. Nur der Amerikanische Höhlenlöwe (Panthera leo atrox) mit einer maximalen Gesamtlänge von ungefähr 3,70 Metern übertraf die Maße des Mosbacher Löwen.

Der Mosbacher Löwe behauptete sich vermutlich bis vor schätzungsweise 300.000 Jahren. Aus ihm entwickelte sich der Europäische Höhlenlöwe (Panthera leo spelaea).

Alain Argant, Jacqueline Argant, Marcel Jeannet (alle drei aus Frankreich) und Margarita Erbajeva (Russland) haben 2007 in der Publikation „Courier Forschungs-Institut Senckenberg“ eine Karte veröffentlicht, auf der zahlreiche Fundorte des Mosbacher Löwen erwähnt sind:

Frankreich: Château, Aldène, Lunel-Viel,

Tautavel/Arago-Höhle, La Fage, Artenac

Spanien: Torralba-Ambrona, Atapuerca/Gran Dolina

Belgien: Sprimont/Belle-Roche

England: Westbury-sub-Medip, Boxgrove

Deutschland: Dechenhöhle, Mauer, Mosbach,

Heppenloch/Gutenberger Höhle, Weimar-Süßenborn,

Weimar-Taubach, Bilzingsleben, Moggaster Höhle,

Hunas/Hartmannshof

Österreich: Deutsch-Altenburg 1

Tschechien: Stránská skála

Ungarn: Várhegy, Vértesszölös II

Griechenland: Petralona, Megapolis

Moldawien: Tiraspol

Italien: Torre in Pietra, Isernia

Besonders viele Raubkatzen-Funde aus dem Eiszeitalter kamen in Château (Burgund) zum Vorschein. Dort hatte man 1863 bei Straßenbauarbeiten viele Knochen von Bären und Löwen entdeckt. 1968 wurde diese alte Fundstelle wieder aufgespürt. Zwischen 1997 und 2002 nahm der Paläontologe Alain Argant Grabungen vor. Zum Fundgut von Château gehören Fossilien vom Mosbacher Bären (Ursus deningeri), Etruskischen Wolf (Canis etruscus), Mosbacher Wolf (Canis lupus mosbachensis), ein komplettes Skelett mit Schädel vom Europäischen Jaguar (Panthera onca gombaszoegensis) sowie drei Schädel, sechs Kieferfragmente und ein Fuß vom Mosbacher Löwen (Panthera leo fossilis).

Begegnungen mit Mosbacher Löwen dürften vor rund 600.000 Jahren für unsere damaligen Vorfahren lebensgefährlich gewesen sein. Denn diese Frühmenschen verfügten – nach den Funden zu urteilen – noch über keine wirkungsvollen Waffen. Stoßlanzen und Wurfspeere standen vermutlich erst zwischen etwa 400.000 und 300.000 Jahren zur Verfügung, wie Funde von acht etwa 1,80 bis zu 2,50 Meter langen Speeren im Baufeld Süd des Braunkohletagebaus Schönfeld (Landkreis Helmstedt) in Niedersachsen belegen. Spätestens zwischen etwa 400.000 und 300.000 Jahren also hat sich die Lage zugunsten der Menschen verändert. Nun gehörte der Löwe zur Jagdbeute von Frühmenschen, wie als Speiseabfälle gedeutete Reste bei Ausgrabungen Frühmenschen, wie als Speiseabfälle gedeutete Reste bei Ausgrabungen in Bilzingsleben (Kreis Artern) in Thüringen bezeugen.

Der Europäische Höhlenlöwe

Der Europäische Höhlenlöwe (Panthera leo spelaea) existierte im Eiszeitalter vor etwa 300.000 bis 10.000 Jahren. Er erreichte eine Kopfrumpflänge von etwa 1,45 bis 2,20 Metern, wozu noch der Schwanz kam, sowie eine Schulterhöhe von etwa 0,90 bis 1,50 Metern. Das Gewicht der größten Höhlenlöwen wird auf mehr als 300 Kilogramm geschätzt. Heutige Löwen bringen es auf eine Kopfrumpflänge von etwa 1,90 Metern, wozu noch 0,90 Meter für den Schwanz hinzukommen, eine Schulterhöhe von etwa einem Meter und ein Gewicht von rund 175 Kilogramm. Ein in Siegsdorf (Kreis Traunstein) in Bayern entdeckter Höhlenlöwe hatte eine Kopfrumpflänge von etwa 2,10 Metern und eine Schulterhöhe von etwa 1,20 Metern.

Besonders viele Funde von Höhlenlöwen liegen aus dem Oberpleistozän (etwa 125.000 bis 11.700 Jahre) vor. Die meisten Reste von Höhlenlöwen wurden in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg entdeckt. Erlangen arbeitete, den Höhlenlöwen anhand eines Schädelfundes aus der Zoolithenhöhle im Wiesenttal von Burggaillenreuth bei Muggendorf in der Fränkischen Schweiz erstmals wissenschaftlich beschrieben. Goldfuß war ein besonders tüchtiger Gelehrter: Ihm ist die Entdeckung von etwa 200 Fossilien aus verschiedenen Fundstellen und Zeitaltern geglückt, die er wissenschaftlich untersuchte und publizierte.

Noch heute ist der so genannte Holotyp, nach dem der Europäische Höhlenlöwe (Panthera Dagegen hat man im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Bremen und in Mecklenburg-Vorpommern bisher keine Höhlenlöwen gefunden. Fossilien von Höhlenlöwen werden in zahlreichen deutschen Museen aufbewahrt.

Der Arzt und Naturforscher Georg August Goldfuß (1782–1848) hat 1810, als er noch in leo spelaea) erstmals beschrieben worden ist, im Museum für Naturkunde Berlin der Humboldt-Universität vorhanden. Nach Erkenntnissen des Paläontologen Cajus G. Diedrich aus Halle/Westfalen handelt es sich dabei um den recht großen Schädel eines erwachsenen männlichen Höhlenlöwen. Der 40,2 Zentimeter lange Schädel stammt aus der Würm-Eiszeit (etwa 115.000 bis 11.700 Jahre).

Der Holotyp des Höhlenlöwen aus der Zoolithenhöhle wurde aus Teilen von mindestens zwei Tieren zusammengesetzt, fand Diedrich heraus. So ist der linke Oberkieferast rund drei Zentimeter kürzer und auch, was seine Proportionen anbetrifft, merklich schlanker als der rechte. Offenbar stammt der rechte Oberkieferast mit einem großen Eckzahn von einem Männchen, der linke dagegen von einem Weibchen.

Die Zoolithenhöhle wurde durch Unmengen fossiler Tierknochen berühmt. Dort fand man Reste von schätzungsweise etwa 800 Höhlenbären (Ursus spelaeus), aber auch zahlreichen Höhlenhyänen (Crocuta crocuta spelaea) und ungewöhnlich vielen Höhlenlöwen. Dieser Fundreichtum bewog den evangelischen Pfarrer Johann Friedrich Esper (1732–1781) aus Uttenreuth bei Erlangen, der 1771 seine erste Erkundungsreise in die geheimnisvolle Unterwelt unternommen hatte, die Höhle als „Kirchhof unter der Erde“ zu bezeichnen.

Zur Zeit von Pfarrer Esper wurden in der Zoolithenhöhle erstaunlich viele Reste von Höhlenlöwen geborgen. Nach Angaben der Paläontologin Brigitte Hilpert vom Geozentrum Nordbayern, Fachgruppe PaläoUmwelt, in Erlangen hat man dort Fossilien von rund 25 Höhlenlöwen gefunden. Bei Grabungen ab 1971 kamen noch einige Schädel-, Kiefer- und Skelettreste dazu. Nirgendwo in der Welt sind mehr Höhlenlöwen entdeckt worden als in der Zoolithenhöhle!

Während bei den Mosbacher Löwen nie bezweifelt wurde, dass es sich um Überreste von Löwen handelt, hielt man anfangs die Höhlenlöwen aus dem Oberpleistozän (etwa 127.000 bis 11.700 Jahre) oft für Tiger und nannte sie „Höhlentiger“. Dies lag daran, dass die Höhlenlöwen in dem einen oder anderen Merkmal dem Erscheinungsbild von Tigern ähnelten. Noch immer befinden sich in vielen Museen der Welt fehlbestimmte fossile „Tiger“. Inzwischen kennen aber erfahrene Zoologen am Schädelknochen unter anderem einige sogar mit den Fingern ertastbare Nervenlöcher und Muskelansätze, die optisch nicht so sehr ins Gewicht fallen, an denen sich aber Löwe und Tiger sicher unterscheiden lassen.

2004 gelang es einem deutschen Forscherteam um den Geoarchäologen Wilfried Rosendahl (Mannheim), den Biologen Joachim Burger (Mainz) und den Zoologen Helmut Hemmer (Mainz), durch einen DNA-Test den Höhlenlöwen eindeutig als Unterart der Art Panthera leo zu identifizieren. Damit wurde ein seit der Erstbeschreibung von 1810 durch Goldfuß bestehender Streit endgültig entschieden, ob es sich bei den Fossilien um Reste eines Löwen oder eines Tigers handelt. Für diese aufsehenerregende Erbgutanalyse (DNA-Test) hatte man Höhlenlöwenfossilien aus Siegsdorf in Bayern (etwa 47.000 Jahre alt) und aus der Tischoferhöhle bei Kufstein in Tirol (etwa 31.000 Jahre alt) verwendet. Die Analyse belegte auch, dass der Höhlenlöwe keinerlei Beziehungen zu Löwen aus der Gegenwart aufweist.

Heute geht man davon aus, dass die eiszeitlichen Löwen des

Nordens einen eigenen Rassekreis bilden, dem die Löwen Afrikas und Südasiens gegenüberstehen. Zur so genannten spelaea-Gruppe gehören der Mosbacher Löwe (Panthera leo fossilis), der Europäische Höhlenlöwe (Panthera leo spelaea), der Beringia-Höhlenlöwe bzw. Ostsibirische Höhlenlöwe (Panthera leo vereshchagini) und der Amerikanische Höhlenlöwe bzw. Amerikanische Löwe (Panthera leo atrox). Diese beiden Rassekreise sollen sich vor etwa 600.000 Jahren auseinander entwickelt haben.

Der Amerikanische Höhlenlöwe wurde bereits 1853 von dem amerikanischen Forscher Joseph Leidy (1823–1891) anhand eines Unterkiefer-Fundes aus Natchez (Missisippi) als Löwe (Felis atrox) beschrieben. Dies war die erste wissenschaftliche Beschreibung des Amerikanischen Höhlenlöwen, der in der Folgezeit von anderen Autoren unter verschiedenen wissenschaftlichen Namen beschrieben wurde. Zeitweise verkannte man ihn sogar als Riesenjaguar. Heute noch wird diskutiert, ob der Amerikanische Höhlenlöwe eine Unterart (Panthera leo atrox) oder eine Art (Panthera atrox) ist. Der Amerikanische lebte im Eiszeitalter vor etwa 100.000 bis 10.000 Jahren in Nord- und Südamerika.

Der Ostsibirische Höhlenlöwe bzw. Beringia-Höhlenlöwe (Panthera leo vereshchagini) wurde erst 2001 von den russischen Forschern Gennady F. Baryshnikov und Gennady Boeskorov erstmals wissenschaftlich beschrieben und somit der Fachwelt bekannt. Baryshnikov leitet das „Faunas Department“ am „Zoological Institute of Russian Academy of Sciences“ in St. Petersburg und ist Spezialist für Säugetiere aus dem Quartär (etwa 2,6 Millionen Jahre bis heute). Boeskorov wirkt am „Mammoth Museum of the Institute of Applied Ecology of the Academy of Sciences of The Sakha Republic (Yakutia)“ in Jakutsk. Der Ostsibirische Höhlenlöwe existierte im Eiszeitalter vor etwa 40.000 bis 10.000 Jahren in Nordostasien und auf Beringia.

Der Wortteil Beringia im Begriff Beringia-Höhlenlöwe erinnert an eine Landbrücke im Eiszeitalter zwischen Sibirien (Russland) und Alaska (USA). Mit dem Artnamen vereshchagini wird der russische Wissenschaftler Nikolai K.Vereshchagin, der sich um die Erforschung fossiler Raubkatzen verdient gemacht hat, geehrt. Vereshchagin wirkte am „Zoological Institute of Russian Academy of Sciences“ in St. Petersburg.

Eigentlich tragen die Höhlenlöwen einen falschen Namen. Diesen verdanken sie dem Umstand, dass ihre Knochenreste häufig in Höhlen entdeckt wurden. In Wirklichkeit waren diese Löwen aber Tiere der Steppe, der Busch- und Waldtundra und in Gebieten mit Höhlen genauso verbreitet wie in Landschaften ohne Höhlen.

Anders als Höhlenbären und Höhlenhyänen haben Höhlenlöwen vermutlich nur selten Höhlen als Versteck aufgesucht. Wahrscheinlich kamen vor allem geschwächte, kranke oder alte Höhlenlöwen in solche natürlichen Unterschlüpfe und suchten dort Schutz oder einen ruhigen Platz zum Sterben. Womöglich dienten Höhlen auch als Unterschlupf für Löwinnen, die dort ihren Nachwuchs zur Welt brachten und in der ersten Zeit aufzogen. Teilweise sind Höhlenlöwen wohl durch Höhlenhyänen, denen sie zum Opfer gefallen waren, in Höhlen verschleppt worden.

Sogar in hochgelegenen alpinen Höhlen von Italien, Österreich und der Schweiz hat man Reste von Höhlenlöwen entdeckt. An erster Stelle ist hier die in etwa 2800 Meter Höhe liegende Conturineshöhle in Südtirol (Italien) zu nennen.

Fundorte des Europäischen Höhlenlöwen

Baden-Württemberg

Aufhausener Höhle bei Geislingen an der Steige (Kreis Aalen)

auf der Schwäbischen Alb

Bärenhöhle bei Sonnenbühl-Erpfingen (Kreis Reutlingen) auf der Schwäbischen Alb

Bocksteinschmiede im Lonetal bei Rammingen (Alb-Donau-Kreis)

Brühl (Rhein-Neckar-Kreis)

Göpfelsteinhöhle bei Veringenstadt (Kreis Sigmaringen)

Große Grotte im Blautal bei Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis)

Gutenberg-Höhle bei Lenningen im Ortsteil Gutenberg (Kreis

Esslingen) auf der Schwäbischen Alb:

Heitersheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald)

Hohlenstein-Stadel im Lonetal bei Asselfingen (Alb-Donau-Kreis)

Huttenheim, ein Stadtteil von Philippsburg im Kreis Karlsruhe

Kogelstein bei Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis)

Steinheim an der Murr (Kreis Ludwigsburg)

Stuttgart-Bad Cannstatt

Stuttgart-Zuffenhausen

Sibyllenhöhle (auch Sibyllenloch) auf der Teck (Kreis Esslingen):

Bayern

Bärenhöhle bei Neukirchen-Lockenricht (Kreis Amberg-Sulzbach)

nahe Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz

Breitenfurter Höhle (auch Pulverhöhle oder Gampelberghöhle genannt) in Breitenfurt (Kreis Eichstätt) in Oberbayern,

Breitenwinner Höhle bei Velburg (Kreis Neumarkt) in der Oberpfalz

Buchberghöhle bei Münster (Kreis Straubing-Bogen) nördlich von Straubing in Niederbayern

Fuchsenloch bei Siegmannsbrunn (Kreis Bayreuth) unweit von Pottenstein in Oberfranken

Geisloch bei Oberfellendorf im Markt Wiesenttal-Muggendorf

(Kreis Forchheim) in Oberfranken

Gentner-Höhle von Weidelwang bei Pegnitz (Kreis Bayreuth) in Oberfranken

Goldberg bei Nördlingen (Kreis Donau-Ries) in Schwaben

Große Ofnet bei Nördlingen-Holheim (Kreis Donau-Ries) in Schwaben

Großes Hasenloch im Oberen Püttlachtal bei Pottenstein (Kreis Bayreuth) in Oberfranken

Großes Schulerloch (Kreis Kelheim) in Niederbayern

Höhle am Gerlesberg bei Donauwörth (Kreis Donau-Ries) in Schwaben

Höhle in der Waldabteilung Hochgereut bei Kelheim (Kreis Kelheim) in Niederbayern

Hohler Fels bei Happurg (Kreis Nürnberger Land) in Mittelfranken

Kemnathenhöhle bei Kemathen (Kreis Eichstätt) im Altmühltal in Oberbayern

Kirchenweghöhle oder Krämershöhle bei Oberfellendorf (Kreis Forchheim) in Oberfranken

Langental im Markt Wiesenttal (Kreis Forchheim) in Oberfranken

Moggaster Höhle in Ebermannstadt (Kreis Forchheim) in Oberfranken

Höhle im Steinbruch Lobsing bei Neustadt/Donau (Kreis Kelheim) in Niederbayern

Petershöhle bei Velden im Viehtriftberg (Kreis Nürnberger Land) in Mittelfranken

Räuberhöhle (auch Waltenhofer Höhle) am Schelmengraben bei Waltenhofen unweit von Sinzing (Kreis Kelheim) in Niederbayern

Siegsdorf (Kreis Traunstein) im Chiemgau in Oberbayern

Sophienhöhle bzw. Klaussteinhöhlen-Komplex im Ailsbachtal

bei der Gemeinde Ahorntal (Kreis Bayreuth) nahe Burg Rabenstein unweit von Waischenfeld in der Fränkischen Schweiz in Oberfranken

Steinberg-Höhlenruine oberhalb des Weilers Hunas bei Hartmannshof (Kreis Nürnberger Land) in Mittelfranken

Weinberghöhlen im Wellheimer Tal (Urdonautal) bei Mauern

(Kreis Neuburg-Schrobenhausen) in Oberbayern

Zoolithen-Höhle oder Gaillenreuther Höhle im Wiesenttal von

Burggaillenreuth bei Muggendorf (Kreis Forchheim) in der

Fränkischen Schweiz (Oberfranken)

Rheinland-Pfalz

Roxheim nördlich Frankenthal (Rhein-Pfalz-Kreis)

Schweinskopf-Karmelenberg im Brohltal (Kreis Ahrweiler)

nördlich des Laacher Sees in der Osteifel

Wallertheim (Kreis Alzey-Worms) in Rheinhessen

Hessen

Breitscheid-Erdbach (Lahn-Dill-Kreis) im Westerwald

Hessenaue (Kreis Groß-Gerau) bei Darmstadt

Riedstadt-Erfelden (Kreis Groß-Gerau)

Villmar (Kreis Limburg-Weilburg)

Wiesbaden (Wiesbaden-Schierstein, Biebricher Allee, Mosbach-Sande

Wildscheuerhöhle bei Runkel-Steeden (Kreis Limburg-Weilburg)

[...]

Ende der Leseprobe aus 152 Seiten

Details

Titel
Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland
Untertitel
Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura
Autor
Jahr
2011
Seiten
152
Katalognummer
V172682
ISBN (eBook)
9783640928422
ISBN (Buch)
9783640928545
Dateigröße
20657 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
eiszeitliche, raubkatzen, deutschland, zeichnungen, shuhei, tamura
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172682

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Titel: Eiszeitliche Raubkatzen in Deutschland



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