Leseprobe
Die vorliegende Arbeit von Frau Schmidt über die chinesischen Seestreitkräfte greift eine Thematik von hoher Brisanz und aktueller Bedeutung auf. Es geht dabei um nicht weniger als die Untersuchung des militärstrategischen Verhaltens der neuen Weltmacht China als Resultat einer erfolgreich verlaufenden Reform- und Öffnungspolitik, die mit der weltweiten Globalisierung untrennbar verbunden ist.
Bereits in den 70iger Jahren betonte der damalige chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Bedeutung der Modernisierung des Militärs im Rahmen der Vier Modernisierungen, an denen die VR China bis heute festhält. Allerdings bestand in den 70iger Jahren auf Grund der bipolaren Weltordnung wenig Raum zur Entwicklung neuer militärstrategischer Zielstellungen. Zudem verhinderte die außenpolitische Abschottung, die Dominanz innenpolitischer Aufgabenstellungen und die wirtschaftliche Schwäche Chinas die Umsetzung der damaligen Zielstellung.
Diese Situation änderte sich im Zuge der seit 1978 propagierten Reform- und Öffnungspolitik. Die allmähliche Auflösung der bipolaren Weltordnung und der Aufstieg Chinas zur Wirtschaftsmacht eröffneten Freiräume für neue strategische Zielsetzungen, die durch den Aufbau einer modernen und schlagkräftigen Armee realisierbar schienen. Folglich wandte der chinesische Staat der Reform des Militärs seit den 90iger Jahren besondere Aufmerksamkeit zu, wobei beide von den USA geführten Golfkriege als Katalysator verstanden werden können.
Innerhalb der militärischen Modernisierungskonzeption spielt die Entwicklung der Seestreitkräfte zunehmend die entscheidende Rolle. Die Arbeit von Frau Schmidt trägt dieser Tatsache Rechnung: Das Ziel der Arbeit besteht darin, Ursachen und Konsequenzen der Flottenrüstung vor dem Hintergrund militärpolitischer, wirtschaftspolitischer und außenpolitischer Zielstellungen der VR China zu untersuchen. Um es vorweg zu nehmen, diese Aufgabe hat die Autorin mit Bravour gelöst.
Ausgehend von einer nicht zu lang geratenen Darstellung der Rolle der Seestreitkräfte in der chinesischen Geschichte diskutiert die Autorin zunächst den Begriff der Seemacht in bezug auf China. Die Feststellung, daß China in historischer Hinsicht auf Grund seiner Landorientierung bei defensiver Verteidigung der Küstengewässer nur bedingt als Seemacht zu bezeichnen ist, unterstreicht, daß die Anstrengungen Chinas im 21. Jahrhundert zur Seemacht aufzusteigen durchaus als ein Novum der chinesischen Geschichte zu interpretieren ist, sieht man von den offensiv vorgetragenen Seeexpeditionen des frühen 15. Jahrhunderts einmal ab.
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- Arbeit zitieren
- Jennifer Schmidt (Autor:in), 2011, Die chinesischen Seestreitkräfte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178593
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