Rohstoffpolitik in der Bundesrepublik Deutschand

Aktuelle Rohstoffsituation und Neuausrichtung der deutschen Rohstoffpolitik


Masterarbeit, 2010

96 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungen und Tabellen

1. Einleitende Bemerkungen
1.1. Rahmenbedingungen und geographischer Überblick
1.2. Rohstoffe im historischen Rückblick

2. Deutschlands Rohstoffsituation
2.1. Einleitende Bemerkungen und Abgrenzung
2.2. Abhängigkeit und Bedeutung von Rohstoffen für Deutschland
2.2.1. Energie als Grundlage von Wirtschaft und Gesellschaft
2.2.2. Metallische Rohstoffe und wirtschaftliche Entwicklung
2.3. Die deutsche Rohstoffsituation bei ausgewählten Rohstoffen
2.3.1. Situation im Bereich der Energierohstoffe
2.3.1.1. Erdöl: Eigenförderung, Herkunftsländer, Nutzung und Perspektiven
2.3.1.2. Erdgas: Transport, Lieferländer und Nutzung
2.3.1.3. Kohle: Förderung, deutsche Kohleproduktion und Herkunftsländer
2.3.1.4. Uran: Verbrauch, Herkunft und weltweite Produktion
2.3.2. Situation bei ausgewählten metallischen Rohstoffen
2.3.2.1. Eisen: Herkunftsländer, Markt, Anwendungsgebiete und Reserven
2.3.2.2. Aluminium: Produktion, Importländer, Nutzung und vorhandene Reserven
2.3.2.3. Kupfer: Deutscher Import, Produktionsländer, industrieller Einsatz und Reserven 37
2.3.2.4. Blei: Globale Förderung, Herkunft, Anwendung in der Industrie und Reserven 38
2.3.2.5. Zink: Produktion, Lieferländer, Nutzungsmöglichkeiten in der Industrie und Reserven 40
2.3.2.6. REE: Globale Produktion, Herkunft und Nutzungsmöglichkeiten
2.4. Energierohstoffe – ein Fazit
2.5. Mineralische Rohstoffe – ein Fazit

3. Rohstoffpolitik in der Bundesrepublik Deutschland
3.1. Rohstoffsituation und Schlussfolgerung der Politik
3.2. Die Rohstoffpolitik deutscher Unternehmen im In- und Ausland
3.2.1. Rohstoffpolitische Ziele deutscher Unternehmen
3.2.2. Deutsche Unternehmen in der internationalen Rohstoffwirtschaft
3.2.3. Mittel und Wege unternehmensinterner Rohstoffpolitik
3.2.4. Die Interessensartikulation in der deutschen Rohstoffpolitik
3.3. Die rohstoffpolitischen Ziele der Bundesrepublik Deutschland
3.4. Die Entwicklung und Konzeption der deutschen Rohstoffstrategie
3.5. Das Energiekonzept der Bundesregierung
3.6. Die Neuausrichtung der deutschen Rohstoffpolitik im Kontext der einzelnen Politikfelder 58
3.6.1. Deutsche Sicherheitspolitik und Rohstoffversorgung
3.6.1.1. Rohstoffpolitik und deutsche Sicherheitspolitik
3.6.1.2. Die Bedeutung von Rohstoffen in der künftigen Sicherheitspolitik
3.6.2. Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftspolitik
3.6.2.1. Einfluss der Rohstoffpolitik auf die bisherige Wirtschaftspolitik
3.6.2.2. Wirtschaftspolitische Implikationen durch die Weiterentwicklung der deutschen Rohstoffpolitik
3.6.3. Umweltpolitik
3.6.3.1. Rohstoffe und Umweltpolitik
3.6.3.2. Die Umweltpolitik vor dem Hintergrund der aktuellen und künftigen deutschen Rohstoffpolitik
3.6.4. Bildungs- und Forschungspolitik
3.6.4.1. Bildungs- und Forschungspolitik und Rohstoffe
3.6.4.2. Die neue bildungs- und forschungspolitische Ausrichtung durch die Rohstoffstrategie und das Energiekonzept
3.6.5. Entwicklungspolitik
3.6.5.1. Rohstoffpolitische Aspekte der bisherigen Entwicklungspolitik
3.6.5.2. Künftige Vernetzung zwischen Rohstoff- und Entwicklungspolitik
3.6.6. Außenpolitik
3.6.6.1. Rohstoffe in der deutschen Außenpolitik
3.6.6.2. Die Beziehung zu einzelnen Regionen vor dem Hintergrund einer künftigen deutschen Rohstoffaußenpolitik

4. Fazit und Ausblick

Bibliographie

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Marktstruktur und Anteil an der Gesamtproduktion

Abbildung 2: Wirtschaftswachstum und Verbrauch ausgewählter Metalle

Abbildung 3: Rohstoffeinfuhren 2007 und Anteile der einzelnen Rohstoffgruppen an den Gesamteinfuhren

Abbildung 4: Entwicklung der Reserven und der Förderung sowie geschätzte Ressourcen von Großbritannien und Norwegen Ende 2007

Abbildung 5: Globale Förderung und Verbrauch von Uranbrennstoffen 1950 - 2005

Abbildung 6: Import- und Exportanteile ausgewählter Rohstoffe am Nettoverbrauch in Deutschland

Abbildung 7: Herkunftsländer für in Deutschland benötigte Rohstoffe

Abbildung 8: Durchschnittspreise und Lagerbestände von Aluminium

Abbildung 9: Durchschnittspreise und Lagerbestände von Kupfer

Abbildung 10: Durchschnittspreise und Lagerbestände von Blei

Abbildung 11: Durchschnittspreise und Lagerbestände von Zink

Tabelle 1 : Durchschnittsverbrauch ausgewählter Rohstoffe in einem Lebensalter (Alter 80 Jahre, Datenbasis 2008)

Abbildung 12: Anteil von mineralischen und energetischen Rohstoffen am Export (Angaben in Prozent)

1. Einleitende Bemerkungen

„Eine gesicherte Rohstoffversorgung ist allerdings nicht nur von der geologisch-tech­nischen Verfügbarkeit abhängig, sondern mehr noch von wirtschaftlichen, institutionellen und rechtlichen Randbedingungen. Allgemein kann man sagen, daß die freie Marktwirt­schaft sich auch diesbezüglich als sehr erfolgreich erwiesen hat. Trotzdem ist die Ver­fügbarkeit aller benötigten Rohstoffe keine Selbstverständlichkeit. Sie muss durch geo­wissenschaftlich- technologische Fortschritte ebenso wie durch politische und wirtschaft­liche Planung auf nationalem und internationalem Niveau andauernd neu gewährleistet werden.“ (Pohl, 2005: S. 334)

Eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung ist ein wichtiges Ziel moderner Volkswirtschaften. Mit dem Aufstieg einzelner Entwicklungs- und Schwellenländern nach dem Ende der Bipolarität haben sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Rohstoffsektor gravierend gewandelt. Waren vor zwei Jahrzehnten vor allem die Industrieländer die größten Konsumenten für energetische und metallische Rohstoffe, so haben sich die großen Schwellenländer China, Indien, Brasilien und eine ganze Reihe weiterer Staaten in dieser Zeit ebenfalls zu bedeutenden Importeuren dieser Rohstoffe entwickelt. Der Nachfrageüberhang ist seitdem an einem deutlichen Preisanstieg an den Rohstoffmärkten abzulesen. Um die Versorgung der eigenen Wirtschaft aufrechtzuerhalten und darüber hinaus global wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen alle Länder mit unzureichender eigener Förderung und deren Wirtschaftsunternehmen Strategien und Pläne entwickeln, die den zu erwartenden weiteren Preisanstieg im Rohstoffsegment abdämpfen können. Deutschland als große Wirtschaftsmacht und als bedeutender Rohstoffimporteur ist von dieser Thematik besonders betroffen.

Mit dem ökonomischen Fortschritt und der fortschreitenden Technisierung sowie der Industrialisierung nimmt auch der Verbrauch von Rohstoffen in den sich entwickelnden Volkswirtschaften zu. Daneben haben noch andere Faktoren z. T. erhebliche Auswirkungen auf die Quantität und Qualität der verfügbaren Ressourcen. Bevölkerungswachstum, ökologische Aspekte, Erschöpfung von Rohstoffquellen, Naturkatastrophen und nicht zuletzt politische Einflüsse haben große Auswirkungen auf den globalen Rohstoffmarkt. Dieser Markt hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls stark gewandelt. Große multinationale Konzerne haben ebenso Einfluss auf die Preisentwicklung wie staatliche oder staatlich kontrollierte Unternehmen. Darüber hinaus wurden die Rohstoffmärkte von einer ganzen Reihe von Investoren als Investitionsziele entdeckt.

Die Beschaffung von Rohstoffen und die Sicherung einer langfristigen Verfügbarkeit entwickeln vor dem globalen Hintergrund eine neuartige Brisanz. Allerdings sind nicht nur die Preise und der Zugang zu Rohstoffen entscheidend, sondern auch das politische Gewicht, dass mit der Kontrolle über die Vorkommen verbunden ist. Rohstoffe entwickeln sich zunehmend zu geopolitisch bedeutenden Faktoren, die in der Lage sind, die augenblickliche internationale Machtbalance zu verändern. Alle diese Aspekte haben erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der deutschen Energie- und Rohstoffversorgung.

Die Bundesrepublik Deutschland gehört weltweit zu den größten Importeuren von mineralischen und energetischen Rohstoffen. Zwar können wichtige Grundstoffe für die Bauindustrie und für die Kali- und Salzproduktion aus heimischen Quellen gedeckt werden, dennoch ist die BRD vor allem in den wichtigen Bereichen der energetischen und mineralischen Rohstoffe auf Importe angewiesen. Allerdings sind nicht nur die Quellen für die BRD von großer Wichtigkeit, sondern auch der ungehinderte Zugang und der sichere und störungsfreie Transport. Durch die Intensivierung der Globalisierung nach dem Ende des Kalten Krieges haben sich für die deutsche Rohstoff- und Energieversorgung neue Herausforderungen ergeben. Diesen Herausforderungen bemühen sich sowohl die deutsche als auch die europäische Politik gerecht zu werden. Ergebnisse dieser Anstrengungen sind unter anderem auf nationaler Ebene das Energiekonzept und die Rohstoffstrategie der Bundesregierung vom Herbst 2010 und auf europäischer Ebene die Europäische Rohstoffinitiative. Die Konzepte und Initiativen gewinnen vor allem vor dem Hintergrund protektionistischer Maßnahmen und dem erneuten Anstieg der Metall- und Energiepreise nach Ende der Wirtschaftskrise immer mehr an Bedeutung. Aktuell liegt der Fokus der Öffentlichkeit allerdings weniger auf den Basismetallen wie Eisen, Kupfer, Aluminium, Blei und Zink, sondern vor allem auf den Mineralien, die in den sog. Seltenen Erden angereichert sind. Diese Mineralien haben erhebliche Bedeutung für die Entwicklung künftiger Spitzentechnologien. Die künstliche Verknappung von Seiten der chinesischen Regierung wird daher von vielen westlichen Staaten als Bedrohung der Versorgungssicherheit angesehen.

Die vorliegende Arbeit will die Thematik der deutschen Rohstoffpolitik genauer betrachten. In einem ersten Schritt werden die geographische Lage der BRD und die aktuellen rohstoffpolitischen Rahmenbedingungen vorgestellt. Anschließend folgt ein kurzer historischer Rückblick auf die deutsche Rohstoffsituation und Rohstoffpolitik. Im zweiten Abschnitt der Arbeit soll dann die Rohstoffsituation der BRD herausgearbeitet werden. In welchen Bereichen sind wir auf Importe angewiesen und aus welchen Regionen und Ländern der Erde kommen die benötigten Rohstoffe? Grundlage dieser Ausarbeitung sind vor allem verschiedene Studien des BGR. Diese Bundesanstalt arbeitet eng mit verschiedenen nationalen und internationalen Forschungsinstituten zusammen und ist auch für die Konzeption und Einrichtung der deutschen Rohstoffagentur zuständig. Weitere Aspekte in diesem Teil der Arbeit sind die Anwendungsgebiete und die Preisentwicklung der ausgewählten Rohstoffe sowie eine Abschätzung der aktuellen Reservesituation.

Im dritten Abschnitt der Arbeit wird zuerst die derzeitige Rohstoffpolitik deutscher Unternehmen dargestellt. Ziel ist es, herauszufinden, in welchen Umfang die deutsche Wirtschaft bereits heute aktiv Rohstoffpolitik betreibt und welcher Situation sie sich auf den globalen Rohstoffmärkten stellen müssen. Darüber hinaus soll herausgearbeitet werden, welche konkreten Forderungen die deutsche Industrie für die künftige Rohstoffpolitik der Bundesrepublik entwickelt hat und welchen Einfluss sie über Interessenverbände auf die Ausgestaltung der deutschen Politik nehmen kann. Anschließend wird die deutsche Rohstoffpolitik einer genaueren Analyse unterzogen. Dazu werden die Ziele der deutschen Rohstoffpolitik definiert und die neue Rohstoffstrategie und das Energiekonzept der Bundesregierung kurz vorgestellt. Danach soll die bisherige Rohstoffpolitik einzelner relevanter Politikfelder diskutiert und unter dem Blickwinkel der neuen Rohstoffstrategie und des neuen Energiekonzeptes der Bundesregierung genauer betrachtet werden. Dieser Abschnitt beruht zum einen auf der ressortübergreifenden Rohstoffstrategie vom Oktober 2010 und dem Energiekonzept der Bundesregierung vom September 2010, zum anderen aber auch auf Studien und Konzepten, die die einzelnen Ressorts bereits in den vergangenen Jahren zum Thema Rohstoffpolitik erarbeitet haben. Ziel der Arbeit ist es herauszuarbeiten, inwieweit sich die deutsche Rohstoffpolitik im Zuge der Rohstoffhausse verändert hat und welche Maßnahmen die Politik ergreifen will, um die künftige Versorgungssicherheit der BRD zu gewährleisten.

1.1. Rahmenbedingungen und geographischer Überblick

Die Bundesrepublik Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft und die zweitgrößte Exportnation der Erde (vgl. Statisches Bundesamt, 2010: S. 725 und 712). Die erhebliche Prosperität und den bisherigen wirtschaftlichen Erfolg hat die BRD nicht zuletzt auch günstigen und gut verfügbaren Grund- und Rohstoffen zu verdanken. Alle volkswirtschaftlichen Bereiche basieren auf der Verfügbarkeit von energetischen und mineralischen Rohstoffen. Allerdings wird ein großer Teil der Rohstoffe nicht mehr in der Bundesrepublik selbst produziert. War Deutschland und Europa bis weit ins 20. Jahrhundert weitgehend autark bezüglich der Rohstoffversorgung, so mussten in den vergangenen Jahren die deutschen und auch eine große Zahl von europäischen Förderstätten aufgrund Erschöpfung oder Unwirtschaftlichkeit schließen (vgl. Walther/ Dill, 1995: S. 410f.). Auch der wirtschaftliche Aufschwung, der zunehmende Freihandel, die sinkenden Transportkosten und die Fortschritte bei der technischen Entwicklung seit den 1950er Jahren haben zu einer zunehmenden Verlagerung der Grundstoffproduktion beigetragen (vgl. Kulke, 2008: S. 83ff. und 93ff.).

Die BRD verfügt auf ihrem Staatsgebiet nur über eine geringe Menge an qualitativ hochwertigen mineralischen und energetischen Rohstoffen. Dies ist zum einen der geologischen Struktur der BRD geschuldet, zum anderen aber auch die Folge von intensiver Nutzung seit Beginn der Metallbearbeitung. Die Vorkommen an mineralischen und energetischen Ressourcen in Deutschland sind daher im Vergleich zu anderen Regionen der Erde bereits weitgehend aufgebraucht bzw. nicht mehr wirtschaftlich zu fördern (vgl. Walther/ Dill, 1995: S. 410f).

Die globale Rohstoffwirtschaft ist gekennzeichnet durch lange Phasen niedriger Preise und kurzen Phasen von extremen Preisausschlägen. Diese Phasen, sog. Rohstoffzyklen, lassen sich durch das Zusammenspiel von Produktion und Nachfrage erklären[1]. Da der derzeitige Rohstoffzyklus bereits seit 2001 anhält und auch nicht durch die Wirtschafts- und Finanzkrise nachhaltig und dauerhaft beendet werden konnte, spricht man angesichts der Rohstoffhausse seit 2001 von einem Superzyklus[2] (vgl. BGR, 2008: S. 11). Die Entwicklung neuer Förderkapazitäten kann heute kaum mit der Nachfrage nach Rohstoffen mithalten. Aus diesem Grund gehen viele Beobachter und Akteure an den Rohstoffmärkten von einem weiteren Andauern der Hochpreisphase aus.

Die geographische Lage Deutschlands ist bei der Versorgung mit Rohstoffen von großer Bedeutung. Durch ihre zentrale Lage in Mitteleuropa ist die BRD ein wichtiges Bindeglied beim innereuropäischen Rohstoffhandel. Während die Energierohstoffe Gas und Öl fast ausschließlich per Pipeline nach Deutschland transportiert werden, werden die Metallrohstoffe in den großen Seehäfen umgeladen. Anschließend finden sie per Lastschiff oder Bahn den Weg zu ihrem Bestimmungsort. Um Transportkosten zu minimieren, haben die weiterverarbeitenden Industrien ihren Standort häufig in der Nähe der großen Häfen bzw. unmittelbar an großen Binnenwasserstraßen. Diese geographische Konzentration in bestimmten Regionen hat Auswirkungen auf die Entwicklung der lokalen und regionalen Wirtschaft und auf die Vernetzung zwischen den Anliegen der importierenden Unternehmen und der Politik.

1.2. Rohstoffe im historischen Rückblick

Auf dem Staatsgebiet der heutigen BRD wurden schon zu Beginn der Metallverarbeitung Rohstoffe gewonnen und verarbeitet. Wichtige Gebiete hierfür waren vor allem die deutschen Mittelgebirge[3] (vgl. Walther/ Dill, 1995: S. 410ff.). Während des gesamten Mittelalters und während der Neuzeit konnte die Bevölkerung ihren Bedarf an Energie- und Metallrohstoffen aus ihrer unmittelbaren Umgebung decken. Erst mit der Einführung der Dampfmaschine und dem Beginn der Schwerindustrie im 19. Jahrhundert entwickelten sich Wirtschaftszweige, die ihren Rohstoffbedarf nicht mehr aus der nächsten Umgebung decken konnten und für ihren Energiebedarf auf fossile Brennstoffe zurückgriffen. Eisen und Kohle wurden nun zu bedeutenden Standortfaktoren und brachten einigen Regionen erhebliche wirtschaftliche Entwicklung[4] (vgl. Walther/ Dill, 1995: S. 412ff.).

Schon Ende des 19. Jahrhunderts musste das Deutsche Reich erhebliche Mengen seiner Rohstoffe einführen und war damit abhängig von ausländischen Importen. Durch die Blockadepolitik der Alliierten im Ersten Weltkrieg und isolationistische sowie protektionistische Tendenzen in der Nachkriegszeit verlor das Deutsche Reich wichtige Handelspartner und Rohstoffquellen[5]. Ein weiterer Rückschlag für die deutsche Industrie war dann der Vertrag von Versailles, der dem Deutschen Reich drei Viertel der Eisenerzlagerstätten und ein Viertel der Steinkohlevorkommen nahm und die deutsche Eisen- und Stahlindustrie zu höheren Importen zwang (vgl. Weichlein, 2004: S. 103).

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die deutsche Politik daher auf eine möglichst große Autarkie im Bereich der Grundstoffproduktion bedacht. So versuchte sowohl die Weimarer Republik als auch das nachfolgende nationalsozialistische Regime die Nahrungs- und Rohstoffabhängigkeit vom Ausland einzudämmen[6]. Das Deutsche Reich sah in der Rohstoffabhängigkeit eine bedeutende Schwäche gegenüber seinen Nachbarländern und war daher bestrebt, entweder durch bilaterale Verträge die eigene Rohstoffbasis zu stärken[7] oder die benötigten Rohstoffe durch Synthetisierung zu ersetzen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 konzentrierte sich die deutsche Politik und Industrie auf die Vorbereitung eines Expansionskrieges (vgl. Münkel, 2004: S. 113ff.). Für das Deutsche Reich hierfür besonders bedeutend waren die Sicherung der Rohstoffversorgung und die Umgehung der zu erwartenden britischen Blockade. Den Nationalsozialisten gelang es im Vorfeld und im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, in Skandinavien, auf dem Balkan und in der Sowjetunion Lagerstätten bzw. Transportrouten zu sichern und große Mengen an Rohstoffen zu beschaffen. Trotz dieser raumgreifenden und aggressiven Rohstoffpolitik konnte die Versorgung der deutschen Wirtschaft zu keiner Zeit ausreichend befriedigt werden (vgl. Boesler, 1983: S. 41ff.).

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Westintegration der BRD in den 1950er Jahren verlor die strategische Bedeutung von Rohstoffen für die deutsche Industrie und Politik an Brisanz. Die Liberalisierung der nationalen Märkte und die Einbindung in die westlichen Sicherheits- und Wirtschaftsstrukturen[8] ermöglichte den günstigen Zugriff auf die benötigten Ressourcen (vgl. Staak, 2007: S. 90f.). Erst mit der Verknappung des weltweiten Angebots im Zuge der Ölkrisen in den 1970ern wurde den Importländern die Macht der Exporteure vor Augen geführt. Seitdem haben die Erdölimportländer versucht, ihre Einfuhren zu diversifizieren. Dazu wurden in der Nordsee neue Erdöl- und Erdgasfelder erschlossen und mit dem Ausbau der Kernkraft ein weiteres Standbein für die Stromversorgung geschaffen. Außerdem wurde im Zuge einer neuen Ostpolitik versucht, die Rohstoffimporte aus der Sowjetunion und aus den Staaten des Warschauer Pakts zu erhöhen. Im Rahmen dieser Strategie richtete sich die Bundesrepublik bei den Energierohstoffen neu aus. Die Abhängigkeit von arabischem und afrikanischem Öl konnte signifikant gesenkt werden. Eine ambivalente Entwicklung, da gleichzeitig die Bedeutung der osteuropäischen Staaten für die Sicherheit der Rohstoffversorgung in gleichem Maße stieg.

Seit Ende des 20. Jahrhunderts hat sich allerdings die globale Rohstoffsituation noch einmal entscheidend verändert. Dies liegt vor allem im starken wirtschaftlichen Wachstum der Schwellenländer begründet. Staaten wie China und Indien treten seit dieser Zeit nicht mehr als Nettoexporteure von Rohstoffen auf, sondern fragen wichtige Industriemetalle und Energierohstoffe selbst verstärkt nach. Der steigende Bedarf der Schwellenländer und die zusätzliche Spekulation an den Finanzmärkten sorgten in den letzten Jahren für erhebliche Kursschwankungen an den Rohstoffbörsen.

2. Deutschlands Rohstoffsituation

Um einen Überblick über die Situation der deutschen Rohstoffversorgung zu erlangen, ist es von großer Bedeutung, zu wissen, welche Mengen an verschiedenen Rohstoffen in der Bundesrepublik benötigt werden. Außerdem ist es von großer Wichtigkeit, zu ermitteln, welcher Anteil der deutschen Nachfrage noch aus heimischen Quellen gedeckt werden kann und wie stark sich diese Förderung mittel- und langfristig verändern wird. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Betrachtung der deutschen Rohstoffsituation ist die Frage nach der Herkunft der Rohstoffe. Kommen diese beispielsweise aus Mitgliedsländern der EU, die über einen freien Binnenmarkt mit der BRD verbunden sind, oder kommen sie aus Ländern mit einer fragilen Staatlichkeit oder einer autokratischen Regierung. Alle diese Faktoren haben großen Einfluss auf die aktuelle und künftige deutsche Rohstoffversorgung und Sicherheit. Nicht zuletzt deshalb ist die Planung und Konzeption einer deutschen bzw. europäischen Rohstoffstrategie von großer Bedeutung.

2.1. Einleitende Bemerkungen und Abgrenzung

Rohstoffe sind von der Natur bereitgestellte Produktionsfaktoren. Sie unterscheiden sich in regenerierbare und nicht-regenerierbare Ressourcen. Erstere sind Ressourcen, die durch Fischerei, Forst- und Landwirtschaft gewonnen werden können. Außerdem gehören dazu auch lebensnotwendige Stoffe, die durch natürliche Prozesse in der Umwelt entstehen, beispielsweise Süßwasser, Sauerstoff oder Kohlendioxid. Zu den nicht-regenerierbaren Rohstoffen gehören die Stoffe und Mineralien, die im Laufe der Erdgeschichte entstanden bzw. durch exogene oder endogene Dynamik angereichert worden sind[9] (vgl. Pohl, 2005: S. 7). Auch hier ist eine Unterscheidung möglich. Ressourcen, die durch tektonische Prozesse aus biologischem Material entstanden sind, können qualitativ nur einmal verändert werden[10], während elementare Rohstoffe wie Kupfer oder Eisen ihre Eigenschaften auch behalten, wenn sie mehrere Produktionsprozesse durchlaufen. Diese Rohstoffe stehen damit einer Vielzahl von Produktionsprozessen zur Verfügung, sofern der Recyclingaufwand die Kosten für Exploration und Produktion nicht übertrifft (vgl. Dichtl/ Issing, 1987, S. 488 ff.).

Die vorliegende Arbeit befasst sich in erster Linie mit den Energie- und wichtigen Metallrohstoffen. Bei den Energierohstoffen werden Erdöl, Erdgas, Kohle und der Kernbrennstoff Uran einer genaueren Analyse unterzogen, während bei den Metallrohstoffen nur die Rohstoffe untersucht werden, die für die deutsche Wirtschaft von besonderer quantitativer Bedeutung sind. Dazu gehören neben Eisen, die Buntmetalle Aluminium, Kupfer, Blei und Zink. Diese Rohstoffe sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland aufgrund ihrer Anwendungsmöglichkeiten im Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau besonderer wichtig. Aus aktuellem Anlass werden schließlich die Hochtechnologiemineralien der REE erläutert und deren Anwendungsgebiete in der Industrie genauer betrachtet.

2.2. Abhängigkeit und Bedeutung von Rohstoffen für Deutschland

Kaum ein anderes Industrieland ist bei seiner Energie- und Rohstoffversorgung derart stark auf ausländische Importe angewiesen wie die BRD. Insgesamt muss Deutschland 60 Prozent seiner Energie durch ausländische Importe decken (vgl. IEA, 2007: S. 16). Auch im Bereich der mineralischen Rohstoffe ist Deutschland nur in Nischenbereichen autark. Diese hohe Importabhängigkeit hat allerdings in den vergangenen Jahren zu einer erheblichen Steigerung der Produktivität beim Energie- und Rohstoffeinsatz beigetragen. Außerdem ist die deutsche Wirtschaft im Bereich des Recycling technologisch führend und kann daher einen Teil der benötigten Grundstoffe aus Altmaterialien zurückgewinnen.

2.2.1. Energie als Grundlage von Wirtschaft und Gesellschaft

Die Versorgung der Bundesrepublik mit Energie für die Strom- und Wärmeproduktion wird aus einer größeren Anzahl von Quellen gesichert. Dieser Energiemix soll dazu beitragen, dass kein einzelner Energieträger mittelfristig unersetzbar ist. Vor allem für die BRD, die geringe eigene Energierohstoffvorkommen und einen hohen Energiebedarf hat, ist die Diversifikation von entscheidender Bedeutung. Dennoch wird die BRD auch in nächster Zukunft bei der Energieproduktion vor allem auf die Energieträger Öl und Gas angewiesen sein. Die größten Reserven und Ressourcen im Bereich Erdöl liegen in der sog. „strategischen Ellipse[11] “. Diese Region verfügt über bis zu zwei Drittel der bekannten und wirtschaftlich förderbaren Erdölreserven.

Damit ist diese Region für die künftige globale Energieversorgung von entscheidender Bedeutung. Politische und gesellschaftliche Entwicklungen in einzelnen Ländern können in Zukunft Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik haben. Von weltweit vierzehn ölexportierenden Ländern sind zehn politisch instabil. Innen- oder auch außenpolitische Konflikte könnten innerhalb kurzer Zeit zu Problemen bei Förderung und Verarbeitung von Erdöl und damit zu schwerwiegenden Angebotsengpässen führen, die in der Regel nicht durch andere Lieferanten ausgeglichen werden können. Die Staaten der „strategischen Ellipse“ sind im Gegensatz zu den bisherigen deutschen Hauptlieferländern Großbritannien und Norwegen außerdem nicht für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz bekannt. Vielmehr wird ein Großteil der Länder von autoritären Herrschern regiert, die auch auf Menschen- und der Freiheitsrechte wenig Rücksicht nehmen[12] (vgl. Freedom House, 2010). Die hohen Einnahmen, die mit dem Verkauf von Erdgas und Erdöl zu erzielen sind, dienen häufig dem Machterhalt der autoritären Machthaber. Erhebliche Mittel werden sowohl für Subventionen und Sozialprogramme, als auch für den Ausbau von repressiven Staatsorganen aufgewendet. Auch in den kohlenwasserstoffreichen Ländern Südamerikas wurde in den vergangenen Dekaden ein wichtiger Richtungswechsel im Energiesektor vollzogen. In Venezuela und Bolivien wurden die ausländischen Erdöl- und Erdgasunternehmen entweder durch Verstaatlichung enteignet oder in die Rolle von Minderheitsteilhabern gedrängt. Auch in Brasilien und Mexiko kontrollieren staatliche Unternehmen den Erdölsektor. Dieser Trend zur engen Verzahnung zwischen Staat und Erdölsektor ist weltweit anzutreffen. Haben in den 1960ern die privaten Erdölkonzerne noch 85 Prozent der weltweiten Reserven kontrolliert, besitzen sie heute nur noch ca. zwanzig Prozent. Unter den zehn Unternehmen mit den größten Reserven befindet sich nur noch ein Konzern, der nicht unter direkter staatlicher Kontrolle steht (vgl. BGR, 2009: S. 42).

Auch Terroranschläge und Organisierte Kriminalität können erhebliche Auswirkungen auf wichtige Förderanlagen oder Transportrouten und damit auf den weltweit benötigten Nachschub an Erdöl und Gas haben. Abzulesen ist diese latente Angst an den Weltmarktpreisen für Rohöl. Sie reagieren teilweise nicht auf die Angebot-Nachfrage-Relation, sondern spiegeln verstärkt politische und gesellschaftliche Veränderungen wider. (vgl. Umbach, 2009: S. 53ff.).

Erdöl ist der bedeutendste Energieträger für die globale Wirtschaft. Aus ihm werden Treibstoff, Heizöl, Chemikalien und Kunststoffe hergestellt. Besonders die BRD, deren Infrastruktur und Wirtschaft voll auf die Nutzung des günstigen und leicht transportierbaren Stoffes ausgerichtet ist, sind Engpässe bei der Versorgung oder hohe Preisschwankungen negativ.

Aber auch die Energieträger Gas, Kohle und Uran sind von hoher Relevanz für die Bundesrepublik. Zwar wird nur ein geringer Teil dieser Rohstoffe für den Transport- und Verkehrssektor eingesetzt, dennoch kann im Augenblick die Stromproduktion, die mit Hilfe dieser drei Rohstoffe geschieht, nicht ersetzt werden. Darüber hinaus wird ein bedeutender Anteil der Erdgasimporte zur Heizung deutscher Haushalte benötigt. Die fossilen Energieträger sind die Grundpfeiler der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Für Kommunikation, Mobilität und den Lebensstandart sind erhebliche Mengen an Energie nötig. Im Augenblick decken importierte fossile Energieträger siebzig Prozent des deutschen Primärenergiebedarfs[13] (vgl. Gesamtverband Steinkohle, 2009: S 68). Dieser hohe Anteil importierter Energie hat Folgen für die politische Ausrichtung der deutschen Außenhandelspolitik und die Außenwirtschaft. So ist beispielsweise zu berücksichtigen, dass der Preisanstieg von einem Dollar pro Barrel die deutsche Außenhandelsbilanz zusätzlich mit einer Milliarde Euro belastet (vgl. BMU/ BMWi, 2006: S 5). Je höher also der Preis für die Einfuhr der Energierohstoffe ist, desto weniger finanzielle Mittel hat die deutsche Wirtschaft und Bevölkerung für den Import anderer wichtiger Konsum- und Produktionsgüter.

Die Sicherheit der Energieversorgung hat in Deutschland und Europa einen hohen Stellenwert. Zum einen ist die EU global gesehen einer der größten Konsumenten, zum anderen verfügen die 27 Mitgliedsstaaten nur noch über geringe eigene Reserven. Prognosen der Europäischen Kommission gehen bis 2030 von einem fast gleich bleibenden Anteil von 77 Prozent der fossilen Energieträger am Primärenergieverbrauch aus. Von diesen Energieträgern müssen bis 2030 allerdings immer größere Mengen von außereuropäischen Lieferanten bereitgestellt werden (vgl. Europäische Kommission, 2006: S. 7). Die IEA prognostiziert bis 2030 für die EU einen Anstieg des Primärenergieverbrauchs von jährlich 0,2 Prozent (vgl. IEA, 2008: S.81). Zwar wächst im selben Zeitraum auch die Energiebereitstellung aus den erneuerbaren Energien, dennoch kann dieser Zuwachs nur das Nachfragewachstum und den Rückgang der europäischen Produktion kompensieren. Die substantielle Abhängigkeit von Energieimporten aus dem außereuropäischen Ausland bleibt also selbst bei einer Forcierung der regenerativen Energien erhalten (vgl. IEA, 2008/2: S. 59). Gleichzeitig treten mit den Schwellenländern Indien und China zwei dynamische Volkswirtschaften in die Konkurrenzsituation um energetische Rohstoffe ein, die ihre augenblickliche wirtschaftliche Dynamik ebenfalls auf die gute Verfügbarkeit von preisgünstiger Energie gründen. Vor allem die Volksrepublik China strebt im Bereich der Energieversorgung ein hohes Maß an Sicherheit an. China ist erst seit Beginn der 1990er Nettoenergieimporteur im Bereich der fossilen Rohstoffe. Aktuell ist das Land hinter den USA der zweitgrößte Konsument von importierter Energie (vgl. Nötzold, 2010: S. 61. f). Diesem enormen Bedarfszuwachs steht ein geringer Ausbau der globalen Produktionskapazitäten gegenüber. Vielmehr wurden in den vergangenen Jahren die Reservekapazitäten bei der Förderung immer mehr zugunsten aktiver Produktion verringert[14].

Im Gegensatz zu den westlichen Industriestaaten überlässt die chinesische Führung ihre Rohstoff- und Energiepolitik nicht dem Spiel des freien Marktes[15]. Vielmehr ist die Volksrepublik der Ansicht, dass ihre Interessen im In- und Ausland durch staatliche Lenkung und Kontrolle besser vertreten werden können. Die nationalen Rohstoffunternehmen sollen primär den Bedarf ihres Heimatlandes decken. Ziel dieser Strategie ist die Unabhängigkeit der eigenen Rohstoffversorgung und bessere Handlungsspielräume gegenüber der internationalen Konkurrenz[16]. Um diesen Ausbau der eigenen Versorgungssicherheit voranzutreiben, stehen der chinesischen Volkswirtschaft erhebliche finanzielle Mittel aus Außenhandelsüberschüssen und Devisenreserven zur Verfügung (vgl. Nötzold, 2010: S. 63. f).

Deutschland und die EU setzten im Gegensatz zur Volksrepublik China im Bereich der Rohstoffsicherung auf die Kräfte des Marktes. Dieser marktwirtschaftliche Ansatz bei der Versorgungssicherheit benötigt allerdings global akzeptierte Regeln und darüber hinaus auch den Willen der einzelnen Akteure, sich an diese Regelungen zu halten. Außerdem sollten diese global akzeptierten Regeln auch durch eine übergeordnete Behörde überwacht und sanktioniert werden. Bisher haben zwar die WTO, der IWF und die Weltbank diese Funktion im Bereich des weltweiten Freihandels eingenommen. Allerdings haben sich im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise die protektionistischen Tendenzen wieder erheblich verstärkt.

Deutschland, Europa und die übrigen OECD-Länder sind nun gefordert, ihre bisherige Energie- und Rohstoffpolitik zu überdenken. Der Verbrauch in den entwickelten Industrieländern ist immer noch um ein Vielfaches höher als in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Sollten diese Länder beim Verbrauch von Energie und Rohstoffen einen ähnlichen Pro Kopf Verbrauch erreichen wie die Industrieländer, würden die Kapazitäten für die Produktion bei weitem nicht ausreichen. Um dennoch eine Angleichung des weltweiten Lebensstandards zu erreichen, müssen die Industrieländer ihren eigenen Konsum durch Einsparungen und Recycling zu reduzieren.

2.2.2. Metallische Rohstoffe und wirtschaftliche Entwicklung

„Die Versorgung Europas mit Rohstoffen ist ein entscheidender Faktor zur Sicherung unserer Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit! Insbesondere Metallrohstoffe werden bei dem Bestehen dieser Herausforderungen eine zentrale Rolle spielen: Ohne Metalle keine Dünnschicht- Solarzellen, keine Offshore- Windkraftanlagen, keine Meerwasserentsalzung. Ohne Metalle weder Solarthermische Kraftwerke noch innovative Elektromotoren, weder miniaturisierte Lebenszeit- Herzschrittmacher, noch Leichtbau in der Automobilproduktion. (…) Ohne Rohstoffe gibt es allerdings gar keine Industrie. Und ohne Industrie keine Innovation, keine Zukunftstechnologien und damit keine Lösungen der globalen Herausforderungen

- zumindest nicht aus Europa.“ (Grillo, 2010 3 f.)

Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Metalle, Ulrich Grillo, unterstreicht in dieser Rede die Bedeutung von metallischen Rohstoffen für die Zukunftsfähigkeit der europäischen Industrie. Um weltweit qualitativ hochwertige und innovative Produkte anbieten zu können, ist besonders die BRD auf die sichere Zufuhr von mineralischen Rohstoffen angewiesen. Gleichzeitig müssen diese Ressourcen nicht nur in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen, sondern auch zu ökonomisch tragbaren Preisen.

Die Anwendungsgebiete für mineralische Rohstoffe sind in einem Industrieland besonders vielfältig. In Deutschland werden rund ein Fünftel des BIP durch die Industrie erzielt[17] (vgl. Statistisches Bundesamt, 2010: S. 623). Vor allem die Exportindustrie ist für die BRD von großer wirtschaftlicher Bedeutung[18] (vgl. Statistisches Bundesamt, 2010: S. 466). Exportprodukte sind vor allem Maschinen und technische Instrumente (23,2 % Anteil am Gesamtexport), Fahrzeuge (17,4 %), chemische Produkte und Kunststoffe (5,9 %) und pharmazeutische Erzeugnisse (3,7 %) (vgl. Loschky/ Ritter, 2007: S. 482). Alle diese Produkte benötigen zur Produktion erhebliche Mengen an Energie und z. T. auch mineralische Rohstoffe.

Die Turbulenzen auf den globalen Rohstoffmärkten haben große Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland und Europa. Die Material- und Energiekosten machen im produzierenden Gewerbe knapp 45 Prozent der unmittelbaren Kosten aus. Je höher der Preis für Energie- und Metallrohstoffe ist, desto höher müssen entweder die Preise für das Produkt angesetzt oder desto niedriger müssen die Personal- und Forschungskosten gedrückt werden (vgl. Angerer/ Erdmann, 2009, S. 1f.).

Von großer Relevanz für die sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung sind die beteiligten Unternehmen und Konzerne. Auf den internationalen Rohstoffmärkten drängen sich rund 1 100 Bergwerksunternehmen, von denen 150 zu den bedeutenden Produzenten gezählt werden können. Diese 150 Firmen produzieren allerdings 83 Prozent des globalen Rohstoffwertes und die größten zehn haben einen kumulierten Anteil von knapp 34 Prozent (Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Marktstruktur und Anteil an der Gesamtproduktion

Die Konzentration in diesem Segment geht unvermindert weiter[19]. Zum einen um die Kosten für Forschung und Entwicklung bei größeren Bergbauprojekten zu stemmen, zum anderen aber auch, um stark steigende Preise für Energie und Umweltkosten besser finanzieren und koordinieren zu können. Auch die Rohstoffunternehmen der Schwellen- und Entwicklungsländer versuchen, auf dem hart umkämpften Markt Fuß zu fassen und sich bei Konkurrenten einzukaufen (vgl. Ericsson, 2009: S. 35ff.). Die Marktmacht einiger Firmen ist inzwischen sehr ausgeprägt. Die drei größten Eisenerzproduzenten Vale, Rio Tinto und BHP Billiton erbringen knapp drei Viertel der weltweit gehandelten Eisenerzproduktion. Für Länder wie die BRD, deren Eisen- und Stahlproduktion von ausländischen Importen abhängt, sind solche Oligopole von großer Bedeutung. Da auf der Seite der Eisen- und Stahlproduzenten die Konzentration bei weitem nicht so weit fortgeschritten ist wie bei den Erzproduzenten, konnten die großen Eisenerzproduzenten in den letzten Jahren bei den jährlichen Lieferbedingungen deutlich höhere Preise durchsetzen (vgl. Ritthoff/ Liedtke/ Merten, 2007: S. 5).

Die Reaktion der Eisenerz-Verarbeitenden Industrie auf die Konzentration im Bergbausektor ist sehr unterschiedlich. Stahlproduzenten wie der indische Konzern Arcelor-Mittal versuchen selbst im Bereich der Förderung aktiv zu werden. Zum einen werden Eisen- und Kohleminen gekauft, um die eigenen Stahlwerke mit Nachschub zu versorgen, zum anderen werden die Produktionsstandorte diversifiziert (vgl. BGR, 2007: S. 63f.). Deutsche Stahlproduzenten wie Thyssen-Krupp oder Salzgitter versuchen ebenfalls Einfluss auf den Erz- und Kohlepreis zu nehmen. Allerdings engagieren sie sich nicht bei der Produktion der benötigten Grundstoffe, sondern versuchen mit Hilfe von langfristigen Verträgen, die Lieferkonditionen abzusichern. Darüber hinaus verlagern deutsche Konzerne ihre Schmelzöfen und Fabriken verstärkt in die Nähe günstiger Infrastruktur oder direkt in die Umgebung von Erzminen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Betrachtung der Rohstoffwirtschaft ist die Integration von Finanzprodukten und der Handel an den internationalen Rohstoffbörsen. Eine große Zahl von Anlegern hat das Rohstoffsegment als bedeutendes Spekulationsobjekt entdeckt. Sie kaufen langfristige Positionen an den Warenterminmärkten genauso auf wie physische Metalle. Dieser Handel erstreckt sich auf alle Arten von handelbaren Rohstoffen, also auch auf Rohstoffe, die für die grundlegende Versorgung der Bevölkerung besonders wichtig sind.

Die Verfügbarkeit über diese Metalle ist entscheidend für die Weiterentwicklung bestimmter Industriezweige. Wichtig für den künftigen Bedarf im Bereich der mineralischen Rohstoffe ist in erster Linie das weitere Wirtschaftswachstum. Hohes Wachstum wird durch hohen Rohstoffeinsatz erreicht. Diese enge Korrelation ist in der folgenden Abbildung (Abbildung 2) gut zu erkennen.

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Abbildung 2: Wirtschaftswachstum und Verbrauch ausgewählter Metalle

Während allerdings bei den Industrieländern teilweise eine Entkoppelung zwischen Rohstoffverbrauch und Wirtschaftswachstum stattgefunden hat, ist die Korrelation bei den Schwellenländern besonders ausgeprägt. Da aber auch in Zukunft von einem verstärkten ökonomischen Wachstum besonders in diesen dynamischen Volkswirtschaften auszugehen ist, wird die Nachfrage nach Rohstoffen dauerhaft hoch bleiben.

Betrachtet man die weltweite Produktion an mineralischen Rohstoffen und vergleicht diese mit der Stabilität der Rohstoffproduzenten, so kann man feststellen, dass ca. 63 Prozent der Förderung aus instabilen oder stark instabilen Ländern stammt[20]. Außerdem ist festzustellen, dass sich dieser Wert im Laufe der letzten Jahre stark erhöht hat[21]. Dieser Anstieg kann entweder mit einem Anstieg der Produktion in den kritischen Ländern zusammenhängen oder darin begründet sein, dass bisher stabile Staaten nun als kritisch oder sehr kritisch zu bewerten sind (vgl. Weber/ Zsak et. al., 2010: S. 36). Betrachtet man zudem die globale Gesamtproduktion an mineralischen Rohstoffen und ordnet diese dem Entwicklungsstand der Länder zu, so ist zu erkennen, dass die Produktion der entwickelten Länder zwischen 1984 und 2008 um 37,5 Prozent zugenommen hat, während die globale Gesamtproduktion im selben Zeitraum um knapp 60 Prozent zugenommen hat. Obwohl also auch die entwickelten Industrieländer eine Verbesserung ihrer Förderung erzielen konnten, ist dennoch ihre Bedeutung auf dem Produzentenmarkt geringer geworden.

In den vergangenen Monaten hat sich im Bereich der Metallrohstoffe der Fokus auf die Metalle der Seltenen Erden konzentriert. Diese Metallgruppe ist für viele Bereiche der Hochtechnologie von großer Bedeutung. Vor allem Deutschland als Wissens- und Hochtechnologiestandort benötigt für Forschung und Entwicklung eine gesicherte Versorgung mit diesen Rohstoffen. Mangelzustände und Preissteigerungen in diesem Segment hätten erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklungsfähigkeit deutscher Unternehmen in wichtigen Zukunftsfeldern. Die Folge wären der Verlust der Innovationsfähigkeit und eine Verlagerung der Produktion in die Förderländer (vgl. Keitel, 2010: S. 2).

2.3. Die deutsche Rohstoffsituation bei ausgewählten Rohstoffen

Deutschlands Wirtschaft ist in hohem Maße abhängig von Rohstoffimporten. Vor allem die Energierohstoffe Erdöl, Erdgas und der Kernbrennstoff Uran werden nur in sehr geringen Mengen in Deutschland gefördert[22]. Außerdem lassen die lange Förderdauer und die ausgiebige Exploration der vergangenen Jahrzehnte auf ein weiteres Absinken der Förderraten in Deutschland schließen (vgl. Pasternak, 2009: S. 271ff.). Ähnlich ist die Situation bei den mineralischen Rohstoffen. Deutschland muss alle wichtigen Industriemetalle importieren. Außerdem verfügt die BRD über keine nennenswerten Vorkommen im Bereich der Hochtechnologiemineralien. Diese Mineralien, die unter dem Begriff Seltene Erden zusammengefasst sind, haben große Bedeutung für die Elektronikindustrie. Vor allem in den künftigen Wachstumsindustrien der Energie, Medizin und Feinelektronik, sind sie von großer Bedeutung. In Abbildung 3 erkennt man deutlich die Dominanz der Energierohstoffe beim Wert der Gesamtimporte. Die BRD gibt ca. 68 Mrd. Euro pro Jahr für die Einfuhr von Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran aus. Im Vergleich dazu sind die Ausgaben für Stahl und die NE-Metalle relativ gering. Für den Import dieser Metalle und der Veredelungsprodukte werden nur ca. 30 Mrd. Euro ausgegeben.

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Abbildung 3: Rohstoffeinfuhren 2007 und Anteile der einzelnen Rohstoffgruppen an den Gesamteinfuhren

2.3.1. Situation im Bereich der Energierohstoffe

Deutschland bezieht heute einen Großteil seiner benötigten Energierohstoffe aus dem Ausland. Trotz der erheblichen Bemühungen beim Ausbau der regenerativen Energien und der Energieeinsparung[23] hat dieser Anteil in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.

2.3.1.1. Erdöl: Eigenförderung, Herkunftsländer, Nutzung und Perspektiven

Deutschland musste 2007 ca. 106,6 Mio. t Erdöl und damit ca. 97 Prozent des Bedarfs importieren[24] (vgl. BAFA, 2010) Die drei Prozent der Eigenförderung stammen vorwiegend aus Fördergebieten im Wattenmeer und dem Emsland. Allerdings sind diese Lagerstätten bereits stark beansprucht und werden in naher Zukunft ihre Förderleistung nicht aufrecht halten können.

Wie bereits erwähnt, diversifizierte Deutschland im Zuge der Ölkrisen 1973 und 1979/80 seine Bezugsquellen. Vor allem die Importanteile aus den arabischen und nordafrikanischen Staaten wurden sukzessive verringert. Durch die Entdeckung und Ausbeutung von Erdöl- und Erdgasfeldern in der Nordsee und die Steigerung von sowjetischen Ölimporten konnte die Dominanz der OPEC-Länder verkleinert werden. 2007 kamen 32 Prozent der deutschen Rohölimporte aus Russland, gefolgt von Großbritannien und Norwegen mit zusammen 29 Prozent. Aus Afrika stammen nur noch siebzehn und aus den arabischen Ländern sechs Prozent (vgl. BGR, 2009: S. 199).

Derzeit werden jährlich weltweit rund 3,8 Mrd. t Rohöl gefördert, von denen Deutschland ca. 2,7 Prozent verbraucht. Während allerdings der Verbrauch in den Industrieländern stagniert und teilweise sogar zurückgeht, nahm die Nachfrage aus den Schwellen- und Entwicklungsländern stark zu. Die Preissteigerungen der vergangenen Jahre liegen allerdings nicht nur in der Ausweitung der Nachfrage durch die Schwellen- und Entwicklungsländer begründet, sondern auch in der ungenügenden Investitionsbereitschaft der Erdölindustrie. Diese haben in Zeiten niedriger Erdölpreise die Investitionen für Exploration, Neubau und Reparatur stark reduziert. Reservekapazitäten bei Produktion und Verarbeitung stagnierten folglich bzw. gingen sogar zurück. Der Preis für ein Barrel[25] Öl stieg daher seit Ende der 1990er Jahre stark an. Unterbrochen von politischen und wirtschaftlichen Einschnitten und einem Höchstpreis von über 140 Dollar im Sommer 2008 hat sich der Preis aktuell bei rund 80 Dollar pro Barrel eingependelt. Der hohe Erdölpreis hat in den vergangenen Jahren zu einer Ausweitung der Prospektion und zur Entwicklung von Alternativen geführt. Dennoch ist Erdöl aktuell der bedeutendste Energieträger. Rund 36 Prozent des globalen Primärenergieverbrauchs wird vom Erdöl gedeckt. Vor allem im Verkehrssektor sind kaum Alternativen vorhanden[26] (vgl. BGR, 2009: S. 32). Der Vorteil von Treibstoffen auf Erdölbasis liegt auf der Hand. So steht der Rohstoff Erdöl bisher im ausreichenden Maß und zu vergleichsweise günstigen Preisen zur Verfügung. Das Rohprodukt und die daraus gewinnbaren Destillate sind leicht zu transportieren und weisen eine relativ hohe Energiedichte auf. Darüber hinaus hat sich im vergangenen Jahrhundert eine gewaltige Industrie und Infrastruktur rund ums Erdöl gebildet. Die Umstellung auf andere Antriebsmittel würde einen erheblichen finanziellen und logistischen Aufwand bedeuten. Erdöl ist allerdings nicht nur für den Verkehrssektor von großer Bedeutung, sondern auch für die Stromerzeugung, als Grundstoff der Pharma- und Kunststoffindustrie sowie als Schmier- und Heizmittel (vgl. Deutsche BP AG, 2008: S. 43f.).

Die Ausweitung der Produktion von Erdöl ist aus technischer und physikalischer Sicht nicht unbegrenzt möglich[27]. Die Experten des BGR erwarten innerhalb der nächsten 10 Jahre das Erreichen des Fördermaximums im Erdölbereich (Peak Oil). Danach müssen entweder die kostenintensiven, unkonventionellen Reserven stärker genutzt werden[28] oder der Verbrauch dem Angebot angepasst werden (vgl. BGR, 2009: S. 15). Besonders die aktuellen europäischen Exportländer für nach Deutschland importiertes Erdöl sind bereits in der sekundären bzw. tertiären Förderungsphase. Sowohl Großbritannien als auch Norwegen können ihre Produktion nicht mehr weiter ausweiten und gehen in naher Zukunft von einem weiteren Abschwächen der eigenen Förderleistung aus (Abbildung 4). Mit dem Rückgang der Förderung dieser beiden wichtigen Lieferländer wird mittelfristig der Anteil außereuropäischer Lieferländer signifikant ansteigen müssen.

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Abbildung 4: Entwicklung der Reserven und der Förderung sowie geschätzte Ressourcen von Großbritannien und Norwegen Ende 2007

Bei gleich bleibender Förderung und Verbrauch reichen die heutigen, gesicherten Erdölreserven knapp 40 Jahre[29]. Zu diesen Reserven kommen bei fortschreitender technischer Entwicklung und einer Erhöhung des Erdölpreises noch weitere 92 Mrd. t Ressourcen, die dann wirtschaftlich zu gewinnen wären (vgl. BGR, 2009: S. 40f.). Da der Ausbau der Förderung nur mit erheblichem Aufwand möglich ist und darüber hinaus die weltweiten Reserven in wenigen Regionen konzentriert sind, muss Deutschland mittelfristig mit steigenden Preisen und möglichen Lieferengpässen im Bereich Erdöl rechnen.

2.3.1.2. Erdgas: Transport, Lieferländer und Nutzung

Im Vergleich zu Erdöl und Kohle ist Erdgas nur sehr aufwendig mit Schiffen zu transportieren. Aufgrund des großen Volumens ist eine Kühlung und Verflüssigung des Gases für den Transport notwendig. Die Infrastruktur für die Verladung und Verschiffung ist daher sehr teuer und muss gegebenenfalls erst aufwendig gebaut werden. Die effektivste Methode für den Transport von Gas ist daher die Verwendung von Pipelines. Diese Rohrleitungen sind allerdings im Bau und Betrieb sehr kostenintensiv. Außerdem müssen beim Bau und Betrieb der Pipelines weitere Faktoren wie Topographie, politische Situation in den vorgesehenen Transitländern und Sicherheitsmaßnahmen mit kalkuliert werden. Es besteht also zwischen Exporteur und Importeur das Interesse, langfristige Liefervereinbarungen zu schließen und diese auch einzuhalten. Aktuell importiert Deutschland einen Großteil seines Erdgases aus Russland. Weitere wichtige Exportländer sind Norwegen, die Niederlande, Großbritannien und Dänemark. Die Abhängigkeit von russischem Erdgas soll in naher Zukunft durch den Bau neuer Pipelinetrassen in die Region am Kaspischen Meer (Nabucco-Pipeline) verringert werden. Dazu ist auch ein weiterer Ausbau von LNG-Entladestationen in den Niederlanden und Belgien geplant (vgl. BGR, 2009: S. 205).

[...]


[1] In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es zwei Zeiträume, in denen sich die Preise für Rohstoffe teilweise verdoppelten oder verdreifachten (In den 1960er Jahren und in den 1980er Jahren). Vorangegangen waren mehrere Jahre oder Jahrzehnte mit konstant niedrigen Preisen. Allerdings sind die bisherigen Hochpreisphasen durch eine kurze Dauer gekennzeichnet gewesen (maximal 34 Monate).

[2] Ein weiterer Unterschied zwischen den bisherigen und der aktuellen Hochpreisphase ist neben der Dauer auch die erheblich größeren Preissprünge. Mehrere hundert Prozent Preissteigerung innerhalb weniger Jahre waren bei vielen Rohstoffen keine Seltenheit.

[3] Frühe Bergbauzentren waren der Harz, das Erzgebirge und der Schwarzwald.

[4] Das Ruhrgebiet und die Kohlegebiete in Schlesien entwickelten sich zu bedeutenden Industriezentren. Allerdings konnte der Bedarf an Erzen nur begrenzt aus den Gruben in der unmittelbaren Umgebung gedeckt werden. Mit dem Aufkommen der Dampfschifffahrt und der Eisenbahn konnten dann die Erze auch aus anderen Ländern importiert werden.

[5] Infolge des Ersten Weltkriegs wurden durch die alliierten Mächte die Auslandsbeteiligungen deutscher Unternehmen beschlagnahmt. Darüber hinaus brach der Handel mit dem für die Rohstoffzufuhr wichtigen Osteuropa durch die bolschewistische Revolution fast vollständig zusammen.

[6] So versuchte die deutsche Regierung beispielsweise durch die Kultivierung von Öd- und Waldgebieten und dem gezielten Ausbau der Explorationstätigkeit im In- und Ausland, neue Quellen für Rohstoffe und Nahrungsmittel zu erschließen.

[7] So enthielt der Hitler-Stalin-Pakt Bestimmungen über die Lieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen an das Deutsche Reich.

[8] Mit dieser Einbindung sollte allerdings auch die Möglichkeit begrenzt werden, dass die BRD die autonome Verfügungsgewalt über Rohstoffe und Schwerindustrie zur erneuten Aufrüstung nutzen könnte.

[9] Die einzelnen Lagerstätten und ihre Erzkonzentration unterscheiden sich bei ihrer Entstehung sehr stark. Während die Energierohstoffe, mit Ausnahme von Uran, aus biologischen Resten bestehen, die unter dem Einfluss von Temperatur und Druck umgewandelt wurden, sind Erzkörper die Folge von tektonischen und physikalischen Prozessen. Erzlagerstätten entstehen durch Anreicherungsprozesse, die syngenetisch, epigenetisch, aszendent, deszendent, lateralsekretionär, endogen oder exogen ablaufen können.

[10] D.h. im Falle der Kohle, dass dieser Stoff nur einmal für einen Produktionsprozess als Energieträger zur Verfügung steht und damit nicht recyclingfähig ist.

[11] Die „strategische Ellipse“ umfasst u. a. die kohlenwasserstoffreichen Länder Russland, Saudi-Arabien, Iran, Irak, VAE, Katar, Aserbaidschan, Kasachstan und Turkmenistan.

[12] So werden die Staaten der „strategischen Ellipse“ beim Freiheits- und Demokratieindex von Freedom House 2010 mit Ausnahme von Kuwait als unfrei geführt.

[13] Der Primärenergiebedarf umfasst sowohl die Menge an Energie für die Stromerzeugung als auch den Bedarf für Heizung, Wasseraufbereitung und Verkehr.

[14] Fast alle weltweit vorhandenen Förderanlagen für Erdöl sind im Augenblick aktiv. Gleichzeitig nutzen die Konzerne die erheblichen Mehreinnahmen durch die hohen Preise nicht im benötigten Umfang für den Ausbau weiterer Kapazitäten.

[15] Die Aufrechterhaltung eines dauerhaften Wirtschaftswachstums ist die Grundvoraussetzung für den Machtanspruch der kommunistischen Eliten. Ausreichend Beschäftigung und ein wachsender Wohlstand in der Bevölkerung sollen die Herrschaft stützen und politische sowie soziale Unruhen vermeiden.

[16] Beim Streben nach Energie- und Rohstoffsicherheit zeigt die chinesische Führung erheblichen Pragmatismus. Im Gegensatz zu den westlichen Demokratien wollen die Chinesen ihre sozialen und ethischen Standards nicht mit Hilfe ihrer Wirtschaftspolitik durchsetzen. Vielmehr sehen sie die westlichen Forderungen nach Rechtsstaatlichkeit und Guter Regierungsführung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Rohstoffländer.

[17] 2009 betrug der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung 22,04 Prozent.

[18] 2009 wurden Waren im Wert von 808 Mrd. Euro ins Ausland exportiert. Davon gehen allein 675 Mrd. Euro auf das Konto von Fertig- und Industriegütern.

[19] Unterbrochen durch die gehemmte Kreditvergabe und den Rückgang der Rohstoffpreise während der Wirtschafts- und Finanzkrise ist die Zahl der Unternehmensübernahmen und Beteiligungen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen.

[20] Die Zuordnung der politischen Stabilität erfolgt über die Worldwide Governance Indicators (WGI). Die Indikatoren basieren auf den sechs Schwerpunkten Mitspracherecht und Verantwortlichkeit, politische Stabilität und Abwesenheit von Gewalt, Effektivität der Regierung, regelnde Eigenschaften, Rechtsstaatlichkeit und Korruptionskontrolle. Diese Schwerpunkte ergeben eine Skala von vier Kategorien (extrem instabil, instabil, unauffällig, stabil), denen die Länder weltweit zugeordnet werden (vgl. Kaufmann/ Kraay/ Mastruzzi, 2010: S. 2).

[21] So stammten 2000 weniger als 50 Prozent der Produktion aus der Ländergruppe der instabilen oder sehr instabilen Staaten, während es 2005 schon über 60 Prozent waren.

[22] 2009 wurden in Deutschland 2,8 Mio. t Erdöl und 14,5 Mrd. m³ Erdgas gefördert. Diese Mengen entsprechen beim Erdöl 2,6 Prozent und beim Erdgas 15,8 Prozent des deutschen Eigenbedarfs.

[23] Mit der Einführung des EEG oder der Vergabe von Krediten über die staatseigene KfW-Bank ist es der BRD gelungen, erhebliche Fortschritte im Bereich der Effizienz und beim Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion zu machen.

[24] Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise ging die Einfuhr 2009 auf 97,9 Mio. t zurück, während die Einfuhr im Aufschwungjahr 2005 noch 112, 2 Mio. t pro Jahr betragen hat.

[25] Ein Barrel sind 159 Liter.

[26] Zwar gibt es bereits heute im geringen Maße Alternativen wie Gasantrieb, Elektromobilität und die Nutzung von Ethanol, dennoch ist der Verkehrssektor besonders abhängig von günstigem Erdöl.

[27] Während bei der normalen Erdölförderung das Öl durch eigenen Druck oder durch den Betrieb von Pumpen aus dem Muttergestein geholt wird (Primärförderung), wird bei der Sekundärförderung Wasser in das Feld gedrückt. Dadurch kann weiteres Öl aus der Lagerstätte abgepumpt werden. Bei der Tertiärförderung werden dann noch Chemikalien, Gase oder Mikroorganismen ins Erdölfeld eingebracht, um die Ausbeute noch weiter zu erhöhen. Während bei der Primärförderung die Produktionskapazität des Feldes stark erweitert werden kann, muss bei der Sekundär- und Tertiärförderung der Produktionsablauf genau gesteuert werden. Da sich weltweit ein Großteil der Felder bereits in der Sekundär- bzw. Tertiärphase befindet, ist die Ausweitung der Produktion nur noch beschränkt möglich (vgl. Pohl, 2005, S. 459ff.).

[28] Nicht-konventionelles Erdöl ist die Bezeichnung für in Ölsanden und Ölschiefer gespeichertes Erdöl. Die Extraktion des Öls ist erheblich teurer als die konventionelle Förderung und verursacht darüber hinaus erhebliche Umweltschäden. Ein positiver Vorteil der Ölförderung aus Ölsanden ist die geographische Lage der Vorkommen. Die weltweit größten nachgewiesenen Reserven für Ölsande befinden sich in Kanada. Weitere Vorkommen existieren in Venezuela, USA und in Russland.

[29] Diese statistische Reichweite ergibt sich bei der Division von gesicherten Reserven und der aktuellen Jahresförderung. Geschätzte Reserven liegen bei ca. 160 Mrd. t und die Jahresförderung 2007 bei ca. 3,9 Mrd. t (vgl. BGR, 2009: S. 36f.).

Ende der Leseprobe aus 96 Seiten

Details

Titel
Rohstoffpolitik in der Bundesrepublik Deutschand
Untertitel
Aktuelle Rohstoffsituation und Neuausrichtung der deutschen Rohstoffpolitik
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Autor
Jahr
2010
Seiten
96
Katalognummer
V181524
ISBN (eBook)
9783656046264
ISBN (Buch)
9783656045953
Dateigröße
12480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rohstoffpolitik, Deutsche Wirtschaftsinteressen, Herkunft deutscher Rohstoffimporte, Außenwirtschaftspolitik, Aktuelle Rohstoffsituation, Abhängigkeit, Perspektiven, Rohstoffpolitik der deutschen Wirtschaft
Arbeit zitieren
M.A. Harald Leutner (Autor:in), 2010, Rohstoffpolitik in der Bundesrepublik Deutschand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181524

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