Das Thema dieser Arbeit ist die Ausstellung „Black Male. Representation of
Masculinity in Contemporary American Art“ im Whitney Museum of American Art in
New York von 1994.
Ein interessanter Aspekt des Themas der Ausstellung „Black Male. Representation of
Masculinity in Contemporary American Art“ ist die Betrachtung von marginalisierter
Männlichkeit, denn normalerweise steht Männlichkeit für Macht und wird nicht mit
Marginalisierung in Zusammenhang gebracht.
Ein deutlicher Nachteil im alltäglichen Leben von afroamerikanischen Männern ist,
dass schwarze Frauen in Amerika durch Quotenregelung geschützt werden, schwarze
Männer hingegen nicht. Das liegt daran, dass schwarze Frauen eher eingestellt werden, um
sowohl die Frauenquote als auch die Quote von Afroamerikanern gleichzeitig zu erhöhen.
Schwarze Männer haben deshalb de facto keinen rechtlichen Schutz gegen eine
Marginalisierung in der Arbeitswelt.
Auch am Rande gemachte Vergleiche zur Situation im ebenfalls multikulturellem
Deutschland machen das Thema der Repräsentation schwarzer Männlichkeit in einem von
Weißen dominierten Kulturraum interessant.
In dieser Arbeit wird es um die Reflektion der Repräsentation von schwarzer
Männlichkeit in der zeitgenössischen Kunst am Beispiel der Ausstellung „Black Male“ von
1994 gehen. Dabei wird zunächst das Spektrum von Repräsentationen dargestellt und ihre
Entstehung beschrieben. Dann wird an Hand der Ausstellung und einer Auswahl von
Werken exemplarisch diskutiert, was die Kunst hinsichtlich des Abschaffens von
Stereotypen leisten kann. Dabei soll nur ein Versuch einer Einordnung in das Kunstschaffen
der jeweiligen Zeit erfolgen, denn eine weitgehende Verortung der Werke in der
Kunstgeschichte würde über die Fragestellungen dieser Arbeit hinaus führen. Der in der
Ausstellung als gleichwertig präsentierte Teil eines Filmprogramms, wird hier nicht
analysiert. Auch auf den von einem Kritiker ironisch als „Hauptteil“ der Ausstellung
benannte Katalog, der sich theoretisch der Repräsentationsfrage nähert, wird hier nicht
Thema sein. Im letzten Teil dieser Hausarbeit wird es darum gehen, ob die
Ausstellungskonzeption bei den Kunstkritikern so angekommen ist und was zu kritisieren
ist. Hierbei soll aus postkolonialer Perspektive argumentiert werden. Die
Hauptfragestellungen werden Folgende sein: Welche Strategien zum Füllen der Leere
zwischen Überrepräsentation und Unsichtbarkeit werden verfolgt? [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Problembeschreibung
2.A. Repräsentation schwarzer Männlichkeit in den USA
2.B. Historische Ursachen dieser Repräsentation schwarzer Männlichkeit
3. Die Ausstellung „Black Male“: Konzeption und Werke
3.A. Ziele der Ausstellung
3.B. Werke
3.B.I. Adrian Piper, "I Embody", 1975 (Abb. 1)
3.B.II. Carl Pope. “Some of the Greatest Hits of the New York Police Department: A Celebration of Meritorious Achievement in Community Service”, 1994, Installation
3.B.III. Robert Mapplethorpe, Fotografien aus dem „Black Book“, 1980 bis1983
3.B.IV. Lyle Ashton Harris, „Constructs”, 1989 (Abb. 6-8)
3.B.IV.1. Vergleich von Mapplethorpes „Man in Polyester Suite“, 1980 (Abb. 9) und Harris „Construct # 10“, 1989
3.B.V. Carrie Mae Weems, “Commemorating”, 1991 (Abb. 10)
3.B.VI. Fred Wilson, “Guarded View”, 1991 (Abb. 12)
4. Die Ausstellung aus postkolonialer Perspektive
5. Die Rezeption
6. Schluss: Wurden die gesetzten Ziele erreicht?
7. Anhang
1. Einleitung
Das Thema dieser Arbeit ist die Ausstellung „Black Male. Representation of Masculinity in Contemporary American Art“ im Whitney Museum of American Art in New York von 1994.
Ein interessanter Aspekt des Themas der Ausstellung „Black Male. Representation of Masculinity in Contemporary American Art“ ist die Betrachtung von marginalisierter Männlichkeit, denn normalerweise steht Männlichkeit für Macht und wird nicht mit Marginalisierung in Zusammenhang gebracht.
Ein deutlicher Nachteil im alltäglichen Leben von afroamerikanischen Männern ist, dass schwarze Frauen in Amerika durch Quotenregelung geschützt werden, schwarze Männer hingegen nicht. Das liegt daran, dass schwarze Frauen eher eingestellt werden, um sowohl die Frauenquote als auch die Quote von Afroamerikanern gleichzeitig zu erhöhen. Schwarze Männer haben deshalb de facto keinen rechtlichen Schutz gegen eine Marginalisierung in der Arbeitswelt.
Auch am Rande gemachte Vergleiche zur Situation im ebenfalls multikulturellem Deutschland machen das Thema der Repräsentation schwarzer Männlichkeit in einem von Weißen dominierten Kulturraum interessant.
In dieser Arbeit wird es um die Reflektion der Repräsentation von schwarzer Männlichkeit in der zeitgenössischen Kunst am Beispiel der Ausstellung „Black Male“ von 1994 gehen. Dabei wird zunächst das Spektrum von Repräsentationen dargestellt und ihre Entstehung beschrieben. Dann wird an Hand der Ausstellung und einer Auswahl von Werken exemplarisch diskutiert, was die Kunst hinsichtlich des Abschaffens von Stereotypen leisten kann. Dabei soll nur ein Versuch einer Einordnung in das Kunstschaffen der jeweiligen Zeit erfolgen, denn eine weitgehende Verortung der Werke in der Kunstgeschichte würde über die Fragestellungen dieser Arbeit hinaus führen. Der in der Ausstellung als gleichwertig präsentierte Teil eines Filmprogramms, wird hier nicht analysiert. Auch auf den von einem Kritiker ironisch als „Hauptteil“ der Ausstellung benannte Katalog, der sich theoretisch der Repräsentationsfrage nähert, wird hier nicht Thema sein. Im letzten Teil dieser Hausarbeit wird es darum gehen, ob die Ausstellungskonzeption bei den Kunstkritikern so angekommen ist und was zu kritisieren ist. Hierbei soll aus postkolonialer Perspektive argumentiert werden. Die Hauptfragestellungen werden Folgende sein: Welche Strategien zum Füllen der Leere zwischen Überrepräsentation und Unsichtbarkeit werden verfolgt? Wie sieht das Verhältnis von postkolonialem Ausstellungskonzept und seiner praktischen Umsetzung aus? Inwiefern ist diese Ausstellung Teil einer postkolonialen Kritik? Was leisten die Arbeiten im Einzelnen hierbei? Der Schwerpunkt wird weiter auf den einzelnen Werken liegen während die Bedeutung der Ausstellung als Ganzes an dieser Stelle nicht behandelt wird.
2. Problembeschreibung
2.A. Repräsentation schwarzer Männlichkeit in den USA
Nach Thelma Golden sei die afroamerikanische Männlichkeit eine der größten Erfindungen des 20. Jahrhunderts. Es sei ein erfundener Bergriff, weil er aus einer Vielzahl von Ängsten und Projektionen bestehe. Er vermittele nichts Wirkliches über die Existenz der schwarzen Männlichkeit.“[1]
Kobena Mercer und Isaac Julien sprechen von einer Überrepräsentation von männlichen Afroamerikanern in den Medien als Personifikation von Drogen, Krankheiten und Kriminalität. Sie seien zum Symbol für nationale Krisis geworden, die am Bild des schwarzen Mannes dramatisiert, dämonisiert werde.[2] Neben dem Bild des Kriminellen und Faulen tauchen sie als Sexsymbol und Athlet auf. Hierbei fällt auf, dass nur eine körperliche Repräsentation schwarzer Männlichkeit vertreten ist.
Cose sagt, dass Problem sei nicht nur, dass afroamerikanische Männer als sterbend und mordend dargestellt werden, sondern dass sie als nichts Anderes tuend dargestellt werden. Hierbei stelle sich die Frage, inwieweit diese Repräsentation die Realität wiederum beeinflusse.[3]
Im Vorwort des Ausstellungskataloges zur Ausstellung „Black Male“ beschreibt Gates die Stellung, den der schwarze Körper in der amerikanischen Kultur einnehme, als bildlichen Ausdruck der historischen Nichtanerkennung seiner Bürgerrechte. Gates sieht diese rein physische Repräsentation in der Masse an stereotypen Bildern, z.B. aus der Zeit der konservativen Bewegung nach dem Bürgerkrieg, die noch heute existieren, begründet. Diese Bilder wurden geschaffen, um Propaganda gegen den freien Status von Schwarzen als Bürger zu machen.[4] Gates zitiert Stern A. Brown der 7 Beispiele aus der Literatur heraus gearbeitet hat, welche Loyalität, Heiterkeit, Unterwürfigkeit, Putzigkeit, Überschwang/ Lebendigkeit, tierisch/ Wildheit, sexuelle Lust sind.[5]
Auch für Lee besteht nur eine rein körperliche Repräsentation. Nur als Körper, nicht als Geist dargestellt, sei der afroamerikanische Mann virtuell abwesend und unmündig.[6] Die einzelne Person verschwindet so hinter der vorherrschenden stereotypen Repräsentation und wird unsichtbar. Unsichtbar wird sie aber auch in Hinblick auf die fehlenden Bilder, die Leere zwischen physischer Überrepräsentation und negativen Stereotypen. Ralph Ellisons Begriff des „unsichtbaren Mannes“ wird hiermit erläutert.
Zusammenfassend kann man nach Thelma Golden sagen, schwarze Männlichkeit sei also unsichtbar und überinterpretiert.
2.B. Historische Ursachen dieser Repräsentation schwarzer Männlichkeit
Im Katalogtext von Thelma Golden „My Brother“ werden Gründe für diese Repräsentation genannt. Die Repräsentation von schwarzer Männlichkeit sei sowohl von weißer als auch von schwarzer Seite im 20. Jahrhundert beeinflusst worden. Auf weißer Seite seien dies die geschaffenen historischen Stereotypen, die Debatte über den gefährdeten schwarzen Mann, die eindimensionale Medienrepräsentation und die Dämonisierung der Hip – Hop - Kultur. Auf schwarzer Seite würden die Bilder der schwarzen Männlichkeit durch die 1968 entstandene „Black Power“ - Bewegung, die durch eine patriarchalische, aggressive und sexuelle Vorstellung von „schwarzer Männlichkeit“ geprägt war, durch den 1972 aufkommenden Blaxploitationfilm, der sowohl negative als auch positive Bilder über schwarze Männlichkeit vermittelt und das Hochhalten der Hip - Hop - Kultur beeinflusst.
So werden sowohl von weißer als auch von schwarzer Seite aus positive und negative Bilder der schwarzen Männlichkeit kreiert.
Golden, die Kuratorin dieser Ausstellung, möchte nicht in dualistischer Denkweise negative und positive Bilder erklären und abgrenzen, sondern Alternativen kreieren.[7] Auch bell hooks sagt, dass die Diskussion über das Dualistische erweitert werden müsse. Gut ist nicht nur das, was den Stereotypen gegenübersteht. Nach bell hook gehe es des Weiteren nicht nur darum, den Status Quo zu kritisieren, sondern Bilder zu transformieren, Alternativen zu kreieren, danach zu fragen, welche Bilder zerrütten und vor allem vom dualistischen Denken abzurücken.[8]
3. Die Ausstellung „Black Male“: Konzeption und Werke
3.A. Ziele der Ausstellung
Die Ausstellung versucht, Parallelen von Repräsentation schwarzer Männlichkeit in der Kunst und Kultur und der Art und Weise, in der afroamerikanische Männer von der Gesellschaft betrachtet werden, aufzuzeigen und untersucht, wie sich diese verändert.[9]
Golden möchte mit dieser Ausstellung einen Überblick über ästhetische Strategien im Bezug auf die Repräsentation „schwarze Männlichkeit“ eines Vierteljahrhunderts in fast 70 Arbeiten von 29 Künstlern geben.[10]
Dabei geht es um die Frage, was schwarze Männlichkeit sei oder ausmache. Golden versucht, den Begriff „Black Male“ als soziales Konstrukt zu verstehen, dass aus einer Vielzahl von Identitäten und Charakteren besteht.[11]
Weiter sollen stereotype Repräsentationen von Rasse und Gender aus verschiedenen Perspektiven wie reich/arm, hetero/homosexuell, berühmt/anonym erforschen werden und ihre Mechanismen aufgedeckt werden.[12]
Darüber hinaus soll ein Beitrag dazu geleistet werden, den Kunstkanon zu erweitern und die zuvor marginalisierte Kunst und Kultur der Afroamerikaner ins Museum zu bringen und sie somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[13]
Damit will die Ausstellung einen politischen Beitrag leisten und versuchen, politisch in die andauernde Diskussion von Race und Gender zu intervenieren.[14]
Vor allem soll es allerdings um die Schöpfung alternative Bilder gehen, die die Leere zwischen historischer Unsichtbarkeit und kultureller Überdeterminierung als Krimineller, Athlet und Faulpelz aufheben könnten.[15]
Anhand der Werke dieser Ausstellung wird nun diskutiert werden, ob das dualistische Denken aufgegeben wurde und neue alternative Bilder einer Repräsentation geschaffen worden sind und ob die gesetzten theoretischen Ziele erreicht worden sind.
Zu den einzelnen Werken werde ich zunächst den Katalogtext wiedergeben, dann andere kunstgeschichtliche Meinungen kurz darstellen und im Anschluss überprüfen, ob die theoretische Intention in der Praxis so auch funktioniert und wie die Meinungen der Literatur, wie auch der Kuratorin, zu bewerten sind.
3.B. Werke
3.B.I. Adrian Piper, "I Embody", 1975 (Abb. 1)
Golden schreibt im Katalogtext, dass Piper in ihrer Kunst mit Angst von Weißen vor Schwarzen konfrontieren möchte. Ihre Arbeit „I Embody“ ist ein Selbstporträt als afroamerikanischer Mann mit dem Text „I embody everything you must hate and fear“. Diese Arbeit entstand im Rahmen der Performance „Myth Being“, in der Piper als schwarzer Mann mit Afrofrisur und dunkler Sonnenbrille verkleidet durch New York ging.
Pipers stereotyper Look in „I Embody“ diene nach Golden dazu, sowohl die Zuschauer als auch den Sprecher zu spezifizieren. Das „I“ sei ein Binär: die Verkörperung der schwarzen Wut, die nach Individualisierung und Behauptung ihrer Stimme suche auf der einen Seite und der spezifizierte rassistische Betrachter auf der anderen Seite.[16]
Diese Publikumsspezifizierung haben auch viele Kunsthistoriker betont. Randolph und Rosenthal sehen in dem „I“ den Zuschauer spezifiziert, indem diese Arbeit die Verunsicherung durch die ihrer Person, verkleidet als schwarzer Mann im stereotypen Outfit, entgegengebrachte Feindseligkeit, Angst oder Nichtbeachtung ausdrücke.[17] Lee konkretisiert dies indem sie sagt, die Arbeit setze ein weißes rassistisches Publikum voraus.[18] Auch Holland Cotter schreibt, dass Pipers Arbeiten rassistische Mechanismen, versteckte und offensichtliche, aufdecken würden.[19]
Einen anderen Aspekt spricht Anja Zimmermann an: Piper erscheine weiß, fühle sich aber schwarz, so dass es zu einem Aufweichen dieser Kategorien komme. Dieses unterstützt die These, „Rasse“ sei sozial imaginiert und nicht aus biologischen Realitäten ableitbar. Piper arbeite nach Zimmermann mit einem dekonstruktivistischem Verfahren, mit dem sie die Kategorie Rasse in Frage stelle.[20]
Über Cotter lässt sich nun die Brücke zu Goldens These über die Konstruiertheit des Begriffs „Schwarze Männlichkeit“ schlagen: Piper ändere ihr Aussehen und werde so zu einem konzeptuellen Objekt. In dieser Arbeit ziehe sie sich stereotyp, nicht wie ein schwarzer Mann, an und verhalte sich auch dementsprechend stereotyp.[21] Dieses verdeutlicht plausibel Thelma Goldens Aussage, der Begriff der schwarzen Männlichkeit sei ein soziales Konstrukt. Piper zieht sich nicht an wie ein schwarzer Mann, sondern, wie es die Stereotypen vorgeben. So wie die stereotype Repräsentation schwarzer Männlichkeit konstruiert wurde, konstruiert Piper auch ihr Aussehen und lässt den Betrachter sein vorgefasstes Bild überdenken.
Piper benutzt ihren Körper als Träger ihrer Repräsentation dieser stereotypen schwarzen Männlichkeit. Dabei schafft Piper kein neues, positives Bild, sondern führt noch einmal nur ein Stereotyp vor. Sie zeigt überdeutlich ein Bild, das überrepräsentiert ist: das des kriminellen, gefährlich und gewalttätig scheinenden Schwarzen. Dadurch dekonstruiert sie natürlich letztendlich den Stereotypen wiederum, in dem sie es verdeutlicht.
Rosenthal und Randolphs und Zimmermanns Aussage, diese Arbeit impliziere einen weißen, rassistischen Betrachter, erscheint mir plausibel. Wenn jedoch die Identitätsbildungen von Betrachter und Betrachteten in einer wechselseitigen Beziehung stehen, sich gegenseitig konstituieren, dann schafft sowohl der rassistische Betrachter für Piper das stereotype Kostüm wie auch die stereotyp gekleidete Künstlerin einen rassistischen, weißen Betrachter als Stereotyp voraussetzt und sich gleichermaßen schafft.
Eine weitere Arbeit Pipers dieser Ausstellung, die interessant ist, ist „Four Intruders plus Alarm System“ von 1980 (Abb. 2). Hier werden Großfotografien von schwarzen Männern gezeigt und Kommentare von weißen Betrachtern über Kopfhörer wiedergegeben. Diese Kommentare sprechen den Personen auf den neutralen Fotografien kriminelle und gefährliche Eigenschaften zu. M. Müllers Beobachtung, dass gerade schwarze Besucher sich mit dieser Arbeit amüsiert haben, während Weiße betroffen waren.[22] Bei dieser Reaktion stellt sich die Frage, ob Weiße dieses Thema zu verkrampft sehen, sich schuldig fühlen und sich deshalb durch ihre Arbeiten so betroffen fühlen. „I Embody“ funktioniert ja nur, wenn wir zumindest über Vorurteile bescheid wissen.
Kunstgeschichtlich ordnet sich Piper in die feministische Bewegung, die Mitte der 70er Jahre auflebte und die mit der Machobewegung von Black Power kollidierte, ein. Sie gehört zu Künstlerinnen der Konzept-Kunst wie Lorraine O’Grady, die feministische Kunst über den Feminismus hinaus auf Themen wie Rasse und Geschichte ausweiteten.[23] Diese Arbeit ist die früheste der hier zu analysierenden Ausstellungsstücke. 1975 entstanden, steht sie fast 15 Jahre vor Harris „Constructs-Serie“, in der es auch um Geschlechterrollen geht. Während Pipers „I Embody“ ernst und anklagend ist, nimmt man bei Harris Selbstironie wahr. Harris gibt sich als Mann zu erkennen, während Pipers Auftreten einer Imitation gleich kommt, die auszusagen scheint: ich kann mich genauso machohaft benehmen und fühlen wie ein Mann[24]. Pipers spätere Arbeiten wie „Vanilla Nightmares“ (Abb. 3) und „Four Intruders Plus Alarmsystem“, die auch in dieser Ausstellung zu sehen waren, arbeiten nicht mehr mit Geschlechterrollen und Performance, sondern thematisieren die Angst Weißer vor Schwarzen, hervorgerufen durch Stereotypen. Blessing sagt, dass die performance-basierten Selbstporträts in den 70ern von Künstlern wie Piper die kritischen Impulse der 90er vorwegnahmen, die proklamierten, Identität sei performativ und nicht natürlich, stabil oder ontologisch determiniert[25].
[...]
[1] Golden, Thelma (Hrsg.): Black Male. Representation of Masculinity in Contemporary American Art, Ausst.-Kat., Whitney Museum of American Art, New York, 1997, S. 19; im Folgendem zitiert als: Golden, Black Male, 1994
[2] Kobena Mercer: Engenderd Species: Danny Tisdale and Keith Piper; in: Artforum, 30, 1992, S.
75; zitiert nach: Thelma Golden, Black Male, 1994, S. 19
[3] Cose, Ellis in: Plagens, Peter und Cose, Ellis: Black Like Whom?; in: Newsweek, Vol. 124, Artikel 20, New York,14.11.1994; im Folgenden zitiert als: Plagens und Cose, Black Like Whom?, Newsweek, 14.11.1994
[4] Gates, Henry Louis: Preface; in: Golden, Thelma, Black Male, 1994, S. 11/12
[5] Brown, Stern A., 1937; zitiert nach: Golden, Thelma: Black Male, 1994, S. 12
[6] Lee, Pamela: Eine Lektion über den schwarzen Mann als Objekt, in: Texte zur Kunst, Jg. 5, Nr. 17, Berlin, Februar 1995 S. 173/174; im Folgendem zitiert als: Lee, Eine Lektion über den schwarzen Mann als Objekt, in Texte zur Kunst, 1995
[7] Golden, Thelma, Black Male, 1994, S. 24
[8] hooks, bell: Black Looks: Race and Represantion, Boston, 1992; zitiert nach: Golden, Thelma, 1994, S. 24
[9] Ross, David A.: Director’s Foreword; in: Golden, Thelma, Black Male, 1994, S. 7
[10] Gates, Henry Louis: Preface; in: Golden, Thelma: Black Male, 1994, S. 13
[11] ebenda, S. 13
[12] Ross, David A.: Director’s Foreword; in: Golden, Thelma: Black Male, 1994, S. 8
[13] ebenda, S. 9
[14] Gates, Henry Louis: Preface; in: Golden, Thelma, Black Male, 1994, S. 13
[15] Lee, Eine Lektion über den schwarzen Mann als Objekt, in Texte zur Kunst, 1995
S. 174
[16] Golden, Black Male, 1994, S. 25/26
[17] Randolph, Adrian und Rosenthal, Angela: Black Male Suspect? Auseinandersetzung mit Stereotypen afroamerikanischer Männlichkeit in der zeitgenössischen US-Kunst, in: kritische berichte, Jg. 23, Heft 3, Marburg, 1995, S. 76; im Folgendem zitiert als: Randolph und Rosenthal, Black Male Suspect?, in kritische berichte, 1995
[18] Lee, Eine Lektion über den schwarzen Mann als Objekt, in Texte zur Kunst, 1995
S. 175
[19] Cotter, Holland: Adrian Piper: A Canvas of Concerns – Race, Racism and Class, in: The New York Times on the Web, www.asu.edu/wwwcourses/art/SOACore/piper-art-review.htm, 24.12.1999 (23.01.03); im Folgendem zitiert als: Cotter, A Canvas of Concerns, in The New York Times on the Web, 24.12.1999
[20] Zimmermann, Anja: Skandalöse Bilder – Skandalöse Körper: Abject Art vom Surrealismus bis zu den Cultural Wars, Berlin 2001, S. 65; im Folgendem zitiert als: Zimmermann, Skandalöse Bilder – Skandalöse Körper, 2001
[21] Cotter, A Canvas of Concerns, in The New York Times on the Web, 24.12.1999
[22] Müller, Marlene: Eindrücke der Ausstellung „Black Male“: Repräsentation of Masculinity in Contemporary Art”, in: Frauen Kunst Wissenschaft, Marburg, Juli 1996, S. 98; im Folgendem zitiert als: Müller, Eindrücke der Ausstellung „Black Male“, in Frauen Kunst Wissenschaft, 1996
[23] Blessing, Jennifer: Rrose is a Rrose is a Rrose; Gender Performance in Photographie, New York 1997, S. 148/149; im Folgendem zitiert als: Blessing, Rrose is a Rrose is Rrose, 1997
[24] ebenda, S. 171
[25] ebenda, S. 171
- Arbeit zitieren
- Annika Höppner (Autor:in), 2003, Geschlechterkonstruktion und Interkulturalität in der Gegenwartskunst: Die Ausstellung "Black Male" 1994 in New York, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18239
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