Christian Krachts Roman "1979" als popliterarischer Text


Hausarbeit, 2011

20 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Entstehung der Popliteratur
2.1 Geschichte der Popliteratur
2.2 Definition - was ist Popliteratur?
2.3 Aufstieg der Popliteratur in Deutschland

3 Christian Krachts Roman 1979
3.1 Der Autor Christian Kracht
3.2 Die Charaktere des Romans
3.3 Aufbau und Struktur
3.4 Sprache und Stil des Romans
3.5 Handelt es sich bei 1979 um ein Werk der Popliteratur?

4 Ausblick und Schluss

5 Literatur- und Quellenverzeichnis

Vorwort

Die kommende Arbeit beschäftigt sich mit einer der jungen Formen der Literatur in der Gegenwart und zwar mit der Popliteratur. Diese Art von Literatur und ihre Autoren sind vielen meiner Kommiltionen und Kommilitoninnen neu. Ich muss gestehen, dass ich erst durch die Teilnahme an dem Seminar und durch diese Arbeit von den Autoren der Popliteratur erfahren und ihre Romane kennengelernt habe. Nach der Beschäftigung mit dieser Literatur halte ich sie für einen großen Gewinn und kann ihre Beachtung jedem interessierten Leser ans Herz legen. Die popliterarischen Werke seit den 90er Jahren sind nicht nur für die junge Generation lesenswert, sondern können die Sichtweisen junger Autoren auch älteren Leserkreisen vermitteln.

Zu Beginn möchte ich versuchen, eine wissenschaftliche Definition des Begriffs ,Popliteratur’ zu geben, obwohl dies ein schwieriges Unterfangen ist.

Thomas Ernst definiert das Genre so: „Dies [den Begriff ,Popliteratur’ zu definieren] ist [...] schwierig, da er in den vergangenen Jahren haupsächlich als Etikett benutzt wurde, um Büchern ein jugendlich-frisches und aufmüpfiges Image zu geben und zu suggerieren, dass sie unterhaltsam und leicht lesbar seien.“1

Das erste Kapitel dieser aus zwei Hauptteilen bestehenden Hausarbeit werden die Geschichte, Ursprünge und Aufstieg der Popliteratur einnehmen. Im Anschluss bespreche ich die Popliteratur im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen. Die Materiallage ist dabei derart, dass es wenig, aber sehr relevante Literatur gibt. So folgen die Berichte überwiegend dem Werk Popliteratur von Thomas Ernst, aus dem zu Beginn schon zitiert wurde.

Im anschließenden Kapitel wird ein Beispiel für den deutschen Roman in Kontext der Popliteratur präsentiert und analysiert. Aber vor allem wird einer der Autoren des PopRomans in Deutschland vorgestellt werden. Hier steht ein Pop-Roman im Mittelpunkt. Ich habe den Roman 1979 von Christian Kracht gewählt, da dessen Veröffentlichung eine besonders durchschlagende Wirkung auf die Literaturszene hatte. Die Analyse beruht in der Hauptsache auf dem Primärtext selbst sowie auf Rezensionen, die von verschiedenen Rezensenten und Kritikern stammen. Außerdem wird weitere Sekundärliteratur zu Rate gezogen.

Das Thema der Arbeit ist aktuell und wird häufig diskutiert. Ich hoffe, dass diese Arbeit das Interesse der mit den im Kontext der Popliteratur geschriebenen Romanen beschäftigten Lesers weckt.

2. Entstehung der Popliteratur

2.1 Geschichte der Popliteratur

In der Mitte des 20. Jahrhunderts entsteht die Popliteratur. In den sechziger Jahren findet der Begriff Popliteratur in den USA eine erste Erwähnung. Diese Literatur baute sich in Amerika erfolgreich auf. In Deutschland brachte zum ersten Mal Rolf Dieter Brinkmann 1968 den Begriff ’Popliteratur’ ein. Diese Art von Literatur entstand aus der Literatur der Dadaisten und der Beatniks. Die Künstler waren wegen der Schrecken des Ersten Weltkriegs verunsichert. Deshalb schufen sie als entgegengesetzten Pol zum bürgerlichen Humanismus und den Idealen des Wahren, Schönen und Guten eine Antikunst und eine Literatur der Sprachauflösung und Konstruktionszerstörung.2

Die internationale revolutionäre Kunst- und Literaturrichtung des Dadaismus negierte jegliche künstlerische Ideale und proklamierte absolute Freiheit der künstlerischen Produktion sowie einen konsequenten Irrationalismus in der Kunst. Den Dadaismus haben emigrierte junge Künstler aus Europa, und zwar aus Frankreich, Deutschland und Rumänien 1916 gegründet, als sie das Cabaret Voltaire in Zürich eröffnet haben. Das Cabaret Voltaire war der Geburtsort des Dadaismus. In dem ersten Hort der Dada-Bewegung pflegten sie die Herausforderung des Publikums durch Zufälligkeit statt Planung, Demolierung statt Konstruktion, Sinnlosigkeit und Nichtigkeit statt bürgerliche Werten, Unsinn statt Sinn, letztlich durch Kitsch statt Kunst.3

Die Gruppe DADA-Berlin gruppierte sich nach der Kapitulation 1918 und der niedergeschlagenen sozialen Revolution um Richard Huelsenbeck, George Grosz, Franz Jung und andere. Sie spielten eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Technik des Dadaismus, indem sie Skandale aus den Clubs und Künstlerzirkeln an die Öffentlichkeit nochmals durchführten. Die Berliner veranstalteten außerdem im Jahr 1920 die Erste Internationale Dada-Messe.4.

Der rumänische Schriftsteller und Mitbegründer des Dadaismus Tristan Tzara (1896-1963) brachte im Jahre 1919 den Dadaismus nach Paris. Dort entwickelte ihn der französische Dichter und Schriftsteller Andre Breton (1896-1966) zu Beginn der 20er Jahre zum Surrealismus weiter, da er in der damaligen Zeit der wichtigste Theoritiker des Surrealismus war. Der amerikanische Dadaismus entstand während des Aufenthalts europäischer Künstler im Exil in New York von 1915 bis 1921. Damit war der Ausgangspunkt für die spätere Pop-Art gelegt.5

Im Jahr 1920 fand in Berlin die erste Internationale Dada-Masse statt. Gezeigt wurde u. a. eine Soldatenfigur mit Schweinekopf. Vier Jahre danach erschien das erste Manifest des Surrealismus von Andre Breton. Er berief sich auf die Psychoanalyse und Sigmund Freud. Im Jahr 1947 gab Theodor Adorno in der von ihm herausgegebenen Dialektik der Aufklärung der Kulturindustrie eine Mitschuld am Holocaust. 1951 verwendete Jerome David Salinger in seinem Roman The Catcher in the Rye Jugendsprache. In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre begründeten Robert Rauschenberg und Jasper Johnas die PopArt, die von Roy Lichtenstein und Andy Warhol weitergeführt wurde. Gegenstände und Bilder der Welt des Alltags wurden künstlerisch verfremdet. Im Jahr 1968 benutzte Leslie Fiedler in seinen Vorträgen in Freiburg zum ersten Mal den Begriff Postmoderne. Damals diskutierten Hans Magnus Enzensberger (*1929) und Karl Markus Michel (1929-2000) über die Notwendigkeit einer Kulturrevolution. Im selben Jahr beschäftigte sich Erika Runge in ihren Bottroper Protokollen mit der Lage der Arbeiter im Ruhrpott. Die Rezetptionsgeschichte des Werkes "Bottroper Protokolle'' belegt, dass es Erika Runge überzeugend gelungen ist, über die beispielhafte Vermittlung von zwar immer individuellen, aber in ihrer Gesamtheit doch typischen Elementen wesentliche Merkmale eines bestimmten gesellschaftlichen Umfelds dazustellen. Die Romane im popliterarischen Kontext tauchten auf, als Der Parallelendenker von E. Cramer und Die Insel, Ezählungen auf dem Bärenauge von Peter O. Chotjewitz erschienen. Der Roman Keiner weiß mehr von Rolf Dieter Brinkmann wurde sehr bekannt. Im Jahre 1972 publizierte Ulrich Plenzdorf seinen Entwicklungsroman Die neuen Leiden des jungen W. und befasste sich darin mit der Popkultur in der Deutschen Demokratischen Republik. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre veröffentlichte Jörg Fauser (1944-1987) seinen Underground-Roman Rohstoff. Jürgen Theobaldy gab den Gedichtband Zweiter Klasse heraus, der Slogans, Jargon und Umgangssprache beinhaltete. Die 90er Jahre waren das eigentliche Jahrzehnt der Popliteratur. Im Jahr 1993 fertigte Thomas Groß seine Studie Alltagserkundungen über Rolf Dieter Brinkmann an. In dieser Dekade verfasste Irvine Welsh den die Drogen-Subkultur beschreibenden Roman Trainspotting und griff darin auf Slang und Dialekt zurück. Zu dieser Zeit fand in Berlin erstmals ein Social-Beat-Festival statt, das eine Welle von Poetry Slams und Zeitschriften in Gang setzte. Im Jahr 2000 lud Maxim Biller (*1960) über hundert junge Popautoren in die Evangelische Akademie Tutzing ein, um ein Gespräch über das Thema in Gang zu bringen. In den letzten Jahren erlebte die Popliteratur einen großen Aufschwung und rasante Blüte.

2.2 Definition - was ist Popliteratur?

Bevor der Begriff Popliteratur besprochen wird, möchte ich zunächst das Wort analysieren. Das Wort Popliteratur ist ein Kompositum und besteht aus zwei Teilen - ’pop’ und 'Literatur’. Das Wort ’Pop’ stammt aus dem Englischen und kennzeichnet die Wörter pop art bzw. popular art. Das heißt volkstümliche Kunst. Es geht auf das altfranzösische ,populeir’ und auf das lateinische ,popularis’ zurück, (populus = Volk).6 Das Wort ’Pop’ kann im heutigen Sprachgebrauch alles Mögliche bedeuten:

- d]en jeweiligen Hitparadeninhalt,

- die neuere Jugen-, Massen- und Alltagskultur,
- Unterhaltung,
- volkstümliche oder mediale Popularität,
- eine bestimmte Vermarktungsstrategie,
- einen (komplexen) ästhtetischen Traditonszusammenhang,
- eine Kunstrichtung,
- Geschwindigkeit und Leichtigkeit.

Die Bezüge der Popliteratur können auch gestalterisch fundiert sein. Slang und Szenensprache werden gebraucht. Genre-Versatzstücke aus Science-Fiction, Krimi und Pornographie werden verwendet. Dies lässt sich formal an der Orientierung an Popmusikmustern erkennen.

Nach ,Pop’ als Begriff haben viele Autoren, Leser und Fachleute gesucht, um die Literatur, die sie verfassten oder mit der sie zu tun hatten, zu beschreiben. Dieser Fall hat Parallelen mit dem der Psychose: Niemand weiß, was eine Psychose ist oder was hinter diesem Wort steckt, aber der Begriff ist vielen Ärzten bekannt und vertraut, und sie bezeichnen viele verschiedene Krankheiten und Symptome so, ohne den Begriff näher zu definieren. Ähnlich ist es auch mit dem Begriff ,Pop’. In der Literatur ist er noch viel diffuser als in der Musik.7

Eine genaue Definition der Popliteratur fällt vielen Autoren und Forschern schwer. Sie ist nicht eindeutig und sehr umstritten. Unter Popliteratur versteht man Literatur, die aufgrund ihrer Aufmachung, Thematik und Vermarktung die Massen anspricht. Die Hauptthemen der Popliteratur sind Liebe, Homo- Bi- und Heterosexualität, Kleidungsstile und Drogenkonsum. Diese werden in einem leicht verständlichen, jugendlichen Sprachstil geschrieben und sind durch Umgangs- und Szenensprache sowie Slang gekennzeichnet. Also hat die Popliteratur eine neue, freche und zwangslose Ausdrucksweise und ist viel mehr als nur Literatur. Diese Strömung der Gegenwartsliteratur ist auf eine breite und vorzugsweise junge Zielgruppe ausgerichtet und hat kommerzielle Ziele. Die Popliteratur beinhaltet als Schwerpunkte Schilderungen aus der Popwelt und die Thematik des Erwachsenwerdens. Popliteratur handelt auch von der Alltagskultur der jugendlichen Massen.

Der 16jährige Benjamin Lebert gilt als paradigmatischer Autor der Popliteratur. 1999 erschien sein Roman Crazy. Dieser Roman hatte großen Erfolg und war ein Bestseller. Wichtige Vertreter der Popliteratur sind heute außerdem Benjamin von Stuckrad-Barre, Helge Schneider und Helen Fiedling.8

Popliteratur ist eine Entwicklungslinie der Literatur, die sich im zwanzigsten Jahrhundert damit beschäftigte, die Grenze zwischen Populärkultur und Hochkultur aufzulösen und damit auch Themen, Schreibstile und Lebensweisen aus der Massenkultur und der Alltagskultur aufzunehmen. Es gibt unterschiedliche Merkmale, die diese Art von Literatur kennzeichnen. Davon möchte ich einige erwähnen. Diese Merkmale lassen sich in den Texten finden, die in einfacher Sprache geschrieben sind und realistisch aus dem Leben gesellschaftlicher Außenseiter berichten. Es sind u.a. Texte, die auf Songs und Phänomene der Popkultur verweisen. Der Begriff Popliteratur umfasst auch die Texte, die sich kritisch zum hohen Ton der traditionellen Literatur befassen und sich um neue authentische Sprechweisen bemühen oder die Sprache in ihre Einzelteile zerlegen.

[...]


1 Thomas Ernst: Popliteratur. Hamburg 2005. S. 6.

2 Vgl. Ernst: Popliteratur. S. 10.

3 Vgl. ebd. S. 10.

4 Vgl. ebd. S. 12.

5 Vgl. ebd. S. 13.

6 Vgl. Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 3. völ. neu bearb. u. erweit. Aufl. Hg. v. Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion. Bd.7. Leipzig u.a. 1999. S. 2968f.

7 Vgl. Johannes Ullmaier: Von Acid nach Adlon und zurück. Eine Reise durch die deutschsprachige Popliteratur. Mainz 2001. S. 14f.

8 Vgl. ebd. S. 15ff.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Christian Krachts Roman "1979" als popliterarischer Text
Note
2,5
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V188356
ISBN (eBook)
9783656121107
ISBN (Buch)
9783656122937
Dateigröße
618 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
christian, krachts, roman, text
Arbeit zitieren
Hael Al-Dobeibi (Autor:in), 2011, Christian Krachts Roman "1979" als popliterarischer Text, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/188356

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