Die Präsenz des Politischen in THE SIMPSONS


Hausarbeit, 2002

20 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Das Phänomen The Simpsons

3. Politik in The Simpsons

4. Konstruktion der Kernfamilie in The Simpsons

5. Expressiver Individualismus in The Simpsons

6. Republikanismus in The Simpsons - Mr. Lisa Goes To Washington (Einmal Washington und zurück)

7. Schlussbetrachtung

8. Quellen

1. Einleitung

Matt Groenings Zeichentrickserie The Simpsons rief in den frühen 90er Jahren großes Aufsehen unter den US-amerikanischen Fernsehzuschauern hervor. Ihr subversiver Gehalt provozierte sogar die politischen Machtinhaber zu kritischen Kommentaren.

Die damalige First Lady Barbara Bush rügte im September 1990 gegenüber dem People Magazin das schlechte Vorbild der Serie für die amerikanischen Zuschauer. „The Simpsons is the dumbest thing I have ever seen!”[1] Dies war der Beginn einer mehrere Jahre andauernden Fehde zwischen den Bushs und The Simpsons. Die Produzenten der Cartoon-Serie blieben nach dem Statement der First Lady nicht untätig und einige Tage später erreichte das Weiße Haus ein von Serienmutter Marge Simpson unterzeichneter Brief, in dem sie sich und ihre Familie verteidigte. Nach zwei Wochen entschuldigte sich Barbara Bush öffentlich bei der Familie Simpson für ihre „lose Zunge“.[2]

Im Wahlkampfjahr 1992 sprach George Bush in seiner Rede vor der National Religious Broadcasters Convention über den moralischen Verfall in der amerikanischen Familie. Er wünsche sich eine Nation, die den als spießbürgerlich geltenden The Waltons näher sei als The Simpsons.

„(…) I speak of decency, the moral courage to say what is right and condemn what is wrong. And we need a Nation closer to “The Waltons” than “The Simpsons” -- (laughter) -- an America that rejects he incivility, and the tide of intolerance. (…)”[3]

Beantwortet wurde diese Äußerung des Präsidenten in der unmittelbar darauf ausgestrahlten Serienfolge Stark Raving Dad (Die Geburtstagsüberraschung)[4]. Zu sehen ist die Zeichentrickfamilie, wie sie sich die Ansprache des Präsidenten im Fernsehen ansieht, in der Bush The Simpsons als schlechtes und The Waltons als gutes moralisches Vorbild anführt. Seriensohn Bart Simpson dreht sich zur Kamera und sagt: „Hey, wir sind wie die Waltons. Wir beten auch für ein Ende der Depression.“[5]

Die Fehde entflammte erneut 1996. Diesmal direkt als Serieninhalt in der Folge Two Bad Neighbors (Die bösen Nachbarn). Ex-Präsident George Bush zieht mit seiner Frau Barbara nach Springfield in die direkte Nachbarschaft der Simpsons. Während Marge und Barbara sehr gut miteinander auskommen, entwickelt sich das Verhältnis zwischen Homer und George annähernd zu einer Feindschaft. Die Situation gelangt zu ihrem Höhepunkt als Bart die Präsidenten-Memoiren zerstört und daraufhin eine Tracht Prügel von Bush bezieht. Homer ist außer sich und beschimpft den Ex-Präsidenten in aller Öffentlichkeit.

„First, Bush invades my home turf. Now he steals my right to raise a disobedient, smart-alecky son! (…) You are a wimp!”[6]

Wie konnte es zu einer solchen Fehde zwischen einer Zeichentrickserie und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten kommen? Warum sahen sich der amtierende Präsident und seine Gattin genötigt, gerade diese Serie thematisieren zu müssen? Was macht The Simpsons so bedrohlich? Was ist das Besondere an Matt Groenings Serie? Im folgenden möchte ich diesen Fragen nachgehen und untersuchen, inwieweit Zusammenhänge zwischen dem realen politischen Geschehen und dem Seriengeschehen bestehen. Doch zunächst soll ein allgemeiner Blick auf The Simpsons klären, was diese schrille Serie ausmacht.

2. Das Phänomen The Simpsons

Bei The Simpsons handelt es sich um eine Cartoon-Comedy-Serie, die 1987 im US-amerikanischen Fernsehen anlief. Zunächst als kurze Clips in der Tracy Ullman Show gesendet, bekam The Simpsons ab 1990 einen eigenen Sendeplatz zur Prime Time. Die Zeichentrickserie ist keine reine Kinderserie, sondern durch ihre strukturelle Mehrfachlesbarkeit für mehrere Generationen angelegt. Dem Fox Network verschaffte sie zu Beginn der 90er Jahre den endgültigen Durchbruch. Schon kurz nach dem Start als eigene Serie belegte The Simpsons den ersten Rang der Prime Time Programme in den USA und gewann mehrmals den wichtigsten Fernsehpreis des Landes, den Emmy Award.[7]

Die Familie Simpson besteht aus fünf Personen: Vater Homer, Mutter Marge, Sohn Bart, Tochter Lisa und Baby Maggie. Homer (35) arbeitet als Sicherheitsinspektor in einem Atomkraftwerk,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entspricht jedoch keineswegs dem Bild eines verantwortungsbewussten Arbeiters sondern repräsentiert den typischen TV-Junkie, Chips essend und Bier trinkend. Marge (34), die gute Seele der Familie mit hohem moralischen Anspruch, verkörpert auf den ersten Blick die Rolle einer konventionellen Hausfrau. Im Laufe der Serie entwickelt sie jedoch immer mehr verrückte Ticks und versucht des öfteren, aus dem Ehe- und Familienleben auszubrechen. Lausbub Bart Simpson (10), von seinem Schöpfer Matt Groening als „fun-loving anarchist“[8] bezeichnet, wendet sich mit seinen Sprüchen und Streichen konsequent gegen Autoritäten wie die Lehrer, die Polizei oder den Bürgermeister von Springfield. Lisa bildet das genaue Gegenstück zu ihrem Bruder. Sie ist hoch intelligent, frühreif, altklug, belesen und interessiert. Doch beide Simpsonssprösslinge, die Klassenbeste und der Anarchist, engagieren sich trotz ihres ausgeprägten Individualismus stets gegen Unrecht, erkennen ihre Verantwortung und setzen sich für die Gemeinschaft ein. Maggie schließlich saugt ohne Unterlass an ihrem Schnuller und spricht kaum ein Wort. Treu nach der stets präsenten Selbstreflexivität der Serie beschäftigt sich das jüngste Simpsonskind vorliebsweise mit dem Fernseher und zieht ihn den anderen Familienmitgliedern vor.

Während sich in den USA längst der Präsident öffentlich zu The Simpsons äußerte, wurde die Serie in Deutschland noch lange als Kinderserie unterschätzt. Obwohl für die Prime Time konzipiert, lief sie hier zunächst nur im Nachmittagsprogramm. Vielleicht ließ man sich von dem ersten Blick täuschen, der eine Sitcom in Cartoon-Format zeigt, die vornehmlich von Slapstick bestimmt wird. Doch eine genauere Betrachtung zeigt sofort, dass die Gags der Serie verschachtelt, versteckt und mehrdeutig sind und auf unzählige Konnotationen verweisen. Selten ist eine Folge nach einmaligem Gucken in ihren Anspielungen vollkommen erschlossen oder verbraucht. Entgegen einer „normalen“ Zeichentrickserie oder Sitcom ist in The Simpsons nichts ohne Zeichen- und Verweischarakter, nichts ist nichtsprachlich.

„Ein ewiges laterales Apropos verknüpft alle Gegenstände der Welt als immer schon Kunstgegenstände und Kunstwerke und Bedeutungsspeicher endlos miteinander. Zu allem fällt uns eine andere Fernsehserie, ein anderes Kunstwerk, eine berühmte Kameraperspektive, ein abgehalfterter Star, ein berühmter Satz sowie deren Verkehrungen, Verdichtungen, Verfremdungen etc. ein und die Kette unserer Verknüpfungen nimmt kein Ende.“[9]

The Simpsons betreibt regelrecht wissenschaftliche Arbeit, indem sie den postmodernen Alltag analysiert und dies auf eine selbstkritische Art tut. Die Serie zeichnet sich durch eine Art Cartoon-Realismus aus. Sie befindet sich in einem ständigen kommunikativen Wechselspiel zwischen Serienwelt und realer Welt. Das reale Geschehen wird cartoonisiert und der Serieninhalt basiert auf aktuellen Ereignissen der Realität. Beispielsweise hieß es während des US-Wahlkampfes im Jahr 2000 „Quimby for President“.[10] Der Bürgermeister von Springfield warb für sich im Internet und lag laut Umfragen mit mehr als 40% vor seinen Konkurrenten Al Gore (24%), George W. Bush (23%) und Ralph Nader (9%). Eines seiner Wahlkampfargumente war beispielsweise der neue Umgang mit Feuerwaffen. Laut Quimby töten nicht die Waffen, sondern die Kugeln. Aus diesem Grund müsse man die Beschaffung der Munition erschweren. Jeder Amerikaner solle 25 Kugeln pro Jahr zugeteilt bekommen, verurteilte Verbrecher nur 20 Stück.

Stars synchronisieren Serienfiguren oder sprechen sich sogar selbst. Präsidenten haben regelmäßig Gastauftritte in The Simpsons. Die Serienfamilie reist nach Frankreich, Australien, Japan, New York oder Florida.

„Im Unterschied zu den geschlossenen Räumen der klassischen Sitcom erfolgt bei den SIMPSONS die Referenz auf die, das American Standard Home umgebende, Medienwelt nicht nur über die Nennung eines Namens, einer Sendung oder eines Films. Der Zeichentrickrahmen überschreitet die formalen Grenzen der studiogebundenen Sitcom und bleibt trotzdem den Gesetzen des Simpsonschen Cartoon-Realismus verhaftet.“[11]

[...]


[1] Erläuterungen zum Simpsons-Bush-Konflikt im Internet unter www.sunwayco.com/bush.html

[2] ebd.

[3] Rede vom 27.02.1992 im Internet unter http://bushlibrary.tamu.edu/papers/1992/92012700.html

[4] nähere Informationen zu den Episoden siehe 8. Quellen

[5] Devrim Tuncel/ Rauscher, S. 154

[6] www.sunwayco.com/bush.html

[7] Dörner, S. 513

[8] zitiert aus Dörner, S. 514

[9] Diederichsen, S. 17-18

[10] SPIEGEL ONLINE http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,101698,00.html

[11] Gruteser/ Klein/ Rauscher, S.12-13

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Präsenz des Politischen in THE SIMPSONS
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Institut für Film- und Fernsehwissenschaft)
Note
2,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V23109
ISBN (eBook)
9783638262972
Dateigröße
1952 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Präsenz, Politischen, SIMPSONS
Arbeit zitieren
Anne Klotz (Autor:in), 2002, Die Präsenz des Politischen in THE SIMPSONS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23109

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