Über das deutsche Lied "So trincken wir alle" von Orlando di Lasso


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

22 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Gliederung

1. Orlando di Lasso (1532 – 1594)
1.1. Erste Lebensjahre
1.2. In Diensten von Gonzaga
1.3. Neapel und Rom
1.4. Aufenthalt in Antwerpen
1.5. Lassos Hauptwirken in München
1.6. Lassos Werk

2. Lassos Kompositionen
2.1. Allgemeine Anmerkungen
2.2. Zu den Texten und Inhalten der Lieder
2.3. Ausgaben und Drucke

3. Zum Lied selbst
3.1. Liedtext: So trincken wir alle
3.2. Entstehung und Herkunft
3.3. Analyse

4. Abschließende Bemerkungen

5. Literatur

1 Orlando di Lasso (1532 – 1594)

1.1. Erste Lebensjahre

Orlando di Lasso, der Princeps musicorum (dt. „Fürst der Musiker“), wie er von seinen Zeitgenossen genannt wurde, war Kapellmeister der Bayerischen Herzöge Albrecht V. und Wilhelm V., dem Sohn Albrechts V. Lasso wurde 1530 oder noch wahrscheinlicher 1532 (laut van den Borren) in Mons im Hennegau geboren, von seinen Eltern ist nichts definitiv bekannt. Die Schreibform seines Namens schwankt zwischen lateinischer, französischer und italienischer Fassung, die letztere gebrauchte Lasso selbst. Als Knabe gehörte er wahrscheinlich dem Chor von St. Nicolas in Mons an (was jedoch nicht bewiesen ist) und wurde vermutlich mit den wichtigsten Motetten-Publikationen von 1538-1542 (Buglhat in Ferrara, Petreius in Nürnberg) und den Messedrucken von Attaingnant (Paris 1541) vertraut.

1.2. In Diensten von Gonzaga

Im Alter von 12 Jahren trat Lasso in die Dienste von Ferrante Gonzaga, einem jüngeren Sohn aus dem Hause der Herzöge von Mantua, welcher als General unter Karl V. kaiserliche Truppen befehligte. Gonzaga war 1544 in den Niederlanden unterwegs. Auf seinem Weg nach Süden durch Frankreich wurde er von Orlando di Lasso begleitet. Nach einem Aufenthalt in Fontainebleau in der Nähe von Paris kehrte Gonzaga Anfang 1545 nach Mantua in Italien zurück, wo er bis Mitte September bis zu seiner Reise nach Sizilien blieb.

Von Palermo aus schließlich wurde Gonzaga als Reichsgouverneur nach Mailand berufen, wo Lasso wiederum in seinem Gefolge anscheinend die Jahre 1546 – 49 verbrachte. Möglicherweise hat er zu dieser Zeit andere Musiker in Diensten Gonzagas kennen gelernt, insbesondere Hoste da Reggio, einen Madrigal-Komponisten, der sämtliche musikalischen Gruppen, welche Gonzaga unterhielt, leitete. Während des Aufenthaltes an den Höfen in Mantua und Mailand gewann Lasso Eindrücke von weltlichen Festen in Italien.

1.3. Neapel und Rom

1549 ging Lasso nach Neapel, wo er in Diensten von Constantino Castrioto stand und im Haushalt des Dichters G. B. d’Azzia della Terza lebte, von dem er viele Anregungen erhielt, u. a. die Vermittlung von Bekanntschaften mit Mitgliedern der Accademia de’ Sereni, deren „letture“ (literarische Sitzungen) einen Einblick in die jüngsten Madrigal-Sammlungen gewährten. Hinzu kam in Neapel die Bekanntschaft mit der Stegreifkomödie (commedia dell’arte), die, seit 1534 durch zahlreiche Drucke vertreten, in der einheimischen Villaneske ihren Ausdruck fand. Ihr komisch-dialogisches Sprachgemisch mit cypriogriechischen, italienischen, hebräischen, arabischen, spanischen und deutschen Zitaten scheint den jungen Lasso gefesselt zu haben. Lasso hat in dieser Zeit mit dem Komponieren begonnen, wenngleich auch in Mailand schon Werke entstanden waren. Die Villanesken, die 1555 in Antwerpen gedruckt wurden, stammen vermutlich aus dieser Zeit.

Die Villanella (ital., villano = Bauer) ist ein Strophenlied neapolitanischen Ursprungs (canzone alla Napoletana), ein Tanzlied wie das verwandte Balletto. Der anfangs dreistimmige homophone Satz mit führender Oberstimme hat oft Dreiklangs- und Quintparallelen in Art des volkstümlichen Quintierens, was im strengen kontrapunktischen Satz verboten war. Später wurde der Satz vierstimmig und kunstvoller (Madrigalnähe). Villanellendrucke erschienen von 1537 bis 1633. Nachfolger sind die Kanzonetten. Spezielle Villanellen-Komponisten waren A. Scandello (+ 1580), G. D. Da Nola (+ 1592) und B. Donato (+ 1603) in Italien, J. Regnart (+ 1599) in Deutschland.

1551 übersiedelte Lasso von Neapel nach Rom. Nach einer Zeit im Haushalt von Antonio Altoviti, dem Erzbischof von Florenz, wurde er im Frühjahr 1553 als Kapellmeister an S. Giovanni in Lateran in Rom berufen. Obwohl Lasso zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung und nicht als Komponist bekannt war, noch viel weniger etwas von ihm im Druck erschienen war, musste er sich bereits zu dieser Zeit einen gewissen Ruf erworben haben, um eine solche Stellung überhaupt erhalten zu haben.

Als Kapellmeister war Lasso der Vorgänger seines ebenfalls berühmten Zeitgenossen Palestrina sowie der Nachfolger G. Animuccias und Lupacchinos. Die Stelle gab ihm ferner die Gelegenheit, musikalischen Studien zu betreiben: Er verfolgte die im Umkreis der Laterankapella (G. Danckerts, B. Escobedo) ausgetragene Diskussion über moderne Chromatik und Klauselbildung und lernte das Messenkorpus von N. Gombert und des Madrigals (C. de Rore, H. Naich) kennen.

1.4. Aufenthalt in Antwerpen

1554 verließ Lasso Rom, um seine kranken Eltern zu besuchen, die jedoch noch vor seinem Eintreffen verstarben. Seine darauf folgenden Aufenthaltsorte sind nicht bekannt. Es ist auch nicht erwiesen, ob er zu dieser Zeit Frankreich bzw. England besuchte.

Von 1555 – 1556 lebte Lasso in Antwerpen. Ob er dort einen offiziellen Posten bekleidet hat, ist nicht bekannt. Allerdings hatte er wohl sehr schnell Freunde gefunden, u. a. so bekannte Persönlichkeiten wie Antoine Perrenot de Granvelle sowie hilfreiche Personen wie Tilman Susato und Jean de Laet. Bei Tilman Susato, seinem ersten Verleger, arbeitete Lasso vermutlich als Korrekturleser in dessen Geschäft. Die Antwerpener maîtrise erweiterte Lassos Werkkenntnis mit ihrem von Obrecht und Barbireau bis Baldouin und Lupi reichenden Repertoire. 1555 erschien Lassos „op. 1“ bei Susato im Druck, eine Sammlung von Madrigalen, Villanesken, Französischen Liedern und Motetten für 4 Stimmen. Währenddessen gab Antonio Gardane in Venedig Lassos erstes Buch von fünfstimmigen Madrigalen heraus. 1556 erfolgte zudem die Veröffentlichung der ersten Ausgabe von fünf- und sechsstimmigen Motetten in Antwerpen. Die bis dahin gedruckten Kompositionen sind offensichtlich über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden. Lasso hat jedoch scheinbar mit der Publikation seiner Musik so lange gewartet, bis er einige Nummern als Substanz zusammen hatte.

Wie viel andere Musik er zu diesem Zeitpunkt geschrieben hatte, ist nicht bekannt. Zumindest die Missa Domine secundum actum meum stammt aus der Zeit vor 1556 und auch das Sacre lectiones novem ex propheta Iob (welches nicht vor 1565gedruckt wurde) gehört dazu.

1.5. Lassos Hauptwirken in München

1556 erhielt Lasso eine Einladung an den Hof des Herzogs Albrecht V. von Bayern. Die Umstände dieser Berufung sind nicht bekannt, jedoch waren Johann Jakob Fugger und Antoine Perrenot de Granvelle daran beteiligt, und auch Dr. Seld, der königliche Vizekanzler in Brüssel, spielte bei den Verhandlungen, bei denen zuerst Philipp de Monte im Gespräch für den Posten war, zumindest eine Rolle. Zunächst wurde Lasso neben einem halben Dutzend anderer neu engagierter flämischer Sänger in den Jahren 1556 – 57 als Tenor in der von Ludwig Daser geleiteten Kapelle engagiert. Dies gehörte zu dem Plan, die Kapelle zu „niederländisieren“, da sie zu sehr provinziell deutschen Charakter hatte. 1557 kam also Lasso nach München, seit 1563 war er offiziell Hofkapellmeister.

Lassos Dienst bestand in dem allmorgendlich gesungenen Hochamt, der Tafelmusik für die Fürstlichkeit sowie besonderen Darbietungen aus Anlass familiärer Feste im adligen Kreis. Daneben wirkte Lasso auch bei auswärtigen Empfängen mit und wurde offenbar planvoll mit Kompositionsaufträgen bedacht, dabei nicht nur für Werke, die für einen größeren Kreis geplant waren, sondern auch solchen, die als geheimer Besitz gedacht waren, z. B. die kostbar bildlich ausgestatteten Psalmi poenitentiales.

Lasso war vermutlich in den ersten Münchner Jahren nicht gerade glücklich, denn aufgrund von Briefen zwischen ihm und Granville zu urteilen hat er sich nach einer anderen Stellung umgesehen.

Sein Honorar stieg zwar, aber noch 1568 wurde er in der Kapelle als „Cantor“ und „tenor secundus“ geführt. Andererseits wiesen ihn die Titel-Seiten von Drucken wie z. B. der Libro quarto de madrigali für fünf Stimmen von 1567 als „Maestro di Capella“ aus.

Nach Dasers Pensionierung 1563 übernahm Lasso die Kapelle und leitete diese 30 Jahre lang. Während dieser Zeit änderte sich die Zusammensetzung der Kapelle durch mehr und mehr italienische Musiker. Überhaupt herrschte eine große Fluktuation in der Zahl der Sänger und Instrumentalisten. Der Höchststand an Mitgliedern wurde 1568 zur Hochzeit des jungen Herzogs Wilhelms erreicht, der niedrigste nach dessen Thronbesteigung 1579.

Lasso hatte jedoch diesen Posten auf Lebenszeit erhalten und brauchte sich somit um die Existenz der Kapelle nicht zu kümmern. Sein Ruhm führte dazu, dass die Position des Kapellmeisters von seinen Söhnen und später einem Enkel beerbt werden konnte.

Nach Lassos enormer Produktionskraft an Magnificat-Kompositionen zu urteilen, müssen neben den allmorgendlichen polyphonen Messen feierlich zelebrierte Vespern eine bedeutende Rolle gespielt haben. Nicht klar ist, zu welchem Zweck das große Motetten-Repertoire entstand, obwohl viele in die Zelebration von Messen und Offizien passten. Zusätzlich überwachte Lasso die musikalische Ausbildung der Chorknaben, er kümmerte sich um die Anfertigung von Kopien von Manuskripten und vielleicht auch um die Sammlung gedruckter Musik für die herzogliche Bibliothek. Er erwarb sich die Freundschaft und Vertrautheit von Herzog Albrecht und dessen Erben Wilhelm V.

1558 heiratete Lasso Regina Wäckinger, die Tochter eines bayrischen Hofbeamten, und ließ sich, abgesehen von einigen Reisen, fest in München nieder. Von ihren Kindern wurden zwei Söhne (Ferdinand, geb. 1560, und Rudolph, geb. 1563) ebenfalls Musiker.

1560 reiste er nach Flandern, um Sänger für den Hof in München zu rekrutieren, 1562 weilte er in Prag zur Krönung Erzherzog Maximilians als König von Böhmen. 1567 besuchte er auf einer Reise nach Norditalien Ferrara und Venedig.

Lassos Ruhm stieg beständig, in München und außerhalb. Er war mittlerweile als „princeps musicorum“ (Fürst der Musiker) und der „göttliche Orlande“ bekannt. Vielleicht auf die Bitte des Herzogs hin begann er, seine Kompositionen zu Zyklen zusammenzustellen, insbesondere die Motetten. Die Venezianischen und Flämischen Drucker, die seine ersten Werke veröffentlicht hatten, gaben weiterhin Madrigale, Chansons und geistliche Musik heraus, in den 1560er Jahren Berg in München, Montanus und Neuber in Nürnberg. Le Roy & Ballard in Paris druckten zunächst einzelne Werke, dann ganze Serien von Bänden, die Lasso gewidmet waren.

Bereits 1566 publizierte Samuel van Quickelberg eine Biographie Lassos in der in Basel gedruckten Prosopographia heroum atque illustrium virorum totius Germaniae. 1568 spielte Lasso eine wichtige Rolle in den Feierlichkeiten zur Hochzeit von Wilhelm V. mit Renée von Lorraine. Neben der Komposition von Musik und der Überwachung der Aufführungen wurde ihm die Rolle eines „magnifico“ in einer italienischen comedia dell’arte zugeschrieben. Zwischen 1569 und 1573 war Lasso auf dem Höhepunkt seines europäischen Ruhms. 1570 wurde er von Kaiser Maximilian II. geadelt, 1574 zum Ritter des Goldenen Sporns durch Papst Gregor XIII. geschlagen, einer für Musiker sehr seltenen Ehrung. 1571, 1573 und 1574 besuchte Lasso auf Einladung Karls IX. den Französischen Hof

Seine erste Schülergeneration wuchs heran: J. Reiner, L. Leichner, J. Eccard, vermutlich auch Giovanni Gabrieli, der in den 1570er Jahren in München weilte.

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Details

Titel
Über das deutsche Lied "So trincken wir alle" von Orlando di Lasso
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Musikwissenschaft und Musik)
Veranstaltung
Chanson und Lied im 15. und 16. Jahrhundert
Note
3,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
22
Katalognummer
V23694
ISBN (eBook)
9783638267700
ISBN (Buch)
9783638848145
Dateigröße
1379 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lied, Orlando, Lasso, Chanson, Lied, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Marc Leonardi (Autor:in), 2002, Über das deutsche Lied "So trincken wir alle" von Orlando di Lasso, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23694

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