Kampf der Kulturen?


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Samuel P. Huntington
2.1 Kurzbiographie
2.2 Politisches Umfeld

3. The Clash of Civilization
3.1 Historischer Kontext – Kultur als Quelle für Konflikte
3.2 Der Kampf der Kulturen
3.3 Der Westen gegen den Rest
3.4 Maßnahmen zur Vorbeugung eines Kampfes der Kulturen

4. Reaktionen auf Huntington
4.1 Bassam Tibi – Krieg der Zivilisationen
4.2 Harald Müller – Das Zusammenleben der Kulturen
4.3 Roman Herzog – Wider den Kampf der Kulturen

5. Schlussfolgerung

6. Ausblick

7. Literatur

1. Einleitung

„Niemand ist weiter von der Wahrheit entfernt als derjenige, der alle Antworten weiß.“

Chuang Tsu

Nach dem Ende des Kalten Krieges beanspruchten viele Wissenschaftler und Gelehrte eine Wahrheit für die neue Welt zu kennen. Die einen sprachen von der Rückkehr traditioneller Rivalitäten der Nationalstaaten und andere vom Ende der Nationalstaaten durch Globalisierungsprozesse.

Francis Fukuyama meinte, das Ende der Geschichte sei gekommen. „Das westliche Modell der liberalen Demokratie hatte seinen Konkurrenten im Wettkampf der Systeme besiegt und konnte nun das Ende der Geschichte ideologischer Auseinandersetzungen einleiten.“[1] Mit dem Ende der realsozialistischen Diktaturen gab es keine historischen Alternativen mehr, die, wie Nationalsozialismus, Faschismus und Kommunismus, das 20. Jahrhundert zu einem Zeitalter der Extreme hatten werden lassen. Die liberale Demokratie mit der freien Marktwirtschaft hatte als einzige Idee überlebt und gesiegt.

Samuel P. Huntington stellte 1993 in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ seine Wahrheit über die neue Weltordnung dar – den Kampf der Kulturen. Quellen der Konflikte auf der Welt seien nicht mehr in ideologischen oder ökonomischen Gründen, sondern in der Kultur zu finden. Huntington behauptete, dass zukünftige Hauptkonflikte zwischen Nationen oder Gruppen unterschiedlicher Zivilisationen stattfinden würden.

Mit dieser Theorie löste er eine hitzige politische Debatte auf der ganzen Welt aus, erhielt Zustimmungen, traf aber auch auf harte Kritik. Um seine Theorie vom Kampf der Kulturen zu präzisieren und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, veröffentlichte Huntington 1996 das Buch „Kampf der Kulturen“ zum zuvor erschienenen Aufsatz. Es stellen sich nun folgende Fragen: Warum kommt es zum Kampf der Kulturen? Können wir diese Zivilisationskonflikte verhindern? Gibt es Alternativen zum Kampf der Kulturen?

Zur Beantwortung der Fragen betrachte ich zunächst Huntingtons Theorie vom Kampf der Kulturen, den Konflikt „The West against the Rest“ und Huntingtons Vorschläge zur Eindämmung eines Zivilisationskonfliktes.

Stellvertretend für die weltweiten Reaktionen auf Huntingtons Theorie stelle ich die Auseinandersetzung Bassam Tibis, Harald Müllers und Roman Herzogs mit dem Thema vor, die teilweise zustimmen, einschränken oder Widerspruch anzeigen.

Das Thema scheint den Nerv der Zeit zu treffen, so dass, wie bereits oben erwähnt, eine ganze Reihe von Politologen, Theologen, Soziologen und Politikern sich ihm stellten, wie Harald Müller in seinem Buch „Das Zusammenleben der Kulturen. Ein Gegenentwurf zu Huntington“. Müller ist einer der stärksten Kritiker Huntingtons in Deutschland und verwirft Huntingtons Theorie aufgrund starker Vereinfachungen und empirischer Fehler. Auch der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog nimmt Stellung zu Huntingtons Theorie in seinem Buch „Wider den Kampf der Kulturen“. Schon die Propagierung der Idee Kampf der Kulturen hält Herzog „für schädlich und für vollkommen unangebracht.“[2] Weitere wichtige Publikationen sind von Bassam Tibi „Krieg der Zivilisationen“, Hans Küng „Projekt Weltethos“ und Dieter Senghaas „Zivilisierung wider Willen“.

Ausgehend von neuen erkenntnistheoretischen Ansätzen komme ich zu dem Schluss, dass der Kampf der Kulturen nur dann eintreten wird, wenn wir ihn als Wahrheit sehen wollen.

2. Samuel P. Huntington

2.1 Kurzbiographie

Samuel P. Huntington, geboren am 18.04.1927 in New York, ist Professor für Politikwissenschaft und Leiter des John-M.-Olin-Institutes für Strategische Studien an der Universität Harvard.

1943 begann er sein Studium der Politikwissenschaft an der Yale Universität und führte es später an der Universität von Chicago fort. 1951 promovierte Huntington und unterrichtete kurze Zeit in Harvard. 1970 gründete er die vierteljährlich erscheinende Politikzeitschrift „Foreign Policy“ und blieb Mitherausgeber bis 1977. Auch für die politische Zeitschrift „Foreign Affairs“ setzte sich Huntington ein. 1973 wurde er Associate Direktor des Zentrums für International Affairs und arbeitete von 1977-78 im Weißen Haus als Koordinator für Sicherheitsplanung im Nationalen Sicherheitsrat. 1989 wurde er Direktor des John M. Olin Institutes for Strategic Studies. Im Jahre 1996 erhielt er die Professur der Politikwissenschaften an der Harvard Academy, die er bis zum heutigen Tage innehat.

Seine Forschungsfelder bestehen aus: „Military politics, strategy, civil-military relations, American and comparative politics, political development and the politics of less developed countries“[3]. Huntington hat sich in zahlreichen Fachpublikationen mit den Perspektiven der Weltpolitik des 21. Jahrhunderts auseinandergesetzt.

1991 erhielt Huntington dafür den “Grawemeyer Award for Ideas Improving World Order”.

2.2 Politisches Umfeld

Samuel P. Huntington kommt aus der Schule des Neorealismus. Diese Schule entwickelte sich aus der Lehrmeinung des älteren Realismus heraus. Die Grundgedanken des Neorealismus wurden 1979 vom Politologen Kenneth Waltz ausgearbeitet.

Der Neorealismus geht davon aus, dass das internationale System eine anarchische Struktur hat, in der jeder Akteur nach dem Selbsthilfeprinzip für die eigene Sicherheit sorgen muss. Zentrale Akteure sind souveräne Nationalstaaten, die nach innen ein Gewaltmonopol besitzen und nach außen versuchen ihre Interessen durchzusetzen. Die Akteure sind funktional gleich im internationalen System. Der einzigen Unterschiede zwischen den Staaten sind ihre unterschiedlichen Machtpotentiale, die Aufschluss auf die Struktur und Stabilität des internationalen Systems geben.

Daraus schlussfolgern die Neorealisten, dass Frieden nur durch ein Mächtegleichgewicht (balance of power) hergestellt werden kann. Dazu bilden die Staaten Allianzen und Gegenallianzen, die aber auf Grund von relativer Gewinnorientierung und Durchsetzung eigener Interessen der einzelnen Staaten nie von Dauer sind. Ein zyklischer Auf- und Abstieg

hegemonialer Mächte ist strukturell angelegt.

Huntington erarbeitete auf dieser Grundlage seine Theorie vom Kampf der Kulturen.

3. The Clash of Civilization

3.1 Historischer Kontext – Kultur als Quelle für Konflikte

Das Ende des Kalten Krieges war gekommen. Eine Zeit des Umbruchs zog herauf. „Die bipolare Konfrontation zweier Ideologien mit universellem Anspruch, zweier grundlegend unterschiedlicher Auffassungen über das, was der Mensch ist, will und kann, zweier Weltbilder über das richtige Wirtschaften, Zusammenleben und Regieren, der Machtkampf zweier Weltmächte und ihrer jeweiligen Gefolgschaft“[4] existierte nicht mehr. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Niederlage des Sozialismus, waren die Bipolarität und das dazugehörige Machtgleichgewicht zwischen den Blöcken und ihren Führungsmächten ebenso vorbei wie der internationale Wettbewerb um regionalen Einfluss, um militärische Stützpunkte, um Verbündete. „ Die Struktur der Weltpolitik war zerbrochen.“[5]

In dieser Zeit des Umbruchs, in der keiner richtig wusste, viele aber meinten zu wissen, was nun folgen würde, schrieb Huntington seinen Aufsatz „The Clash of Civilization“ in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ und löste damit mehr Diskussionen aus „als irgend ein anderer Zeitungsartikel seit den vierziger Jahren“[6]. Huntington beschrieb die neu eintretende Phase der Weltgeschichte als einen Kampf zwischen den Zivilisationen. Konflikte auf der Welt würden nicht mehr hauptsächlich aus ideologischen und ökonomischen Gründen geführt, sondern die Kultur rücke als Quelle für Auseinandersetzungen in den Vordergrund. Die Hauptkonflikte auf der Welt würden zwischen Nationen und Gruppen unterschiedlicher Zivilisationen stattfinden, so Huntingtons These. Nationalstaaten blieben dabei Hauptakteure im internationalen System.

Huntington begründete seine These anhand der Geschichte des internationalen Systems.

Mit dem Hervortreten des modernen internationalen Systems, das durch den Frieden von Westfalen eingeleitet wurde, bestanden Konflikte vorwiegend zwischen Monarchen, deren Ziel es war Macht zu erweitern. Seit der Französischen Revolution änderten sich die Konfliktparteien. Nicht mehr Auseinandersetzungen zwischen Monarchen sondern zwischen Nationalstaaten rückten in den Mittelpunkt. „Die Kriege der Könige waren vorbei; die Kriege der Völker hatten begonnen“, sagte R.R. Palmer über das Jahr 1793. Infolge der Oktoberrevolution in Russland und der Reaktion gegen sie wurde der Konflikt zwischen Nationalstaaten durch den Konflikt zwischen Ideologien ergänzt. Die Welt wurde vor allem durch drei Ideologien gespalten: Kommunismus, Faschismus und liberale Demokratie standen sich gegenüber. Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Ende des Faschismus, entstand der Kampf zweier Supermächte, die den zwei verbliebenen Ideologien verhaftet waren. Die Nationalstaaten als Akteure im klassischen europäischen Sinne traten in den Hintergrund. Die Identität wurde ausschließlich durch die Zugehörigkeit zu einer der beiden Ideologien, Kommunismus oder liberale Demokratie, definiert. Bis zum Ende des Kalten Krieges waren dies nach Huntington Konflikte innerhalb der westlichen Zivilisation. Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes traten westliche und nichtwestliche Zivilisationen in zunehmende Abhängigkeit im internationalen Gefüge. Nichtwestliche Zivilisationen waren nicht länger nur Gegenstände und Ziele des westlichen Kolonialismus, sondern traten als gleichwertige Akteure in das internationale System ein. „Die intrakulturelle Auseinandersetzung um die politischen Ideen aus dem Westen wird abgelöst von einer interkulturellen Auseinandersetzung um Kultur und Religion.“[7] Für Huntington folgt daher die Zeit der Konflikte zwischen den Zivilisationen.

[...]


[1] Vorländer 2003, S. 6.

[2] Herzog 1999, S. 15.

[3] www.inter-cultural.de vom 20.10.2003.

[4] Müller 2003, S. 11.

[5] Müller 2003, S. 12.

[6] Huntington 2002, S. 11.

[7] Huntington 2002, S. 72.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Kampf der Kulturen?
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Politikwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V23735
ISBN (eBook)
9783638267977
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kampf, Kulturen
Arbeit zitieren
Anne Piegert (Autor:in), 2004, Kampf der Kulturen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23735

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