Die Wähler des Front National. Eine empirische Analyse des Scheuch-Klingemann-Konzepts


Bachelorarbeit, 2012

29 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begrifflichkeiten

3 Der Front National - Entstehung, Aufbau und Ideologie
3.1 Entstehung und Wahlerfolge
3.2 Organisatorischer Aufbau und Strategie
3.3 Die Wählerschaft

4 Theorie: Allgemeine Ansätze zur Erklärung von Wählerinnenverhalten
4.1 Soziologische Ansätze
4.2 Sozialpsychologischer Ansatz
4.3 Der Rational-Choice-Ansatz

5 Die „Theorie des Rechtsradikalismus in westlichen Industriegesellschaften

6 Empirische Überprüfung der Theorie anhand der Präsidentschaftswahlen
6.1 Das Gefühl der Unsicherheit bei den Wählerinnen des Front National
6.2 Repräsentation durch politische Akteurinnen und deren „Lösungskompetenz“

7 Fazit

Anhang

I Bibliographie

1 Einleitung

Seit fast 30 Jahren ist der Front National eine der erfolgreichsten rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien in Europa. 1984, zwölf Jahre nach seiner Gründung im Jahr 1972 erreichte er elf Prozent der Wählerinnenstimmen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und ist seither in der französischen Parteienlandschaft mit Ergebnissen zwischen zehn und 15 Prozent präsent. im Jahr 2002 schaffte Jean-Marie Le Pen, der damalige Parteivorsitzende es sogar, sich mit einem Ergebnis von 16,9 Prozent für den zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahlen zu qualifizieren (Decker 2004: 53 ff.). im Jahr 2012 erreichte seine Tochter Marine, die 2011 den Parteivorsitz übernommen hatte, ein Rekordergebnis von 17,9 Prozent (www.resultats-presidentielles.fr 2012).

Doch wodurch lassen sich diese auffällig hohen Wahlerfolge erklären? Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung französischer Wählerinnen zugunsten einer rechtsextremen Partei wie dem Front National? Um diese Frage zu beantworten, werde ich einige französische Wahlen anhand der „Theorie des Rechtsradikalismus in westlichen Industriegesellschaften“ von Erwin Scheuch und Hans Klingemann (1967) empirisch untersuchen. Ich möchte feststellen, ob zwei der Bedingungen, die diesem Konzept zufolge die Mobilisierung von rechtsextremem Wählerinnenpotential begünstigen, im Fall der Wählerinnen des Front National gegeben sind: Ein Gefühl der Unsicherheit und die Abkehr von etablierten politischen Parteien, weil diese sich der Probleme, die die Bürgerinnen als wichtig empfinden nicht annehmen und nicht in der Lage sind, sie zu lösen (Scheuch/Klingemann 1967: 17 ff.).

Als Hinführung zu dieser Thematik werden zuerst die Begriffe Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus definiert und geklärt, ob es sich beim Front National um eine rechtsextreme Partei handelt (Abschnitt 1). Anschließend setzt die Arbeit sich genauer mit dem Front National auseinander und beschäftigt sich mit ihrer Entstehungsgeschichte und den Wahlerfolgen (2.1), dem strukturellen Aufbau und den ideologien der Partei (2.2) sowie mit ihrer Wählerschaft (2.3). Es folgt ein Überblick über die verschiedenen Ansätze zur Erklärung von Wählerinnenverhalten - die soziologischen Ansätze, den sozialpsychologischen und den Rational-Choice-Ansatz (3.1 - 3.3) die eine Überleitung zur wissenschaftlichen Grundlage meiner Arbeit, der „Theorie des Rechtsradikalismus in westlichen industriegesellschaften“ darstellt (Abschnitt 4). im anschließenden

Untersuchungsteil werden die Präsidentschaftswahlen von 2002, 2007 und 2012 dahingehend überprüft, ob sich bei den Wählerinnen des Front National ein Gefühl der Unsicherheit nachweisen lässt. Die letzten Wahlen werden dann genauer untersucht um festzustellen, ob hier auch die zweite genannte Bedingung der Theorie gegeben ist. Abschließend werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst. ich habe mich für die Untersuchung der genannten Aspekte entschieden, weil sich bei der Bedingung „Gefühl der Unsicherheit“ ein Vergleich verschiedener Wahlen über einen längeren Zeitraum herstellen lässt. Die intensivere Untersuchung des zweiten beschriebenen Faktors war im Vergleich leider schwierig, weil keine Umfragen über einen längeren Zeitraum durchgeführt wurden. Daher werden auch nur die Präsidentschaftswahlen im vergangenen März daraufhin untersucht. Diese eignen sich erstens besonders gut, weil der Front National hier das bisher beste Ergebnis erzielt hat, zweitens gab es zu den aktuellen Wahlen das umfassendste empirische Material. Die Bedingung erschien mirjedoch trotz der mangelnden Vergleichbarkeit interessant, weil sie sich mit einer subjektiven Empfindung auseinandersetzt, die sich am Ende der von Scheuch und Klingemann beschriebenen Kausalkette befindet. Damit lässt sich der direkte Zusammenhang zwischen der Abkehr von den traditionellen demokratischen Parteien und dem Gefühl, von ihnen mit den als wichtig empfundenen Problemen nicht wahrgenommen zu werden, gut erkennen.

2 Begrifflichkeiten

Zu Beginn dieser Arbeit werden noch einige Begrifflichkeiten geklärt, die für das Verständnis und eine korrekte Vorgehensweise im empirischen Abschnitt von Bedeutung sind. Zunächst muss der viel verwendete Begriff „rechtsextrem“ genauer definiert werden. Minkenberg (1996: 444) zufolge zeichnen sich Rechtsextremisten durch „die Ablehnung von Gleichheit und Pluralismus, eine homogenisierte und organische Auffassung der Gesellschaft, ein ethnisch oder rassisch abgeleitetes und chauvinistisch überhöhtes Konzept der Nation und eine autoritäre Vorstellung von Politik undpolitischer Führung, in der Regel im Zusammenhang mit einer anti-liberalen oder anti-linken [...] Zielrichtung“ aus. Der von Klingemann und Scheuch gebrauchte Begriff des „Rechtsradikalismus“ kann hier mit dem des „Rechtsextremismus“ gleichgesetzt werden, da letzterer ab 1974, also nach erscheinen des Aufsatzes der beiden Wissenschaftler, den ersten ersetzt hat. Erst dann setzte man sich kritisch mit den Begriffen auseinander und wies ihnen differenzierte Bedeutungen zu (Ketelhut 2000: 27). Schließlich ist noch zu klären, ob der Front National als rechtsextreme Partei eingestuft werden kann und die Theorie von Scheuch und Klingemann somit auf diesen Fall anwendbar ist. In wissenschaftlichen Arbeiten von Christine Chrombeau (1999, Le Monde), Frank Decker (2004: 53) und anderen wird die Partei als rechtsextrem eingestuft, diese Tatsache wird daher für den Verlauf der Arbeit als gegeben angesehen.

3 Der Front National - Entstehung, Aufbau und Ideologie

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich genauer mit dem Front National. Nach einem Überblick über Entstehungsgeschichte und Wahlerfolge (2.1) werden der strukturelle Aufbau und die Strategien der rechtsextremen Partei behandelt (2.2). Abschließend wird kurz die Wählerschaft vorgestellt (2.3). Die Frage „Wer wählt Front National?“ soll nicht das zentrale Thema dieser Arbeit sein. Vielmehr soll es darum gehen, warum eine rechtsextreme Partei wie der Front National so auffällige Wahlerfolge zu verzeichnen hat. Dennoch ist eine Übersicht über die geo- und soziographische Herkunft der Wählerschaft auch für die Frage nach den Ursachen des Wählerverhaltens von Bedeutung. Deshalb soll hier ein kurzer Überblick gegeben werden.

3.1 Entstehung und Wahlerfolge

Der Front National wurde 1972 von Mitgliedern des Ordre Nouveau gegründet, einer rechtsextremistischen Aktivisten-Gruppe um Francois Brigneau, die 1969 als „Keimzelle des rechtsradikalen Aktivismus“ (Minkenberg 1998: 273) entstanden war und hauptsächlich aus Nationalrevolutionären und Anhängern des ehemaligen Vichy-Regimes bestand. Ziel der neu gegründeten Partei war die Stärkung und Institutionalisierung der zersplitterten extremen Rechten durch die Vereinigung anti-republikanisch­monarchistischer, autoritärer, konservativ-katholischer, kolonialistischer und rassistischer Strömungen nach dem Vorbild des italienischen Movimento Sociale Italiano. (Loch 1990: 6/ Minkenberg 1998: 273). Der Front National sollte jedoch nicht nur die verschiedenen Strömungen zu einer handlungsfähigen Institution vereinen, sondern auch als „respectable political facade, behind which the more traditional activist and street politics of the Far Right would continue “ (Marcus 1995: 12) fungieren.

Das Amt des Präsidenten übernahm der 1928 in La-Trinité-sur-Mer geborene Jean-Marie Le Pen, der bereits in zwei Kolonialkriegen gekämpft hatte und schon vor der Gründung des Front National in verschiedenen extrem rechten Gruppierungen aktiv gewesen war. Der Aufstieg der Partei, der im Folgenden näher dargelegt werden soll, ist umso bemerkenswerter, wenn man die für rechtsextreme Bewegungen ungünstigen Umstände in Frankreich zur Zeit der Gründung betrachtet. Zum Einen war das rechtsextreme Spektrum in viele Kleinparteien zersplittert, was die geplante Vereinigung durch den Front National erschwerte. Zum Anderen wurde das rechtsextremistische Umfeld seit den Erfahrungen mit dem autoritären Vichy-Regime stigmatisiert und sehr kritisch betrachtet. Zudem fanden die bis dahin bestehenden Parteien der extrême droite nur wenige Themen, mit denen sie die französische Bevölkerung für sich hätten einnehmen können (Decker 2004: 54).

Bis Anfang der 80er Jahre schlugen sich diese Umstände deutlich in den Wahlergebnissen des Front National nieder. 1974 führten interne Zwistigkeiten zwischen Jean-Marie Le Pen und ehemaligen Mitgliedern des Ordre Nouveau zu einer Spaltung und damit verbunden zur Gründung einer neuen Partei, dem Parti des Forces Nouvelles (PFN) unter François Brigneau(Bergsdorf2000: 144).

Bei den Pariser Kommunalwahlen 1977 und den darauffolgenden Parlamentswahlen konnten beide Parteien zusammen weniger als zwei Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Im Jahr 1981 gelang es weder Jean-Marie Le Pen noch dem Kandidaten des PFN, die notwendigen 500 Unterschriften für eine Präsidentschaftskandidatur vorzulegen. Infolge dieser Niederlagen löste sich der PFN nach nur sieben Jahren wieder auf, woraufhin sich einige ehemalige Mitglieder erneut dem Front National anschlossen (Decker 2004: 55).

Auch Jean-Marie Le Pen und seine Partei reagierten auf die schlechten Wahlergebnisse: Es kam zu einer ideologischen und strategischen Umstrukturierung des Front National, so „dass sie [die Partei] als einzig nennenswerte Kraft im rechtsextremen Lager überleben konntet (Decker 2004: 55). Minkenberg (1998: 274) weist hier neben einer stärkeren Konzentration des Front National auf die Mitte der Gesellschaft auf deren Bemühungen hin, die sozialen und politischen Probleme Frankreichs als Krise der nationalen Identität und Werte zu interpretieren und sich in diesem Zusammenhang als „Sprachrohr der französischen Gesellschaft‘ (Minkenberg 1998: 274) darzustellen. Zudem betont er die Bedeutung der Strategie des Front National, sich von seiner ehemals anti-klerikalen Ausrichtung zu entfernen und enger mit Vertretern des katholischen Fundamentalismus zusammenzuarbeiten. Insgesamt versuchte Jean-Marie Le Pen so, das Außenseiter-Image seiner Partei hinter sich zu lassen und sich der bürgerlichen Mitte anzunähern.

All diese Maßnahmen brachten dem Front National ab Mitte der Achtziger Jahre die angestrebten Wahlerfolge. Neben dem nationalen Durchbruch bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, bei denen er mit elf Prozent der Wählerstimmen beinah gleichauf mit den Kommunisten lag, gelang es der Partei bei den Kantonalwahlen 1985 (8,8 %) und den Regionalwahlen 1986 (9,9 %), sich auch auf lokaler Ebene zu etablieren. Bei den Präsidentschaftswahlen 1988 erhielt Jean-Marie Le Pen 14,4 Prozent der Stimmen, bei den Wahlen zur Nationalversammlung im selben Jahr erreichte die Partei zehn Prozent. Bei den Nachwahlen zur Nationalversammlung in Dreux und Marseille 1989 konnte der Front National sogar 61 bzw. 44 Prozent aller Wählerstimmen auf sich vereinen. Im Laufe dieser Aneinanderreihung von Wahlerfolgen konnte die Partei sich als viertstärkste parlamentarische Kraft etablieren (Minkenberg 1998: 274 ff.).

Die positiven Wahlergebnisse hielten bis 1997 sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene an. Im folgenden Jahr jedoch führten erneut interne Differenzen zur Abspaltung eines Teils der Mitglieder. Es kam zur Gründung einer neuen Partei, des Mouvement National Républicain, unter der Leitung von Le Pens ehemaligem Parteikollegen Bruno Mégret. Bei den darauffolgenden Wahlen zum Europäischen Parlament 1999 hatten sich die Wahlerfolge des Front National aufgrund der neuen Konkurrenz auf 5,7 Prozent der Stimmen reduziert. Die Partei konnte sich von dieser Schwächung allerdings recht schnell erholen: Hatte Jean-Marie Le Pen bei der Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen noch Schwierigkeiten, die notwendigen 500 Unterschriften zu erreichen, konnte er im ersten Wahlgang ein Rekordergebnis von 16,9 Prozent der Stimmen verzeichnen.1

Decker (2004: 53) weist auf die anhaltende Relevanz der Partei hin, die bis heute bei Wahlen auf europäischer sowie auf nationaler und regionaler Ebene durchweg Ergebnisse zwischen 10 und 15 Prozent erreicht. Im Januar 2011 übernahm Marine Le Pen, die Tochter Jean-Marie Le Pens den Parteivorsitz. Die Wahlergebnisse sind seitdem besser dennje. So erreichte die neue Vorsitzende im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen im März 2012 ein Rekordergebnis von 17,9 Prozent (http://www.resultat-presidentielle.fr/).

3.2 Organisatorischer Aufbau und Strategie

Der organisatorische Aufbau der Partei ist durch eine stark autoritäre Struktur gekennzeichnet. Die Präsidentin Marine Le Pen steht - ebenso wie ihr Vater und Vorgänger Jean-Marie Le Pen - uneingeschränkt an der Spitze des Front National. Die Vorsitzende wird durch einen Generalsekretär, einen Generaldelegierten sowie durch ein 20-köpfiges Politikbüro, das bureau politique, unterstützt. Jegliche Arbeitsanweisungen und Zielsetzungen für die Parteiarbeit an der Basis werden gemäß der hierarchischen Struktur von den jeweiligen Föderationen der Departements sowie aus der Pariser Parteizentrale erlassen. Unterstützend gibt es neben einem Schulungs- und Ausbildungsnetzwerk eine für die Agitation zuständige Abteilung sowie den Ordnungsdienst Défense, Protection et Sécurité und eine parteiinterne Jugendorganisation, den Front National de la Jeunesse (Loch 1991: 32).

Strategisch konzentriert der Front National sich hauptsächlich auf „aus der Transformation der Welt hervorgerufene Ängste“ (Gauthier et al. 2004: 63). Die Politikwissenschaftlerin Elisabeth Gauthier (2004: 63) konstatiert, dass die Partei sich dazu als einzige Kraft darstellt, die den Feinden des schutzbedürftigen Nationalstaats und dessen Bürgern - Europäische Union, Globalisierung und Einwanderung - etwas entgegenzusetzen hat und in seinen globalisierungsfeindlichen und anti-amerikanischen Diskursen nicht selten Kritikpunkte und Vokabular des globalisierungskritischen linken Spektrums nutzt.

Zur Einstellung des Front National zur Demokratie ist zu sagen, dass diese paradoxerweise von der autoritär ausgerichteten Partei keinesfalls abgelehnt wird. Jedoch beruht sie nicht auf der Gleichberechtigung aller Individuen, sondern auf dem „Schmelztiegel eines echten Volkes, das heißt einer Kommunität von Männern und Frauen, die einander als durch Sprache, Kultur, Glauben, Blut und Geschichte verbunden anerkennen.“ (Gauthier 2004: 62). Die Anhänger Le Pens kritisieren ein Demokratiedefizit im französischen Nationalstaat und fordern des Öfteren den verstärkten Gebrauch von Methoden der direkten Demokratie, beispielsweise von Volksentscheiden (Gauthier 2004: 62).

Programmatisch lässt sich innerhalb der Partei ein gewisser Opportunismus feststellen.

Durch die Vielfalt ideologischer Strömungen, die im Front National vereint sind, herrschen widersprüchliche Interessen an der sozialen Basis, die zu parteiinternen Differenzen bei der Frage nach den allgemeinen politischen Zielen der Partei führen. Jedoch steht dieser Uneinigkeit der starke Einfluss einer autoritären und damit einheitsstiftenden Führungsperson gegenüber. Charakteristische programmatische Merkmale lassen sich daher durchaus feststellen. So steht die Politik des Front National seitjeher für einen Anti­Liberalismus, der den Freihandel und die Kommerzgesellschaft ablehnt und sich für den Schutz kleiner Unternehmen einsetzt. Gauthier sieht genau hier die Gefahr, die vom populistischen und rechtsextremen Front National ausgeht, denn „als Triebkraft des Sozial- und Demokratieabbaus profiliert sie sich selbst als Alternative zu diesen Bedrohungen, als Kraft, die die Opfer dieser Entwicklungen repräsentieren könne.“ (Gauthier 2004: 64) Diese Strategie erklärt auch die neuerlichen Bemühungen der Partei, gewerkschaftliche Strukturen aufzubauen: Sie dient der Repräsentation der Partei auch innerhalb bestimmter Berufsgruppen. Anders als sozialistische Parteien stellte der Front National jedoch nie den Profit und das Privateigentum in Frage. (Gauthier et al 2004: 64).

3.3 Die Wählerschaft

Bezüglich der beruflichen und sozialen Herkunft der Wählerschaft lässt sich eine ausgeprägte Heterogenität erkennen. Die SympathisantInnen des Front National entstammen allen Berufsgruppen und sozialen Klassen, jedoch lässt sich hier eine ungleiche Verteilung erkennen. Alain Bihr stellt hierzu fest, dass zwei Berufsgruppen besonders geneigt sind, der rechtspopulistischen Partei ihre Stimme zu geben: Zum Einen die von ihm als traditionelle Mittelklasse zusammengefasste Gruppe der Landwirte, Handwerker, Händler und Freiberufler. Zum Anderen die Klasse der Arbeiter und gering verdienenden Angestellten, die er als „Proletariat von heute“ (Bihr 1998: 21) bezeichnet. Während in den 80er Jahren die Wähler aus der Mittelschicht den größten Anteil der Stimmen ausmachten, lässt sich seit Mitte der 90er Jahre ein Wandel hin zu einer Dominanz der Wählerschaft aus der Schicht der Arbeiter und gering verdienenden Angestellten feststellen, die sich laut Bihr als „prolétarisation de l'électorat“ (1998: 22) beschreiben lässt. Trotz dieser Tendenz bleibt die Tatsache, dass das Elektorat sich schwer auf eine bestimmte soziale Schicht festlegen lässt, ein wichtiges Charakteristikum.

[...]


1 Anmerkung: Decker nennt als Ursache für den extremen Anstieg unter anderem die große Resonanz auf Le Pens Schlüsselthema „insécurité“, sowie die Tatsache, dass das linke Lager in dieser Zeit durch die Teilnahme von acht Kandidaten stark zersplittert war. (Decker 2004: 58)

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Wähler des Front National. Eine empirische Analyse des Scheuch-Klingemann-Konzepts
Hochschule
Universität Erfurt  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Rechtsextremismus - Ideologien, Strukturen, Strategien
Note
2,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
29
Katalognummer
V271511
ISBN (eBook)
9783656683384
ISBN (Buch)
9783656683476
Dateigröße
502 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wähler, front, national, eine, analyse, scheuch-klingemann-konzepts
Arbeit zitieren
Maike Kalischer (Autor:in), 2012, Die Wähler des Front National. Eine empirische Analyse des Scheuch-Klingemann-Konzepts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271511

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