Endlich rauchfrei! Die Bewältigung von Rückfällen beim Rauchstopp


Bachelorarbeit, 2012

30 Seiten, Note: 5.5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Abstract

2. Einleitung

3. Hauptteil
3.1 Modelle zur Veränderung von Risiko- und Gesundheitsverhalten
3.1.1 Das Relapse Prevention Modell (Marlatt & Gordon, 1985)
3.1.2 Das Transtheoretische Modell (Prochaska & Velicer, 1997)
3.1.3 Das I-Change Modell (De Vries et al., 2003)
3.2 Einflussvariablen bei einem Rauchstopp
3.2.1 Demographische Faktoren
3.2.2 Biologische Faktoren
3.2.3 Interpersonelle Faktoren
3.2.4 Intrapersonelle Faktoren
3.3 Intervention und Prävention beim Rauchstopp
3.3.1 Proximale Interventionen
3.3.2 Distale Interventionen

4. Methoden

5. Diskussion

6. Literaturverzeichnis

1. Abstract

Diese Literaturarbeit soll in Form eines Reviews Überblick über die Schwierigkeiten bei einem Rauchstoppvorhaben geben. Es sterben jährlich weltweit sechs Millionen Menschen durch den Konsum von Tabak, da dies ein Risikofaktor für viele gesundheitliche Schädigungen wie Krebserkrankungen ist. Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, wie betroffene Raucher/Innen mit Rückfällen beim Rauchstopp umgehen, wie ein Rauchstopp bewältigt werden kann und welche Variablen bestimmen, wie trotz „Ausrutschern“ der längerfristige Rauchstopp geschafft werden kann. Solche Variablen werden in vier Kategorien unterteilt: demographische, biologische, interpersonelle und intrapersonelle Faktoren. Vor allem wird ein Augenmerk auf die intrapersonellen Faktoren wie die Selbstwirksamkeitserwartung, die Wiederherstellungsselbstwirksamkeitserwartung, negativer Affekt und Weiteres gelegt. Die heute populärsten Modelle zum Rauchstoppverhalten werden vorgestellt: das Relapse Prevention Modell, das Transtheoretische Modell und das I-Change Modell. Dann werden einige proximale und distale Interventionen bei einem Rauchstopp vorgestellt. Zum Schluss werden in der Diskussion einige theoretische Unzulänglichkeiten und methodische Einschränkungen bezüglich der Studien kritisch reflektiert.

2. Einleitung

Durch den Konsum von Tabak sterben jährlich weltweit sechs Millionen Menschen, wobei ungefähr 600‘000 davon den gefährlichen Nebenwirkungen des Passivrauchens erliegen. Schätzungen der WHO zufolge könnte sich diese Zahl bis ins Jahr 2030 auf acht Millionen erhöhen. Das Rauchen ist ein Risikofaktor für sechs von acht Ursachen, welche zum Tod führen. Eine 2009 von der WHO durchgeführte Befragung in China hat gezeigt, dass nur ungefähr 37% der Raucher/Innen Kenntnis davon haben, dass Tabakkonsum zum Herzinfarkt führen kann, was für die Informationspolitik der WHO spricht, da scheinbar nur wenige Menschen nicht nur in China, sondern auch weltweit von den tödlichen Folgen des Rauchens Ahnung haben könnten (WHO/Jim Holmes, 2011).

Ungefähr 30% aller Sterbefälle aufgrund von Krebserkrankungen lassen sich auf den Tabakkonsum als Hauptursache zurückführen. Im Teer, welcher sich in Form von Rauch in verschiedenen Organen ablagert, gibt es über 4000 chemische Substanzen, von denen bislang schon einigen eine krebserregende Wirkung nachgewiesen werden konnte. (Bernhard, 2011)

In der Schweiz lag der Anteil rauchender Personen im Jahr 2010 bei 27 Prozent. Seit 2001 gab es einen leichten Rückgang des Anteils von Raucher/Innen in der schweizerischen Bevölkerung. 2010 wollten 48% der rauchenden Personen das Rauchen aufgeben. Diese Aufhörbereitschaft der aktuellen Raucher/Innen hat seit 2008 wieder zugenommen. (Keller, Radtke, Hornung, 2011) .

Wichtig ist es ebenfalls die positiven Langzeitfolgen von einem gelungenen Rauchstopp zu betonen: Bereits acht Stunden nach der letzten Zigarette ist kein giftiges Kohlenmonoxid mehr im Blut vorhanden, ebenfalls ist der Raucheratem weg. Schon nach einem Tag sinkt das Herzinfarktsrisiko und nach drei Tagen wird die Atmung wieder deutlich besser. Nach drei Monaten hat sich die Lungenkapazität bereits um 30 Prozent gesteigert. Nach neun Monaten verschwindet in der Regel auch der Raucherhusten. Nach einem Jahr ist das Herzgefäss-Erkrankungsrisiko nur noch halb so gross wie bei Raucher/Innen und nach 10 Jahren ist das Lungenkrebsrisiko so hoch wie bei Nicht-Raucher/Innen. Nach 15 Jahren Tabakabstinenz ist das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko gleich hoch wie bei Nicht-Raucher/Innen (American Cancer Society, 2012). Diese Statistiken der WHO, des Tabakmonitoring Schweiz (TMS) der American Cancer Society zeigen die Relevanz der Thematik des Tabakkonsums und weisen die Rechtfertigung für gesundheitliche Interventionen im Hinblick auf die gesundheitsschädigenden Folgen des Rauchens auf.

Das Ziel dieser Literaturarbeit ist es aufzuzeigen, wie betroffene Raucher/Innen mit Rückfällen beim Rauchstopp umgehen. Wie ein Rauchstopp und damit verbunden Rückfälle bewältigt werden können. Welche Mechanismen dabei wirken und welche Variablen bestimmen, wie trotz „Ausrutschern“ (im Englischen „lapses“) der längerfristige Rauchstopp geschafft werden kann, ohne dass man wieder komplett „rückfällig“ („relapse“) wird. In dieser Arbeit werden keine allzu grossen Ausführungen zum „Coping“ gemacht, auch wenn im Titel zu dieser Literaturarbeit die Rede von „Bewältigung“ ist, da diese Thematik von einem ganz anderen Forschungsstrang, nämlich von der klinischen Psychologie und im psychotherapeutischen Setting, bearbeitet wird. Es werden die Variablen betrachtet, welche auf den Rauchstopp-Prozess wirken.

Nach dieser kurzen Einleitung, welche die Bedeutsamkeit dieser Thematik darlegen sollte, folgt der Hauptteil, in welchem zuerst allgemeine Modelle zur Veränderung von Risiko-/Gesundheitsverhalten gezeigt werden sollen und anschliessend verschiedene Theorien und/oder Konzepte zum Thema „Bewältigung von Rückfällen beim Rauchstopp“ kurz vorgestellt werden. Als nächstes werden die Variablen eruiert, welche einen Einfluss auf den Rauchstopp ausüben. Darauf wird das grösste Augenmerk in dieser Arbeit gelegt, denn durch die Kenntnis dieser Variablen können Möglichkeiten zur Intervention und Prävention ausgearbeitet werden. Auch darauf soll kurz eingegangen werden, indem einige Interventionen im psychotherapeutischen Setting und in der gesundheitspsychologischen Beratung vorgestellt werden. In einem Methoden-Kapitel soll dargelegt werden, wie in den Datenbanken nach passender Literatur für diese Arbeit gesucht wurde und nach welchen Kriterien dann einige Studien für diese Arbeit berücksichtigt wurden, während andere nach eingehendem Studium ausgeschlossen wurden. Zuletzt wird in einer Diskussion eine Zusammenfassung des Hauptteils wiedergegeben und es werden Einschränkungen und Widersprüche hinsichtlich der Theorien und der Studien aufgezeigt. Den Abschluss bildet noch ein persönliches Fazit zu dieser Literaturarbeit.

3. Hauptteil

In diesem Kapitel werden zuerst Modelle und Theorien zur Veränderung des Risikoverhaltens Tabakkonsum aufgezeigt. Dann wird auf die Variablen eingegangen, welche den Rauchstopp-Prozess beeinflussen. Schliesslich werden einige Formen von Interventionen bei einem Rauchstopp kurz vorgestellt.

3.1 Modelle zur Veränderung von Risiko- und Gesundheitsverhalten

Zu Beginn sollen einige allgemeine Modelle zur Veränderung von Risiko- und Gesundheitsverhalten aufgezeigt werden. Im Bezug auf Modellen, welche Rückfälle, also die Rückkehr zum ungesunden Risikoverhalten, untersuchen, gab es einen Paradigmenwechsel seit dem 20. Jahrhundert bis heute (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011). Dabei nahm man zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein moralisches Modell an, welches besagt, dass Rückfälle auf Charakterschwächen zurückzuführen seien (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011). Um die Mitte des 21. Jahrhunderts sah man Substanzabhängigkeit aus der Perspektive eines medizinischen Krankheitsmodells, das heisst, dass das Suchtverhalten als biologisch determiniert wahrgenommen wurde, welches nicht der Kontrolle der Person unterstehen konnte (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011). Seit jüngerer Zeit wurde dieses medizinische Krankheitsmodell durch Modelle abgelöst, welche das Suchtverhalten vor allem aus einer sozial-kognitiven Perspektive betrachten (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011).

Ein allgemeines Modell zur Veränderung von Risiko- und Gesundheitsverhalten ist das Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung (Prochaska & Velicer, 1997), welches in den 70er Jahren vorerst in der Therapie von Alkohol- und Drogenabhängigkeit angewendet wurde. Dieses Modell wurde auch hinsichtlich der Rauchentwöhnung getestet. Es postuliert fünf hierarchische Stufen in der Verhaltensänderung. Auf das Transtheoretische Modell wird weiter unten noch ausführlicher eingegangen.

Auch das Modell des geplanten Verhaltens (Theory of Planned Behavior) von Ajzen (Ajzen, 1991) wurde wiederholt bei der Veränderung von gesundheitlichem Risikoverhalten untersucht. Es ist eine Erweiterung der Theory of Reasoned Action (Fishbein & Ajzen, 1975). Das Modell des geplanten Verhaltens beschreibt das Verhältnis zwischen Einstellungen, Intentionen und Verhalten. Dabei postuliert es, dass die Intention, welche durch die drei Faktoren Einstellung zum geplanten Verhalten, die subjektive Norm und die wahrgenommene behaviorale Kontrolle beeinflusst wird, der wichtigster Prädiktor für ein Verhalten ist. Dabei gilt: Je positiver die Einstellung zum geplanten Verhalten, je stärker die subjektive Norm (also je grösser der soziale Druck) und je besser die wahrgenommene behaviorale Kontrolle sind, desto stärker wird die Intention und desto wahrscheinlicher die Durchführung des Verhaltens. Die wahrgenommene behaviorale Kontrolle ist das Modul, welches im erweiterten Modell zusätzlich aufgenommen wurde, und entspricht der Selbstwirksamkeitserwartung nach Bandura (Ajzen, 1991).

Das Health Belief Modell (Rosenstock, Stretcher, & Becker, 1988) geht davon aus, dass konkrete Kosten-Nutzen-Überlegungen, wie zum Beispiel die Bewertung der Gefährlichkeit der Erkrankung und der Glaube an die Effektivität einer Handlungsänderung, das Gesundheitsverhalten bestimmen. Die in der heutigen Forschung populärsten Theorien, welche die sozialen Lerntheorien als Basis haben, werden gleich im Anschluss vorgestellt. Das sind das schon erwähnte Relapse Prevention Modell (Marlatt & Gordon, 1985), das ebenfalls schon kurz angeschnittene Transtheoretische Modell (Prochaska & Velicer, 1997) und das I-Change Modell (De Vries et al., 2003).

Vorerst soll aber eine terminologische Klärung der englischen Begriffe „lapse“ und „relapse“ angestrebt werden, weil diese Unterscheidung notwendig ist für ein prozessorientiertes Verständnis der Verhaltensänderung von Rauchgewohnheiten. Daher können einige Ausrutscher auftreten, welche aber noch nicht die Konsequenz nach sich ziehen, dass der Rauchstopp wieder komplett aufgegeben wird. Eine solche dauerhafte Rückkehr zum Rauchverhalten wird als Rückfall bezeichnet (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011). In der heutigen Forschung wird als Indikator für einen Ausrutscher und einen Rückfall das Russell Standard angenommen. Dieser definiert einen erfolgreichen Rauchstopp so, dass die Person weniger als fünf Zigaretten nach dem Rauchstopp geraucht hat, hier werden also einige Ausrutscher noch toleriert. Als einen Rückfall wird es dann angesehen, wenn die Person mehr als fünf Zigaretten nach einem Rauchstopp wieder geraucht hat (West, Hajek, Stead & Stapleton, 2005).

3.1.1 Das Relapse Prevention Modell (Marlatt & Gordon, 1985)

Marlatt und Gordon (1985) haben in ihrem Modell verschiedenen Bedingungen identifiziert, die zu einem Rückfall führen können (siehe Abbildung 1). Dazu gehören Hochrisikosituationen wie negative emotionale Zustände (Angst, Depression), negative soziale Situationen (Konflikte in der Familie), sozialer Druck (in der näheren Umgebung rauchen alle) und positive emotionale Zustände (das Austesten der eigenen Willensstärke). Nun führen die Hochrisikosituationen per se nicht zum Rückfall, sondern wichtig wird, wie eine Person mit solchen Hochrisikosituationen umgeht. Wenn sie eine erfolgreiche Bewältigungsreaktion zeigt, steigert sie damit auch die eigene Selbstwirksamkeitserwartung, was wiederum einen Rückfall unwahrscheinlicher macht. Zeigt die betreffende Person aber keine erfolgreiche Bewältigungsreaktion, wird sie auch eher eine geringere Selbstwirksamkeitserwartung erleben, was in einen ersten Ausrutscher resultieren kann. Höchstwahrscheinlich bildet sich ab diesem Zeitpunkt eine Negativspirale, in der Hinsicht, dass nach einem ersten Ausrutscher der Abstinenz-Verletzungs-Effekt eintritt, nämlich dann, wenn die Person den Ausrutscher auf internal, stabile und globale Faktoren (zum Beispiel meint die Person allgemein keine Kontrolle über das Rauchverhalten zu haben) attribuiert. Sollte die Person aber nach dem Ausrutscher eine external, stabil und spezifische Attribuierung (zum Beispiel weiss die Person, dass eine spezifische stressige Situation für den Ausrutscher verantwortlich war, was die Person aber wieder unter Kontrolle bringen kann) zeigen, dann muss es zwingendermassen nicht zu einem Rückfall kommen und kann bei einem einmaligen Ausrutscher bleiben (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011; Larimer, Palmer, & Marlatt, 1999). In diesem Prozess werden ebenfalls den Erwartungen für das Eintreten eines Ergebnisses („outcome expectancies“), den verborgenen Vorläufern von Hochrisikosituationen („covert antecedents of high-risk situations“), den Faktoren der Lebensführung (zum Beispiel eine Ausgeglichenheit im Leben) und Drängen oder heftigem Verlangen eine grosse Rolle zugestanden. Solche Erwartungen für das Eintreten eines Ergebnisses können zum Beispiel Überzeugungen über positive Effekte des Tabakkonsums („Rauchen entspannt“) sein. Verborgene Vorläufer von Hochrisikosituationen werden auch als AIDs („apparently irrelevant decisions“) bezeichnet, weil sie in erster Instanz als nicht relevant für einen Ausrutscher oder Rückfall betrachtet werden. Ein Beispiel für ein AID könnte sein, wenn man zu Hause immer noch halb leere oder volle Zigarettenpackungen lagert (Knoll, Scholz & Rieckmann, 2011; Larimer, Palmer, & Marlatt, 1999, Marlatt & Gordon, 1985).

[...]

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Endlich rauchfrei! Die Bewältigung von Rückfällen beim Rauchstopp
Hochschule
Universität Zürich  (Psychologisches Institut)
Veranstaltung
Literaturarbeit
Note
5.5
Autor
Jahr
2012
Seiten
30
Katalognummer
V278615
ISBN (eBook)
9783656729242
ISBN (Buch)
9783656729303
Dateigröße
906 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Note 5,5 im Schweizer Notensystem entspricht der 1,5 im Deutschen Notensystem
Schlagworte
bewältigung, rückfällen, rauchstopp
Arbeit zitieren
Anamarija Klaic (Autor:in), 2012, Endlich rauchfrei! Die Bewältigung von Rückfällen beim Rauchstopp, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278615

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