„Die Andere und ich“ im Kontext von Günter Eichs Hörspielwerk


Magisterarbeit, 2003

102 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Rundfunk in Deutschland nach

3. Hörspiel in Deutschland zwischen 1945 und
3.1 Hörspielhörer-Zahlen
3.2 Wiederaufnahme der Hörspielproduktion nach
3.3 Anwerbung von Autoren
3.4 Folgen des föderalistischen Rundfunks für die Hörspielproduktion
3.5 Formale Reduktion der Gattung in den 1950er Jahren
3.6 Zur Terminologie des literarischen Originalhörspiels
3.7 Themen und Gestaltung des literarischen Originalhörspiels der 1950er Jahre

4. Günter Eich und der Rundfunk
4.1 Günter Eichs Rundfunkarbeit vor
4.2 Günter Eichs Rundfunkarbeit nach
4.2.1 Günter Eichs Lebenssituation unmittelbar nach
4.2.2 Günter Eichs Kontakt zu den Sendern

5. ‚Die Andere und ich’ als Hörspieltext
5.1 Entstehungsgeschichte des Hörspieltextes
5.2 Textanalyse
5.3 Interpretation von ‚Die Andere und ich’
5.3.1 Verfahrensweise
5.3.2 Sukzessive Interpretation des Hörspieltextes
5.3.3 Günter Eichs Poetik als Schlüssel zum Textverständnis

6. Exkurs: Hörspieltheorie und -poetik heute
6.1 Hörspielanalyse: Die Problematik der Literaturwissenschaft
6.2 Sinn und Zweck einer Analyse von Hörspielrealisationen
6.3 Konzepte der Hörspielanalyse

7. ‚Die Andere und ich’ als Hörspielrealisation
7.1 Quellenlage
7.2 Zur eigenen Verfahrensweise
7.3 Bedeutung technischer Entwicklungen für die einzelnen Realisationen
7.4 Hörspielanalyse
7.4.1 ‚Die Andere und ich’: SDR
7.4.2 ‚Die Andere und ich’: NWDR
7.4.3 ‚Die Andere und ich’: HR
7.4.4 ‚Die Andere und ich’: MDR

8. Schlussbetrachtung

9. Anhang
9.1 Abkürzungsverzeichnis
9.2 Produktionsdaten der Hörspielrealisationen
9.3 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ich sehe in irgendeiner Weise die Welt durch das Ohr, also durch die Sprache, viel mehr als durch das Auge.“ (Günter Eich)[1]

Günter Eich (1907-1972) zählt zu den Maßstab setzenden Autoren der westdeutschen Nachkriegsliteratur. Obwohl vor allem seine Lyrik Gegenstand literaturwissenschaftlicher Untersuchungen wurde, ist es der Hörspielautor Günter Eich, der in den 1950er Jahren – der zweiten Blütezeit des deutschen Hörspiels – mit seinem Werk regelmäßig ein Millionenpublikum erreichte. Mehrere hundert Hörfunksendungen aus über vierzig Jahren, darunter an die einhundert Hörspielfassungen, brachten ihm den Ruf eines Meisters auf dem Gebiet des ‚literarischen Originalhörspiels‘ ein. Das so genannte ‚Eich-Maß’ wurde zur Messlatte bei der Beurteilung von Hörspielen.

Eichs Nachkriegshörspiele, speziell seine ‚Traumspiele’, sind akribisch ausgestaltete Zeugnisse seiner poetologischen Absichten. Das Hörspiel ‚Die Andere und ich’ aus dem Jahr 1951, für dessen Realisation Eich 1953 den renommierten ‚Hörspielpreis der Kriegsblinden’ erhielt, gehört zu dieser Gruppe. Es ist neben ‚Träume’ wohl eines der eindrücklichsten Hörspiele Eichs.

In dieser Arbeit soll ‚Die Andere und ich’ untersucht werden. Dabei werden neben dem Hörspieltext und seinen Realisationen auch medien-, gattungs-, produktions- und dramaturgiegeschichtliche Aspekte eine große Rolle spielen. Denn gerade das Hörspiel der 1950er Jahre unterstreicht paradigmatisch die Ambivalenz einer Kunstproduktion, die in Abhängigkeit von den programmpolitischen und technologischen Bedingtheiten eines Massenmediums stattfindet. Diese Tatsache macht eine Verortung der oben genannten Aspekte im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung unabdingbar.

In einem ersten Schritt soll zunächst der Aufbau des föderalistischen Rundfunksystems in Westdeutschland nach 1945 thematisiert werden, das dem Radio- und damit auch dem Hörspiel-Boom der 1950er Jahre den Weg ebnete. Dieser mediengeschichtliche Exkurs ist unerlässlich bei der Beschäftigung mit der Kunstform Hörspiel, denn bis in die heutige Zeit hinein gilt: „Hörspielgeschichte ist Rundfunkgeschichte“.[2]

Darauf aufbauend beschäftige ich mich anschließend mit dem Wiederbeginn der deutschen Hörspielproduktion nach 1945. Hierbei ist neben der Rezeption von Hörspielen, den Produktionsumständen sowie den redaktionellen Strukturen der einzelnen Sender vor allem die Frage entscheidend, wie sich die Gattung Hörspiel in den 1950er Jahren gestaltete, warum sie beispielsweise nicht unmittelbar an die reiche Hörspieltradition der Weimarer Zeit anknüpfte, sondern nach dem Krieg deutlicher gelenkt wurde.

In einem nächsten Kapitel stelle ich skizzenhaft Günter Eichs Entwicklung als Rundfunk- und Hörspielautor dar. Ich beschreibe seinen Weg vom Studenten und Rundfunkneuling zu einem der meistgesendeten literarischen Autoren des Dritten Reiches, vom mittellosen, isolierten Kriegsheimkehrer zum (auch in finanzieller Hinsicht) überaus erfolgreichen Hörspielautor der 1950er Jahre. Dabei wird das Verhältnis zur Institution Rundfunk und zur Gattung Hörspiel anhand von Briefen Eichs ebenso analysiert wie seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber deutschen Rundfunksendern, da es sich bei ‚Die Andere und ich’ um eine Auftragsarbeit handelte.

Auch die Entstehungsgeschichte des Hörspielskripts lässt sich trotz der wenigen privaten Quellen, die von Eich erhalten sind, anhand von Briefen und unterschiedlichen Textfassungen nachzeichnen. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird der Text anschließend analysiert und sukzessive interpretiert. Dabei gehe ich neben den beiden unterschiedlichen Schlüssen des Stücks auch auf die Ausgestaltung und Funktion hörspielgerechter Mittel ein, die für das Verständnis des Textes wichtig sind. Es folgt die Einordnung des Hörspiels in Eichs Hörspielwerk. Unter Einbeziehung poetologischer Äußerungen und anderer Texte Eichs sollen dabei Rückschlüsse auf den Textgehalt möglich werden.

Im letzten Teil meiner Arbeit sollen die vier westdeutschen Hörspielrealisationen von ‚Die Andere und ich’ analysiert werden. Die Grundüberlegung dabei ist, dass die Realisation eines Hörspiels erst das eigentliche Kunstwerk darstellt, die Textfassung hingegen nur eine notwendige Vorstufe. Zwar wird auch sie umfassend publiziert und rezipiert, besitzt aber nicht dieselbe Wirkungsweise wie die Realisation und macht nicht – wie ich zeigen werde – alle Autorintentionen transparent.[3]

In der literaturwissenschaftlichen Forschung wurde bis in die letzten Jahre hinein zumeist nur der Hörspieltext als Quelle für eine Analyse herangezogen. Ein Grund dafür ist, dass umfassende Hörspielanalysen in einem hohen Maße interdisziplinär durchgeführt werden müssen. Daher gehe ich vor meiner Analyse zunächst auf die Notwendigkeit einer Realisationsanalyse im Rahmen einer literaturwissenschaftlichen Beschäftigung mit der Gattung Hörspiel ein. Ich stelle hörspieltheoretische Konzepte vor und erarbeite einen auch interdisziplinäre Aspekte umfassenden Fragenkatalog, den ich meiner praktischen Arbeit zu Grunde lege.

Die Analyse der Tondokumente gilt anschließend nicht nur den angewendeten dramaturgischen Techniken. Vielmehr vergleicht sie auch die Realisationen untereinander, was die Spanne der Intentionen und Ausdeutungsmöglichkeiten der Eich’schen Vorgabe ebenso offenbaren soll wie die veränderten hörspieldramaturgischen Vorstellungen der letzten fünfzig Jahre.

In diesem Zusammenhang danke ich dem Südwestrundfunk Stuttgart (früher SDR), dem Norddeutschen Rundfunk (früher NWDR), dem Hessischen sowie dem Mitteldeutschen Rundfunk für Kopien ihrer Hörspielproduktionen von ‚Die Andere und ich’, ohne die die in der Arbeit vorgenommene Analyse nicht möglich gewesen wäre. Dem Deutschen Literaturarchiv Marbach verdanke ich die Möglichkeit, den Nachlass von Günter Eich einsehen zu dürfen, der mir wertvolle Erkenntnisse und Informationen brachte.

2. Rundfunk in Deutschland nach 1945

Die Entwicklung des Hörspiels in Deutschland war von Beginn an aufs Engste verknüpft mit den technischen, strukturellen und programmpolitischen Entwicklungen im Rundfunkwesen. Die später nie wieder erreichte Popularität des deutschen Hörspiels in den 1950er Jahren ist daher auch eine direkte Folge des hohen Stellenwerts, den das Medium Radio in den 1940er und 1950er Jahren erreicht hatte.

Im nationalsozialistischen Deutschland war das Radio zum wichtigsten (Des-)Informations- und Propagandainstrument ausgebaut worden. Den Volksempfängern, mit denen die Sendungen des Großdeutschen Rundfunks gehört werden konnten, kam vor allem in den Kriegsjahren eine immer größere Bedeutung zu. Diesen Umstand spiegeln die Zahlen der Rundfunkteilnehmer aus dieser Zeit deutlich wider: Während die Zahl der gemeldeten Teilnehmer 1938 mit 9,57 Millionen im Vergleich zum Vorjahr konstant blieb, stieg sie bei Kriegsbeginn ein Jahr später sprunghaft an (1939: 12,41 Millionen Teilnehmer) und pendelte sich in den Folgejahren bei circa 15-16 Millionen Teilnehmern ein.[4] In den letzten Kriegsjahren wurde das Radio vor allem als Mitteilungsmedium der politischen Führung immer wichtiger. Die allgemeine Papierknappheit behinderte zunehmend die Produktion von Print-Medien und legte sie ab Anfang 1945 ganz lahm. Gleichzeitig waren Kinosäle und Filmproduktionsstätten gegen Ende des Krieges nahezu vollständig zerstört. So bildete der Rundfunk 1945 das einzige Informationsmedium, das trotz der Bombardements und Zerstörungen die deutschen Bürger fast ununterbrochen erreichen konnte.

Die Neuorganisation des deutschen Rundfunks, die unmittelbar nach Kriegsende 1945 begann und als deren Folge die (in der BRD) neun Landessender entstanden, führte zu Programmstatuten und -strukturen, die die Aufnahme des (entnazifizierten) Kulturbetriebs im deutschen Rundfunk nach Jahren des kulturellen Schattendaseins wieder ermöglichten und damit nicht zuletzt auch dem Hörspiel eine neue Blütezeit bescherten. Die alliierten Siegermächte initiierten einen Neuanfang des deutschen Radiowesens, der „so umfassend und gründlich verlief, wie ihn 1945 keine andere vergleichbare kulturelle Institution – weder das Theater noch der Film, weder die Literatur noch die Musik – erlebte“.[5] Das angestrebte Ziel dieses Neuanfangs war für die Alliierten die Auflösung des reichszentralen Rundfunksystems, das Ende der 1920er Jahre eingeführt und unter den Nationalsozialisten ausgebaut worden war. An seine Stelle sollte ein souveräner, unabhängiger und föderaler Rundfunk treten. Die Alliierten hatten die Absicht, durch einen neu etablierten Rundfunk mit dazu beizutragen, die deutsche Bevölkerung zu entnazifizieren und zu demokratisieren. Insofern blieb der deutsche Rundfunk auch nach dem Krieg weiter ein Medium mit starker Beeinflussungsmacht, wenn auch unter entgegengesetzten politisch-gesellschaftlichen Vorzeichen. Die Erfahrungen mit dem propagandistischen Rundfunk des Dritten Reiches bewog die Alliierten dazu, als Hauptziel bei der Errichtung des Rundfunks die Ausschaltung sowohl staatlicher als auch privater Einflussnahme zu definieren: Parteien, Behörden, kirchliche Gruppen oder Wirtschaftsverbände sollten keine Kontrolle über Programm und Senderstruktur bekommen.

Die Schnelligkeit, mit der sich die Alliierten bei der Besetzung Deutschlands auch mit dem Medium Rundfunk befassten, belegt, welche wichtige Rolle der Rundfunk ihrer Ansicht nach in einem neuen, demokratischen Deutschland übernehmen sollte. Direkt nach dem Einmarsch begannen die Militärregierungen, in ihren Hoheitsgebieten Sender für das eigene Militär zu stationieren, wobei es in manchen Gegenden Deutschlands während des Übergangs zwischen NS-Regime und alliierter Militärregierung oft nur Sendepausen von wenigen Stunden gab. Dieses nahezu übergangslose Fortbestehen war nach Kriegsende bei keiner anderen medialen Einrichtung Deutschlands möglich.

Zu den neu stationierten Militärsendern der Alliierten gehörten beispielsweise American Forces Network (AFN) oder British Forces Network (BFN). Aber auch Sender für die deutsche Zivilbevölkerung wurden zeitgleich als wichtiges Informations- und Kommunikationsmedium zwischen den Besatzungstruppen und Besetzten errichtet. Teilweise existierten sogar über mehrere Tage hinweg noch deutsche Rundfunkstationen, während nur wenige Kilometer weiter im selben Sendegebiet bereits unter britischer Führung Programme ausgestrahlt wurden.[6] Die Zivilsender wurden nach dem Krieg relativ schnell wieder von deutschen Radiomachern betreut, zugleich von den Alliierten inhaltlich jedoch streng kontrolliert. Funkhoheit erhielten die einzelnen Länder erst 1955.

Die Vorstellungen der Alliierten für einen deutschen Nachkriegsrundfunk waren keineswegs homogener Natur: Die Briten errichteten in ihrer Zone ein zentrales, einheitliches Rundfunksystem, dem Vorbild der British Broadcasting Company (BBC) entsprechend. Dies geschah in der Hoffnung, eine solche Konzeption könne in Gesamtdeutschland Schule machen. Konsequenz dieser Konzeption war 1948 die Gründung des Nordwestdeutschen Rundfunks – NWDR – mit seinen beiden Hauptstandorten Hamburg und Köln. Das von den Briten favorisierte zentrale System konnte sich jedoch in den westlichen Besatzungszonen nicht durchsetzen, denn ihm widersprach die Intention vor allem der Amerikaner.[7] Diese setzten sich für ein dezentrales Rundfunksystem ein, was auch dem Wunsch vieler deutscher Politiker entsprach, die in der Regionalisierung der Anstalten eine Chance sahen, stärkeren Einfluss auf die einzelnen Funkhäuser und deren Programm ausüben zu können.[8]

Um 1948 begannen die Ausarbeitungen der Landesrundfunkgesetze, mit deren Verabschiedung die einzelnen Sender in deutsche Hände übergeben werden sollten. Dabei kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Alliierten – speziell den Amerikanern – und den deutschen Parteien und Regierungen. Die Amerikaner hatten in einer Erklärung vom 14. Mai 1946 gefordert, „demokratisch gesinnten Kommentatoren und Vortragenden das Recht zur Kritik an Ungerechtigkeiten, Mißständen oder Unzulänglichkeiten bei Persönlichkeiten oder Amtsstellen der öffentlichen Behörden und den Staatsregierungen oder der Reichsregierung mit allen verfügbaren Mitteln zu gewährleisten und zu sichern“.[9] Demgegenüber forderten die deutschen Verhandlungspartner die Rückkehr zu einem Rundfunk wie zu Zeiten der Weimarer Republik, also ein strikt auf Neutralität ausgerichtetes Medium.

Im Verlauf des Jahres 1949 – im Zuge des Zusammenschlusses der westlichen Zonen und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland – ging der Rundfunk in die kulturelle Oberhoheit der einzelnen Länder über. 1950 gründete sich die ‚Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland’ (ARD). In ihren Statuten wurden die Möglichkeiten des Programmaustauschs und der Co-Produktion festgelegt, die heute noch die Realisation und Distribution von Funk-Hörspielen vereinfachen, wenn nicht sogar (beispielsweise in Bezug auf Produktionskosten) in Einzelfällen überhaupt erst ermöglichen. Diese Sender-Kooperationen hatten nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Quantität und Qualität der deutschen Hörspielproduktionen nach dem Krieg. Erst durch sie wurde es möglich, überdurchschnittlich hohe Autorenvergütungen garantieren und so namhafte Autoren für den Rundfunk gewinnen zu können.

Die Geschichte des deutschen Rundfunks in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war geprägt von Bestrebungen des institutionellen Wiederaufbaus, mit denen in der Folge auch starke Bemühungen um die kulturellen Programmteile der einzelnen Sender wie Feature und Hörspiel einhergingen. Beide Gattungen hatten während des NS-Rundfunks zwar weiter existiert, waren jedoch im Zuge der allgemeinen kulturellen Gleichschaltung dem Diktat der nationalsozialistischen Ideologie unterstellt worden. Die Medien- und Kultursituation war in den ersten Nachkriegsjahren desolat: Starker Papiermangel hemmte das Pressewesen und den Literaturbetrieb, Verlage, Theater, Filmproduktionsstätten und Kinos waren zerstört, Schauspielensembles zerschlagen. Dieser Zustand unterstrich die Schlüsselfunktion, die dem Radio in Hinsicht auf kulturelle Belange in dieser Zeit zukam und die dieses zu nutzen wusste. Die neu gegründeten sieben Rundfunkanstalten[10] nahmen früh die Produktion von Kulturprogrammen wieder auf, und auch Hörspiel-Abteilungen entstanden wieder.

Die Vormachtstellung des Radios schwand erst durch die Einführung des Fernsehens (1952) und den Beginn von dessen breiter Rezeption seitens der deutschen Bevölkerung (ab Mitte der 1950er Jahre). Bis dahin jedoch galt: Allein das Radio war der Rundfunk, und „der Rundfunk [war] das Medium der ersten Nachkriegsjahre“.[11]

3. Hörspiel in Deutschland zwischen 1945 und 1960

3.1 Hörspielhörer-Zahlen

Genaue Aussagen darüber zu treffen, von wem und in welchem Maße die gesendeten Nachkriegshörspiele rezipiert wurden, ist für die Zeit von 1945-1950 nahezu unmöglich und für die 1950er Jahre immer noch sehr schwierig. Für den erstgenannten Zeitraum liegen nur wenige zuverlässige Zahlen vor, und auch jene für die 1950er Jahre müssen mit einiger Vorsicht behandelt werden, da man von einer systematischen Hörerforschung in der BRD erst seit den 1960er Jahren sprechen kann, als die Einführung der Radiowerbung (1961) genauere Messtechniken notwendig machte.

Als gesichert gelten die Daten über die gemeldeten Rundfunkteilnehmer aus dieser Zeit. Demnach gab es 1947[12] 5,44 Millionen Teilnehmer, nur noch etwas mehr als ein Drittel der Teilnehmer aus der letzten Messung 1944.[13] Die Gründe für diesen drastischen Rückgang liegen zweifelsohne in den umfangreichen Zerstörungen des letzten Kriegsjahres und der Tatsache, dass nur für einen geringen Prozentsatz der Radiohörer so kurz nach Kriegsende die Anmeldung ihres Gerätes von großer Wichtigkeit gewesen sein dürfte. Die Zahl der ‚Schwarzhörer’ war zu dieser Zeit also extrem hoch. In den Folgejahren wuchs die Zahl der gemeldeten Hörer drastisch an und verdoppelte sich bis 1952 auf 10,18 Millionen. Dieser Wert ist selbst im Vergleich zu den immer noch weitaus höheren Zahlen aus der Zeit des Dritten Reiches als sehr hoch anzusehen, hält man sich die aggressive Medienpolitik der nationalsozialistischen Führung vor Augen, die sich zu einem nicht geringen Teil auf die Macht des Radios stützte und dessen Verbreitung stark vorantrieb.

Die vorhandenen Zahlen über die Hörer von Hörspielsendungen in der Nachkriegszeit lassen allenfalls tendenzielle Aussagen zu. Dennoch dokumentieren sie ausnahmslos den hohen Verbreitungsgrad und die Popularität des deutschen Nachkriegshörspiels.

Eine erste fundierte Erhebung aus dem Jahr 1949 kam zu dem Ergebnis, dass 47% der Radiohörer des gesamten Bundesgebiets regelmäßig oder gelegentlich Hörspiele hörten.[14] Ein Jahr später ergab eine ähnliche Umfrage für das Sendegebiet des SDR, der allerdings bereits seit 1946 zwei Hörspiele wöchentlich[15] ausstrahlte, sogar einen Wert von 57% in dieser Teilgruppe.[16] Im größten deutschen Sendegebiet, dem des NWDR, gab es Anfang der 1950er Jahre zwei bis drei Millionen Hörspielhörer, auf diese Zahlen beruft sich zumindest Margret Bloom.[17] Für dasselbe Sendegebiet nennt Heinz Schwitzke sogar noch weitaus höhere Zahlen aus einer nicht näher ausgewiesenen Infratest-Umfrage unter der Leitung von Wolfgang Ernst. Demnach gab es bei den NWDR-Donnerstag-Hörspielen des Jahres 1955 Hörerzahlen von „minimal 2,5 Millionen (bei Barlachs ‚Sündflut’ als Funkbearbeitung) und maximal 3,7 Millionen (bei einem Hörspiel von Marcel Achard ‚Jan der Träumer’)“.[18] Inwieweit die letztgenannten Hörerzahlen der Realität entsprachen, ist heute nicht mehr nachprüfbar, Zweifel sind jedoch bei dieser Höhe durchaus angebracht.[19]

Dennoch wirken die Tendenzen, die allen genannten Zahlen innewohnen, gerade aus heutiger Sicht überaus beeindruckend: Das deutsche Hörspiel hatte von Kriegsende bis in die Mitte der 1950er Jahre hinein bei Millionen Radiohörern einen außerordentlich hohen Stellenwert, der sich nicht selten in direkten Hörer-Reaktionen (beispielsweise den zahlreichen – zumeist empörten – Anrufen und Briefen zur Ursendung von Günter Eichs ‚Träume’ am 19. April 1951) widerspiegelte. Insgesamt kann als gesichert angenommen werden, dass einzelne Hörspiele durchaus Hörerschaften erreichten, die in die Millionen gingen, und dass die Zahl der regelmäßigen Hörspielhörer die der Theater-Abonnenten bei weitem überstieg. Zu beachten ist jedoch, dass diese Zahlen sich auf alle gesendeten Hörspielformen beziehen, innerhalb derer das literarische Originalhörspiel, wie heute auch, nur eine Spielart darstellte.

Für die Frage nach dem Grad der Akzeptanz einzelner Hörspielgattungen beim Hörer ist deshalb die detaillierte Studie von Wolfgang Ernst für das Jahr 1955 äußerst hilfreich.[20] Seine Erhebungen ergaben, dass von der Gesamthörerschaft des NWDR 62% der Hörer sehr starkes oder starkes Interesse an Hörspielen hatten.[21] Innerhalb dieser Gruppe der Hörspiel-Interessierten zeigte sich das mit Abstand größte Interesse – und das ist bis heute so geblieben – allerdings für das Kriminalhörspiel. Es folgt das Lustspiel und erst auf dem dritten Platz die Hörspiel-Gruppe „‚Lebensnahe’ Themen und Problemstücke“,[22] die am ehesten dem Typ des literarischen Hörspiels entsprechen dürfte.

3.2 Wiederaufnahme der Hörspielproduktion nach 1945

Die Situation des deutschen Hörspiels nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entsprach in weiten Teilen tatsächlich der einer ‚Stunde null’: Ein direktes Anknüpfen an das Hörspiel-Repertoire vor allem der Weimarer Republik war unmöglich, da Großteile der deutschen Rundfunkarchive durch die Alliierten oder die Nazis selbst zerstört worden waren. Hörspielproduktionen aus der NS-Zeit kamen – sofern vorhanden – ebenfalls nicht zur Sendung. Viele dieser Stücke handelten von Kriegshelden, Entbehrungen, Kameradschaft und Treue und repräsentierten somit das nationalsozialistische Deutschland unter Hitler – nicht die Lebenssituation der Deutschen nach dem Zusammenbruch des Reiches und dem Ende des Krieges. Es galt für die Verantwortlichen daher, die „fast zehnjährige Pause zu überwinden, während der Hörspiele, literarische zumal, eigentlich nicht entstanden waren“[23], indem schnellstmöglich neue Hörspiele verfasst und produziert wurden.

In den ersten Nachkriegsjahren handelte es sich bei den gesendeten Hörspielen zunächst hauptsächlich um Adaptionen von literarischen Vorlagen, da sich die einzelnen Hörspiel-Redaktionen erst im Aufbau befanden und gute und vor allem ausreichend viele Hörspielautoren noch fehlten. Insofern ähnelte die Situation der in den 1920er Jahren, zu Beginn des Hörspiels in Deutschland.

Der Wiederbeginn des Hörspiels in Deutschland datiert auf den 13.09.1945, also nur vier Monate nach Ende des Krieges. An diesem Tag sendete der gerade entstandene Sender Radio Hamburg das erste Nachkriegshörspiel, Carl Zuckmayers ‚Hauptmann von Köpenick’. Wenige Monate danach, am 20.01.1946, kam, ebenfalls durch Radio Hamburg, das erste Originalhörspiel der Nachkriegszeit, Volker Starkes ‚Der Held’, zur Sendung.

Brachten die einzelnen Funkhäuser zunächst noch sehr unregelmäßig Hörspiele, wurde nach und nach ein fester Hörspieltermin pro Woche und Sender (zumeist abends) etabliert, beim SDR sogar zwei. Nach der Einführung der Ultrakurzwellenfrequenz (UKW) und dem Beginn eines zweiten Programms pro Sender (um 1950) erhöhte sich der Hörspielbedarf entsprechend. 1950 lag er in der BRD bei ungefähr 1000 Sendungen pro Jahr, nach Abzug der Wiederholungen und Übernahmen bedeutete das immer noch zwischen 120 und 300 Neuproduktionen jährlich[24], eine ungeheure Zahl an Sendungen, für deren Realisierung dringend neue Autoren gefunden werden mussten.

3.3 Anwerbung von Autoren

Das Finden neuer und qualitativ guter Autoren hätte theoretisch keiner großen Mühen bedurft, litten sie doch nach dem Ende des Krieges im Allgemeinen ähnliche Not wie der Rest der Bevölkerung: Die großen Verlage begannen erst langsam wieder zu produzieren, und es gab für gestandene Autoren – vorausgesetzt sie waren nicht in alliierter Kriegsgefangenschaft – nicht genügend journalistische Betätigungsfelder, auf die hätte ausgewichen werden können. Es mangelte vielen Autoren daher nicht nur an materieller Sicherheit, sondern auch an „einer Umsetzungsmöglichkeit ihrer Werke“.[25]

Für die Hörspielabteilungen bestand das Problem zunächst einmal darin, die weit versprengt lebenden Autoren mit Radio-Erfahrung zu kontaktieren. War ein Autor gefunden, galt es zu prüfen, inwieweit er aufgrund seiner möglichen Verstrickung in den Nationalsozialismus überhaupt für den neuen demokratischen Rundfunk in Frage kam. Das Entnazifizierungsverfahren, an dessen Ende erst die Arbeitserlaubnis in Aussicht stand, dauerte zudem manchmal Jahre. Mit Rundfunk-erfahrenen Autoren alleine wäre der Bedarf an Hörspielen somit niemals zu decken gewesen. Es galt also – auch im Sinne eines inhaltlichen Neuanfangs –, Mittel und Wege zu finden, gute, junge, aber Hörspiel-fremde Autoren auf die literarischen Möglichkeiten der Rundfunkarbeit und dabei nicht zuletzt auch auf den finanziellen Anreiz aufmerksam zu machen.

Aus diesem Autoren-Mangel heraus besannen sich die einzelnen Hörspielabteilungen – wie bereits in den 1920er Jahren – darauf, Hörspielpreisausschreiben durchzuführen, die gleichzeitig auch dazu beitragen sollten, die Gattung Hörspiel wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Man hoffte, „daß ein solches Preisausschreiben einen neuen genialen Hörspielautor wie einen Phönix aus der Asche steigen lassen könne“.[26]

Die ersten Ausschreibungen begannen 1946, und die meisten von ihnen fanden zwischen 1947 und 1955 statt. Sie blieben jedoch ohne nennenswerte Erfolge, was die Aufstockung der Autorenkarteien oder gar das Entdecken von vermeintlichen Hörspiel-Genies anbelangte. Margret Bloom lastet diesen Ausschreibungs-Misserfolg allerdings nicht nur der größtenteils miserablen Qualität der meisten Einsendungen an, sondern auch den offensichtlich zu hohen Erwartungen und dem zu einseitigen Hörspiel-Verständnis der einzelnen Redaktionen.[27] Für diese These spricht die seltsame Realisierungsgeschichte eines der bekanntesten Hörspiele Deutschlands: Günter Eichs ‚Träume’, das nach seiner Realisation durch den NWDR 1951 zu einem der meist diskutiertesten Hörspiele der 1950er Jahre werden sollte. Eich hatte sich mit diesem Stück bereits im Sommer 1950 beim ersten von insgesamt drei Hörspielpreisausschreiben des BR beworben. Er bekam hierfür jedoch keinen der drei zu vergebenden Preise, und der erste Preis wurde überhaupt nicht verliehen, da laut Jury „keine der vorgelegten Arbeiten des 1. Preises von 5000,- DM würdig [war]“.[28]

Erfolgreicher waren die Verantwortlichen der Hörspielabteilungen beim Veranstalten von Autorentagungen zum Thema Hörspiel oder durch das Werben bei Hörspiel-‚fremden’ Autorentagungen. Vor allem die Begegnungsforen, die der SDR seit 1949 initiierte, entwickelten sich zu Schnittstellen zwischen den Sendern und wichtigen deutschen Autoren. Ziel dieser Tagungen war es, die Gattung Hörspiel den Literaten näher zu bringen und mögliche Ressentiments gegenüber den Auftragsarbeiten für die Rundfunkanstalten abzubauen.

Das bekannteste Beispiel für ein Engagement der ‚Talentsucher’ bei Autorentagungen ist das Bemühen um die Teilnehmer der Gruppe 47: Schon seit den ersten Treffen der Gruppe waren Rundfunkdramaturgen oder -regisseure anwesend, um neue Autoren für den Funk zu gewinnen. Von der Tagung der Gruppe 47 in Bad Dürkheim, Mai 1951, heißt es, dass gute Texte „bereits wenige Stunden, nachdem sie gelesen [...], an drei Sendestationen verkauft worden [waren]“.[29] Noch 1960 in Ulm stand ein ganzes Treffen der Gruppe 47 unter dem Motto ‚Das literarische Hörspiel’ und wurde sogar vom Rundfunk finanziert. Hält man sich vor Augen, wie viele herausragende Hörspielautoren und -autorinnen die Gruppe 47 hervorgebracht hat, muss dieses Bemühen der Sender als voller Erfolg angesehen werden: Unter anderem schrieben die Gruppe-47-Mitglieder Ilse Aichinger, Alfred Andersch, Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Peter Handke, Wolfgang Weyrauch, Siegfried Lenz, Günter Grass und natürlich Günter Eich Hörspiele für die öffentlich-rechtlichen Sender. An diesen Autoren und ihrer zum Teil erstaunlichen literarischen Entwicklung in und seit den 1950er Jahren wird auch deutlich, dass die deutschen Rundfunkanstalten auf ihrer Suche nach Autoren zu Beginn der 1950er Jahre – durchaus nicht immer beabsichtigt – mäzenatisch auf die junge deutsche Literaturszene einwirkten. Viele Autoren – Günter Eich ist ein hervorragendes Beispiel – hätten ohne das Geld des Rundfunks niemals als freischaffende Autoren überleben können. Der Rundfunk bewahrte ihnen somit einen Teil ihrer künstlerische Freiheit, wenn auch um den Preis der literarischen Auftragsarbeit, die, zumindest für manche Autoren, sicher nicht mehr als schnöde Brotarbeit bedeutet haben dürfte.[30] Eine weitere, für die Hörspiel-Forschung nicht unerhebliche Konsequenz der erfolgreichen Werbung so namhafter Künstler war, dass die Gattung Hörspiel nach Jahren des künstlerischen Stillstands zum ersten Mal umfassender Gegenstand literaturwissenschaftlicher Forschung wurde.

3.4 Folgen des föderalistischen Rundfunks für die Hörspielproduktion

Die Alliierten übergaben den Bundesländern um 1949 Rundfunkanstalten von sehr unterschiedlicher Größe und Struktur, die über unterschiedlich große Sendegebiete verfügten. Diese Struktur hatte von Anfang an eine starke Eigenständigkeit der einzelnen Produktionsstätten zur Folge, die beim Hörspiel zu sehr unterschiedlichen Sender-Schwerpunkten führen sollte. Da die Anzahl der gemeldeten Radiogeräte im Sendegebiet maßgeblich die finanzielle Situation des jeweiligen Senders mitbestimmte, entstanden finanziell unterschiedlich ausgestattete Sender, die daher über unterschiedlich hohe Budgets bei der Produktion von Hörspielen und der Verpflichtung von Hörspielautoren verfügten.

Wie groß die finanziellen Unterschiede zwischen einzelnen Sendern gewesen sein müssen, verdeutlichen die Zahlen der gemeldeten Hörer im jeweiligen Sendegebiet Anfang der 1950er Jahre: Der NWDR, der sich erst zum Jahreswechsel 1955/56 in die zwei Anstalten NDR und WDR aufteilen sollte, hatte 1951 zum Beispiel über fünf Millionen angemeldete Hörer in seinem riesigen Sendegebiet, das die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin umfasste. In den Sendegebieten des HR, SDR, und SWF lebten hingegen jeweils noch nicht einmal über eine Millionen Gebührenzahler.[31] Heinz Schwitzke teilt für die Anfangszeit der 1950er Jahre die vorhandenen Rundfunkanstalten ihren finanziellen Möglichkeiten nach in drei Gruppen ein[32]: an der Spitze die beiden reichsten Sender NWDR (mit den Funkhäusern Hamburg und Köln) und BR, gefolgt von SWF, SDR, HR und RIAS, „die es etwas schwerer haben“.[33] Als letzte Gruppe nennt er die beiden kleinsten deutschen Sender SR und Radio Bremen.

In der Praxis ergaben sich hieraus sehr unterschiedliche Honorar-Möglichkeiten: Während die kleinen Sender beim Kauf eines Hörspiels kaum mehr als 1000 DM bezahlen konnten, war beispielsweise der NWDR in der Lage, Hörspiele mit bis zu 5000 DM zu honorieren.[34] Noch größer erscheint diese Kluft durch Zahlen, die Hans-Ulrich Wagner nennt:[35] Demnach verfügte die Hörspielabteilung des SWF, den Schwitzke zur mittleren Gruppe (der noch relativ zahlungsstarken Sender) zählt, 1951 über einen Monatsgesamtetat von gerade mal 8000 DM, aus dem sämtliche Honorar- und Produktionskosten bezahlt werden mussten.

Es liegt auf der Hand, dass renommierte Autoren mit entsprechend guten Stoffen ihre Hörspiele lieber bei größeren und somit zahlungskräftigeren Rundfunkanstalten aufgehoben sahen.

Mit der finanziellen und strukturellen Eigenständigkeit der Produktions-
stätten ging zunächst auch eine starke personelle Fixierung der Programmpolitik und redaktionellen Arbeit einher. In den ersten Jahren nach 1945 war diese dem Hörspiel durchaus zuträglich, denn die Initiative Einzelner und die Umsetzung individueller Ideen war wichtig für die Aufrechterhaltung des noch von Provisorien geprägten Redaktions- und Sendebetriebs. Gleichzeitig bedeuteten diese individuellen Prägungen jedoch auch, dass die Sender sehr unterschiedliche Präferenzen entwickelten, was Textauswahl, Lektorat und Dramaturgie betraf. So kam es nachweislich auch dauerhaft zu lokalen Eigenheiten im Bemühen um das Hörspiel, die wie im Falle des NWDR auch innerhalb einer Anstalt auftreten konnten: Während sich die Hamburger Hörspiel-Abteilung in den 1950er Jahren unter dem Chefdramaturgen und Intendanten Ernst Schnabel (1946-1949) und vor allem unter seinem Nachfolger Heinz Schwitzke hauptsächlich um das literarische Originalhörspiel bemühte, favorisierte Wilhelm Semmelroth beim NWDR in Köln bei seinen Hörspielproduktionen vor allem Adaptionen von Bühnenstücken und Romanen.

Neben der Bildung unterschiedlicher Hörspielvorstellungen sorgte der dauerhafte Mangel an guten Hörspielautoren jedoch auch zu einer starken Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Hörspielabteilungen. Dies führte neben dem Ansporn zu größerer Professionalität und Einfallsreichtum vor allem zu Beginn der 1950er Jahre auch zu Übervorteilungen, dem Abwerben von Autoren und anderen Missstimmigkeiten.

Teilweise relativiert wurden diese Konkurrenz der Sender und die Nachteile unterschiedlich hoher Budgets durch die Gründung von so genannten Gemeinschaftsredaktionen beziehungsweise durch den Rückzug auf Gemeinschaftsproduktionen. Eine Gemeinschaftsredaktion betreute die Vorbereitung, Realisierung und Sendung eines bestimmten Stoffes in zwei verschiedenen Funkhäusern, wobei jedes Funkhaus eine eigene Umsetzung produzierte. Bei der Gemeinschaftsproduktion[36] übernahm zudem eine Anstalt federführend auch die redaktionelle Betreuung und Produktion des Stückes. Das Band wurde dann bei allen an der Produktion beteiligten Sender gespielt und archiviert. Ab 1952 schlossen sich so die Sender BR, Radio Bremen und SWF zu Gemeinschaftsredaktionen zusammen, fast zeitgleich gründeten der NWDR und der SDR eine Gemeinschaftsredaktion. Erstes Hörspiel dieser Zusammenarbeit war Eichs ‚Die Andere und ich’.

Positive Folgen dieser Zusammenschlüsse waren verbesserte finanzielle Möglichkeiten der kleinen Sender und größere Honorarspielräume bei der Bezahlung von Hörspieltexten, wodurch weitere namhafte Autoren für den Funk gewonnen werden konnten.

3.5 Formale Reduktion der Gattung in den 1950er Jahren

Es gab nach dem Krieg, abgesehen von den lokalen Unterschieden, eine Reihe von prinzipiellen Veränderungen im Hörspiel-Verständnis der Abteilungen, die die potenzielle Produktionsvielfalt kanalisierten und zum Teil limitierten. Die Entwicklung des deutschen Hörspiels nach 1945 war somit in der Weise, wie sie stattfand, keine notwendige natürliche Konsequenz aus der Vergangenheit, sondern ein Ergebnis bestimmter ästhetisch-ideologisch besetzter Konventionen, die zum Teil auch direkte Ausgrenzungen bestimmter Hörspielarten durch die Hörspielabteilungen beinhalteten.

In der Weimarer Republik und selbst in den Anfangsjahren des Dritten Reiches bezeichnete ‚Hörspiel’ sehr unterschiedliche Formen funkischer Kunst.[37] Der Rundfunk war noch jung, und bei der Auslotung technischer, inhaltlicher und formaler Umsetzungsmöglichkeiten von Kunst innerhalb dieses neuen Mediums herrschte noch offen gelebter Pioniergeist.

Schon in den 1920er Jahre gab es Bestrebungen, die zahlreich existierenden Spielformen begrifflich fassbarer zu machen, indem ganz grundsätzlich zwischen ‚Hörspiel’ (als Summe aller originär funkischen Kunstwerke) und ‚Sendespiel’ (als Summe aller literarischen Reproduktionen, also Funk-Adaptionen) zu unterscheiden versucht wurde.[38] Zum Hörspiel im damaligen Sinne gehörten ganz selbstverständlich auch dem Feature[39] sehr ähnliche Hörfunk-Formen oder die ‚Geräusch-Hörspiele’, die sich – stark vereinfacht – am ehesten als Vorläufer des Neuen Hörspiels[40] bezeichnen lassen.

Von zentraler Bedeutung für das Hörspielverständnis nach dem Zweiten Weltkrieg ist nun, dass diese beiden in der heutigen Radiolandschaft sehr wohl wieder vertretenen Formen aus unterschiedlichen Gründen innerhalb der deutschen Hörspielproduktion der 1940er und 1950er Jahre entweder marginalisiert oder gar nicht in Erscheinung traten.

Das Feature wurde in Deutschland auch nach dem Krieg (im Gegensatz zur heutigen Zeit) zunächst noch dem Hörspiel zugerechnet und war bis ungefähr zur Mitte der 1950er Jahre eine stark rezipierte Sendeform. Gerade in dieser von Veränderung und Wiederaufbau geprägten Phase deutscher Geschichte besaß das Feature durch seine zeit- und realitätsbezogene, Reportage-ähnliche Darstellung ganz eigene Möglichkeiten, Kriegs- oder Nachkriegserfahrung abzubilden und ‚deutsche’ Befindlichkeiten und Zustände transparent zu machen. Es schien zunächst so, als könne die „journalistische Schwesterform“[41] des Hörspiels in Deutschland dauerhaft ähnlich erfolgreich werden wie in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten – so verhieß es zumindest das Jahr 1947 („ein großes Feature-Jahr“[42] ), in dem bekannte Feature-Autoren wie Axel Eggebrecht oder Ernst Schnabel einige ihrer besten Stücke schrieben. 1951 vollzog sich jedoch, beispielsweise beim NWDR in Hamburg, ein organisatorischer Bruch, bei dem die ursprüngliche Hörspielredaktion in eine Hörspiel- und eine Feature-Redaktion aufgeteilt wurde. Konsequenz dieser organisatorischen Trennung war auch eine scharfe Trennung der inhaltlichen Konzepte dieser Kunstformen: Die Abgrenzung „des ‚Poetischen’ vom bloß ‚Zeitkritischen und Politischen’“[43], des ‚reinen’ Wortkunstwerkes vom Reportagehaften, bedeutete den Beginn einer Kanalisierung, wenn nicht gar Zementierung beider Formen. Nicht ausschließlich, aber auch wegen dieser Trennung entwickelten sich in den darauf folgenden Jahren für das literarische Hörspiel bestimmte inhaltliche und ästhetische Konventionen, die zumindest bis in die 1960er Jahre hinein als zum Teil unverrückbar angesehen werden müssen. Parallel dazu gewann das Feature zwar mit neuen Literaten wie Alfred Andersch zunächst weitere wichtige Autoren hinzu, büßte jedoch im Verlauf der 1950er Jahre deutlich an Renommee ein, während die Blütezeit des literarischen Hörspiels weiter andauerte.

Ein weiteres Beispiel für die konzeptionellen Einschränkungen im deutschen Nachkriegshörspiel stellt die komplette Verdrängung der Kunstform dar, die Schwitzke für die Zeit der Weimarer Republik das „experimentelle Geräuschhörspiel“[44] nannte. Unter diese sehr vage formulierte Kategorie lassen sich aus heutiger Sicht prinzipiell auch Hörspielformen einordnen, die seit den 1960er Jahren als Neues Hörspiel bezeichnet werden. Ohne hier inhaltlich näher auf diese Hörspiele und ihre Konzeptionen einzugehen, ist es für das Verständnis der Hörspielpraxis der 1950er Jahre entscheidend zu sehen, dass die inhaltlichen Prinzipien des Neuen Hörspiels, die zum größten Teil bereits seit der Weimarer Republik existierten, in der Zeit von 1945 bis circa 1965 aus den Programmen der Sender nahezu verschwunden waren und erst nach Ende der Blütezeit des literarischen Hörspiels im Nachkriegsdeutschland wieder auftauchten.[45]

Die mögliche Schlussfolgerung, dass die Programmpolitik der öffentlich-rechtlichen Sender zu der besagten Zeit generell von einseitigem ästhetischen Verständnis oder gar restriktiv-reaktionären Tendenzen geprägt gewesen sei, ist allerdings nicht haltbar.[46] Das Wissen um diese formalen Verdrängungen im Hörspiel der 1950er Jahre – Margret Bloom spricht nicht ganz zu Unrecht von „einer Art ‚normativer Poetik’“[47] – ist von zentraler Bedeutung bei der Darstellung der Geschichte des literarischen Originalhörspiels und bei der Analyse von Hörspielen aus den 1950er Jahren.

Gerade das Beispiel von Heinz Schwitzke, dem Chef der Hörspielredaktion des NWDR/NDR Hamburg zwischen 1951 und 1971, zeigt exemplarisch, wie in den 1950er Jahren und noch Jahre darüber hinaus eine ganze literarische Gattung von den inhaltlichen und formalen Vorlieben verantwortlicher Einzelpersonen abhängig sein konnte. Erst im ausgehenden 20. Jahrhundert hat sich die grundsätzliche Abhängigkeit des Hörspiels vom Medium Rundfunk, die immer sowohl den Aspekt der Förderung als auch den Aspekt der Lenkung beinhaltete, leicht verringert: Das zunehmende Bemühen des Tonträgermarktes um das Hörspiel sowie die Entwicklungen innerhalb des Neuen Hörspiels, in dem der Autor immer häufiger auch Regisseur und Produzent seiner Stücke ist, förderten diese tendenzielle Loslösung des Hörspiels vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Für die 1950er Jahre galt dies jedoch noch nicht: Rundfunkautoren wie Günter Eich mussten, wollten sie gesendet werden, beim Anbieten von Stoffen lokale Besonderheiten und individuelle Vorstellungen in den Abteilungen in hohem Maße berücksichtigen.

3.6 Zur Terminologie des literarischen Originalhörspiels

Bevor geklärt werden kann, was zentrale Themen des literarischen Originalhörspiels der 1950er Jahre waren, ist es notwendig, diese Hörspielbezeichnung gegenüber anderen, der Definition nach ja vermeintlich nicht-literarischen abzugrenzen.

Der Begriff des literarischen Originalhörspiels taucht in der Forschungsliteratur ungefähr ab Ende der 1940er Jahre auf, zur selben Zeit also, als Germanisten begannen, sich zumindest in Grundzügen mit der Gattung Hörspiel auseinander zu setzen. Auffallend ist dabei, dass das wissenschaftliche Interesse am Hörspiel erst zunahm, als vermehrt Hörspiele gedruckt wurden.[48] Die frei zugängliche textliche Fixierung, durch die das Hörspiel dem Drama zumindest editorisch plötzlich sehr ähnlich wurde, schuf ganz offensichtlich erst den Anstoß für eine eingehendere literaturwissenschaftliche Forschung. Ohne hier umfassender darzulegen, was Literatur eigentlich ist, sei in diesem Zusammenhang der Hinweis gegeben, dass nicht schriftlich fixierte Wortkunst – wie Mythen, Märchen oder Volkslieder – schon seit Beginn der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung zu Recht Gegenstand der germanistischen Forschung ist. Konsequenterweise wird daher das Hörspiel heute nicht mehr nur im Zusammenhang mit seinem Abdruck zum literarischen Forschungsthema, mag jener auch einst zur gestiegenen Popularität und zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung beigetragen haben.

Zu der Zeit, als der Begriff des literarischen Originalhörspiels aufkam, war das Hörspiel allerdings eine von der Forschung noch weitgehend unbeachtete Kunstform, und die führenden deutschen Hörspieltheoretiker waren zugleich zu einem Großteil auch die führenden deutschen Hörspielpraktiker. Sie bemühten sich inständig um eine Popularisierung des Hörspiels, auch mit dem Ziel, dass eine umfassendere wissenschaftliche Forschung endlich beginne. Diese Auseinandersetzung fand vor allem ab den 1950er Jahren zunehmend statt, auch wenn das deutsche Hörspiel noch lange, wie Horst-Walter Krautkrämer es 1962 formulierte, als „ein Stiefkind der Literaturwissenschaft“[49] angesehen werden musste.

Das Prädikat ‚literarisch’ einer Gruppe von Hörspielen in den 1950er Jahren zuzuschreiben, hatte im Sinne dieser angestrebten Emanzipation des Hörspiels daher zum einen die Funktion, auf seine Urheber – einige der renommiertesten Autoren Deutschlands – zu verweisen. Zum anderen war jedoch sicherlich auch das Ziel, die anspruchsvolleren Hörspiele von den vermeintlich weniger anspruchsvollen wie den Kriminalhörspielen abzugrenzen. Akzeptiert man nun das Hörspiel als Teil der literarischen Produktion – und alles andere wäre falsch –, zeigt sich die Problematik des Begriffs ‚literarisches Hörspiel’: So bilden etwa Kriminalromane sehr wohl eine literarische Gattung, wenn sie im Allgemeinen auch der Trivialliteratur zugerechnet werden. Die Kriminalhörspiele, die zumindest per definitionem nicht zu den ‚literarischen Hörspielen’ zählen, stellen jedoch die funkisch äquivalente Form der Kriminalromane dar und verdienen daher selbstverständlich auch das Prädikat ‚literarisch’.

Das Beispiel zeigt, dass der Begriff ‚literarisches Originalhörspiel’ nicht im Sinne einer wissenschaftlich korrekten Bezeichnung aller literarischen beziehungsweise einer Ausschließung aller nicht-literarischen Hörspiele zu verstehen ist. Ein Hörspiel, in dem das Wort Träger der Bedeutungen ist, muss ohnehin immer literarisch genannt werden, auch wenn sich innerhalb des Neuen Hörspiels Formen wie die ‚Ars Acustica‘ herausgebildet haben, bei denen die Termini der Literaturwissenschaft mit der elektroakustischen Realisation der Hörspiele zum Teil nicht in Einklang zu bringen sind.

Der Begriff des literarischen Originalhörspiels ist für die 1950er Jahre also vor allem als Kennzeichen vermeintlicher literarischer Höherwertigkeit anzusehen. Er soll trotz seiner Problematik in dieser Arbeit beibehalten werden, da er sich über die Jahrzehnte hinweg als Bezeichnung eines bestimmten Typs innerhalb des traditionellen Hörspiels in der Diskussion gehalten hat.

3.7 Themen und Gestaltung des literarischen Originalhörspiels der 1950er Jahre

Im literarischen Originalhörspiel der 1950er Jahre zeigt sich auf den ersten Blick ein ebenso breites thematisches Spektrum wie in der sonstigen deutschen Literaturproduktion dieser Zeit. Bestimmende Themenbereiche sind die Erfahrungen des Krieges (etwa der nationalsozialistische Terror, der Innere Widerstand, die Verfolgung der Juden) und die Erfahrungen der unmittelbaren Nachkriegszeit (Heimkehrerproblematik, Armut). Aber auch aktuelle Ereignisse und Entwicklungen der 1950er Jahre wie der Ost-West-Konflikt, die durch Hiroshima geschürte Angst eines Atomkriegs oder die sich bildende Wohlstandsgesellschaft in Deutschland halten thematisch Einzug in das literarische Originalhörspiel.

Es lassen sich für das Hörspiel somit kaum inhaltliche Brüche im Vergleich zur sonstigen Literaturproduktion beobachten, wohl aber tendenzielle Unterschiede bei der Umsetzung dieser Themen. So fällt auf, dass die unterschiedlichen Sujets in den Hörspielen zum Teil auffallend einheitlich entwickelt wurden, indem „das Konkrete [...] zum Gleichnis für die allgemeine Sinnfrage“[50] wurde. Der Reiz dieser Technik lag offenbar darin, durch die Verlagerung konkreter Ereignisse in ein anderes Umfeld elementarere ethische Grundwerte anzusprechen und wiederkehrende grundsätzliche Konflikte darzustellen, indem auch Verbindungen zwischen unterschiedlichen historischen Zeiten oder Problemfeldern hergestellt wurden. Kritische Abhandlungen über das literarische Hörspiel der 1950er Jahre[51] interpretieren diesen Umstand hingegen zumeist negativ-eskapistisch, als Ausdruck des Unwillens von Autoren und Hörspielpraktikern, dem Hörer die Auseinandersetzung mit konkreten historischen Wahrheiten zuzumuten.[52]

[...]


[1] Eich: ‚Sprache ist das, was mich interessiert‘ [Interview], Gesammelte Werke [in der Folge GW abgekürzt], Bd. IV, S. 504.

[2] Ohde: Wortkunst, S. 472.

[3] Aus dieser Überlegung heraus soll in meiner Arbeit auch nicht, wie so häufig zu finden, von der ‚Inszenierung’ eines Hörspiels die Rede sein, sondern immer von seiner ‚Realisation’, die schon terminologisch die Notwendigkeit einer Vertonung unterstreicht.

[4] Vgl. Fischer: Dokumente, S. 295.

[5] Jenke: Radiodiskurs, S. 191.

[6] Vgl. Ohde: Wortkunst, S. 472.

[7] Auf die Entwicklungen in der sowjetisch besetzten Zone, die den Ursprung des DDR-Rundfunks bilden, soll hier nicht näher eingegangen werden.

[8] Vgl. Bausch: Rundfunk.

[9] Zit. nach: Jenke: Radiodiskurs, S.194.

[10] In den 1950er Jahren kamen mit dem Sender Freies Berlin (1954) und dem Saarländischen Rundfunk (1957) noch zwei hinzu.

[11] Berndt: Rundfunk, S. 27; [Kursivschrift im Original].

[12] In den Jahren 1945 und 1946 gab es keine Erhebungen.

[13] Fischer: Dokumente, S. 295.

[14] Eberhard: Rundfunkhörer, S. 181.

[15] Mittwoch, 20.05 Uhr, und Sonntag, 17.00 Uhr.

[16] Eberhard: Rundfunkhörer, S. 181.

[17] Bloom: Nachkriegszeit, S. 60.

[18] Schwitzke: Hörspiel, S. 267.

[19] Bei der Berücksichtigung der Zahlen aus Heinz Schwitzkes Standardwerk ‚Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte’ darf die Tendenz, die dieses Werk hat, nicht unbeachtet bleiben. Der langjährige Hamburger Hörspiel-Chefdramaturg Schwitzke vertritt hierin eine eindeutig affirmative Position gegenüber der deutschen Hörspielproduktion der 1950er Jahre, an der der NWDR und nicht zuletzt Schwitzke selbst maßgeblich beteiligt waren. Offensichtliches Ziel dieses Buches ist neben der durchaus gelungenen Darstellung der Geschichte und Dramaturgie des literarischen Hörspiels auch, die Notwendigkeit einer weiteren Förderung des literarischen Hörspiels und seine Relevanz gegenüber dem immer populärer werdenden Fernsehen und dem in der Entstehung begriffenen Neuen Hörspiel zu unterstreichen.

[20] Ernst: Hörer.

[21] Ebd., S. 4.

[22] Ernst: Hörer, S. 8a.

[23] Würffel: Hörspiel, S. 74.

[24] Ohde: Wortkunst, S. 474.

[25] Goss: Träume, S. 20.

[26] Lindegk: Hörspielpreisausschreiben, S. 80.

[27] Vgl. Bloom: Nachkriegszeit, S. 45-50.

[28] Vgl. den Ordner ‚Hörspiel-Preisausschreiben’, zit. nach Wagner: Eich, S. 87.

[29] Meyer-Brockmann: Gruppe 47, S. 63f.

[30] Vor allem Margret Bloom (Bloom: Nachkriegszeit, S. 65ff.) weist auf den Abhängigkeitscharakter hin, den das Verhältnis zwischen Rundfunk und Autor zu dieser Zeit besaß. Trotz der Bedeutung dieses Aspektes kann er nicht näher analysiert werden, wird jedoch später am Beispiel von Günter Eich eine Rolle spielen.

[31] Vgl. Fischer: Dokumente, S. 293.

[32] Schwitzke: Hörspiel, S. 311.

[33] Ebd.

[34] Bloom: Nachkriegszeit, S. 71.

[35] Wagner: Eich, S. 98.

[36] Die Gemeinschaftsproduktion ist auch heute noch fester Bestandteil der deutschen Hörspielproduktion und des öffentlich-rechtlichen Produktionswesens überhaupt. Die Gründe für eine Gemeinschaftsproduktion sind dieselben wie in den 1950er Jahren: Besonders teure Produktionen wie z. B. die 30-teilige Realisierung von Tolkiens ‚Der Herr der Ringe’ (WDR/SDR) werden so überhaupt erst möglich.

[37] Zum deutschen Hörspiel vor 1945 vgl. z. B. Würffel: Hörspiel, S. 10-73; Schwitzke: Hörspiel, S. 33-182; Soppe: Streit; Döhl: NS-Zeit.

[38] Vgl. Würffel: Hörspiel, S. 18.

[39] Zum Feature vgl. Hülsebus-Wagner: Feature.

[40] Zum Neuen Hörspiel vgl. Döhl: [Das neue] Hörspiel; Knilli: Schallspiel; Schöning: Hörspiel.

[41] Schwitzke: Hörspiel, S. 279.

[42] Ebd., S. 272.

[43] Ohde: Wortkunst, S. 471.

[44] Schwitzke: Hörspiel, S. 74.

[45] Prinzipiell kann als eine zentrale Eigenart dieser Hörspieltypen die größere Bedeutung des Geräusches nicht im Sinne einer bloßen Untermalung oder Intensivierung des gesprochenen Wortes wie im literarischen Hörspiel, sondern als eigentlicher semantischer Träger des Hörspiels angesehen werden.

[46] Das zeigt das Beispiel einer künstlerischen Nachbar-Disziplin des Hörspiels, auf deren technische Errungenschaften es bis heute zurückgreift: die elektronische Musik. Maßgeblich verantwortlich bei der Entwicklung klanglicher Vorrichtungen für die elektronische Musik, deren Pionierzeit in den 1940er und vor allem 1950er Jahren liegt, war das dafür eigens eingerichtete ‚Studio für Elektronische Musik’ beim NWDR in Köln. Es war bereits 1951 gegründet worden und erlangte durch die Arbeit führender Komponisten wie Karlheinz Stockhausen bald Weltruhm. Die Entwicklung der elektronischen Musik ist ein hervorragender Beleg dafür, dass die faktische Gattungsbeschneidung des Hörspiels in den 1950er Jahren ihre Ursache nicht in einer allgemeinen Ablehnung von künstlerisch neuen oder gar avantgardistischen Einflüssen durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehabt haben kann. Vielmehr muss diese Beschneidung auf individuelle poetische Vorstellungen der Hörspielabteilungen zurückgeführt werden. Um beim (N)WDR zu bleiben: Ein ‚Studio für Akustische Kunst’ wurde gebaut, bezeichnenderweise allerdings erst 1968, als sich die Ideen des Neuen Hörspiels allmählich durchsetzen konnten.

[47] Bloom: Nachkriegszeit, S. 37.

[48] Die ersten deutschen Hörspiele wurden zwar bereits 1927 gedruckt, die meisten allerdings erst ab ca. 1950. In diesem Jahr erschien das erste Hörspielbuch des SDR.

[49] Krautkrämer: Hörspiel, S. 3.

[50] Schneider: Rundfunk, S. 208.

[51] Vgl. z. B. Bloom: Nachkriegszeit.

[52] Aus Platzgründen soll im Rahmen dieser Arbeit allerdings nur ein Beschreibungsversuch der inhaltlichen Prinzipien der Hörspiele, keine umfassende Bewertung vorgenommen werden.

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
„Die Andere und ich“ im Kontext von Günter Eichs Hörspielwerk
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
102
Katalognummer
V284292
ISBN (eBook)
9783656841296
ISBN (Buch)
9783656841302
Dateigröße
702 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Günter Eich, Hörspiel, Die Andere und ich, Träume, Rundfunk, Gruppe 47, NDR, NWDR, WDR, Literarisches Hörspiel, Hörspieltheorie, Hörspielanalyse, HR, MDR
Arbeit zitieren
Felix Scharlau (Autor:in), 2003, „Die Andere und ich“ im Kontext von Günter Eichs Hörspielwerk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284292

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