Aristoteles erörtert in seinem Werk der nikomachischen Ethik eine ursprüngliche Auffassung eines guten Lebens. Er beschreibt und kategorisiert die für ein gutes Leben notwendigen Wesensmerkmale und Grunderfahrungen des Menschen. Aristoteles vermutet dabei bestimmte Merkmale, welche sich bei jedem Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt wiederfinden. Hier zeigt sich allerdings auch die größte Schwachstelle der aristotelischen Konzeption eines guten Lebens. Denn viele Kritiker können sich bei all den teilweise gravierenden kulturellen und traditionellen Unterschieden nur schwer vorstellen, dass es eine einzige Tugendlehre sein könnte, die das universell richtige Handeln erfasst und zudem eine allgemeingültige Vorstellung eines guten Lebens geben kann. Diese Vorstellung müsste von allen Menschen, aus den verschiedensten Völkern und Gesellschaften, geteilt werden.
Kann die aristotelische Tugendlehre ihrem universellen Geltungsanspruch nicht gerecht werden, weil sie die gesellschaftlichen Unterschiede vernachlässigt? Oder befinden sich doch gemeinsame Wesensmerkmale in jedem von uns, die wir gemeinsam unter einer von Kultur und Tradition verdeckenden Oberfläche teilen?
Ich möchte in dieser Arbeit die Tugendlehre, wie sie in der nikomachischen Ethik erörtert wurde, nachvollziehen und zeigen, dass und in welchem Umfang sie immer noch Relevanz für unser modernes gesellschaftliche Leben besitzt und inwiefern sie traditions- und kulturübergreifend wirkt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Tugendethik
2.1 Der aristotelische Tugendkatalog
2.2 Darstellung der Tugendethik
3. Warum jeder Mensch nach Glückseligkeit strebt
4. Probleme und Kritiken an der aristotelischen Tugendlehre
5. Besitzt die aristotelische Tugendlehre dennoch interkulturelle Relevanz ?
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Aristoteles erörtert in seinem Werk der nikomachischen Ethik eine ursprüngliche Auffassung eines guten Lebens. Er beschreibt und kategorisiert die für ein gutes Leben notwendigen Wesensmerkmale und Grunderfahrungen des Menschen. Aristoteles vermutet dabei bestimmte Merkmale, welche sich bei jedem Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt wieder finden. Hier zeigt sich allerdings auch die größte Schwachstelle der aristotelischen Konzeption eines guten Lebens. Denn viele Kritiker können sich bei all den teilweise gravierenden kulturellen und traditionellen Unterschieden nur schwer vorstellen, dass es eine einzige Tugendlehre sein könnte, die das universell richtige Handeln erfasst und zudem eine allgemeingültige Vorstellung eines guten Lebens geben kann. Diese Vorstellung müsste von allen Menschen, aus den verschiedensten Völkern und Gesellschaften, geteilt werden.
Kann die aristotelische Tugendlehre ihrem universellen Geltungsanspruch nicht gerecht werden, weil sie die gesellschaftlichen Unterschiede vernachlässigt? Oder befinden sich doch gemeinsame Wesensmerkmale in jedem von uns, die wir gemeinsam unter einer von Kultur und Tradition verdeckenden Oberfläche teilen?
Ich möchte in dieser Arbeit die Tugendlehre, wie sie in der nikomachischen Ethik erörtert wurde, nachvollziehen und zeigen, dass und in welchem Umfang sie immer noch Relevanz für unser modernes gesellschaftliche Leben besitzt und inwiefern sie traditions- und kulturübergreifend wirkt.
2. Tugendethik
Die Bedeutung des Tugendbegriffes kann in einigen Punkten mit dem Begriff des Habitus gleichgesetzt werden. Ein Habitus kann jedoch nach allgemeiner Auffassung von natürlicher oder erworbener Art sein, wohingegen Aristoteles den Erwerb von Tugenden allein durch das Wiederholen und Perfektionieren einer Tätigkeit beschreibt. Die Tugenden sind daher nicht angeboren, gehen aber aus einer natürlichen Veranlagung, der Vernunftbegabung, im Menschen hervor.[1] Die Tugenden bilden die Merkmale eines guten Lebens. Sie beziehen sich im Allgemeinen auf das richtige Handeln. Aristoteles stellt die wichtigsten Tugenden in einem empirisch ausgearbeiteten Tugendkatalog dar.
2.1 Der aristotelische Tugendkatalog
Die Tugenden lassen sich bei Aristoteles in theoretische (dianoetische) und praktische (ethische) Tugenden unterteilen (Abbildung unten). Die Dianoetischen lassen sich wiederum in zwei Gruppen aufteilen[2]:
Aristoteles beschreibt die ethischen Tugenden, die sich auf viele gesellschaftliche Bereiche erstrecken als ein gutes Handeln, welches den Mittelweg zwischen zwei lasterhaften Extremen geht, zum Beispiel steht der Hochsinn als Mitte zwischen Aufgeblasenheit und niederen Sinn. Um jedoch überhaupt ethisch handeln zu können, ist die vorherige Verinnerlichung der dianoetischen Tugenden unumgänglich. Denn man benötigt Klugheit und Weisheit, um die richtige Mitte bestimmen zu können.
Die erste Gruppe betrifft den Bereich der Vernunft, welcher nicht durch menschliches Handeln verändert werden kann. Dazu gehören die Vernunft als der Habitus der ersten Prinzipien, die Erkenntnis und die Wissenschaft, welche aus Prinzipien Wissen ableiten.
Die zweite Gruppe betrifft die Vernunft, welche sich auf Veränderungen bezieht, die durch das menschliche Handeln hervorgebracht werden. Einerseits gibt es hier den Bereich des moralisch relevanten Handelns, vor allem in der ökonomisch und politisch ethischen Praxis, deren Tugend die Klugheit ist. Andererseits gibt es den Bereich der technischen Vernunft (poietische Vernunft) des Machens und Produzierens, deren Tugend das Können oder Beherrschen einer Kunst oder Technik ist.
2.2 Darstellung der Tugendethik
Die Tugendlehre der Nikomachischen Ethik lässt sich in eine schwache und in eine starke Darstellung unterteilen.
Aristoteles konzipiert zunächst eine schwache Darstellung der Tugenden mit einer vagen Begriffsbeschreibung. Tugendliches Handeln bedeutet demnach richtiges Handeln, unabhängig davon, um was es sich genau handelt. Eine Person handelt innerhalb ihres Erfahrungsbereiches also genau dann tugendhaft, wenn sie richtig handelt. Über das richtige Handeln kann der Mensch „eudaimonia“ erlangen und dies ist als das oberste Ziel menschlicher Handlungen anzusehen auf dem Weg eines guten Lebens. Wie das richtige Handeln aber konkret auszusehen hat, beschreibt Aristoteles in dieser schwachen Darstellung der Tugenden noch nicht genauer. Aristoteles bestimmt mit einem Erfahrungskatalog zunächst allgemeine Erfahrungsbereiche, welche auf jeden Menschen zutreffen. Diese sind dann Grunderfahrungen wie zum Beispiel Tod, Hunger oder Lust, mit denen jeder Mensch mehr oder weniger konfrontiert wird. Die Tugenden bilden im Allgemeinen immer die Mitte eines Verhaltens zwischen zwei Extremen, ihre Motivation ist intrinsisch, sie sind vernünftig, liegen in unserer Gewalt und werden freiwillig vollzogen.[3]
[...]
[1] Vgl. NE II, 1103 a 23 – 1103 b 3
[2] Vgl. NE 1139 a 3
[3] Vgl. NE 1114 b 21
- Arbeit zitieren
- H K (Autor:in), 2014, Besitzt die aristotelische Tugendlehre eine gesellschaftlich übergreifende Relevanz?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298749
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