Die vorliegende Arbeit stellt eine besondere Form des Witzes vor, den jüdischen Witz. Der jüdische Witz stellt in mehrerlei Hinsicht eine Sonderform des Witzes dar, denn die Entstehungsgeschichte der Alltagssprache der Juden, des Jiddischen, und die Entstehungsgeschichte des jüdischen Witzes stehen in engem Zusammenhang. Daher war es unerlässlich, zumindest einen Abriss der Geschichte der Juden (Kapitel 2, S. 5) sowie des Jiddischen (Kapitel 5, S. 20) auf deutschem und slawischem Gebiet in diese Arbeit aufzunehmen, um dann daran die Geschichte des jüdischen Witzes und seine Zukunft zu behandeln (Kapitel 3, S. 8).
Ein eigenes Kapitel habe ich auch den Themen des jüdischen Witzes gewidmet, da in diesem Kulturkreis natürlich ganz andere Themen im Witz „besprochen“ werden als z.B. im deutschen. Schon allein aufgrund der politischen und sozialen Umstände in Osteuropa ergibt sich hier ein vielfältiger Fundus an witzigen Motiven (Kapitel 4, S. 16). Im Kapitel 5 (S. 20) weise ich auf die Bedeutung des Jiddischen für den jüdischen Witz hin. Ohne diese Volkssprache der osteuropäischen Juden wäre der jüdische Witz in seiner heutigen Form nicht denkbar. Die Analyse eines Beispiels folgt im Kapitel 6 (S. 23). Zu der von mir verwe ndeten Literatur möchte ich an dieser Stelle auch einiges hinzufügen. Auf den ersten Blick könnte nämlich der Eindruck entstehen, als wäre für dieses Thema Salcia Landmann die einzige Expertin. Bis zu einem gewissen Punkt stimmt das auch, war sie doch die Erste, die sich intensiv mit der jüdischen Witzkultur und ihrer Sammlung beschäftigt hat. In der Tat ist es auch so, dass ihre Werke eine sehr wichtige Grundlage für diese Arbeit bilden. Es sollte aber auch erwähnt werden, dass sie nicht unumstritten ist. Jan Meyerowitz hat das in seinem Buch „Der echte jüdische Witz“ sehr deutlich gemacht. Diese Kontroverse wird an anderer Stelle noch ausführlicher behandelt werden (im Kapitel 4, ab S. 17). Es wäre leichter zu lösen gewesen, eine Arbeit über das Judentum zu verfassen, da einfach mehr Fachliteratur zum Judentum als zum jüdischen Volkstum und Witz vorhanden und erreichbar ist.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ein kurzer Abriss der Geschichte der Juden auf deutschem und slawischem Gebiet
3 Der jüdische Witz gestern, heute und morgen
4 Themen des jüdischen Witzes
5 Die besondere Bedeutung des Jiddischen für den jüdischen Witz
6 Analyse
7 Schlussbetrachtungen
8 Literatur
1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit stellt eine besondere Form des Witzes vor, den jüdischen Witz. Der jüdische Witz stellt in mehrerlei Hinsicht eine Sonderform des Witzes dar, denn die Entstehungsgeschichte der Alltagssprache der Juden, des Jiddischen, und die Entstehungsgeschichte des jüdischen Witzes stehen in engem Zusammenhang. Daher war es unerlässlich, zumindest einen Abriss der Geschichte der Juden (Kapitel 2, S. 5) sowie des Jiddischen (Kapitel 5, S. 20) auf deutschem und slawischem Gebiet in diese Arbeit aufzunehmen, um dann daran die Geschichte des jüdischen Witzes und seine Zukunft zu behandeln (Kapitel 3, S. 8).
Ein eigenes Kapitel habe ich auch den Themen des jüdischen Witzes gewidmet, da in diesem Kulturkreis natürlich ganz andere Themen im Witz „besprochen“ werden als z.B. im deutschen. Schon allein aufgrund der politischen und sozialen Umstände in Osteuropa ergibt sich hier ein vielfältiger Fundus an witzigen Motiven (Kapitel 4, S. 16).
Im Kapitel 5 (S. 20) weise ich auf die Bedeutung des Jiddischen für den jüdischen Witz hin. Ohne diese Volkssprache der osteuropäischen Juden wäre der jüdische Witz in seiner heutigen Form nicht denkbar.
Die Analyse eines Beispiels folgt im Kapitel 6 (S. 23).
Zu der von mir verwendeten Literatur möchte ich an dieser Stelle auch einiges hinzufügen. Auf den ersten Blick könnte nämlich der Eindruck entstehen, als wäre für dieses Thema Salcia Landmann die einzige Expertin. Bis zu einem gewissen Punkt stimmt das auch, war sie doch die Erste, die sich intensiv mit der jüdischen Witzkultur und ihrer Sammlung beschäftigt hat. In der Tat ist es auch so, dass ihre Werke eine sehr wichtige Grundlage für diese Arbeit bilden. Es sollte aber auch erwähnt werden, dass sie nicht unumstritten ist. Jan Meyerowitz hat das in seinem Buch „Der echte jüdische Witz“ sehr deutlich gemacht. Diese Kontroverse wird an anderer Stelle noch ausführlicher behandelt werden (im Kapitel 4, ab S. 17). Es wäre leichter zu lösen gewesen, eine Arbeit über das Judentum zu verfassen, da einfach mehr Fachliteratur zum Judentum als zum jüdischen Volkstum und Witz vorhanden und erreichbar ist.
2 Ein kurzer Abriss der Geschichte der Juden auf deutschem und slawischem Gebiet
Die ersten jüdischen Ansiedlungen in Deutschland stammen aus dem Jahre 321 u.Z. und befanden sich in der Kölner Rheingegend. Den Beweis dafür erbringt ein Edikt des Kaisers Konstantin vom 11. Dezember dieses Jahres. Die Juden kamen mit den Römern nach Deutschland, vermutlich als Kolonisten, Kaufleute und Soldaten, nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 vielleicht auch als Sklaven. Kaiser Valentinianus II. untersagte im Jahr 328 von Trier aus die Belegung von Synagogen, was zur Gründung weiterer Siedlungen führte. Ob diese Siedlungen die Völker-wanderungsbewegungen überstanden, ist bis heute unklar.
Die nächsten Belege über jüdische Gemeinden gibt es aus der Karolingerzeit (9. Jahrhundert). Karl der Große betraute Juden mit großen Missionen, Ludwig der Fromme gab den schutzlosen Juden Schutzbriefe. Heinrich IV. nahm 1103 alle Juden unter königlichen Schutz, bald galten sie als steuerpflichtige Kammerknechte. 1236 verkündete Friedrich II. die Kammerknechtschaft aller Juden. Es gab zu dieser Zeit keine Sonderstellung der Juden, sie waren voll ins gesellschaftliche und soziale Gefüge integriert. So gab es jüdische Minnesänger (z.B. Süßkind von Trimberg) und die älteste erhaltene Gudrun-Handschrift stammt von einem jüdischen Spielmann. Erst mit dem Laterankonzil (1179[1] oder 1215[2]), der den Juden das Tragen bestimmter Kleidung vorschrieb, ihren Ausschluss aus Zünften und das Verbot von Grunderwerb beinhaltete[3], trat eine allmähliche Trennung des jüdischen Stadtlebens vom deutschen ein. Die ehemals freiwilligen Judenviertel, die gegründet worden waren, um das kultische Leben zu vereinfachen, wurden zu Judenghettos. Die kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen zur deutschen Umwelt gingen ein, nur die wirtschaftlichen Kontakte blieben erhalten.
Ein weiterer Einschnitt in das jüdische Leben in Deutschland war der Beginn der Kreuzzüge. Die Kreuzritter kehrten – nach französischem Vorbild – zuerst vor der eigenen Tür, bevor sie in Heilige Land zogen, um den „Christusmördern“ endgültig den Garaus zu machen.
Im Jahr 1349 kam es zu einer Pestepidemie, für die die Juden als „Brunnenvergifter“ verantwortlich gemacht wurden. Dafür wurden z. B. in Straßburg 2000 Juden verbrannt.
Unter dem Einfluss all dieser ungünstigen Faktoren begannen die Juden mit der Suche nach erträglicheren Lebensbedingungen. Sie bewegten sich dabei in Richtung Osten (hauptsächlich Polen und Litauen), wo zwar die Könige an Kolonisierungen interessiert waren, die Bevölkerung aber die vermeintlichen neuen Besatzer erneut mit Blutbädern empfing.
Im polnischen Raum erhielten Juden teilweise gehobene Stellungen und durften bei Streitereien zwischen deutschen Kolonisten und Polen vermitteln. Ansonsten hielt sich der Kontakt zu Nichtjuden in überschaubaren Grenzen. Sie siedelten in kleinen, geschlossenen Gemeinden. Innerhalb dieser Dörfer und Kleinstädte herrschte vollkommene Selbstverwaltung: der rabbinische Gerichtshof kümmerte sich maßgebend um bürgerliche und religiöse Angelegenheiten, die kahal (Gemeinde) zeichnete für Gemeindesachen verantwortlich und der Wá’ad (Synode) der vier Länder Groß- und Kleinpolen, Litauen und der polnischen Teile vertrat die allgemeinen jüdischen Interessen im Lande. Mit diesem Verwaltungssystem verfügten die Juden über weitestgehende Selbständigkeit und waren auf Kontakte mit dem übrigen Volk und dem Adel nicht unbedingt angewiesen[4].
Im 17. Jahrhundert gab es auch auf slawischem Raum Massaker an Juden, was dazu führte, dass die Nachkommen der Flüchtlinge aus dem Westen nun zurück in den Westen flohen.
Im östlichen Raum entwickelte sich - aufgrund der Abschottung der Juden - große jüdische Kunst, Kultur und Wissenschaft. Ein großer Anteil der westlichen Juden hatte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einem Assimilationsprozess unterworfen, der sie zu jüdischen Deutschen machte, während sie ja vorher deutsche Juden waren. Großen Anteil daran hatte die Bibelübersetzung Moses Mendelssohns[5].
Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges wurde nicht nur der größte Teil der Juden in Deutschland und Polen deportiert, ermordet und vertrieben, sondern es verschwand zugleich auch der Löwenanteil der jüdischen Kultur. Erhalten sind nur Fragmente, Ruinen und Relikte wie z.B. „Der Fiedler auf dem Dach“ („Anatewka“) von Scholem Alejchem.[6]
3 Der jüdische Witz gestern, heute und morgen
Salcia Landmann sagt in ihrem Buch „Der jüdische Witz – Soziologie und Sammlung“, dass nur ein Witz über Juden, der von innen her in Frage stellt, ein ernst zu nehmender echter Judenwitz ist.[7] Sie sagt auch, dass der jüdische Witz die heiter hingenommene Trauer über die Antinomien und Aporien des Lebens ist[8]. Was es damit auf sich hat, soll jetzt geklärt werden – und zwar mit Hilfe der Geschichte des jüdischen Witzes.
Wenn auch der jüdische Witz in der heutigen Form noch nicht sehr alt ist, so waren die Juden doch schon immer ein „lustiges Völkchen“. Während die Beduinen, realistische Denker und Kämpfer, die frühen Teile der Bibel prägten (Königsgeschichte), führte die Vermischung mit den Arabern zur Ausbildung früher Naturwissenschaften und Philosophien. Diese bilden im übrigen auch die Grundlage für die christliche Scholastik, nicht nur für die jüdische. Zu dieser Zeit gab es kaum Legenden oder gar Witze, aber die geistige Bildung, die dafür später nötig war, wurde ausgebildet[9]. Der vorderasiatische Typus der Juden mischte sich nun wiederum mit den Beduinen Kanaans. Bei den Juden Babels, Persiens, Mittel- und Osteuropas waren Geschichten und Legenden über Trunkenheit, Weichheit, Wehmut, Demut, Milde, Leidensbereitschaft, Humor, Heiterkeit sehr verbreitet. In allen Ländern mit vorwiegend vorderasiatischer Population ist der Witz an sich regional symptomatisch[10]. Man könnte fast sagen, dass dieser Volksgruppe der Witz in die Gene gelegt wurde.
Wir haben im letzten Kapitel einiges über die Geschichte der Juden erfahren, über ihre Flucht aus Deutschland in den Osten und den Druck, dem sie immer wieder ausgesetzt waren. Und eben dieser Druck ist es, der den jüdischen Witz schuf.
Der entscheidende Unterschied der Juden zu anderen Minderheiten ist der, dass nahezu alle männlichen Mitglieder der traditionsgebundenen jüdischen Welt scholastisch ausgebildete Religionsgelehrte waren. Mit der Einschulung mit sechs Jahren wurde mit dem Erlernen der hebräischen Sprache anhand der Originaltexte der Bibel begonnen. Mit acht oder neun Jahren begann dann das Studium der Talmudtexte, die teilweise auf Aramäisch verfasst sind. Die Jungen diskutierten die Texte, die sie lasen, bereits in diesem zarten Alter[11]. In dieser Tradition ausgebildet gehen die Juden alle Probleme an, auch den Witz (vgl. hierzu auch die Bemerkungen zur Talmudtechnik im Kapitel 4)[12].
Eigentlich ist der heute „typische“ jüdische Witz der ostjüdische Witz der Aschkenasim, der deutschstämmigen ost-europäischen Juden. Die westlichen Juden in Deutschland, Frankreich, England und dem restlichen Westeuropa, die Sephardim, waren diesem Druck und den daraus resultierenden sozialen und politischen Bedingungen nie in dem Maße ausgesetzt wie die Aschkenasim.
Der ältere jüdische Witz hatte noch nicht die heute so berühmte geistige Schärfe und Tiefe, weil er vom Talmud noch streng begrenzt wurde. Der Talmud soll dem verstreuten Volk Lebensregeln geben, damit es nicht zerfällt. Denn die Welterlösung durch den Messias wird für das gesamte Volk erhofft, nicht für den Einzelnen. Später ist eben diese Kenntnis des Talmud und der alten Schriften eine Grundvoraussetzung der Witzentstehung. Erst sie verleiht dem Witz den geistigen Schliff, der den jüdischen Witz ausmacht.
Der talmudische Spott richtet sich auf Unwissende, Narren sowie Ketzer und verlangt so eine gewisse Gesetzeskenntnis. Im Exil „züchteten“ die jüdischen Einwanderer durch geschickte Heiratspolitik und Talentauslese eine geistige Führungsschicht heran. Die osteuropäischen Juden waren zum größten Teil talmudisch gebildet und traditionsbewusst, diese Elite allerdings sucht bis heute ihresgleichen. Ähnliches Verhalten kann bei den Emigranten, die in die USA auswanderten, nachgewiesen werden, ansonsten ist es heute eher unüblich.
Die Witze der frühen Neuzeit stellen das Religionsgesetz noch nicht im Geringsten in Frage. Sie kritisieren noch nicht einmal die feindliche antisemitische Umwelt, da diese ja gottgewollt ist und als eine Strafe für die berühmte Erbsünde steht. Die gläubigen Juden dieser Zeit weichen nicht in den Witz aus, sondern in die jüdische Mystik, die Kabbala. Der darauf basierende Chassidismus entsteht. Später werden die Anhänger dieser Religionsrichtung ebenso dem Spott als Opfer dienen wie ihre Wunderrabbis, nie aber die Kabbala selbst. Die Kabbala sucht auf der Basis des Talmud nach der kollektiven messianischen Erlösung und dabei ist das Leid nicht sinnlos, sondern der Weg dorthin[13].
Die witzigen bis nachdenklichen Legenden dieser Jahre verwandeln sich im Laufe der Geschichte in bittere Witze, ohne dass allerdings die zugrundeliegende Geschichte verändert wird.
[...]
[1] Weißberg, J.: Jiddisch – Eine Einführung. Bern 1988, S. 23.
[2] Landmann, S.: Jiddisch, das Abenteuer einer Sprache. Frankfurt/M./Berlin 1992, S. 38.
[3] Weißberg, J.: ebda.
[4] Landmann, S.: ebda., S. 42.
[5] ebda., S. 53.
[6] Zahlen entnommen bei Weißberg, J.: ebda., S. 22f.
[7] Landmann, S.: Der jüdische Witz – Soziologie und Sammlung. Patmos Verlag Düsseldorf, 1999., S. 7.
[8] ebda., S. 9.
[9] ebda., S. 18.
[10] ebda., S. 19.
[11] Landmann, S.: Die klassischen Witze der Juden.; S. 25.
[12] Landmann, S.: Die klassischen Witze der Juden.; S. 23.
[13] Landmann, S.: Der jüdische Witz – Soziologie und Sammlung.; S. 22.
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