Kontraktualismus der Frühen Neuzeit und der Moderne. Ein Vergleich der vertragstheoretischen Grundgedanken von Hobbes, Rousseau und Rawls


Hausarbeit, 2014

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Philosophie als Reflexionsmedium für das soziale und politische Weltbild
1.2. Ziel der Arbeit
1.3. Vorgehensweise
1.4. Literaturbericht

2. Geschichtlicher Kontext zur Entstehung der Theorien

3. Ein Vergleich - Unterschiedliche Aspekte der Vertragstheorien
3.1. Natur-/ Urzustand und Menschenbild
3.2. Vertragsabschluss
3.3. Wie gestaltete sich die Situation nach der vertraglichen Einigung?

4. Fazit

1. Einleitung

1.1. Philosophie als Reflexionsmedium für das soziale und politische Weltbild

Seit der Antike beschäftigten sich Philosophen mit dem Zusammenhang von staatlichen Strukturen und den Individuen in diesen. Im Lauf der Jahrhunderte wurde versucht zu definieren, was ein Staat ist und wie ein solcher funktioniert. Doch lag der Fokus zunehmend auf normativen Fragestellungen. Sind die Menschen gesellschaftsfähig, beziehungsweise ist die menschliche Natur mit einem staatlichen Gebilde in Einklang zu bringen? Wie muss ein Staat sein, damit den Individuen in diesem Gerechtigkeit und Freiheit widerfährt? Freilich lag in dieser Normativität etwas Erstrebenswertes, das nicht immer umgesetzt werden konnte. Doch ist die Politische Philosophie nicht als etwas Wirklichkeitsfremdes zu betrachten, eher behandelt sie „ das ‚regulative Prinzip‘, unter das unser Handeln in der politischen Realität gestellt ist “.[1]

1.2. Ziel der Arbeit

Diese Hausarbeit widmet sich mit Thomas Hobbes, Jean-Jacques Rousseau und John Rawls drei bedeutenden Philosophen, welche einen erheblichen Einfluss auf die politische Philosophie hatten. Mit ihren kontraktualistischen Theorien prägten und veränderten vor allem Hobbes und Rousseau das in der Frühen Neuzeit herrschende Weltbild, denn sie legten mit ihren normativen Thesen den Grundstein für einen moralischen Rahmen eines Staates und einer Gesellschaft. Rawls dagegen legte mit seiner modernen Vertragstheorie den Grundstein für eine Renaissance der politischen Philosophie. Ziel dieser Ausarbeitung ist jedoch nicht den vollen Umfang dieser Theorien zu erläutern. Vielmehr gilt es einzelne Aspekte dieser Theorien, Gemeinsamkeiten und Unterschiede komprimiert aufzuzeigen.

1.3. Vorgehensweise

Um dies darzulegen, soll zunächst einmal ein kurzer Überblick über den geschichtlichen Kontext deutlich machen, inwiefern sich verschiedene Denkweisen auf die in dieser Hausarbeit behandelten Theorien ausgewirkt haben. Deshalb habe ich mich entschieden, vorab die nominalistischen Strömungen der Scholastik zu thematisieren. Im Anschluss daran beschreibe ich die Grundintentionen von Thomas Hobbes, Jean-Jacques Rousseau und John Rawls, die für ihre Theorien bedeutend waren. Der darauf folgende Hauptteil vergleicht drei unterschiedliche Aspekte der jeweiligen Vertragstheorien und zeigt Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten auf. Gegen Ende soll ein Fazit die herausgearbeiteten Ergebnisse in Kürze zusammenfassen.

1.4. Literaturbericht

Aufgrund der Wichtigkeit der drei Autoren für die politische Philosophie ergibt sich eine große Auswahl an Sekundärliteratur. Doch empfiehlt es sich zuerst auf die Primärliteratur der Autoren zurückzugreifen. Für mich waren hierbei vor allem „Der Gesellschaftsvertrag“ und „Abhandlung über die Ungleichheit“ von J.-J. Rousseau sowie „Lehre vom Menschen und vom Bürger“ von Thomas Hobbes nützlich.

Für die Analyse der jeweiligen Staatstheorien eigneten sich vor allem „Politische Theorien 1“ und „Politische Theorien 2“ von Christian Schwaabe, „Thomas Hobbes zur Einführung“ und „John Rawls zur Einführung“ von Wolfgang Kersting und Welzels „Naturrecht und materiale Gerechtigkeit – Prolegomena zu einer Rechtsphilosophie“.

2. Geschichtlicher Kontext zur Entstehung der Theorien

Die Scholastik beherrschte lange Zeit die Denkweise des Mittelalters und zeichnete sich durch eine ausgeprägte theologische Basis aus. Es wurde versucht, die katholische Kirchenlehre anhand philosophischer Ansätze und Theorien vernunftgemäß zu erklären. Doch im ausgehenden Mittelalter entwickelte sich mit dem Nominalismus eine neue Richtung der scholastischen Philosophie. Eine bedeutende Rolle bei dieser Entwicklung spielte unter anderem Wilhelm von Ockham. Der Nominalismus wurde geprägt durch eine allmähliche „ Ersetzung der Transzendenz durch die Immanenz[2], was sich unter anderem bei Galileo Galileis Fallgesetzen widerspiegelt. Die theologische Begründung der Weltordnung wurde allmählich durch eine naturwissenschaftliche Denkweise ersetzt, welche die Naturrechtslehre entscheidend beeinflusste. Somit wurde die Naturphilosophie mit der Metaphysik in Verbindung gesetzt.[3] Schon Luther hatte mit seinen Thesen der Entwicklung des Naturrechts den Weg geebnet. Welzel merkt dabei aber an:

Indem Luther im paulinischen Geiste durch die Trennung von Glauben und Werk, Gnade und Gesetz, göttliches und weltliches Reich der Säkularisierung des Naturrechts vorarbeitet, zeigt sich aber auch, daß dieser Säkularisierungsprozeß nicht notwendig zugleich eine „Entchristlichung“ des Naturrechts bedeutet, sondern daß er zunächst lediglich das Recht als weltlich Ding auf die Rechtschaffenheit dieses Leben begrenzt, als die Ordnung der außergöttlichen Dinge, die,[…], für die Erring des Endziels keine notwendige Voraussetzung ist.[4]

Zwar spielte das Göttliche weiterhin eine Rolle, nichtsdestotrotz entwickelte sich allmählich eine Heterogenität zwischen dem Weltlichen und dem Geistlichen.

Auf Basis der dadurch entstandenen Naturrechtslehre entwickelte Thomas Hobbes (1588-1679) seine Theorie des Naturzustandes, in der er postuliert, „ daß der Zustand der Menschen außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft […] nur der Krieg aller gegen alle ist “.[5] Auf Grundlage dieser Denkweise baute er seine Staatsidee auf, welche er bewusst „ more geometrico[6] gestalten wollte. Beeinflusst durch die Religions- und Bürgerkriege des 17. Jahrhunderts und dem dadurch entstandenen Chaos entwickelte Hobbes ein Vertragsmodell, das er in seinen Werken der „Elementa Philosophiae“ und seinem Hauptwerk „Leviathan“ (1651) thematisiert. Antrieb seiner staatsphilosophischen Überlegungen war, dass eine rationale Grundlage geschaffen werden musste, die „ ein für allemal die Bedingungen der richtigen Staats- und Gesellschaftsordnung[7] festlegte. Bis heute gilt Hobbes als Vater des Kontraktualismus der Neuzeit, sowie der politischen Philosophie.[8]

Im Zeitalter der Französischen Aufklärung nimmt Jean-Jaques Rousseau (1712-1778) eine bedeutende Rolle ein, da er als einer der Wegbereiter der Französischen Revolution angesehen wird. In seinen Abhandlungen „Discours sur l’inégalité“ (1755) und „Contrat Social“ (1762) knüpfte er an die kontraktualistische These von Thomas Hobbes an und verbindet dies mit einem gesellschaftskritischen Pathos: „ Der Mensch wird frei geboren, und dennoch liegt er in Ketten “.[9] Sein Hauptziel, welches den damaligen Zeitgeist traf, beschreibt er wie folgt:

Es ist eine Gesellschaftsform zu finden, die mit der ganzen gemeinsamen Kraft die Person und das Eigentum eines jeden Mitgliedes schützt und verteidigt und in der jeder, obwohl er sich mit allen zusammenschließt, dennoch nur sich selbst gehorcht und ebenso frei bleibt wie vorher.[10]

Das Streben nach Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Sicherheit sind wichtige Motive Rousseaus‘. Doch auch er sieht eine Bedrohung der Menschen im Naturzustand. Die Beseitigung der Gefahr und die gleichzeitige Wahrung der oben genannten Motive könne aber nur gewährleistet werden, in dem die Menschen einem Gesellschaftsvertrag zustimmen. Das Resultat wäre die Eingliederung in ein staatliches System.[11]

Die Vertragstheorien von Hobbes und Rousseau, sowie von vielen anderen philosophischen Denkern dieser Zeit, haben einige gemeinsame Eigenschaften: Es sind Grundgedanken der Politik-, Moral- und Sozialphilosophie, welche ein „ theoretisches Legitimationskonzept[12] für eine herrschende Obrigkeit und ein vernunftgemäßes Fundament für eine Gesellschaft bilden. Diese Bestimmungen werden in einem fiktiven Vertrag festgehalten, „ der zwischen freien, gleichen und rationalen Individuen in einem wohldefinierten Ausgangszustand geschlossen wird “.[13] Diese Grundgedanken der Vertragstheorien festigten sich in der Frühen Neuzeit. Doch im 19. und 20. Jahrhundert verlagerten sich die Interessensbereiche der politischen Philosophie. Die theoretischen und normativen Gedankenexperimente der Diskurse über Moral- und Gerechtigkeitsphilosophie wurden als „ längst widerlegte vorwissenschaftliche Weltsichten und Erkenntnisprogramme[14] abgestempelt. So hielt der logische Empirismus im 20. Jahrhundert Einzug und beherrschte die philosophische Landschaft, so dass schon vom Tod der politischen Philosophie gesprochen wurde. Doch 1971 kam es zu einer Wiedergeburt dieser, denn John Rawls (1921-2002) veröffentlichte sein Werk „A Theory of Justice . Das Bedeutende an seiner Theorie der Gerechtigkeit war, dass es sich dabei nicht um innovative Ideen handelte, sondern eher um eine Überarbeitung der althergebrachten Denkweisen. Diese wurden an die Gegenwart angepasst und „ mit dem Instrumentarium der Spiel- und Sozialwahltheorie modernisiert “.[15] Der Grundgedanke seiner Theorie ist die Errichtung von Gerechtigkeitsgrundsätzen für eine Gesellschaft, welche die Basis für eine faire Zu- und Verteilung von Gütern bilden.[16]

3. Ein Vergleich - Unterschiedliche Aspekte der Vertragstheorien

3.1. Natur-/ Urzustand und Menschenbild

Die Basis von Thomas Hobbes Theorie bilden sein fiktives Konstrukt des Naturzustandes und eine revolutionäre Wesensbestimmung des Menschen. Hobbes Naturzustand kennzeichnet aus, dass es keine staatliche Instanz gibt, die das Leben durch Gesetze und Normen regelt. Eigentum kennt der Mensch im Naturzustand ebenso nicht, da die fehlende staatliche Macht nicht für den Schutz und Erhalt garantieren kann. Die Menschen leben in einem Zustand, der die wahre Natur des Menschen aufzeigen soll. In der Antike hatten Aristoteles und Platon das Menschenbild des „ zoon politicon “ geschaffen. So sei der Mensch ein tugendhaftes, rationales, geselliges und politisch engagiertes Individuum. Hobbes sieht die menschliche Natur dagegen nicht als gesellschaftsfähig an. Für ihn ist der Mensch ein egoistisches Wesen, das „ von Natur [aus] keine Gesellschaft um der Gesellschaft willen [sucht], sondern um von ihr Ehre und Vorteil zu erlangen “.[17] Seine Triebe verleiten den Menschen zum Wunsch nach Macht, seinen Mitmenschen zu schaden und nicht zu einem harmonischen Miteinander. Daraus entstehen eine fundamentale Angst und ein ausgeprägtes Misstrauen der Menschen zueinander. Zudem sind die essentiellen Güter knapp bemessen, weshalb unter den Menschen eine Rivalität um diese entsteht. Aufgrund der rivalisierenden Ansprüche und des Schutzbedürfnisses gegen die Natur des Menschen schlussfolgert Hobbes, „ daß in dem Naturzustande jeder alles haben und tun darf[18], um sein natürliches Recht zu wahren. Dieses vorgesellschaftliche Stadium des Naturzustandes bezeichnet Hobbes als „ bellum omnium contra omnes[19]. Nicht der stetige Kampf, sondern die „ beständige latente Bedrohung[20] macht aus dem Menschen schließlich einen „ homo homini lupus[21], in dem der Mensch des Menschen Wolf ist. Die Selbsterhaltung zwingt den Menschen zu seinem Verhalten, da er nicht davon ausgehen kann, dass sich die anderen Menschen friedlich verhalten. Aus diesem unleidlichen Zustand erwächst schließlich eine vernünftige Denkweise der Menschen. So ebnet der Wunsch nach Frieden und Schutz den Weg für den notwendigen Austritt aus dem Naturzustand und für eine vertragliche Einigung. Hobbes‘ Menschenbild ist nicht zwangsläufig böse, da es vielmehr um die Skepsis geht, ob der Mensch ohne staatliche Regulierung gesellschaftsfähig ist. Ebenso handelt es sich hierbei um philosophische Rechtfertigung, auf welcher Grundlage ein Staat errichtet wird.[22]

Rousseau knüpft in seiner Theorie nur zum Teil an Hobbes‘ Naturzustand und Menschenbild an. Er konstruiert einen philosophischen Ansatz der Menschheitsgeschichte, der einen zweigeteilten Naturzustand beinhaltet.

[...]


[1] Horn, Christoph: Einführung in die Politische Philosophie, Darmstadt 2003, S. 9.

[2] Welzel, Hans: Naturrecht und materiale Gerechtigkeit. Prolegomena zu einer Rechtsphilosophie (Jurisprudenz in Einzeldarstellungen, Bd.4), Göttingen 1951, S. 105.

[3] Vgl. Welzel, Hans: Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, S. 89-105.

[4] Ebd., S. 102.

[5] Hobbes, Thomas: Grundzüge der Philosophie. Zweiter und dritter Teil: Lehre vom Menschen und vom Bürger, Leipzig 1918, S. 74.

[6] Schwaabe, Christian: Politische Theorie 1. Von Platon bis Locke, Paderborn 2010, S. 132.

[7] Habermas, Jürgen: Theorie und Praxis. Sozialphilosophische Studien, Darmstadt3 1969, S. 15.

[8] Vgl. Frühbauer, Johannes J.: John Rawls‘ „Theorie der Gerechtigkeit“, Darmstadt 2007, S. 20.

[9] Rousseau, J.-J.: Der Gesellschaftsvertrag (Le Contrat Social), München 1948, S. 46.

[10] Rousseau, J.-J.: Der Gesellschaftsvertrag, S. 59f.

[11] Vgl. Carsten, Jürgen: Gerecht ist…Die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls – eine kritische Würdigung (Reihe Philosophie, Bd.7), Marburg 2008, S. 20f.

[12] Frühbauer: John Rawls‘ „Theorie der Gerechtigkeit“, S. 20.

[13] Kersting, Wolfgang: John Rawls zur Einführung, Dresden2 2004, S. 31.

[14] Kersting: John Rawls zur Einführung, S. 14.

[15] Ebd., S. 20.

[16] Vgl. ebd., S. 13-40; Carsten, Jürgen: Gerecht ist, S. 29-33; Frühbauer: John Rawls‘ „Theorie der Gerechtigkeit“, S. 13-19.

[17] Hobbes: Lehre vom Menschen und vom Bürger, S. 80.

[18] Ebd., S. 86.

[19] Welzel: Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, S. 115.

[20] Schwaabe: Politische Theorien 1, S. 137.

[21] Kersting, Wolfgang: Thomas Hobbes zur Einführung, Dresden3 2005, S. 144.

[22] Vgl. Hobbes: Lehre vom Menschen und Bürger, S. 79-89; Welzel: Naturrecht und materiale Gerechtigkeit, S. 114f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kontraktualismus der Frühen Neuzeit und der Moderne. Ein Vergleich der vertragstheoretischen Grundgedanken von Hobbes, Rousseau und Rawls
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V311149
ISBN (eBook)
9783668098138
ISBN (Buch)
9783668098145
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kontraktualismus, frühen, neuzeit, moderne, vergleich, grundgedanken, hobbes, rousseau, rawls
Arbeit zitieren
Steffen Geggus (Autor:in), 2014, Kontraktualismus der Frühen Neuzeit und der Moderne. Ein Vergleich der vertragstheoretischen Grundgedanken von Hobbes, Rousseau und Rawls, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311149

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