Der Nutzen der Streitbaren Demokratie. Notstandskonzept, Konsolidierungskonzept, Integrationskonzept?


Masterarbeit, 2012

102 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1.1 Einführung
1.2 Konzeption und Aufbau
1.3 Theoretischer Hintergrund
1.4 Begriffsklärung
1.5 Literatur

2 Die zugrundeliegenden Kategorien
2.1 Streitbare Demokratie
2.1.1 Die Konzeption
2.1.2 Prinzipielle Einwände
2.2 Der Schutzgegenstand: Die freiheitliche demokratische Grundordnung
2.2.1 Die Grundwerte
2.2.2 Die problematische Konkretisierung
2.2.3 Wertfixierung und -offenheit
2.3 Die Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
2.3.1 Staatsfeindlichkeit, Subversion und soziale Bewegungen
2.3.2 Inhaltliche Entleerung des Extremismusbegriffs
2.3.3 Die Scheidung nach Form und Inhalt

3 Verfassungswidrige Parteien
3.1 Vorgeschichte: Das SRP-Verbot – Das Parteiverbot als scharfes Schwert
3.2 Das KPD-Verbot – Das Parteiverbot als zweischneidiges Schwert
3.2.1 Die Zweckmäßigkeit: Zwischen Notstand und politischem Instrument
3.2.2 Die Rechtmäßigkeit: Verfassungswidrigkeit und Demokratieentwürfe
3.2.3 Die Folgen des Verbots – die verschobene politische Mitte
3.3 Die Übergangsphase – das Schwert in der Waffenkammer
3.4 Die NPD-Debatte – das Parteiverbot als stumpfes Schwert
3.4.1 Die Zweckmäßigkeit: Rechtextremismus in der Aufmerksamkeit
3.4.2 Die Rechtmäßigkeit
3.4.3 Die Neuauflage der Debatte
3.5 Fazit

4 Demokratiefeinde im öffentlichen Dienst
4.1 Vorgeschichte: Die Nachkriegszeit
4.2 Der Extremistenbeschluss
4.2.1 Die Notwendigkeit
4.2.2 Die Kritik
4.2.3 Die Feststellung
4.2.4 Die Folgejahre
4.3 Fazit

5 Schluss
5.1 Der Feind der Demokratie
5.2 Die freiheitliche demokratische Grundordnung
5.3 Die Streitbare Demokratie

Literaturverzeichnis

1.1 Einführung

In jüngster Zeit werden wieder Rufe laut, der Staat müsse gegen die NPD vorgehen, die trotz ihrer „verfassungsfeindlichen“ Haltung in verschiedenen Landtagen sitzt und auch durch ihre Verbindungen zum gewalttätigen Neonazismus auffällt. Der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich betont, er wolle entschlossen gegen den Rechtsextremismus vorgehen. Während sich ein Ausschuss speziell mit der Frage auseinandersetzt, ob genug Beweismittel für ein Verbotsverfahren vorliegen, stellen Kritiker infrage, ob ein Verbot der Partei überhaupt sinnvoll ist. Gleichzeitig muss Friedrich erklären, weshalb er Abgeordnete der Linkspartei unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz stellt. Der Bundesinnenminister betont, dass man die Gefahr der Linkspartei für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht außer Acht lassen dürfe. Alexander Dobrindt, Generalsekretär der CSU, bringt sogar einen Verbotsantrag gegen DIE LINKE ins Spiel. Doch wo vielen Beobachtern gegen die NPD zu wenig unternommen wird, ist es ihnen gegen DIE LINKE zu viel.

Das Konzept hinter all diesen Bestrebungen ist die Streitbare Demokratie. Sie ist Ausdruck der Idee, dass das Wesen der westlichen Demokratie, die freiheitliche demokratische Grundordnung, vor ihren Feinden geschützt werden muss. Die Streitbare Demokratie richtet sich dabei gegen diejenigen Feinde, die sich legaler Mittel bedienen und denen deshalb nicht durch strafrechtlich bestimmbare Tatbestände begegnet werden kann. Das heißt: Streitbare Demokratie ist ein Schutzkonzept gegenüber dem Missbrauch von Mitteln, die die Verfassung selbst zur Verfügung stellt, insbesondere der politischen Freiheit.[1] Der Staat reagiert auf die Feinde mit gezielter Intoleranz – er will ihnen diejenigen Mittel nehmen, die sie missbräuchlich verwenden.[2] Erst aus diesem Konzept heraus lässt sich begründen, welche Funktion ein Parteiverbotsverfahren erfüllt und wann dies notwendig scheint. Auch lässt sich erst aus dem Konzept ableiten, was eigentlich den Verfassungsfeind ausmacht und ob er im Bundestag sitzen darf. Allerdings sind diese Antworten nicht einfach deduzierbar: Mit welchen Maßnahmen die Streitbare Demokratie realisiert wird, geht aus dem Grundgesetz nicht hervor – sie findet hier nicht einmal eine ausdrückliche Erwähnung. Zwar wird mehrfach die Bewahrung der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ vor ihren „verfassungswidrigen“ Feinden betont, doch bleiben auch diese unpräzisiert. Natürlich ist keiner dieser Begriffe beliebig, und sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch die Politik und die akademische Fachwelt bemühen sich, die Kernideen weiter herauszuarbeiten. Allerdings konnte weder die Rechtsprechung Eindeutigkeit schaffen, noch kristallisiert sich in der akademischen Debatte ein wissenschaftlicher Konsens heraus. Da sich die Deutung der Begriffe in der praktischen Anwendung der Streitbaren Demokratie niederschlägt, ist die Uneinigkeit nachvollziehbar. Die Begriffsbestimmung hat politische Folgen: Ist eine antikapitalistische oder sogar kommunistische Wendung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zulässig? Welche Mittel stehen gegen die NPD zur Verfügung? Dürfen Abgeordnete extremistisch scheinender Parteien unter Beobachtung stehen? Die Frage nach der treffenden Deutung von Streitbarer Demokratie wird vor diesem Hintergrund bedeutsam.

1.2 Konzeption und Aufbau

Diese Arbeit kann nicht auf all diese Fragen eine Antwort geben. Sie beschränkt sich vielmehr auf die grundsätzliche Frage: Welchen Nutzen hatte die Streitbare Demokratie in der bundesdeutschen Geschichte? Möglicherweise erfüllte sie in der Zeit des Kalten Krieges eine wichtige Funktion, hat sich aber in der 60-jährigen Konsolidierungsphase der Bundesrepublik überholt. Vielleicht haben sich die Anforderungen an das, was die Streitbare Demokratie in den späteren Jahren leisten musste, verändert. Eventuell ist sie schon als Konzept im bestehenden System überflüssig geworden. Mit dem Begriff des „Nutzens“ wird die Suggestion vermieden, das Konzept sei entweder missbraucht worden oder entsprechend seiner demokratietheoretischen Begründung „korrekt“ genutzt. Vielmehr findet hier ein pluralistisches Verständnis Anwendung: Mit Blick auf den Deutungsstreit um die Grundbegriffe ist das die „pluralistische Verfassungsinterpretation“, in der die Interpretation des Grundgesetzes als öffentlicher Prozess begriffen wird.[3] Häberle erblickt im Grundgesetz einen „normativ gestaltgewordenen Pluralismus“.[4] Eine so verstandene Verfassung muss auch zukünftig offen bleiben für weitere Aushandlungsprozesse. Recht ist immer geschichtlich legitimiertes, im Staat aktualisiertes Recht und damit nicht auf eine objektiv richtige, vorgelagerte Wertordnung gegründet.[5] Die Verfassung entwickelt ihre „normative Kraft“ dadurch, dass sie immer den sozialen, politischen, ökonomischen, aber auch geistigen Umständen ihrer Zeit angepasst ist.[6] Die Frage nach dem „Nutzen“ der Streitbaren Demokratie kann deshalb mit Blick auf die Aushandlung beantwortet werden, ohne dass von vorneherein ein Bewertungsmaßstab angelegt werden muss. Für die Untersuchung werden hier Debatten seit der Gründungszeit der Bundesrepublik herangezogen.

Der Zugriff erfolgt qualitativ-analytisch. Die verschiedenen Debattenbeiträge werden einander nicht personenbezogen gegenübergestellt, sondern die enthaltenen Argumentationslinien werden deskriptiv herausgearbeitet und zusammengeführt. Im ersten Teil wird die Kontroverse um die theoretischen Grundbegriffe – das heißt: das Konzept der Streitbarkeit und ihre Kategorien (Feind und Schutzgegenstand) – dargestellt. Damit wird dem Problem begegnet, dass eine Begriffsbestimmung selbst kaum möglich ist. Sie ist Teil der vorliegenden Untersuchung. Die Idee der Streitbarkeit selbst, die e rstens dargestellt wird, ist aufgrund ihrer Abstraktion am wenigsten kontrovers, auch wenn sich einige prinzipielle Einwände finden.[7] Zweitens wird untersucht, was diese Demokratie ausmacht, die durch die Streitbarkeit geschützt werden soll: Die freiheitliche demokratische Ordnung. Obwohl die Meinungen hier weit auseinandergehen, hat sich die Auseinandersetzung darüber in den letzten Jahren inhaltlich kaum geändert.[8] Drittens wird die Kontroverse um die Konzeption des Feindes dieser Grundordnung analysiert, die bis heute Neuerungen erfahren hat. Der Grund dafür ist, dass diese Feindbestimmung nicht nur in Abhängigkeit zur Bestimmung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung inhaltlich variiert, sondern auch die Frage hinzutritt: Durch welche Handlungen ist die Feindschaft gegen diese Grundordnung bestimmt?[9] Im gesamten Abschnitt werden die konkreten historischen Kontexte, in denen sich die Begriffsdiskussionen abspielen, zwar punktuell angerissen, aber nicht ausgeführt. Vielmehr geht es hier um die Begriffsklärung und die Darstellung der normativen Kontroverse um diese Begriffe. Die analytische Aufteilung ließe sich ansonsten nicht aufrechterhalten, da die drei Aspekte in der Realität zusammenfallen: Die Wertidee der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und die Unwertidee des Feindes schlagen sich durch das Konzept der Streitbarkeit praktisch nieder. Sie werden zu staatlichen Handlungsanweisungen ausgeformt.

Diese Anwendung des Streitbarkeitskonzepts wird deshalb gesondert im zweiten Teil der Arbeit betrachtet. Hier wird deutlich, welche Auswirkungen der Wandel der Kernbegriffe auf die Nutzung der Streitbaren Demokratie in den unterschiedlichen Situationen hat. Ein umfassender Überblick ist im Rahmen dieser Arbeit nicht machbar – deshalb werden zwei Bereiche beleuchtet, in denen häufig auf die Streitbare Demokratie zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegen ihre Feinde rekurriert wird. Erstens das Parteiverbot als bekanntestes und wohl auch wirksamstes Instrument der Streitbaren Demokratie. Hier liegt der Schwerpunkt auf den zwei realisierten Verboten in den ‘50er Jahren und der seit ihrer Gründung schwelenden Debatte um die NPD.[10] Zweitens der sogenannte Extremistenbeschluss mit seinen konzeptionellen Vorgängern und Nachfolgern. Im Gegensatz zum Parteiverbot handelt es sich hierbei nicht um Maßnahmen, die direkt in der Verfassung positiviert sind. Häufig werden sie aber aus den Argumenten der zuvor dargestellten Verbotsdebatte abgeleitet oder sogar selbstständig in der Rhetorik der Streitbarkeit begründet.[11] Um den Umfang dieser Arbeit zu kontrollieren, werden drei große Bereiche nicht separat oder ausführlich betrachtet: Die ersten beiden sind der verwaltungsrechtliche Verfassungsschutz durch die Verfassungsschutzbehörden und das politische Strafrecht. Der dritte Bereich, der ausgespart bleibt, ist die innere Sicherheit. Hier wird zwar häufig auf den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Bezug genommen, aber es scheint fraglich, ob es sich hierbei nicht vielmehr um den Schutz der Staatlichkeit allgemein handelt, wie er auch etwa unter einem totalitären Regime von Bedeutung ist.[12]

Daneben wird die Arbeit räumlich auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Zeitlich setzt sie fast ausschließlich bei den Diskussionen während des Parlamentarischen Rates 1948/49 an. Der Niedergang der Weimarer Republik wird hier nicht aufgearbeitet, auch wenn das Konzept der Streitbarkeit selbst häufig als Antithese zum Weimarer System begriffen wird.

1.3 Theoretischer Hintergrund

Die „verfassungspluralistische“ Herangehensweise wird in die neopluralistische Demokratietheorie eingebettet. Die Normativität des Pluralismus wird dabei nicht verworfen. Eine Verständigung selbst über zentrale Begriffe der Staats- und Verfassungstheorie wäre durch einen solchen „entarteten Liberalismus“ der absoluten Wertfreiheit nicht mehr möglich.[13] Gleichwohl besteht die Eleganz der pluralistischen Theorie darin, dass sie nicht von vorne herein ein substantielles Gemeinwohl postuliert und vom Bürger ein Bekenntnis hierzu erwartet. Stattdessen schaffen die Bürger erst einen gemeinsamen Bestand an Werten.[14] Dieser Ansatz ist adäquat für die moderne, heterogene, großflächigen Gesellschaftsstruktur. Pluralistische Demokratietheorie geht von divergierenden Interessen aus, weshalb Menschen in ihr um Einflussnahme ringen.[15] Zentral zur Integration dieser Interessen ist das Mehrheitsprinzip.[16] Demokratie hat hier den Anspruch, „… im Rahmen und unter Beachtung der allgemein gültigen abstrakten Prinzipien der Gerechtigkeit und der Billigkeit durch Verhandlungen, Diskussionen und Kompromisse zur Förderung des Gemeinwohls durch Lösung konkreter Probleme beizutragen …“[17]. Dafür organisieren sich die Bürger in Interessengruppen, Verbänden, Vereinen oder auch Parteien, die ebenfalls nach innen demokratisch strukturiert sein müssen.[18] Ein wesentliches Merkmal ist Offenheit, die sowohl in der Herrschaftsstruktur, in der Willensbildung als auch in der (partiellen[19] ) politischen Integration der Demokratie realisiert sein muss. Das bedeutet, dass es zum einen jedem Bürger potentiell möglich ist, Herrschaft einzusetzen, abzuberufen und selbst in eine Herrschaftsposition zu gelangen. Damit wird auch die Veränderlichkeit von Mehrheiten impliziert. Die Anhängerbestände müssen variabel sein.[20] Zum anderen muss auch eine zeitweilig unterlegende Minderheit, die mit dem Herrschaftsakt konfrontiert ist, sich auf Basis des bestehenden Grundkonsenses beugen und durch ihr konformes Verhalten in die Ordnung integrieren.[21] Die Minderheit akzeptiert – in Abgrenzung zu identitären Demokratiemodellen – den Mehrheitsentscheid nicht also deshalb, weil sie einen Irrtum eingesteht, sondern weil sie die Legitimität des Mehrheitsprinzips anerkennt. Das setzt einen nicht-kontroversen Sektor als Grundkonsens in der pluralistisch organisierten Gesellschaft voraus, der sich auf Verfahrensregeln, aber auch auf einen abstrakten Wertekodex erstreckt.[22] Bei Betrachtung dieses Konsenses erlangt die verfassungspluralistische Perspektive in der Tradition Rudolf Smends Bedeutung: Die Verfassung wird als dynamischer Prozess verstanden, durch den das politische Gemeinwesen sich permanent neu aushandelt, durch eine fortentwickelte[23] Verfassung staatlich integriert und als politische Ordnung stabilisiert. Konsens entsteht durch Aushandlung und findet Eingang in die Verfassung. Eine so verstandene Verfassung muss offen bleiben für zukünftige Aushandlungsprozesse, um nicht ihre charakteristische historische Wandlungsfähigkeit und damit ihre Funktion als Integrationsmoment des Gemeinwesens zu verlieren.[24]

1.4 Begriffsklärung

Der Begriff der Streitbarkeit selbst geht auf das Bundesverfassungsgericht zurück.[25] In der Literatur fehlt eine einheitliche Bezeichnung für den Untersuchungsgegenstand, zumeist ist von der „streitbaren“, „wehrhaften“, „abwehrbereiten“ und „militanten“ Demokratie die Rede.[26] Für diese Arbeit wird die Formulierung der Streitbaren Demokratie [27] genutzt, weil dies die Bezeichnung ist, mit der das Bundesverfassungsgericht das Konzept ursprünglich für die Bundesrepublik prägte und entwickelte.[28] Zugleich ist dieser Begriff der „Sieger nach Punkten“ – er wird in der Literatur noch vor „wehrhaft“ am häufigsten genutzt[29], auch wenn sich mittlerweile ein Wandel abzeichnet. Außerdem wird die Bezeichnung Streitbare Demokratie häufiger in politikwissenschaftlichen Kontexten verwendet, der engste Konkurrenzbegriff („wehrhafte Demokratie“) häufiger in der juristischen Literatur.[30]

Während sich in den unterschiedlichen Bezeichnungen des Streitbarkeitskonzepts selbst kaum die inhaltlichen Deutungskämpfe widerspiegeln und auch der Begriff der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ als solcher kaum problematisiert wird, ist es fast unmöglich, eine neutrale Formulierung für die Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu entwickeln. Jeder der häufig verwendeten Begriffe – ob „Radikalismus“, „Totalitarismus“, „Extremismus“, „Verfassungsfeindlichkeit“ oder „Verfassungswidrigkeit“ – wird mit anderen Bedeutungen aufgeladen. Eine dieser Bezeichnungen für das Konzept des Feindes zu wählen, würde es erschweren, den Diskurs um diese Begriffe nachzuzeichnen. Deshalb wird in der Arbeit entweder die Bezeichnung übernommen, die im konkreten Zusammenhang zumeist verwendet wird, oder vom „Feind der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ gesprochen. Um die Sperrigkeit zu reduzieren, wird die Bezeichnung auf Demokratiefeind oder Feind der Demokratie (als Adjektiv: demokratiefeindlich) verkürzt. Auch dieser Begriff ist nicht völlig unbelastet[31], aber weniger problematisch als die übrigen.

1.5 Literatur

In der Literatur finden sich viele Diskussionsbeiträge und Stellungnahmen zum Konzept der Streitbarkeit und zu ihren konkreten Ausprägungen, allerdings nur wenige Autoren, die versuchen, die Debatten zusammenzuführen. Ausnahmen sind Thomas Ordnung[32] sowie, deutlich knapper, Lars Flemming[33] und Christoph Weckenbrock[34], die beide die Debatten umreißen, sich dann aber einer konkreteren Fragestellung (dem NPD-Verbot) widmen. Außerdem lässt sich noch eine kurze Einleitung von Markus Thiel[35] für seinen Sammelband dazu zählen. Johannes Lameyer[36] und Andreas Sattler[37] geben einen juristisch gefärbten, Armin Scherb[38] einen genealogischen Überblick. Was sich hingegen häufig findet, sind kritische Abrisse des Streitbarkeitskonzepts, so etwa bei Hans-Gerd Jaschke[39], Claus Leggewie und Horst Meier[40] sowie etwas allgemeiner bei Otto Kirchheimer[41], Ulrich K. Preuß[42] und – sehr kurz – Wulf Schönbohm[43]. Uwe Backes und Eckhard Jesse[44] oder Andreas Klump[45] stellen das Konzept positiv dar. Ein Überblick über Literatur und Standpunkte lässt sich insbesondere durch Sammelbände von Erhard Denninger[46], Manfred Funke[47] und Markus Thiel[48] gewinnen. Eine deutliche Mehrheit für eine bestimmte Deutung des Streitbarkeitskonzepts und seiner Kernideen gibt es nicht: Forderungen nach einer vollständigen Neukonzeption der Streitbarkeit[49] stehen der Verteidigung des Status Quo gegenüber[50]. Dazwischen finden sich Kritiker der konkreten Praxis[51], Autoren, die das Konzept der Streitbaren Demokratie für falsch[52] oder zu eng ausgelegt[53] sehen oder das Missbrauchspotential zum fundamentalen Problem erheben[54].

Um die Anwendung der Streitbaren Demokratie zu beleuchten, werden verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts herangezogen, insbesondere jene, die sich auf die Ausgestaltung der genauer untersuchten Instrumente der Streitbaren Demokratie beziehen[55]. Von einer umfassenden Auswertung aller relevanten Gerichtsentscheidungen wird abgesehen[56]. Eine solche Gewichtung würde an der eigentlichen Fragestellung vorbeigehen. Ergänzend werden Berichte der Verfassungsschutzbehörde des Bundes hinzugezogen. Der mediale Diskurs lässt sich nicht in gleichem Maße wie die Fachliteratur aufarbeiten. Das wäre gerade für die weit zurückliegenden Jahre sehr aufwändig. Insofern basiert die Untersuchung in erster Linie auf Darstellungen aus der Literatur. Hier besteht zumindest theoretisch der Konflikt, dass diese Darstellungen entweder als informative Expertenäußerungen verstanden werden müssen, um die damalige Situation nachzuzeichnen, oder die Beiträge werden selbst zum Untersuchungsobjekt und sollen Aufschluss über die Problemwahrnehmung geben. Praktisch werden nahezu sämtliche Tatsachenbehauptungen durch den Abgleich mit anderen Darstellungen verifiziert. Das ist in den hier verwendeten Fällen unproblematisch und kann als allgemein nachprüfbar akzeptiert werden. Das Ziel dieser Arbeit ist nicht die historische Quellenkritik, sondern, einen Überblick über die unterschiedlichen Ansichten und Argumente zu gewinnen.

2 Die zugrundeliegenden Kategorien

2.1 Streitbare Demokratie

2.1.1 Die Konzeption

Die pluralistische Theorie lehnt das Konzept eines Souveräns, auch eines Volkssouveräns, ab[57]: Herrscher und Beherrschte sind nicht identisch, sondern Herrschaft wird von verantwortlichen, abberufbaren Repräsentanten ausgeübt.[58] Auch in der modernen Staatstheorie ist der Souverän „revolutionärer Sprengstoff gegen den Verfassungsstaat“.[59] Kein staatliches Organ kann sich mit der Argumentation, es repräsentiere den gesetzgebenden Souverän, auf eine der Verfassung vorgelagerte Eingriffsbefugnis berufen.[60] Die Funktion dieser unveränderlichen Rechtssätze in der Verfassung besteht darin, die vorgelagerte Idee der Freiheit zu gewährleisten. „Freiheit, Freiheit für alle und einen jeden, muss […] das Ziel für die Gestaltung des Rechts sein, sie muss das Maß abgeben für die Grenzen, die vom Recht auferlegt werden“, so Ernst-Wolfgang Böckenförde.[61] Ähnlich argumentiert Leibholz: Nur wenn auch dem Mehrheitsentscheid der Zugriff auf gewissen Grundregeln entzogen wird, kann der existentielle und spezifische Charakter der „freiheitlichen Demokratie“ erhalten bleiben. Diese Beschränkung des Verfassungsgebers ist erhöhter Verfassungsschutz.[62] Auch Richard Thoma, der in früheren Einschätzungen gerade die Möglichkeit der Verfassungsabschaffung als Gipfel demokratischer Selbstbestimmung pries[63], spricht sich in der Gründungsphase der Bundesrepublik für eine „gebundene, verfassungsrechtlich geordnete und befestigte Demokratie“ aus.[64] Der „legale Selbstmord der Weimarer Republik“ galt hier als Lehrstück verfehlter Verfassungskonzeption[65], weil sie sogar das Verfassungsstatut der Freiheitlichkeit einem Volkssouverän preisgab und irreversibel in der Folge in ein undemokratisches, totalitäres Regime korrumpierte[66].

Totalitarismus wurde als Antipode betrachtet.[67] Er ist durch die ideologische und damit antipluralistische Kompromisslosigkeit charakterisiert. Jedes totalitäre Regime ist durch eine offizielle, unveränderliche Ideologie gekennzeichnet, deren Aufrechterhaltung Freiheitsrechte und Individualität untergeordnet werden.[68] Die sozialen Beziehungen unterliegen der vollen Kontrolle und werden durch Zwangs- und Terrormechanismen aufrechterhalten.[69] Die Macht wird monopolisiert, ein konstitutionell gesicherter Wettbewerb zwischen Ideologien existiert nicht und wird unterbunden.[70] Carlo Schmid geht so weit, zwischen „nicht-demokratischen“ und „demokratischen“ Totalitarismen zu unterscheiden, die beide gleichermaßen eine Gefahr für die „neue Demokratie“ darstellten.[71] Dagegen ist nach Thoma Demokratie im Gegensatz zum Totalitarismus durch die konzeptionelle Verpflichtung zum Kompromiss gekennzeichnet. Demokratie lehnt die „eine“ Lösung ab, weil sie Jedem die Freiheit zugesteht, anderer Ansicht zu sein:

„In der Demokratie kann […] keine Tendenz total werden, weder die sozialistische, noch die kapitalistische. Insofern besteht eine unlösliche Verschwisterung von Demokratismus und Liberalismus. Angenommen, selbst die Formel: je mehr Sozialisierung und Planwirtschaft, desto vorteilhafter für die große Mehrheit des Volkes – wäre richtig, so böte Demokratie doch keine Chance für ihre kompromisslose und nachhaltig konsequente Durchführung.“[72]

Totale Ansätze sind also nicht nur abzulehnen, weil sie unprüfbare Einsicht postulieren[73], sondern schon deshalb, weil einem freien Menschen immer das Recht zugestanden werden muss, diese Einsicht abzulehnen.

Die Ausgestaltung der deutschen Verfassung endete aber nicht bei der Schrankensetzung zur Bewahrung des Kompromisses, die sich im Parlamentarischen Rat durch Ewigkeitsgarantien und Gewaltenteilung realisierte[74], sondern ging darüber hinaus: Der Staat selbst sollte aktiv werden und eingreifen, sieht er den Bestand der freiheitlichen Demokratie durch totalitäre Bewegungen gefährdet. Streitbarkeit wird der Volkssouveränität gegenübergestellt.[75] Vordenker dieser Haltung war Karl Loewenstein, der während des zweiten Weltkriegs mit Blick auf die um sich greifenden faschistischen Bewegungen in Europa vor einer „selbstmörderische Lethargie“ warnt. Er konzipierte „legislative Gegenaktionen“ einer „militanten“ Demokratie, die sich dezidiert gegen die faschistische „Techniken“ des Systemsturzes wendet.[76] Demokratien müssten für ihre Selbstverteidigung auch autokratische Methoden im Kampf gegen autokratische[77] Entwicklungen einsetzen.[78] Feuer, so Loewenstein, müsse mit Feuer bekämpft werden.[79] Ähnlich fordert auch Karl Mannheim, Demokratie müsse „streitbar“ sein, um zu überleben. Sie habe sich um einen moralisch-substantiellen und prozeduralen Grundkonsens zentrieren, den sie zu verteidigen bereit sein müsse. Diese Streitbare Demokratie ist mehr als nur die Entkopplung von Grundwertentscheidungen in der Verfassung und dem Volksentscheid, sondern schützt diese Entkopplung aktiv. Damit stellt sie nach Mannheim einen dritten Weg zwischen einem wertindifferenten Laissez-Faire-Liberalismus auf der einen Seite und wertfixierter Intoleranz totalitärer Herrschaft auf der anderen dar.[80] Nach Leibholz bedarf es des Mutes zur Intoleranz gegenüber den Feinden der Freiheit und gegebenenfalls der Bereitschaft, die Freiheit sogar gegen die Mehrheit des Volkes zu verteidigen.[81] Begrifflich meint Intoleranz in diesem Zusammenhang nicht die Kontradiktion zu Toleranz, sondern ist markiert durch den Punkt, an dem die Toleranz endet. Erst dadurch bekommt Toleranz einen Sinngehalt, der sie von der Wertindifferenz unterscheidet.[82] Uneingeschränkte Toleranz hebt sich selbst auf.[83]

Bei der Diskussion des Grundgesetzes hielt man die totalitäre Gefahr trotz des Endes der nationalsozialistischen Herrschaft nicht für überwunden. Thoma sieht die Demokratie zu dieser Zeit „einem Kreuzfeuer zwischen Bolschewismus und Faschismus“ ausgesetzt. Allerdings nimmt er eine inhaltliche Gewichtung vor und geht in seinen Ausführungen vor allem auf die Ausbreitung kommunistischer Regime in Osteuropa ein.[84] Auch Leibholz erblickt im kommunistischen Totalitarismus die neue Herausforderung des säkularisierten Westens.[85] Vor diesem historischen Hintergrund einigte man sich im Parlamentarischen Rat auf verschiedene Regelungen, in denen das Konzept der Streitbarkeit seine rechtliche Positivierung finden sollte. Erstens war das die Treuepflicht von Beamten zum Staat. Dies stellte gewissermaßen eine Kompensation dafür dar, dass allgemeine bürgerliche Grundpflichten wie in der Weimarer Republik wegfielen, man aber trotzdem fürchtete, die Verpflichtung zur Gesetzestreue allein gewährleiste keinen ausreichenden Schutz vor demokratiefeindlichen Beamten.[86] Man vermied hier eine ausufernde Diskussion, weil das Institut des Berufsbeamtentums an sich umstritten war (nicht zuletzt mit Blick auf dessen umstrittene Rolle in der Weimarer Republik), es faktisch aber schon in allen Bundesländern öffentliche Bedienstete gab.[87] In die meisten Landesverfassungen hatte sogar schon eine Treuebestimmung Eingang gefunden, die selbst den außerdienstlichen Bereich mit einbezog.[88] So dienten die Regelungen im Art. 33 GG in erster Linie dazu, mit dem Beamtenrecht des Dritten Reiches zu brechen, dem Gesetzgeber aber gleichzeitig den Spielraum zu lassen, die Beamtengesetze den Erfordernissen der ersten Jahre anzupassen.[89] Zweitens fand das Konzept der Streitbaren Demokratie in den Einschränkungen der individuellen und der organisationsbezogenen politischen Freiheit durch Art. 18 und Art. 21 II GG seinen Ausdruck.[90] Auch diese Bestimmungen wurden bewusst so offen gehalten, um insbesondere der sowjetischen Bedrohung gerecht zu werden.[91] Doch betrachtete man die neugeschaffenen Schutzinstrumente im parlamentarischen Rat durchaus auch kritisch: Einerseits schien die Begrenzung der Demokratie zu ihrem eigenen Erhalt paradox[92] und richteten sich die Maßnahmen gegen den „höchst unbestimmte Tatbestand“ der legalistisch getarnten Arbeit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (vgl. Kap. 2.2).[93] Andererseits bestanden Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen, da sie weniger die Ursachen demokratiefeindlichen Verhaltens zu beseitigen schienen als vielmehr deren Folgen in die Illegalität zu drängen.[94] Um sowohl einen rechtmäßigen als auch zweckmäßigen Gebrauch der Streitbarkeitsinstrumente sicherzustellen, wurden politische und juristische Entscheidungsinstanzen gekoppelt. So bleibt es für das Parteiverbot zwar Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat überlassen, ein Verfahren gegen einen scheinbaren Demokratiefeind einzuleiten; die Rechtmäßigkeit des Vorgehens muss aber zwingend durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt werden. Für Parteien gilt damit das „Parteienprivileg“ gegenüber normalen Vereinigungen.[95] Doch auch bei der Aberkennung von Grundrechten entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Sanktionen.[96]

Auch oblag es dem Gericht, das Konzept der Streitbarkeit auszuformulieren, das in den Worten von Peter Graf Kielmansegg als spezifisches „deutsches Experiment“ von den Verfassungsvätern in das Grundgesetz hineingeschrieben worden ist. Es findet dort aber keine ausdrückliche Erwähnung.[97] Laut Ralf B. Abel ist die „juristische Abwehr von Umstürzlern“ eine Selbstverständlichkeit in westlichen Staaten. Das Besondere an der Streitbaren Demokratie in Deutschland sei lediglich, dass dieses Konzept in der deutschen, dogmatischen Rechtstradition einer rechtssystematischen Einordnung bedurfte. Dafür war dessen explizite, namentliche Benennung notwendig.[98] So erklärt das Bundesverfassungsgericht 1956, im Grundgesetz finde sich eine verfassungsrechtliche Entscheidung zur Streitbaren Demokratie.[99] Es hebt die historischen Erfahrungen des Parlamentarischen Rates („des Verfassungsgebers“) hervor, aus denen hervorgeht, dass der Staat nicht mehr neutral sein dürfe, sondern sich gegen Angriffe auf die unantastbaren Verfassungswerte verteidigen müsse. Einschränkungen der politischen Freiheiten seien dafür legitim. Streitbare Demokratie bezeichnet das Gericht als den bewussten Versuch des Grundgesetzes zur „… Synthese zwischen dem Prinzip der Toleranz gegenüber allen politischen Auffassungen und dem Bekenntnis zu gewissen unantastbaren Grundwerten der Staatsordnung …“ Weil die Abwehr von Feinden in der Streitbaren Demokratie durch Grundgesetz und Gesetze begrenzt wird, stellt das Konzept der Streitbaren Demokratie auch ein Gegenmodell zur entgrenzten Formel „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit“ dar.[100] Andernfalls würde die Demokratie ihre eigenen legitimatorischen Grundlagen verleugnen.[101] Thiel weist darauf hin, dass insbesondere der Begriff der „Demokratie“ etwas irreführend ist, weil der Schutzbereich über das demokratische Prinzip hinaus reicht. Treffender, so Thiel, wäre die Bezeichnung „streitbare Freiheit“ oder „streitbarer Rechtsstaat“.[102] Nach dem Bundesverfassungsgericht sind die Instrumente der Streitbaren Demokratie dabei „… Ausdruck des bewussten verfassungspolitischen Willens zur Lösung eines Grenzproblems der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung…“[103] Damit ist die Streitbare Demokratie „… mehr als die Summe der Einzelnormen in der Verfassung.“[104] Andreas Sattler hebt ihre eine selbstständige rechtliche Bedeutung hervor.[105] Nach Ulrich Preuß können aus der Entscheidung zur Streitbaren Demokratie die sich daraus ergebenen Instrumente erweitert, modifiziert oder auch reduziert werden.[106]

2.1.2 Prinzipielle Einwände

Hermann Jahrreiß argumentiert, die Aufgabe der Streitbaren Demokratie bestehe darin, die Gesellschaft zu festigen und dann selbst überflüssig zu werden. Es gelte, ein demokratisches Bewusstsein zu verankern und eine „ Vor -Ordnung“ für die Gesellschaft zu schaffen. Die Streitbare Demokratie ist dann die Krücke des (noch) demokratieunfähigen Volkes.[107] Scherb fordert, eine durch den Staat realisierte Streitbarkeit müsse in dem Maße, wie die konkreten Bedrohungsszenarien schwinden, in eine nachhaltige „gesellschaftliche Streitbarkeit“ überführt werden.[108]

Auch nach Kirchheimers Urteil sollte die Streitbare Demokratie beschränkt bleiben, allerdings nicht nur auf eine gesellschaftliche Entwicklungsphase, sondern vor allem inhaltlich auf die Abwehr von konkreten, wirkungsvollen Angriffen gegen die Staatsorgane. Darüber hinausgehend stellt er die Wirksamkeit des Streitbarkeitskonzepts grundsätzlich infrage – die Logik der Gefahrenabwehr werde dort in unzulässiger Weise überdehnt.[109] Streitbarkeit sei ungeeignet, systemfeindliche Kräfte zu integrieren und verschärfe nur den Antagonismus. Werden diese Kräfte zu Massenbewegungen, so tragen sie sogar noch zur Eskalation bei: „In einer Gesellschaft, die ihre Energien darauf konzentriert, die Unzufriedenen zu knebeln, statt die Lebensprobleme der Menschen zu lösen, lockern sich die Bindegewebe demokratischer Institutionen …“[110] Insbesondere wendet er sich auch gegen Parteiverbote: Drängt man Parteien in die nichtinstitutionalisierte, systemfeindliche Opposition, dann überlässt man ihnen einen eigenen Teil des politischen Feldes und reduziert die Themenbreite des Parlaments. „Alles in allem müsste das Verbot systemfeindlicher Organisationen die Stellung der parlamentarischen Parteien eher schwächen als stärken“, resümiert Kirchheimer.[111] Sehe man dagegen von Verboten ab und eröffne die Möglichkeit zu weitgehenden gesellschaftlichen Veränderungen, so könne das Interesse des Durchschnittsbürgers am öffentlichen politischen Leben steigen. Das scheint plausibel: Wenn etwas innerhalb des Systems realisierbar scheint, warum sollte man sich diesem System verweigern oder für seine Überwindung eintreten? Gleichzeitig hält Kirchheimer die Gefahr des Missbrauchs der Streitbarkeit für unkontrollierbar. Streitbarkeit dient dann lediglich dazu, den Aufgabenbereich der Exekutive zu vergrößern. Er prägt in diesem Zusammenhang den Begriff der politischen Justiz,

„… wenn Gerichte für politische Zwecke in Anspruch genommen werden, so dass das Feld politischen Handelns ausgeweitet und abgesichert werden kann. […] Eine solche gerichtliche Kontrolle des Handelns strebt an, wer seine eigene Position festigen und die seiner politischen Gegner schwächen will.“[112]

Das Gerichtsverfahren dient dann dazu, das Spektrum zulässigen politischen Handelns zu verengen und gleichzeitig das bestehende Regime zu legitimieren.[113] Mit Blick auf die Geschichte kommt Kirchheimer zu dem Schluss, dass es zu dieser Funktionsverlagerung der Streitbarkeit immer gerade kommt, wenn es der „… unverbrüchliche[n] Garantien [dagegen] am meisten bedarf.“[114] Entsprechende Maßnahmen bergen das Risiko zweifach negativer Symbolwirkung: Zum einen, weil es zur Stigmatisierung und damit Radikalisierung der Verfolgten kommen kann, und zum anderen, weil den Ursachen der Unzufriedenheit nicht die angemessene Aufmerksamkeit gewidmet wird. Je weiter verbreitet die Unzufriedenheit ist, desto größer und gleichzeitig gefährlicher ist die Versuchung, sie durch politische Justiz zu kaschieren. Auch Loewenstein wendet sich gegen einer Ausgestaltung der Streitbaren Demokratie, die sich nicht mehr nur auf eine Notstandsituation, also eine klare, akute Gefahr bezieht. In seinen Augen wird das das Konzept zu einem repressiven Machtinstrument der herrschenden Mehrheit verformt, die sich gegen konkurrierende Ideologien in Stellung bringt.[115] Wer ernsthaft an das „demokratische Glaubensbekenntnis“ zu erinnern versucht, so stellt Loewenstein etwas bitter fest, „… wird als legalistischer Pedant gescholten oder gar als ein weltfremder Träumer, wenn er die Auffassung vertritt, dass die Demokratie mehr sei als nur die Herrschaft der auf Grund freier und ehrlicher Wahlen ermittelten Mehrheit.“[116]

Von der juristischen Seite aus kritisiert Lameyer die Eigendynamik des entfesselten Streitbarkeits prinzips: So wird es nicht nur zur Konkretisierung geltender Rechtssätze herangezogen, sondern produziert eigene Grundsätze. Diese höhlen die Interpretation der geschriebenen Normen aus. „ Faktisch “, so Lameyer, bildet [die Streitbare Demokratie] eine wichtige Grundrechts­schranke.“[117] Das Prinzip dient der „Verfassungsfortentwicklung“ und der „Lückenfüllung“ und ist insofern heute expansiv angelegt. Die Grenze zwischen toleriertem Verhalten auf der einen Seite und zwar nicht verbotenem, aber indirekt sanktionierbarem Verhalten verwischt.[118] Ähnlich argumentiert auch Preuß, der durch die Entscheidung zur Streitbarkeit die Konkurrenz zweier Legitimationstypen erblickt: Die formelle Legitimation des Legalitätssystems, in der das Volk seine eigenen Gesetze bestimmt, und der Legitimation der wertgebundenen Verfassung, die eine materielle Gerechtigkeitskonzeption vorgibt.[119] Es gelte eine vom ursprünglichen Legalitätssystem abgekoppelte „zweite Verfassung“[120], in der Freiheit nicht mehr eine gesellschaftliche Aushandlungsform darstellt, sondern substantiell festgelegt ist.[121] Der durch das Mehrheitsprinzip vermittelte Konsens der pluralistischen Gesellschaft darüber, wann das rechte Maß an Freiheit überschritten ist, werde vorweg genommen, da auch legale Abweichungen „falsch“ sind.[122] Falsches Verhalten ist durch die fehlende Bindung an den Konsens definiert. Loyalität zum Konsens und nicht mehr die Legalität des Verhaltens ist das neue Legitimitätskriterium. Loyalität wird zum Brückenkonzept der beiden Legitimationstypen, das zwar noch ein Legalitätsprinzip anerkennt, aber nicht mehr das der ursprünglichen pluralistischen Verfassung.[123] „Das Legalitätssystem transformiert sich in eine konsensgesteuerte Loyalitätsordnung, und in ihr wird Freiheit zur Toleranz“, so Preuß.[124] In der Streitbaren Demokratie werden legale, aber illoyal gebrauchte politische Rechte nach Überschreitung der willkürlichen Toleranzgrenze aberkannt.[125] Die Freiheit funktioniert so als eingriffslegitimierenden Inhalt,[126] der sich in institutionelle Regelungen, einem politisches Strafrecht oder auch Zugangssperre zum öffentlichen Dienst niederschlägt[127]. Das ursprüngliche Legalitätssystem gilt nur noch unter allgemeinem, instrumentalisier­barem Loyalitätsvorbehalt: „[D]ie bloße Schaffung des verfassungsrechtlichen Status des ‚Illoyalen‘ gibt den herrschenden politischen Gruppierungen den Hebel in die Hand, die legale, d. h. mit erlaubten Mitteln kämpfende Opposition in diesen Status zu versetzen und damit aus der politischen Konkurrenz auszuschalten.“[128]

Das heißt: In Preuß‘ Augen untergräbt die Wertgebundenheit das Legalitätssystem. In der Streitbaren Demokratie bleibt es nicht bei dieser Konkurrenzbeziehung, sondern die Wertgebundenheit wird „militant“[129] und bekommt einen expansiven Charakter. Die Werte werden zum Schutzgegenstand, ein Abweichen zur Feindschaftserklärung.[130] Das entspricht allerdings nach herrschender Meinung durchaus der Funktion dieser Grundwerte: Nach Günter Dürig und Hans H. Klein muss die Verfassung zur Verteidigung dieser Werte „‘militant‘ und ‚intolerant‘“ sein und zum Abwehrkampf bereitstehen.[131] Der Kernbestand an Werten sei „indiskutabel, unmittelbar einsichtig und berechenbar“ und nicht relativierbar.

2.2 Der Schutzgegenstand: Die freiheitliche demokratische Grundordnung

2.2.1 Die Grundwerte

Auch Loewenstein oder Leibholz wenden sich gegen eine beliebige Offenheit des Demokratiekonzepts: Kein wie auch immer geartetes Regime verzichte auf den Gebrauch des typisch demokratischen Vokabulars, um darüber Legitimität zu beanspruchen. So bezeichnete sich etwa auch der Nationalsozialismus als im höchsten Sinne des Wortes demokratisch oder als modernste Demokratie der Weltgeschichte. Als anderes Beispiel zieht er die diktaturförmig verfasste „Volksdemokratie“ der Sowjetunion heran.[132] Das grundsätzliche Problem der Demokratiekonzeptionen ist, dass zwar prinzipielle Einigkeit über die Erforderlichkeit besteht, dem wie auch immer gearteten Volkswillen zu entsprechen und den Staat zu stabilisieren.[133] Der Unterschied besteht darin, ob und wie das Volk seinen Willen artikuliert.[134] Der Begriff der Demokratie muss also spezifiziert werden. Leibholz sieht in der Gleichheit das Vehikel, durch das sich der Wille des Volkes (annährend) verwirklichen lässt. In der Moderne ist unter Gleichheit das zu verstehen, was alle Menschen als Menschen miteinander gemein haben, so Leibholz. Bestehende Unterschiede werden vor dieser fundamentalen Gleichheit unwesentlich. Daraus ergibt die Notwendigkeit einer politischen Gleichheit, das heißt einer absolut gleichen Beteiligung aller an der staatlichen Willensbildung Beteiligten. Um dies – theoretisch – zu gewährleisten, ist eine politische Freiheit essenziell (er benennt hier die Meinungs-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit), die auch eine Freiheit von Furcht und Zwang bei der Ausübung der politischen Rechte impliziert. Wahlen und sonstige politische Aktivitäten müssen frei von Zwängen sein, um einen politisch gleichen Status aller Bürger zu gewährleisten:

„So ist die These des Westens, nach der man ohne freie Wahlen, d. h. ohne ein volles System der Herrschaft der öffentlichen Meinung nicht von einer echten Demokratie sprechen kann, in der Tat überzeugend, wenn auch nicht so sehr unter dem Blickpunkt der politischen Freiheit, als vielmehr deshalb, weil die Aufhebung der Freiheit zugleich implicite die Aufhebung der politischen Gleichheit enthält, ohne Gleichheit aber eine Demokratie nicht möglich ist.“[135]

Das heißt: Politische Freiheit ist hier kein Selbstzweck, sondern notwendige Voraussetzung der Gleichheit, und diese wiederrum für die Demokratie mit „… traditionelle[m] westliche[n] Gepräge …“[136] Ebenso hält Thoma die Verknüpfung von Demokratie mit politischer und bürgerlicher Freiheit für unbedingt notwendig: Demokratie ist in seinen Augen nicht nur eine Herrschaftsordnung, sondern auch eine „Freiheitsordnung“. Gruppenbildung, Agitation, Wahl- oder Abstimmungskampf in Presse, Versammlung oder auch Plakatkrieg müssen möglich sein. Das meint, so Thoma, die Freiheit aller Meinungsäußerungen, die Freiheit insbesondere der Presse, der Vereine, Versammlungen und Koalitionen, des Briefgeheimnisses, der persönlichen Freiheit und Freizügigkeit sowie ein Mindestmaß an Privatvermögen und privatwirtschaftlichen Dispositionsrechten.[137] Durch die konstitutionelle Absicherung der individuellen Freiheit gelingt einerseits die Abgrenzung zu totalitären und identitären Demokratiekonzeptionen, in der alle gleich, weil gleichermaßen unfrei im ideologischen und politischen Meinungskampf sind.[138] Andererseits unterscheidet sich die freiheitliche Demokratie durch den Schutzanspruch eben dieser Freiheitlichkeit auch vom Laissez-Faire-Liberalismus und folgt der Mahnung Mannheims, Demokratie müsse wertgebunden sein. Sie kann, so Leibholz, „… im Gegensatz zum Liberalismus politische Substanzverluste nur insoweit vertragen, als die die Demokratie tragenden Bestandteile des Verfassungssystems nicht selber vernichtet werden.“[139]

Im Parlamentarischen Rat herrschte keine Unstimmigkeit darüber, diese Wertegrundlage als die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bezeichnen. Diskutiert wurde lediglich, ob die beiden Adjektive nicht durch ein „und“ oder ein „oder“ getrennt werden sollten. Der Hintergrund waren nicht über die Semantik ausgetragene demokratietheoretische Grabenkämpfe, sondern die Sorge vor einer missverständlichen Formulierung. Das „und“ schien zu suggerieren, dass ein legaler Verstoß gegen nur eines der beiden Merkmale möglich sei[140], das „oder“ lief Gefahr, ausschließend interpretiert zu werden[141]. Man entschied sich dafür, keinerlei Konjunktion zu verwenden. Die beiden Adjektive wurden allerdings auch nicht durch ein Komma getrennt – was grammatisch bedeutet, dass „freiheitlich“ eine Spezifikation des Adjektivs „demokratisch“ ist.[142] Karlheinz Niclauß charakterisiert Verfassung als „halbstarr“ – sie sei interpretationsoffen, besitze aber auch einen unveränderliche einen Sinneskern.[143] Damit besteht die Möglichkeit, dass der Inhalt des Begriffs einem Wandel unterliegt. Diese Flexibilität und programmatische Offenheit war durchaus gewollt. Man wollte dem Verfassungsgericht keine „feste Marschroute“ vorgegeben.[144] Der Entscheidung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung kommt dabei eine vorjuristische Qualität zu: Das (Verfassungs-)Recht sichert lediglich ab, dass das Verhalten seiner Subjekte diese Wertentscheidung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung realisiert.[145] Selbst wenn sich das Volk also (in Martin Krieles Worten: „revolutionär“) eine neue Verfassung gäbe, so müsste die freiheitliche demokratische Grundordnung als zugrundeliegende Wertordnung darin realisiert werden.[146] Demokratie ist auf diese werthafte Bindung des Individuums angewiesen, ohne sie selbst rechtssatzmäßig absichern zu können.[147] So betrachtet ist die freiheitliche demokratische Grundordnung ein nur metaphysisch begründbarer Wert, der sich etwa durch Leibholz‘ Bezug auf die christlich-abendländische Tradition herleiten lässt.[148] Tradition kann in diesem Sinne als Produkt des historischen Aushandlungsprozess begriffen werden, das Ausdruck in der inhaltlich nicht vollständig bestimmten Verfassung findet[149]. Auch der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (in dem Leibholz nicht Mitglied war) gibt diese Überlegung wieder:

„Das Grundgesetz bezeichnet die von ihm geschaffene Staatsordnung als eine freiheitliche Demokratie. Es knüpft damit an die Tradition des ‚liberalen bürgerlichen Rechtsstaats‘ an, wie er sich im 19. Jahrhundert allmählich herausgebildet hat und wie er in Deutschland schließlich in der Weimarer Verfassung verwirklicht worden ist.“[150]

2.2.2 Die problematische Konkretisierung

Dabei nimmt das Recht auf Freiheit in der Deutung des Gerichts eine zentrale, vorstaatliche Position ein.[151] So stellt das Gericht an gleicher Stelle fest:

„Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt.“[152]

Auch hier orientiert sich das Gericht an der Rede von Leibholz zum Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung[153] und übernimmt dessen Kriterien zur Abgrenzung von anderen als „Demokratie“ etikettierten Herrschaftssystemen. Das Gericht selbst beschreibt diese Grundordnung als „… das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschafts­macht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt.“[154] Folgt man der Einschätzung von Preuß, so handelt es sich bei dieser Konzeption um einen Negativentwurf, der „… keine konkretere gesellschaftliche Bestimmtheit als den Gegensatz zur Unfreiheit [hat].“[155] Trotzdem präzisiert das Gericht die Gesellschaftsordnung und die in ihr vorhandenen Grundrechte:

„Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“[156]

Preuß dagegen weist auf die starke Gewichtung der Freiheitlichkeit hin und kommt zu dem Schluss, bei diesem Katalog handle es sich im Zusammenspiel mit den Verfassungsschutzartikeln[157] um ein „besitzindividualistisches“ Angstkonzept.[158] Ridder stellt fest, dass nur die Abgrenzung von den historischen-faktischen Totalitarismen dazu führte, dass man die vorliegende, konkrete Verfassungswirklichkeit zu dem Gegenmodell schlechthin erklärte.[159] Tatsächlich stellt sich die Frage, warum das Grundgesetz selber den Begriff an keiner Stelle präzisierte, obwohl hier verschiedentlich auf ihn Bezug genommen wird.[160] Auch wenn in der Verfassung einen festen „Bestand des Entschiedenen“ zu schaffen sucht[161], so scheint die Präzisierung der freiheitlichen Grundordnung nicht zu diesem verfassungsmäßig Entschiedenen zu gehören. Laut Kesser wurde damit die Doppelfunktion der freiheitlichen demokratischen Grundordnung übersehen: Zum einen dient sie als typologische Etikettierung der erarbeiteten Verfassungsordnung. Damit fungierte sie expressiv der bundesdeutschen Selbstvergewisserung und Positionsbeziehung gegenüber den alliierten Besatzungsmächten, sollte also im konkreten historischen Kontext wirken. Vor diesem Hintergrund ist auch Leibholz‘ Explikation zu verstehen (und wohl auch die von Preuß beschriebenen antitotalitären Negativcharakteristika). Davon ist – zum anderen – die freiheitliche demokratische Grundordnung als Sammelbegriff zur Beschreibung des Bereichs zu unterscheiden, der dem Zugriff des Volkssouveräns entzogen ist, und der über die konkrete Situation hinausweist. Der große Fehler auch schon von Leibholz sei es, so Kessler, beide Zielrichtungen miteinander zu vermischen. Das heißt: Dieser Katalog stellte ursprünglich keine Definition der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar, sondern lediglich die Explikation von Strukturmerkmalen, die Leibholz zur Abgrenzung vom Totalitarismus relevant schienen.[162] Kessler übt fundamentale Kritik an der universellen Geltung, in die diese Präzisierung erhoben worden war: In seinen Augen wurde hier nur der Vortrag von Leibholz durch den „enumerativen Prinzipienkatalog“ des Art. 88 StGB (Staats­­gefährdung)[163] aufgefüllt, wobei dieser Strafgesetzartikel auch lediglich ein Produkt aus der „hysterischen Anfangsphase des ‚Kalten Krieges‘“ war. Mit diesem Schritt wurde ein willkürliches substantialistisches Verständnis von Freiheit und Demokratie in die freiheitliche demokratische Grundordnung projiziert, dort als Definition interpretiert und – derart aufgewertet – wieder auf das politische System losgelassen. Weil eine solch statische Definition im Widerspruch zu Freiheit, Gleichheit und Demokratie stehe, sei sie selber nicht verfassungskonform, so Kessler. Die Präzisierung ist in seinen Augen ein „nahezu willkürliches Exzerpt“ verschiedenster Ziele und Wertungen, die noch nicht einmal durch den Volkssouverän bestätigt wurden.[164] Er geißelt diesen Prozess, durch den dieser Artikel auf Verfassungsrechtsniveau gehoben wurde, als „verfassungsrechtliche Begriffsperversion“.[165] Ähnlich bezeichnet Wolfgang Abendroth den Vorgang als juristisch unerträglichen Versuch, eine wie auch immer geartete „Verfassungswirklichkeit“ in den Rang von Verfassungsrecht zu heben und dieses damit zu modifizieren.[166] Diese Kritik lässt sich an zwei Punkten ausbauen: Erstens war der dort aus dem Art. 88 StGB entliehene Katalog stark umstritten – Günther Willms, Richter im Strafsenat des Bundesgerichtshofs, charakterisiert ihn als fatales Produkt der „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit“-Mentalität des Kalten Kriegs.[167] Der Katalog selbst sollte dabei den Straftatbestand klären, weil man „… bei einem solchen Strafgesetz nicht erst den Richtern überlassen [kann], einen Begriff wie diesen zu entwickeln.“[168] Dabei wurde die Erwähnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausdrücklich vermieden, um sie dessen Bestimmung dem Bundesverfassungsgericht zu überlassen.[169] Rekurriert das Bundesverfassungsgericht also auf diese Inhalte, bewegt sich das nahe an einem Zirkelschluss. Zweitens war die Funktion dieses Art. 88 StGB damals nicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung vor Alternativkonzeptionen zu schützen, sondern Handlungen vorzubeugen, „… die auf die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet [sind] ...“[170] Der Merkmalskatalog präzisierte lediglich die „Verfassungsgrundsätze im Sinne dieses Artikels“.

Es scheint also, als hätte es sich bei diesem Artikel lediglich um eine Liste von Strukturmerkmalen der Bundesrepublik ohne demokratietheoretischen Anspruch und auch ohne permanente Geltungsabsicht gehandelt. Das Bundesverfassungsgericht betonte 1952, die freiheitliche demokratische Grundordnung könne verschiedene Formen annehmen,[171] griff den Katalog aber vier Jahre im KPD-Urteil später unverändert und unbeleuchtet wieder auf.[172] Es stellt sich sogar die Frage, welche Stellung der Rückgriff auf diese Auflistung an Strukturmerkmalen in der Argumentation gegen die KPD überhaupt hatte: Das Bundesverfassungsgericht argumentiert, die Postulierung eines demokratischen Fernziels sei nicht freiheitlich, weil sämtliche Gemeinschaftsentscheidungen diesem Telos auch unterworfen sind.[173] Sofern man der Prämisse zustimmt, ist das Argument (die Vorwegnahme einer Entscheidung sei nicht freiheitlich) schlüssig. Doch diese Argumentation hätte der erneuten Auflistung des „apologetischen Normenkatalogs“[174] nicht bedurft. Zusätzlich lehnt das Gericht den Einwand ab, in der neuen Ordnung dieses Ziels sei das „denkbare Höchstmaß von Freiheit und Demokratie“ verwirklicht, weil alleine das Verhalten im Hier-und-jetzt relevant sei.[175] Auch das ist plausibel. Doch das Gericht versucht trotzdem, dieses Endziel mit der Aufhebung von Mehrparteienprinzip, verantwortlicher Regierung und Gewaltenteilung zu verknüpfen[176], also als nicht freiheitlich und undemokratisch herauszuarbeiten – obwohl es diese Zielbewertung selber für urteilsirrelevant befindet.[177]

2.2.3 Wertfixierung und -offenheit

Bis zu einem gewissen Punkt lässt sich das als rechtsstaatliche Selbstvergewisserung verstehen: Schon Loewenstein mahnt, dass die fundamentalen Rechtsprinzipien institutionalisiert bleiben müssen, damit sie trotz ihrer temporären Verletzung im Abwehrkampfes unbeschädigt bleiben.[178] Vermutlich sah sich das Gericht genötigt, den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch deshalb zu konkretisieren. Insofern wirkt das Konzept der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht nur in der Feindbestimmung, sondern gleichzeitig auch als normativer Anker[179], an dem sich die Streitbare Demokratie messen lassen muss. Daneben wäre es aber demokratietheoretisch problematisch, sollten die argumentativen Exkurse im KPD-Urteil „lediglich“ der Affirmation des Prinzipienkatalogs dienen. Dürig und Klein halten sich mit Kritik zurück: Sie weisen lediglich darauf hin, dass aus der Umschreibung des Bundesverfassungsgerichts keine „Bibelstelle“ gemacht werden dürfe, da es sich nicht um eine authentische Definition, sondern um einen Interpretationsversuch handle.[180] Kirchheimer dagegen stellt Legitimität aller Wertgebundenheit infrage. Für ihn ist sie lediglich Ausdruck einer faktische Machtposition: „Der geschichtliche Prozess, der Tausende von politischen Lösungen ohne Unterlass auf den Misthaufen wirft, ohne sich um den Wert oder Unwert ihrer Urheber zu kümmern, eignet sich schlecht als Maßstab für die Bewertung der politischen Justiz.“[181] Kirchheimer lehnt damit jede Emanzipations- oder Entwicklungstheorie ab. In seinen Augen gewährleisten die Mechanismen, nach denen Geschichte abläuft, keinerlei moralische Selektion. In nicht ganz so vernichtender Rhetorik kritisiert auch Preuß die Umdeutung der tradierten liberal-repräsentativen Verfassungselemente. Sie würden zu einer marktökonomisch funktionierenden sozialen Ordnung auf der einen und dessen sozialintegrativen Pendant im repräsentativen Parlamentarismus auf der anderen Seite uminterpretiert.[182] Zwar sei jede Ausformung des Legalitätsprinzips ist „… in der Berücksich­tigung gesellschaftlicher Interessen klassenspezifisch selektiv …“, wie Preuß es ausdrückt[183], doch dramatisch sei das beim vorliegenden repräsentativen Parlamentarismus deshalb, weil die Art der Selektivität an die marktökonomische Ordnung gekoppelt ist und deshalb unveränderlich wird.[184] Das heißt: Die Marktökonomie und Parlamentarismus stabilisieren sich als „konstitutionalisierte Gleichgewichtsordnung“[185] gegenseitig. Die „Masse“ wird in eine strukturelle, das heißt unveränderliche politische Minderheit transformiert.[186] Damit verliert sie die Möglichkeit, Einfluss auf die soziale – konkret: marktökonomische – Ordnung zu nehmen und die ihr zustehende Gerechtigkeit einzufordern. Die „wahrhaft revolutionäre Errungenschaft der bürgerlichen Gesell­schaft“, nämlich das auf dem Mehrheitsprinzip basierende Legalitätssystem, wird korrumpiert.[187] Aus pluralistischer Sicht ist ihm hier grundsätzlich zuzustimmen: Das Mehrheitsprinzip verliert seine legitimatorische Wirkung, wo es zu einer unfreien „Konsens“-Bildung kommt, weil der freiheitliche Charakter einer Entscheidung verloren geht.[188] Nach Fraenkel ist es die wesentliche Aufgabe des Staates, als sozialer Rechtsstaat (im Gegensatz zum liberalen Rechtsstaat im Zeichen einer Laissez-Faire-Haltung), „… auf kollektiver Ebene zwischen den verschiedenen Gesellschaftsgruppen eine Waffengleichheit zu begründen.“[189] Politische, wirtschaftliche und soziale Bedingungen müssen in dieser Hinsicht einer staatlichen Regulierung unterliegen. Folgt man den Kritikern, ist der Staat hieran gescheitert.

Nach Kesslers Einschätzung bedürfe es eines neuen Definitionsversuchs, der die Doppelfunktion dieses Begriffs (expressive Etikettierung und Bestimmung des Schutzraums) respektiert und dem Prinzip der verfassungspolitischen Dynamik, also der Offenheit gegenüber neuen Konzepten freiheitlicher demokratischer Ordnung, Rechnung trägt.[190] Denninger bemängelt, die vorliegende „fdGO“-Formel werde durch Exekutive für politisch motivierte Freund-Feind-Unterscheidungen missbraucht.[191] Ähnlich sieht das auch Preuß: Es sei durch die auf Verfassungsniveau fixierte Gleichgewichtsordnung ein scheinbar objektiver Maßstab „richtig“ und „falsch“ errichtet worden. Das Bundesverfassungsgericht würde nun nach diesen scheinbar objektiven, tatsächlich aber dem Legalitätssystem fremden Kriterien urteilen. Dieser Bewertungsmaßstab, so Preuß, sei in jegliches gesellschaftliches Handeln eingeschrieben und polarisiere zwischen der Gleichgewichtsordnung als ganzer und deren „totaler Negation“ durch einen Systemfeind.[192] Dahinter steht der Versuch, „… sich aus der Geschichte [zu] stehlen …“[193]: Die bestehende Ordnung wird auf Kosten der Bedürfnisse der Massen zementiert, weil der Gesellschaft ihre Entwicklungsmöglichkeiten genommen werden. Übrig bleibt ein „latentes Krisenpotential“ dieser marginalisierten Massen, deren Anspruch auf Selbstbestimmung und Gerechtigkeit durch Funktionslogik des Systems ausgehebelt wird.[194] Die geschilderten Einwände lassen sich als Kritik an einem postulierten Ende der Geschichte zusammenfassen: Die vorliegende Ordnung werde in den Status des objektiv Richtigen erhoben, vom dem sich das Falsche, also das Nicht-Kongruente scheiden und bekämpfen lässt. Die integrative Funktion einer dynamischen Verfassungsentwicklung wird aufgegeben. Konrad Hesse ist insgesamt mit dem Katalog des Bundesverfassungsgerichts zufrieden, weil er hier in erster Linie Rechtsstaatlichkeit als existentielle Grundlage der freiheitlichen Demokratie garantiert sieht.[195] Preuß dagegen möchte auch diese Mechanismen zur Umsetzung des Mehrheitsprinzips selber der Aushandlung überlassen[196], um einer verfestigten, also strukturellen Ungleichheit vorzubeugen.

Frederike Fuchs und Jesse wenden sich gegen derartige Kritik: Sie können in der „fdGO-Formel“ keine „generalklauselartige Kampfformel“ oder „beliebig ausfüllbare Blanko-Norm“[197] erblicken, weil sie dafür zu präzise bestimmt sei.[198] Auch Sattler argumentiert, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung durch den Merkmalskatalog hinreichend klar genug bestimmt sei, um rechtsverbindlich wirksam zu sein.[199] Allerdings laufen solche Argumente am Kern der Kritik vorbei: Es ist gerade die positivistische Schärfe, die dem explizierten Merkmalskatalog vorgeworfen wird. Diese führt, wie Andreas von Schoeler es ausdrückt, zu „staatlicher Betriebsblindheit“. Er erblickt in dieser Entwicklung das fatale „Bestreben, Gesellschaftsordnung mit Verfassungsordnung gleichzusetzen“. Der Status Quo wird verabsolutiert und auf die Basis eines materiell fixen Verfassungswertes gehoben. In der Folge wird der Kernbestand der Verfassung immer weiter ausgedehnt wird. Dadurch werden Meinungen zunehmend ins verfassungsrechtliche Abseits gedrängt. Ihnen muss dann nur noch administrativ begegnet werden und nicht mehr auf politisch-diskursiven Bahnen. Staat und Gesellschaft werden zunehmend schwieriger zu reformieren, das Ohnmachtsgefühl und die Frustration, vor der auch schon Kirchheimer warnte, steigen an. In diesem Wechselspiel werden die gegebenen Verhältnisse zementiert und die stigmatisierten Kritiker radikalisiert.[200] Auch Wolf-Dieter Narr stellt kritisch fest:

„Genau dies geschieht in der Bundesrepublik heute [1980, eigene Anm.] andauernd: die Verwechselung der Verfassung mit der politischen Exekutive, genannt Staat, die Gleichsetzung radikaler Kritik mit undemokratischen Verhalten, die Diffamierung anderer Ordnungsvorstellungen, die durchaus mit den Grundrechten vereinbar sein mögen, als Ende aller Ordnung.“[201]

Ein demokratischer Streit um die beste Verwirklichung der Verfassung müsse möglich sein, damit das Konzept der Streitbaren Demokratie nicht bei „Streitbarkeit“ verharrt, so Narr. Ansonsten könne nahezu jeder zum Feind werden.[202] Jürgen Seifert stellt fest, dass an die Stelle einiger Grundwerte sukzessive eine konkrete Ordnungsvorstellung tritt, die ebenfalls nicht mehr infrage gestellt werden darf: „Das durch die Verfassungsnormen abgesteckte politische Feld ist nicht mehr eine offene Stätte, sondern wird zu einem geschlossenen Gebilde […] [D]erjenige, der sich nicht zuhause fühlt oder dem dies nachgesagt wird, [wird] ausgebürgert und zu einem ‚Feind‘ gemacht …“[203]

2.3 Die Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung

2.3.1 Staatsfeindlichkeit, Subversion und soziale Bewegungen

In den ersten Jahrzehnten wurden alle Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als „Radikale“ bezeichnet. Radikalismus wurde in Rechts- und Linksradikalismus unterteilt.[204] Dahinter stand allerdings weniger ein theoretisches Konzept als vielmehr die historisch konkreten „staatsfeindlichen“ Bedrohungsszenarios des Totalitarismus.[205] Weder schien gesichert, dass die Deutschen nicht mehr in antidemokratische oder nationalsozialistische Verhaltensmuster zurückfallen, noch erblickte man in der jungen Bundesrepublik einen freiheitlich-demokratischen Fels im brandenden Sowjetkommunismus.[206] Rechter Radikalismus war insbesondere durch die „Gestrigkeit“ von Parteien bestimmt, die sich als Nachfolgeorganisationen der NSDAP gerierten, insbesondere die Sozialistische Reichspartei (SRP). Kennzeichnend für die Bedrohung von Links waren Delikte des Hochverrats, des Landesverrats und der Staatsgefährdung im Dienste der Sowjetunion vor allem durch die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).[207] Die Differenzierung von Staatlichkeit, Demokratie und Grundgesetz spielte in den Anfangsjahren keine politische Rolle. Man konnte im politisch erschütterten Deutschland die Gefährdung für die Bundesrepublik nicht einschätzen und versuchte, ihr pragmatisch und entschlossen zu begegnen. Beide wahrgenommenen Bedrohungen ließen sich in der traditionellen Dichotomie „totalitär versus demokratisch“ erfassen.[208] Radikalismus wurde als Negation des demokratischen Verfassungsstaates verstanden, war aber gleichzeitig durch die nationalsozialistische und die sowjetkommunistische Ideologie aus dem Positiven heraus bestimmbar. Das entsprach der Loewensteinschen Logik, in der das Feststellungsverfahren eines Demokratiefeinds ein untergeordnetes Problem war. Hauptaugenmerk war die Entwicklung adäquater Instrumente, um diesem Feind zu begegnen.[209] Dementsprechend waren die ersten eineinhalb Jahrzehnte der Bundesrepublik durch den Kontrast zwischen repressivem Vorgehen gegen Radikalismus und diskursiver Ruhe gekennzeichnet.[210] Lediglich die Frage um die Effektivität von Maßnahmen stand zur Debatte.[211]

In den ‘60er Jahren verblassten die generationsspezifischen Erinnerungen an den Niedergang der Weimarer Republik und das nationalsozialistische Regime. Auch der Ost-West-Konflikt hatte sich soweit entspannt, dass man keinen Staatszusammenbruch mehr fürchtete. Als demokratiefeindlich erachtete Systemkritik ging nicht mehr von bekennenden Altnazis und nur in geringem Maße von Stalinisten aus. Der Westberliner Bürgermeister Klaus Schütz (SPD) geißelte 1968 den „Extremismus und Terrorismus“ in der Nähe des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes SDS. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Pohle spricht zur gleichen Zeit noch von „linksradikalen Provokateuren“, während sich der Bundesforschungsminister Gerhard Stoltenberg (ebenfalls CDU) gegen „radikale antidemokratische Konzeptionen und Aktionen“ ausspricht.[212] Helmut Schmidt, zu diesem Zeitpunkt noch Verteidigungsminister, warnt vor einer „radikalisierten Neuen Linken“ und einer „rechtsradikalen NPD“. Diese Manifestationen eines „politischen Extremismus“ würden sich gegenseitig verunsicherte Wählerschichten in die Arme treiben – wie auch schon die „extremen Flügel“ in der Weimarer Demokratie.[213] In diesem Zusammenhang spricht er auch von „antidemokratische(n) Extremisten“ (ob als Spezifikation oder Definition gemeint, lässt er offen) sowie vom „neuen Totalitarismus von ultralinks und ultrarechts“.[214] Auch die Verfassungsschutzbehörde beginnt, vom „Extremismus“ zu sprechen, allerdings anfänglich ebenso unsystematisch. Im Gegensatz etwa zu Schmidt findet der Begriff in den Berichten des Verfassungsschutzes sich im Kontext von Gewalt und innerer Sicherheit.[215] Erst Mitte der ‘70er Jahre definiert Innenminister Werner Maihofer den Begriff:

„Zum politischen Extremismus werden diejenigen Aktivitäten oder Bestrebungen gerechnet, bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die von ihnen verfolgten Ziele oder die von ihnen zur Erreichung dieser Ziele befürworteten Mittel und Wege ganz oder teilweise mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Widerspruch stehen.“[216]

Er grenzte sich ausdrücklich vom früheren Sprachgebrauch und der Verwendung von „Radikalität“[217] ab, weil es nicht um die Bekämpfung radikaler, das heißt, grundsätzlicher Fragen gehe. Extremistisch sind diese erst, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (als Teilbereich des Grundgesetzes) richten.[218] Das Distinktionskonzept des Radikalismus wurde durch das graduelle Konzept des Extremismus abgelöst, das als ideologisches Distanzmaß zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung fungierte. Sowohl Worte als auch Taten konnten damit extremistisch sein, und ebenso auch die Ziele wie die Mittel. Nach Maihofer liegt der Unterschied zwischen Extremismus und Radikalismus darin, dass der Extremist sich gegen die vom Bundesverfassungsgericht explizierten Grundsätze wendet und sich damit außerhalb der Verfassung bewegt, der Radikale dagegen eine Position vertritt, die auf legalem Wege, etwa über eine Grundgesetzänderung innerhalb dieser Grundsätze erreichbar wäre. Eine radikale Position, die etwa die Vergesellschaftung von Grund und Boden oder Produktions­mitteln fordert, sei „mit allen verfassungsmäßig erlaubten Mitteln“ zu bekämpfen, aber sie dürfe nicht verboten werden.[219] Das heißt: Es ist extremistisch etwas zu fordern, was auf juristischem Wege nicht realisierbar wäre, auch dann, wenn man bei der Forderung selbst keiner illegalen Mittel bedient. So sind die Grenzen der Meinungs-, oder zumindest der Redefreiheit klar definiert, aber auch schon relativ rasch erreicht. Gustav Heinemann warnt in einem selbstkritischen Resümee davor, den radikalen „Verfassungsfreund“, der mit seiner Kritik nicht die Verfassung angreifen möchte, sondern die Verfassungswirklichkeit verändern will, mit dem extremistischen Feind der Demokratie zu verwechseln.[220] Man versuchte in der politischen Sprache, der Neuartigkeit der demokratiefeindlichen Bewegungen gerecht zu werden, die sich vom klassischen Nationalsozialismus und Sowjetkommunismus unterscheiden. Der Bereich des Störenden, aber trotzdem Zulässigen war schwerer zu bestimmen. Radikalismus beschrieb nun diesen Bereich. Heute findet der Begriff des Radikalismus nur noch in zwei Zusammenhängen Erwähnung: Zum einen als Selbstzuschreibung von beobachteten Extremismen; zum anderen, um einen Prozess der „Radikalisierung“ zu beschreiben.[221]

Auch im politikwissenschaftlichen Sprachgebrauch stellte der Einzug des Konzeptes Extremismus eine Herausforderung dar: So scheut sich Kurt Sontheimer 1970 noch auffällig, eine definitorische Trennung zum Radikalismus zu ziehen – stattdessen verwendet er „Extremismus“ und „Radikalismus“ immer in sprachlicher Kombination. Doch gleichzeitig hebt er mit der Verwendung des Extremen eine Eigentümlichkeit hervor: Entscheidend ist immer, wer bestimmt, von welcher Mitte aus das Extreme extrem wird – im deutschen Parteiensystem sind das die herrschenden Gruppen und Parteien, die festlegten, ab wann etwas „… mit dem vermeintlichen Interesse des Ganzen nicht zu vereinbaren sei.“[222] Daraus ergibt sich fast automatisch das, was für Sontheimer der radikale Gehalt einer Position ist: Politische Praxis, die nicht durch den jeweiligen Verfassungskonsens gedeckt ist, heißt radikal.[223] Das bedeutet: Anhand der Radikalität einer politischen Haltung gegenüber dem herrschenden Konsens lässt sich die Extremität einer Partei bestimmen. Die Begriffe sind in dieser Verwendung nur zwei Seiten einer Medaille und beschreiben anders als bei Maihofer keine Gratwanderung zwischen Zulässigem und Unzulässigem. Narr bezeichnet die vorherrschende Begriffskonfusion als „Irrgarten“: Tatsächlich sagten diese Begriffe mehr über diejenigen aus, die sie verwenden, als über die damit Bezeichneten.[224] Nach Krieles Einschätzung sind beide Bezeichnungen etwas unglücklich gewählt. Er spricht sich deshalb für den Begriff der „Verfassungsfeindlichkeit“ aus.[225]

Funke unternimmt den Versuch, das Verhältnis der Begriffe Radikalität und Extremismus zu systematisieren. Der Extremist dringe auf die Abschaffung der „gegebenen Verhältnisse“. Prinzipiell bejaht er Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele. In der extremistischen Ablehnung des Status Quo kippt „… Gesellschaftskritik aus Vernunft- in Offenbarungs wahrheit [um].“[226] Die Lückenhaftigkeit, die allen bislang entworfenen Systemen anhaftet, wird für das eigene Gesellschaftskonzept übersehen. In der Folge zeichnet den Extremisten eine neurotische Angst vor Irritation durch rationale Argumenten aus. Es kommt zu autoritätssüchtigem Gerangel, zur Unterdrückung von Abweichlern und hoher Ordnungsstrenge, so Funke. Die Selbstgewissheit des Extremsten legt nahe, dass dieser, wenn er die Macht hätte, die (pluralistischen) Spielregeln für nichtig erklären würde, die er als Oppositioneller für sich reklamiert. Das Volk, die Massen stellen nur ein „teleokratisches“ Instrument der Diktatur dar: als Transformator der Weltgeschichte zum Heils­geschehen. Regimekritiker sind in den Augen des Extremisten unbelehrbar, sie haben ihre eigene Ausmerzung durch die Verleugnung des Richtigen selbst verschuldet.[227] Radikalem Denken[228] dagegen fehle diese aggressive Selbstgewissheit, so Funke. Es ist durch ein hohes Maß an Intellektualität gekennzeichnet. Radikalismus schreckt sogar vor den gewalttätigen Auswüchsen, vor der imperfekten Praxis der eigenen Überlegungen zurück. Der radikale Denker ist sich des Konflikts zwischen inhumanitärem Weg und humanistischem Ideal bewusst: „Der [radikale Denker] will Recht haben, nicht Rechtsetzen durch Gewaltsamkeit …“[229] In diesem Sinne lässt sich der Extremismus als „vulgär­radikale“ Perspektive beschreiben, die bereit ist, theoretische Schwächen durch Dogmatismus und Gewalt zu kompensieren. Wo der Radikale das Volk (oder die Menschheit) gerne erlöst sähe, fordert der Extremist eine bestimmte Haltung ein. An Funkes Charakterisierungsansatz wird die Schwierigkeit deutlich, die Merkmale des Extremismus klar zu bestimmen: Einerseits greift Funke die Unterscheidung des Verfassungsschutzes auf, in der Radikalität durch noch zulässige Inhalte bestimmt ist. Aber gleichzeitig ist es für ihn auch die Form, an der sich Extremismus vom Radikalismus und das Erlaubte vom Unerlaubten scheidet. Gewaltbereitschaft (als Grauzone) und Gewaltausübung sind es, die eine radikale Idee extremistisch werden lassen. Die etwas diffuse Mehrdimensionalität ist vermutlich Folge der unterschiedlichen Bedrohungsszenarien, die sich nur schwierig auf einen gemeinsamen Nenner bringen ließen.

So bestand zum einen Sorge vor Individuen und Parteien, die sich demokratiekonform gaben, aber an deren aufrechter demokratischer Gesinnung erheblicher Zweifel bestehen musste. Oliver Sowinski bezeichnet diese Haltung als radikal – und verwendet den Begriff wieder anders als Funke und als Maihofer: Mit Blick auf die Rhetorik der DRP ist Rechtsradikalismus für ihn der Verzicht auf Gewalt und eine übermäßig aggressive Rhetorik, der aber lediglich taktischen Erwägungen geschuldet ist und keinem ideologischen Unterschied zum Rechtsextremismus.[230] Im Gegensatz zu Funkes Begriffsbestimmung ist der Radikale kein intellektueller, legitimer Gesellschaftskritiker, den die gewalttätigen Implikationen seiner eigenen Überlegungen ängstigen. Vielmehr eröffnet Sowinski mit seiner Neudefinition den Raum für eine Spielart der Demokratiefeindlichkeit, die nur aus Gründen der Zweckdienlichkeit nicht mit dem gesetzten Recht bricht und sich hinter vorgeblicher Biederkeit verbirgt. Mit der Diagnose dieser neuen Subversion ist Sowinski nicht alleine: Schon Sontheimer warnt 1970 vor der Gefahr einer demokratischen Fassade, wenn auch mit Blick auf die NPD.[231] Ähnlich nimmt auch Richard Stöss in den ‘80ern eine Binnendifferenzierung der Demokratiefeindschaft nach antidemokratischen („latenten“) Einstellungen und („manifesten“) Verhaltensweisen vor.[232] Auch von linker Seite sahen Zeitgenossen eine subversive Gefahr heranziehen, die in Rudi Dutschkes Aufruf zum „langen Marsch durch die Institutionen“ pointiert wird. Man fürchtete eine linke Untergrundbewegung, die darauf abzielt, den politischen Willensbildungsprozess zu umgehen, indem sie den Staatsapparat direkt unterwandert und dessen Zersetzung vorantreibt.[233]

Zum anderen manifestierte sich in den Augen vieler Beobachter gerade in diesen „neuen sozialen Bewegungen“ auch eine zweite Bedrohung, die sich von den Unterwanderungsbefürchtungen gravierend unterschied: So beschränkten sich die Protestbewegungen nicht nur auf die Ablehnung klassischer Formen politischer Teilhabe etwa durch Parteien, sondern entwickelten ungewohnte, zu großen Teilen aggressivere oder sogar gewalttätige Aktionsformen. Je nach Beobachter zählten schon der zivilen Ungehorsams, die Blockade und Demonstrationen dazu, in jedem Falle aber die terroristischen Anschlägen insbesondere der Roten Armee Fraktion (RAF).[234] Diese sozialen Bewegungen ließen sich weder nach ihrer Organisationsform noch ihrer Ideologie in die klassische Begrifflichkeit der sowjetkommunistischen Staatsbedrohung fassen. Die neuen Themen, etwa auch ökologische Fragestellungen, fügten sich nicht mehr in das althergebrachte Feindkonzept ein, so Hans-Gerd Jaschke. Sie waren nicht mehr Produkt historisch geronnener Ideologien, sondern entstammten unmittelbaren, praktischen Problemen, die sich aus der industriellen Lebensweise ergaben.[235] Im Zuge dieser Bewegungen beschreibt Jaschke eine „Entgrenzung“ des politischen Protests seit den ‘70er Jahren. Zum Ersten formierte sich der Protest jenseits der traditionellen Klassen, sozialen Milieus und Weltanschauungen. Es waren nun räumlich bestimmte Betroffenenbewegungen (etwa von neuen Großtechnologien wie Atomenergie). Damit entgrenzte das Protestpotential. Zum Zweiten überschritten diese Bewegungen auch die Grenzen von Konventionalität und Legalität und erzwangen dadurch „… eine Auseinandersetzung über Grenzbereiche radikaldemokratischer Willensbildung …“[236] Zusätzlich stellten die unkonventionellen Protestformen die Innenpolitik vor neue Herausforderungen. Diese kam nicht umhin, ganze Bevölkerungsteile unter polizeiliche Kontrolle und verfassungs­schützerische Beobachtung zu stellen – nach Jaschke hält die Entgrenzung restriktiver Politik von innerer Sicherheit und Streitbarkeit mit der Entgrenzung der neuen sozialen Bewegungen Schritt.[237]

2.3.2 Inhaltliche Entleerung des Extremismusbegriffs

Der ursprüngliche Feindbegriff verlor parallel mit der Etablierung der Bezeichnung als „Extremismus“ an Konkretheit und inhaltlicher Substanz. Linksextremisten waren zumeist keine Kommunisten Moskauer Prägung, die Rechtextremisten keine Nationalsozialisten mehr. In den Augen der Kritiker diente die Unbestimmtheit der neuen Feinddefinition als Machtinstrument der herrschenden Mehrheit.[238] Sontheimer wendet sich gegen normative Aufwertung einer antiextremistische Mitte, da schon ein Blick auf die Instabilität dieser Mitte in der deutschen Parteiengeschichte von deren Beliebigkeit zeugt.[239] Derartige Einwände fallen mit der Kritik am Merkmalskatalog der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zusammen: Wenn der Verfassungskonsens veränderlich und die Mitte fluide ist, so sind es die Konzepte von Radikalismus und Extremismus zwangsläufig auch. Sontheimer lehnt deshalb die Bezeichnungen „Radikalismus“ und „Extremismus“ als nutzlos für die Bewertung einer politischen Haltung ab. Stattdessen, so fordert er, müsse geprüft werden, um welcher Werte und Ziele willen der Radikale versucht, das bestehende System in Frage zu stellen.[240] Ähnlich argumentiert Jaschke, der die „traditionellen Einweisungszeremonien im Rahmen der Extremismus-Definitionen der ‚streitbaren Demokratie‘“ kritisiert: Hierbei handle es sich lediglich um Versuche, die neuen sozialen Bewegungen als fundamentaloppositionelle Feinde zu etikettieren. Dabei wird deren lebensweltliche Verankerung übersehen. Durch die bloße Abfertigung als Extremismus werden Deutungsmonopole etabliert, wo sie nach Jaschkes Einschätzung weder angemessen noch mehrheitsfähig sind.[241]

Betrachtet man die Regierungs- und Behördenpraxis, so fällt der Mangel an Bestreben auf, den Begriff des Extremismus durch Inhalte zu fixieren. Extremismus wurde lediglich als „Feindschaft zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ gedeutet. Nach welchen Kriterien diese Feindschaft bestimmt wird, bleibt unklar. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1971 war es lediglich die antipluralistische Haltung, mit der Innenminister Hans-Dietrich Genscher die Feinde der Demokratie charakterisiert.[242] Sein Nachfolger Maihofer betont, dass der Verfassungsschutzbericht die festgestellten Erscheinungen nicht „in ihrer Verflechtung mit den geistigen Strömungen“ darstellen könne.[243] Extremismus wurde in erster Linie durch eine diffuse Verrechnung von Zielstellung und Gewaltgrad bestimmt.[244] Die Verfassungsschutzbehörden, bei denen sich die wesentliche Definitionsmacht des politisch relevanten Extremismusbegriffs verorten lässt, folgen dem Kurs Maihofers bis heute: Als extremistisch gelten Aktivitäten, die auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielen.[245] Hans Günther Merk, Verwaltungsbeamter im Innenministerium, sieht in einem Aufsatz 1978 keinen Konflikt zwischen der historischen Veränderlichkeit der „Mitte“ und dem Rekurs auf diese Mitte in der Bundesrepublik: Zwar bedeutet Extremismus erst einmal nur, dass sich dessen Forderungen nicht mit denen der Bevölkerungsmehrheit decken.[246] Doch in der Bundesrepublik ist der Konsens durch die freiheitliche demokratische Grundordnung bestimmt. Und nicht nur das, es sei auch zu großen Teilen deckungsgleich mit allen „freien Ländern“, so Merk, und stimme sogar mit dem mehrheitlichen Konzept in den kommunistischen Staaten überein, wo dann aber die extremistische Minderheit an der Macht ist.[247] Merk akzeptiert also die soziologisch-relativistische Interpretation des Konzepts Mitte, hält diese aber für inhaltlich in einem Konsens stabilisiert. Allerdings lässt er mit diesem Ansatz viele Fragen offen. Erstens legitimiert ein derartig relativistischer Extremismusbegriff die antipluralistische Diktatur der Mehrheit. Zweitens könnte man dann, böse gesprochen, den gerade in den ‘70ern gefürchteten „Marsch durch die Institutionen“, insbesondere die ideologische Durchdringung der Schulen (vgl. auch Kap. 4.2.1), als Weg in die Legalität bezeichnen. Schließlich passiert hier nichts anderes, als dass eine Minderheitenansicht gesellschafts- und mehrheitsfähig gemacht wird. Drittens stellt sich die Frage, weshalb die Verfassungsschutzbehörden bestimmen können, wer Feind der Demokratie ist. Man kann dem Verfassungsschutz vorwerfen, er schwinge sich zum Sprachrohr der Mehrheit auf. Viertens erklärt sich aus Merks Argumentation auch nicht, weshalb die neuen sozialen Bewegungen als extremistisch bezeichnet wurden: Diese zeichneten sich gerade durch ein Bekenntnis zum Grundgesetz und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus. Stattdessen verurteilten sie die Verfassungswirklichkeit (und die Interpretation der freiheitlichen demokratischen Grundordnung) als Verfälschung des teleologisch aufgeladenen Grundgesetzes.[248] Die Neue Linke (als ideologischer Sammelbegriff für die neuen sozialen Bewegungen) wandte sich gerade nicht mehr gegen die Idee der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, sondern schrieb sich deren Verwirklichung etwa durch den Sozialismus auf die Fahne.[249] Die klassischen Extremismuskriterien greifen hier nicht mehr. Das Kernproblem des Verfassungsschutzes, so pointiert Peter Haungs, besteht darin,

„… dass der demokratische Verfassungsstaat sich kaum mehr offenen Feinden gegenübersieht, sondern von (auch vermeintlichen) Freunden umringt ist, deren Wertvorstellungen, Institutionenverständnis und Bereitschafft zur Einhaltung der Spielregeln teilweise fragwürdig sind.“[250]

Es waren keine nationalsozialistischen oder kommunistischen Brandreden mehr, die den Demokratiefeind auszeichneten, sondern lediglich überbordender Kritizismus.

Zu dieser Einschätzung gelangten allerdings nicht die Behörden, sondern die Wissenschaft. So charakterisiert Erwin Scheuch totalitäre Bewegungen im demokratischen System durch ihre destruktive Kompromisslosigkeit im politischen Tagesgeschäft: Sie sind dem Parlamentarismus konzeptionell entgegengerichtet, weil dieser nach Scheuchs Urteil das wirksamste bekannte Mittel zur politischen Lösung sozialer Gegensätze darstellt.[251] So lehnte die Neue Linke als selbsternannte außerparlamentarische Opposition den Parlamentarismus als „Teil des Problems“ ab, weil dieser lediglich als Transmissionsriemen oligarchischer Entscheidungen diene, die hier nachträglich legitimiert würden, um das bestehende Ausbeutungsverhältnis zu verschleiern.[252] Damit sind Extremismen als totalitäre Bewegungen grundsätzlich revolutionsorientiert.[253] Damit übersieht linker wie rechter Extremismus die Natur des Politischen als pragmatisches Tagesgeschäft des Interessenausgleichs. Stattdessen werfen sie der Politik vor, diese diene lediglich der technokratischen Stabilisierung des „Systems“.[254] Mit Scheuch lassen sich Extremismen durch apolitische Kompromisslosigkeit charakterisieren, die sich konkret im umstürzlerischen Antiparlamentarismus niederschlägt.

Anfang der ’90 knüpfen Backes und Jesse an dieses Totalitarismuskonzept an, üben aber gleichzeitig Kritik: Der klassische Ansatz komme, so Backes, nicht über die Betrachtung konkreter Extremismen hinaus: „Die Fixierung auf jene Phänomene, die auf denkbar radikale Art mit allen freiheitlichen Traditionen des Okzidents brachen, verkürzte das real vorfindbare Spektrum antidemokratischer (oder besser noch: antikonstitutioneller) Formen um wesentliche Komponenten.“[255] Wie schon Scheuch halten es auch Backes und Jesse für zwar notwendig, sich in erster Linie die Gleichheit von Links- und Rechtsextremismus vor Augen zu halten, dann aber daraus allgemeine Charakteristika des Extremismus zu induzieren. So soll der Schwachpunkt phänomenologischer Fixierung behoben werden, gleichzeitig aber auch der Extremismusbegriff inhaltlich konkretisiert. Backes formuliert sechs Strukturmerkmale des extremistischen Denkens: Absolutheitsanspruch, Dogmatismus, Utopismus, Manichäismus, Verschwörungstheorien und Fanatismus/Aktivismus.[256] Sowohl in ihrem „strategischen Waffenarsenal“ als auch in ihrer „erbitterten Gegnerschaft im Hinblick auf die Werte und Spielregeln konstitutioneller Demokratie“ sind sich alle Totalitarismen ähnlich genug, um zumindest von den Verfassungsschutzbehörden gleich behandelt zu werden.[257] Die antipluralistische und antiparlamentarische Gesinnung tritt konkret bei Äußerungen von rechts- wie auch von linksextremistischen Gruppen gleichermaßen zutage.[258] Damit argumentieren sie ähnlich wie Scheuch, der die Differenzierung zwischen Links- und Rechtsextremismus als Ordnungsprinzip für ideologische Untersuchung akzeptiert, aber die Parallelen beider Spielarten im Alltagswirken hervorhebt.[259] Im Anschluss daran betonen sie die Normativität ihres Extremismuskonzepts: Alle Arten von Extremismus müssten als solche betrachtet und gleichermaßen bekämpft werden, unabhängig davon, ob sie sich schon historisch realisiert haben oder noch nicht. Der Staat hat dabei „Äquidistanz“ von beiden (es ließe sich ergänzen: allen) Extremen zu wahren. Dadurch ermöglicht er den demokratischen Konsens.[260]

Nach dieser Logik werden auch zwei neuere Phänomene als extremistisch eingestuft, die sich nicht in die Kategorien „Links“ und „Recht“ einfügen: Erstens die Scientology-Orga­nisa­tion[261], die sich nach verschiedenen Einschätzungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet und als totalitär bezeichnet wird.[262] Obwohl sie über keinen politischen Arm verfügt[263], werden bei ihr Unterwanderungsbestrebungen unterstellt[264]. Abel bezeichnet ihre Methoden als „subtil“, weil sie in strafrechtlichen Kategorien nicht erfassbar sind, aber trotzdem auf unlauteren Mitteln wie systematischen Klagedrohungen und psychologischem Druck basiert.[265] Zweitens, und in den öffentlichen Debatten präsenter, der islamistische Terrorismus: Mit der iranischen Revolution 1979, besonders aber auch mit den Anschlägen des 11. September 2001 steht der internationale, konkret „islamistisch-fundamentalistische“ Terrorismus im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt der intolerant-totalitäre Charakter des religiösen Fundamentalismus lässt ihn als antidemokratisches und damit als im weitesten Sinne politisch-extremistisches Konzept erscheinen. Ein Unterschied zum traditionellen Extremismus und Terrorismus (etwa der RAF) ist augenfällig: Bassam Tibi, der den Islamismus als Totalitarismus charakterisiert, weist darauf hin, dass dieser Fundamentalismus nicht die demokratische Realität von einer „wahren“ Demokratie unterscheidet, sondern das Demokratieprinzip grundsätzlich als „Unglaube“ ablehnt.[266] Nicht einmal mehr rhetorisch schreibt sich der islamische Fundamentalismus die „Verwirklichung“ des Grundgesetzes auf die Fahnen. In dieser Form scheint die Inkompatibilität mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung problemlos feststellbar, schließlich ist sie schon in der Selbstbeschreibung gegeben. Eckart Klein sieht die Gemeinsamkeit aller Terrorismen in der „… besondere[n] Form der Gewaltanwendung mit im weitesten Sinn politischer Zielsetzung …“. Hierbei handele es sich um die „… äußerste Form von Extremismus...“.[267] Situationen, Gründe und Absichten des internationalen Terrorismus seien dagegen vielfältig. Es fällt auf, dass Terrorismus hier sozusagen als „extremer Extremismus“ beschrieben wird. Laut Bernd Grzeszick gibt der Terrorist die „formale Wahrheit“ auf, zugunsten des Friedens auf einen materialen Wahrheitsanspruch zu verzichten.[268] In diesen Charakterisierungen tritt die konkrete materielle Zielstellungen zurück. Kennzeichnend ist nur noch, dass es sich um einen (systematischen) Angriff auf die Staatlichkeit selber handelt und nicht mehr nur um eine beiläufige Missachtung des staatlichen Gewaltmonopols.[269] Backes und Jesse bezeichnen den Terrorismus als extremistische Strategie.[270] Einen besonderen Schwerpunkt in der Extremismusdebatte nahmen diese beiden Phänomene allerdings nicht ein. Die Scientology-Debatte vermutlich aufgrund der fehlenden Bedeutsamkeit der Organisation, die Frage nach der Einordnung des islamistischen Terrorismus wohl aufgrund der einheitlichen Ächtung seiner Motive und seiner gewalttätigen Exzessivität. Die Kritik entzündet sich bis heute in erster Linie an der Bewertung von Links- und Rechtsextremismus.

So wendet sich Sontheimer gegen die pauschale Gleichsetzung: Auch wenn sich linker und rechter Extremismus in ihrer totalitären Ablehnung der Demokratie der BRD gleichen würden, so aber nicht in ihren Gesellschaftsentwürfen und auch nicht ihrer Gefährlichkeit.[271] Damit verbindet er den Diskurs um die ideologische Differenzierung mit der Frage nach dem Bedrohungspotential für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Für Sontheimer sind die Linken schon deshalb weniger gefährlich, weil es ihnen prinzipiell nicht um die Verstärkung autoritärer Elemente und irrationaler Tendenzen gehe, sondern um effektive Gleichheit, Freiheit und Rationalität. Das bedeutet für die Einschätzung des Bedrohungspotentials, dass das politische Wirken der Linken für die „liberale und soziale Demokratie“ weniger gefährlich, ihr vielleicht sogar zuträglich ist.[272] Hier spiegelt sich seine Forderung wieder, Zielrichtung (und im Endeffekt auch Wirkung) schon bei der ideologischen Bewertung mit einzubeziehen. Er warnt vor einer Gleichsetzung, weil diese nicht nur Rechtsextremismus verharmlose, sondern auch zu einer Rechtsverschiebung des demokratischen Verfassungskonsenses beitrage.[273] Die Gefahren, die von der linken Protestbewegung ausgehen, hält er für überschaubar oder betrachtet sie sogar positiv. So hofft er auf einen „… heilsamen Prozess der Entritualisierung demokratischer und rechtsstaatlicher Gepflogenheiten und Verfahrensregeln …“ durch die provokatorische Verletzung institutioneller Verfahrensregeln.[274] Ähnlich argumentiert auch Stöss, der auf die inhaltlichen Differenzen rekurriert: „Der Rechtsextremismus strebt die Beseitigung der Demokratie, der Sozialismus die Abschaffung des Kapitalismus an.“[275] Der Sozialismus, so Stöss, sei von der Idee und den Zielen her nur dann antidemokratisch, wenn er bürokratisch missbraucht und pervertiert wird. Stöss spricht sich stattdessen für ein Konzept von Demokratiefeindschaft aus, dass „… auf die Beseitigung oder nachhaltige Beeinträchtigung demokratischer Strukturen und Prozesse gerichtet [ist].“[276] In Abgrenzung zu etwa Backes und Jesse wird hier ein differenzierterer Blick auf die Frage erforderlich, was genau die „erbitterte Gegnerschaft“ zu Werten und Spielregeln der konstitutionellen Demokratie ist. Tatsächlich müssen sich Backes und Jesse des Öfteren mit dem Vorwurf auseinandersetzen, mit ihrem Merkmalskatalog ein zu wenig komplexes oder sogar eindimensionales Bild des Extremismus zu vertreten.[277]

2.3.3 Die Scheidung nach Form und Inhalt

So kritisieren Leggewie und Meier den Ansatz von Backes und Jesse als doktrinär, anschauungsarm und wenig handlungsanleitend.[278] Gleichzeitig wenden sie sich aber auch gegen die Vorstellung, der Staat müsse die inhaltlichen Forderungen linker und rechter Positionen differenziert bewerten. Stattdessen stellen sie auf die strikte Scheidung zwischen einer strafrechtlich relevanten Form der Meinungsäußerung und dem irrelevanten Inhalt der Äußerung ab. Die Differenzierung zwischen Radikalismus und Extremismus verschwindet dabei völlig. Feind der deutschen Demokratie sind nicht mehr die in den Augen der Autoren medial gepuschten extremistischen Bewegungen von links und rechts, sondern in erster Linie fremdenfeindliche Ausschreitungen und Straftaten.[279] Schon in den ’70er Jahren skizziert Willms einen ähnlichen Ansatz. Die Repression von gewaltfreier – wie auch immer gearteter – Ideologie ist in seinen Augen ein Anachronismus: Staatliche Repression von Ideologie habe „keine Stätte mehr“. Vielmehr müssten die Strafrechtsartikel wiederbelebt, die Straftatbestände aber von ideologischen Bewertungsmaßstäben befreit werden.[280] „Wo die Gedanken frei sind“, so Leggewie und Meier, „muss auch der ‚böse‘ Gedanke frei sein“[281] – solange er sich nicht in „bösen“ Formen manifestiert. Es werde ansonsten lediglich ein ungefährliches, marginales Sektierertum betrachtet, dessen Gefahr für die Demokratie gering ist.[282] Sie halten insbesondere für untragbar, dass die Verfassungsschutzbehörden als Geheimdienst nach intransparenten oder sogar willkürlichen anmutenden Kriterien Feindbestimmungen vornehmen. Die Bezeichnungen „Radikalismus“ und „Extremismus“ seien zu schwammig, um sinnvoll verwendet zu werden.[283]

Knüpft man an den formellen Ansatz an, lassen sich die verschiedenen Konzepte des Demokratiefeinds in einem schichtweisen Modell anordnen, das durch eine Begriffsverschiebung von Haltung zu Verhalten gekennzeichnet ist: Im Kern befinden sich erstens die passiven, latenten, antidemokratischen Einstellungen, die Stöss thematisiert und die auch das unglückliche Schlagwort des „Extremismus der Mitte“[284] zu kennzeichnen versucht. Diese gesellschaftlichen Wurzeln der Demokratiefeindschaft sind zweifelsohne problematisch, aber können durch die Streitbare Demokratie nicht bekämpft werden. Allerdings werden deren Instrumente gelegentlich genutzt, um Handlungsbereitschaft zu demonstrieren (vgl. Kap. 3.4.1). Jenseits dieser latenten, antidemokratischen Einstellungen gilt zweitens verschiedentlich als extremistisch, was Sowinski als „radikal“, Sontheimer als „subversiv“ und Abel als „subtil“ bezeichnet. Hier befindet man sich rasch im Bereich der Unterstellungen. Eine subversive Entwicklung mag für die freiheitliche demokratische Grundordnung mittelfristig gefährlich sein, doch der Nachweis gestaltet sich schwierig. Wie schnell hier selbst die präventiven Mittel an ihre Grenzen geraten, wird in den nachfolgenden Kapiteln dort deutlich, wo die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, die sich auf ein derartiges Extremismusverständnis beziehen, stark umstritten ist (vgl. Kap. 4.2.3). Häufig ist drittens das extremistisch, was Stöss als demokratiefeindliches Verhalten bezeichnet: Offenes politisches Eintreten für ein antidemokratisches Ziel. Werden die Mittel der Streitbaren Demokratie hier eingesetzt, so wird zumeist nur noch die Zweckmäßigkeit der Maßnahme infrage gestellt (vgl. Kap 3.1). Auch Backes und Jesse, die sich zwar dezidiert von Stöss‘ inhaltlicher Konzeption absetzen, sind formell auf dieser Ebene anzusiedeln. Bei all diesen Autoren kann sich extremistisches Verhalten auch in friedlicher Form vollziehen, etwa durch Agitation, Parteienbildung und Wahlkampf, also politischer Aktivität unterhalb der Legalitätsschwelle des Strafrechts. Die Uneinigkeit zwischen diesen Autoren verläuft quer zum Stufenmodell auf der inhaltlichen Ebene. Davon lässt sich viertens Extremismus im Sinne von Leggewie und Meier unterscheiden, die damit lediglich Verhalten beschreiben, das politische Ziele auf strafrechtlich illegalem, zumeist gewalttätigem Wege zu erreichen sucht. Auch hier verbleibt ein Präventionsgedanke: Auch reine Straftaten sind möglichst schon im Vorfeld abzufangen und insbesondere ist Personenschaden zu verhindern.[285] An der Terrorismusdiskussion zeigt sich am pointiertesten: Der Terrorismus stellt die zulässigen Verfahrensregeln des politischen Kampfes infrage. Gleichzeitig befindet sich der Rechtsstaat hier im klassischen Zwiespalt zwischen Freiheit und Sicherheit. Will man die Streitbare Demokratie auf diesen Bereich beschränken, so spricht man sich effektiv für deren Abschaffung aus. Die Auflösung einer Partei, die eine nachweislich kriminelle Organisation darstellt, ist derartig unproblematisch, dass man die Entscheidungskompetenz problemlos vom Bundesverfassungsgericht an den Innenminister übergeben könnte, ähnlich wie das bei einer normalen kriminellen Vereinigung schon der Fall ist. Gleichzeitig würden sich aus der Beibehaltung anderer Ansätze Kompatibilitätsprobleme ergeben.[286] In der Praxis zeigt sich, dass es niemals strafrechtrechtlich relevante Tatbestände waren, die für ein Parteiverbot ausschlaggebend waren. Im Gegenteil: Vielmehr wurden Straftatbestände in der Folge von Parteiverboten geschaffen.

3 Verfassungswidrige Parteien

3.1 Vorgeschichte: Das SRP-Verbot – Das Parteiverbot als scharfes Schwert

Die Gefahr einer erneuten Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war in den Anfangsjahren schwer kalkulierbar. Von rund 30 Millionen Wahlberechtigten waren rund zehn Millionen potentielle Anhänger rechtsextremer Parteien: Vertriebene und Flüchtlinge, nicht wiederverwendete Beamte, NSDAP-Angestellte, Berufssoldaten, Kriegshinterbliebene, Schwerkriegsbeschädigte mit Angehörigen, Spätheimkehrer, Bombengeschädigte und Arbeitslose gehörten – natürlich nicht trennscharf – zur Zielgruppe. Zur ersten Bundestagswahl 1949 erhielten die Rechten insgesamt zwar nur 5,7 Prozent aller Stimmen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch noch keine „nationale Opposition“ formiert.[287] Dennoch konnte SRP in Niedersachen bemerkenswerte Erfolge feiern und sogar in den Landtag einziehen.[288]

Die SRP wurde am 2. Oktober 1949 als eine Abspaltung des radikalen Flügels der Deutschen Konservativen Partei – Deutschen Rechtspartei gegründet. Sie geißelte die monarchisch-reaktionäre Haltung anderer „nationaler“ Parteien und deren legalistischen Kurs als „Lizenzparteien“. Sich selber verstand sie sozialistische, nicht-marxistische Partei mit „kompromissloser nationaler Haltung“. Sie bediente sich antisemitischer Rhetorik.[289] In erster Linie wendete sie sich gegen die angebliche Illegalität der durch die Alliierten aufoktroyierten BRD.[290] Aus dieser Geschichtsfiktion heraus begründete sie ihre fundamentale Ablehnung aller dem Nationalsozialismus folgenden politischen Systeme. Stattdessen rief sie die „Not des Reiches“ aus, mit der sie nicht nur Personen anzog, die infolge der Entnazifizierung deklassiert worden waren. Sie subsumierte unter diesem Notbegriff auch soziale Missstände, die infolge von Vertreibung, Ausbombung, Währungsreform und Arbeitslosigkeit entstanden waren und gewann auch hier ihre Anhänger.[291] Die Partei war zwar im Inneren formal-demokratisch organisiert, doch wurden dabei faktisch die von der Parteiführung erlassenen Anweisungen nur nachträglich legitimiert.[292]

In der jungen Bundesrepublik sorgten die Wahlerfolge der SRP für Verunsicherung. Zum einen konnte man sich nicht mehr hinter den Schutz der Besatzungsmächte gegen radikale, aggressive Kräfte zurückziehen. Doch blieb das innenpolitische Instrumentarium bis 1951 auf punktuelle Verwaltungsverfügungen beschränkt, da sich das Bundesverfassungsgericht noch nicht konstituiert hatte.[293] Neben dem sogenannten Adenauer-Erlass (vgl. Kap. 4.1) handelte es sich dabei in erster Linie um formale Eintrittshürden in die verschiedenen Landtage.[294] Auf der anderen Seite gab es Situation, in denen die SRP aus Sicht des bürgerlichen Blocks eine Größe war, die in die Politik mit einbezogen werden musste: So setzte sich die niedersächsische Landesregierung sogar über den Erlass der Adenauer-Regierung hinweg. Beamte und Angestellte, die Mitglieder der SRP waren, mussten sich lediglich mit einer Unterschrift zum sozialen und demokratischen Rechtsstaat bekennen.[295] Die Niederdeutsche Union (zwischen CDU und Deutscher Partei) nahm sogar Regierungsverhandlungen mit der SRP-Führung auf, bis Adenauer die Gespräche – begründet durch außenpolitische Rücksichtnahme – unterband.[296] Doch auch der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher traf sich dreimal mit dem Vorsitzenden der SRP, Fritz Dorls, um über ein gemeinsames Vorgehen im Niedersächsischen und im Landtag von Schleswig-Holstein gegen den bürgerlichen Block zu verhandeln.[297]

Wieso musste gegen die SRP überhaupt noch auf verfassungsrechtlichen Bahnen vorgegangen werden? Laut Büsch hielt die Bundesregierung an ihrem Parteiverbotsantrag vom 19. November 1951 in erster Linie aus außenpolitischem Kalkül fest. Innenpolitische Bedenken traten zurück hinter dem Willen, das Vertrauen der demokratischen Staaten in die Festigkeit der demokratischen Institutionen der Bundesrepublik wiederherzustellen.[298] Doch auch die Besatzungsmächte übten massiven Druck auf die Adenauerregierung aus, und drohten sogar, selber gegen die SRP vorzugehen, falls sich die Bundesregierung nicht zum Handeln aufraffen könnte.[299] Daneben löste die offen nationalsozialistische Propaganda aber auch in Deutschland viel Empörung und Protest aus.[300] Das Verbot schien moralisch geboten, daher kam es zu keiner größeren Kritik daran. Mit welcher Eindeutigkeit und Konsequenz das Urteil ausfallen würde, war im Vorhinein allerdings nicht absehbar – sogar die SRP unterschätzte lange Zeit das Verbotsverfahren. Zum einen glaubten die Funktionäre, die Kritik am Verbotsantrag der KPD (vgl. Kap. 3.2) gelte auch für das eigene Verfahren. Zum anderen hegten sie nach Einzug in Bundestag und Landtage die Hoffnung, der Verbotsprozess könnte aufgrund der politischen Verankerung der Partei abgebrochen werden.[301] Doch das Gericht demonstrierte, dass der Art. 21 II GG nicht außerparla­mentarische Gruppierungen und Organisationen treffen soll, sondern diejenigen, die den Parteienstaat konstituieren.[302] Es zeigte mit dem Verbotsurteil am 23. Oktober 1952 seine Bereitschaft, auch vom Volk in diesem Sinne bestätigte Parteien gegebenenfalls als verfassungswidrig zu erklären und aufzulösen. Zusätzlich betonte das Gericht, dass es bei der Beurteilung nicht auf die vorgegeben, sondern auf die wirklichen und vielleicht sogar verheimlichten Ziele ankomme, die sich auch aus dem Verhalten der Anhänger deuten lassen.[303] Daran, dass das Konzept der Streitbaren Demokratie hier noch nicht einmal Erwähnung findet, fällt der noch provisorisch-pragmatische Umgang mit dem Parteiverbot auf.

Nach der Auflösung der Partei mühten sich insbesondere die DP[304] und die FDP in Wilhelmshaven um die Integration ehemaliger SRP-Mitglieder als Kandidaten – mit der Begründung, es gelte, die Mehrheit der SPD zu brechen, die hier Schaden angerichtet habe.[305] Anfang der ‘50er Jahre konnte eine kleine, aber aktive Minderheit an „Ehemaligen“ eine Stimmung erzeugen, „… in deren Sog zunächst die kleineren Parteien – FDP, DP, GB/BHE – hineingerieten, der sich aber auch SPD und CDU nicht restlos zu entziehen vermochten.“, so Manfred Jenke.[306] Das äußerte sich nicht nur rhetorisch – auch personell konnten ehemalige Nationalsozialisten durchaus in die politische und administrative Schicht eindringen.[307] Die Wahlergebnisse zeigten aber, dass man auf diese Weise vielleicht aktive Nazis anzog, die liberale oder konservative Stammwählerklientel allerdings vergrätzte.[308] Nach Jenkes Einschätzung wurde die SRP von fast allen politischen und publizistischen Beobachtern überschätzt. Erst durch die sensationsheischende oder alarmistische Berichterstattung wurde die rechtsextreme Partei aufgewertet und erhielt eine Plattform.[309] Auch die frühen Versuche demokratischer Politiker, die sich um Kontakte, Einbindung und Integration mit der SRP mühten, verschafften ihr den Eindruck von Wirksamkeit und damit zusätzlichen Auftrieb. Nach der niedersächsischen Landtagswahl schien sie am Anfang ihres Aufstieges zu einer Massenpartei zu stehen. Tatsächlich aber hatte sie zu dieser Zeit ihren Höhepunkt bereits überschritten.[310] Ähnlich zeichnet Otto Büsch das Bild einer Bevölkerung, die sich in ihrer Mehrheit – und gerade auch unter der eigentlichen Zielgruppe der SRP – am aktiven Wiederaufbau der Demokratie beteiligte.[311] Tatsächlich wollten große Teile der „Ehemaligen“ nur in Ruhe gelassen werden und sich in Frieden mit den neuen Gegebenheiten arrangieren.[312] Jenke sieht den Niedergang der SRP aber nicht nur in der fehlenden Resonanz, sondern auch in den vielen Restriktionen begründet, die der SRP vor dem Verbot auferlegt worden waren.[313] Schon die politisch-administrativen Machtmittel unterhalb der offiziellen Schwelle zur verfassungsrechtlichen Streitbarkeit hatten den Bestand der Partei ernstlich gefährdet.

Zieht man die Einschätzungen von Jenke und Büsch zusammen, so gibt es durchaus effektive Maßnahmen unterhalb des Parteiverbots: So wäre es sinnvoll gewesen, eine solche Partei politisch zu isolieren und dort zu ignorieren, wo sie versucht, mediale Wirksamkeit zu erzielen. Administrative Diskriminierung ist ein effektives Instrument, um größeren Wahlerfolgen vorzubeugen.[314] Der Entzug von Aufmerksamkeit durch die anderen Parteien und die Medien hätte eine Aufwertung der SRP verhindert. Allerdings ist auch eine solche Herangehensweise kritisch zu betrachten: Es ist fraglich, inwieweit eine unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung durchgreifende Exekutive sich mit dem Primat der Rechtsstaatlichkeit und der Transparenz vereinbaren ließe. Auch wenn das SRP-Verbot Merkmale eines Schauprozesses der politischen Justiz birgt, kann die Lösung gerade in der Streitbaren Demokratie nicht darin liegen, die Schau – das heißt: die Öffentlichkeit – und den Prozess – das heißt: die Justiz – zu umgehen. „[D]emokratische Streitbarkeit [ist] …“, so Scherb, „nicht Staatsschutz, sondern Demokratieschutz.“[315] Streitbare Demokratie ist vor diesem Hintergrund auch ein Mittel der Repressionsbegrenzung und der rechtlichen Positivierung, woran schon Loewenstein erinnert hatte. An einem anderen Punkt hatte man sich schon jetzt von Loewenstein entfernt: Streitbare Demokratie wurde nicht in einer akuten Gefahrensituation genutzt. Für den Fall der SRP wurde das kaum problematisiert. Anders war das beim Verbotsantrag gegen die KPD, der nur zwei Tage nach dem gegen die SRP beim Bundesverfassungsgericht einging, dann aber fünf Jahre verschleppt wurde. Erst, als eine Abgabe der Zuständigkeit an den zweiten Senat drohte, rang das Gericht sich zu einem Urteil durch.

3.2 Das KPD-Verbot – Das Parteiverbot als zweischneidiges Schwert

3.2.1 Die Zweckmäßigkeit: Zwischen Notstand und politischem Instrument

Der Feststellungsantrag gegen die KPD war dabei nicht zuletzt auch ein Zugeständnis an den rechts-konservativen Flügel der CDU, der dafür das SRP-Verbot mitgetragen hatte.[316] Schon in den Anfangstagen der Bundesrepublik entsprach es dem demokratischen Selbstverständnis der führenden Politiker, Demokratie gegen Gefährdungen rechter wie auch linker Demokratiefeindlichkeit gleichermaßen zu schützen.[317] Doch auch US-Besatzungsbehörden hielten ein SRP-Verbot nur im Falle des gleichzeitigen Verfahrens gegen die KPD für einleuchtend.[318] Die zeitliche Nähe der Verbotsanträge von SRP und KPD legt nahe, dass hier eine Mittelstellung zwischen zwei gleichrangigen totalitären Bedrohungen symbolisch manifestiert werden sollte.[319] Vielleicht waren die Anfangsjahre sogar noch weniger durch diese Mittelstellungsphilosophie charakterisiert, sondern sogar durch einen ­– auch durch die US-Behörden induzierten ­– antikommunistischen Schwerpunkt. So hatten die USA sogar schon das SRP-Verbot als eine (auch!) antikommunistische Maßnahme betrachtet. Dorls selber hatte gewarnt, durch ein SRP-Verbot würden die meisten Mitglieder zur KPD überlaufen, doch die Antiremilitarisierungs-Rhetorik und Gespräche mit KPD-Funktionären führten die Amerikaner zu der Einschätzung, ein SRP-Verbot würde den Kommunismus schwächen.[320]

Allerdings hatte diese Kommunistenangst durchaus Ursachen: Das Denken der juristischen und politischen Führer war von den Lehren der jüngsten Geschichte geprägt. So ließ etwa die legalistische Machtübernahme der Kommunisten 1948 in der Tschechoslowakei den Sowjetkommunismus bedrohlich erscheinen.[321] Das Gefahrenpotential der KPD als verlängerter Arm der übermächtig scheinenden Sowjetunion war schwierig einzuschätzen. Insbesondere für den Fall einer ökonomischen, sozialen oder politischen Krise war nicht abzusehen, inwieweit eine von Moskau gelenkte KPD das demokratische System der Bundesrepublik gefährden könnte. Zusätzlich diente das Verbot auch der Adenauer-Regierung zur Statusbehauptung. Kommunistischen Antworten auf die Frage der deutschen Einheit wurde vorgebeugt, und die harte Gangart ließ sich auch bei den Verhandlungen mit den Westmächten einbringen.[322] Nach Kirchheimers Einschätzung aber überwog ein innenpolitisches Kalkül: Die Regierung unter Adenauer konnte einer sanfteren, das heißt kompromissorientierten und antimilitaristischen Haltung gegenüber der Sowjetunion nun mit dem Vorwurf begegnen, diese sei nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kompatibel, und damit innenpolitische Konkurrenz ausschalten.[323] Sogar Jesse und Backes stellen einen stark undifferenzierten Antikommunismus in den ‘50er Jahren fest: „[J]ede Richtung, die nicht in toto mit der Position des ‚Westens‘ konform ging, geriet schnell in den Ruch prokommunistischer Observanz.“[324] Sontheimer kritisiert das für die Bundesrepublik „charakteristische Gleichgewichtsdenken“, unter dem das Verbotsverfahren eingeleitet wurde.[325]

War der Verbotsantrag notwendig? Für die SRP hatte sich diese Frage nie in der großen Öffentlichkeit gestellt, für die KPD auch erst nach ihrem Verbot in den ‘60er Jahren.[326] Klassisch zielt diese Frage auf die Opportunität des Antrages ab. Sie basiert auf dem Problem, dass eine aus strafrechtlicher Sicht legale Betätigung durch ein Parteiverbot sanktioniert wird. So wurde im KPD-Verbotsverfahren auch der Einwand vorgebracht, dass keine strafrechtlich relevanten Handlungen für den Straftatbestand des Hochverrats vorlägen. Das Bundesverfassungsgericht lehnte den Einwand ab und verwies auf die Andersartigkeit des verfassungsrechtlichen Tatbestands der Verfassungswidrigkeit einer Partei.[327] Eine konkrete Straftat war in den Augen des Gerichts nicht erforderlich.[328] Die Repressionsschwelle liegt unterhalb der Strafwürdigkeit im strafrechtlichen Sinne.[329] Eine illegal agierende Partei würde nicht nur den politischen Meinungskampf aufgeben, zu dem sie als Partei verpflichtet ist, sondern gegen ihre Mitglieder könnten auch auf normalem strafrechtlichem Wege verfahren werden. Folgt man Preuß‘ Charakterisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als vorjuristische Wertgrundlage (vgl. Kap. 2.2.1), ist diese Herangehensweise konsequent. Die Politiker und Juristen der Nachkriegszeit waren der Ansicht, „… dass es aufgrund der spezifischen Funktionsweise der Demokratie nicht mehr möglich ist, die Gegner an einer Aushöhlung der Demokratie auf demokratischem Wege zu hindern“, wie Kirchheimer es formuliert.[330] Den Gefährdungsgrad zu beurteilen, ist aber eine politische und keine juristische Frage.[331] Das Bundesverfassungsgericht betont im KPD-Urteil gerade den präventiven Charakter des Art. 21 II GG, der aber „das Aufkommen [sic] von Parteien mit antidemokratischer Zielsetzung“ verhindern soll.[332] Prävention meint hier, dass das Schutzgut im Vorfeld verteidigt werden soll. Das heißt: Es muss zwar ein Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen, aber noch keine konkrete Gefahr.[333] Insofern handelt es sich bei dem Parteiverbot auch nicht um eine Loewensteinsche Notstandsregelung, sondern um ein Instrument, um eben diesem Notstand vorzubeugen. Damit löst sich das Konzept der Streitbaren Demokratie von der rechtsstaatlich-demokratischen Erdung, wie sie Loewenstein entworfen hatte: Für ihn waren repressive Maßnahmen gegen ein Legalverhalten nur in einer konkreten Gefahrensituation zulässig, eben weil hier der rechtsstaatlichen Weg verlassen wird. Verzichtet man auf diese Selbstbeschränkung, droht die konstitutionelle Demokratie ihren von der Autokratie distinkten Charakter zu verlieren.[334] Das Bundesverfassungsgericht war sich dieses Problems, trotz seiner im Widerspruch dazu stehenden Formulierung, vermutlich bewusst: Die Oberregierungsräte beim Bundesverfassungsgericht Gerd Pfeiffer und Hans-Georg Strickert betonten, dass es ausschließlich Sache der Exekutive sei, den Verbotsantrag einzureichen – was wie eine Entschuldigung dafür anmutet, dass sie selber keine Notwendigkeit für das Verbot sahen.[335] Die Wahlergebnisse der Partei waren niederschmetternd, Landtagswahlen 1950 und 1951 ließen ihren Wiedereinzug in den Bundestag in weite Ferne rücken. Im Unterschied zum SRP-Verfahren herrschte weder unter den meisten Politikern noch in den breiten Bevölkerungsschichten ein sonderlich hohes Interesse am Verbot der KPD.[336] Nach den Einschätzungen von Kirchheimer oder Ordnung war die deutsche Praxis gegen antidemokratische Gruppen (nicht nur die KPD) nicht durch Größe oder Dringlichkeit der Gefahren bestimmt, sondern sie war ein Bauernopfer politisch-taktischer Augenblicksnotwendigkeiten.[337] Das KPD-Verbot resultierte dann aus der Kosten-Nutzen-Erwägung für die Bundesregierung als Antragsteller. Ähnlich argumentiert Helmut Ridder, für den die einzige Daseinsberechtigung des Art. 21 II GG eine Funktion als „kasuistische Notstandsvorschrift“ ist.[338] Dann wäre ein Verbotsantrag gegen die KPD nur gerechtfertigt gewesen, wenn sie sich wirksam gegen die Konsolidierung der Nachkriegsbundesrepublik gewandt hätte. Folgt man den engen Kriterien Ridders, dann ist der Antrag gegen die KPD spätestens seit ihrer programmatischen Neuorientierung, vermutlich aber aufgrund ihrer geringen Wahlerfolge auch schon vorher nicht angemessen gewesen. Abendroth, in der Weimarer Republik noch selber Mitglied der KPD, nimmt ebenfalls eine derartige Perspektive ein, wenn er den Verbotsantrag als ein großes Versäumnis beschreibt: Gerade weil die KPD aufgrund ihrer Isolierung keine Gefahr für das politische System mehr darstellte, hätte man ihr gegen die stalinistische, Moskau-hörige Unterwanderung zu Hilfe kommen sollen, anstatt sie zu verbieten.[339]. Allerdings ist auch Ridders Begründung, warum das Parteiverbot derartig eng gefasst werden muss, nicht vollständig überzeugend: Es ist logisch paradox, demokratische Freiheiten durch ihre Beschneidung schützen oder vermehren zu wollen, so sein Argument. Man muss kein Anhänger des jakobinisches Radikalismus („Keine Freiheit den Feinden der Freiheit.“) sein, um Zweifel daran zu haben, dass sich unkontrollierte Freiheit durchaus selber untergraben kann, beziehungsweise auf Kosten der Verlierer geht. Sogar Ridder selbst wendet sich – an anderer Stelle, mit Blick auf einen individualistischen, antistaatlichen Liberalismus – gegen „die Freiheit des freien Fuchses im Hühnerstall“[340].

Daneben finden sich auch Ansätze, die schon die Opportunitätserwägung als irreführend ablehnen. Nach Meier stellt der Verbotsartikel von vorne herein einen Eingriff in den politischen Meinungskampf dar, weil er Zielstellungen (anstatt strafrechtlich relevantes Verhalten) bewertet. Durch eine extensive Auslegung, wie das Bundesverfassungsgericht sie vornahm, hat sich das Problem in seinen Augen noch verschärft.[341] Diese Unterscheidung zwischen legalem Meinungskampf und illegaler, gewalttätiger Auseinandersetzung entspricht seiner Forderung an anderer Stelle nach der strikten Trennung von Form der politischen Auseinandersetzung und inhaltlichen, zielbezogenen Forderungen (vgl. Kap. 2.3.3).

Für die theoretische Erörterung lässt sich also fragen, ob sich nicht ein Opportunitätsprinzip begründen lässt, dass nicht nur die Gefahrensituation beurteilt, sondern auch den Nutzen des Parteiverbots. Folgt man Leggewie oder Meier, so wird man das rundheraus mit der Begründung ablehnen, dass die Streitbare Demokratie insgesamt kein legitimes oder nützliches Konzept sei. Doch auch, wenn man die Streitbare Demokratie und sogar eine Nutzenerwägung beim Parteiverbot befürwortet, ist es schwierig, die Balance zu finden. Kirchheimer stellt fest:

„Wo die Regierenden weder dem Druck einer Zwangslage nachgeben noch aus freier Entscheidung der einen oder der anderen sachlichen Überlegung den Vorzug geben, beginnt die Domäne der Opportunität, das Reich der reinen Taktik. Da geht es nicht um die notwendige Abwehr eines Gegners […]. Da ist entscheidend, dass der psychologischen Wirkung auf die Gesamtheit […] größere Bedeutung zukommt als der eigentlichen Eindämmung der gegnerischen Tätigkeit.“[342]

Deshalb scheint es sinnvoll, die Kriterien für eine über die Gefahrenbeurteilung hinausgehende Opportunität, so man sie überhaupt befürwortet, thematisch zu beschränken. Das heißt konkret: Instrumente der Streitbaren Demokratie sind genau dann opportun, wenn sie auf den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet sind. Und eben nicht, wenn sie etwa auf Kosten der Freiheit Systemlegitimität schaffen oder auch nur aufgrund des Meinungsklimas en Vogue werden. Möglicherweise bietet ein so entwickeltes Opportunitätsprinzip eine neue Legitimation für die Streitbarkeit, die ihr zuvor aufgrund ihrer Ignoranz des Gefährdungsgrades verloren gegangen ist.

Allerdings kommt man dann auf Basis der von Sontheimer und Kirchheimer geschilderten Beweggründe für den Verbotsantrag gegen die KPD zu dem Schluss: Dieser Vorstoß der Bundesregierung war weniger ein Gebot der Opportunität als des Opportunismus. Hier stellt sich nun für die praktische Bewertung des Opportunitätsprinzips die Frage, ob die Bundesregierung überhaupt nach Maßgabe von Opportunitätskriterien handeln wollte. Nach Ordnung war das nicht der Fall.[343] Ähnlich kommt Flemming bei seiner Analyse zu dem Schluss, dass sich die Regierung in den ‘50er Jahren noch gar nicht am Opportunitätsprinzip orientierte, sondern auf die reine Illegalität der Partei abstellte.[344] Noch 1961 betont Karl H. Seifert die „Pflicht“ der Antragsstellung.[345] Auf der einen Seite scheint das eine plausible Konsequenz der grobschlächtigen Feindbestimmung als Sowjetkommunisten oder Nationalsozialisten zu sein. Auf der anderen Seite ist diese postulierte Legalitätshaltung aber fraglich, weil sie nicht konsequent eingehalten wurde: So beschloss die Bundesregierung 1953, gegen die DRP trotz Androhungen nicht juristisch vorzugehen[346] – wie Flemming sogar selber schildert[347]. Auch im Parlamentarischen Rat hatte man nicht auf eine automatische Intoleranz abgezielt.[348] Ordnung beobachtet, dass die Regierung dennoch rhetorisch (wenn auch nicht ausdrücklich) auf das Legalitätsprinzip rekurrierte. Zur Untermauerung führt er Aussprüche der Bundesinnenminister Gerhard Schröder und Ernst Benda (beide CDU) an: Erster wandte sich gegen einen „Opportunismus“ und betonte, die Regierung fühle sich zu einem Verbotsantrag verpflichtet. Zweiter las im Art. 21 II GG „ganz eindeutig“ heraus, das die Verbotsentscheidung nicht im freien Belieben der Regierung stehe.[349] So scheint es, als habe die Legalitätsargumentation vor allem als Verhüllung einer opportunistisch ausgerichteten Haltung gedient.

3.2.2 Die Rechtmäßigkeit: Verfassungswidrigkeit und Demokratieentwürfe

Legte die KPD ein verfassungswidriges Verhalten an den Tag? Das Gericht betonte, dass eine Partei nicht schon alleine deshalb verboten werden kann, weil sie die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt. Erforderlich ist „eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“, die „planvoll das Funktionieren dieser Ordnung beeinträchtigen [muss]“[350] und auf deren Beseitigung abzielt. Und das, so das Gericht, ist bei der KPD der Fall. Dafür muss sie noch nicht einmal hochverräterisch tätig geworden sein (und unter das Strafrecht fallen). Die Forderung der KPD, nur an ihrer verfassungskonformen Praxis gemessen zu werden, war für das Gericht nicht plausibel.[351] Tatsächlich genügt nach der Einschätzung des Gerichts, dass die Ideologie des Marxismus-Leninismus, zu der sich die KPD bekennt, eine Einheit von Lehre und Handeln fordert. Und diese Lehre wiederum, so stellt das Gericht nach einer umfangreichen Auseinandersetzung fest, ist tatsächlich gegen die Verfassung gerichtet:

„Die Diktatur des Proletariats ist mit der freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Beide Staatsordnungen schließen einander aus; es wäre nicht denkbar, den Wesenskern des Grundgesetzes aufrechtzuerhalten, wenn eine Staatsordnung errichtet würde, die die kennzeichnenden Merkmale der Diktatur des Proletariats trüge.“[352]

Dieser Wesenskern ist dabei die freiheitliche demokratische Grundordnung, wie sie im SRP-Urteil expliziert worden war. Antidemokratisch war in diesem Sinne allerdings nicht nur, was dieser Auslegung widersprach, sondern auch das Bemühen, den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung neu zu interpretieren. Bis zu einem gewissen Punkt ist das plausibel, führt man sich Leibholz‘ Hinweis vor Augen, dass selbst zeitgenössische Diktaturen eine eigene Interpretation „wahrer“ Demokratie für sich beanspruchen (vgl. Kap. 2.2.1). Auf der anderen Seite muss der Konkretisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch das Bundesverfassungs­gericht nicht derselbe Rang zukommen wie dem Institut selbst. Wenn die KPD nun alternative, in ihren Augen bessere oder angemessenere Lesarten dieses Begriffs diskutiert, ist das nicht automatisch verfassungswidrig, geschweige denn totalitär-demo­kratie­feindlich. Ähnlich argumentiert Abendroth, in dessen Augen sich die Vertreter des Marxismus-Leninismus gerade für die Wiederherstellung des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einsetzten.[353] Ridder schließt an diese Argumentation an: Die kommunistische Debatte darüber, was genau Demokratie ausmache und ob die bestehenden Zustände demokratisch sind, sei keinesfalls antidemokratisch, sondern ziele geradezu auf deren Verwirklichung ab.[354] Dagegen stimmt Kirchheimer – trotz seiner Kritik am Verbotsantrag selber – der Argumentation der Richter zu: Es gab keinen Grund, den Angeklagten ein Auslegungsmonopol für den demokratiekongruenten Gehalt der kommunistischen Theorie zuzugestehen.[355] Das Bundesverfassungsgericht kann also durchaus zu einem anderen Urteil in Bezug auf die Lehre des Marxismus-Leninismus kommen als die KPD. Mit Stöss ließe sich sogar argumentieren, dass der stalinistisch korrumpierte Charakter des KPD-Sozialismus, den sogar Abendroth einräumt, demokratiefeindlich ist. Ein Verbot ist dann legitim. Preuß dagegen betrachtet das Verbot als Instrumentalisierung der Streitbaren Demokratie und der Umfunktionierung des Grundgesetzes: Dessen ursprünglich antifaschistischer Charakter sei hier zu einem antikommunistischen gewandelt worden. Hier zeige sich, dass die größte Sorge in der Bundesrepublik nicht die Angst vor einem Rückfall in den Nationalsozialismus war, sondern die Angst vor einer Gesellschaftsordnung, die nicht durch eigentumsbasierte Privilegien strukturiert ist (vgl. auch Kap. 2.2.2).[356] Damit blendet Preuß eine inhaltliche Bewertung der KPD aus. Ein Verbot der KPD ist in seinen Augen schon alleine deshalb nicht rechtmäßig, weil das Grundgesetz es nicht vorsah. Man muss die antifaschistische Interpretation des Grundgesetzes nicht teilen, ebenso wenig wie diese teleologische Deutung des Grundgesetzes. Die Einschätzung, dass die Streitbare Demokratie hier antikommunistisch und nicht nur antistalinistisch angewendet worden war, ist dennoch plausibel: So war nach Alexander von Brünneck der Verbotsantrag lediglich ein Manöver, um die strafrechtliche Jagd auf Kommunisten aller Art abzusichern.[357] Diesen Schluss begründet er mit einer detaillierten Schilderung der Kommunistenverfolgung, die an das Verbot anschloss.

3.2.3 Die Folgen des Verbots – die verschobene politische Mitte

Gravierende Bedeutung hatte das politische Strafrecht gegen Hochverrat, Staatsgefährdung und Landesverrat, das 1951 durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz vor dem Hintergrund des Kalten Krieges verabschiedet worden war. Laut von Brünneck initiierte das Verbot der KPD zwar nicht die Jagd auf Kommunisten mit Rekurs auf diese Strafgesetze, segnete diese aber im Nachhinein ab und verstärkte sie.[358] Kennzeichnend war die Sorge, nicht ausreichend gegen kommunistische Unterwanderung gewappnet zu sein: „Der Kampfruf ist ja nicht: Hannibal ante portas!, sondern das Trojanische Pferd ist in unserer Mitte, und wir müssen uns dagegen zu Wehr setzen …“, so Dehler, damals Innenminister.[359] Der Bundesgerichtshof weigerte sich dabei, die angeklagten Kommunisten als Überzeugungstäter anzuerkennen, weil sie, so das Gericht, nach einer die Menschenwürde missachtenden Gewaltherrschaft streben würden und sich deshalb nicht im Einklang mit dem Grundgesetz befänden.[360] Auch die Regierung legte darauf Wert, politische, das heißt kommunistische Straftäter wie gewöhnliche Kriminelle zu behandeln.[361] Hier spiegelt sich Kirchheimers Diagnose wieder: Politische Justiz soll den Gegner delegitimieren, sie ist an die Öffentlichkeit als Publikum gerichtet. Nach seiner Einschätzung ist die effektive Unterdrückung von zweitrangiger Bedeutung.[362]

Folgt man von Brünnecks Ausführung, so wirkte das KPD-Verbot als Katalysator für Unterdrückungsmaßnahmen: Die Gesamtheit aller politisch tätigen Kommunisten musste sich trotz des punktuellen Zugriffs bedroht fühlen.[363] Heinrich Hannover kritisiert diese politischen Straftatbestände als unbestimmt und der politischen Auslegung freigegeben.[364] Effektiv wurde den Kommunisten mit dem KPD-Verbot auch das passive Wahlrecht entzogen: Jede Vereinigung, die überwiegend aus Kommunisten bestand, wurde als Ersatzorganisation der KPD durch die Behörden aufgelöst.[365] Ein programmatischer, auf Verfassungskonformität ausgerichteter Neuentwurf wurde als staatsgefährdende Schrift beschlagnahmt.[366] Auch die politischen Freiheiten, die erst unter Anwendung des Art. 18 GG[367] (nach verfassungsgerichtlichem Sanktionsentscheid) hätten aberkannt werden können, wurden material eingeschränkt: So betrachtete der Bundesgerichtshof die Empfehlung der Kommunisten, die nie verbotene Deutsche Demokratische Union in den saarländischen Landtag zu wählen, als illegalen Fortbetrieb der KPD-Programmatik.[368] Wer als Kommunist in diesem Sinne des Marxismus-Leninismus politisch tätig war, arbeitete von nun an automatisch gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.[369] Das Verbot von Ersatz- und Nachfolgeorganisationen wurde zur „generalklauselartigen Blankoermächtigung“ ausgedehnt, so von Brünneck. „Das KPD-Verbots-Urteil wirkte […] als eine subsidiäre Strafnorm, die praktisch gegen jede Form der politischen Betätigung von Kommunisten, vom Diskussionszirkel bis zur Bundestagskandidatur, eingesetzt werden konnte.“[370] Die streitbare Demokratie wurde zum „operationalisierbaren Argument“, sogar gegen Einzelpersonen.[371] Ridder erblickt im Verbot der KPD ein „Vehikel reaktionärer Entdemokratisierung“[372], das die Spannbreite möglicher freiheitlicher demokratischer Politik reduzierte und die politische Mitte nach rechts verschob. Auch Abendroth stellt fundamentale sozial-psychologische und rechtliche Auswirkungen fest. Die politische Mitte verschob sich. Nicht, weil große Teile der Bevölkerung von der politischen Willensbildung ausgeschlossen worden waren, sondern, weil bestimmte Gedanken und Forderungen nicht mehr in der Politik lanciert werden konnten: Alles links von SPD stand nun im Verdacht, sich ideologisch in der Nähe der als antidemokratisch stigmatisierten KPD zu bewegen.[373] Selbst Martin Drath bemängelt, dass das Verbot zu einer antikommunistisch verkürzten Selbstgewissheit missbraucht wurde. Durch den Rückgriff auf eine übersteigerte Intoleranz würden dabei die demokratischen Grundwerte des Grundgesetzes untergraben.[374] Die Demokratie der Bundesrepublik sei, so Abendroth, durch die Machtmonopole der Wirtschaft zu einer rein „formalen“ Demokratie korrumpiert[375]. Mit Preuß lässt sich von der Zementierung einer strukturellen, durch einen militanten Grundkonsens ausgeklammerten Minderheit sprechen. Das Verbot bewirkte mehr, als nur konkreten Demokratiefeinden die Instrumente aus der Hand zu nehmen. Die politische Kultur der folgenden Jahrzehnte wurde weitreichend durch die Verbotsfolgen geprägt. Selbst wenn man dem Urteil des Bundesverfassungsgericht folgt und das Verbot für rechtmäßig erachtet, so waren die indirekten Folgen in der politischen Landschaft problematisch: Das Stigma der Verfassungswidrigkeit haftete sämtlichen Versuchen an, einen linken Gegenentwurf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu entwickeln. Anti-Stalinismus wurde zu einem umfassenden Antikommunismus erweitert.[376]

Doch auch wenn man in der Anwendung der Streitbaren Demokratie hier ein Kalkül entdeckt, mit der die Regierung den Spielraum des politisch Zulässigen reduzierte, so bedeuteten das Verbot und die Strafverfolgung nicht das Ende des Rechtsstaats oder den Übergang in eine Autokratie. So räumt auch von Brünneck ein, dass die staatlichen Übergriffe effektiv durch rechtliche Rahmenbedingungen begrenzt wurden. Die Gerichte agierten durchaus als mäßigende Instanz im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit: Bei den insgesamt 125.000 Ermittlungsverfahren kam zu lediglich 6.000 bis 7.000 Verurteilungen. Auch wenn die Grenzen des Rechts oft sehr weit gedehnt worden waren, so fand der Zugriff nicht willkürlich oder unvorhersehbar statt. Hier erblickt von Brünneck den wesentlich Unterschied zwischen Verfahren gegen politische Feinde im bürgerlichen Rechtsstaat einerseits und der Sowjetunion oder dem Nationalsozialismus auf der anderen Seite. Eine derartige Korrumpierung hätte auch nicht im Interesse der Antragssteller gelegen: Das entschlossene Vorgehen gegen verfassungswidrige Parteien diente der eigenen Legitimation. Man mag eine derartig (in Kirchheimers Worten) „taktische“ Anwendung des Streitbarkeitskonzepts kritisieren, doch sie konnte gar nicht das Ende der Rechtsstaatlichkeit einläuten, weil auf eben die Rechtsstaatlichkeit als zentrales Legitimationsmoment rekurriert wurde.[377] Die KPD mit der Begründung ihrer Unrechtmäßigkeit zu verbieten, dafür aber selber sämtliche rechtlichen Prinzipien aufzugeben, wäre mit der eigentlichen Verbotsintention nicht kompatibel gewesen. Insofern lässt sich Loewensteins These, lediglich das Notsituationskriterium gewährleiste Rechtsstaatlichkeit, relativieren.

Zusammenfassend ist das Urteil selber weniger als kritisch zu bewerten ist: Der stalinistische Totalitarismus war auch in Augen vieler Verbotskritiker mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung inkompatibel. Die KPD war zum Zeitpunkt ihres Verbots selbst nach der Einschätzung Abendroths ein Satellit dieses Totalitarismus.[378] Problematisch waren vielmehr die Verbotsfolgen, die nicht nur an die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit gingen, sondern auch jeden nicht-stalinistischen Kommunismus als verfassungswidrig stigmatisierten. Das lag zum einen durchaus in der Intention der Antragssteller, die das Urteil innenpolitisch verwerteten, sich aber nachvollziehbarerweise, verunsichert durch die Atmosphäre des Kalten Krieges, zu diesem Zeitpunkt auch nicht auf eine Grundsatzdebatte über guten und schlechten Kommunismus einlassen wollten. Zum anderen spiegelt sich in dem Spannungsverhältnis zwischen Nachfolgeverbot und der politischen Freiheit (unter Vorbehalt des Art. 18 GG) auch der Konflikt zwischen Rechtssicherheit und Wirksamkeit wider. Mit dem Parteiverbot wird der Exekutive – das heißt konkret: den regierenden Parteien – ermöglicht, eine politische Richtung allgemein zu verfolgen beziehungsweise zu unterbinden. Dafür ist nicht einmal böse Absicht erforderlich, es genügt allein der Wille, das Verbotsurteil durchzusetzen und zu verhindern, dass es sich durch eine Neugründung umgehen lässt. Dieses Problem ließe sich durch die klare Definition einer Ersatz- oder Nachfolgepartei[379] entschärfen, doch die Entwicklung dieser Definition gestaltet sich schwierig. So explizierte das Bundesverfassungsgericht im Urteil über die SRP zwar Merkmale für eine Nachfolgepartei – Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil[380] –, doch eine selbsterklärende Trennschärfe, an der sich ein politisch aktiver Kommunist orientieren könnte, ergibt sich daraus nicht. Im Urteil gegen die KP Saar charakterisierte das Gericht eine Ersatzpartei durch funktionelle Äquivalenz zur verbotenen Partei.[381] Ein eindeutiges Merkmal wäre personelle Kontinuität, wie sie auch im SRP-Urteil Erwähnung findet[382]. Doch dieser Ansatz geht wiederum zu weit: In der Folge der KPD-Auflösung kam es genau zu dem Problem, dass Parteifunktionären die Möglichkeit genommen wurde, Lehren aus dem Verbot zu ziehen und sich in gemäßigter Weise weiterhin politisch zu engagieren. Willms bezeichnet es als „politische Torheit“, dass auf dieses Parteiverbot keine politische Amnestie folgte, die sämtliche Organisationsdelikte hätte tilgen und damit einen politischen Neubeginn ermöglichen können.[383] Das ist plausibel, führt man sich vor Augen, dass es bei der festgestellten Verfassungswidrigkeit nicht um ein Extremismuskonzept auf der Ebene des Strafrechts handelt. Die KPD-Funktionäre waren als Funktionäre keine Kriminellen, denen eine politische Amnestie Schutz vor der Strafverfolgung gewährleistet hätte.

3.3 Die Übergangsphase – das Schwert in der Waffenkammer

In den ‘60er Jahren entspannte sich das Verhältnis von Politik und potentiell demokratiefeindlichen Parteien. Die KPD selber hatte sich (sozusagen aus der Illegalität heraus) in ihrem politischen Programm von den Forderungen eines revolutionären Umsturzes verabschiedet.[384] Die Bundesrepublik war innerlich gefestigt, die Gefahr eines von Moskau initiierten Staatscoups schien nicht realistisch. Auch das politische Strafrecht wurde (durch das 8. Strafrechtsänderungsgesetz) entschärft[385] und die Verfolgung von Kommunisten als Anachronismus betrachtet.[386] Anhänger der KPD oder auch nur Befürworter eines ideologisch breit gefächerten Parteispektrums nahmen eine zunehmend selbstbewusste Position ein. Sogar die Wiederzulassung der KPD wurde thematisiert. Die Argumente dafür waren vielgestaltig: So spricht sich Ridder dafür aus, weil er Parteiverbote generell für illegitim hält. Gleichzeitig begründet er seine Forderung aber auch daraus, dass er das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für falsch hält. Und zusätzlich beschreibt er die Notwendigkeit einer KPD in der Parteienlandschaft als „wirksames Mittel gegen neonazistisches Gift“. Daneben problematisiert er auch die Wirkung des Verbotes, insbesondere den effektiven Entzug von individuellen Grundrechten, was aber nur nach Art. 18 GG zulässig wäre.[387] Die Argumente durchdringen sich. Auf der anderen Seite scheint problematisch, eine als verfassungswidrig eingestufte Partei zu legalisieren. Wie müsste dann ein erneutes Verbotsverfahren aussehen? Anders wäre die Lage, wenn eine Art Berufungsantrag beim Bundesverfassungsgericht möglich wäre, so dass – möglicherweise mit Blick auf geänderte Sachverhalte oder mit neuen Argumenten – ein altes Urteil widerrufen werden könnte.[388] Drath argumentiert, selbst bei unveränderter Interpretation der marxistisch-leninistischen Lehre durch die KPD könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Partei in der veränderten Situation die gleichen konkreten, verfassungswidrigen Handlungskonzepte aus der Theorie ableite. Parteiverbote könnten rein logisch nicht auf Permanenz abgestellt sein.[389] Sicherlich auch vor diesem Hintergrund konnte sich 1968 als halb-offizieller KPD-Nachfolger die DKP gründen. Das war insofern paradox, als das die Restauration der KPD selbst nach wie vor strafbar war, die Verschleierung durch einen neuen Namen dagegen legal. Organisationsverbote wurden kontraproduktiv. Willms geißelt die Schamlosigkeit der 1968 gegründeten DKP. Obwohl sie sich fast offen als KPD zu erkennen gibt, konnte sie nicht verboten werden. Die Staatsschutzartikel wurden faktisch stillgelegt oder sogar gegen sich selbst verkehrt.[390] Ob sie tatsächlich in juristischem Sinne eine Ersatzpartei darstellt, ist allerdings diskutabel, da sie sich von kritischen Punkten des KPD-Programms gelöst hatte.[391]

Da die DKP nicht einmal zu ihrer Gründungszeit auch nur in die Nähe eines Landtag-Mandats gelangte, übersah man diesen rechtlichen Konflikt. Mit den ’68er-Unruhen wurden weniger die demokratiefeindlichen Organisationen als Gefahrenherd betrachtet, sondern vielmehr – bis in die ‘80er Jahre hinein – die neuen sozialen Protestbewegungen. Auch wenn sich Bundesregierung und CDU rhetorisch gegen die DKP in Stellung brachten[392], so wurde ihr Verbot kaum als sinnvolle Antwort auf die neuen Unruhen betrachtet. Vermutlich wäre der Konflikt nur noch verschärft worden: In dem Maße, wie die Forderungen der Partei für die Bevölkerung relevant sind, wird das Parlament durch das Verbot dieser Partei entmachtet.[393] Statt ein Verfahren gegen die DKP anzustreben, beschloss man, sich mit Hilfe des Extremistenbeschlusses den Staatsapparat vor etwaigen Unterwanderungsversuchen zu schützen. Paradoxerweise wurde hier der liberale Umgang mit der DKP wieder zum Problem: Eine subversive Haltung ist schwierig nachzuweisen. Man kam nicht umhin, bei der Feststellung wieder auf die Parteizugehörigkeit abzustellen (vgl. Kap. 4.2.3), die nur begrenzt ein adäquater Indikator war. Jaschke stellt fest, dass das Konzept der Streitbaren Demokratie den politischen Extremismus letztlich nur auf politische Organisationen reduzieren könne.[394] Damit, so seine Einschätzung, ist es nicht mehr nur unzeitgemäß, sondern auch schädlich: Der inhaltliche Kern des neuen Bürgerprotests wird ignoriert, stattdessen werden rechtlich-normativen Schranken errichtet. Fragen von Legitimität werden in Fragen von Legalität transformiert.[395]

Wo ein Verbot der DKP im Kampf gegen außerparteiliche Subversion in der Politik nicht zweckmäßig schien, zweifelte man mangels belastbarer Beweise an der Rechtmäßigkeit eines NPD-Verbots. Die NPD kann sowohl in personeller, ideologischer und organisatorischer Hinsicht als eine Nachfolgepartei begriffen werden. Ihr Vorgänger, die DRP, hatte sich allerdings nicht aufgrund eines Verbots aufgelöst[396], sondern mangels Erfolg. Mit der Gründung der NPD 1964 sollten die zerstrittenen rechten Kräfte in einer neuen Sammlungsbewegung zusammengefasst werden.[397] Damit war sie zu Anfang auch erfolgreich: Die ersten vier Jahre gelang es ihr, in sieben Landesparlamente einzuziehen, wobei sie den Großteil ihrer Wählerschaft aus Gegnern der antiautoriären Studentenbewegung rekrutierte. Für diese war sie durch ihre damalige westorientierte (d. h. antibolschewistische) und die besitzbürgerliche Ausrichtung attraktiv.[398] Dadurch, dass CDU/CSU bereit waren, mit der SPD zu koalieren, erhielt die NPD Zulauf vom autoritär-konservativen Bürgertum.[399] 1969 markierte mit 28.000 Mitgliedern das Spitzenjahr für die NPD.[400] Sie war die erste Partei der sogenannten Alten Rechten, die – wenn auch in überschaubarem Rahmen – verschiedene Bevölkerungs­gruppen ansprach. So gelang es ihr sowohl, in den protestantischen und wirtschaftsschwächeren Ländern Norddeutschlands Anhänger zu gewinnen als auch im katholischen, prosperierenden Süden.[401]

Das Parteiprogramm der NPD war diffus: Sie bekannte sich darin zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, was aber in einem offenen Widerspruch zu ihren antidemokratischen Forderungen stand. Einerseits war die Diffusität ihrer ideologischen Positionierungen ihrer inneren Zerrissenheit geschuldet.[402] Wie wenig greifbar Programm und Ziele der NPD waren, verdeutlicht das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg vom 28. Februar 1978, in dem er – auch entgegen den Einschätzungen der Verfassungsschutzbehörden – zu dem (später widerrufenden) Ergebnis kam, die NPD verfolge keine verfassungsfeindlichen Ziele im Sinne der Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht.[403] Andererseits wurde das Programm der NPD schon früh von Zeitgenossen als „demokratische Mimikry“ charakterisiert.[404] Es zeige sich hier, dass die NPD aus dem SRP-Verbot gelernt und ihre Rhetorik angepasst hatte. Sie verbarg „… ihre unzweifelhafte antidemokratische Ideologie und mangelnde innere Demokratie durch eine demokratische Fassade“, konstatiert Sontheimer.[405] In ihrer Substanz demokratiefeindlich, gelang es ihr nach seiner Auffassung, „Formen demokratischen und ideologischen Wohlverhaltens“ zu demonstrieren. Die „Radikalität“ (in seinen Worten) blieb latent vorhanden, aber potentiell aktualisierbar. Wie schwierig sich dieser Nachweis aber gestaltete, zeigt sich daran, dass die NPD die Bundesregierung sogar selber wiederholt aufforderte (wie 1953 auch schon die DRP[406] ), einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einzureichen.[407] Sie war optimistisch, dass ein solches Verfahren gegen sie gescheitert wäre und ihr offiziell einen Legalitätsstatus verliehen hätte. Neben ihrer subversiven, unter demokratischer Rhetorik verhüllten Fassade stand einem Verbotsantrag aber auch parteipolitisches Kalkül im Wege: Innenminister Ernst Benda erwog schon Ende der ‘60er Jahre ein Parteiverbot, doch scheiterte er mit dieser Absicht in der großen Koalition. Einige Vertreter der CDU/CSU teilten Programmpunkte des deutschnationalen NPD-Kurses.[408] Bei Wahl des Bundespräsidenten 1969 war die CDU sogar bereit, ihren Kandidaten mit Stimmen der NPD wählen zu lassen. Ein Verbotsurteil, so die Befürchtung, würde auch einigen konservativen Programmpunkten die Legitimation entziehen. So kommt Sontheimer zu dem Schluss, dass (seinerzeit) Teile der CDU die NPD gar nicht verboten sehen wollten. Stattdessen wurde der Ball zurückgespielt: Im Gegenzug – so Forderungen aus dem bürgerlich-konservativen Flügel – müsste auch gegen linke Gruppen, etwa die DKP oder den Sozialistischen Deutschen Studentenbund SDS, vorgegangen werden.[409]

An DKP und NPD zeigt sich, wie rasch das Instrument des Parteiverbots an die Grenzen seiner Wirksamkeit gelangt. Gegen die DKP schien es unnötig oder sogar kontraproduktiv: Im Zuge der ideologischen Polarisierung in den ‘60er Jahren hätte eine starke „orthodoxe“ DKP als Auffangbecken fungiert und einige Kritiker absorbieren konnte.[410] Folgt man Kirchheimer, so muss ein Parteiverbot als Moment politischer Justiz Legitimität stiften. Wo es allerdings auf zu heftigen Widerstand stößt, verkehrt sich die Wirkung: Die Legitimation der Regierung wird erschüttert, weitere politische Instabilität ist die Folge.[411] Legitimation muss an schon vorhandene Legitimationsmuster und etablierte Normen anknüpfen. Gegen die NPD dagegen, von der (etwa nach der Einschätzung Sontheimers) auf längere Sicht eine Gefahr ausgehen könnte, wäre ein Verbot zwar effektiv gewesen, aber nicht möglich. So machte die Verankerung einiger ideologischer Elemente im politischen Establishment gerade ihr Gefahrenpotential aus, doch war es diese punktuelle Nähe, die der NPD auch einen relativen Schutz vor dem Verbot sicherte. Hier lässt sich Kirchheimers Urteil aufgreifen, die gesetzliche Unterdrückung von Demokratiefeinden sei „bis zum Grotesken paradox“: Sie könne nur dort wirksam sein, wo sie unnötig ist. Gegen ernsthafte Bedrohungen dagegen sei sie entweder ineffektiv oder sogar kontraproduktiv.[412]

3.4 Die NPD-Debatte – das Parteiverbot als stumpfes Schwert

3.4.1 Die Zweckmäßigkeit: Rechtextremismus in der Aufmerksamkeit

In den ‘80er Jahren verlor auch die NPD an politischer Bedeutung. Mit dem Rechtsruck der bürgerlichen Parteien verlor sie ihre Alleinstellung. „Seit der Bundestagswahl 1972 ist die NPD eine politisch einflusslose, vorparlamentarische, altnationalistische Kleinpartei“, urteilt Schmollinger.[413] Die Mitgliederzahl schrumpfte in den niedrigen vierstelligen Bereich, durch die Kosten des Wahlkampfs hatte sich die Partei hoch verschuldet. Als verfassungstreue, systemimmanente Alternative für das Besitzbürgertum wurde sie zwischen dem rechten Flügel von CDU/CSU auf der einen und der dissoziierenden systemfeindlich-militanten Rechten zerrieben.[414] Gleichzeitig trieb das ihre programmatische und ideologische Radikalisierung voran.[415] Insbesondere die Jugendorganisation der Partei, die JN, entfernte sich von der konservativen, geschichtsorientierten Ausrichtung und übernahm Teile der nationalistisch-revolutionäre Position einer Neuen Rechten und der offen antiparlamentarischen, neonazistischen Aktionsgruppen.[416] Neben programmatischen Ansätzen, die sich gegen Atomenergie richteten, wollte man vor allem über ausländerfeindliche Forderungen wieder Anklang in der Bevölkerung finden. Rhetorisch bewegte sich die NPD zu dieser Zeit aber noch nicht auf dem Feld einer problematischen Arbeits- und Wirtschaftssituation, sondern wandte sich gegen eine „Ausländerinvasion“ und den Verlust der „volkseigenen Identität“.[417] Teile der Jungnationalen näherten sich der militanten Gewalt an, auch Waffen, Munition und Sprengstoff wurden bei Mitgliedern der JN gefunden. Die Spannung zwischen traditionellem Rechtskonservativismus und einem staatsfeindlichen Neonationalsozialismus entfremdete die NPD von ihrer Jugendorganisation.[418] Trotzdem erhielt die NPD Ende der ‘80er Jahre weiteren Zulauf aus der Klientel des organisierten Neonazismus und der Freien Kameradschaften. Mitte der ’90er Jahre konnte sie durch Wählerstimmen aus der gewaltbereiten und systemfeindlichen rechten Szene der neuen Bundesländer die DVU und die Republikaner überholen.[419] Der Neonazismus war in diesen Bundesländern aufgrund der ehemaligen autoritären Repression zwangsläufig subkulturell ausgeprägt, im Westen dagegen herrschten zu dieser Zeit noch das traditionelle Organisationsprinzip und der systemkonforme, geschichtsbezogene Deutschnationalismus.[420] Erst Ende des Jahrzehnts folgte das systemfeindliche Potential in Westdeutschland der Entwicklung der neuen Bundesländer. Spätestens 1996 mit Udo Voigts Wahlsieg über Günter Deckert und seiner Kür zum Parteivorsitzenden verabschiedete sich auch die NPD von der deutschnationalistischen und revisionistischen Programmausrichtung.[421] Fortan strebte die Partei nach einer engen Kooperation mit den militanten Nationalisten und Kameradschaften. Dabei, so das Urteil von Stöss, markierte diese programmatische Neuorientierung den Wandel „von einer überwiegend deutschnationalen, eher systemkonform agierenden zu einer überwiegend neonazistischen, systemfeindlichen Partei.“[422] Ihre Rhetorik war nicht mehr bürgerlich-konservativ, sondern nationalrevolutionär und proletarisch-antikapitalistisch.[423] Die NPD grenzte sich nicht mehr „spießbürgerlich“ gegen die ‘68er ab, sondern knüpfte an eine neue „soziale Frage“ an. Wo Ausländerfeindlichkeit zuvor über den Schutz einer deutschen Kultur und Identität begründet wurde, waren es nun wirtschafts- und sozialpolitische Fragen, die auf rassistische („völkische“) Gesichtspunkte reduziert wurden.[424] So betrachtet, kam dem Rassismus eine stärkere instrumentelle Bedeutung (zur scheinbaren Lösung akuter sozialer Probleme) zu. Da sich die NPD, anders als die Republikaner und die DVU, nicht von der gewaltbereiten Neonazi-Szene abgrenzte, konnte sie rechts außen die führende Rolle einnehmen.[425] Sofern die militante Rechte überhaupt wählen ging und nicht den „legalistischen“ Kurs der bestehenden Parteien ablehnten, so stimmte sie für die NPD. Anführer neonazistischer Organisationen wurden später NPD-Funktionäre.[426] Der JN kam dabei eine wichtige Scharnierfunktion zu:[427] Sie überbrückte den von Voigt proklamierten „Kampf um die Straße“ mit dem „Kampf um die Parlamente“, was allerdings keineswegs spannungsfrei verlief und sogar zu Sezessionsbestrebungen der JN führte.[428]

Parallel zu dieser Entwicklung rückte mit der rassistisch motivierten Gewaltwelle in den alten und in den neuen Bundesländern (Eberswalde, Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Hünxe, Mölln, und Solingen) Anfang der ‘90er die Problematik des Rechtsextremismus wieder in die öffentliche Wahrnehmung.[429] Dabei handelte es sich allerdings um den mehr oder minder spontanen Ausdruck einer gewaltbereiten Jugendkultur als um organisierten NPD-Terror[430], mehr um einen „Feierabend-Terrorismus“ als um feste terroristische Strukturen[431]. Der größte Teil der Übergriffe war singulär konzipiert und spontan-anarchischer Natur. Die daraufhin laut werdenden Rufe nach dem ordnungsschaffenden Staat, der mit größerer Polizeipräsenz und verschärfter Strafjustiz vorgehen müsse, stellten den Staat vor ein Dilemma: Weder wollte er sich die Blöße geben, auf die sozialen Ursachen der Übergriffe zu verweisen, noch war es ihm möglich, unter Missachtung des Strafprozessrechts rasch neue Instrumente einer politischen Gesinnungsjustiz zu errichten.[432] Als Reaktion auf die öffentliche Empörung beantragte die Bundesregierung 1993 deshalb das Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht; nicht allerdings gegen die NPD, sondern der FAP. Das Gericht wies den Antrag allerdings mit der Begründung, bei der FAP handle es sich um keine echte Partei, als unzulässig zurück.[433] Vielmehr fehle es an Gewähr für die Ernsthaftigkeit, mit der die FAP den Willen bekundete, im Parlament unter Mitwirkung des Volkes politischen Einfluss zu nehmen. Damit komme ihr nicht das Parteienprivileg zu.[434] In der Folge wurde die FAP zusammen mit der Nationalen Liste durch den Innenminister Manfred Kanther nach Vereinsrecht verboten. Leggewie und Meier halten es für bezeichnend, „dass der seit 42 Jahren erste Verbotsantrag gegen eine politische Partei ausgerechnet einer völlig unbedeutenden Sekte gilt.“[435] An Verbotsverfahren von zumindest wahrnehmbaren Parteien am rechten Rand – das heißt der NPD, der DVU oder den Republikanern – traute man sich nicht heran. Jaschke erblickt in der Streitbaren Demokratie lediglich noch ein PR-Instrument, durch das die totalitären Feindbilder konserviert und symbolisch bekämpft werden.[436] Die Zahl rechtsextremer Straf- und Gewalttaten stieg allerdings weiter, der politische Handlungsdruck schwand nicht.[437] Doch auch die Zweifel an der Zweckmäßigkeit eines Verbots blieben bestehen. Noch im Jahr 2000 bezeichnet Bundesminister Otto Schily ein NPD-Verbot für wenig geeignet, um fremdenfeindlichen oder antisemitischen Übergriffen alkoholisierter Einzeltäter zu begegnen.[438] Scherb kritisiert, ein Verbot sei nicht funktional, solange von der Partei keine akute Gefahr ausgeht.[439] Streitbare Demokratie müsse dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden.[440] Mit Blick auf die NPD spricht er sich stattdessen für Gesetzesänderungen aus, die zweckmäßige Sanktionen jenseits des Verbots zulässig machen.[441] Als Beispiele führt er den Entzug der staatlichen Finanzierung und die Aberkennung von Sendezeiten an. Die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts bestünde dann in erster Linie darin, die Verfassungswidrigkeit einer Partei festzustellen. Die daraus abzuleitenden Maßnahmen würden aber der politischen Erörterung freigeben.[442] Dagegen wendet Flemming ein, dass ein solches Vorgehen im Widerspruch zur Chancengleichheit und Parteifreiheit stünde[443], die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zusichert[444]. Schon aus der Konkretisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch das Bundesverfassungsgericht geht ein Gleichheitsprinzip hervor, das sich nicht nur auf die formale Gleichheit des demokratischen Mehrheitsentscheids bezieht, sondern auch auf einen Abstimmungskörper, der auf Basis des Gleichheitsgrundsatzes konstituiert wird.[445] Auch Klein hält einen solchen Ansatz für unzulässig: Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 5 PartG gelte uneingeschränkt.[446] Weckenbrock kritisiert dagegen zwar eine solche „Amputation“, hält das Aussetzen der Parteifinanzierung aber gleichzeitig für einen vertretbaren Kompromiss zwischen Gleichbehandlungsgebot und Abwehrbedarf.[447]

Doch derartige Erwägungen rückten in den Hintergrund, als sich die öffentliche Debatte von der Opportunitätsfrage entfernte: Spätestens seit dem provokativen Auftreten der NPD bei einer Demonstration in Berlin wurden Forderungen laut[448], der deutsche Verfassungsstaat dürfe sich nicht verhöhnen lassen. Solange die NPD es sich erlauben könne, den Verfassungsstaat in Verruf zu bringen, könne man vom Bürger auch nicht erwarten, dass er sich selbst aktiv gegen Rassismus, Antisemitismus und Gewalt wendet. In dem Verbot wurde eine volkspädagogisch-moralischen Notwendigkeit erblickt, die Frage, welche Gefahr von der NPD tatsächlich ausgehe, in den Hintergrund treten ließ: Man könne nicht auf den „Aufstand der Anständigen“[449], also auf eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus dringen, wenn die Politik nicht mit gutem Beispiel vorangehe. Die Streitbare Demokratie wurde damit zu einem Instrument der gesellschaftlichen Aktivierung stilisiert. Von Bedeutung war nun die „Signalwirkung“ des Antrags – das Verbot galt als alternativloses Signal an die Öffentlichkeit.[450] Durch diese moralisierende Argumentation wurde die Debatte „… zum Selbstläufer symbolischer Politik.“[451] Das Thema Rechtsextremismus war aus konservativer Sicht durch Verbotsforderungen des bayerischen Innenministers Günther Beckstein besetzt worden. Kein Politiker (abgesehen von einigen Kreisen der FDP) wollte dahinter zurückbleiben. Nach anfänglichen Zweifeln im SPD- und im Grünenlager konnten sich die führenden Politiker dem Vorstoß Becksteins nicht mehr entziehen: „Alles sprach für ein taktisches Manöver des CSU-Innenministers, um den politischen Gegner vorzuführen“, urteilt Christof Seils. In der öffentlichen Debatte war der point of no return überschritten worden – ein Verzicht auf den Verbotsantrag wäre in der allgemeinen Wahrnehmung einer Anerkennung der NPD gleichgekommen.[452] Die vielfach beschworene positive Symbolwirkung drohte so ins Gegenteil zu kippen. 2001 wurde der Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, dann aber in dreifacher Ausführung: Vom Bundestag, vom Bundesrat und von der Bundesregierung. Argumentativ waren die Anträge allerdings zu großen Teilen deckungsgleich.[453] Der politische Druck übertrug sich auch auf das Bundesverfassungsgericht – ein Freispruch der NPD, und sei es nur aus einem Mangel an Beweisen, wäre der Rehabilitierung einer völkisch, antidemokratisch und antisemitisch argumentierenden Partei gleichgekommen.[454]

3.4.2 Die Rechtmäßigkeit

In ihren Begründungschreiben werfen der Antragsteller der NPD vor, diese nehme eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung ein und betreibe eine Umsturz- und Gewaltrhetorik.[455] Ähnlich kommt auch Jesse zu dem Urteil, nicht nur der extremistische Charakter, sondern auch die „aggressiv-kämpferische Natur“ der NPD liege offen zutage. Exemplarisch führt er Äußerungen von verschieden Parteifunktionären an, die sich gegen das Parteiensystem und für eine „völkische“ Politik aussprechen.[456] Allerdings bleibt unbeleuchtet, inwiefern eine „aggressiv-kämpferische Natur“ äquivalent mit einer „aktiv kämpferischen, aggressiven Haltung“ ist. Schon diese Definition des Gerichts war ein kontroverser Brückenschlag zwischen nicht strafbarem Verhalten und der Restriktion von Meinungen und Zielen, dessen innere Spannung sich mit dem von Preuß‘ kritisierten Loyalitätssystem pointieren lässt. Damit krankte die Definition des Gerichts an Uneindeutigkeit. Eine solche Formulierung, wie Jesse sie verwendet, stellt also einen unpräzisen Rekurs auf eine schon von Hause aus unpräzise Konzeption dar. Dieses Problem wird noch durch den Einwand verschärft, dass man nach über 50 Jahren Bestand der Bundesrepublik eher schärfere denn vagere Kriterien für ein Parteiverbot anlegen sollte. Schließlich sind die deutsche Demokratie, die ideologische Lage und auch das Bundesverfassungsgericht mittlerweile konsolidiert.[457]

Die „aggressiv-kämpferische Natur“ könnte zum einen mit der Feststellung verknüpft werden, dass die NPD Gewalt propagiert und fördert: So findet sich der Vorwurf, die NPD rufe zur Bildung „national befreiter Zonen“ auf, fordere ein „Naturrecht des Stärkeren“ ein und biete auch Infrastruktur für verbotene Organisationen. Die NPD fungiert in dieser Darstellung als Durchlauferhitzer im militanten „Kampf um die Straße“.[458] Allerdings: Der einzige gewalttätige Übergriff, der sich zu diesem Zeitpunkt vor Gericht der Parteiorganisation zurechnen ließ, war ein Überfall von JN-Funktionären.[459] Auch ein gerichtstauglicher Nachweis dafür fehlte, dass die Partei in ihrem militanten Umfeld Gewalt provozierte oder orchestrierte.[460] Meier äußert sogar Zweifel daran, dass die gewaltbereite Neonazi-Szene überhaupt in engem Kontakt mit der NPD-Zentrale stand oder maßgeblich personell in dieser präsent war.[461] Im Prinzip, so Meier, begingen die Antragsteller den Fehler, die Selbstinszenierung der NPD – womöglich wider besseres Wissen – für bare Münze zu nehmen.[462] Hier ließe sich fragen, inwieweit die NPD dadurch nicht sogar in den Augen ihrer Zielgruppe aufgewertet wurde. Parallelen zum Umgang mit der SRP drängen sich auf.

Zum anderen könnte die aggressiv-kämpferische Natur der NPD auch auf den Vorwurf der subversiven Demokratiefeindlichkeit hinauslaufen. Im Verbotsantrag findet sich die Formulierung, die NPD böte die Basis für eine organisierte Unterwanderung des demokratischen Rechtsstaats, vergifte das politische Klima, erzeuge Angst und verführe junge Menschen zu gewalttätigem Fremdenhass.[463] Der Nachweis einer solchen Gesinnung ist allerdings schwierig. Zwei Schwierigkeiten wurden in diesem Zusammenhang schon angerissen: Zum einen steigt der Bedarf nach geheimdienstlicher Arbeit – was aber genau zu den formalen Mängeln zu führt, die das Verfahren im Endeffekt scheitern ließen. Zum anderen ist ein solches Extremismusverständnis inhaltlich stark unbestimmt und als „latenter“ Extremismus auch schwer nachzuweisen. Dieses Problem äußerte sich schon in den ‘70er Jahren (vgl. Kap. 4.2.3). Bezeichnenderweise versuchte man damals genau deshalb, das Definitionsproblem eines solchen Extremismus durch seine Parteizugehörigkeit zu „objektivieren“. Das grundsätzliche Problem wird also hin- und hergereicht.

Einfacher wäre die Antragsbegründung, wenn man den Autoren folgt, die dem Grundgesetz eine antifaschistische Zielstellung unterstellen: So betont Preuß, dass dem Grundgesetz ursprünglich eine anti-nationalsozialistische Stoßrichtung innewohne, wie sie auch immer noch in Art. 139 GG zum Ausdruck kommt.[464] Allerdings vertritt er damit eine Mindermeinung.[465] Doch ohne diese teleologische Aufladung könnte der Nachweis erbracht werden, dass eine Kontinuität von NSDAP und NDP sowie Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus vorliegt.[466] Doch finden sich zwar eindeutige ideologische und rhetorische Anleihen, doch weder personell, noch in der Parteistruktur oder der Programmatik lässt eine Wesensverwandtschaft feststellen, wie das etwa noch bei der SRP der Fall war.[467] Nichtsdestotrotz ist dieser Ansatz nicht von der Hand zu weisen: So empfiehlt Matthias Herdegen, die Einschätzung nicht mit Blick auf die ideologische Herkunft vorzunehmen, sondern anhand der „… Wirkung auf die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, auf das durch das Trauma des Dritten Reiches geprägte Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland und auf die Befriedetheit der Gesellschaft.“[468] Allerdings: Gerichtlich festzustellen, ob das Gebaren der NPD in der Gesellschaft als Wiederbelebungsversuch überwundener, aber nicht verwundener Zustände betrachtet wird, ist für ein Parteiverbotsverfahren schwierig. Nicht zuletzt deshalb, weil man davon ausgehen kann, dass die Beschwerdeführer per Definition dieser Ansicht sein werden.[469]

An dieser Stelle knüpft implizit auch das Argument an, dass Nationalsozialismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen sei. Dort, wo die Vernichtung von Menschenleben öffentlich diskutiert wird, verletze die Meinungsfreiheit die Freiheit anderer und müsse eingeschränkt werden.[470] Interessanterweise äußert auch Meier zusammen mit Leggewie eine ähnliche Überlegung: Judenhass, so deren Urteil, ist eine Leidenschaft und kann gerade dadurch keine Meinung mehr sein. Wer einem solchen „manichäischen Vernichtungsimpuls“ folgt (jetzt aber wohl eher auf die Neonazi-Szene als die NPD bezogen), ist Argumenten nicht zugänglich und (in den Worten von Jean-Paul Satre) „im Grunde seiner Seele ein Verbrecher“.[471] Aus beiden Argumentationslinien folgt die moralische Verpflichtung, mit restriktiven Mitteln gegen eine falsch verstandene Meinungsfreiheit vorzugehen. Gegebenenfalls wären das vor Gericht zumindest bedenkenswerte Argumente. Allerdings kranken beide Begründungsmuster an einem Mangel innerer Stringenz: Weder wird deutlich, inwiefern eine öffentliche Diskussion über die Vernichtung von Menschenleben (wenn sie denn überhaupt in dieser Eindeutigkeit vorliegt) die Freiheit des anderen automatisch einschränkt. Noch ist die postulierte Dichotomie Meinung-Leidenschaft plausibel.[472] Dass NPD-Ideologie und -Rhetorik, Rassismus, Nationalsozialismus und Neonazismus moralisch zu ächten sind, steht außer Zweifel. Dass sich daraus aber juristische Restriktionsmaßnahmen legitimieren lassen, ergibt sich nicht mit in der suggerierten Zwangsläufigkeit.

Dadurch, dass das Gericht 2003 den Antrag aus formalen Gründen zurückwies, umging es diese Debatte. Hintergrund war die Sorge, dass die NPD, bis in die Führungsriege hinein mit Vertrauensmännern des Verfassungsschutzes durchsetzt, zu wesentlichen Teilen fremdgesteuert sein könnte. Natürlich ist es möglich, dass auf die V-Männer neben ihrer Informantentätigkeit kein Einfluss ausgeübt wurde. Allerdings lassen sich gegenteilige Vermutungen nicht widerlegen.[473] Die Innenminister und die Verfassungsschutzbehörden brüskierten das Bundesverfassungsgericht mehrfach durch eine sehr zurückhaltende Informationspolitik und mangelnde Kooperationsbereitschaft.[474] Der Mangel an Beweisen entpuppt sich als doppeltes Problem: Nicht nur gestaltete sich der Nachweis der Verfassungswidrigkeit schwierig. Auch wurden die Vertrauensmänner des Verfassungsschutzes, die eigentlich belastendes Material erbringen sollten, selber zum Fallstrick für das Verfahren: Eine Sperrminderheit im Senat kam mit Blick auf die personelle Durchdringung der NPD mit V-Männern zu dem Schluss, dass die „… staatliche Präsenz auf der Führungsebene […] Einflussnahmen auf deren Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar [macht]“[475]. Weder schien ausreichend gewährleistet, dass diese Kontaktleute des Verfassungsschutzes keinen wesentlichen Einfluss auf Programm und Rhetorik der NPD hatten, noch, dass sie nicht sogar als Agent Provocateur eindeutig verfassungswidriges Verhalten in der NPD erst initiierten. Dass die Antragsteller auf eine ernsthafte Kritik ihrer Quellen, insbesondere der Behördenzeugnisse, verzichteten, bezeichnet Flemming als „dilettantische Arroganz“. Gleichzeitig bezeichnet er die Beweislast gegen die NPD auch nach Abzug aller Beweismängel als erdrückend.[476] Allerdings ist diese Einschätzung umstritten.[477] Insofern erinnerte die Zurückweisung des Antrags daran, dass sich dessen Rechtmäßigkeit nicht automatisch ergibt: Ein Partei darf nicht bis in die Führungsspitze vom Staat unterwandert werden, wie es bei der NPD der Fall ist.[478] Insbesondere dann, wenn Innenminister und Verfassungsschutzbehörden das Bundesverfassungsgericht mehrfach durch eine sehr zurückhaltende Informationspolitik und mangelnde Kooperationsbereitschaft brüskieren.[479] Auch wenn die vielerorts geforderte Reform des Verfassungsschutzes nicht folgte, so machte der Richterspruch – polemisch gesprochen – zumindest deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht sich nicht zum Erfüllungsgehilfen einer opportunistischen Symbolpolitik degradieren lässt. Weckenbrock konstatiert, dass mit der Postulierung des „Staatsfreiheits“-Gebots, also dass eine Partei nicht durch staatliche Organe manipuliert werden dürfe, eine neue Hürde für zukünftige Verbote geschaffen worden ist.[480]

Ob diese Hürde allerdings aufrecht erhalten bleibt, ist unklar: Die Mehrheit von vier Richtern plädierte (vergeblich) für eine Fortführung des Verfahrens.[481] Es lag also kein einheitliches Disziplinierungs- oder Hürdenkalkül vor. Selbst einer der drei Richter (Winfried Hassemer), die sich gegen die Fortführung des Verbotsverfahrens ausgesprochen hatten, relativierte später diesen Standpunkt: Es müssten lediglich V-Männer aus Schlüsselpositionen entfernt werden oder deren Wirken transparent gemacht. Der Beschluss werde überinterpretiert, versteht man ihn als prinzipielles Verbot von V-Männer in der NPD.[482] Davon abgesehen hatte die Ablehnung des Antrags aufgrund mangelnder Kooperation zwischen den Behörden und der Justiz vielleicht auch als eleganteste Lösung funktioniert: Weder musste das Gericht der problematischen und mit nur wenigen handfesten Beweisen unterfütterten Argumentation stattgegeben, noch mit eben dieser Kritik der NPD ungewollt einen verfassungsrechtlichen Freibrief ausstellen. Zumindest im Vorfeld der Gerichtsentscheidung wurde zwar diskutiert, ob überhaupt genügend Beweise für die aktiv-kämpferische, aggressive Haltung der NPD vorlägen. Doch nach dem Urteil rückten solche Überlegungen wieder in den Hintergrund. Die – noch dazu nicht geschlossene – Ablehnung des Verfahrens aus formalen Gründen kann suggerieren, dass ein NPD-Verbotsverfahren nach Behebung der formalen Mängel unproblematisch ist.

3.4.3 Die Neuauflage der Debatte

2009 schätzt Weckenbrock das Gefahrenpotential der NPD als weiter gestiegen ein: Insbesondere in Ostdeutschland sei die NPD nicht nur etabliert, sondern werde sogar zur gesellschaftlichen Kraft, die soziopolitische Leerstellen besetzt. So verwendet sie ihre „massive Alimentierung“ durch die Parteifinanzierung etwa zur Eröffnung von „Bürgerbüros“, in denen sie Unterstützung für Arbeitslosen­geld‑II-Emp­fänger oder Jugend- und Seniorenhilfe anbietet. Weckenbrock bezeichnet diese Strategie als „alltagskulturelle Subversion“.[483] Der Bedeutungsinhalt von Subversion hat sich hier leicht verschoben: In den ‘70er Jahren war es noch taktischer Gewaltverzicht hinter einer bieder-demokratischen Fassade im Parlament. Mit dem „Kampf um die Köpfe“ unter Voigt arbeitet die NPD nun gezielt an Legitimität außerhalb der politischen Institutionen und auch außerhalb politischer Sachverhalte. So steht ein Bürgerbüro in keinem Zusammenhang mit der kritikwürdigen neonationalsozialistischen Ideologie, stattdessen schärft es das sozialistisch-proletarische Profil und das Interesse am „kleinen Mann“. Weckenbrock spricht sich deshalb für ein Verbot aus: Die in ostdeutschen Dörfern schon teilweise als normale Partei wahrgenommene NPD würde so wieder entnormalisiert.[484]

Andererseits steigert diese Etablierungsstrategie lediglich die Popularität und insofern den Gefährlichkeitsgrad der NPD, ändert jedoch nichts an ihrer Qualität: Nach wie vor wird sie als subversiver Extremismus klassifiziert, der sich weder ideologisch verschärft hat, noch seine Ideologie mit verschärften Mitteln vertritt. Insofern kann Weckenbrocks Gefahrenszenario lediglich ein Argument für die gestiegene Zweckmäßigkeit des Verbotsantrags sein, nicht aber ein Argument für einen verstärkten oder stärker erkennbaren demokratiefeindlichen Gehalt der NPD-Ideologie. Dazu kommt: Wenn die hochverschuldete NPD kraft ihrer „massiven Alimentierung“ in der Lage ist, sich um prekäre Lebenssituation in vergessenen Dörfern zu kümmern, dann sollte der staatliche Finanzapparat oder eine der Volksparteien dazu mindestens genauso in der Lage sein. Es besteht die Gefahr, dass ein NPD-Verbot, oder auch nur die Erklärung, dass sie inkompatibel mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist, deshalb die gegenteilige Wirkung erzielt: Die „Vergessenen“ in den brandenburgischen Dörfern könnten den Eindruck vermittelt bekommen, dass ihre Versorgung durch die freiheitliche demokratische Grundordnung blockiert wird oder zumindest durch die Antragssteller des Verbots nicht gewollt ist.

Eine andere Argumentationslinie scheint vor diesem Hintergrund erfolgversprechender: Es kam auch nach der Jahrtausendwende wiederholt zu Übergriffen aus der Neonazi-Szene, so etwa 2007 in Mügeln oder 2008 auf den Passauer Polizeipräsidenten Mannichl. Nach der Einschätzung von Weckenbrock hat die NPD ihre Zusammenarbeit mit der Neonazi- und Skinhead-Szene weiter ausgebaut.[485] Einige der Protagonisten des ersten Verbotsantrages, namentlich Horst Seehofer und Holger Hövelmann, waren bestrebt, einen weiteren Versuch in Angriff zu nehmen.[486] Trotzdem bleibt fraglich, ob das Beweismaterial gegen die NPD für ein Verbot ausreicht. Günter Frankenberg, der im ersten Verbotsversuch den Bundestag vertreten hatte, äußert Zweifel: Die NPD distanziert sich öffentlich von Gewaltakten. Kontakte zur gewalttätigen Neonazi-Szene dienen in der Darstellung der Partei lediglich dem Zwecke, diese wieder auf den richtigen, gewaltfreien Weg zu bringen.[487] Auch wenn das Teil der seit jeher problematisierten Maskierungsstrategie ist, bleibt eine aktiv-kämpferische, aggressive Haltung der NPD nach wie vor nicht nachweisbar. Allerdings hat die Diskussion 2011 mit dem Bekanntwerden der Mordanschläge des „Terror-Trios“ oder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) neuen Auftrieb erhalten. Auf einer Innenministerkonferenz wurde sogar eine Arbeitsgruppe beschlossen, deren Aufgabe es ist, Material und Argumente für ein neues Verbotsverfahren zu sammeln.[488] Zwar ist die politische Debatte immer noch wesentlich durch die Frage bestimmt, wie man nun mit den V-Männern innerhalb der NPD verfahren solle.[489] Doch selbst unter der Annahme, dass das Bundesverfassungsgericht prinzipiell auf der Forderung der Staatsfreiheit bestehen bleibt, scheint möglich, dass das Bundesverfassungsgericht im Falle der NPD davon absieht: In einem Gefahrenabwehrszenario, „… etwa, wenn unter dem Deckmantel der Organisation als politische Partei Gewalttaten oder andere schwerwiegende Straftaten vorbereitet oder geplant werden …“, gelten die normalen rechtsstaatlichen Verfahrensauflagen nicht mehr, wie das Gericht betont.[490]

Wäre also der Nachweis möglich, dass die NPD den NSU aktiv unterstützt hat, ergäbe das einen neuen Sachverhalt. Je nach Verstrickungsgrad könnte dabei vielleicht sogar die V-Mann-Problematik in den Hintergrund rücken – sollte die Begründung gelingen, von der NPD gehe eine akute Gefährdung (nicht für die Demokratie, aber für Leib und Leben) aus, die erlaubt, ihre Verfahrensrechte einzuschränken.[491] Die Antragsteller könnten im extremsten Fall zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen würde sich das Problem der Verfahrenshindernisse aufgrund der Gefahrensituation relativieren: Wer kann garantieren, dass es sich beim NSU um ein Einzelphänomen handelt? Zum anderen ergäbe sich daraus das inhaltliche Argument, dass die NPD in organisierte Gewalt verstrickt ist. Fraglich ist, ob dieser Nachweis gelingt. Waren es nur vereinzelte Mitglieder der NPD, die sozusagen freizeitmäßig die NSU förderten, stellt sich sofort wieder die Frage der Zurechenbarkeit: Inwieweit kann eine Partei für die nicht parteiintern abgesegneten Handlungen ihrer Mitglieder zur Verantwortung gezogen werden? Wäre das Gericht hier bereit, großzügig hergestellte Zusammenhänge gelten zu lassen, so wäre es für eine rechtsterroristische Vereinigung in Zukunft ein probates Mittel, vor einem Attentat etwa in die Linkspartei einzutreten und diese gegebenenfalls mit haftbar zu machen. Laut Klein sind es in erster Linie Funktionärsschicht und Mitglieder, deren Verhalten Aufschluss über Haltung der Partei geben. Daneben können aber auch Anhänger in Neben- und Hilfsorganisationen für Gesamtbild der Zielsetzung betrachtet werden. Außerdem wird zwischen einzelnen Entgleisungen und systematischen Ausfällen unterschieden.[492] Doch die Parteispitze distanzierte sich öffentlich von den „abstoßenden Taten des Kriminellen-Trios“.[493]

3.5 Fazit

Im Rahmen der Streitbaren Demokratie drehten sich die Debatten um das Parteiverbot lange Zeit um die inhaltliche Frage, welche Forderungen – ob nun offiziell oder nur insgeheim vertreten – gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen. Gerade in Bezug auf das KPD-Verbot wurden Zweifel laut, ob Kommunismus insgesamt überhaupt eine demokratiefeindliche Ideologie sei. Die Präzisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im SRP-Urteil basiert auf einer Streitbarkeitskonzeption, die sich noch über die Loewensteinsche Notstandslogik begründete: Die Ausgestaltung der Bundesrepublik wurde als Inbegriff des überwundenen Nationalsozialismus und als Bastion gegen den sowjetkommunistischen Totalitarismus zum Schutzgegenstand erhoben. Die Streitbare Demokratie selbst war allerdings schon damals nicht gegen eine akute Gefahr, sondern auf die Konsolidierung der Bundesrepublik gerichtet. Die beiden Parteiverbote sollten die politische Kultur stabilisieren, ideologisch unerträglich Scheinendes wurde symbolkräftig aus dem Wettstreit entfernt. Damit verliert die Konkretisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die singuläre Legitimation, die ihr im Falle eines dramatischen Abwehrkampfes gegen ausufernde Totalitarismen zugekommen wäre. Die Fixierung des Status Quo, wie sie in der geltenden Interpretation der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ihren Ausdruck findet, wäre nur in Notstandssituation begründbar. So lässt sich mit Recht die Frage stellen, ob sich die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht auch über andere Institutionen realisieren ließe. Problematisch ist hier nicht nur, wenn die Diskussion durch die strikte Deutung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgekürzt wird. Auch ist kritisch zu bewerten, wenn – wie beim KPD-Verfahren – schon die reine Diskussion darüber, was die freiheitliche demokratische Grundordnung ausmacht, das Tatbestandsmerkmal der Demokratiefeindlichkeit erfüllt und potentiell ein Parteiverbot rechtfertigt. Streitbare Demokratie diente hier nicht nur dem Schutz der Demokratie beziehungsweise dem Wertekern der Bundesrepublik, sondern auch der Bestimmung und Zementierung dieses Wertekerns. So wird auch nachvollziehbar, dass weniger die Opportunität des Vorgehens zum Schutze der Demokratie eine Rolle spielte als vielmehr der Nutzen des Vorgehens zur Bestimmung zulässiger Politik.

Allerdings scheint es dann heute wieder möglich, dass entsprechend einem echten Opportunitätsprinzip die tatsächlichen Vor- und Nachteile eines Verbotsverfahrens erwogen werden, etwa: Schützt oder schadet ein Antrag gegen die NPD dem demokratischen Systems? Ein Parteivermögen, das zu beschlagnahmen wäre, existiert nicht. Spaltet die NPD das rechte Lager durch ihre rhetorischen Verrenkungen oder bündelt sie die Szene und macht demokratiefeindliche Positionen konsensfähig? Ist es für die Stabilisierung des demokratischen Systems erforderlich, reduzierte Integrationsfähigkeit des Parlaments in Kauf zu nehmen und die Möglichkeiten zu reduzieren, sich einen Überblick über das Milieu und Ausmaß der zugrunde liegenden Unzufriedenheit zu verschaffen?[494]

Doch die neuere Debatte um Parteiverbote, gerade auch mit Blick auf die NPD, ist durch eine andere Fragestellung gekennzeichnet: Ist Subversion hinreichender Tatbestand für Demokratiefeindlichkeit? Kritiker wenden sich gegen ein Extremismusverständnis, das schon Subversion und Scheinkonformität illegalisiert.[495] Möchte man auf Basis eines derartigen Konzepts von Extremismus auf das Instrument des Parteiverbots zurückgreifen, so muss wegen der Schwierigkeit des Nachweises in besonderem Maße das Primat gelten, den Feinden der Demokratie so lange wie möglich politisch zu begegnen und erst dann juristisch, wenn dies nötig wird. Das ist der Fall, wenn es einer Partei gelingt, die Parlamentsarbeit ernstlich zu behindern oder die Wählerschaft unter Druck zu setzen. Allerdings wird das Beweisproblem dadurch nicht gelöst, sondern einfach die Häufigkeit reduziert, mit der das Problem auftritt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu irrtümlichen Subversionsvorwürfen und Repressionen kommt, wird für den betroffenen Einzelfall nicht geringer. Die Funktion eines Opportunitätsprinzips bleibt hier auf die Gefahrenbewertung beschränkt, soll es nicht in Opportunismus gipfeln. Bei einem derartigen Extremismuskonzept verliert das Opportunitätsprinzip viel des geschilderten evaluativen Potentials, andererseits ist es gerade hier, greift man die Bedenken Loewensteins auf, unentbehrlich: Die Streitbare Demokratie entfernt sich tatsächlich punktuell von ihren rechtsstaatlichen Grundsätzen.[496]

Kritisch ist der Versuch, den Begründungszwang des Opportunitätsprinzips durch die Argumentation zu umgehen, ein Verbot sei moralisch geboten, weil man andernfalls auch von der Gesellschaft kein Engagement gegen Demokratiefeindlichkeit einfordern kann. Nicht, weil das Opportunitätsprinzip in keiner Situation hinterfragt werden darf, sondern weil das Gegenargument selber in verschiedener Hinsicht problematisch ist. Zum einen lässt sich hier – auch für das NPD-Verfahren – die Kritik aufgreifen, die beim KPD-Verbot laut wurde: Eine Politik, die mit diesem Vorgehen Symbole schaffen will, handelt opportunistisch: Einer Partei wird nicht deshalb entgegengetreten, weil sie als Verantwortlicher oder als Verursacher einer Gefahr gilt, sondern im Dienste der Symbolik. Es ist nicht die Funktion der Exekutive, eine „geistig-politische Auseinandersetzung“ mit den Feinden der Demokratie zu führen – und sei sie noch so gut gemeint.[497] Es ist aber auch fraglich, ob konkret das NPD-Verbot tatsächlich die Initialzündung für eine couragierte, engagierte Gesellschaft gegen rechts wäre. Man könnte auch umgekehrt argumentieren: Die Gesellschaft braucht die Präsenz von Feinden der Demokratie, an denen sie sich reiben und sich selbst gewahr werden kann. Nimmt man den Feinden ihre Öffentlichkeit, so nimmt man der Gesellschaft die Mahnung, für die Demokratie einzutreten und sich für sie zu engagieren. Davor warnte von Schoeler schon in den ‘70er Jahren: Der Staat dürfe nicht zum einzigen Protagonisten der Extremismusbekämpfung werden. Sonst entstehe der Eindruck, dass alle übrigen politischen Kräfte auf die Zuschauerrolle beschränkt sind.[498] Auch Hesse fürchtet eine Entwicklung, in der die notwendige Trennung von Staat und Gesellschaft ihre gleichzeitig notwendige Verbindung überschattet und Streitbare Demokratie damit „zur Veranstaltung eines außerhalb und über einer unpolitischen Gesellschaft stehenden Staates“ wird.[499] Die NPD selbst ist kein Problem, solange ihre Rhetorik uns unerträglich scheint und die von ihr proklamierten Werte (die Verzerrung der Menschenwürde zu einem kollektivistisch-chauvinistischen Konzept) mit unserem Verfassungsverständnis nicht zu vereinbaren sind. Im Gegenteil, sie ist der antidemokratische Dorn im Auge der aufgeklärten Gesellschaft und erinnert uns daran, dass Demokratie auch heute weder selbsterhaltend noch selbstverständlich ist.

In den Anfangsjahren erfüllte das Parteiverbot zwei Funktionen: Erstens diente es tatsächlich als Instrument der Konsolidierung. Insbesondere gegen die SRP – sieht man von vereinzelter retrospektiver Kritik an der Notwendigkeit des Urteils ab – wurde das Verbotsverfahren als eine klare Absage an eine Wiederholung der Geschichte genutzt. Und das nicht nur in den Augen der Antragsteller; auch das Bundesverfassungsgericht machte klar, dass die zweite deutsche Demokratie nicht mehr über denselben blinden Fleck verfügt wie die Weimarer Republik. Durch das Bekenntnis zur Streitbarkeit wurde der tote Winkel des Staatsschutzes ausgeleuchtet: die legalistische Aushebelung des politischen Systems. Zweitens fungierte das Parteiverbot dazu eine positive bestimmte Konzeption der richtigen Demokratie vorzunehmen. Schon mit der Konkretisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im SRP-Verbotsurteil machte das Bundesverfassungsgericht einen Schritt in diese Richtung, doch vor allem der Verbotsantrag gegen die KPD trug dazu bei: Es sollte klargestellt werden, dass diese Demokratie nicht mit einer kommunistischen Ideologie kompatibel ist. Dabei waren es nicht nur die Adenauer-Regierung und mit Abstrichen die SPD, die in der Streitbaren Demokratie ein Mittel zur Bestimmung dieser Demokratie sahen. Auch das Gericht tat ein Übriges, indem es – abgesehen von Zweifeln an der Zweckmäßigkeit des Verbots – die Unvereinbarkeit des Marxismus-Leninismus mit der konkretisierten freiheitlichen demokratischen Grundordnung klar betonte. Auch wenn an den Verboten teilweise Kritik geübt worden ist, so wurde der rechtsstaatliche Rahmen nie systematisch verlassen. Demokratie sollte durch ihre Streitbarkeit geformt, aber nicht überwunden werden. Mit Liberalisierung in den ‘60er Jahren änderte sich „lediglich“ die konkrete Handhabe: Der Art. 21 II GG übte zwar immer noch eine disziplinierende Wirkung aus und zwang linke und rechte Demokratiefeinde auf eine mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung konforme Linie, doch musste er selber nicht mehr zu Bewahrung dieses Grundgesetzes angewendet werden. Das ist auch heute noch der Fall, betrachtet man den Vorwurf gegen die PDS[500] bzw. die Linkspartei[501], sie sei in Teilen „verfassungsfeindlich“, oder auch an den Verbotsforderungen gegen die NPD, die auf eine gesellschaftliche Signalwirkung abzielen. Dazu kam inzwischen noch eine dritte Verwendung, der zumeist negativ unter dem Begriff der „Symbolpolitik“ verschlagwortet wird. Der Begriff ist damit doppelt belegt, denn hier ist nicht die Schaffung von Symbolen zur Stabilisierung des Grundkonsenses gemeint, sondern eine Politik, die sich weniger auf die Bekämpfung eines Problems denn einen demonstrativen, aber unproduktiven Aktionismus beschränkt. Derartige Vorwürfe werden in erster Linie bei der etwa von Leggewie und Meier aufgeworfenen Frage laut, ob rechtsextremistisch motivierter Gewalt durch Vereins- oder Parteiverbote begegnet werden könne. Doch auch Jesse kritisiert derartige „Ersatzhandlungen“.[502] Eventuell zeichnet sich hier eine Wende ab, wenn NPD und NSU in einem Maße miteinander verstrickt sind, dass ein Parteiverbot tatsächlich der Gewalttätigkeit ihre Mittel nimmt. Die Debatte hat sich damit geändert: Der Fokus liegt nicht mehr auf dem Schutz der Demokratie. Bei dem „missbrauchten“ demokratischen Mittel handelt es sich nur noch um eine fehlgeleitete Parteifinanzierung. Bei den „missbrauchten“ Grundrechten nur um die Privatsphäre, in der die Anschlagsvorbereitungen getroffen wurden.[503] Wird der NPD Gewalt oder Terrorismus vorgeworfen, so muss das Bundesverfassungsgericht nur noch – wie jedes andere Gericht auch – eine Beweiswürdigung vornehmen. Die Bewertung der politischen Inhalte kann es dann aber aussparen.

Allerdings verlässt eine derartige Argumentation das Konzept der Streitbarkeit, da das Verhalten der Partei in strafrechtlichen Kategorien erfasst werden kann. Ob man konkret Gewalt und Terrorismus nun noch als demokratiefeindlich, als extremistisch (wie etwa Leggewie und Meier es tun) oder schlicht kriminell bezeichnet, ist dann nur noch eine Frage der Rhetorik. Um ein Instrument der Streitbarkeit handelt es sich aber bei einem so gewendeten Parteiverbotsverfahren kaum noch: Terror- und Gefahrenbekämpfung dienen dem Schutz menschlichen Lebens und der Stabilisierung des Staates. Sie können nach den klassischen Methoden beobachtet, verfolgt und geahndet werden, ohne dass das Parteiverbot zusätzliche Handhabe bietet.[504] Streitbarkeit ist als Ergänzung zum Strafrecht konzipiert. Wird die Streitbare Demokratie dazu genutzt, Rechtsgehorsam einzufordern, so geht sie im Legalitätssystem auf und bietet keinen Mehrwert. Im Gegenteil: Es wird auch die Idee aufgegeben, dass es sich bei der Streitbaren Demokratie nicht um die Bestrafung geht, sondern um den Schutz demokratischer Grundprinzipien.[505] Stattdessen müssen nun alle relevant scheinenden Schutzgüter mit strafrechtlichen Sanktionen bewehrt werden. Diese Schutzgüter stellen dabei unvermeidbar immer noch Wertentscheidungen dar.[506] Damit geht die spezifisch politische Qualität der Verfassungswidrigkeit (im Gegensatz zur Rechtswidrigkeit)[507] verloren, Verfassungswidrigkeit wird verrechtlicht. Zur Idee des Parteiverbots im Rahmen der Streitbarkeit gehört, dass der Partei ihre Einflussmöglichkeiten genommen werden, ohne dass dann noch die Erforderlichkeit besteht, auch noch gegen ihre Mitglieder einzeln vorzugehen. Konkret für das NPD-Verbot ist dieser Ansatz kaum mehr plausibel – sollte die Partei Gewalt oder Terror fördern, so müssen sich die Mitglieder für diese eindeutig illegalen Taten nicht vor dem Verfassungsgericht, sondern dem Strafgericht verantworten.[508]

4 Demokratiefeinde im öffentlichen Dienst

4.1 Vorgeschichte: Die Nachkriegszeit

Schon an den insgesamt gescheiterten Entnazifizierungsdirektiven der Alliierten zeigt sich, wie wenig effektiv Strafverfahren als Instrument des Demokratieschutzes sein können: Der von den Besatzungsmächten zu bekämpfende Demokratiefeind war durch eine Mischung aus illegalem und lediglich illegitimem Verhalten gekennzeichnet. Politik und Verwaltung sollten nicht nur ideologisch gereinigt, sondern Mitläufer wie Protagonisten des Nationalsozialismus auch zur Verantwortung gezogen werden. Die Direktiven waren dementsprechend als Sicherheits- und als Sühnemaßnahme gleichermaßen konzipiert. In den Augen der Militärregierung mussten Nazitum und Militarismus erst ausgerottet und die Bevölkerung für den demokratischen Neuaufbau umerzogen werden, bevor Hoffnung auf „ein anständiges Leben für Deutsche“ bestand.[509] Das scheiterte jedoch: Neben der problematischen Handhabung im Einzelnen wurden die Direktiven vielerorts als Eingriff in innerdeutsche Angelegenheiten betrachtet. Durch ihren Tribunalcharakter wurde Nationalsozialismus zur „Leiche im Keller“ der Deutschen und seine Überwindung nicht als Lernprozess verstanden. So kommt Jenke zu dem Urteil:

„[W]ährend das […] Ausland das Anwachsen rechtsradikaler und neonazistischer Strömungen in der Bundesrepublik während der fünfziger Jahre mit immer größerer Besorgnis verfolgte, schickte man sich in Deutschland an, die Vergangenheit durch Vergessenwollen und Vergessenmachen zu bewältigen.“[510]

Es kam weniger zu einer echten Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit als vielmehr zum allgemeinen Bestreben, einen historischen Schlussstrich zu ziehen.[511] Kirchheimer kommt zu dem vernichtenden Fazit, es sei nicht gelungen, zwischen Führern und Gefolgsleuten zu unterscheiden. Durch den Massencharakter der Verantwortung verkam das Verfahren zur „papiernen Aktenprozedur“.[512] Sehr bald mussten die Alliierten zurückrudern und „… ihr eigenes Geistesprodukt in einer Sturzflut von Amnestien ertränken“. Die Chance, die Schuldigen für die Verbrechen des Nationalsozialismus zur Verantwortung zu ziehen, war damit vertan. So gesehen waren die Entnazifizierungsbestimmungen an der Überfrachtung ihrer Zielstellung gescheitert, insbesondere an der Vermengung aus Demokratisierungs- und Bestrafungsansätzen: Wer bestraft wurde, fühlte sich weniger bekehrt als belehrt.

In den Augen der Alliierten war die Nachkriegssituation prekär: Zur sehr waren sie von den Aufrufen zum „Durchhalten bis zum letzten Mann“, zur „Todfeindschaft“ und zum „Niemals kapitulieren“ beeindruckt. Noch bis 1950 musste, wer die politische Szene in Deutschland genauer betrachtete, eine Radikalisierung der Politik durchaus befürchten.[513] Doch schon der Parlamentarische Rat arbeitete keinerlei Entnazifizierungsgesetze mehr in das Grundgesetz ein. Allen Sorgen vor politischer Radikalisierung zum Trotz überwog schon zu diesem Zeitpunkt die Sorge vor den negativen Auswirkungen der Entnazifizierung. Wie sehr damit gerade die Sühne- und Demokratisierungsansätze gescheitert waren, zeigt exemplarisch der Konflikt zwischen Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof zur Frage, wie mit der Beamtenschaft des Nationalsozialismus umzugehen sei: Der Bundesgerichtshof und viele bedeutende Verfassungsjuristen waren der Auffassung, der Beamte sei ein neutraler Diener des wie auch immer gearteten Staates, man könne ihn deshalb für sein Wirken unter nationalsozialistischer Herrschaft nicht zur Verantwortung ziehen. Dementsprechend sei es nicht gerechtfertigt, ihn in der Bundesrepublik aus dem Staatsdienst zu entfernen.[514] Das Bundesverfassungsgericht teilte diese Auffassung nicht: Nach dem Systemwechsel 1933 wurde der Treueeid der Beamten auf Hitler ausgerichtet, wer Regimegegner war oder „mangelndes“ antisemitisches Verhalten an den Tag legte, konnte sich nicht im öffentlichen Dienst halten. Daher, so das Gericht, könne man bei NS-Beamten nicht von einer neutralen, staatsloyalen Haltung zur Bundesrepublik ausgehen. Er kommt zu dem Schluss: „Die zum Deutschen Reich bestehenden (unmittelbaren und mittelbaren) Beamtenverhältnisse sind […] mit dem Zusammenbruch von selbst erloschen.“[515] Dieses Beamtenurteil führte aber kaum zu Einsicht und Schuldbewusstsein, sondern rief lediglich massive Proteste hervor.[516] Auch ist umstritten, inwieweit der bundesdeutsche Staat tatsächlich von ehemaligen Nationalsozialisten freigehalten werden konnte. Preuß etwa kommt zu der Einschätzung, dass „… die Kader der faschistischen Apparate in Staat, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ohne Schwierigkeiten […] nicht nur integriert, sondern wiederum in den machtkonzentrierten Positionen bestätigt wurden.“[517] Doch es ist schwierig, eine solche Interpretation der Geschichte eindeutig auszumachen: Schon 1950 und damit noch Jahre vor diesem Urteil beschloss die CDU-Regierung mit dem sogenannten Adenauer-Erlass, allen öffentlich Bediensteten die Mitgliedschaft in Organisationen zu verbieten, die von der Bundesregierung als „verfassungsfeindlich“ eingestuft wurden. Unter Innenminister Gustav Heinemann wurde eine Schwarze Liste mit Vereinigungen erstellt, die von der Regierung als „Gegner der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung“ eingestuft wurden.[518] In diesem Zusammenhang wurden Anhänger etwa der SRP, der KPD oder der FDJ aus dem Bundesdienst entlassen.[519] Doch weder begründete sich der Erlass mit der Überwindung der nationalsozialistischen Vergangenheit, noch wendete er sich fokussiert gegen Nationalsozialisten. Vielmehr hatte er eine antikommunistische Schlagseite: Insgesamt wurden („insbesondere“) zehn kommunistische und nur drei nationalsozialistische Vereinigungen benannt, „deren Unterstützung mit den Dienstpflichten unvereinbar sind.“[520] Rechtliche Grundlage dafür war das im gleichen Jahr erlassene „Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen“, das eine Übergangslösung zwischen dem Deutschen Beamtengesetz von 1937 und dem Beamtenrechtsrahmengesetz darstellte. Im Absatz 3 wurde dabei das Deutsche Beamtengesetz so modifiziert, dass „die im Dienst des Bundes stehenden Personen […] sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsordnung bekennen [müssen]“ – per Diensteid.[521]

Diese hemdsärmelige Haltung gegen die damals schwer zu kalkulierenden Gefahren einer zunächst rechten, nun aber auch einer kommunistischen Unterwanderung prägte auch das Handeln der ersten deutschen Bundesregierung, insbesondere durch die Eskalation des Ost-West-Konfliktes und den Koreakrieg.[522] Daneben lag dieser Aktionismus auf Verwaltungsebene auch darin begründet, dass sich das Bundesverfassungsgericht noch nicht konstituiert hatte und etwa für ein Parteiverbot noch nicht eingeschaltet werden konnte. Die vereinzelten Proteste gegen die Gesetzgebung verschwanden dementsprechend nach der Gründung des Gerichts, als dort offizielle Feststellungsanträge gegen die SRP und die KPD eingingen.[523] Auf der anderen Seite wich man auf Landesebene vereinzelt wieder von dieser Regelung ab: So gestatte die niedersächsische Landesregierung Beamten und Angestellten die Mitgliedschaft der SRP, wenn diese sich mit einer Unterschrift zum sozialen und demokratischen Rechtsstaat bekannten (vgl. Kap. 3.1). Absurderweise wurde dies gerade durch die großen Erfolge der SRP ermöglicht: Sie machten es erst notwendig, sich mit ihr zu arrangieren.[524] Anfang der ‘60er äußert Jenke die Sorge, dass totalitäre Ideologien aufgrund der fehlenden Distanzierung vom Nationalsozialismus wieder gesellschaftsfähig werden könnten. Er schildert, wie wenig Bürger und Staat teilweise bereit waren, für ihre Vergangenheit Verantwortung zu zeigen und Lehren aus ihr zu ziehen. Der Nationalsozialismus wurde als Unfall abgetan, Fragmente seiner Ideologie sedimentieren in der Nachkriegsgesellschaft.[525]

4.2 Der Extremistenbeschluss

4.2.1 Die Notwendigkeit

Mit der nachfolgenden Generation wurde Kritik an der fehlenden Aufarbeitung und am „faschistoiden“[526] Gebaren des Adenauer-Kabinetts laut. Ausgelöst wurde der Legitimationsschwund 1962 durch die Kubakrise, Atomangst (sowohl vor Kernenergie als auch der nuklearen Aufrüstung) und in diesem Zusammenhang auch die Spiegelaffäre.[527] Doch schwand nicht nur die Identifikation mit der gegenwärtigen Politik, sondern auch mit dem politischen System der Bundesrepublik insgesamt.[528] Insbesondere im studentischen Umfeld formierten sich die neuen sozialen Bewegungen, die dem „Establishment“ den Kampf ansagten, die parlamentarische Demokratie als Feigenblatt einer sich faschistisierenden oder nie wirklich entnazifizierten Bundesrepublik geißelten. In der Notstandsgesetzgebung 1968 erblickte man die Rückkehr zu einem über Ermächtigungsgesetze gesteuerten Notstands- und Unterdrückungsstaats.[529] In der außerparlamentarischen Opposition fand diese Ablehnung im selben Jahr ihren Höhepunkt. Als soziologische Ursachen für diese Entfremdung macht Sontheimer die Sinnentleerung in der Zeit des individuellen und gesellschaftlichen Wohlstands aus, aber auch das Misstrauen gegenüber einem oligarchischem Parteien- und Regierungsfilz. Parteien wurden als ideologisch indifferente Karrieremaschinen betrachtet. Die Kritiker lehnten die konkrete Ausgestaltung des Grundgesetzes in Gänze ab: Das parlamentarische Parteiensystem (wie es laut Bundesverfassungsgericht Strukturmerkmal der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist) habe dabei versagt, die demokratischen Ideale des Grundgesetzes zu verwirklichen.[530] Auch wenn die Proteste in den Folgejahren abebbten, blieb diese fundamentalkritische Haltung in Teilen der Bevölkerung bestehen. Eine subjektive „Krise des Bewusstseins“, so Sontheimer, war der faktischen Prosperität entgegen gerichtet. Es galt unter Intellektuellen sogar als chic, radikal zu sein. Liberale Toleranz wurde als Instrument der Repression abgelehnt.[531] Man begnügte sich mit einer „pessimistischen Nabelschau“, statt das vorliegende System konstruktiv zu stützen.[532] Durchaus selbstkritisch konstatiert auch Wellmer, man habe sich zu sehr auf die Ablehnung des Bestehenden versteift und dabei sowohl vergessen, eine eigene Konzeption gesellschaftlicher Freiheit zu entwickeln, als auch die progressiven und emanzipatorischen Gehalte der bürgerlichen Demokratie anzuerkennen.[533] Damit wurde systematisch die Legitimität des nach Sontheimer objektiv gut funktionierenden Systems untergraben. Er sieht in der Art, wie linke Professoren der akademischen Jugendbewegung wohlwollend Aufmerksamkeit und Gehör verschaffen, Parallelen zur Endphase der Weimarer Republik, wo auf dieselbe Weise der nationalsozialistischen Jugend Anerkennung gezollt wurde.[534] Er warnt vor dieser jovial-verständnisvollen Haltung.[535] Es fehle, so Sontheimer, nach wie vor an einer starken und kontinuierlichen historischen Tradition demokratischen Lebens.[536] Ähnlich argumentiert Kriele, der mit Blick auf die Erosionserscheinungen der politischen Kultur Sicherungsmechanismen für die Bundesrepublik fordert. Der Wunsch nach einer „entspannten Wirklichkeit“ dürfe nicht die Wahrnehmung der Realität überlagern, Schutzmaßnahmen seien notwendig. „Wenn wohlmeinende Kritiker aus [westlichen] Ländern uns mehr Großzügigkeit empfehlen, so kennen sie nicht den geistig-politischen Resonanzboden, auf den sie in der Bundesrepublik treffen“, so Kriele.[537] Auch Kielmansegg erblickt in der Bekämpfung dieser Bewusstseinskrise die neue Aufgabe der Streitbaren Demokratie.[538] Die größte Herausforderung ist nicht mehr die Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegen ihre Feinde. Stattdessen wird die Legitimation der Bundesrepublik durch die rhetorische und ideologische Härte erschüttert, mit der der Streit um die konkrete Ausgestaltung (oder: „Verwirklichung“) dieser Grundordnung tobt: „Wir haben es offensichtlich mit Fehlentwicklungen der politischen Kultur […] zu tun, mit einem erschreckenden Verfall jener politischen Urteilskraft, die ein freiheitliches Gemeinwesen bei seinen Bürgern voraussetzt.“[539]

Derartige Sorgen vor erneuter, antidemokratisch initiierter Instabilität fanden im sogenannten Extremistenbeschluss Ausdruck.[540] So beschlossen die Ministerpräsidenten 1972 zusammen mit Willy Brandt, den Adenauer-Erlass durch die „Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst“ zu aktualisieren und für die Bundesländer zu bekräftigen.[541] Dazu trat der Wille der SPD/FDP-Koalition, Handlungsbereitschaft zu demonstrieren und dem Vorwurf mangelnder Abwehrbereitschaft aus den Reihen der opponierenden Christdemokraten zu begegnen.[542] Der Beschluss kann damit auch als Kompensation für die weiche außenpolitische Haltung gegenüber der Sowjetunion betrachtet werden.[543] Rechtliche Grundlage des Beschlusses war die Bestimmung des seit 1957 geltenden Bundesrechtsrahmengesetzes. Die Regierungschefs von Bund und Ländern forderten, der Bewerber müsse Gewähr dafür bieten, „… dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung […] eintritt“. Auch der schon im Dienst stehende Beamte wurde verpflichtet, „sich aktiv innerhalb und außerhalb des Dienstes für die Erhaltung dieser Grundordnung einzusetzen.“[544] Die Ministerpräsidenten einigten sich darauf, dass für jede Bewerbung beim Verfassungsschutz eine Anfrage zu stellen ist, ob Anhaltspunkte für begründete Zweifel an der Verfassungstreue – das heißt: an der Bereitschaft des Bewerbers, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten[545] – vorliegen. In diesem Fall hatte der Betroffene die Möglichkeit zu einer protokollierten Anhörung. Konnte er dabei die Zweifel an seiner Loyalität zur Verfassung nicht zerstreuen, wurde er abgelehnt. Karl Dietrich Bracher stellt mit Blick auf diesen Beschluss fest, dass hier im Vergleich zu den ersten Jahren der Bundesrepublik eine Verschiebung der Gefahrenwahrnehmung vorliegt. Wo es in den Anfangsjahren gegen vordemokratische und neonazistische Bedrohungen größeren Ausmaßes ging, versuchte man jetzt insbesondere der „Unterwanderung, Aushöhlung und Umfunktionierung“ vorzubeugen. Das, so Bracher, entspräche aber durchaus dem erklärten Sinne des Grundgesetzes, der Situa­tion entsprechende Instrumente zur Extremismusabwehr zu besitzen.[546] Das Bundesverfassungsgericht bestätigte den Extremistenbeschluss: Es seien „Krisenzeiten und ernsthafte Konfliktsituationen“, in denen der Staat auf die politische Treue seiner Angestellten angewiesen ist.[547] Kriele ergänzt: Der Staat muss sich gerade in einer solchen Stunde darauf verlassen können, dass Straßen- und Schienenverkehr, Informationskanäle und Stromversorgung funktionsfähig bleiben und nicht durch Extremisten stillegelegt werden.[548] Auch Kielmansegg sieht in der Verpflichtung zu Verfassungsloyalität bei öffentlich Angestellten die neue Aufgabe der Streitbaren Demokratie.[549]

Auf der anderen Seite lagen die massiven Studentenproteste schon Jahre zurück, bevor es zum Extremistenbeschluss kam: Der SDS als Kern der Protestbewegung war schon Ende der ‘60er in unbedeutende Splittergruppen zerfallen.[550] Die ’68er-Bewegung hatte im namensgebenden Jahr ihren Zenit überschritten. Sontheimer sieht die Ursachen des Beschlusses in Dutschkes Aufruf zum „Langen Marsch durch die Institutionen“ und seiner Folge, dem Linksterrorismus ab den ‘70er Jahren, begründet.[551] Effektiv richtete sich der Beschluss vor allem gegen die DKP.[552] Allerdings wurde die Neue Linke in erster Linie durch die isolierten K-Gruppen maoistischer Prägung fortgeführt, nicht durch die marxistisch-leninistische DKP. Viele Anhänger der Außerparlamentarischen Opposition lehnten den orthodoxen, das heißt den parlamentarischen Weg der DKP als reaktionär ab.[553] Das heißt: Man versuchte, der von Dutschke proklamierten, aber schon zerfallenen Unterwanderungsbewegung der Neuen Linken zu begegnen[554], wobei man die RAF zum Anlass nahm[555] (die allerdings die Pläne einer legalistischen Unterwanderung längst hinter sich gelassen hatte) und die DKP diskriminierte (die ideologisch eher in Konkurrenz zu Neuen Linken stand)[556]. Insofern scheint es, als handle es sich bei dem Beschluss eher um eine symbolische – der echten Auseinandersetzung vorgelagerte – Aktion gegen eine diffuse Unsicherheit gegenüber linker Demokratiefeindlichkeit. Alternativ lässt sich der Extremistenbeschluss aber auch als Antwort auf sowjetische Unterwanderungsversuche verstehen, vor denen tatsächlich Sorge bestand.[557] Dann wären lediglich die Anlässe (die Neue Linke und der RAF-Terrorismus) vorgeschoben. In jedem Fall fiel die Auseinandersetzung mit linker Demokratiefeindlichkeit etwas oberflächlich aus. Illustrativ ist hierfür eine Stellungnahme des Juristen Karl Doehrings: Dieser sieht etwa die Ambitionen der DKP, durch die Institutionen zu marschieren, dadurch belegt, dass diese sich zum kommunistischen Manifest bekennt, in dem wiederum zum gewaltsamen Umsturz der bisherigen Systeme aufgerufen wird.[558] Diese eher assoziative Begründungskette drückt die unklare Gefahrenwahrnehmung aus. Das wird auch bei Kriele deutlich: Er verteidigt den Beschluss, den er für notwendig hält, solange das politische System nicht ausreichend emotional stabilisiert ist. Er belegt die Instabilität mit dem Verweis auf die geistes- und sozialwissenschaftliche Intelligenz des Landes, die lediglich die repressive, nicht aber die freiheitssichernde Seite des Beschlusses erkennen wolle.[559] Damit bewegt er sich argumentativ nahe an einem Zirkelschluss: Wenn, wie er selber festhält, diese Intelligenz verstärkte Sicherheitsmaßnahmen ablehnt, dann kann deren Ablehnung nicht gleichzeitig ein Indikator für die Instabilität des Systems und damit die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen sein. Sicherungsmaßnahmen, die nicht nur in seinen Augen die Emotionen teilweise wieder hochkochen ließen. „Es grollt. Nun streiken und demonstrieren sie wieder.“, konstatiert 1972 die „Zeit“.[560]

4.2.2 Die Kritik

„So weit ist es nun schon gekommen“, klagt der Professor und spätere Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem, als er eine Atmosphäre der Paranoia im studentischen Alltag schildert.[561] Andere Hochschulprofessoren stimmen ihm zu: Selbst Kriele stellt an den Hochschulen und in Diskussionen „ein Klima des Schweigens und des Sich-Belauerns, des Heuchelns, der geflissentlichen Anpassung“[562] fest. Begriffe wie „Berufsverbot“, „Radikalenhetze“ und „Gesinnungsschnüffelei“ machten die Runde. Gleichzeitig riefen die Proteste gerade in der konservativen Fachwelt Kopfschütteln hervor. Fuchs und Jesse kritisieren die polemische Auseinandersetzung mit der Frage, welche Haltung der Staat gegenüber Extremisten im öffentlichen Dienst einnehmen solle: 99 Prozent der Bewerber hatten keinen Eintrag beim Verfassungsschutz. Zudem wurde den Bewerbern gegebenenfalls die Möglichkeit zur Rechtfertigung zugestanden, so dass in letzter Instanz (nach Schätzung von Fuchs und Jesse) lediglich 0,04 bis 0,05 Prozent der Bewerber aufgrund von Loyalitätszweifeln abgelehnt wurden. Das heißt: Erst die Debatte über die Maßnahme und insbesondere polemisierende Dozenten schürten Panik. Jesse wendet sich auch gegen die „historischen Parallelen“, die mit Blick auf die Beamtengesetzgebung während des Nationalsozialismus ausgemacht werden. Diese Analogisierung, so Jesse, ist zu grob und vor allem inkorrekt: Schließlich geht es gerade nicht darum, demokratische Kritiker auszuschalten, sondern kritische und gleichzeitig verfassungsloyale Beamte zu gewinnen. Verfassungstreue ist lediglich ein spezifisches Eignungsmerkmal, dessen Notwendigkeit man am Niedergang der Weimarer Republik ablesen kann.[563] Allerdings widerlegen diese Ausführungen nicht, dass die Atmosphäre vergiftet war, sondern können vielmehr als Versuch der Aufklärung und Versachlichung begriffen werden. Doch entkräften sie nicht die Vorwürfe, der Extremistenbeschluss sei eine Misstrauenserklärung[564]. Im Gegenteil: Die geringen Ablehnungsraten legen nahe, dass der Beschluss gar nicht notwendig gewesen wäre.

Warum stellte sich dieses Problem nicht schon in den ’50er Jahren und wurde ähnlich moralisiert? Zum einen hielt man den Beschluss damals für unnötig: Das Szenario des Kalten Krieges galt als überholt, die demokratischen Kräfte als gestärkt, eine ernsthafte Bedrohung durch links- oder rechtsextreme Kräfte wurde nicht wahrgenommen.[565] „Die größte Gefahr, die eine Demokratie von innen bedrohen kann, das sind nicht so sehr die ihr feindlich gesonnen kleinen Gruppen. Das ist Mitläufertum.“, konstatiert Grosser.[566] Der Staat brauche, so sein Eindruck, weniger den unbedingt loyalen Angestellten, sondern vielmehr den Beamten, der, falls notwendig, die Grundfreiheiten gegen eine ausufernde, sich autoritär entwickelnde Staatsmacht verteidigt. Insgesamt wurde der Extremistenbeschluss also als unnötiges Instrument politischer Einflussnahme auf den Meinungskampf verurteilt, das sich unter dem Deckmantel neutraler Administrationsverfahren verbarg.

Zum anderen mutete die Handhabe des Extremistenbeschlusses intransparenter und willkürlicher an als der Adenauer-Erlass. Michael Hofferbert kritisiert die Ungenauigkeit der Neuauflage, mit der es möglich wurde, breit gestreut politisch missliebige Kandidaten „zum Abschuss freizugeben“.[567] Der Adenauer-Erlass hatte die Regeln klar gesetzt: Es wurde eine Liste mit 13 Organisationen offiziell verkündet, deren Mitgliedschaft nicht mit einer Anstellung im öffentlichen Dienst zu vereinbaren war.[568] In den ‘70ern dagegen wurde „[d]ie unmittelbare, tatbestandsbezogene, auf einen festen Adressatenkreis bezogene Repression […] abgelöst und verschärft […] durch eine generalpräventive, kollektive Drohgebärde der politischen Justiz ...“, wie Jaschke vernichtend urteilt.[569] Seifert beobachtet hier die Verselbständigung der Streitbaren Demokratie vom Grundgesetz.[570]

4.2.3 Die Feststellung

Tatsächlich entzündete sich gerade am Verfahren, mit dem fehlende Verfassungstreue festgestellt werden sollte, erhebliche Kritik.[571] Durch die Logik, erst in der Krise verhalte sich der verfassungswidrig gesinnte Beamte verfassungswidrig, musste auf die „innere Haltung“ statt das Verhalten des Beamten rekurriert werden[572]. Praktisch gestaltete sich das problematisch: Wie ist eine Prüfung der Geisteswelt des Bewerbers im Rahmen des Rechtsgebots möglich?[573] Laut Extremistenbeschluss waren Zweifel an der Verfassungstreue vor allem dann begründet, wenn der Bewerber einer Organisation angehört, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.[574] Doch das Parteienprivileg machte es in den Augen vieler Beobachter problematisch, ohne die Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht ein Parteimitglied abzulehnen.[575] Dem Adenauer-Erlass folgten zeitnah die Verbotsanträge gegen SRP und KPD.[576] Gegen die DKP etwa blieb ein solches Verfahren aus zwei Gründen aus:

Erstens scheute man die Verbindlichkeit des Gerichtsurteils: Stellt das Gericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, so kann die Mitgliedschaft zwar als Anlass genommen werden, einen Bewerber abzulehnen, doch gleichzeitig würde das neben einem Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst folgenreichere Mechanismen auslösen.[577] Insbesondere ist es gemäß Art. 46 III BVerfGG nach der Feststellung von Verfassungswidrigkeit keine Frage der Opportunität mehr, ob die betroffene Partei verboten wird.[578] Erwägungen, die etwa für das Tolerieren der DKP sprachen, würden nivelliert. Das heißt, es liegt hier nicht nur der klassische Konflikt um das Pareto-Optimum von Rechtsstaatlichkeit und Wirksamkeit[579] vor, sondern ein Maximum an Rechtsstaatlichkeit durch den Gang vor das Bundesverfassungsgericht scheint aufgrund der daraus resultierenden Verbindlichkeit zu viel des Guten. Insofern handelt es sich um Erwägungen für ein abgestuftes, differenziertes Opportunitätsprinzip. Anstelle der Frage: „Ist ein Trend so gefährlich, dass wir gegen ihn vorgehen müssen?“ lautet die Erwägung hier: „Falls der Trend nur ein bisschen gefährlich ist, sollten wir gegen ihn auch nur ein bisschen (das heißt: Ablehnung ohne Parteiverbot) vorgehen?“ Hier läuft das Problem mit der Kritik zusammen, die Scherb später mit Blick auf das NPD-Verbotsverfahren formuliert: Es ist kontraproduktiv, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei direkt an ihr Verbot gekoppelt ist – im Gegensatz zur Aberkennung eines individuellen Grundrechts, das keinerlei Automatismen impliziert. Eine gewisse Absurdität bekommt die Problematik zusätzlich dort, wo der Extremistenbeschluss als maßvolles Ersatzinstrument des Parteiverbotes betrachtet, aber in eine ähnlich rigide Logik wie das Legalitätsprinzip gestellt wird. Friedrich Vogel und Rüdiger Annecke etwa rechtfertigen den Extremistenbeschluss damit, dass man nicht auf die politische Bekämpfung „verfassungsfeindlicher“ Parteien verzichten dürfe, wenn man schon von einem Verbot absehe.[580] Ähnlich gelagert ist der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts, die politische Bekämpfung setze nicht erst ein Parteiverbot voraus.[581]

Zweitens war keineswegs gesichert, dass einem Verbotsantrag gegen eine Partei überhaupt Erfolg beschieden wäre (vgl. Kap. 3.3).[582] Klein betont die doppelte Schutzwirkung des Art. 21 II GG: So soll nicht nur die freiheitliche demokratische Grundordnung geschützt werden, der Schutz gilt auch den Parteien – und zwar auch diejenigen, deren Verfassungswidrigkeit noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist.[583] Es wäre ein (in den Debatten gelegentlich aber suggerierter) Kurzschluss anzunehmen, dass sämtliche Ablehnungen legitim waren und lediglich die offizielle Begründung ein Problem darstellte. Es gibt gute Gründe dafür, warum dem Bundesverfassungsgericht die Aufgabe zukommt, über die Verfassungswidrigkeit einer Partei zu urteilen. Ob gegen eine Partei vorgegangen werden muss oder nicht, ist nicht nur eine Frage der Opportunität, sondern vor allem auch ihrer tatsächlichen Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Erst in einem geordneten Gerichtsverfahren kann das zusammengetragene Anklagematerial strukturiert gesichtet und beurteilt werden, und auch erst hier bekommt der Angeklagte die Möglichkeit zur ausführlichen Rechtfertigung zugestanden.[584] Gerade DKP-Mitglieder hatten – und das nicht erst nach dem Urteil von 1976 – vereinzelt unter Bewertungen zu leiden, die massiv ungerecht scheinen. Die Betroffenen wurden in unverhältnismäßiger Härte mit dem zweifelhaften Stigma der Verfassungsfeindlichkeit überzogen, das effektiv einer Aberkennung politischer Individualrechte gleichkam.[585]

Es ist auffällig, dass diese beiden Einwände nicht kompatibel miteinander sind. Über den tatsächlichen ideologischen Status der DKP herrschte Unsicherheit. Der Extremistenbeschluss bezog sich im Titel wörtlich auf „Verfassungsfeindlichkeit“. Zumeist meint dieser Begriff, dass es sich dabei um noch eine nicht formell festgestellte, aber faktisch vorliegende Verfassungswidrigkeit handelt.[586] Auch das Bundesverfassungsgericht spricht sich im Urteil über den Extremistenbeschluss für die politische Bekämpfung von „verfassungsfeindlichen Zielen“ unterhalb des Parteiverbots aus.[587] Da dieser Begriff aber gerade aufgrund seiner juristischen Unbestimmtheit Verwendung fand, ist fraglich, inwieweit eine derartige Differenzierung zwischen Verfassungswidrigkeit und ‑feindlichkeit tatsächlich greift und nicht nur das Problem etikettiert. Das Bundesverwaltungsgericht argumentiert mit Blick auf die DKP, dass zwischen einer „kämpferisch-aggressiven“ Haltung, die Voraussetzung für ein Parteiverbot ist, und der reinen Ablehnung der Grundordnung unterschieden werden müsse, die für die Ablehnung eines Bewerbers genügt.[588] Doch diese Differenzierung betrifft lediglich die formale Ebene, sie beschreibt sozusagen den Sprung von der offenen zur latenten Demokratiefeindlichkeit. Die Frage nach der inhaltlichen Feststellung der Demokratiefeindlichkeit bleibt dadurch ungelöst. Kimmich geht sogar so weit zu behaupten, dass „… ein Mittelweg zwischen der Bejahung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und deren Ablehnung naturgemäß unmöglich ist …“[589] Die Hilfskonstruktion des Mittelweges ist also nicht zielführend. Die Frage bleibt ungelöst, inwiefern einem Bewerber die Mitgliedschaft in einer Partei vorgehalten werden darf, deren Verfassungswidrigkeit nicht festgestellt worden ist. Deshalb konnte auch die Bestätigung dieser Praxis durch das Bundesverfassungsgericht das Problem nicht lösen. Es räumte ein:

„Ein Stück des Verhaltens, das […] erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, – unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht.“[590]

Offen bleibt trotzdem, wie verfassungsfeindliche Ziele ohne das Urteil des Gerichts festgestellt werden können. Kriele kritisiert: „Das Bundesverfassungsgericht behandelt die Verfassungswidrigkeit von Parteien, als sei sie eine Frage der Evidenz, die keiner rechtlichen Formalisierung bedürfe.“[591] In den Augen von Hofferbert gab das Bundesverfassungsgericht damit sein Spruchmonopol in Sachen Parteiverbot zugunsten der Administration auf.[592] Das greift etwas weit, bezog sich dieses Urteilsmonopol ja lediglich auf die Einstellung von Bewerbern im öffentlichen Dienst. Trotzdem schwand die Schutzfunktion des Gerichtsvorbehalts vor unkontrollierten Übergriffen hier effektiv. Das Bundesverfassungsgericht problematisiert diese Entwicklung nicht – im Gegenteil: Es erklärt in einem anderen Urteil negative Werturteile über nicht verbotene Parteien durch staatliche Stellen für zulässig. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich dabei um die legitime politische Auseinandersetzung mit einer als verfassungswidrig erachteten Partei handle, die sogar wünschenswert sei, weil sie ein Verbotsverfahren überflüssig mache.[593] Thiel sieht die Sperrwirkung des Verbotsartikels auf rechtliche Folgen begrenzt – andere Formen der Auseinandersetzung müssten möglich sein.[594] Das ist grundsätzlich plausibel. Im Falle des Extremistenbeschlusses fällt das aber beinahe zusammen – der Unterschied zwischen einer „juristischen Folge“ und einer Richtlinie ist minimal.

Das Konstrukt der „Verfassungsfeindlichkeit“ stellte auch die Verwaltung vor Probleme: Um den Fallstrick der Vorverurteilung einer Partei zu umgehen, wurde nach dem unklaren Urteil von 1975 die Mitgliedschaft nur noch selten als offizieller Grund aufgeführt. Es sollte der Eindruck vermieden werden, die Mitgliedschaft in dieser Partei wäre ausschlaggebend gewesen. So betrachtet konnte es für einen Bewerber sogar sinnvoll sein, einer verfassungswidrig scheinenden Partei beizutreten, nur um die Ablehnung zu erschweren.[595] In der Folge stieg der Informationsbedarf der Verfassungsschutzbehörden über Einzelpersonen immens: Für sich allein harmlose Aktivitäten mussten registriert, ausgewertet und im Zusammenhang mit anderen Handlungen betrachtet werden. Das Ergebnis dieser verstärkten Überwachungsmaßnahmen war, dass dem Bewerber plötzlich eine Vielzahl von Nichtigkeiten vorgehalten wurde, teilweise sogar private Diskussionsbeiträge.[596] Die Behörden mussten einen Erklärungsspagat vollziehen, sollten sie einerseits zwar gerade Mitgliedern der DKP (oder NPD) den Zugang in öffentliche Ämter beschneiden, duften aber andererseits die Mitgliedschaft nicht als offizielle Begründung anführen. Der Eindruck der willkürlichen und intransparenten Handhabe verstärkte sich: Gelegentlich wurden Scheingründe angeführt, in Einzelfällen wurde den Bewerbern sogar die friedliche Teilnahme an Demonstrationen, Bürgerinitiativen und kommunistischen Veranstaltungen zum Vorwurf gemacht.[597] Auch war zweifelhaft, ob sich aus der Verpflichtung, über jeden Bewerber gewissenhaft ein Urteil zu fällen, rechtfertigen ließ, dass schon potentielle Bewerber systematischer Beobachtung unterzogen wurden.[598]

Es scheint, als wäre das Grundproblem die Neudefinition des Extremisten zum subversiven Demokratiefeind gewesen. Die Exekutive versuchte, sich gegen Unterwanderungsbestreben in Stellung zu bringen. Doch es fehlte zwangsläufig an Kriterien, an denen man denjenigen hätte erkennen können, der im Verborgenen agiert.[599] Die Debatte darüber, welche Inhalte demokratiefeindlich sind, blieb anders als bei den Parteiverbotsverfahren zweitrangig – oder konnte sogar als Ablenkungsmanöver und damit als Teil der demokratiefeindlichen Untergrabungsstrategie abgetan und ignoriert werden.

4.2.4 Die Folgejahre

Nachdem eine Klärung durch das Bundesverfassungsgericht gescheitert war und sich auch auf Bundesebene keinerlei Einigung über das weitere Vorgehen erzielen ließ[600], ruderten insbesondere die Länder unter SPD- und FDP-Führung zurück. Sogar Heinemann warnte nun vor den Gefahren eines übertriebenen Verfassungsschutzes für die freiheitliche und demokratische Gesellschaft.[601] Auch CDU/CSU schwächten das Vorgehen etwas ab, indem sie Regelanfragen auf jene Bewerber beschränkte, die in die engere Auswahl kamen. SPD und FDP entfernten sogar den expliziten Bezug auf „verfassungsfeindliche Parteien“ aus dem Beschlusstext. Gleichzeitig verabschiedeten sie sich von Regelanfragen beim Verfassungsschutz. Stattdessen beschloss man, von der Verfassungstreue des Bewerbers auszugehen, bis sein Handeln Anlass zum Zweifel gab.[602] 1979 legte die Bundesregierung aus SPD und FDP die neuen, bewerberfreundlichen Prüfungsgrundsätze auch auf Bundesebene fest.[603] Der Extremisten­beschluss verschwand – nachdem er so viel seiner Effektivität eingebüßt hatte und teilweise zu einer bundeslandspezifischen Kuriosität verkommen war – aus der öffentlichen Wahrnehmung. Übrig blieb der schon vorher existierende Grundsatz der besonderen politischen Treuepflicht für Beamte – konkretisiert durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts und fixiert im Beamtenrechtsrahmengesetz (seit April 2009 im Beamtenstatusgesetz) – gegenüber dem Staat und seiner Verfassung.[604] Harsche Kritik äußert Detlef Stronk: SPD und FDP würden auf diesem Wege das Urteil des Bundesverfassungsgerichts unterwandern und sich in eine künstliche Unwissenheit flüchten.[605] Auch Kriele kritisiert das Vorgehen, in dem demokratische Formen und Verfahren nicht respektiert würden. Man habe diesen Rechtssatz durch seine Nichtanwendung preisgegeben. Stattdessen hätte man versuchen müssen, das Beamtenrechtsrahmengesetz anzupassen und etwa die Loyalitätsprüfung auf neuralgische, also sicherheitsrelevante Bereiche zu beschränken. „Künstlich erzeugte Stimmungen“ hätten Gesetze, Verfassung, Verfassungsgericht und demokratische Verfahren untergraben.[606] Andere Beobachter sahen das gemäßigter. Sogar Fuchs und Jesse bezeichneten eine solche Praxis als legitime Interpretation des Urteils.[607]

In den ‘80er Jahren wurde das Verfassungstreueerfordernis für nichtbeamtete Angestellte relativiert: Dies sei eine Frage der Geeignetheit des Bewerbers und damit abhängig vom konkreten Arbeitsgebiet.[608] Nach dem Anstieg von rechten Gewalttaten wurden die entsprechenden Regelungen für den Wehrdienst wieder aktuell.[609] Entlassungen von DDR-Bediensteten wurden durch andere Gründe gerechtfertigt.[610] 1995 wurde die niedersächsische Lehrerin Vogt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte rehabilitiert, die allerdings keine Anwärterin war, sondern aus der lebenslangen Beamtenschaft entfernt werden sollte.[611] Eine systematische, auf der Regelanfrage basierte Ausgrenzung bestimmter Parteimitglieder existierte zu diesem Zeitpunkt aber auch in Niedersachen nicht mehr. 1996 erweiterte aber die bayerische Staatsregierung die Bewerberprüfung um die Abfrage der Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation.[612] Aufmerksamkeit erregte der Fall eines Lehrers, dem in den Jahren 2004 und 2005 in Baden-Württemberg und Hessen die Anstellung verweigert wurde. Der Betroffene selbst interpretierte die Ablehnung als Versuch, den Extremistenbeschlusses wiederzubeleben.[613] Vor dem Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg und einem hessischen Verwaltungsgericht ließ sich die Ablehnung nicht aufrechterhalten: Die dem Bewerber vorgehaltene „Sündenliste“ genüge nicht, um Zweifel an dessen Verfassungstreue zu begründen.[614] Bezeichnend an diesem Fall ist, dass dem Bewerber nicht einmal mehr die Mitgliedschaft in einer als verfassungsfeindlich eingestuften Partei vorgeworfen wurde, sondern in einer Vereinigung nach Art. 9 GG. Heute findet sich diese Handhabe noch Bayern, doch eine ähnliche Regelung kam mittlerweile auch in Mecklenburg-Vorpommern zur Anwendung: Innenminister Lorenz Caffier verweigert mit Rekurs auf einen eigenen „Radikalen-Erlass“ Mitgliedern der NPD den Zugang zu politischen Wahlämtern, wenn diese eine Verbeamtung nach sich ziehen.[615] So wurden in zwei Kreisen NPD-Mitglieder von der Landratswahl ausgeschlossen.[616] Es ist augenfällig, dass es hier nicht mehr um das Argument geht, der Staat benötige loyale Beamte, sondern um den instrumentellen Zugriff des Konzeptes der Verfassungsfeindlichkeit, um darüber in die demokratische Willensbildung – sprich: die Wahl – einzugreifen. Dieser Schritt provozierte auch Widerspruch: Ralph Weber kritisiert, hier werde eine nicht vom Verfassungsgericht verbotenen Partei diskriminiert.[617] Verfassungsrechtlich ist ihm zuzustimmen, gerade mit Blick auf die Debatte der vergangenen Jahrzehnt,. Allerdings erhielt die Geschichte 2010 einen schalen Nachgeschmack, als Weber in Verhandlung mit NPD und DVU zur Gründung einer neuen Partei trat.[618] Eine elegante Lösung des Problems findet sich also offensichtlich auf dieser Ebene nicht.

2011 erließ das Familienministerium unter Kristina Schröder die sogenannte Extremismusklausel[619]. In einer Demokratieerklärung müssen sich seitdem Träger, die Förderungsmittel von diesem Ministerium erhalten, zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und zusichern, mit ihrer Arbeit förderlich für die „Ziele“ des Grundgesetzes zu sein. Außerdem müssen die Träger rechtsverbindlich Sorge dafür tragen, dass auch ihre Partner den Zielen des Grundgesetzes verpflichtet sind. In vielerlei Hinsicht ist diese Klausel nicht mit dem Extremistenbeschluss der ‘70er Jahre vergleichbar. Doch auch hier handelt es sich um eine rein administrative Regelung, durch die demokratiefeindliches Verhalten vom staatlichen Betrieb abgetrennt werden soll.[620] Kriterium ist hier ebenfalls das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und gegen „extremistische“ Strukturen. In der zu unterzeichnenden Demokratieerklärung findet sich als abschließender Satz: „Uns ist bewusst, dass keinesfalls der Anschein erweckt werden darf, dass einer Unterstützung extremistischer Strukturen […] Vorschub geleistet wird.“[621] Interessant ist dabei die Forderung nach dem korrekten „Anschein“. Das legt nahe, dass die Hauptsorge in der öffentlichen Wahrnehmung liegt, in der „[l]inksextreme Gewalt […] viel zu lange verharmlost [wurde]“, wie Schröder schon im Vorfeld erklärt.[622] So betrachtet handelt es sich bei dem Vorstoß wohl in erster Linie um den Versuch, die Deutungshoheit im klassischen Kampf um die inhaltliche Bestimmung von Extremismus zu gewinnen. Entsprechend kommt der Protest größtenteils aus dem linken Lager[623], während die Ministerin dagegenhält, man dürfe nicht „auf dem linken Auge blind sein“[624]. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Übergriffe war ihr Vorstoß erneut der größerer Kritik ausgesetzt, doch auch hier verteidigte Schröder die Klausel damit, es müsse für die freiheitliche demokratische Grundordnung geworben werden.[625]

4.3 Fazit

Wie ursprünglich auch Parteiverbote dienten die Regelungen im öffentlichen Dienst dazu, legal agierenden, auf strafrechtlichem Wege nicht fassbaren Demokratiefeinden Grenzen zu setzen. Auch ihr Nutzen bestand weniger darin, akute Gefahrensituationen abzuwenden, als vielmehr, das Eintreten solcher Situationen schon im Vorfeld zu verhindern. Von der ursprünglichen Streitbarkeit als Notstandskonzept gegen totalitäre Bewegungen im Inneren des demokratischen Staats ist auch hier nicht mehr viel geblieben. Die Bundesrepublik war das Ergebnis der Überwindung von Nationalsozialismus und Faschismus. Schon ihre Gründung ist Zeugnis dafür, dass der Notstand sein Ende gefunden hatte. Dementsprechend wurde das Konzept der Streitbaren Demokratie seit der Anfangszeit nicht mehr für den Abwehrkampf genutzt, sondern für die Konsolidierung der wenig demokratieerfahrenen Bundesrepublik, wie sie insbesondere durch die Entnazifizierungsdirektiven, den Adenauer-Erlass und dann die Parteiverbote umgesetzt werden sollte. Streitbare Demokratie hatte sich zu einem Konzept gewandelt, mit dem die politische Willensbildung gehegt, kultiviert und geschützt – oder negativ gewendet: stigmatisiert – werden soll. Sie wurde dazu herangezogen, um all das aus dem Spektrum politischer Willensbildung auszuscheiden, was mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in ihrer realen Ausformung nicht kompatibel war (oder nicht kompatibel schien). Damit war sie in den Augen ihrer Protagonisten ein Konzept zum Schutz der ideologischen Landschaft und des politischen Klimas, für Kritiker und Betroffene hingegen ein Werkzeug der politischen Unterdrückung und der Machtbehauptung des Establishments. Trotzdem wird ein wesentlicher Unterschied zwischen Extremistenbeschluss und den Parteiverboten deutlich: Im Gegensatz zu (auch angedrohten) Verbotsverfahren wurde er nicht umfunktioniert, um den Demokratiefeind näher zu bestimmen und dem Grundkonsens eine konkrete Form zu geben, sondern um der im Parteiverbot herausgearbeiteten Feindbestimmungen Nachdruck zu verleihen. Natürlich wurden teilweise großzügige Zusammenhänge zwischen Marxismus-Leninismus und den neuen sozialen Bewegungen hergestellt, doch eine eigenständige Neudefinition des Demokratiefeinds hätte sich schwierig gestaltet: Es fehlte ein gerichtlichen Tribunal, das – gemäß der Logik politischer Justiz – dem Vorgehen scheinbare Objektivität (nach Preuß) und Legitimität hätte verleihen können. Beim Versuch, unliebsame Personen vom Staatsbetrieb fernzuhalten, handelt es sich um einen Grenzfall zwischen Streitbarer Demokratie, Staatsschutz und Innerer Sicherheit. Die Regelungen zielten auf den Schutz des Staatsapparates ab, und – sieht man von Lehrberufen ab – nicht direkt auf den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Trotzdem wurde der Beschluss sprachlich immer wieder in Zusammenhang mit der Streitbaren Demokratie gebracht, weil nicht gegen potentielle Straftäter im klassischen Sinne vorgegangen werden sollte, sondern gegen Demokratiefeinde. Diese Funktion blieb lange Zeit unverändert. So kann der Extremistenbeschluss sogar als Versuch betrachtet werden, die repressive Funktion des schon in den ‘60er Jahren nicht mehr genutzten Parteiverbotes fortzuführen. Während ein Parteiverbot allerdings gegen die Organisation gerichtet ist und weniger gegen die Mitglieder, war es beim Extremistenbeschluss umgekehrt: Die demokratiefeindliche Organisationen und damit die „politische Willensbildung des Volkes“ selbst sollten unangetastet bleiben, aber die Einstellung von deren Mitgliedern beziehungsweise die schädliche Wirkung der Mitglieder auf den Staatsbetrieb verhindert werden.

Gleichzeitig krankte der Extremistenbeschluss durch die Entfernung von den klassischen Instrumenten der Streitbaren Demokratie an der legitimatorischen Leerstelle, die sich aus der fehlenden Einbindung des Bundesverfassungsgerichts ergibt. Der Adenauer-Erlass richtete sich gegen Kommunisten und Nationalsozialisten, deren Inkompatibilität mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung offensichtlich schien und gerichtlich bestätigt wurde. Die Wiederauflage in Form des Extremis­ten­beschlusses konnte daran nicht mehr anknüpfen, weil der neue Demokratiefeind nicht mehr offen erkennbar war. Die Kritik kulminierte deshalb am Feststellungsverfahren: Wenn die politische Meinung geschützt ist und Ausnahmen durch das Verfassungsgericht bestätigt werden müssen, lässt sich ein rein administratives Vorgehen kaum rechtfertigen, ohne als „Gesinnungsterror“ betrachtet zu werden. Der demokratietheoretisch aufgeladene Extremistenbeschluss orientierte sich an der Logik des klassischen Mechanismus der Streitbarkeit, dem Parteiverbot[626], adaptierte aber dessen Konzeption nicht ausreichend konsequent: Die restriktive Anwendung der Streitbaren Demokratie, der Schutz vor unkontrollierter Anwendung durch das Parteienprivileg, wurde verworfen.[627] Seifert kritisiert mit Blick auf den Extremisten­beschluss, dass die klassischen Mittel der Streitbaren Demokratie (Art. 9 II GG, Art. 18 GG, Art. 21 II GG) keine Anwendung mehr fanden. Es wurde nicht mehr geprüft, inwieweit tatsächlich eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung vorliegt, sondern durch die Konstruktion einer Verfassungsfeindlichkeit die Diskriminierung vorverlagert und die Selbstbeschränkung der Streitbaren Demokratie unterlaufen.[628] Tatsächlich sollten ja gerade diese klassischen Instrumente umgangen werden, weil sie nicht mehr adäquat schienen: Im Falle einer Verbotsniederlage wäre man den subversiven Kräften hilflos ausgeliefert gewesen. Im Falle eines Verbotserfolgs bestand die Gefahr, durch dessen repressive Folgen die Legitimationskrise nur zu verschärfen. So sollte der Extremistenbeschluss einerseits das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgehen, andererseits war er eigentlich auf die legitimierende, den Demokratiefeind definierende Kraft eines verfassungsgerichtlichen Urteils angewiesen gewesen.

Dabei gibt es durchaus Argumente, die dafür sprechen, auch ideologische Kriterien für die Anstellung im öffentlichen Dienst zu entwickeln. Allerdings hätte dies der konzeptionellen Entkopplung vom Konzept der Streitbaren Demokratie bedurft. Das Bundesverfassungsgericht betont selber: „Die politische Treuepflicht – Staats- und Verfassungstreue – fordert mehr als nur eine formale korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung.“[629] Diese Treuepflicht ist ein Eignungsmerkmal für die Arbeit im öffentlichen Dienst, kein Zulassungskriterium für die Teilhabe an der politischen Willensbildung. Ohne selbst darauf aufmerksam zu machen oder die Streitbare Demokratie vom Extremistenbeschluss abzutrennen, entwickelt Kielmansegg ebenfalls diese alternative Begründung: In seinen Augen ist das Konzept der notwendigen Verfassungstreue lediglich Ausdruck des Geltungsanspruchs der Verfassung: „Eine Verfassung gilt, lebt, wirkt ja nicht aus eigener Kraft, sie wird zu geltenden lebenden, wirkenden Verfassung erst durch die, die Amtsgewalt innehaben.“[630] Der Beamte darf in seiner Funktion weniger Gestalter der Verfassungsordnung[631] denn Vehikel und Träger des artikulierten Volkswillens sein. Nach Kimmich leistet der Beamte im demokratischen Staat „einen Dienst am Einzelnen“, „… und zwar jeweils im Rahmen seiner sachlichen und örtlichen Zuständigkeit.“[632] Auf den ersten Blick wird damit lediglich die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts wiedergegeben. Aber gleichzeitig schwingt die Forderung mit, dass es Aufgabe des Beamten ist, den notwendigen Grundkonsens für die konkret vorliegende Staatsausgestaltung herzustellen. Wo Kriele Sicherungsmaßnahmen für erforderlich hält, besteht – treibt man Kielmanseggs Argumentation auf die Spitze – die Hauptfunktion des Extremistenbeschlusses darin, für Stabilität zu sorgen (was die Sicherungsmaßnahmen gemäß der Perspektive von Kriele obsolet werden ließe). Kielmansegg selber konkretisiert kaum, auf welchem Wege das geschehen könnte. Allerdings wäre eine würdige oder sogar emphatische Vertretung des Staates durch seine Bediensteten nach dieser Darstellung wohl eine wichtige Voraussetzung. Deshalb verengt er den Bewertungsmaßstab für einen geeigneten Staatsbediensteten noch stärker: Selbst ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, das mit Blick auf die neuen sozialen Bewegungen sowieso kein effektives Abgrenzungskriterium mehr darstellt, reicht nicht aus. Soll also das Treuegebot überhaupt Wirksamkeit entfalten, so müssen engere Kriterien zugrunde gelegt werden. Deshalb, so Kielmansegg, muss „Verfassung“ bei der Bewerberprüfung die konkrete, ausgestalte Verfassungswirklichkeit meinen, nicht nur deren Grundprinzipen.[633] Er warnt vor der gefährlichen Fiktion einer legalen Verfassungsfeindlichkeit gerade bei der Treuefrage im öffentlichen Dienst.[634] Damit geht er auch an dieser Stelle über die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus. Dieses gesteht dem Angestellten im öffentlichen Dienst ausdrücklich die Möglichkeit zu, „an Erscheinungen des Staates“ Kritik zu üben und dadurch für eine Änderung der bestehenden Verhältnisse (auf der Grundlage der Verfassung) einzutreten. Das Gericht betont sogar: „An einer ‚unkritischen‘ Beamtenschaft können Staat und Gesellschaft kein Interesse haben.“

Verfassungsrechtlich ist der Vorstoß durchaus plausibel, gegebenenfalls schärfere Anforderungen an einen Bewerber als an eine Partei zu stellen. Die Grundidee dieser Überlegungen ist, dass Staatsangestellte pflichtbewusste Vollstrecker des demokratischen Willens sind und den konkreten Willensentscheid repräsentieren müssen. Aus dieser Perspektive bleibt irrelevant, auf welche Bereiche sich der öffentliche Dienst erstreckt, von Bedeutung wäre einzig, dass es der Fall ist. Es gibt Bereiche, in denen die demokratische Mehrheit nicht vom Staatsapparat erwartet, den artikulierten Willen umzusetzen, sondern etwa marktwirtschaftliche Mechanismen wirken zu lassen. Diese könnten aber aus dem staatlichen Aufgabenbereich ausgegliedert werden.[635] In weiten Kreisen folgte man aber nicht dieser Repräsentantenidee, sondern der Krisenlogik. An ironisch herangezogenen Extremen des sich im öffentlichen Dienst befindlichen kommunistischen Lokführers oder des verfassungsfeindlichen Briefträgers wird deutlich, dass hier der Bogen nach Auffassung vieler überspannt wurde.[636] Diese Einwände zielen darauf ab, dass von diesen Berufen sogar in Notsituationen keine Umsturzgefahr ausgeht. Doch darauf lässt sich das Konzept des Extremistenbeschlusses nicht verengen: Sichtbar wird das insbesondere am Lehrerberuf, dem im Grundgesetz sogar ausdrücklich Grenzen gesetzt werden.[637] Dass eine Klasse vor einem Lehrer geschützt werden muss, der gegen den Staat hetzt, scheint plausibel und wird sogar vom Bundesarbeitsgericht gestützt.[638] Doch an welchem Hebel sitzt der verfassungsfeindliche Lehrer in der Stunde der Staatskrise, um das System zum Einsturz zu bringen? Dass ein demokratisches System Interesse an demokratischer Erziehung hat, ist ein Argument, das auf die Stabilisierung dieses Systems abstellt.[639] Die hohe Autorität von Lehrern gegenüber ihren Schülern und nicht ihr Zugang zu Schlüsselpositionen des Staatsbetriebs macht erforderlich, dass sie sich als Repräsentanten des Staates und dessen konkreter Verfassungswirklichkeit verstehen. Andererseits müssen diese beiden Argumentationsstränge auch nicht dogmatisch gegeneinander gestellt werden, wo ein Kompromiss viel zielführender ist. Sie lassen sich zu der Forderung kombinieren, überall dort Maß zu halten, wo die Anwendung des Extremistenbeschlusses mehr Legitimation kostet, als sie generiert.[640]

Natürlich: Wer vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen ist, wird vermutlich darüber entrüstet sein. Möglicherweise wird derjenige auch berechtigte Kritik an den nach wie vor nicht vollständig transparenten und einheitlichen Beurteilungsmaßstäben äußern. Aber ideologisch würde die Diskussion entschärft: Der Staat ist konservativ angelegt – er versucht, gegebene Strukturen zu erhalten.[641] Man kann darin eine wesentliche und wichtige Staatsfunktion erblicken. Bei der Ablehnung eines „progressiven“ oder reformistischen Bewerbers wird diesem aus dieser Perspektive nicht Demokratiefeindlichkeit vorgeworfen. Das Ausschlusskriterium ist eine – möglicherweise ungerechte oder nicht nachvollziehbare – Ablehnung durch den Staat als Arbeitgeber. Das heißt: Ein Bewerber wird für solange als ungeeignet erachtet, wie er die konkrete Verfassungswirklichkeit und die Staatspraxis ablehnt. Da aber gleichzeitig seine Teilhabe am Willensbildungsprozess möglich ist, kann er auf demokratischem Wege eine andere Staatspraxis, vielleicht sogar eine andere Verfassungswirklichkeit einfordern. Sollte er von diesen Forderungen ablassen, ist er natürlich wieder für den Staatsdienst geeignet. Aber er ist auch dann wieder geeignet, wenn er sich mit seinen Forderungen auf politischem Wege durchsetzen kann und es zu den angestrebten Veränderungen kommt. Sofern die Forderungen nicht verfassungswidrig sind, sondern nur mit der vormaligen, konkreten Verfassungswirklichkeit inkompatibel, stellt die Einstellung kein Problem mehr dar. Dadurch, dass dem Bewerber nun nicht mehr Verfassungsfeindlichkeit als „inoffizielle, aber offensichtliche Verfassungswidrigkeit“ vorgeworfen wird, sondern lediglich Inkompatibilität mit der bestehenden Praxis, wird dem Konzept etwas von seiner moralisierenden und stigmatisierenden Tragweite genommen.

Dieses Konzept funktioniert aber dann nicht mehr, wenn es der Regierung aber genau um diese moralische Aufladung geht. Für den Extremistenbeschluss und andere Beamtenregelungen ist das umstritten, doch die Einführung der Extremismusklausel dagegen mutet stark als Versuch an, den Begriff des Extremismus als politischen Kampfbegriff tauglich zu machen, und weniger, als würde damit auf einen tatsächlich vorliegenden Fall staatlich subventionierter Demokratiefeindlichkeit reagiert. Mit Schröders Plädoyer gegen die „Verharmlosung“ des Linksextremismus dreht sich die Debatte nun um die Inhalte der Demokratiefeindlichkeit. Kritisch wird die Argumentation der Ministerin dann, wenn sie als Begründung anführt, es gäbe keine gute oder schlechte Gewalt[642], weil sich hierüber eigentlich keinerlei Rückschlüsse über demokratiefeindliche oder nicht demokratiefeindliche Inhalte ziehen lassen. Gleichzeitig wird durch diese Ad-hominem -Argumentation (es gibt Gewalttäter, die sich ideologisch links verorten) eine inhaltliche Klärung suggeriert. Durch den Rekurs auf die Gewalttätigkeit werden – wie auch schon bei der aktuellen NPD-Debatte – definitorische Schwierigkeiten abgekürzt, bei der NPD allerdings eher formale (Was ist Subversion?), hier eher inhaltliche (Sind „linke“ Forderungen demokratiefeindlich?).

5 Schluss

5.1 Der Feind der Demokratie

SRP und KPD galten als verfassungswidrig. Ihrem Verbot ging eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht voraus. Die Beweise, die gegen die SRP vorgetragen wurden, entstammten der Parteipresse, öffentlichen Re­den und Aussagen von Parteifunktionären Ausarteifuna, die als Zeugen vorgeladen wurden. Beim KPD-Feststellungs­verfahren wurden zusätzlich ideentheoretische Schriften hinzugezogen. Mit dem Extremistenbeschluss änderte sich das. Der Extremist war durch Subversion gekennzeichnet, nicht durch öffentliche Bekenntnisse. Es galt, ihm eine „verfassungsfeindliche“ Gesinnung nachzuweisen, die in den seltensten Fällen durch den Tatbestand der (durch das Bundesverfassungsgericht festgestellten) Verfassungswidrigkeit gedeckt war. Auch wenn man im Falle des Extremistenbeschlusses hier ein legitimes Eignungskriterium des Arbeitsgebers erblickt, so waren die Verwendung des Schlagwortes „Extremist“ und die sich daraus ergebene Eigendynamik problematisch. Im gesellschaftlichen Diskurs galt der Beschluss als Instrument der Streitbaren Demokratie. Damit sollten nicht mehr nur Personen abgelehnt werden, die dem Staat als Arbeitgeber ungeeignet oder staatsfeindlich schienen, sondern auch jene, die ohne Bestätigung des Bundesverfassungsgerichts als Feinde der Demokratie galten. Dabei stützten auch Kritiker diese Gleichsetzung, wenn sie die Aushöhlung des Feststellungsmonopols verurteilen, und damit die Prämisse akzeptieren, es gehe um die Bekämpfung von Demokratiefeinden.[643] Kriele schlägt vor, die Prüfung der Verfassungs feindlichkeit von Bewerbern dem Bundes verwaltungs gericht zu übertragen.[644] Das ist an sich eine probate Lösung, will man mit dem Begriff der Verfassungsfeindlichkeit lediglich auf die mangelnde Geeignetheit verweisen, für die bestehende Verfassungswirklichkeit einzustehen. Doch schon er selbst unterscheidet hier nicht.[645] Damit galt nun schon als faktisch extremistisch (als Feindkonzept der Streitbaren Demokratie), was in die Anrüchigkeit der (unbestätigten) Subversion geraten war. Wenn nun schon verborgene Demokratiefeindlichkeit ausreichte, um Diskriminierungen im politischen Willensbildungsprozess vorzunehmen, bedurfte dies in besonderem Maße der geheimdienstlichen Arbeit durch den Bundesverfassungsschutz. Diese Auffassung von Extremismus (als durch das Bundesverfassungsgericht nicht bestätigte Subversion) hat den Umgang der Streitbaren Demokratie bis heute geprägt, insbesondere auch bei der Einschaltung des – mit Jaschke gesprochen: „entgrenzten“ – Verfassungsschutzes. Das heißt nicht, dass die Neukonzeption des Demokratiefeindes als subversiv agierender, maskierter Extremist zwangsläufig inadäquat ist oder nur allein schon deshalb schlechter, weil sie sich von der ursprünglichen Charakterisierung entfernt hat. Kritisch ist dagegen der informelle Charakter bei der Feststellung, der zwar der Geeignetheitsprüfung des Extremistenbeschlusses entliehen, aber niemals für die Nutzung der Streitbarkeit revidiert wurde.[646] Lameyer kommt in den ‘80er Jahren zu dem Schluss, das Bundesverfassungsgericht sei – was in Vergessenheit gerät – genau zur Realisierung dieser verbürgenden Seite zwischengeschaltet worden.[647] Das Gericht selber scheint diese Aufgabe zu vergessen, wenn dessen Präsident Benda sich gegen eine Interpretation der Verfassung wendet, die staatliche Reaktionen gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen nur nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zulässt. Schließlich, so seine Argumentation, sollten die entsprechenden Bestimmungen im Grundgesetz den Demokratieschutz stärken und nicht schwächen.[648] Eckart Bulla dagegen weist darauf hin, dass die Funktion der Art. 18 und Art. 21 II GG darin bestehe, den Ausnahmecharakter der Eingriffe zu betonen.[649] Ridder geht sogar so weit, in diesen beiden Artikeln nicht mehr die freiheitliche demokratische Grundordnung als Schutzgut zu erkennen, sondern die Grundrechtsträger bzw. die Parteien.[650]

Doch es wäre ebenfalls heikel, nur für die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts auf die Anwendung von Art. 18 und Art. 21 II GG zu dringen. Eben weil die Merkmale des subversiven Demokratiefeinds deutlich weniger greifbar sind, scheinen die ursprünglichen, repressiven Instrumente der Streitbaren Demokratie unangemessen. Stattdessen sollten adäquate Instrumente entwickelt werden, die der Unsicherheit des reinen Indizienbeweises gerecht werden, indem sie für die Betroffenen weniger schicksalhaft sind. Es gibt keine Formel, wann sich die Streitbare Demokratie gegen ihr eigenes Ziel verkehrt, vielmehr ist das immer „eine Frage der politischen Empirie“.[651] Dann wäre für das Parteiverbot heute ein reines Rüge- oder Unwertsurteil durch das Bundesverfassungsgericht ohne die Sanktionsfolge jenseits der Stigmatisierung vielleicht ein adäquateres Instrument. Man sollte nicht mit weniger sicheren Nachweisen dasselbe oder ein größeres Maß an Repression einfordern – die Gefahr des individuellen Unrechts ist zu hoch. Erst, wenn der Extremismus von der Stufe der Latenz auf die Stufe der Offensichtlichkeit springt oder sogar die legalistische Form verlässt, können die klassischen Repressionen folgen.

Folgt man diesem Prinzip, mutet die Opportunitätsfrage weniger bedeutsam an. Wer mit der Wertentscheidung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bricht, gegen den kann auch völlig unproblematisch im Modus des Legalitätsprinzips vorgegangen werden. Verschiedene Autoren sehen im Opportunitätsprinzip die Freiheitlichkeit realisiert.[652] Das ist schon mit Blick auf die legalistisch- bis opportunistisch angewandten Verbotsanträge in der Geschichte der Bundesrepublik fraglich, doch auch theoretisch nicht plausibel: Freiheitlichkeit ist keine Frage der gnadenhaft-jovialen Duldung des – mit Preuß gesprochen und zu recht von ihm kritisierten – Illoyalen. Die Beschwörung der Opportunität droht eine wesentlichere Frage zu verdrängen: Welche Inhalte, welche ideologische Programmatik macht den Demokratiefeind aus?

5.2 Die freiheitliche demokratische Grundordnung

In den Augen vielen Kritiker wurde das Konzept der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu eng gefasst. Wenn Ridder geißelt, dass sich mit dem KPD-Verbot die Verfassungswirklichkeit auf autoritärem Wege jeder grundsätzlichen Alternative entledigt hätte[653] und Kirchheimer an die systemintegrative Wirkung unbeschränkter demokratischer Willensbildung erinnert, dann tritt die Frustration darüber zutage, dass durch den Rückgriff auf das Konzept der Streitbaren Demokratie eine Debatte über Grundwertentscheidungen unterbunden wird. Das ist paradox, weil die Streitbare Demokratie seit ihren Anfängen in der Bundesrepublik der Bewahrung des politischen Klimas dienen soll. Doch ist der angelegte Bewertungsmaßstab durch den Merkmalskatalog der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unangemessen für eine Streitbarkeitskonzeption, die nicht mehr auf den Kampf gegen eine akute Gefahr ausgerichtet ist.

Seit den Unruhen in den ‘60er Jahren scheint Bedarf an dieser Stabilisierungsleistung zu bestehen. Fraenkel etwa stellt zu dieser Zeit fest, der notwendige gesellschaftliche Grundkonsens sei in der Erosion begriffen, zerrieben zwischen dem diffusen Wunsch nach autoritärem Durchgriff auf der einen und der Kritik an einer als „verfälscht“ geltenden Verfassungswirklichkeit auf der anderen Seite.[654] Auch die von Sontheimer ein Jahrzehnt später diagnostizierte Krise des Bewusstseins, in der die akademische Jugend sich aggressiv-antiliberal in die Utopie der marxistischen Lehre flüchtet, fügt sich hier ein.[655] Die Intellektuellen betreiben einen „… Kult des Negativismus und totalen Kritizisimus, in dem sie sich ebenso mürrisch wie wohnlich eingerichtet haben“, so Sontheimer.[656] Der Negativismus scheint mittlerweile die akademischen Kreise verlassen zu haben. Die Ablehnung der bestehenden Parteien ist in eine resignative Parteiverdrossenheit umgeschlagen.[657] Es ist ein entweder apathisches Moment hinzugetreten, in dem Missstände unüberwindbar scheinen, oder die Hoffnung, verhärtete Strukturen und Parteienfilz beispielsweise durch eine Blockade des Stuttgart21-Projekts oder vermehrte Plebiszite überwinden zu können. Ohne dadurch diese „ambivalente Anomie“[658] der Eskalations- oder Resignationsphänomene vollständig erklären zu können: Die staatsintegrierende Funktion der Verfassung scheint dadurch verloren zu gehen, dass die „Selbstkorrektur- und Lernfähigkeit der Gesellschaft“ unterbunden wird.[659] Die Krise des Bewusstseins kann so als Symptom dafür betrachtet werden, dass die Verfassung daran gescheitert ist, „… die geistige Situation ihrer Zeit in sich [aufzunehmen] …“[660] Welche Institutionen in einem Gemeinwesen kontrovers sind und welche akzeptiert werden, ist durch das sich wandelnde Gemeinschaftsbewusstsein immer Veränderungen unterworfen.[661] Für Leibholz müssen sogar Begriff der Gleichheit und der Demokratie für jedes Jahrhundert inhaltlich neu bestimmt werden.[662]

Folgt man dieser Einschätzung, kann hier gerade die freiheitliche demokratische Grundordnung zu einem (begrenzten) Moment der Selbststeuerung werden: Wenn die Grundwertentscheidung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der unveränderlichen Verfassung vorgelagert ist (etwa nach Preuß), dann wird mit die Öffnung des Konzepts plötzlich wieder ein Mittel der Einflussnahme des Volkes durch den gesellschaftlichen Wertediskurs möglich. Es scheint sinnvoll, den mos maiorum zu verabschieden und darüber zu diskutieren, was die freiheitliche demokratische Grundordnung für uns heute bedeutet. Die abendländische Tradition endet nicht mit der Präzisierung durch das Bundesverfassungsgericht, sondern entwickelt sich weiter. Die Frage, was die Kernsubstanz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausmacht, sollte deshalb nicht ausschließlich dem Gericht überlassen werden. Nach Abendroth ist es auch gar nicht dessen Aufgabe, Normen zu „entfalten“ oder zu konkretisieren, sondern sie (im Namen des Volkes!) anzuwenden.[663] Doch wenn sich das Volk zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und in den Staat integrieren soll, muss es auch die Möglichkeit haben, diese Grundordnung zu erörtern. Wird die freiheitliche demokratische Grundordnung auf eine konkrete Lesart verengt, so werden nicht nur die Verfahrensregeln fixiert, sondern auch die zugrunde liegenden Normen vorweggenommen. Grundnormen und Verfahren lassen sich nicht voneinander trennen[664], und können sich nur zusammen weiterentwickeln[665]. Wie ließe sich auch für ein Entscheidungsverfahren argumentieren, ohne auf die dadurch zu realisierenden Werte zu rekurrieren?

Ein solches Transformationspotential der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist durchaus mit einer Suprematie fundamentaler Verfassungsmerkmale vereinbar. Und es impliziert auch nicht, dass freiheitliche demokratische Grundordnung alles bedeuten kann oder bedeuten sollte. Vielmehr muss der Raum für alle Interpretationen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschützt bleiben, die sich plausibel aus ihr ableiten lassen. Ein existentieller Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, der in jeder Interpretation enthalten bleibt, könnte etwa die Möglichkeit zum wirksamen Konflikt sein, der die Abgrenzung zu identitären Konzepten fordert[666] und den konstitutionellen Schutz von individuellen Freiheitsrechten als Sphäre der politischen Willensbildung impliziert[667]. In dem Moment , in dem eine Ideologie nicht nur versucht, Konflikte zu minimieren, sondern sie per Gesetz oder normativ korrumpierter Definition[668] verbietet, wird das Konzept der freiheitlichen Demokratie verlassen. Freiheitliche Demokratie ist die Möglichkeit des geschützten Konflikts. Doch weil die Frage nach der Richtigkeit einer Ideologie nicht mit letzter Gewissheit entscheidbar ist[669], der Konflikt alleine aber zu keinem Ergebnis führt, muss auch die Möglichkeit zur Konsensbildung immer garantiert werden. Herrschaftsgewalt kann nur dann über einen Konsens legitimiert werden.[670] Hier kommt dem demokratischen Mehrheitsprinzip[671] fundamentale Bedeutung zu, auch wenn dessen Ausgestaltung ebenfalls Teil der Aushandlung werden kann oder Entscheidungen temporär delegierbar bleiben (was schon durch die Wahl von Repräsentanten geschieht).

Nach Jesse und auch Backes ist demokratischer Konsens nur möglich, wenn der demokratiefördernde Staat sich äquidistant gegen links und rechts positioniert.[672] Diese Vorwegnahme scheint nicht plausibel. Vielmehr sollte umgekehrt der demokratische Konsens die Basis der Staatsverortung werden. Konsens lässt sich nicht verordnen. Die Salonfähigkeit neuer kommunistischer Überlegungen ist dann weniger wie bei Jesse eine Krisendiagnose[673], sondern wäre so einfach die Feststellung, dass in der Gesellschaft eher „linke“ Werte die Deutung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bestimmen und in die Verfassung sedimentieren. Der Schluss, dass ein abweichender Grundkonsens automatisch von undemokratischer Substanz ist, kann nur gezogen werden, wenn jede Transformation der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als eine Korruption des Konzeptes betrachtet wird. Doch es gibt weder einen Grund anzunehmen, dass es die eine, wahrhaftige Deutung der freiheitlichen Demokratie gibt, noch das diese ausgerechnet im Institutionengefüge des Nachkriegsdeutschland ihren ewig gültigen Ausdruck fand. Tatsächlich finden sich in der Literatur durchaus Zweifel, ob die freiheitliche demokratische Grundordnung seit ihrer Konkretisierung 1952 unverändert geblieben ist. Wellmer merkt an, sie habe „… eigentümliche semantische Transformationsprozesse durchlaufen.“[674] Ähnliches diagnostiziert auch Ridder.[675] Dieser Wandel findet sein sprachliches Pendant etwa durch Formulierungsvielfalt, wenn „freiheitliche Ordnung“, „freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat“, „verfassungsmäßige Ordnung“ oder „freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung“ zu Surrogaten werden[676].

5.3 Die Streitbare Demokratie

In dieser Deutung verschwindet die Frage nach der Äquidistanz des Staates von selbst: Extremismus (oder wie die Unvereinbarkeit mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch immer bezeichnet wird) ist hier ein eindimensionales Konzept, das nur noch zwischen zulässiger und unzulässiger Auslegung von freiheitlicher Demokratie unterscheidet. Äquidistanz ist kein Selbstzweck. Sie sollte durch eine Äquitoleranz ersetzt werden. Toleranz beginnt erst dort, wo andere Deutungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der eigenen zuwider laufen.[677] Ob diese Deutungen dogmatisch, utopisch, fanatisch-aktivistisch (man möchte mit Blick auf die Auslegung des Bundesverfassungsgerichts fast sagen: auch „aktiv kämpferisch, aggressiv“) vertreten werden, ist dabei kein Kriterium, dass die Repression dieser Auffassung begründet. Stattdessen muss die Frage sein, ob ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass eine vertretene Ideologie noch eine plausible Interpretation der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt. Es wäre die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, darüber zu urteilen – allerdings nicht mit Rückgriff auf den aktuell angewendeten Normenkatalog. Wenn etwa Klein das KPD-Verbot damit rechtfertigt, dass keine Partei heute mehr zu einem „Frontalangriff auf die Institutionen der von ihr abgelehnten Verfassungsordnung“ antritt, sondern versucht, diese „sturmreif zu schießen“, sie also sukzessive zu demontieren[678], so ist das richtig. Gleichzeitig ist aber zu erwägen, ob alle bestehenden Institutionen tatsächlich unantastbar sein müssen.[679] Dann obliegt es dem schon heute pluralistisch gesinnten[680] Bundesverfassungsgericht, die verschiedenen Verfassungsinterpretationen zu prüfen. Verfahrensprozessrecht kann dann als demokratisches Partizipationsrecht betrachtet werden.[681] Erst wenn das Bundesverfassungsgericht zu demselben Schluss wie der Antragsteller kommt, nämlich, dass sich eine Ideologie nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbaren lässt, also keine plausible Interpretation darstellt, wird diese Ideologie aus dem Prozess der politischen Willensbildung entfernt.[682] Das heißt, die Vertreter dieser Ideologie werden nicht bestraft, sondern man entzieht ihnen „lediglich“ die Berechtigung, für diese Ideologie einzutreten. Diese – weder strafrechtliche noch demokratiepädagogische – Ausrichtung ist das wesentliches Merkmal[683] der Streitbaren Demokratie. Damit ermöglicht die von Preuß als Hemmschuh pluralistischer Selbstverwirklichung kritisierte Wertgebundenheit und ihre Bewehrung durch das Konzept der Streitbaren Demokratie nun erst eine pluralistische Transformation. Streitbare Demokratie als Grundentscheidung bedeutet also, den an sich zulässigen Konflikt einzuhegen, ihn dadurch aber auch zuzulassen. Dass Gewalt kein akzeptables Mittel im politischen Kampf ist, ergibt sich schon aus dem Primat des Konsenses und findet seine Sanktionierung im Strafrecht. Zusätzlich schaffen die Ewigkeitsklausel und die Wesensgehaltgarantie der Grundrechte eine Abgrenzung zu nicht-gewalttätiger Illegalität. Streitbare Demokratie sollte unterhalb dieser Beschränkungen verortet werden, nicht in ihnen aufgehen und sich dadurch auflösen.[684]

Es ist plausibel, dass die Streitbare Demokratie momentan in erster Linie auf Parteienrepression abzielt. Zurzeit sind Parteien ein oder sogar das wesentliche Moment demokratischer Willensbildung. Der öffentliche Dienst dagegen nicht. Sollten plebiszitäre Elemente eines Tages eine größere Rolle spielen, dann wäre Fokus auf den Art. 18 GG angebracht; oder auch eine Streichung dieses Artikels zugunsten einer besser geeigneten Regelung, deren Notwendigkeit wir im Moment noch nicht vorhersehen können. Wichtig – und im internationalen Vergleich auch ein hoher Mehrwert der deutschen Streitbaren Demokratie[685] – ist die rechtliche Positivierung. Mit welchen Instrumenten das Streitbarkeitskonzept realisiert wird, ist nicht a priori festgeschrieben. Allerdings müssen die Instrumente expliziert und transparent gemacht werden. So ist es vielleicht auch sinnvoll, Art. 18 und 21 II GG zusammenzuführen und das Gericht damit zu zwingen, die teilweise unvermeidlichen Einschränkungen der politischen Freiheit des Individuums mitzubedenken und dazu konkretisierend Stellung zu beziehen. So könnte die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen besser gewahrt bleiben.

Streitbare Demokratie wäre dann kein Instrument ideologischer Hygiene, sondern das Konzept, durch das der Kampf um Deutungshoheiten begrenzt, aber dadurch auch – und im Gegensatz zu den Parteiverboten der ersten Jahre – bis weit über persönliche Präferenzen hinaus erst ermöglicht wird. Auf die Anwesenheit einer ideologisch schwer erträglichen Partei sollte erst dann der Ruf nach Repressionen folgen, wenn sie nicht plausibel macht (oder machen kann), dass ihre Position mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kompatibel ist. Scherb fordert, der Streitbarkeitsansatz müsse auch relativistische Züge integrieren, um dem von der Verfassungsgebung geforderten „Spannungsverhältnis von Offenheit und Bindung“ zu entsprechen.[686] Streitbare Demokratie sollte nicht zur antipluralistischen Fixierung des Status Quo dienen. Es ist fraglich, ob sie auf diesem Wege zur gesellschaftlichen Stabilisierung beitragen kann. Die Situation, in der wir Streitbarkeit nicht mehr wie Loewenstein als ausgangsoffenen Abwehrkampf gegen unmittelbare Gefahren begreifen müssen, ist nicht nur bequemer Luxus. Wir bekommen so die Gelegenheit, undogmatisch und ohne dringenden Handlungsbedarf zu überdenken, welche neuen Möglichkeiten uns die Streitbare Demokratie eröffnet. Der hier angedeutete Vorschlag, dass sie uns die Mittel in die Hand gibt, einen fundamentalen, konstruktiven Diskurs über die Ausgestaltung unserer gesellschaftlichen und politischen Ordnung zu führen, ist sicherlich nur eine davon.

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Zusammenfassung/Abstract

In dieser Arbeit wird die Verwendung des Konzepts „Streitbare Demokratie“ in der Bundesrepublik Deutschland untersucht. Zuerst wird die Entwicklung und der Wandel ihrer Kernbegriffe – „Feind“ und „Schutzgegenstand“ – erörtert, im Anschluss die Anwendung bei Parteiverboten und im öffentlichen Dienst. Dabei kommt diese Arbeit zu zwei Schlüssen: Erstens wurden diese beiden Anwendungsbereiche so aufeinander bezogen, dass der Feindbegriff stark ausgeweitet wurde. Zweitens wurde der Schutzgegenstand sehr eng gedeutet, weil Streitbare Demokratie auf diesem Wege der gesellschaftlichen Stabilisierung dienen sollte. Allerdings war das Konzept durch den ausufernden Feindbegriff bei gleichzeitig enggefasstem Schutzbegriff kontraproduktiv. Vermutlich wäre es sinnvoller, mithilfe der Streitbaren Demokratie eine integrative Debatte um den Grundkonsens zu ermöglichen.

This thesis analyzes the use of the concept of “Streitbare Demokratie” (militant or fortified democracy) in the Federal Republic of Germany. At first, the development and the changes in its core items – “enemy” and “subject of the protection”- will be discussed. Subsequently its application for prohibition of political parties and for public service will be investigated. The conclusions are: First, these two domains were connected in such a way that the definition of “enemy” was widened. Second, the meaning of the term “subject of protection” was narrowed, because Streitbare Demokratie was intended to stabilize society in that way. However, the described dilation on the one hand and the narrowing on the other one make the concept counterproductive for that intention. It might be more functional to use Streitbare Demokratie to render an integrative debate about the basic consensus possible.

[...]


[1] Vgl. Thiel, Markus (2003): Zur Einführung: Die „wehrhafte Demokratie“ als verfassungsrechtliche Grundentscheidung. In: Ders. (2003): In: Thiel, Markus (Hrsg.) (2003): Wehrhafte Demokratie. Beiträge über die Regelungen zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Tübingen, S. 1–24, hier: 1.

[2] Vgl. Lameyer, Johannes (1978): Streitbare Demokratie. Eine verfassungshermeneutische Untersuchung. Berlin: 13.

[3] Vgl. Häberle, Peter (1978): Verfassungsinterpretation als öffentlicher Prozess – ein Pluralismuskonzept. In: Ders. (1980): Die Verfassung des Pluralismus. Studien zur Verfassungstheorie der offenen Gesellschaft. Königstein/Ts., S. 45–78, hier: 53.

[4] Vgl. Häberle, Verfassungsinterpretation: 60.

[5] Vgl. Hesse, Konrad (1990): Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Heidelberg: 9 und 12.

[6] Vgl. Hesse, Konrad (1959): Die normative Kraft der Verfassung. Tübingen. Beiträge über die Regelungen zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Tübingen: 13.

[7] Als Autoren werden hier unter anderem Ernst Böckenförde, Otto Kirchheimer, Johannes Lameyer, Gerhard Leibholz, Karl Loewenstein, Karl Mannheim, Karlheinz Niclauß, Ulrick K. Preuß und Richard Thoma herangezogen.

[8] Neben Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und den schon benannten Autoren wird hier vor allem auf Wolfang Abendroth, Erhard Denninger, Uwe Kessler und Konrad Hesse Bezug genommen.

[9] Deutlich wird das auch an der Vielzahl von Autoren, etwa Uwe Backes, Karl D. Bracher, Manfred Funke, Hans-Gerd Jaschke, Eckhard Jesse, Claus Leggewie, Werner Maihofer, Horst Meier, Hans G. Merk, Wolf-Dieter Narr, Kurt Sontheimer, Oliver Sowinski, Richard Stöss und der Verfassungsschutzbehörde des Bundes.

[10] Damit werden zusätzlich die Darstellungen von Otto Büsch, Lars Flemming, Manfred Jenke, Thomas Ordnung, Helmut Ridder, Horst W. Schmollinger, Christof Seils, Alexander von Brünneck und Christoph Weckenbrock mit einbezogen.

[11] Neu hinzu treten hier Michael Hofferbert, Peter Graf Kielmansegg, Otto Kimmich, Martin Kriele und Detlef Stonk.

[12] Vielleicht könnte man sagen: Der Nutzen der Streitbaren Demokratie besteht hier darin, Stichwortgeber für Maßnahmen zu sein, die sich eigentlich auf die Sicherung von Stabilität und Frieden beziehen. Dieser Problematik soll hier nicht weiter nachgegangen werden.

[13] Vgl. Leibholz, Gerhard (1933): Die Auflösung der liberalen Demokratie in Deutschland und das autoritäre Staatsbild. München: 5.

[14] Vgl. Leibholz, Auflösung: 9.

[15] Vgl. Fraenkel, Ernst (1964): Pluralismus als Strukturelement der freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie. In: Von Brünneck, Alexander (Hrsg.) (1991): Ernst Fraenkel. Deutschland und die westlichen Demokratien. Frankfurt/Main, S. 297–325, hier: 299 f.

[16] Vgl. Scheuner, Ulrich (1973): Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie. Opladen: 43. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Mehrheitsprinzip nur in demokratischen Zusammenhängen Anwendung findet (vgl. ebd.: 46 f.).

[17] Fraenkel, Ernst (1969): Strukturanalyse der modernen Demokratie, in: Von Brünneck, Fraenkel, S. 326–359, hier: 330.

[18] Vgl. Fraenkel, Ernst (1966): Möglichkeiten und Grenzen politischer Mitarbeit der Bürger in einer modernen parlamentarischen Demokratie. In: Von Brünneck, Fraenkel, S. 261–276, hier: 275 f.

[19] Das heißt, es müssen auch herrschaftsfreie, apolitische Lebensbereiche zugestanden werden.

[20] Vgl. Scheuner, Mehrheitsprinzip: 59.

[21] Vgl. Hättich, Manfred (1988): Freiheit als Ordnung. Band 1: Gefährdete Demokratie. München: 33 und 41.

[22] Vgl. Fraenkel, Strukturanalyse: 333 und 354.

[23] „Fortentwickeln“ meint hier nicht ein objektives „Verbessern“ auf dem Weg zu einem Idealzustand.

[24] Vgl. Hesse, Grundzüge: 6, 9 und 12.

[25] Vgl. BVerfGE 5, 85 (138).

[26] Natürlich haben diese Adjektive einen unterschiedlichen semantischen Gehalt, der aber nicht konsequent für die Differenzierung genutzt wird – es wäre überinterpretiert, aus der Begriffsverwendung in den Debatten spezifische Positionierungen innerhalb des Bedeutungsspektrums abzulesen. Auch in der Fachliteratur werden die Begriffe entweder ausdrücklich äquivalent gesetzt oder – zumeist ohne Begründung – ein bestimmter genutzt. Eine explizite Abgrenzung zu einer anderen Bezeichnung, um damit auch eine konzeptuelle Unterscheidung vorzunehmen, findet sich bei keinem der hier aufgegriffenen Autoren.

[27] Der Begriff wird hier großgeschrieben, weil es sich hierbei mehr um die Benennung eines Konzepts handelt, als dass dessen Inhalt durch die Wörter „Streitbar“ und „Demokratie“ adäquat umschrieben werden soll.

[28] Lameyer, Streitbare Demokratie: 13.

[29] Vgl. Bulla, Eckart (1973) : Die Lehre von einer streitbaren Demokratie. Versuch einer kritischen Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In: Archiv des öffentlichen Rechts Nr. 3, 98. Jahrgang, September 1973. S. 340–360, hier: 342.

[30] Zu diesem Schluss kommt zumindest Weckenbrock, Christoph (2009): Die streitbare Demokratie auf dem Prüfstand. Die NPD als neue Herausforderung. Bonn, hier: 13, FN 2.

[31] Dreier hält schon den Begriff „Feind“ aufgrund seiner militanten Implikationen für bedenklich (vgl. Dreier, Ralf (1977): Verfassung und Ideologie. Bemerkungen zum Radikalenproblem. In: Wilke, Dieter / Weber, Harald (Hrsg.) (1977): Gedächt­nis­schrift für Friedrich Klein. München, S. 86–112, hier: 110). Böckenförde dagegen verteidigt den Feindbegriff, der gerade nicht einen Vernichtungskampf impliziere (vgl. Böckenförde, Ernst–Wolfgang (1981): Einleitung: Rechtsstaatliche politische Selbstverteidigung als Problem. In: Ders./ Tomuschat, Chistian / Umbach, Dieter C. (Hrsg.) (1981): Extremisten und öffentlicher Dienst. Rechtslage und Praxis des Zugangs zum und der Entlassung aus dem öffentlichen Dienst in Westeuropa, USA, Jugoslawien und der EG. Baden-Baden, S. 9–33, hier S. 10).

[32] Ordnung, Thomas (1985): Zur Praxis und Theorie des präventiven Demokratieschutzes. Darlegungen zum Problem der „streitbaren Demokratie“ und seinem verfassungsrechtlichen, politischen und historischen Umfeld am Beispiel des Parteiverbots. Berlin.

[33] Flemming, Lars (2005): Das NPD -Verbotsverfahren. Vom „Aufstand der Anständigen“ zum „Aufstand der Unfähigen“. Baden-Baden.

[34] Weckenbrock, Prüfstand.

[35] Thiel, Markus (2003): Zur Einführung: Die „wehrhafte Demokratie" als verfassungsrechtliche Grundentscheidung. In: Thiel, Wehrhafte Demokratie, S. 1–24.

[36] Lameyer, Streitbare Demokratie.

[37] Sattler, Andreas (1982): Die rechtliche Bedeutung der Entscheidung für die streitbare Demokratie untersucht unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Baden-Baden.

[38] Scherb, Armin (1987): Präventiver Demokratieschutz als Problem der Verfassungsgebung nach 1945. Frankfurt/Main.

[39] Jaschke, Hans-Gerd (1991): Streitbare Demokratie und Innere Sicherheit. Grundlagen, Praxis und Kritik. Opladen.

[40] Leggewie, Claus / Meier, Horst (1995): Republikschutz. Maßstäbe für die Verteidigung der Demokratie. Reinbek bei Hamburg.

[41] Kirchheimer, Otto (1965): Politische Justiz. Verwendung juristischer Verfahrensmöglichkeiten zu politischen Zwecken. Neuwied, Berlin.

[42] Preuß, Ulrich K. (1973): Legalität und Pluralismus. Beiträge zum Verfassungsrecht der BRD. Frankfurt/Main.; Ders. (1977): Legalität – Loyalität – Legitimität. In: Leviathan Nr. 4, Jahrgang 5, 1977. S. 450–466.; Ders. (1978): Politische Ordnungskonzepte für die Massengesellschaft. In: Habermas, Jürgen (Hrsg.): Stichworte zur „Geistigen Situation der Zeit“. Nation und Republik. Frankfurt/Main, S. 340–377.

[43] Schönbohm, Wulf (1979): Demokratie und extreme Minderheiten. In: Ders. (Hrsg.) (1979): Verfassungsfeinde als Beamte? Die Kontroverse um die streitbare Demokratie. München, S. 257–282.

[44] Backes, Uwe / Jesse, Eckhard (1990): Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn.; Jesse, Eckhard (2006): Grenzen des Demokratieschutzes in der offenen Gesellschaft. Das Gebot der Äquidistanz gegenüber politischen Extremen. In: Backes, Uwe / Eckhard, Jesse. (Hrsg.) (2006): Gefährdungen der Freiheit. Extremistische Ideologien im Vergleich. Göttingen, S. 493–520.

[45] Klump, Andreas (2004): Freiheit den Feinden der Freiheit? Die Konzeption der streitbaren Demokratie in Deutschland – demokratietheoretische Grundlagen, Praxis, Kritik und Gegenkritik. Bundesministerium des Innern (2004): Extremismus in Deutschland. Erscheinungsformen und aktuelle Bestandsaufnahme. Berlin, S. 338–389.

[46] Denninger, Erhard (Hrsg.) (1977): Freiheitliche demokratische Grundordnung. Materialien zum Staatsverständnis und zur Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik. Frankfurt/Main.

[47] Funke, Manfred (1978) (Hrsg.): Extremismus im demokratischen Rechtsstaat. Ausgewählte Texte und Materialien zur aktuellen Diskussion.

[48] Thiel, Wehrhafte Demokratie.

[49] Etwa Leggewie/Meier, Republikschutz.

[50] Etwa Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik.

[51] Etwa Schönbohm, Demokratie.

[52] Etwa Ordnung, Praxis und Theorie.

[53] Etwa Lameyer, Streitbare Demokratie.

[54] Etwa Preuß, Loyalität.

[55] Das ist das sind die Verbotsurteile von SRP (BVerfGE 2, 1), KPD (BVerfGE 5, 85) sowie der zurückgewiesene Verbotsantrag gegen die NPD (BVerfGE 107, 339) auf der einen Seite, das Urteil zum Extremistenbeschluss (BVerfGE39, 334) auf der anderen.

[56] Für die Zeit bis Ende der ‘70er / Anfang der ‘80er Jahre findet sich dieser Ansatz bei Lameyer, Streitbare Demokratie und Sattler, Rechtliche Bedeutung.

[57] Vgl. Fraenkel, Ernst (1957): Pluralismus. In: Ders. / Bracher, Karl D. (Hrsg.) (1957): Staat und Politik. Frankfurt/Main, S. 234–236, hier: 234 f.

[58] Vgl. Schmidt, Manfred G. (1995): Demokratietheorien. Eine Einführung. Opladen: 152.

[59] Vgl. Kriele, Martin (1975): Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates. Opladen: 112.

[60] Vgl. Böckenförde, Ernst-Wolfgang (1999): Staat, Nation, Europa. Studien zur Staatslehre, Verfassungstheorie und Rechtsphilosophie. Frankfurt/Main: 129 f.

[61] Ebd.: 234.

[62] Vgl. Leibholz, Gerhard (1951): Freiheitliche demokratische Grundordnung und das Bonner Grundgesetz. In: Ders. (1967): Strukturprobleme der modernen Demokratie. Karlsruhe, S. 132–141, hier: 138.

[63] Vgl. Kriele, Martin (1977): Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst – ein unlösbares Problem? In: Funke, Extremismus, S. 335–347, hier: 362

[64] Vgl. Thoma, Richard (1949): Wesen und Erscheinungsformen der modernen Demokratie. In: Matz, Ulrich (Hrsg.) (1973): Grundprobleme der Demokratie. Darmstadt, S. 66–106, hier : 106.

[65] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 191–193.

[66] Vgl. Leibholz, Gerhard (1948): Die Struktur der neuen Verfassung. In: Leibholz, Strukturprobleme, S. 63–70, hier: 63 f.

[67] Vgl. Schmitt Glaeser, Walter (1968): Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In: Denninger, Grundordnung, S. 168–199, hier: 172.

[68] Vgl. Bracher, Karl Dietrich (1957): Totalitarismus. In: Fraenkel/Bracher, S. 294–29, hier: 295.

[69] Vgl. Bracher, Karl Dietrich (1976): Zeitgeschichtliche Kontroversen. Um Faschismus, Totalitarismus, Demokratie. München: 41–43.

[70] Vgl. Loewenstein, Karl (1969): Verfassungslehre. Heilbronn: 51 und 55.

[71] Vgl. Niclauß, Karlheinz (1998): Der Weg zum Grundgesetz. Demokratiegründung in Westdeutschland 1945–1949. Paderborn: 201.

[72] Thoma, Wesen: 90.

[73] Teil dieser Einsicht wäre immer, dass der Erleuchtete seine Macht unter keinen Umständen wieder aufgeben darf (vgl. Popper, Karl (1957): Der Zauber Platon s. Bern: 173 f.).

[74] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 21 und 195–200.

[75] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 262.

[76] Vgl. Loewenstein, Karl (1937): Militant Democracy and Fundamental Rights, part I. In: The American Political Science Review. Nr. 3, Jahrgang 31, August 1937. S. 417–432, hier : 418 f. und 431.

[77] Loewenstein spricht vom Faschismus, von Totalitarismus und von Autokratie. Autokratie meint bei ihm eine monopolisierte Herrschaft, das totalitäre (in Opposition zum autoritären) Regime eine Ausprägung, die eine Ideologie aufzwingt und den Wettbewerb verschiedener Ideologien ausschaltet (vgl. Loewenstein, Verfassungslehre: 28 und 55). In diesem Dunstkreis, wenn auch nicht eindeutig zugeordnet, bewegt sich auch der Faschismus als Spielart (vgl. Loewenstein, Verfassungslehre: 57).

[78] Vgl. Loewenstein, Militant Democracy I: 432.

[79] Vgl. Loewenstein, Karl (1937): Militant Democracy and Fundamental Rights, part II. In: The American Political Science Review. Nr. 3, Jahrgang 31, August 1937. S. 638–658, hier: 656.

[80] Mannheim, Karl (1952): Diagnose unserer Zeit. Frankfurt: 19.

[81] Vgl. Leibholz, Verfassung: 64–68.

[82] Vgl. Mannheim, Diagnose: 17 f.

[83] Vgl. Popper, Platon: 358.

[84] Vgl. Thoma, Wesen: 78.

[85] Vgl. Leibholz, Verfassung: 65.

[86] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 210 f.

[87] Vgl. Ebd.: 211–213.

[88] Vgl. Ebd.: 266 f.

[89] Vgl. Dreier, Ideologie: 90.

[90] Vgl. Niclauß, Grundgesetz: 205. Bulla betrachtet den Art. 18 GG sogar als Pendant zu Art. 21 II (vgl. Bulla, Lehre: 355).

[91] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 227 und 241.

[92] Vgl. Neugebauer, Gero (2001): Extremismus – Rechtsextremismus – Linksextremismus. Einige Anmerkungen zu Begriffen, Forschungskonzepten, Forschungsfragen und Forschungserkenntnissen. In: Schubarth, Wilfried / Stöss, Richard (Hrsg.) (2001): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. S. 7–37, hier: 32.

[93] Vgl. Hesse, Grundzüge: 271.

[94] Vgl. Niclauß, Grundgesetz: 206 f.

[95] Das Vereinsverbot war schon im Herrenchiemseer Konvent unproblematisch (vgl. Scherb, Demokratieschutz: 233–235). Die Sonderstellung des Partei wurde 1961 durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (vgl. BVerfGE 12, 296 (304)).

[96] Im Art. 18 GG heißt es: „Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.“ Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit ist nicht als Aufgabe des Gerichts festgehalten, der Begriff findet nicht einmal Erwähnung. Paradoxerweise führte eine Aufgabenbeschränkung des Gerichts zu einer erweiterten Entscheidungskompetenz: In der Praxis lehnte es mehrere Anträge mit der Begründung ab, sie seien zur Gefahrenabwehr nicht notwendig (vgl. BVerfGE 11, 282 (282 f.) und BVerfGE 38, 23 (24)) – anders als beim Parteiverbot, wo es den Antragstellern vorbehalten ist, darüber zu urteilen.

[97] Vgl. Kielmansegg, Peter Graf (1979): Von der Notwendigkeit und den Schwierigkeiten streitbarer Demokratie. In: Schönbohm, Verfassungsfeinde, S. 39–68, hier: 49.

[98] Vgl. Abel, Ralf B. (1999): Eine Frage der juristischen Tradition. Gespräch mit Professor Ralf Bernd Abel. In: Kruchem, Thomas (1999): Staatsfeind Scientology ? München, S. 204–224, hier: 209.

[99] Vgl. BVerfGE 5, 85 (139).

[100] Vgl. Seifert, Jürgen (1999): Es kommt auf das konkrete Verhalten des Menschen an. Gespräch mit Professor Jürgen Seifert. In: Kruchem, Scientology, S. 225–231, hier: 231.

[101] Vgl. Schmitt Glaeser, Begriff: 173 f.

[102] Vgl. Thiel, Einführung: 6.

[103] BVerfGE 5, 85, (139).

[104] Schmidt, Thomas (1983): Die Freiheit verfassungswidriger Parteien und Vereinigungen. Zur Schrankenlehre im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2 GG. Berlin: 219.

[105] Vgl. Sattler, Rechtliche Bedeutung: 61 f.

[106] Vgl. Preuß, Pluralismus: 25.

[107] Vgl. Jahrreiß, Hermann (1949): Demokratie. Selbstbewusstheit – Selbstgefährdung – Selbstschutz. Zur Deutschen Verfassungsproblematik seit 1945. In: Festschrift für Richard Thoma (1950). Zum 75. Geburtstag am 19. Dezember 1949. Tübingen, S. 71–91, hier: 86.

[108] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 277.

[109] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 32 f.

[110] Ebd.: 256.

[111] Vgl. ebd.: 253.

[112] Ebd.: 606.

[113] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 25 f.

[114] Kirchheimer, Politische Justiz: 32 f.

[115] Vgl. Loewenstein, Verfassungslehre: 349 und 351 f.

[116] Loewenstein, Verfassungslehre: 151.

[117] Lameyer, Streitbare Demokratie: 143.

[118] Vgl. Lameyer, Streitbare Demokratie: 157 f.

[119] Vgl. Preuß, Loyalität: 453 f.

[120] Vgl. Preuß, ebd.: 457.

[121] Vgl. Preuß, Pluralismus: 100.

[122] Preuß, Loyalität: 459.

[123] Vgl. ebd. 457.

[124] Preuß, Ordnungskonzepte: 369.

[125] Vgl. Preuß, Loyalität: 454.

[126] Vgl. Preuß, Pluralismus: 100.

[127] Vgl. Preuß, Loyalität: 456.

[128] Preuß, Loyalität: 457 f.

[129] Vgl. Preuß, Pluralismus: 26.

[130] So auch Schmitt Glaeser, Begriff: 176.

[131] Vgl. Vgl. Dürig, Theodor / Klein, Hans H. (2011): Art. 18 GG. In: Maunz, Theodor / Dürig, Günter (Begr.) (2011): Grundgesetz. Kommentar. München: RN 55–57. Bei der Betrachtung des Art. 9 GG kommt Scholz im selben Band zu einem anderen Ergebnis (vgl. Scholz, Rupert (2011): Art. 9 GG. In: Maunz/Dürig, Grundgesetz: RN 62 f. und 68.

[132] Vgl. Leibholz, Grundordnung: 132 f. und Loewenstein, Verfassungslehre: 52.

[133] Vgl. Leibholz, Auflösung: 78 f.

[134] Vgl. Leibholz, Grundordnung: 134 f.

[135] Ebd.: 138.

[136] Ebd.: 140. Kriele wirft Leibholz vor, Freiheit als Gegenprinzip der Gleichheit misszuverstehen (vgl. Kriele, Staatslehre: 318 f.). Hintergrund ist die Differenz zwischen einem liberalistischen Individualismus einen Seite und der Betonung der demokratischen Orientierung des ganzen Volkes gleicher Individuen auf der anderen. Insofern scheint Freiheit für Leibholz in erster Linie nur bis zu dem Punkt erstrebenswert, wie es gleiche Wahlen ermöglicht: Freiheitlichkeit ist politische Freiheit und die Abwesenheit staatlicher Repression.

[137] Vgl. Thoma, Wesen: 79.

[138] Dort verschmilzt das Privatrecht mit dem öffentlichen Recht, Individualrechte und Rechtsstaatlichkeit verschwinden (vgl. Loewenstein, Militant Democracy I: 418).

[139] Leibholz, Auflösung: 38.

[140] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 243.

[141] Kessler, Uwe (1977): Freiheitliche Demokratische Grundordnung. In: Sontheimer, Kurt / Röhrig, Hans H. (1978) (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. München/Zürich, S. 219–227, hier: 219.

[142] Was mit Leibholz Perspektive konsequent ist, nach der Freiheit der Demokratie eben nicht gleichgestellt wird, sondern funktional verengt: Soviel Freiheit, wie die Demokratie des Volkes von Gleichen braucht. Auch der CDU-Abgeordnete Mangold betonte, dass es sich hierbei um eine Konkretisierung handelte, die etwa sich etwa gegen die sowjetische „Volksdemokratie“ richtete (vgl. Scherb, Demokratieschutz: 244).

[143] Vgl. Niclauß, Grundgesetz: 208.

[144] Vgl. ebd.: 206 f.

[145] Vgl. Preuß, Pluralismus: 23 f.

[146] Vgl. ebd.: 26 f. Er betrachtet dieses Verhältnis mit Blick auf die Konkurrenz zum Legalitätssystem natürlich kritisch.

[147] Vgl. Leibholz, Auflösung: 40.

[148] Vgl. Leibholz, Auflösung: 9.

[149] Vgl. Hesse, Grundzüge: 11.

[150] Vgl. BVerfGE 5, 85 (197).

[151] Vgl. Preuß, Pluralismus: 28.

[152] BVerfGE 2, 1 (12).

[153] Kessler, Grundordnung: 221.

[154] BVerfGE (1952): 2, 1 (12).

[155] Preuß, Pluralismus: 29.

[156] BVerfGE 2, 1 (12).

[157] Für ihn sind das: Art. 18, Art. 21 II und Art. 91 GG.

[158] Vgl. Preuß, Pluralismus: 29. Mit diesem Begriff, der von Macpherson stammt. meint er die bürgerliche, durch individuelle ökonomische Aktivität gekennzeichnete Gesellschaft, die aus der Überwindung feudalistischer, insbesondere patrimonialer und zunftmäßiger Einbindungen hervorgegangen ist (vgl. Preuß, Pluralismus: 19). Kriele bezeichnet ihn als utilitaristischen Individualismus. Die Bezeichnung entspringt der extensiven Nutzung des Wortes „Eigentum“, das hier alles Eigeninteresse inklusive der persönlichen Freiheit einbegreift. Materielles Eigentum und individualistische Freiheitsfixierung als Handlungsprimat korrumpieren die Marktwirtschaft. In letzter Konsequenz wird dabei die Verfassung der Wirtschaft unterworfen, Solidarität existiert lediglich unter „Besitzenden“ (vgl. Kriele, Staatslehre: 202–204).

[159] Vgl. Ridder, Helmut (1989): Art. 21 II GG. In: Azzola, Axel (Bearb.) (1989): Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. In 2 Bd. Neuwied: RN 16.

[160] Konkret in Art. 11 II, Art. 21 II, Art. 87a IV und Art. 91 I GG.

[161] Vgl. ebd.: 12 f. und 51.

[162] Das ist diskutabel, da Leibholz in früheren Jahren die Bedeutung derartiger Strukturmerkmale nicht nur in Abgrenzung gegen den Totalitarismus, sondern auch den relativistischen Liberalismus und zur Stabilisierung metaphysischen Grundlage herausarbeitete (vgl. Leibholz, Auflösung: 46.)

[163] Mittlerweile ist der Katalog in den Art. 92 StGB („Begriffsbestimmungen“) gewandert.

[164] Vgl. Kessler, Grundordnung: 221 und 223.

[165] Vgl. ebd.: 224.

[166] Vgl. Abendroth, Wolfgang (1966): Das Grundgesetz. Eine Einführung in seine politischen Probleme. Pflullingen: 15 f.

[167] Vgl. Willms, Günther (1974): Das Staatsschutzkonzept des Grundgesetzes und seine Bewährung. Karlsruhe: 7.

[168] Bundestag (1951): Zweite Beratung des Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes (Nrn. 563, 1307 der Drucksachen). Erster Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Auszüge). In: Denninger, Grundordnung, S. 788–796, hier: 790 f. (Beitrag von Adolf Arndt).

[169] Vgl. ebd.: 790 (Beitrag von Eduard Wahl).

[170] BGBl 1951/I. Natürlich widerspricht diese Formulierung in gewisser Weise der Begründung Arndts, man müsse in diesem Artikel aus Gründen der Rechtsicherheit einer Konkretisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Gerichte vorgreifen. Zu dieser begrifflichen Diffusität dürfte der Art. 21 II GG beigetragen haben, der neben der Grundordnung auch den Bestand der Bundesrepublik thematisiert. Im Parlamentarischen Rat unterschied man die Gefährdungsszenarien: So betrachte der SPD-Abgeordnete Eberhard etwa eine separatistische Bewegung nicht als inkompatibel mit der freiheitlichen Demokratie, sondern nur als gegen den Bestand der Bundesrepublik gerichtet (vgl. Scherb, Demokratieschutz: 243).

[171] Vgl. BVerfGE 2, 1 (12).

[172] Vgl. BVerfGE 5, 85 (140).

[173] Vgl. BVerfGE 5, 85 (197).

[174] Kessler, Grundordnung: 221.

[175] Vgl. BVerfGE 5, 85 (334).

[176] Vgl. BVerfGE 5, 85 (203).

[177] Das ist auch erstaunlich, weil Drath als einer der Hauptautoren des KPD-Verbotsurteils durchaus zwischen Marxismus und seiner leninistisch-stalinistische Verkehrung unterscheidet (vgl. Drath, Martin (1954): Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit in der sowjetischen Besatzungszone. Untersuchungen über Legalität, Loyalität und Legitimität. Bonn: 43–47). Wesentlich für ihn ist dabei auch, das der kommunistische Revolution nicht der Gesellschaft getragen, sondern durch Stalin erzwungen wird (vgl. ebd.: 55 f.), und insofern weniger das Ziel als das „Hier und Jetzt“.

[178] Vgl. Loewenstein, Militant Democracy I: 432.

[179] Vgl. Leibholz, Auflösung: 41–43.

[180] Vgl. Dürig/Klein, Art. 18 GG: RN 62 f. und 68.

[181] Kirchheimer, Politische Justiz: 48.

[182] Vgl. Preuß, Ordnungskonzepte: 374 f.

[183] Preuß, Loyalität: 459 und Preuß, Ordnungskonzepte: 373 f.

[184] Vgl. Preuß, Loyalität: 459 f.

[185] Preuß, Ordnungskonzepte: 375.

[186] Vgl. Preuß, Loyalität: 459 f.

[187] Preuß, Loyalität: 459.

[188] Vgl. Steinberger, Helmut (1974): Konzeption und Grenzen freiheitlicher Demokratie. Dargestellt am Beispiel des Verfassungsrechtsdenkens in den Vereinigten Staaten von Amerika und des amerikanischen Antisubversionsrechts. Berlin/Heidelberg/New York: 116 f.

[189] Fraenkel, Strukturanalyse: 358.

[190] Vgl. Kessler, Grundordnung: 224.

[191] Vgl. Denninger, Erhard (1977): Vorwort. In: Denninger, Grundordnung, S. 7–9: 7 f.

[192] Vgl. Preuß, Ordnungskonzepte: 375 f.

[193] Preuß, Ordnungskonzepte: 375.

[194] Vgl. Preuß, Ordnungskonzepte: 374 und 376.

[195] Vgl. Hesse, Grundzüge: 51.

[196] Vgl. Preuß, Ordnungskonzepte: 376 f.

[197] Diesen Begriff verwendet Hofferbert, Michael (1977): Einleitung. In: Denninger, Grundordnung, S. 489–497, hier 491.

[198] Vgl. Fuchs, Frederike / Jesse, Eckhard (1978): Der Streit um die „streitbare Demokratie“. Zur Kontroverse um die Beschäftigung im öffentlichen Dienst. In: Funke, Extremismus, S. 389–421, hier: 399.

[199] Vgl. Sattler, Rechtliche Bedeutung: 57.

[200] Vgl. von Schoeler, Andreas (1978): Liberalismus und Extremismus. In: Funke, Extremismus, S. 460–479, hier: 468–470.

[201] Narr, Wolf-Dieter (1980): Radikalismus /Extremismus. In: Greiffenhagen, Wörter, S. 366–375, hier: 372.

[202] Vgl. Narr, Radikalismus: 373 f.

[203] Seifert, Jürgen (1978): Haus oder Forum. Wertsystem oder offene Verfassung. In: Habermas: Stichworte, S. 321–339: 326 f.

[204] Vgl. etwa Jenke, Verschwörung: 86

[205] Vgl. Jenke, Manfred (1961): Verschwörung von rechts? Ein Bericht über den Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945. Berlin: 88.

[206] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 238.

[207] Vgl. etwa Schmid, Richard (1961): Kritisches zu unserer politischen Justiz. In: DIE ZEIT vom 29. Dezember 1961, S. 4.

[208] Vgl. Jaschke, Innere Sicherheit: 28.

[209] Vgl. Loewenstein, Militant Democracy II: 646 f. Die Frage, wodurch genau der Feind zu erkennen ist, wird hier lediglich angerissen, aber nicht problematisiert.

[210] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 74.

[211] Vgl. etwa Büsch, Otto (1957): Erste Studie: Geschichte und Gestalt der SRP. In: Fischer-Baling, Eugen (1957) (1978): Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP). Berlin/Frankfurt, S. 7–192, hier: 175 f.

[212] Vgl. Kraushaar, Wolfgang (1998): 1968. Das Jahr, das alles verändert hat. München/Zürich: 48 f.

[213] Vgl. Schmidt, Helmut (1969): Vorwort. In: Sontheimer, Kurt / Ritter, Gerhard A. / Schmitz-Hübsch, Brita / Kevenhörster, Paul / Scheuch, Erwin K. (1970): Der Überdruss an der Demokratie. Neue Linke und alte Rechte – Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Köln, S. 5–7, hier: 5.

[214] Vgl. ebd.: 6 f.

[215] Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1971 taucht der Begriff lediglich im Kapitel „Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern“ auf, aber sowohl im Zusammenhang mit „politisch extremen Aktionen“ wie auch bei der Beschreibung ihrer Nähe zu „linksextremen Tendenzen“ (vgl. Bundesministerium des Innern (1972): 92 und 101). Im Folgejahr ist zusätzlich von der Gewaltzunahme bei „in- und ausländischen Extremisten“ sowie von „rechtsradikalen Ausschreitungen rechtsextremer Gruppen“ die Rede (vgl. Bundesministerium des Innern (1973): Vorwort und 38 f.).

[216] Bundesministerium des Innern (1975): 3.

[217] Die genaue Unterscheidung von Radikalität (Radikal-sein) und Radikalismus (eigentlich: Radikalistisch-sein) kann hier nicht gemacht werden. Es fanden mehrere semantische Verschiebungen statt, die sich nicht sprachlogisch deduzieren lassen, aber deren Analyse für diese Arbeit wenig ideentheoretischen Mehrwert böte.

[218] Vgl. Bundesministerium des Innern (1975): 4.

[219] Vgl. Maihofer, Werner (1975): Politische Kriminalität. In: Funke, Extremismus, S. 327–334: 331.

[220] Heinemann, Gustav (1976): Freimütige Kritik und demokratischer Rechtsstaat (Auszüge). In: Denninger, Grundordnung, S. 61–64, hier: 64.

[221] Vgl. Bundesministerium des Innern (2011): Verfassungsschutzbericht 2010: 3, 69 und 136 (exemplarisch). Daneben wird sogar der Raum für eine Binnendifferenzierung innerhalb des Extremismus eröffnet, wenn etwa von „… [b]esonders radikale[n] Nazis“ (ebd.: 66) die Rede ist. Allerdings handelt es sich hierbei vermutlich nur um eine einzelne Formulierung.

[222] Sontheimer, Kurt (1970): Gefahr von rechts – Gefahr von links. In: Ders./Ritter/Schmitz-Hübsch/Kevenhörster/Scheuch, Erlösungsbewegungen: Der Überdruss an der Demokratie. Neue Linke und alte Rechte – Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Köln, S. 9–42, hier: 12.

[223] Vgl. ebd.: 13.

[224] Vgl. Narr, Radikalismus: 366.

[225] Vgl. Kriele, Martin (1980): Verfassungsfeindlicher Extremismus /Radikalismus. In: Greiffenhagen, Martin (Hrsg.) (1980): Kampf um Wörter ? Politische Begriffe im Meinungsstreit. Bonn, S. 351–365, hier: 351.

[226] Vgl. Funke, Manfred (1978): Extremismus und offene Gesellschaft – Anmerkungen zur Gefährdung und Selbst­gefähr­dung des demokratischen Rechtsstaates. In: Funke, Extremismus, S. 15–46, hier: 20.

[227] Vgl. ebd.: 19 f.

[228] Funke unterscheidet radikales Denken und Handeln. Radikales Handeln zielt auf Feindvernichtung ab und fällt damit nicht unter den Radikalismusbegriff im engeren Sinne.

[229] Vgl. ebd.: 24.

[230] Vgl. Sowinski, Oliver (1998): Die Deutsche Reichspartei 1950–1965. Organisation und Ideologie einer rechtsradikalen Partei. Frankfurt/Main: 14.

[231] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 24.

[232] Vgl. Stöss, Richard (1989): Die extreme Rechte in der Bundesrepublik. Entwicklung – Ursachen – Gegenmaßnahmen. Opladen: 20.

[233] Vgl. Willms, Günther (1975): Streitbare Demokratie – aber wie? In: die politische meinung Nr. 158, 20. Jahrgang, Januar/Februar 1975. S. 21–33, hier: 28 f.

[234] Merk etwa charakterisiert etwa schon die Demonstrationen und Hörsaalbesetzungen der sogenannten Neuen Linken als Gewalt und offenen Kampf (vgl. Merk, Hans Günther (1978): Was ist heute Extremismus? Die Bedrohung des Staates von links und rechts. In: Funke, Extremismus, S. 127–146, hier: 143).

[235] Vgl. Jaschke, Innere Sicherheit: 17.

[236] Ebd.: 18.

[237] Vgl. Jaschke, Innere Sicherheit: 19 f. und 301.

[238] Vgl. etwa Loewenstein, Verfassungslehre: 350.

[239] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 18.

[240] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 14.

[241] Vgl. auch Scherb, Demokratieschutz: 17.

[242] Vgl. Bundesministerium des Innern (1973): Verfassungsschutzbericht. Ereignisse, Gruppierungen, Hintergründe. Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bonn: Vorwort.

[243] Vgl. Bundesministerium des Innern (1975): Verfassungsschutzbericht. Ereignisse, Gruppierungen, Hintergründe. Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bonn: 4.

[244] Vgl. ebd.: 5–7.

[245] Vgl. Bundesministerium des Innern (2009): Glossar der Verfassungsschutzbehörden: Stichwörter „Bestrebungen, extremistische“ und „Extremismus/Radikalismus“.

[246] Vgl. Merk, Heute: 127 f.

[247] Vgl. Merk, Heute: 129.

[248] Hennis, Wilhelm (1968): Verfassung und Verfassungswirklichkeit. Ein deutsches Problem. In: Friedrich, Manfred (Hrsg.) (1978): Verfassung. Beiträge zur Verfassungstheorie. Darmstadt, S. 232–267, hier: 249–252.

[249] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 60 f.

[250] Haungs, Peter (1992): Staatsbewusstsein im vereinigten Deutschland. Verfassungspatriotismus oder was sonst? In: Gabriel, Oscar W. / Sarcinelli, Ulrich / Sutor, Bernhard / Vogel, Bernhard (Hrsg.) (1992): Der demokratische Verfassungsstaat. Theorie, Geschichte, Probleme – Festschrift für Hans Buchheim. München, S. 195–210, hier: 207.

[251] Vgl. Scheuch, Erwin K. (1970): Zum Wiederentstehen der Erlösungsbewegungen. In: Sontheimer/Ritter/Schmitz-Hübsch/Kevenhörster/Scheuch, Erlösungsbewegungen: Überdruss, S. 129–206, hier: 178.

[252] Vgl. Ritter, Gerhard A. (1970): Der Antiparlamentarismus und Antipluralismus der Rechts- und Linksradikalen. In: Sontheimer/Ritter/Schmitz-Hübsch/Kevenhörster/Scheuch, Überdruss, S. 43–91, hier: 63.

[253] Vgl. Scheuch, Erlösungsbewegungen: 178.

[254] Vgl. ebd.: 183 f.

[255] Backes, Politischer Extremismus: 40.

[256] Vgl. ebd.: 318.

[257] Vgl. Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 38 und Backes, Uwe / Jesse, Eckhard (1996): Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn. [2]: 46.

[258] Vgl. Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 256 f.

[259] Vgl. Scheuch, Erlösungsbewegungen: 132

[260] Vgl. Jesse, Grenzen: 519.

[261] Die Darstellung beruht auf der umfangreichen Interviewsammlung von Thomas Kruchem (1999): Staatsfeind Scientology? München.

[262] Vgl. Abel, Tradition: 204 f.

[263] Vgl. Alberts, Hans (1999): In Deutschland gibt es eine Diskriminierungsverbotskultur. Gespräch mit Professor Hans Alberts. In: Kruchem, Thomas (1999): Staatsfeind Scientology? München, S. 232–242, hier: 234.

[264] Vgl. Beckstein, Günther (1999): Wir werden uns davor schützen, unterwandert zu werden. Gespräch mit dem bayer­ischen Innenminister Günther Beckstein. In: Kruchem, Thomas (1999): Staatsfeind Scientology? München, S. 115–121, hier: 120.

[265] Vgl. Abel, Tradition: 207 f.

[266] Vgl. Tibi, Bassam (1993): Der islamische Fundamentalismus zwischen „halber Moderne“ und politischem Aktionismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 33, 43. Jahrgang, August 1993. S. 3–10, hier: 9 f.

[267] Klein, Eckart (2004): Die Herausforderung durch den internationalen Terrorismus – hört hier das Völkerrecht auf? In: Isensee, Josef (Hrsg.) (2004): Der Terror, der Staat und das Recht. Berlin, S. 9–39, hier: 11.

[268] Vgl. Grzeszick, Bernd (2004): Staat und Terrorismus. Eine staatstheoretische Überlegung in praktischer Absicht. In: Isensee, Josef (Hrsg.) (2004): Der Terror, der Staat und das Recht. Berlin, S. 55–81, hier: 60–62.

[269] Vgl. ebd.: 65.

[270] Vgl. Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 188.

[271] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 39 f. Sontheimer selber spricht zu diesem Zeitpunkt von Radikalismus, was aber inhaltlich dem sich wenige Jahre später etablierenden Extremismusbegriff entspricht.

[272] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 40. In späteren Jahren weicht er allerdings von dieser Haltung ab (vgl. Jaschke, Innere Sicherheit: 45).

[273] Vgl. ebd.: 41 f.

[274] Vgl. ebd.: 30.

[275] Stöss, Rechte: 18.

[276] Stöss, Rechte: 19. Die Formatierungen dieses Zitats wurden entfernt.

[277] Vgl. etwa Neugebauer, Extremismus: 19 f. Allerdings begründet er seinen Vorwurf damit, dass das Konzept soziologisch und insbesondere in der Ursachenforschung unbrauchbar sein. Dieser Einwand ist für die Betrachtung der Streitbaren Demokratie zweitranging.

[278] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 226. Leggewie und Meier begründen diese Perspektive vertragstheoretisch: Werden die Lebens- und Menschenrechte einer Gruppe gewaltsam infrage gestellt, so wird der Gesellschaftsvertrag gekündigt. Damit sind Rechtsgüter der Allgemeinheit in besonderen Umfang betroffen (vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 28 f.). Dieses Argument ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen bleibt offen, weshalb die Terrorisierung von Ausländern tatsächlich die die „deutsche Demokratie“ gefährdet. Derartige Übergriffe sind völlig undiskutabel, doch das schwere Geschütz des Gesellschaftsvertrages schießt hier ins Leere. Im Gegenteil, Konzepte einer selbsternannten „Nationalen Demokratie“ stellen sich sogar rhetorisch dahinter. Zum anderen fehlt eine Erläuterung dafür, weshalb die demokratiefeindliche Qualität eines Bruchs mit dem Gesellschaftsvertrag davon abhängig ist, ob dieser gewalttätig erfolgt oder nicht: Inwieweit ist der Gesellschaftsvertrag weniger betroffen, wenn er sprachlich statt tätlich aufgekündigt wird?

[279] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 23.

[280] Vgl. Willms, Staatsschutzkonzept: 27 und 30.

[281] Leggewie/Meier, Republikschutz: 105.

[282] Leggewie/Meier, Republikschutz: 105.

[283] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 102 f.

[284] Vgl. etwa Funke, offene Gesellschaft: 29–32 oder Leggewie/Meier, Republikschutz: 77.

[285] So wurde in Sachsen etwa 1991 mit der „Soko Rex“ eine Sonderkommission zur Verhinderung rechtsextreme Straftaten gegründet. Andere Bundesländer folgten (vgl. Vgl. Jaschke, Hans-Gerd (2000): Sehnsucht nach dem starken Staat – Was bewirkt Repression gegen Rechts? In: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 39, 50. Jahrgang, September 2000. S. 22–29, hier: 27 f.).

[286] Vgl. Willms, Staatsschutzkonzept: 27.

[287] Vgl. Büsch, SRP: 14.

[288] In 35 Gemeinden erzielte sie die absolute, in 375 Gemeinden die relative Stimmenmehrheit, in vier von 95 Wahlkreisen wurde sie stärkste Partei. Die größten Erfolge hatte die SRP in den protestantischen Gebieten Niedersachsens, hier in agrarischen Regionen oder mittelgroßen Städten mit ländlichem Umland, ihre Hochburgen waren durch einen überdurchschnittlichen hohen Arbeitslosenanteil gekennzeichnet. In den Niedersächsischen Landtag konnte sie mit 16 Mandaten, d. h. 11 % der Stimmen einziehen. In Bremen – obwohl hier zahlreichen ihrer Spitzenredner öffentliche Auftritte untersagt wurden – vereinigte sie noch 7,7 % der Wählerstimmen auf sich. (Vgl. Schmollinger, Horst W. (1984): Die Sozialistische Reichspartei. In: Stöss, Richard (Hrsg.) (1984): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Bd. 2. Opladen, S. 2274–2336, hier: 2309 und 2311 f.)

[289] Vgl. Büsch, SRP: 17–19 und 24.

[290] Vgl. ebd.: 24 und 30.

[291] Vgl. Schmollinger, Sozialistische Reichspartei: 2335.

[292] Vgl. ebd.: 2318 f.

[293] Vgl. Büsch, SRP: 16.

[294] Vgl. Büsch, SRP: 154 f.

[295] Vgl. ebd.: 160.

[296] Vgl. Schmollinger, Sozialistische Reichspartei: 2302.

[297] Vgl. Hansen, Henning (2007): „Raudau“- Nationalismus in der frühen Bundesrepublik. Die Sozialistische Reichspartei im Lichte alliierter Geheimdienstberichte. In: Jesse, Eckhard / Niedermeier, Hans-Peter (2007): Politischer Extremismus und Parteien. Berlin, S. 127–145, hier: 137.

[298] Vgl. Büsch, SRP: 192.

[299] Vgl. Hansen, Nationalismus: 130 und 143 f.

[300] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 230.

[301] Vgl. Büsch, SRP: 168.

[302] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 552.

[303] Vgl. BVerfGE 2, 1 (20 f.).

[304] Bei aller Nähe zur CDU litt die DP an der innere Zerrissenheit zwischen Abhebung von der SRP, aber auch von „Bonn“ (vgl. Jenke, Verschwörung: 128).

[305] Vgl. Jenke, Verschwörung: 117.

[306] Jenke, Verschwörung: 339.

[307] Vgl. Jenke, Verschwörung: 206–208.

[308] Vgl. Jenke, Verschwörung: 114.

[309] Büsch kommt nicht zu diesem Schluss: Nach seiner Einschätzung gelang es, auf die Bedrohung des demokratischen Staates aufmerksam zu machen (vgl. Büsch, SRP: 178).

[310] Vgl. Jenke, Verschwörung: 94.

[311] Vgl. Büsch, SRP: 14.

[312] Vgl. Jenke, Verschwörung: 85 f.

[313] Vgl. Jenke, Verschwörung: 94.

[314] Formal ist eine Diskriminierung aufgrund des Gebots der Chancengleichheit unzulässig. Doch scheinbar parteiunabhängige Regelungen, die nur für bestimmte Parteien faktische Nachteile bedeuten, sind legal (vgl. Vgl. Klein, Hans H. (2011): Art. 21 GG. In: Maunz/Dürig, Grundgesetz: FN 373 f.).

[315] Scherb, Demokratieschutz: 263.

[316] Vgl. Flemming, NPD: 39.

[317] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 10.

[318] Vgl. Hansen, Nationalismus: 144.

[319] Vgl. v on Brünneck, Alexander (1978): Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik 1949–68. Frankfurt/Main.: 117.

[320] Vgl. Hansen, Nationalismus: 139 und 142 f.

[321] Vgl. Schmid, Kritisches: 4.

[322] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 24.

[323] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 234 f.

[324] Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 232.

[325] Vgl. Sontheimer (1969): 23.

[326] Vgl. Flemming, NPD: 44.

[327] Vgl. BVerfGE 5, 85 (142)

[328] Vgl. Lameyer, Streitbare Demokratie: 32.

[329] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 257. Ausdrücklich– und offenbar auch im Widerspruch zu den eben dargelegten Hochverratserwägungen – nimmt Ordnung an derselben Stelle das politische Strafrecht aus, das hier aber nicht weiter betrachtet werden soll.

[330] Kirchheimer, Politische Justiz: 74.

[331] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 211.

[332] Vgl. BVerfGE 5, 85 (142).

[333] Vgl. Klein, Art. 21 GG: RN 527.

[334] Vgl. Loewenstein, Verfassungslehre: 352.

[335] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 211.

[336] Vgl. ebd.: 232 f.

[337] Vgl. ebd.: 239.

[338] Vgl. Ridder, Helmut (1968): Möglichkeit und Notwendigkeit der Wiederzulassung der KPD. In: Abendroth, Wolfgang / Ridder, Helmut / Schönfeldt, Otto (Hrsg.) (1968): KPD-Verbot oder Mit Kommunisten leben? Hamburg, S. 59–68, hier: 64.

[339] Vgl. Abendroth, Wolfgang (1956): Das KPD -Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Ein Beitrag zum Problem der richterlichen Interpretation von Rechtsgrundsätzen der Verfassung im demokratischen Staat. In: Abendroth, Antagonis­tische Gesellschaft, S. 139–174, hier: 139. Wie genau diese Hilfe hätte aussehen können, ohne dass es sich dabei um einen staatlichen Eingriff in die Parteiautonomie gehandelt hätte, bleibt aber offen.

[340] Ridder, Helmut (1968): Einführung. In: Abendroth/Ridder/Schönfeldt, Kommunisten, S. 7–16, hier: 13.

[341] Vgl. Meier, Horst (2002): „Ob eine konkrete Gefahr besteht, ist belanglos“. Kritik der Verbotsanträge gegen die NPD. In: Leggewie, Claus / Meier, Horst (Hrsg.) (2002): Verbot der NPD oder Mit Rechtsradikalen leben? Frankfurt/Main, S. 14–29, hier: 21.

[342] Kirchheimer, Politische Justiz: 610.

[343] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 273.

[344] Vgl. Flemming, NPD: 44.

[345] Vgl. Seifert, Karl H. (1961): Zum Verbot politischer Parteien. In: Die Öffentliche Verwaltung Nr. 3, 14. Jahrgang, Februar 1961. S. 81–91: 85. Sein Argument ist, dass gerade hierin der Unterschied zur Weimarer Republik bestehe, die nach seiner Einschätzung weniger an dem Mangel an Abwehrinstrumenten denn der Bereitschaft, diese einzusetzen, zugrunde ging.

[346] Ziel dieser Androhung war, so Flemming an gleicher Stelle, dass der mit einem etwaigen Verbot einhergehende Mandatsverlust auch eine verschenkte Wahlstimme bedeutet hätte. Die Stimmabgabe für die DKP wurde unattraktiv gemacht.

[347] Vgl. Flemming, NPD: 40. Flemming legt hier dar, dass der angedrohte Verbotsantrag und die damit einhergehende Gefahr des Mandatsverlusts der DRP in erster Linie Wählerstimmen kosten sollten.

[348] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 246.

[349] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 274. Allerdings ginge beide Verbotsanträge – der gegen die SRP und der gegen die KPD – nicht auf die Amtszeit der zitierten Minister zurück. Doch zumindest Schröder, der sein Amt 1953 antrat, befindet sich noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe und war während des gesamten Feststellungsverfahrens gegen die KPD im Amt.

[350] BVerfG 5, 85 (141).

[351] Vgl. BVerfGE 5, 85 (157).

[352] BVerfG 5, 85 (195). Drath relativiert diese Aussage später: Dem Gericht sei es lediglich darum gegangen, die Interpretation der KPD von der Marxistisch-Leninistischen Lehre als verfassungswidrig zu verurteilen (vgl. Drath, Martin (1971): Stellungnahme zu Problemen der Fortdauer des KPD-Verbots. In: Gieseking, Erwin / Pfannenschwarz, Karl (1971): Urteil: KPD-Verbot aufheben – Politisches und Rechtliches zum Verbot der KPD. Protokoll des Öffentlichen Hearings über die Problematik des KPD-Verbots mit Gästen aus der Bundesrepublik und aus dem Ausland am 5. Juni 1971 in der Mercator-Halle in Duisburg. Köln, S. 48–58, hier: 50 f.

[353] Vgl. etwa Abendroth, Grundgesetz: 12. Von Oertzen argumentiert sogar, dass ein Rätesystem sogar mit der konkretisierten freiheitlichen demokratischen Grundordnung kompatibel wäre (vgl. Von Oertzen, Peter (1969): Freiheitliche demokratische Grundordnung und Rätesystem. In: Denninger, Grundordnung, S. 208–224).

[354] Vgl. Ridder, Wiederzulassung: 66.

[355] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 222. Auch in einem damit verwandten Aspekt unterscheidet sich seine Meinung von von Brünnecks: Dieser kritisierte, die KPD sei für eine Politik verurteilt worden, die sie gar offiziell nicht mehr vertrat. Sie hatte ihre revolutionären Ziele auf eine Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung verlegt (vgl. von Brünneck, Kommunisten: 125). Kirchheimer dagegen hält es für unplausibel, dass zwischen der aktuellen (verfassungskonformen) und der allgemeinen Zielsetzung der KPD unterschieden werden müsse: Beide Ziele sind konkordant, die konkreten Ziele stellen nur Etappen zu einer verfassungswidrigen Umwälzungsstrategie dar (vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 222 f.).

[356] Vgl. Preuß, Pluralismus: 30. Preuß bezieht sich allerdings nicht nur auf das KPD-Verbot, sondern zieht an dieser Stelle ein allgemeines Resümee über die Ausgestaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

[357] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 127.

[358] Vgl. ebd.

[359] Bundestag (1950): Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (Strafrechtsänderungsgesetz 1950). In: Denninger, Grundordnung, S. 786–789, hier: 786 (Beitrag von Thomas Dehler).

[360] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 280.

[361] Vgl. ebd.: 285.

[362] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 43.

[363] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 278 f.

[364] Vgl. Hannover, Heinrich (1963): Politische Generalklauseln als Straftatbestand. Auflösung des Tatbestandsstrafrechts in der politischen Justiz. In: Denninger, Grundordnung, S. 903–911, hier: 904 f.

[365] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 134 f.

[366] Vgl. Ridder, Einführung: 14. Er kritisiert an gleicher Stelle, dass der Straftatbestand der „staatsgefährdenden Schrift“ nicht unter die Schrankenbestimmungen (allgemeine Gesetze) der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG falle, da es sich hierbei um ein spezielles Gesetz handelt, dem aber kein allgemeines vorausgeht.

[367] Außen vor gelassen wird hier die Debatte, ob das passive Wahlrecht selbst überhaupt nach diesem Artikel verwirkt werden kann (vgl. für die Debatte Thiel, Markus (2003): Die Verwirkung von Grundrechte n gemäß Art. 18 GG. In: Thiel, Wehrhafte Demokratie: 155–159). Konkret benannt wird das Wahrrecht im Art. 18 GG nicht, sondern nur seine politisch-praktischen Vorbedingungen.

[368] Vgl. Ridder, Einführung: 14.

[369] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 123.

[370] Ebd., Kommunisten: 135

[371] Vgl. Lameyer, Streitbare Demokratie: 47. Vgl. für eine detaillierte Darlegung der dazugehörigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts ebd.: 42–48.

[372] Vgl. Ridder, Einführung: 9.

[373] Vgl. Abendroth, Wolfgang (1968): Einige Bemerkungen zur Analyse der politischen Funktion des KPD-Verbotes. In: Abendroth/Ridder/Schönfeldt, Kommunisten, S. 27–29, hier: 29.

[374] Vgl. Drath, Stellungnahme: 52 f.

[375] Vgl. Abendroth, Wolfgang (1954): Zum Begriff des demokratischen und sozialen Rechtsstaat es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. In: Abendroth, Wolfgang (1967): Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie. Aufsätze zur politischen Soziologie. Neuwied/Berlin, S. 109–138, hier: 125.

[376] Vgl. Glaeßner, Gerd-Joachim (2006): Politik in Deutschland. Wiesbaden: 98.

[377] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 362 f. und 365 f.

[378] Natürlich gab es auch andere Einschätzungen, etwa von Friedrich K. Kaul, der das Verfahren als rechtswidrig und das Verbot als Instrument des faschistischen Militarismus geißelt (vgl. Kaul, Friedrich K. (1971): Die formal- und formellrechtliche Unhaltbarkeit des KPD-Verbotsurteils. In: Gieseking/Pfannenschwarz, KPD-Verbot, S. 25–38, hier: 36 f.

[379] Das Verhältnis dieser Begriffe ist etwas unklar, aber die Verwendung legt nahe, dass die Wiederauflage der NSDAP eine Nachfolge ist, die Wiederauflage einer in der Bundesrepublik verbotenen Partei dagegen ein Ersatz.

[380] Vgl. BVerfGE 2, 1 (69).

[381] Vgl. BVerfGE 6, 300 (307).

[382] Vgl. BVerfGE 2, 1 (40).

[383] Vgl. Willms, Streitbare Demokratie: 25 f.

[384] Vgl. Heimann, Siegfried (1983). Die Deutsche Kommunistische Partei. In: Stöss, Parteienhandbuch, S. 901–981, hier: 905.

[385] So wurde etwa der Art. 84 StGB zur Bekämpfung von Ersatzorganisationen und Neugründungsversuchen neu geregelt. Dabei galt nun auch das Feststellungsprinzip, nach dem ein Antrag etwa auf Feststellung des Ersatzcharakters einer Partei beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden musste (vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 553).

[386] Vgl. von Brünneck, Kommunisten: 352 f.

[387] Vgl. Ridder, Einführung: 64 und 66, Ridder, Wiederzulassung: 8 und 13 f.

[388] Hier stellen sich natürlich die Probleme des schon „ausgeschöpften“ Instanzenzuges und der Unzulässigkeit einer erneuten Beweisaufnahme.

[389] Vgl. Drath, Stellungnahme: 54.

[390] Vgl. Willms, Streitbare Demokratie: 28 f.

[391] Die Einschätzungen gingen hier auseinander (vgl. Dreier, Ideologie: 110 f.).

[392] Vgl. Ordnung, Praxis und Theorie: 567 f.

[393] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 243.

[394] Vgl. Jaschke, Sehnsucht: 318.

[395] Vgl. Jaschke, Innere Sicherheit: 25.

[396] Es lässt sich aber vermuten, dass es gleichzeitig ihre praktische Bedeutungslosigkeit und ideologische Unschärfe waren, weshalb sie die SRP überleben konnte: Sie gab keine probate Zielscheibe politischer Justiz ab und provozierte auch nicht in dem Maße öffentliche Empörung wie die SRP. Auch außenpolitisch wäre ihr Verbot nur von geringer Signalwirkung gewesen (vgl. Sowinski, Deutsche Reichspartei: 25 und 27 f.).

[397] Vgl. ebd.: 48 f.

[398] Vgl. Schmollinger, Horst W. (1984): Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands. In: Stöss, Parteienhandbuch, S. 1922–1994, hier: 1922.

[399] Vgl. ebd.: 1927.

[400] Vgl. ebd.: 1973.

[401] Vgl. ebd.: 1956.

[402] Vgl. ebd.: 1929.

[403] Vgl. ebd.: 1930.

[404] Vgl. ebd.: 1929.

[405] Sontheimer, Gefahr: 24.

[406] Vgl. Flemming, NPD: 40.

[407] Vgl. ebd.: 91.

[408] Die NPD griff im Wahlkampf sogar auf den Slogan „Alle Wege des Kommunismus führen nach Moskau“ zurück, mit dem die CDU die Bundestagswahl 1953 gewonnen hatte (vgl. Glaeßner, Politik: 98 f.).

[409] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 25. Dieser Punkt ist umstritten. Flemming etwa stellt diesen Punkt als eine „von der Linken verbreitete Theorie“ dar und führt diese auf „durchsichtige antifaschistische Motive“ zurück (vgl. Flemming, NPD: 92 und 94).

[410] Vgl. Sontheimer, Gefahr: 24. Im weiteren Sinne kann auch das Interesse an der Verständigung mit der Sowjetunion unter (Außenminister) Willy Brandt dazu gezählt werden (vgl. Heimann, Deutsche Kommunistische Partei: 904.

[411] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 242.

[412] Vgl. ebd.: 256 f.

[413] Schmollinger, Nationaldemokratische Partei Deutschlands: 1922.

[414] Vgl. ebd.: 1928.

[415] Vgl. Bundesministerium des Innern (1975): 15.

[416] Vgl. Schmollinger, Nationaldemokratische Partei Deutschlands: 1928.

[417] Vgl. Schmollinger, ebd.: 1941 f.

[418] Vgl. Schmollinger, ebd.: 1978–1980.

[419] Vgl. Pfahl-Traughber, Armin (2000): Die Entwicklung des Rechtsextremismus in Ost- und Westdeutschland. In: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 39, 50. Jahrgang, September 2000. S. 3–14. hier: 4–6.

[420] Vgl. Stöss, Richard (2005): Rechtsextremismus im Wandel. Berlin.

[421] Vgl. ebd.: 126.

[422] Ebd: 132.

[423] Vgl. Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus: 6.

[424] Vgl. ebd.: 133.

[425] Vgl. ebd.: 107 f.

[426] Vgl. etwa ebd.: 116 und 121.

[427] Vgl. ebd.: 133.

[428] Vgl. ebd.: 135 f.

[429] Vgl. ebd.: 118.

[430] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 134 f.

[431] Vgl. Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus: 12.

[432] Vgl. ebd.: 28.

[433] Vgl. BVerfGE 91, 276 (290).

[434] Vgl. BVerfGE 91, 276 (293 f.).

[435] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 70.

[436] Vgl. Jaschke, Sehnsucht: 29.

[437] Seils, Christof (2002): Selbstläufer symbolischer Politik. Wie ein Verbot der NPD auf die politische Agenda kam. In: Leggewie/Meier, Verbot, S. 44–50, hier: 46.

[438] Vgl. ebd.: 44.

[439] Vgl. Scherb, Armin (2002): Das Dilemma der streitbaren Demokratie. In: Die WELT vom 25.01.2002, S.3.

[440] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 263.

[441] Vgl. Scherb, Dilemma. In der aktuellen Debatte wäre ein solche Sanktion etwa bei der Vergabe öffentlicher Räume möglich (vgl. Süddeutsche.de (2012): Schulmensa bleibt für NPD-Jugend tabu).

[442] Vgl. Scherb, Armin (2008): Der Bürger in der Streitbaren Demokratie. Über die normativen Grundlagen Politischer Bildung. Wiesbaden: 44 f. Allerdings spricht sich Scherb auch dafür aus, dass an erster Stelle die Gesellschaft „streitbar“ werden müsse und demokratiefeindlichen Bestrebungen durch Aufklärung bekämpft.

[443] Vgl. Flemming, NPD: 28.

[444] Vgl. BVerfGE 8, 51 (64).

[445] Vgl. Scheuner, Mehrheitsprinzip: 50.

[446] Vgl. Klein, Art. 21 GG: FN 573 f.

[447] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 176

[448] Vgl. (kritisch dazu) Seils, Selbstläufer: 46.

[449] Der Aufruf geht zurück auf Gerhard Schörder (vgl. Seils, Selbstläufer: 50).

[450] Vgl. etwa Hövelmann, Holger / Krems, Martin (2002): Die Republik braucht keine Nazis. Ein Plädoyer für die wehrhafte Demokratie. In: Braun, Stephan / Geisler, Alexander / Gerster, Martin (Hrsg.) (2009): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten. Wiesbaden, S. 546–658, hier: 646 f., Buntenbach, Annelie / Wagner, Bernd (2002): Warum wir trotzdem für ein Verbot der NPD sind. In: Leggewie/Meier, Verbot, S. 132–137, hier: 135 oder im Antrag selbst (BVerfG (107, 339 (344)).

[451] Seils, Selbstläufer: 46.

[452] Vgl. Seils, Selbstläufer: 47.

[453] Vgl. Flemming, NPD: 172.

[454] Vgl. Seils, Selbstläufer: 49.

[455] Vgl. BVerfGE 107, 339 (342–444).

[456] Vgl. Jesse, Eckhard (2003): Der gescheiterte Verbotsantrag gegen die NPD – Die streitbare Demokratie ist beschädigt worden. In: Politische Vierteljahresschrift Nr. 3, 44. Jahrgang September 2003. S. 292–301, hier: 297.

[457] Vgl. etwa Leggewie/Meier, Republikschutz: 334 f.

[458] Vgl. Buntenbach/Wagner, Für Verbot: 133 f.

[459] Vgl. Meier, Gefahr: 22.

[460] Vgl. Meier, Gefahr: 24 und Flemming, NPD: 172.

[461] Vgl. Meier, Gefahr: 25.

[462] Vgl. Meier, Gefahr: 18.

[463] Vgl. BVerfGE 107, 339 (343 f.).

[464] Vgl. Preuß, Pluralismus: 153.

[465] Vgl. etwa Leggewie/Meier, Republikschutz: 288. Schmidt spricht sogar von einer „Vergewaltigung“ der Verfassungsinterpretation (vgl. Schmidt, Freiheit: 218).

[466] Vgl. etwa Hövelmann/Krems, Keine Nazis: 650 f.

[467] Vgl. Meier, Gefahr: 19.

[468] Vgl. Herdegen, Matthias (2011): Art. 139 GG. In: Maunz/Dürig, Grundgesetz: RN 14. Im Strafrecht wird dieser Weg zum Verbot der Verherrlichung des Nationalsozialismus gegangen.

[469] Daneben würde ein solcher Ansatz natürlich nicht mehr in einer weitreichend radikalisierten Gesellschaft funktionieren. Aber in so einer Situation wäre ein Parteiverbot schon aus den von Kirchheimer benannten Gründen problematisch.

[470] Vgl. Buntenbach/Wagner, Für Verbot: 134 f.

[471] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 313 f.

[472] Das gilt für Leggewie und Meier vor dem Hintergrund ihrer Forderung, zwischen Form einer Meinungsäußerung und deren Inhalt zu unterscheiden, in besonderem Maße.

[473] Vgl. Flemming, NPD: 198.

[474] Vgl. ebd.: 207.

[475] BVerfGE 107, 339 (366).

[476] Vgl. Flemming, NPD: 173.

[477] Vgl. Seils, Selbstläufer: 44.

[478] Vgl. Flemming, NPD: 245 f.

[479] Vgl. ebd.: 207.

[480] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 169.

[481] Vgl. BVerfGE 107, 339 (381). Im Prinzip finden sich zwei einander entgegengerichtete Vorwürfe: Einerseits dass V-Männer sich nur vorgeblich für den Verfassungsschutz engagieren, während die tatsächlich gerade auch in ihren verfassungsfeindlichen Aktivitäten finanziert würden (vgl. etwa Stenke, Wolfgang (1995): Exkurs: Schmitteinander – V-Mann und Verfassungsschutz im Falle Solingen. In: Leggewie/Meier, Republikschutz, S. 46–59, hier: 51), andererseits dass die Partei durch ebendiese V-Männer staatlich fremdgesteuert würde.

[482] Vgl. Carstens, Peter (2011): Skepsis bezüglich NPD-Verbotsverfahren. In: Faz.net vom 08.12.2011.

[483] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 153 und 157.

[484] Vgl. ebd.: 154.

[485] Vgl. ebd.: 149.

[486] Vgl. ebd.: 151 f.

[487] Vgl. Carstens, Skepsis.

[488] Vgl. n-tv.de (2011): Minister peilen NPD-Verbot an. Man bildet eine Arbeitsgruppe.

[489] Vgl. Carstens, Skepsis.

[490] Vgl. BVerfGE 107, 339 (370)

[491] Hier wird die (brisante) Frage außen vor gelassen, inwiefern nicht nur die NPD, sondern auch der NSU durch den Verfassungsschutz fremdgesteuert oder zumindest gefördert wurde.

[492] Vgl. Klein, Art. 21 GG: RN 358.

[493] Vgl. Burger, Reiner / Klaubert, David (2011): Viele Wege ins Extreme. In: Faz.net vom 14.11.2011.

[494] Vgl. Kirchheimer, Politische Justiz: 256.

[495] Die Frage hat aktuell mit der Debatte darüber, ob die Überwachung von Abgeordneten der Linkspartei legitim ist, neue Bedeutung erlangt.

[496] Allerdings argumentiert man hier in gewisser Weise mit Loewenstein gegen Loewenstein, da Streitbare Demokratie für ihn immer schon einen Bruch mit der Rechtsstaatlichkeit darstellt, der in Notsituationen vertretbar ist, aber nicht schon dann, wenn sie sich gegen schwer nachweisbaren, subversiven Extremismus wendet.

[497] Vgl. Seifert, Verhalten: 231. Er äußert diesen Einwand allerdings nicht mit Blick auf die NPD, sondern Scientology.

[498] Vgl. von Schoeler, Liberalismus: 471.

[499] Vgl. Hesse, Konrad (1975): Bemerkungen zur heutigen Problematik von Tragweite der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft. In: Die Öffentliche Verwaltung Nr. 13/14, 28. Jahrgang, Juli 1975. S. 437–443, hier: 441.

[500] Vgl. Leggewie/Meier, Republikschutz: 111.

[501] Vgl. etwa tagesschau.de (2011): Linkspartei empört über Dobrindts „Hetzparolen“. CSU-Generalsekretär bringt Verbot ins Spiel. 07.07.2011 oder Carstens, Peter (2012): „Die DDR ist unsere Zukunft“. In: Faz.net vom 24.01.2012.

[502] Vgl. Jesse, Eckhard (2001): Soll die Nationaldemokratische Partei Deutschlands verboten werden? Der Parteiverbotsantrag war unzweckmäßig, ein Parteiverbot ist rechtmäßig. In: Politische Vierteljahresschrift Nr. 4, 42. Jahrgang, Dezember 2001. S. 683–697, hier: 681 und 688.

[503] Für Günther Frankenberg könne es bei einem erneuten Verfahren nicht mehr darum gehen, ob das demokratische System durch die NPD gefährdet sei. Angesichts ihrer geringen Bedeutung sei dieses Argument „absurd“ (vgl. Interview von Euler, Ralf (2011): „ Hürden sind hoch, aber ein NPD-Verbot ist möglich“. In: Faz.net vom 08.12.2011). Allerdings, auch wenn man seine Einschätzung teilt, muss seine Aussage relativiert werden: Im Prinzip nimmt er hier lediglich eine Opportunitätsüberlegungen vor. Für das Gericht dürfte die geringe Bedeutung der NPD keinerlei Rolle bei der Bewertung ihrer Haltung spielen. Insofern könnte die Bundesregierung, so sie denn entsprechendes Beweismaterial vorlegen kann, die demokratiefeindliche Haltung der NPD weiterhin in ihre Antragsbegründung aufnehmen.

[504] Vgl. BVerfGE 9, 162 (165). Hier unterscheidet das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zwischen der strafrechtlichen Sanktion krimineller Handlungen und der Funktion des Parteiverbots.

[505] Vgl. Scherb, Demokratieschutz: 21. Allerdings spricht Scherb an dieser Stelle von der „Pönalisierung von Zielen“, was vielleicht eine irreführende Begrifflichkeit ist. So besitzt nach Seifert der Art. 21 II GG gerade keinen „Pönalcharakter“ (vgl. Seifert, Verbot: 85). Vielleicht wäre „Sanktion“ in Abgrenzung zu „Bestrafung“ ein treffenderer Begriff.

[506] Steinberger weist darauf hin, dass auch der rechtliche Bestimmung dessen, was illegal ist, und sei es nur ein Gewaltverbot, zwangsläufig eine Wertentscheidung innewohnt (vgl. Steinberger, Konzeption: 211 f.).

[507] Vgl. Ridder, Art. 21 II GG: RN 13.

[508] Auch durch die Verwechslung einer „aktiven, kämpferisch-aggressiven“ Haltung gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung mit Gewalttätigkeit und Militanz (vgl. etwa Staud, Toralf (2012): Tarnmanöver der Gewaltbereiten. NPD distanziert sich von Terror. In: Süddeutsche.de vom 03.02.2012) wird diese Unterscheidung verschleiert.

[509] Vgl. Jenke, Verschwörung: 13–16.

[510] Ebd.: 43.

[511] Vgl. ebd.: 41.

[512] Kirchheimer, Politische Justiz: 30.

[513] Vgl. Jenke, Verschwörung: 45.

[514] Vgl. Menzel, Jörg (2000): BVerfGE 5, 58 – Beamtenurteil. Völkerrechtliche Kontinuität vs. beamtenrechtliche Diskontinuität? – Vergangenheitsbewältigung im Disput zwischen BVerfG und BGH. In: Menzel, Jörg (Hrsg.) (2000): Verfassungsrechtsprechung. Hundert Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in der Retrospektive. Tübingen, S. 70–75: 70 und Preuß, Pluralismus: 30 (FN 40).

[515] BVerfGE 3, 58 (115).

[516] Vgl. Menzel, Beamtenurteil: 72 f.

[517] Vgl. Preuß, Pluralismus: 30.

[518] Vgl. Kriele, Verfassungsfeinde: 336.

[519] Vgl. Jenke, Verschwörung: 88.

[520] Vgl. Bundesregierung (1950): Beschluss der Bundesregierung vom 19. September 1950. Politische Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes gegen die demokratische Grundordnung. In: Denninger, Grundordnung, S. 507–508, hier: 507.

[521] BGBl 1950/I.

[522] Vgl. Ridder, Helmut (1989): Art. 31 I–III GG. In: Azzola, Grundgesetz: RN 30.

[523] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 50.

[524] Vgl. Büsch, SRP: 160.

[525] Vgl. Jenke, Verschwörung: 400–407.

[526] Vgl. Dreier, Ideologie: 97.

[527] Vgl. Stein, Ekkehart (1989): Art. 20 I–III GG Nr. 2. In: Azzola, Grundgesetz: FN 7.

[528] Vgl. Sontheimer, Kurt (1979): Die verunsicherte Republik. Die Bundesrepublik nach 30 Jahren. München: 10.

[529] Vgl. ebd.: 24.

[530] Vgl. ebd.: 33 f. und 50–52.

[531] Vgl. ebd.: 27.

[532] Vgl. ebd.: 71 f.

[533] Vgl. Wellmer, Albrecht (1978): Terrorismus und Gesellschaftskritik. In: Habermas, Jürgen (Hrsg.): Stichworte zur „Geistigen Situation der Zeit“. Nation und Republik. Frankfurt/Main, S. 265–293, hier: 291 und 293.

[534] Vgl. Sontheimer, Verunsicherte Republik: 97.

[535] Vgl. ebd.: 100.

[536] Vgl. ebd.: 71.

[537] Kriele, Extremismus: 364.

[538] Kielmansegg, Notwendigkeit: 65.

[539] Ebd.: 61.

[540] Andere Bezeichnung waren unter anderem „Radikalenerlass“, „Radikalenbeschluss“ und „Extremistenbeschluss“.

[541] Vgl. Fuchs/Jesse, Streit: 405 f.

[542] Vgl. Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 255.

[543] Vgl. Glaeßner, Politik: 131.

[544] Regierungschefs des Bundes und der Länder, Beschluss: 518.

[545] Vgl. BVerfGE 33, 334 (336).

[546] Vgl. Bracher, Karl Dietrich (1976): Bewährung und Anfechtung: Zum Streit um die Demokratie und Verfassung in der Bundesrepublik. In: Funke, Extremismus, S. 422–435, hier: 429. Sachlich dazugehörig sind Amtsenthebungsverfahren und Entlassungen, die sich auf einen Verstoß gegen die besondere Treuepflicht der Beamten nach Art. 33 IV GG berufen (vgl. Regierungschefs des Bundes und der Länder, Beschluss: Beschluss der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972. In: Denninger, Grundordnung, S. 518–519, hier: 518.). Dieser Aspekt wird nicht weiter vertieft, weil er zum einen nicht in gleichem Maße in der Kritik stand, zum anderen wenig theoretischen Mehrwert für die Darstellung der Debatte bietet: Argumente, die für und gegen den Extremistenbeschluss vorgebracht wurden, lassen sich auf die Treuepflicht schon bediensteter Beamter übertragen oder gehen sogar darüber hinaus.

Auch außen vor gelassen wird hier die Debatte, aus welchen Absätzen des Art. 33 GG sich die Treuepflicht ergibt. Teilweise wird sie aus den Eignungsbestimmungen des Art. 33 II GG abgeleitet (vgl. Badura, Peter (2011): Art. 33 GG. In Maunz/Dürig, Grundgesetz: RN 33), teilweise aus den „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums in III (vgl. kritisch dazu Denninger, Einführung: 13). Der Bundestag und Bundesrat leitetet sie aus IV und V ab (vgl. Bundestag/Bundesrat (1974): Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften. Entwurf der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrates sowie Gegenäußerung der Bundesregierung (Auszug). In: Denninger, Grundordnung, S. 555–561, hier: 558 f.) Laut Bundesverfassungsgericht ist es Art. 33 V GG, aus dem sich die Verfassungstreue ergibt (vgl. BVerfGE 39, 334, (334)), später aber auch aus II (vgl. BVerfGE 92, 140 (150)). Aus dem Blickpunkt der hier angelegten Untersuchen genügt es festzustellen: Faktisch ist die Beamtentreue wirksam.

[547] Vgl. BVerfGE 39, 334 (348 f.). Die Unterscheidung zwischen Angestellten im öffentlichen Dienst und Beamten war nach der Einschätzung von Preuß nicht von Bedeutung (vgl. Preuß, Pluralismus: 169). „Im Ergebnis würde sich die […] Frage nicht von der der Beamten unterscheiden.“) Auch im Beschluss selber wurde festgehalten: „Für Arbeit und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten […] dieselbe Grundsätze.“ (Regierungschefs des Bundes und der Länder, Beschluss: 519.)

[548] Vgl. Kriele, Verfassungsfeinde: 341.

[549] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 61.

[550] Vgl. Langguth, Gerd (1983): Protestbewegung. Entwicklung – Niedergang – Renaissance. Die Neue Linke seit 1968. Köln: 44.

[551] Vgl. Sontheimer, Verunsicherte Republik: 27.

[552] Vgl. etwa Kriele, Extremismus: 357–359. Hier veranschaulicht er die Notwendigkeit des Extremistenbeschlusses anhand der kommunistischen, von der Sowjetunion gesteuerten KPD. Ähnlich auch Vogel und Annecke, die die „Verfassungsfeindlichkeit“ der DKP und anderer kommunistischer Organisationen – im Gegensatz zur NPD – für offensichtlich erklären und weiter ausführen (vgl. Vogel, Friedrich / Annecke, Rüdiger (1979): Zur Verfassungsfeindlichkeit politischer Parteien. In: Schönbohm, Verfassungsfeinde, S. 100–137, hier: 109, 113 und 118) oder Kielmansegg, der der DKP „ungeniertes“ Auftreten vorwirft (vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 51 f.).

[553] Vgl. Perdelwitz, Wolf (1973): Integration oder Revolution. Bonn-Bad Godesberg: 56 und Merk, Heute 142.

[554] So warnt Innenminister Burkhard Hirsch vor dem langen Marsch durch die Institutionen durch die DKP (vgl. Steinkamm, Armin (1978): Nichtübernahme von Verfassungsgegnern in den öffentlichen Dienst. In: Gössel, Karl Heinz / Herrmann, Dietrich / Steinkamm, Armin / Doehring, Karl (1979): Der freiheitliche Rechtsstaat und seine Gegner – Mittel und Grenzen der Abwehr. Heidelberg/Karlsruhe, S. 77–99, hier: 98).

[555] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 50.

[556] Ulrike Meinhof etwa wirft der DKP vor, ihr sei „die Legalität zum Fetisch geworden“ und sie treibe die Diffamierung der APO voran (vgl. Meinhof, Ulrike M. (1968): Sozialdemokratismus und DKP. In: Dies. (1994): Die Würde des Menschen ist antastbar. Aufsätze und Polemiken. Berlin, S. 157–160, hier: 59 f.).

[557] So warnt Kielmansegg noch Jahre später vor Infiltrationsversuchen des „Sowjetimperiums“ (vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 59). Der Bundesverfassungsschutz widmete der Abwehr von Spionen aus DDR und gesamter Sowjetunion in seinen Berichten ganze Kapitel (vgl. etwa Bundesministerium des Innern (1972): 75).

[558] Vgl. Doehring, Karl (1978): (Diskussionsbeitrag.) In: Gössel/Herrmann/Steinkamm/Doehring, Rechtsstaat, S. 167–168, hier: 167.

[559] Vgl. Kriele, Extremismus: 364.

[560] Vgl. Matthiesen, Hayo (1972): Es grollt. Proteste und Streiks an mehreren Hochschulen. In: DIE ZEIT Nr. 50 vom 15.12.1972, S. 3. Sicherlich wäre es zu simpel, eine einfache Kausalität von Sicherheitsmaßnahmen und linker Gesellschafts- und Systemkritik zu postulieren. Nichtsdestotrotz dürfte der Ausbau solcher Maßnahmen mindestens als argumentative Munition dienen.

[561] Vgl. Hoffmann-Riem, Wolfgang (1976): Zur Definitionsherrschaft über Radikalität. Zum Radikalen-Beschluss des Bundes­verfassungsgerichts. In: Funke, Extremismus, S. 370–386, hier: 370.

[562] Kriele, Verfassungsfeinde: 337.

[563] Vgl. Fuchs/Jesse, Streit: 409–419.

[564] Vgl. Denninger, Erhard (1977): Einführung des Herausgebers. In: Denninger, Grundordnung, S. 10–29: 26.

[565] Vgl. Schueler, Hans (1973): Mit Elan in eine neue Sackgasse. Die Schein-Einigung über den Radikalenerlaß. In: DIE ZEIT Nr. 40 vom 28.09.1973, S. 1.

[566] Grosser, Alfred (1975): Die Bundesrepublik, der internationale und der innere Friede. Ansprache anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1975 (Auszug). In: Denninger, Grundordnung, S. 54–60: 57.

[567] Vgl. Hofferbert, Einleitung: 490.

[568] Geht man davon aus, dass diese Vereinigungen sich in „kämpferisch-aggressiver Form“ gegen die die verfassungsmäßige Ordnung richten, so würde das auch dem Gebot entsprechen, gegenüber Vereinen das mildeste Mittel und nicht zwangsläufig ein Verbot zu wählen (vgl. Scholz, Art. 9 GG: RN 117).

[569] Jaschke, Innere Sicherheit: 166.

[570] Vgl. Seifert, Haus: 335.

[571] Vgl. Schueler, Hans (1973): Letzte Hoffnung Karlsruhe ? Der Extremistenbeschluß hat die Probe nicht bestanden. In: DIE ZEIT Nr. 39 vom 21.09.1973.

[572] Vgl. BVerfGE 39, 334 (348).

[573] Vgl. Böckenförde, Selbstverteidigung: 16 f.

[574] Regierungschefs des Bundes und der Länder, Beschluss: 518.

[575] Vgl. Kimmich, Otto (1978): Extremisten im öffentlichen Dienst. Schutzbedürfnis und Freiheitsbeschränkung im Prüffeld unserer Verfassungsnormen. In: Funke, Extremismus, S. 348–369, hier: 363.

[576] Vgl. Scherb, Bürger: 37.

[577] Vgl. Schönbohm, Demokratie: 275 f.

[578] Aus Art. 21 GG ergibt sich, dass ein Verbot nach der Feststellung zwingend zu erfolgen hat (vgl. Klein, Art. 21 GG: RN 558). Insofern ist der entsprechende Artikel im BVerfGG wohl lediglich die Konkretisierung eines dem Parteiverbot immanenten Prinzips.

[579] Vgl. Fuchs/Jesse, Streit: 410.

[580] Vogel/Annecke, Verfassungsfeindlichkeit: 119.

[581] Vgl. BVerfGE 35, 334 (359 f.).

[582] Vgl. Schönbohm, Demokratie: 275.

[583] Vgl. Klein, Art. 21 GG: RN 571.

[584] Zweifel an der Möglichkeit eines „objektiven“ Urteils können nicht zu dem Schluss führen, eine Bewertung durch das BVerfG sei deshalb überflüssig und man könnte direkt zur Bewertung durch die Exekutive übergehen.

[585] Vgl. Bittner, Wolfgang (1977): Verfassungsfeindlichkeit zur Disposition. Eine Reportage über den Fall Silvia Gingold. In: Funke, Extremismus, S. 376–386, hier: 378 und 380. Er schildert einen extremen Fall, der auf reine Stigmatisierung abzielte. Selbst Kielmansegg erblickt in der rigorosen Handhabe den Versuch, „… das fehlende Nationalbewusstsein durch einen Verfassungskonsens zu ersetzen.“ (Kielmansegg, Notwendigkeit: 58.)

[586] Vgl. Kriele, Extremismus: 351.

[587] Vgl. BVerfGE 39, 334 (360).

[588] Vgl. BVerwGE 47, 330 (351).

[589] Kimmich, Extremisten: 361.

[590] BVerfG 39, 334 (359).

[591] Kriele, Verfassungsfeinde: 339.

[592] Vgl. Hofferbert, Einleitung: 493.

[593] Vgl. BVerfGE 40, 287 (291 f.). Bezeichnenderweise war es gerade eine Klage der NPD, die zu diesem Prozess führte. Sie war optimistisch, dass man ihr keine Verfassungswidrigkeit hätte nachweisen können und sie offiziellen Legalitätsstatus zuerkannt bekommen hätte.

[594] Vgl. Thiel, Markus (2003): Das Verbot verfassungswidriger Parteien (Art. 21 Abs. 2 GG). In: Thiel, Markus (Hrsg.) (2003): Wehrhafte Demokratie. Beiträge über die Regelungen zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Tübingen, S. 173–207, hier: 205.

[595] Vgl. Kimmich, Extremisten: 368.

[596] Vgl. Kriele, Verfassungsfeinde: 340 oder auch Jaschke, Innere Sicherheit: 126, 132 f. und 139 f.

[597] Vgl. Kriele, Verfassungsfeinde: 338. Kriele unterscheidet in seinen Ausführungen nicht sorgfältig zwischen einfachen Vereinigungen und Parteien. Tatsächlich ist diese Differenzierung aber an dieser Stelle notwendig, wenn es um die Folgen des Gerichtsurteils geht. Die Sorge, eine nicht verbotene Partei sozusagen vorzuverurteilen, lässt sich nicht auf nach Art. 9 II GG bestimmte verfassungsfeindliche Vereinigungen übertragen. Hier liegt und lag auch damals schon die Verantwortlichkeit beim Innenministerium. Erst im Nachhinein kann eine Berufung eingereicht werden, bei der das Bundesverwaltungsgericht die Tauglichkeit der Anhaltspunkte prüft, die zur Einstufung der Vereinigung als verfassungsfeindlich führten (vgl. Hoffmann-Riem (1976): 373). Die Handhabe war hier also zwar nicht theoretisch, aber in der Praxis durch die andere Kompetenzzuteilung unproblematischer.

[598] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 56.

[599] Auch wenn der Zusammenhang ein anderer ist, so erinnert dieses Problem an die heutige „Schläfer“-Debatte, bei der man versucht ist, gerade unauffälliges Verhalten als Auffälligkeit zu bewerten.

[600] Vgl. Fuchs/Jesse, Streit: 408.

[601] Vgl. Narr, Radikalismus: 371 f.

[602] Vgl. Stronk, Detlef (1979): Der Zugang zum öffentlichen Dienst unter rechtlichen und politischen Gesichtspunkten. In: Schönbohm, Verfassungsfeinde, S. 69–99, hier: 78.

[603] Vgl. ebd.: 78.

[604] Vgl. Badura, Art. 33 GG: RN 33.

[605] Vgl. Stronk, Zugang: 86 und 92.

[606] Vgl. Kriele, Extremismus: 355.

[607] Vgl. Fuchs/Jesse, Streit: 408 f.

[608] Vgl. etwa Betriebsberater (1990): Änderungskündigung eines Fernmeldehandwerkers wegen DKP-Zugehörigkeit. Neueste Rechtsprechung des BAG in Leitsätzen. Nr. 2, 1990, S. 143 oder in neuerer Zeit BAG-Urteil vom 12.5.2011, 2 R 479/09 (abrufbar unter http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=15541).

[609] Vgl. Rudolf, Beate (2003): „ Verfassungsfeinde “ im öffentlichen Dienst. In: Thiel, Wehrhafte Demokratie, S. 209–250, hier: 223.

[610] Vgl. Zoll, Ralf (2010): Der „ Radikalenerlass “. In: Imbusch, Peter / Zoll, Ralf (Hrsg.): Friedens- und Konfliktforschung. Eine Einführung. Wiesbaden, S. 485–509, hier: 502.

[611] Vgl. Kühnert, Hanno (1995): Zu spätes Recht ist Unrecht. In: DIE ZEIT Nr. 41 vom 6.10.1995, S. 83.

[612] Vgl. Bayerische Staatsregierung (1996): Hinweise zur Vereinbarkeit von Beziehungen zur Scientology-Organisation mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 29. Oktober 1996 Nr. 476-1-160.

[613] Vgl. Csaszkóczy, Michael (2007): Weiter wachsam und aktiv bleiben ! Versuch der Wiederbelebung der Berufsverbote kläglich gescheitert. In: NRhZ-Online, Online-Flyer Nr. 114 vom 26.09.2007.

[614] Vgl. VGH Baden-Württemberg Urteil vom 13.3.2007, 4 S 1805/06 (abrufbar unter http://www.vghmannheim.de/servlet /PB/menu/1206050/index.html?ROOT=1153033).

[615] Vgl. Frost, Andreas (2007): Radikalenerlass gegen Rechtsextreme. In: Tagesspiegel online vom 17.10.2007.

[616] Vgl. Weckenbrock, Prüfstand: 51 f.

[617] Vgl. Latsch, Gunther (2008): Schützenhilfe vom CDU-Professor. In: Spiegel-Online vom 22.05.2008.

[618] Schönebeck, C. / Kleine-Wördemann, G. (2010): Rechts-Professor auf extrem rechten Wegen. In: Ostseezeitung-Online vom 30.06.2010.

[619] Auch: „Extremistenklausel“ oder „Demokratieerklärung“.

[620] In den Medien wurde die Parallele gelegentlich gezogen (vgl. etwa Prantl, Heribert (2011): Massiv erschwerte Arbeit. In: Süddeutsche.de vom 07.02.2011).

[621] Zitiert nach Schulz, G. (2011): Drei Gutachten zur Extremismusklausel. In: Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung vom 21.06.2011.

[622] Interview von Löwenstein, Stephan (2010): „ Linksextreme Gewalt nicht verharmlosen“. In: Faz.net vom 29.04.2010. Der Eindruck wird dadurch gestützt, dass die Notwendigkeit dieser Maßnahme fragwürdig ist. So betont Schröder die Gefahr linker Gewalt mit den Zahlen des Verfassungsschutzberichts, benennt aber keine Zahlen, wie viele linke (oder rechte) Gewalttäter durch öffentliche Gelder gefördert worden wären (vgl. Löwenstein, Linksextreme Gewalt). Der Zyniker könnte mit Blick auf die NSU-Enthüllungen anmerken, dass das sich das eher den Verfassungsschutzbehörden selbst vorwerfen ließe.

[623] Vgl. Kaste, Michael (2011): Kommentar zur umstrittenen Extremismusklausel. In: MDR.de vom 20.04.2011.

[624] Zitiert nach Alexander, Robin (2011): Gutachten stützt Schröders „Extremismusklausel“. In: Welt Online vom 01.04.2011.

[625] Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Pressemitteilung vom 22.11.2011.

[626] Schönbohm schlägt sogar vor, das Parteiverbot zugunsten des Extremistenbeschlusses abzuschaffen (vgl. Schönbohm, Demokratie: 276).

[627] Vgl. BVerfGE 25, 44 (58).

[628] Vgl. Seifert, Haus: 334 f.

[629] BVerfG 39, 334 (348).

[630] Kielmansegg, Notwendigkeit: 45.

[631] Was nach Kielmansegg auch die demokratische Gewaltenteilung unterliefe (vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 45 f.).

[632] Kimmich, Extremisten: 354.

[633] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 62 f.

[634] Vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 51.

[635] Die Debatte, ob dieser Wille jetzt direkt Ausdruck finden oder nur von einem verantwortlichen politischen Vertreter berücksichtigt werden muss, wird hier nicht betrachtet.

[636] Sogar Kielmansegg fordert eine Differenzierung, die über die des seinerzeit geltenden Rechts hinausgeht (vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 56.). Die spätere Rechtsprechung, die schon zwischen der Eignung des einfachen Angestellten und der allgemeinen Treuepflicht des Beamten unterscheidet, geht aber wohl in diese Richtung.

[637] Allerdings betrifft diese Einschränkung nicht nur öffentliche Angestellte, da Art. 5 GG das Jedermannsrecht der Meinungsfreiheit in III für jedermann einschränkt (vgl. Preuß, Pluralismus: 171).

[638] Vgl. Stronk, Zugang: 81.

[639] So etwa Vogel und Annecke, die vor einer „Generation indoktrinierter Kinder“ warnen (Vogel/Annecke, Verfassungsfeindlichkeit: 133).

[640] Sogar Kielmansegg mahnt zu Feingefühl: Was zum Aufgabenbereich des öffentlichen Dienstes gehört, unterliegt einem ständigen Wandel (vgl. Kielmansegg, Notwendigkeit: 56.) Das heißt, die Extension des Bereiches ist (abgesehen von einem Aufgabenkern) kontingent. Eine unsensible, undifferenzierte Handhabe der Loyalitätsprüfung würde die Entfremdung eher vorantreiben als sie zu hemmen (ebd.: 54). Dieser Einwand ist erwägenswert, auch wenn er eine Ablösung vom Repräsentationskonzept bedeutet.

[641] Vgl. Zoll, Radikalenerlass: 503.

[642] Vgl. Löwenstein, Linksextreme Gewalt. Dass auch der Islamismus hinzugezählt wird, wird hier nicht weiter beachtet, stützt aber eher die nachfolgende These.

[643] Vgl. etwa für die damalige Zeit die schon dargestellte Kritik Hofferberts (vgl. Hofferbert, Einleitung: 493.), für die heutige Weckenbrock, Prüfstand: 171.

[644] Vgl. Kriele, Verfassungsfeinde: 341–343.

[645] Vgl. Kriele, Extremismus: 351 und 363.

[646] Parallel dazu wurde Frage (allerdings aus Relevanzgründen) kaum thematisiert, wie die verfassungswidrige Haltung einer organisationsfernen Einzelperson festzustellen sei.

[647] Vgl. Lameyer, Streitbare Demokratie: 165. Eine ähnliche Begründung findet sich auch beim Bundesverfassungsgericht, als es sein Feststellungsmonopol für die Verfassungswidrigkeit einer Partei betont (vgl. BVerfGE 5, 85 (140)).

[648] Vgl. Benda, Ernst (1972): Der Rechtsstaat in der Krise. In: Denninger, Grundordnung, S. 396–418, hier: 412. Es ließe sich einwenden, der Begriff der „staatlichen Reaktion“ an sich könne etwa auch Aufklärungsarbeit und Demokratieerziehung meinen. Allerdings verwendet Benda ihn im Zusammenhang mit repressiven Übergriffen des Staates gegen den Terrorismus.

[649] Vgl. Bulla, Lehre: 355.

[650] Vgl. Ridder, Helmut (1989): Art. 18 GG. In: Azzola, Grundgesetz: RN 2.

[651] Vgl. Steinberger, Konzeption: 267 f.

[652] Vgl. etwa Jesse, Grenzen: 502. Das Opportunitätsprinzip soll nach seiner Einschätzung der militanten Streitbarkeit vorbeugen. An anderer Stelle begründet er das Opportunitätsprinzip außerdem damit, es sichere das mildeste notwendige Mittel (vgl. Jesse, Grenzen: 505). Doch es ist diskutabel, inwieweit der Ermessensspielraum dies gewährleistet, und nicht vielmehr die Konzeption des Mittels, das Anwendung findet. Hier scheint das juristische Konzept der „Erforderlichkeit“ („Steht ein milderes Mittel mit mindestens gleicher Wirksamkeit zur Verfügung?“) mit dem alltäglichen Verständnis des Begriffs („Ist der Eingriff notwendig?“) vermischt zu werden.

[653] Vgl. Ridder, Wiederzulassung: 11.

[654] Vgl. Fraenkel, Ernst (1964): Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung. In: Von Brünneck, Fraenkel, S. 68–94, hier: 73–77.

[655] Vgl. Sontheimer, Verunsicherte Republik: 83–85.

[656] Vgl. ebd.: 89.

[657] Vgl. Greiffenhagen, Martin / Greiffenhagen, Sylvia (1993): Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur im vereinig­ten Deutschland. München/Leipzig: 187 f.

[658] Vgl. ebd: 200.

[659] Vgl. Preuß, Ulrich K. (1994): Der Begriff der Verfassung und ihre Beziehung zur Politik. In: Ders. (Hrsg.) (1994): Zum Begriff der Verfassung. Die Ordnung des Politischen. Frankfurt/Main. S. 7–33, hier: 28.

[660] Hesse, Normative Kraft: 13.

[661] Vgl. Fraenkel, Ernst (1963): Demokratie und öffentliche Meinung. In: Von Brünneck, Fraenkel, S. 232–260, hier: 249.

[662] Vgl. Leibholz, Grundordnung: 135 f.

[663] Vgl. Abendroth, KPD: 170 f.

[664] Vgl. Mandt, Hella (1985): Kritik der Formaldemokratie und Entförmlichung der politischen Auseinandersetzung. In: Zeitschrift für Politik. Nr. 2, 32. Jahrgang, Juni 1985. S. 115–132, hier: 117.

[665] Vgl. Hättich, Freiheit: 119.

[666] Vgl. Hesse, Grundzüge: 52.

[667] Vgl. Loewenstein, Verfassungslehre: 335.

[668] Etwa: „Demokratische Teilhabe ist ihrem Wesen nach auf das ‚Gemeinwohl‘ gerichtet.“ Mit dieser antipluralistischen Definition wird der Konflikt als antidemokratisch ausgeschlossen. Ein Grenzfall ist, wenn jeder Konflikt auf „systemische Widersprüche“ zurückgeführt wird. Konflikt wird hier von vorne herein pathologisiert.

[669] Vgl. Gusy, Christoph (1985): Konsensprinzip oder Demokratie. Zur Auseinandersetzung um das Mehrheitsprinzip. In: Zeitschrift für Politik. Nr. 2, 32. Jahrgang, Juni 1985. S. 133–152, hier: 137 und 142.

[670] Vgl. Steinberger, Konzeption: 116.

[671] „Demokratisch“ bedeutet hier, dass das ganze Volk, da es von der Herrschaftsgewalt betroffen ist, in den Mehrheitsentscheid einbezogen sein muss (vgl. Scheuner, Mehrheitsprinzip: 29). Damit ist auch schon die Grenze des demokratischen Zugriffs charakterisiert: All die Lebensbereiche, in denen diese Kongruenz nicht vorliegt, sind dem Zugriff durch den Volksentscheid entzogen (vgl. ebd.: 46).

[672] Vgl. Jesse, Grenzen: 519.

[673] Vgl. Jesse, Grenzen: 516.

[674] Vgl. Wellmer, Gesellschaftskritik.

[675] Vgl. Ridder, Art. 21 II GG: RN 60.

[676] Die Begriffe entstammen BVerfGE 5, 85 (236), BVerfGE 28, 36 (49) und BVerfGE 39, 334 (349).

[677] Vgl. Hättich, Freiheit: 119.

[678] Vgl. Klein, Art. 21 GG: FN 530.

[679] Eine Grenzfrage ist, wie Forderungen zu bewerten sind, die sich gegen bestehende Institutionen wenden, ohne gleichzeitig konstruktiv neue dagegenzusetzen. Hättich etwa charakterisiert die APO als derartige Bewegung (vgl. Hättich (1988): 180). Allerdings ist das Argument des hier vertretenen Ansatzes, dass einer derartigen Destruktivhaltung weniger Anlass gegeben ist, wenn tradierte Institutionen der Reform tatsächlich frei gegeben werden.

[680] Vgl. Stein, Art. 20 I–III GG: FN 7.

[681] Diese Überlegung geht auf Häberle zurück (vgl. Häberle, Peter (1978): Die offene Gesellschaft der Verfassungsinterpreten. Ein Beitrag zur pluralistischen und „prozes­sualen“ Verfassungsinterpretation. In: Häberle, Pluralismus, S. 79–105, hier: 92). Er selber scheint aber eine derartige Öffnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu erwägen, sondern erblickt gerade in der positiv-rechtlich Setzung durch das Gericht die Festlegung des Pluralismus (vgl. Häberle, Verfassungsinterpretation: 60).

[682] Ordnung weist darauf hin, dass zwischen Parteienprivileg und Verbot kein theoretischer Widerspruch besteht – richtig verwendet, sei das Verbot vielmehr Korrelat des Schutzprivilegs (vgl. Ordnung, Praxis und Theorie, 931).

[683] So konkret für das Parteiverbot vgl. Klein, Art. 21 GG: FN 496.

[684] Offen ist vor diesem Hintergrund der Einfluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der sich in den vergangenen Jahren schon für eine restriktivere Anwendung der Beamtenregelungen aussprach und ähnlich auch bei Parteiverboten (konkret der NPD) eventuell auf die komplette Prüfung der Verhältnismäßigkeit dringen könnte. Das Konzept der Streitbarkeit würde unter dem Verhältnismäßigkeitsprinzip wohl zwangsläufig zu einem Notstandmodell geschrumpft.

[685] Vgl. etwa Backes/Jesse, Extremismus Bundesrepublik: 309.

[686] Scherb, Demokratieschutz: 277.

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Der Nutzen der Streitbaren Demokratie. Notstandskonzept, Konsolidierungskonzept, Integrationskonzept?
Hochschule
Universität Leipzig  (Politikwissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
102
Katalognummer
V318008
ISBN (eBook)
9783668171411
ISBN (Buch)
9783668171428
Dateigröße
1254 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nutzen, streitbaren, demokratie, notstandskonzept, konsolidierungskonzept, integrationskonzept
Arbeit zitieren
Jonas Döring (Autor:in), 2012, Der Nutzen der Streitbaren Demokratie. Notstandskonzept, Konsolidierungskonzept, Integrationskonzept?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318008

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