Analyse der besonderen Bedingungen und Merkmale von Direktinvestitionen in Transformationsländern Osteuropas


Diplomarbeit, 2004

78 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Charakteristika, Abgrenzung und Begriff der Transformationsländer

3 Direktinvestitionen
3.1 Begriff und Abgrenzung von Direktinvestitionen
3.2 Direktinvestitionen vs. Handel und Kooperationen - Erklärungsansätze
3.2.1 Volkswirtschaftlicher Ansatz
3.2.2 Betriebswirtschaftlicher Ansatz
3.2.2.1 Kostenansatz
3.2.2.2 Dunnings OLI-Ansatz
3.3 Bewertung von Auslandsdirektinvestitionen

4 Untersuchung der Rahmenbedingungen
4.1 Einflussfaktor Steuern
4.2 Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen
4.2.1 Politische Ausgangslage
4.2.2 Privateigentum
4.2.3 Korruption, Verbrechen
4.2.4 Wettbewerb
4.2.5 Der Finanzsektor
4.2.6 Infrastruktur
4.2.6.1 Der Energiesektor
4.2.6.2 Der Verkehrssektor
4.2.6.3 Der Telekommunikationssektor
4.3 Sozioökonomische Rahmenbedingungen
4.3.1 Einkommen und Löhne
4.3.2 Wirtschaftswachstum
4.3.3 Einkommensverteilung
4.3.4 Bildung und Gesundheit
4.4 Einflussfaktor Währung

5 Risikoanalyse
5.1 Einflussfaktor länderspezifisches Risiko
5.2 Ratings von Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch
5.3 Euromoney
5.4 Aktienmarktanalyse

6 Direktinvestitionsflüsse, Rendite und Risiko

7 Spezielle Finanzierungsmöglichkeiten
7.1 PHARE
7.2 TACIS
7.3 ISPA
7.4 CARDS
7.5 Leistungen der KfW

8 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Lebenslauf

Anhang

Eidesstattliche Versicherung

Vorwort

Anlass dieser Diplomarbeit sind die sich grundsätzlich verändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im heutigen Europa. Im Zuge der bereits beschlossenen Erweiterung der Europäischen Union im Mai 2004 und weiterer Erweiterungsrunden um die Staaten Osteuropas muss ein Umdenken in den multinationalen Unternehmen innerhalb der bisherigen Geschäftspolitik erfolgen. Diese Arbeit stellt mit ihrer aktuellen Brisanz einen wissenschaftlichen Beitrag mit erheblicher Praxisrelevanz für die hiesigen Unternehmen dar. Abgerundet wird dies durch eine an entsprechenden Stellen geeignete theoretische Fundierung. Gleichwohl kann diese Arbeit nur einen begrenzten Einblick in die Komplexität der Thematik gewähren. Das ist insbesondere mit der Fülle von Informationen verbunden, die eine Investitionsentscheidung beeinflussen. Daher ist es erforderlich, sich auf die Verwertung wesentlicher Informationen zu beschränken. Durch die zum großen Teil analysierende Vorgehensweise hat die Verarbeitung statistischer Daten einen besonderen Stellenwert. Speziell der Transition Report der European Bank of Reconstruction and Development liefert dazu eine Vielzahl von Informationen. Darauf aufbauend können gute Erkenntnisse über die Bedingungen in den osteuropäischen Transformationsländern gewonnen und schließlich Investitionsentscheidungshilfen abgeleitet werden.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Internationalisierungsstrategien

Abbildung 2 Anteil des Privatsektors am GDP

Abbildung 3 Anteil des Privatsektors am GDP im Vergleich

Abbildung 4 Anteil der Kosten durch Verbrechen am Umsatz

Abbildung 5 Entwicklung der Wettbewerbspolitik

Abbildung 6 Bewertung des Finanzsektors

Abbildung 7 Entwicklung der Infrastruktur

Abbildung 8 Haupttelefonanschlüsse

Abbildung 9 GDP pro Kopf und durchschnittlicher Jahreslohn

Abbildung 10 GDP-Wachstumsraten von 1999 – 2004

Abbildung 11 Gesamtrisiko von nationalen und internationalen Portfolios

Abbildung 12 Vergleich der Risikoanalyseinstrumente

Abbildung 13 Rendite-Risiko-Diagramm

Abbildung 14 Modifiziertes Rendite-Risiko-Diagramm

Abbildung 15 Netto-Auslandsdirektinvestitionszuflüsse

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Strategien des Wachstums

Tabelle 2 Beurteilung der politisch-rechtlichen Lage

Tabelle 3 Häufigkeit und Ausmaß der Bestechung

Tabelle 4 Dauer zum Erreichen des Durchschnittseinkommens in der EMU

Tabelle 5 GDP pro Kopf vor und nach Kaufkraftparität, GDP- und HDI-Rang

Tabelle 6 Methoden zur Beurteilung von Direktinvestitionen

Tabelle 7 Länderratings im Vergleich

Tabelle 8 Kennzahlen der Aktienindizes

Tabelle 9 Aggregierte Standortbewertung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Thematik der Arbeit befasst sich mit den besonderen Bedingungen und Merkmalen, die es bei Direktinvestitionen in den osteuropäischen Transformationsländern zu berücksichtigen gilt. Um einem strukturierten Verlauf zu verfolgen, scheint es zunächst sinnvoll, die Transformationsländer zu definieren und abzugrenzen. Dem wird im zweiten Teil der Arbeit nachgekommen. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Definition, der Abgrenzung und Besonderheiten der Bewertung von Auslandsdirektinvestitionen, bevor im Hauptteil der Arbeit (Kapitel 4 und 5) eine umfangreiche Analyse einiger osteuropäischer Transformationsländer anhand von ausgewählten Merkmalen erfolgt. Anschließend werden in Abschnitt 6 die Ergebnisse der Analyse komprimiert und Zusammenhänge zwischen ihnen und den tatsächlichen Investitionsströmen betrachtet sowie Schlussfolgerungen gezogen. Um der Komplexität der Problematik gerecht zu werden, wird dann im siebten Teil auf besondere Finanzierungsmöglichkeiten von Investitionen in den osteuropäischen Staaten in gebotener Kürze eingegangen.

2 Charakteristika, Abgrenzung und Begriff der Transformationsländer

Das Thema der Arbeit befasst sich mit den Transformationsländern Osteuropas. Es ist sinnvoll, zunächst die spezifischen Charakteristika der Transformationsländer herauszuarbeiten, sie von den entwickelten Ländern auf der einen Seite und den Entwicklungsländern auf der anderen Seite abzugrenzen und sie dann zu definieren.

Im allgemeinen Verständnis sind Transformationsländer solche Länder, die durch politische und ökonomische Entwicklung den Status der Entwicklungsländer verlassen und in einem beschleunigten Prozess das Niveau der entwickelten Länder anstreben. Dieser Anpassungsprozeß kann graduell, also Schritt für Schritt, oder in Form eines sogenannten „Big Bang“ vonstatten gehen.1 Bezeichnend für den Umbruch a la Big Bang sind eine rasche Liberalisierung der Preise und des Handels und eine Privatisierungswelle. Die Konsequenzen waren anfänglich ein Einbruch der wirtschaftlichen Aktivitäten, hervorgerufen durch die Unbrauchbarkeit eines großen Teils des Kapitalstocks und hohe Inflationsraten bis hin zu Hyperinflation. Doch auch diejenigen Länder, die eine langsame Anpassung wählten, konnten sich oft jenen negativen Konsequenzen nicht erwehren.

Typische Charakteristika von allen Transformationsländern sind starke Distorsionen durch Preisbindungen und Subventionen, ein unausgeprägtes Bankensystem, eine schwache Währung, Barterhandel, niedrige Löhne, der Mangel an modernem Kapital und unzureichende Managementerfahrung in der Führung von marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen. Dies sind Kennzeichen, wie sie auch in Entwicklungsländern vorzufinden sind. Im Unterschied zu ihnen besitzen die Transformationsländer aber in ausgewählten Sektoren ein relativ hohes technologisches Niveau, z.B. in der Weltraumforschung. Die Rechtssicherheit ist weitestgehend gewährleistet, auch wenn das System nicht unbedingt rechtstaatlich ist, und die Einkommen sind gleichmäßiger verteilt. Im Vergleich zu den entwickelten Ländern liegt das Einkommensniveau in den Transformationsländern noch deutlich unter deren. Nach den Kriterien der Weltbank können die Transformationsländer den „Lower Middle Income Countries“2 und den „Upper Middle Income Countries“3 zugerechnet werden. Die entwickelten Länder können hingegen in die Klasse der „High Income Countries“4 eingeteilt werden. Unter Berücksichtigung der angeführten Punkte sind die neuen Bundesländer für sich betrachtet faktisch auch ein Transformationsland. Eine geografische Abgrenzung der in dieser Arbeit relevanten Länder ist hingegen einfacher. Als osteuropäische Länder werden in dieser Arbeit Länder Europas bezeichnet, die östlich der Grenzen Deutschlands, Österreichs und Italiens liegen, auch wenn andere Quellen oft von den Mittel- und Osteuropäischen Staaten sprechen. Welche Länder nun im einzelnen zu den Transformationsländern Osteuropas zählen, ist im Anhang (S. XV) ersichtlich.

Die Deutsche Bank versteht unter Transformationsländern die „Länder Mittel- und Osteuropas und Zentralasiens, die seit dem Ende der achtziger und dem Beginn der neunziger Jahre einen ökonomisch und politisch radikalen Wechsel ihrer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung eingeleitet haben... Das Erscheinungsbild der Transformationsländer hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur entscheidend verändert, sondern gestaltet sich von Land zu Land sehr unterschiedlich.“ (Deutsche Bank, Außenwirtschaftsalphabet, 1998).

Diese von Land zu Land sehr unterschiedlichen Entwicklungen machen es unabdingbar, das relevante Zahlenmaterial auch nach Ländern getrennt zu erfassen. Dem Umfang soll mit der Betrachtung einiger ausgewählter Länder begegnet werden. Den Schwerpunkt bilden in dieser Arbeit folgende osteuropäische Transformationsländer: Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien und die Ukraine.

3 Direktinvestitionen

3.1 Begriff und Abgrenzung von Direktinvestitionen

Ziel dieses Abschnittes ist es, zu verdeutlichen, was sich hinter dem Begriff der Direktinvestitionen verbirgt und wie sie sich von anderen Internationalisierungsstrategien abgrenzen lassen.

Direktinvestitionen sind eine von drei grundsätzlichen Möglichkeiten eines Unternehmens, sich international zu betätigen. Der Drang zur Internationalisierung ist hauptsächlich mit dem zunehmenden Wettbewerbsdruck zu begründen. Er wird durch eine immer höhere Informationstransparenz und dem anhaltenden Globalisierungsprozess nachdrücklich forciert. Zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit in einem derartig dynamischen Umfeld ist insbesondere Wachstum erforderlich. Dazu können grundsätzlich 4 verschiedene Strategien gefahren werden, wie Tab. 1 zeigt.

Tabelle 1 Strategien des Wachstums

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: nach Ansoff, H. I., 1966, S.13

Scheiden die Strategien der Marktdurchdringung und Produktentwicklung aus, lässt sich Wachstum also nur noch durch die Eroberung neuer Märkte generieren. Wird der Wachstum ins Ausland angestrebt, kann dies auf drei grundsätzliche Weisen geschehen:

1. über Exporte ins Ausland
2. über verschiedene Kooperationsformen5 mit ausländischen Unternehmen
3. über Direktinvestitionen im Ausland.

Die Frage, unter welchen Bedingungen welche Strategie vorteilhaft ist, soll im nächsten Abschnitt beantwortet werden.

Definitorisch sind Direktinvestitionen langfristige Kapitalanlagen im Ausland mit dem Ziel, Erträge zu erwirtschaften und gleichzeitig wirtschaftliche Kontrolle auszuüben. Reine Portfolioanlagen im Ausland zählen im allgemeinen Verständnis nicht zu den Direktinvestitionen. Tätigt ein Unternehmen Auslandsdirektinvestitionen, ist es also in mehreren Ländern mit eigenen Produktionsstätten und/oder Vertriebssystemen nachhaltig vertreten, dann wird es als multinationales Unternehmen bezeichnet. Nach Boll gehen multinationale Unternehmen aus Direktinvestitionen hervor (Vgl. Broll, 1996, S. 438).

3.2 Direktinvestitionen vs. Handel und Kooperationen - Erklärungsansätze

3.2.1 Volkswirtschaftlicher Ansatz

Die Analyse der Vorteilhaftigkeit des Handels mit dem Ausland ist Gegenstand der Außenhandelstheorie. Unter den Prämissen vollkommener Konkurrenz, vollständigen Märkten und konstanten Skalenerträgen hat David Ricardo 1817 in seinem Werk „On the Principles of Political Economy and Taxation“ erstmalig gezeigt, dass 2 Länder durch Spezialisierung und Übergang von Autarkie zum Handel Vorteile erzielen können, auch wenn keine absoluten, sondern nur komparative Kosten- bzw. Produktivitätsvorteile vorliegen. In der Praxis ist zu beobachten, dass ein Großteil internationaler Aktivitäten von multinationalen Unternehmen betrieben wird. Und diese gehen, wie oben gezeigt worden ist, aus Auslandsdirektinvestitionen hervor. Zur Entstehung von Direktinvestitionen bzw. multinationaler Unternehmen haben Elhanan Helpman und Paul Krugman einen sehr fundierten Erklärungsansatz geliefert (Helpman, E. und Krugman, P, 1993, Kap. 6). Die Idee ist, dass die MNU die Vorteile des Handels internalisieren und dabei unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile6 und Kostenunterschiede bei den Faktoren Arbeit und Kapital – basierend auf Faktorausstattungsunterschieden zwischen den Ländern – ausnutzen. Der volkswirtschaftliche Ansatz soll jetzt durch eine betriebswirtschaftliche Sichtweise abgelöst werden.

3.2.2 Betriebswirtschaftlicher Ansatz

Motive für die Entscheidungen zu Gunsten einer Direktinvestition sind vor allem

- in der Sicherung der Rohstoffversorgung,
- in der Ausnutzung niedriger Produktionskosten,
- in der Umgehung von Handelsbarrieren,
- im Ausweichen administrativer Beschränkungen,
- in steuerlichen Vorteilen,
- in verbesserten wettbewerbsstrategischen Möglichkeiten und
- in der Minderung von Risiken

zu sehen. Die Direktinvestitionen vereinen alle diese Motive, während internationaler Handel und internationale Kooperationen nur einen Teil dieser Motive für sich beanspruchen können.

3.2.2.1 Kostenansatz

Ganz entscheidende Informationen zur Beurteilung der Wahl der zu verfolgenden Internationalisierungsstrategie (Export, Kooperation oder Direktinvestition), liefert die Betrachtung der Fixkosten und der variablen Kosten. Im Folgenden soll dies näher erläutert werden.

Wird neben der Produktion im Inland Handel mit dem Ausland betrieben, entstehen nur sehr geringe zusätzliche fixe Kosten. Der Aufbau von eigenen Vertriebswegen ist in der Regel nicht erforderlich. Auf der anderen Seite verursacht die Exportstrategie sehr hohe variable Kosten in Form von Transportkosten, logistischen Kosten und Zöllen7.

Kooperationsstrategien verursachen je nach Form der Kooperation unterschiedliche aber dennoch vergleichsweise höhere Fixkosten, insbesondere in Form von Abhängigkeitskosten. Vertragliche Beziehungen rufen einen erhöhten Koordinations- und Kontrollaufwand hervor. Kontrollkosten fallen an, um zu überprüfen ob und in wie weit die vertraglich geregelten Vereinbarungen eingehalten werden. Die variablen Kosten bei einer Kooperation liegen deutlich unter denen der Exportstrategie, da beispielsweise keine Transportkosten und auch keine Zölle zu Buche schlagen.

Der Fixkostenblock bei Auslandsdirektinvestitionen umfasst neben den Koordinations- und Kontrollkosten in großem Ausmaß die Kosten zum Aufbau der ausländischen Tochter, unabhängig davon, ob dies durch eine selbständige Errichtung oder durch Übernahme der Tochter geschieht. Der variable Kostenanteil kann geringer als beim Eingehen von Kooperationen mit ausländischen Unternehmen eingestuft werden (Vgl. Blattner, S.192 ff.).

Dementsprechend kann geschlussfolgert werden, dass mit zunehmender Absatzmenge die Exportstrategie von der Kooperationsstrategie und diese bei weiter steigender Absatzmenge von der Direktinvestitionsstrategie dominiert wird. Nachstehende Abb. stellt den geschilderten Zusammenhang grafisch dar. Zu sehen sind die Kostenverläufe der drei alternativen Strategien unter Berücksichtigung ihrer fixen und variablen Komponenten. Die gestrichelte Kurve stellt dabei den Kostenverlauf einer Exportstrategie dar, die gepunktete Kurve repräsentiert den Kostenverlauf infolge einer Kooperation mit einem ausländischen Unternehmen und die durchgezogene Linie beschreibt den Kostenverlauf einer Auslandsdirektinvestition. Mit den kritischen Absatzmengen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten können Sektoren gebildet werden, für die jeweils eine der drei Strategiealternativen vorteilhaft sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Internationalisierungsstrategien

Quelle: nach Reekie, W. D., 1995, S. 468

3.2.2.2 Dunnings OLI-Ansatz

Nach Dunnings OLI-Ansatz müssen folgende Bedingungen erfüllt sein, damit ein Unternehmen Direktinvestitionen tätigt:

1. Ownership-Specific Advantages
2. Location-Specific Advantages
3. Internalisation Incentive Advantages

Ein Unternehmen muss zum einen über unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten im Ausland verfügen. Diese gehen aus besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften des Unternehmens hervor8. Sie sind daher standortunabhängig und weitestgehend immateriell, wie z.B. technisches Know-how, der Markenname und Patente. Darüber hinaus muss das Unternehmen Vorteile in der Internalisierung9 gegenüber einer Externalisierung10 sehen. Hierzu zählen vor allem Kostenersparnisse infolge von Größendegressionseffekten, z.B. im Bereich der Forschung und Entwicklung, aber auch die Ersparnis solcher Kosten (Opportunitätskosten), die zur Absicherung von Währungsrisiken auf Future- und Terminmärkten entstehen würden. Sind diese beiden Bedingungen erfüllt, dann müssen der unternehmensspezifische Wettbewerbsvorteil und der Internalisierungsvorteil durch einen oder mehrere Standortvorteile verwertet werden (Vgl. Dunning, 1979, S. 275). Derartige Standortvorteile können die Nähe zum Absatz- und/oder Beschaffungsmarkt oder günstige Produktionsfaktoren sein.11

3.3 Bewertung von Auslandsdirektinvestitionen

Da sich bei der Bewertung von Auslandsdirektinvestitionen gegenüber Inlandsinvestitionen Unterschiede hervortun, soll an dieser Stelle auf die Besonderheiten eingegangen werden. Dazu wird eine allgemeine schrittweise Vorgehensweise bei internationalen Investitionsentscheidungen, wie sie Gann vorschlägt, vorangestellt (Vgl. Gann, J. 1996, S.337 ff):

1. Identifizierung, Vorauswahl und Aufbau von Investitionsobjekten
2. Bewertung der Auslandsdirektinvestitionen
3. Erstellung eines Finanzierungskonzeptes
4. Erforschung der Auswirkungen von möglichen Wechselkursänderungen und Entwurf eines Konzeptes zum Management des Wechselkursrisikos
5. Analyse der Interaktionen zwischen Investitionsentscheidungen, Finanzierungsentscheidungen und Währungsmanagement
6. Wiederholung der Schritte 2-5, bis eine optimale Lösung in Abstimmung mit dem Oberziel der Unternehmenswertsteigerung gefunden ist

Hier soll schwerpunktmäßig auf den zweiten Schritt, die Bewertung der Auslandsdirektinvestitionen, eingegangen werden. Die Auflistung der einzelnen Schritte soll verdeutlichen, dass die Bewertung der Auslandsdirektinvestitionen nicht isoliert von, sondern im Gesamtkontext mit den anderen Schritten bei der Durchführung von internationalen Investitionsentscheidungen betrachtet werden muss.

Wie nationale Investitionen müssen auch Auslandsdirektinvestitionen zur Erfüllung eines Oberzieles beitragen. Dies kann z.B. der Shareholder Value sein, wie es Rappaport in seinem 1986 veröffentlichten Werk „Creating Sharholder Value“ vorschlägt. Auch für Auslandsdirektinvestitionen gilt folglich, „dass ihre Vorteilhaftigkeit danach beurteilt wird, ob die Investition zu einer Steigerung des Unternehmenswertes beiträgt oder nicht“ (Gann, J., 1996, S. 22). Dazu ist die Anwendung von Investitionsrechenverfahren notwendig. In der Literatur wird zwischen statischen12 und dynamischen13 Investitionsrechenverfahren unterschieden. Als dominierendes Verfahren zur Beurteilung von Investitionsvorhaben – insbesondere bei Auslandsdirektinvestitionen – hat sich die Kapitalwertmethode bzw. Discounted-Cashflow-Methode herausgestellt (Vgl. Eilenberger 1987, S.132). Eine (Auslandsdirekt-) Investition ist zunächst dann vorteilhaft, wenn sie einen positiven Kapitalwert für das Unternehmen schafft. Die Bestimmungsfaktoren für den Kapitalwert der Investition (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) sind die Cashflows (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) der Perioden (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) über den gesamten Planungshorizont (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) und der Diskontierungssatz (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten). Den Zusammenhang verdeutlicht die nachstehende Standardgleichung der Kapitalwertberechnung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Planunsicherheit über die zukünftig anfallenden Cashflows kann innerhalb der Kapitalwertberechnung gemindert werden, indem entweder der Cashflow um einen Risikoabschlag reduziert wird oder der Diskontierungssatz angepasst wird. Ein risikoadjustierter Diskontierungssatz wird in der Regel vorgezogen.

Auf Basis des Grundmodells der Kapitalwertmethode sind nun sämtliche Investitionsentscheidungen um die Wirkung von Einflussfaktoren, die aus internationaler Tätigkeit hervorgehen zu korrigieren. Hierbei sind die länderspezifischen Standortfaktoren zu berücksichtigen. Sie sind negativ zu den länderspezifischen Risiken korreliert, das heißt, günstige Standortbedingungen verringern das Risiko des Kapitalrückflusses et vice versa. Die Untersuchung dieser Rahmenbedingungen erfolgt in Kapitel 4 und 5.

4 Untersuchung der Rahmenbedingungen

„Wir konnten hier preiswert produzieren, beste Fachkräfte finden und das Werk innerhalb eines Jahres eröffnen..., die Maschinen bei Bedarf rund um die Uhr das ganze Jahr laufen lassen und auch Sonntags ohne Sondergenehmigungen arbeiten“ (Lunemann, J., 2003, S.21). Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen sind in vielen Dimensionen zu betrachten. Neben den von Lunemann angesprochenen Kostenvorteilen, dem Qualitätsniveau der Arbeitnehmer, gesetzlichen Auflagen und Bestimmungen sind des weiteren die Steuerpolitik, die Rolle der Gewerkschaften, die staatliche und/oder regionale Förderpolitik, die Nähe zum Absatz- und/oder Beschaffungsmarkt, die Infrastruktur, die Kaufkraft, rechtliche sowie kulturelle, soziale und natürliche Bedingungen in die Überlegungen mit einzubeziehen.14 Welche Bedingungen und Merkmale in den betrachteten Ländern vorzufinden sind, ist Kern der Arbeit und wird im folgenden behandelt. Das Ausmaß an Kriterien für eine Investitionsentscheidung nimmt dabei eine solche Vielfalt an, dass es zwingend notwendig ist, sich in dieser Arbeit auf einige wesentliche zu konzentrieren.

4.1 Einflussfaktor Steuern

Die Steuern sind oft ausschlaggebend für Entscheidungen zugunsten oder zuungunsten einer Investition. Diese Position erfährt oft besondere Aufmerksamkeit, weil nicht nur die oft stark ausgeprägten steuerlichen Strukturen und Bedingungen im Zielland sondern auch bestehende bzw. nichtbestehende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Inland und Zielland Einfluss haben. So können bei ganzheitlicher Betrachtung beispielsweise scheinbar niedrige Steuersätze vor Ort den ursprünglich positiven Kapitalwert z.B. durch eine hohe Quellensteuer verringern und somit andere Investitionsentscheidungen auslösen (Vgl. Schoppe, 1994, S.731 und Breithecker, 2002, S.57 ff). Auf eine detaillierte Betrachtung der einzelnen steuerlichen Gegebenheiten und Auswirkungen soll in dieser Arbeit verzichtet werden. Besonders vor dem Hintergrund, dass verschiedene Länder analysiert werden, würde dies den Rahmen der Arbeit in erheblicher Weise sprengen und die grundsätzliche Zielstellung verfehlen. Wohl aber soll die Bedeutsamkeit der steuerlichen Einflüsse hier betont werden, da sie maßgeblich Auswirkungen auf den Kapitalwert und somit auf die Investitionsentscheidungen haben.

4.2 Politisch-rechtliche Rahmenbedingungen

4.2.1 Politische Ausgangslage

In diesem Abschnitt soll eine kurze Beschreibung der politischen Situation Land für Land erfolgen. Grundlage bilden die Einschätzungen der Dresdner Bank und der Commerzbank (Vgl. Dresdner Bank, 2003, S.3 ff. und Commerzbank, 2003, S.5 ff).

Bulgarien wird von der Dresdner Bank eine stabile politische Lage attestiert, die Commerzbank hingegen stellt sie als schwach dar. Die schwache Bewertung wird mit Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Reformen, insbesondere bei der Privatisierung, und dem Misstrauen der Bevölkerung begründet. Die Zustimmung bei den Wählern ist von 43 % bei der Wahl auf derzeit 9,5 % gesunken und lässt einen Kurswechsel in Richtung Sozialisten bei der nächsten Wahl vermuten (derzeit 22 %). Damit könnte auch der angestrebte EU-Beitritt im Jahre 2007 wieder in weite Ferne rücken.

In Tschechien ist die regierende Koalition durch divergierende Interessen kaum entscheidungsfähig. Der Höhepunkt der Streitereien war die Tatsache, dass sich die Parteien im Jahre 2003 auf keinen Präsidentschaftskandidaten einigen konnten und somit Vaclav Klaus von der Opposition gewählt wurde.

Hingegen gilt Kroatien als politisch sehr stabil. Auch wenn bei den Wahlen in diesem Jahr keine Neuerungen in der Regierung erwartet werden, würde sich in einem solchen Fall politisch nicht viel ändern, denn über alle Parteien hinweg herrscht ein breiter Reformkonsens mit dem Ziel des EU-Beitritts 2007. Im März 2003 konnte durch die Aufnahme in die CEFTA-Gruppe ein Signal für die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Integration gesetzt werden.

Auch in Estland herrscht Einigkeit über anstehende Reformen, die im Zuge des EU-Beitritts erforderlich sind. Die Hauptaufgabe wird es sein, dass große Leistungsbilanzdefizit so zu verringern, wie es die EU vorschreibt. Dazu sind Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen notwendig. In diesem Punkt sind sich die in diesem Jahr in die Regierung gewählten Koalitionsparteien aber noch uneins.

Die politische Lage in Ungarn gilt ebenfalls als stabil. Die Regierung wie auch die Opposition unterstützen den EU-Beitrittsprozess, welcher von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung (83,8 % Zustimmung) getragen wird. Die nächsten Ziele liegen in der Erfüllung der EMU-Kriterien für die Eingliederung in die Europäische Währungsunion.

Seitdem in Lettland die „Neue Ära“-Partei unter Führung des ehemaligen Direktors der lettischen Zentralbank Einars Repse die Regierung inne hat, gibt es einen Anstoß zur Modernisierung. Dies betrifft sowohl die Politik als auch die Politiker. Die für die EU-Harmonisierung notwendigen öffentlichen Investitionen werden den Staat stark belasten. Angesichts des hohen Leistungsbilanzdefizits von 8,3 % des GDP (2003) wird es hier große Schwierigkeiten geben und deren Bewältigung somit zur Hauptaufgabe der Regierung werden.

Häufige Regierungswechsel in Litauen sorgen für etwas Unruhe. Unerwartet wurde der Kandidat der Opposition zum Präsidenten gewählt. Trotzdem wird mit einer kontinuierlichen, den EU-Kriterien gerechten Entwicklung gerechnet.

Politisch brisanter geht es in Polen zu. Dauerhafte Spannungen innerhalb der regierenden Koalition führten im März 2003 zum Zerfall der Koalition. Seitdem regiert Ministerpräsident Miller eine Minderheit. Commerzbank und Dresdner Bank rechnen beide mit vorgezogenen Neuwahlen in 2004.

Auch in Rumänien regiert eine Minderheit. Divergierende Interessen auch innerhalb der Regierung verzögern und behindern die reformorientierte Politik, deren Hauptaufgaben in Rumänien die Sicherung der Eigentumsrechte, die Bekämpfung der Korruption und die Privatisierung der verschuldeten Staatsbetriebe sind. Nicht zuletzt hängen auch IMF-Gelder an den Fortschritten.

Mit dem Ausgang der Parlamentswahlen in Russland im Dezember 2003 wird wohl auch Wladimir Putin Anfang 2004 im Amt bleiben. Sämtliche für die Bevölkerung schmerzliche Reformen wurden zunächst zurückgestellt. Zudem trifft das harte und öffentlichkeitswirksame Vorgehen gegen Wirtschaftskriminelle auf breiten Zuspruch. Jenes „allmächtige“ Vorgehen stellt jedoch auch ein Risiko dar.

Trotz gelegentlicher Schwächen in der regierenden Mitte-Rechts-Koalition unter Dzurinda wird die Slowakei ihren Kurs der Reformen konsequent fortsetzen und für Stabilität sorgen. Hauptziel der Regierung, insbesondere im Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft ab Mai, wird die Senkung des Haushaltsdefizits unter die 3 %-Marke sein.

In Slowenien stimmten 90 % der Wähler für den EU-Beitritt (und 66 % für die NATO-Mitgliedschaft). Entsprechend verfolgt die regierende Koalition, bestehend aus 4 Parteien, einen gemeinsamen EU-Kurs. Wenn überhaupt, dann wird das Risiko im Kampf um erhöhte Einflussnahme der einzelnen Koalitionsmitglieder gesehen.

In der Ukraine wird der anhaltende Machtkampf zwischen dem jetzigen Präsidenten Kuchma und dem Oppositionsführer Yushchenko bei den Wahlen Ende 2004 entschieden. Der gute Reformprozess wird sich bis dahin zunehmend verlangsamen, doch auch bei einer Regierungsänderung wird mit einem Fortsetzen der Reformen gerechnet.

4.2.2 Privateigentum

„…one of the essentials of a market economy lies in the existence of private ownership...[it] provides a necessary condition for economic efficiency, meaning a state in which any resource and good in the economy finds its best use.” (Heering, W., Pfirrmann, O., 2002, S. 47)

Aufgrund der herausragenden Bedeutung des Privateigentums soll zunächst untersucht werden, in wie weit die Länder die Privatisierung vorangetrieben haben. Die Schaffung von Privateigentum ist neben der makroökonomischen Stabilisation zentrale Aufgabe der Regierungen in den Transformationsländern. Sie stärkt nicht nur die Effektivität der hiesigen Wirtschaft, sondern steigert gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Ländervergleich. Während die private Wirtschaft in Polen 1997 bereits 60% zum GDP beigetragen hat, war der Privatisierungsfortschritt besonders in Russland (20%), der Ukraine (30%) und der Slowakei (25%) noch auf sehr niedrigem Niveau (Vgl. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Anteil des Privatsektors am GDP

Quelle: Eigene Darstellung15

Die Ursachen für den langsamen Umstrukturierungsprozess sind vielfältig. So besteht beispielsweise kein erfahrenes Management, dass die riesigen Staatsbetriebe marktwirtschaftlich führen könnte. Die Zerlegung in funktionierende Partitionen ist schwierig. Widerstände gegen Übernahmen von außen sind weit verbreitet. Wird die Übernahme nicht von soliden Externen durchgeführt, machen sich bald finanzielle Engpässe bemerkbar und die Firmen bleiben oftmals am Staatssack hängen. Der unzureichend ausgeprägte Kapitalmarkt verhindert zudem das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage.

Seit 1997 waren die Länder Osteuropas allerdings einer neuen Privatisierungswelle unterworfen, der Reformprozess ging mit riesigen Schritten voran. Einige Länder haben auf dem Bereich der Privatisierung bereits fast das Niveau der westlichen Länder erreicht, wo über 75% der Groß- und 100% der kleinen Unternehmen in privater Hand sind. Zu diesen Ländern zählen Tschechien, Estland, Ungarn und die Slowakei. Hier ist es zum einen einfacher, als privater Investor einzusteigen und zum anderen sind die Verzerrungen in Preisen und Mengen durch den geringen Anteil staatlicher Unternehmen nur noch gering. Dies wirkt sich positiv auf das Investitionsklima aus und sollte höhere Kapitalrückflüsse ermöglichen. Die Argumentation kann auch genau entgegengesetzt erfolgen. So kann in Ländern mit hohem staatlichen Anteil am GDP wie z.B. in Kroatien, trotz schwieriger Markteintrittsbarrieren die Chance für den Investor durch eine frühe Etablierung im Markt langfristig größer sein, höhere Rückflüsse zu erzielen. Besonders gut sind die Reformen in Tschechien (von etwa 30 % auf 80 % Anteil der Privatwirtschaft am GDP), in der Slowakei (von ca. 15 % auf 80 %) und in Russland (von ca. 10 % auf 70 %) von 1997 bis 2001 vorangeschritten. In Polen konnte das bereits vorhandene hohe Niveau im Jahre 1997 (60 %) zwar nur geringfügig gesteigert werden, dennoch behauptet sich Polen aber in der Spitzengruppe. Einen Vergleich liefert Abb. 3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 Anteil des Privatsektors am GDP im Vergleich

Quelle: Eigene Darstellung16

Es kann konstatiert werden, dass trotz noch vorhandener Defizite in den hier betrachteten Ländern die Umstrukturierung von zentraler Planwirtschaft zu Privatwirtschaft in vollem Gange und damit ein guter Nährboden für eine Marktwirtschaft geschaffen ist. Infolge der Zerschlagung der großen staatlichen Betriebe ist deren Monopolstellung gebrochen und die Unternehmen können nun fair (unter den bisher betrachteten Umständen) miteinander konkurrieren. Wie die ausländischen Investoren auf die Privatisierungswelle in den Transformationsländern reagiert haben, ermöglicht eine Betrachtung der Entwicklung der Auslandsdirektinvestitionen. Diese sind jedoch von vielen weiteren Faktoren abhängig und sollen somit als Ergebnis der einzelnen Analysen in Abschnitt 6 gewertet werden. Zunächst werden weitere ökonomische Rahmenbedingungen untersucht.

4.2.3 Korruption, Verbrechen

Die Schaffung von Privateigentum ist stets mit Eigentumsrechten in Verbindung zu sehen. Kann keine ausreichende Sicherheit durch Exekutive, Legislative und Judikative seitens des Staates für die Eigentümer geschaffen werden, nehmen diese Abstand vom Kauf. Dies gilt für ausländische Investoren mehr als für inländische. Folgende Tab. gibt Aufschluss darüber, wie einzelne Punkte bezüglich den rechtlichen Bedingungen von Unternehmen vor Ort bewertet werden. Ohne die Zahlen für die einzelnen Länder zu kennen, dürfte die Vermutung nahe liegen, dass die Ergebnisse mit den Anteilen der Privatisierung in den einzelnen Ländern in engem Zusammenhang stehen. Schlechte rechtliche Rahmenbedingungen müssten sich negativ auf die Privatisierung auswirken, da die (potentiellen) Eigentümer sich eher risikoavers verhalten. Tab. 2 gibt die Ergebnisse einer Umfrage in verschiedenen Ländern wider, wobei die Zahlen den Anteil der Unternehmen repräsentieren, welche die angeführten politisch-rechtlichen Merkmale eher mit schlecht beurteilen. So hat die Mehrheit der befragten Unternehmen der CIS-Gruppe und der CEB-Gruppe nur wenig Vertrauen in die Politik und das Rechtssystem anhand der 5 angeführten Merkmale (siehe Tab. 2). Diebstahl und Verbrechen werden als größtes Problem gesehen: 81 % bzw. 87 % der Unternehmen der CEB17 - bzw. der CIS-Staaten bewerten jenen Punkt als negativ. Auch bei den anderen Merkmalen fällt die Beurteilung in den CIS-Staaten überwiegend schlechter aus.

Tabelle 2 Beurteilung der politisch-rechtlichen Lage

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Auszug aus Pfirrmann, O. und Walter, G., 2002, S. 66

Diese Ergebnisse korrespondieren mit der aufgestellten Vermutung, dass schlechte rechtliche Rahmenbedingungen das Vordringen der privaten Wirtschaft behindern. Fundamentiert wird diese These außerdem durch konkrete Zahlen des Corruption Perception Index der Weltbank (Kolodko, G. W., 2002, S.163). Dieser Index bewertet die wahrgenommene Korruption in verschiedenen Ländern auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 ein korruptionsfreies System indiziert. Während Polen 1997 (Anteil des privaten Sektors am GDP 60%) einen Indexwert von 5,08 aufweist und sich damit zwischen Ländern wie Belgien und Italien einreiht, kann Russland (Anteil des privaten Sektors am GDP 20%) nur einen Wert von 2,27 erzielen und steht damit auf etwa einem Level mit Pakistan und Kolumbien. Rumänien, mit einem Indexwert von 3,44 liegt hier relativ mittig zwischen den beiden Staaten. Der Anteil des privaten Sektors am GDP (35%) spiegelt den eben dargestellten Zusammenhang wider. Folglich kann mit großer Sicherheit bestätigt werden, dass das Ausmaß der Privatisierung mit steigender Korruption abnimmt.

Tabelle 3 Häufigkeit und Ausmaß der Bestechung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EBRD, 2002, S. 28

Korruption kann für die Unternehmen zu einem großen Kostenfaktor werden und muss daher in das Kalkül von Investitionsentscheidungen einbezogen werden. Unter Korruption werden inoffizielle Zahlungen an Beamte des öffentlichen Dienstes verstanden. BEEPS18 setzt diese Zahlungen ins Verhältnis zum jeweiligen Umsatz, im Ergebnis kommt dann eine sogenannte „bribe tax“, eine Bestechungssteuer, heraus. Tab. 3 gibt den Anteil der Firmen, die regelmäßig Bestechungsgelder zahlen und die Höhe der Bestechungsgelder als Anteil des Umsatzes an.

Unter Betrachtung der Höhe der zu entrichtenden Bestechungsgelder kann von den untersuchten Ländern lediglich Estland mit 0,3 % „Bestechungssteuer“ ein nahezu korruptionsfreies System bieten und damit Bedingungen schaffen, wie sie in den westlichen Nationen vorzufinden sind. Investoren, die in der Ukraine, Bulgarien oder in Rumänien Geschäfte machen wollen, müssen mit erheblichen Bestechungsgeldern kalkulieren (2,2 %, 1,9 % und 2,6 % des Umsatzes). Wird die Häufigkeit der Korruptionsfälle mit in die Betrachtung einbezogen, sind auch die Ergebnisse in Russland und der Slowakei in gravierendem Ausmaße schlecht. Im ungewichteten Durchschnitt der hier analysierten Länder mussten im Jahre 2002 noch fast ein Viertel aller Unternehmen bribe taxes zahlen (23,4 %), im Jahre 1999 waren es noch 27,1 %. Immerhin geht die Tendenz in die richtige Richtung. Lediglich in Bulgarien verändern sich die Bedingungen massiv schlecht. In Konsequenz des allgemeinen Trends ist auch die Höhe der durchschnittlich zu leistenden Bestechungsgelder im Durchschnitt von 1,4 % auf 1,2 % gesunken. Neue und private Unternehmen sind laut der Studie dabei wesentlich mehr von Bestechungszahlungen betroffen als die staatlichen und großen Unternehmen. Dies sind zusätzliche Barrieren, mit denen die „Kleinen“ im Wettbewerb mit den „Großen“ zu kämpfen haben. So müssen die kleineren Firmen in den CEB-Staaten 1,1 % mehr „Steuern“ leisten als die größeren.

Kosten durch Diebstähle, Überfälle, Vandalismus oder Brandstiftung (zusammengefasst als Verbrechen) bewegen sich in Größenordnungen von 1,4 % der Umsatzerlöse in Estland bis zu 2,8 % in der Ukraine. Nachstehende Abb. gibt einen Gesamtüberblick.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 Anteil der Kosten durch Verbrechen am Umsatz

Quelle: EBRD, 2002, S. 29

Demnach kommen auf die Unternehmen zusätzliche Kosten in Höhe von durchschnittlich 2,1 % des Umsatzes hinzu. Die Zahl der Verbrechen kann auch ein Indikator für die Stärke der Staatsgewalten19 sein. Im Vergleich zu Estland sind demnach die staatlichen Institutionen in allen Ländern relativ schwach, was sich auch in anderen Untersuchungen widerspiegelt (Vgl. Kaufmann, 2003, S. 4 ff).

4.2.4 Wettbewerb

Die Preisbindung war ein typisches Merkmal der vormals zentralistischen Planwirtschaften. Mit Einführung der Marktwirtschaft sind die Regierungen gefordert, den einzelnen Unternehmer frei über seine Preise entscheiden zu lassen. Dies ist insbesondere für die Schaffung einer vielseitigen Unternehmenslandschaft von Bedeutung. Festgelegte Preise verzerren den Wettbewerb, worunter gerade Produzenten qualitativ hochwertiger Produkte zu leiden haben. Mit Ausnahme einiger Staaten der CIS ist die staatliche Preisbindung größtenteils abgeschafft. Noch spiegeln die Preise allerdings vielfach noch nicht die Kosten der Produktion bzw. die Effizienz wider (Vgl. EBRD, 2002). Bei der Liberalisierung des Handels ist der Fortschritt in den baltischen Staaten und in den CEE-Ländern spürbar. Hier sind sämtliche quantitative und administrative Export- und Importrestriktionen aufgehoben (Ausnahme: Agrarsektor) und die Zölle sind weitestgehend abgeschafft bzw. an die EU-Regularien angepasst. In Staaten wie Russland, der Ukraine, besonders aber Weißrussland wird die Wettbewerbspolitik eher stiefmütterlich behandelt. Die fehlenden Anstrengungen in dem Bereich könnten mit zunehmender Verflechtung der Märkte für Schwierigkeiten in den Unternehmen sorgen. Dies betrifft vor allem die großen Konglomerate, die ihre dominante Marktposition ausnutzen. Insgesamt ist in Osteuropa im Kampf gegen Monopolstellungen eine stagnierende Entwicklung mit fallender Tendenz im Laufe der letzten Jahre zu beobachten (siehe Abb. 5). Das kann Investoren ein Dorn im Auge sein und den Zufluss von Kapital behindern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 Entwicklung der Wettbewerbspolitik

Quelle: Kaufmann, D., 2003, S. 14

Immerhin können die kommenden EU-Mitglieder große Fortschritte beim Abbau von Markteintrittsrestriktionen aufweisen, aber auch hier hinken beispielsweise Bulgarien und Lettland hinterher. Investoren haben in Bosnien und Herzegowina sowie in Jugoslawien faktisch fast gar keine Möglichkeiten, sich vor Ort zu etablieren. In Russland, dem bevölkerungsreichsten Land der betrachteten Länder, sind entsprechende Gesetze und Institutionen vorhanden, jene Restriktionen abzubauen, an der Durchsetzung mangelt es jedoch noch. So muss beispielsweise das Handelsunternehmen Ikea harte Kämpfe vor Ort ausfechten. „Wie kann man dagegen ankämpfen, dass sich Ikea in der Russischen Förderation etabliert?“ (Dahlgren, L., 2003, S.13) lautet ein Tagesordnungspunkt auf einer Konferenz der Industrieminister in St. Petersburg.

4.2.5 Der Finanzsektor

Ein weiteres Schlüsselelement für ein funktionstüchtiges marktwirtschaftlich orientiertes System ist der Bankensektor als Teil des Finanzsektors. Die Möglichkeit der Kreditaufnahme sichert bzw. generiert Wachstum. In Ländern mit unausgeprägtem Bankensektor etablieren sich schnell Wucherzinsen, die die Kreditaufnahme verhindern oder die Kreditnehmer wegen mangelnder Tilgungsmöglichkeiten in den Ruin treiben. Des weiteren ist ein tauglicher Bankensektor wichtig, um von der Subsistenzproduktion wegzukommen. Dies geht einher mit der Möglichkeit des Aufbaus und der Anlage von Überschüssen. Hier klafft eine gewaltige Lücke zwischen den CEB-Staaten und den SEE- und CIS-Staaten. Entsprechende Gesetze, Bankenaufsichtsbehörden, ein funktionierender Wettbewerb zwischen solide finanzierten Banken und signifikante Darlehensvergaben an Privatunternehmen kennzeichnen das Bild in Polen, Tschechien, Ungarn, Estland und Lettland. Auch in der Slowakei, Slowenien, Litauen und in Kroatien werden die Fortschritte im Finanzsektor als relativ gut beurteilt (alles CEB-Staaten). Die Bewertung der SEE-Vertreter Bulgarien und Rumänien fällt hingegen schlechter aus, aber insbesondere Russland und die Ukraine als Vertreter der CIS-Gruppe haben hier noch gewaltige Schritte zu gehen. Abb. 6 liefert die entsprechenden Bewertungsergebnisse der EBRD, getrennt nach Bankensektor und Nichtbanken-Institutionen20, wobei 4 die bestmögliche Punktzahl darstellt.

[...]


1 Mehr zum Umbruch in Osteuropa bei Androsch, H., 1996 und Kolodko, G. W., 2002

2 Einkommen pro Person zwischen 2 $ und 10 $ pro Tag

3 Einkommen pro Person zwischen 10 $ und 30 $ pro Tag

4 Einkommen pro Person über 30 $ pro Tag

5 weiter zu differenzieren nach ansteigender Macht in Lizenzvertrag, Leasing, Franchise, Kooperation i.e.S., Joint Venture

6 Headquarter Sevices: dazu zählen Forschung und Entwicklung, technologisches Know-How und Ähnliches

7 Zölle sind Kosten von Marktunvollkommenheiten (Vgl. Broll, 1993b, S. 56)

8 vergleichbar mit den Headquarter Services (Helpman, E., Krugman, P., 1993, S. 228 ff)

9 eigene Produktion im Ausland durch ein Tochterunternehmen

10 Exporte oder Kooperationen

11 Eine detaillierte Übersicht und Systematisierung zu den OLI-Standortfaktoren liefert Dunning (Dunning, 1981, S. 80 f).

12 Gewinnvergleichsrechnung, Kostenvergleichsrechnung, Rentabilitätsrechnung, statische Amortisationsrechnung

13 Interne Zinsfußmethode, Kapitalwertmethode, dynamische Amortisationsrechnung, Annuitätenmethode

14 Eine gute Übersicht über die Standortbestimmungsfaktoren liefert Tesch (Tesch, 1980, S. 364 f).

15 Daten basieren auf EBRD, 2002, S. 109 ff

16 Daten basieren auf EBRD, 2002, S. 20 und S. 109 ff

17 CEB umfaßt CEEC und Balics

18 Business Environment and Enterprise Performance Surveys, Umfrage der Weltbank und der European Bank of Reconstruction and Development in 22 Transformationsländern

19 Exekutive, Legislative, Judikative

20 Zu den Nichtbanken-Finanzinstitutionen zählen Versicherer, Leasingunternehmen, Investment- und Pensionsfonds.

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Analyse der besonderen Bedingungen und Merkmale von Direktinvestitionen in Transformationsländern Osteuropas
Hochschule
Universität Rostock  (Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bankbetriebslehre und Finanzwirtschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
78
Katalognummer
V31930
ISBN (eBook)
9783638327954
ISBN (Buch)
9783638703758
Dateigröße
1380 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit erhielt den "Förderpreis 2004", von der Deutschen Vermögensberatungs AG, ausgestellt am 7.Mai 2004.
Schlagworte
Analyse, Bedingungen, Merkmale, Direktinvestitionen, Transformationsländern, Osteuropas
Arbeit zitieren
Marko Zell (Autor:in), 2004, Analyse der besonderen Bedingungen und Merkmale von Direktinvestitionen in Transformationsländern Osteuropas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31930

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