Bauplanungsrechtliche Grundlagen der Genehmigung von Windkraftanlagen nach § 35 BauGB


Seminararbeit, 2002

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Hauptteil
3.1 Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 35 I Nr.1 BauGB
3.1.1 Einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb „dienen“
3.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 35 I Nr. 2 BauGB
3.3 Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 35 I Nr. 3-5 BauGB
3.4 Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 35 I Nr.6 BauGB
3.4.1 Der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen
3.4.2 Öffentliche Belange
3.4.3 Ausreichende Erschließung

4 Schluss

5 Literaturverzeichnis

2 Einleitung

Die Windkraft hat sich seit mehreren Jahren zu einem festen Bestandteil des deutschen Energieversorgungssystems etabliert. 11.500 Windkraftanlagen produzieren in Deutschland jährlich 8750 Megawatt Leistung. Damit erzeugen sie 3,5 Prozent des Stroms in Deutschland. Die Windbranche ist nach der Automobilindustrie der zweitgrößte Kunde der Stahlindustrie mit derzeit 35.000 Beschäftigten. Durch das Stromeinspeisungsgesetz haben öffentliche Stromanbieter eine Abnahmepflicht von Strom aus erneuerbaren Energien zu einer festen Einspeisungsvergütung. Generell kann man davon ausgehen, dass sich die Investitionen beim Bau einer Windkraftanlage innerhalb von 10 Jahren amortisieren und dann bei geringen Betriebs- und Wartungskosten bis zum Ende der Laufzeit Gewinne erzielt werden.[1] Deshalb sind Windkraftanlagen wirtschaftlich interessante Objekte. Die Anlagen haben eine Gesamthöhe zwischen 40 und teilweise über 120 m. Windkraftanlagen der Leistungsklasse 1,5 Megawatt erzeugen jährlich ca. 2.650.000 kWh Strom und stellen die jährliche Versorgung von knapp 900 Haushalten sicher. Sie sind oft in Windparks mit fünf oder mehr Anlagen zusammengefasst. Bis zum Jahr 2030 sollen nach Vorstellungen der Bundesregierung rund 25 Prozent des Strombedarfs durch Windräder gedeckt werden. Die Genehmigung von Windkraftanlagen wird also auch in Zukunft Bedeutung haben, vor allem in Gemeinden, in denen wegen ausreichender „Windhöfigkeit“ Windkraftanlagen wirtschaftlich lohnend betrieben werden können. Immer häufiger werden die Interessen der betroffenen Anwohner, oder Natur- und Landschaftsfragen, im Konflikt mit den Interessen der Anlagenbetreiber stehen.[2] Obwohl die guten Standorte in Deutschland langsam rar werden, stieg die Zahl der Windräder im letzten Jahr um die Hälfte.[3]

Da alle Vorhaben zum Bau einer Windkraftanlage Eingriffe in den Außenbereich bedeuten, stellt sich für mich folgende Frage:

Was sind die bauplanungsrechtlichen Grundlagen der Genehmigung einer Windkraftanlage?

Da Windkraftanlagen überwiegend im Außenbereich aufgestellt werden, setze ich meinen Schwerpunkt auf § 35 BauGB, Bauen im Außenbereich.

Die Steuerungsmöglichkeiten der Länder und Gemeinden möchte ich zudem genauer betrachten.

Das BauGB teilt das Bundesgebiet planungsrechtlich in drei Zonen auf. Gebiete, für die ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan mit bestimmten Mindestfestsetzungen besteht, regelt §30 I BauGB. Gebiete, für die ein solcher rechtsverbindlicher Bebauungsplan nicht besteht, die aber einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden, regelt § 34 I BauGB. Der Außenbereich definiert sich negativ als der Bereich, der weder von § 30 noch von § 34 BauGB erfasst wird. Außenbereiche sind demnach alle Gebiete, die nicht im räumlichen Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans und außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegen.[4] Der § 35 BauGB regelt das Bauen im Außenbereich. Im Außenbereich soll grundsätzlich nicht gebaut werden. Es handelt sich somit bei § 35 BauGB um ein repressives Verbot mit Ausnahmegenehmigung. „Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, den Außenbereich weitestgehend von baulichen Anlagen freizuhalten, sofern diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehören und deswegen privilegiert zulässig sind.“[5]

Der Gesetzgeber hat in § 35 BauGB mögliche Bauvorhaben in „privilegierte Vorhaben“ (§35 I Nr.1-6 BauGB) und „sonstige Vorhaben“ (§35 II BauGB) unterteilt. „Privilegierte Vorhaben“ sind meistens Projekte, die auf eine bauliche Nutzung des Außenbereichs angewiesen sind. Land- oder forstwirtschaftliche Betriebe oder Gartenbaubetriebe, die auf freien Boden und freie Fläche angewiesen sind (§35 I Nr.1,2 BauGB), Kraftwerke oder Anlagen, die wegen ihrer Art und ihrer „nachteiligen Wirkung auf die Umgebung“ nur im Außenbereich effektiv genutzt werden können und dort möglichst wenig schaden, gehören zu diesen „privilegierten Vorhaben“ (§35 I Nr.3-6 BauGB). Wenn für Vorhaben einer der Privilegierungstatbestände des § 35 I Nr 1-6 erfüllt ist, „öffentliche Belange“ nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung des Vorhabens.[6]

„Sonstige Vorhaben“ können im Einzelfall zugelassen werden. Sie unterliegen jedoch erschwerten Zulässigkeitsvoraussetzungen. Während „privilegierte Vorhaben“ öffentlichen Belangen nicht „entgegenstehen“ dürfen, wird von „sonstigen Vorhaben“ verlangt, dass sie öffentliche Belange nicht „beeinträchtigen“. „Die Privilegierung wirkt sich in einem stärkeren Durchsetzungsvermögen gegenüber den berührten öffentlichen Belangen aus.“[7]

Windkraftanlagen werden, auch wegen ihrer Anforderungen an die Windverhältnisse, regelmäßig im Außenbereich errichtet. Wegen der zunehmenden Bedeutung der Windenergie in Deutschland wurde das Gesetz geändert und seit dem 01.01.1997 sind danach Windkraftanlagen nach § 35 I Nr. 6 „privilegierte Vorhaben“.

Windkraftanlagen unterliegen der Genehmigungspflicht nach § 60 I HBauO, da sie Anlagen im Sinne des § 2 HBauO darstellen. Die Errichtung einer Windkraftanlage stellt ein Vorhaben laut § 29 BauGB dar und seine Zulässigkeit muss daher nach §§ 30 ff. BauGB beurteilt werden.

3 Hauptteil

3.1 Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 35 I Nr.1 BauGB

3.1.1 Einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb „dienen“

Es könnte der Anspruch auf Genehmigung einer Windkraftanlage als untergeordnete Nebenanlage einer privilegierten Hauptanlage nach § 35 I Nr. 1 BauGB bestehen.

Zulässig wäre die Windkraftanlage, wenn sie „einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt“. In § 201 BauGB steht die Legaldefinition für Landwirtschaft im Sinne des BauGB. Wenn es sich danach um Land- oder Forstwirtschaft handelt und ein Betrieb im Sinne des Gesetzes geführt wird, müsste die Windkraftanlage diesem Betrieb „dienen“. Wenn man vom Grundgedanken des § 35 BauGB ausgeht, nachdem im Außenbereich grundsätzlich nicht gebaut werden soll, muss man das „Dienen“ eng auslegen.[8] Wenn das Vorhaben nach Behauptung des Bauherrn die Benutzung erleichtere oder die Bewirtschaftung des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes fördere, so kann nach der Entscheidung des BVerwG davon die Zulässigkeit nicht abhängen.[9] Dass die Erlöse aus der Einspeisung ins öffentliche Netz zur Aufbesserung der wirtschaftlichen Lage benutzt werden, reicht nach Auffassung des BVerwG auch nicht aus, um dem Betrieb zu „dienen“.[10] Eine Windenergieanlage, die eine privilegierte Anlage mit Strom versorgen soll, kann in der Regel als ein untergeordneter Betriebsteil angesehen werden. Im konkreten Fall wurde eine Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von unter 20 Metern, die zur Stromversorgung eines Einfamilienhauses und des angeschlossenen Zuchtbetriebes dienen sollte, vom BVerwG 1983 für genehmigungswürdig gehalten. Sie ist dann ein unselbständiger Betriebsteil, der - wie etwa ein Silo für Viehfutter oder ein Anbau für ein Stromaggregat - in den Betrieb und damit in die bestehende Hauptanlage funktionell integriert ist. Das Gericht kam auch zu der Auffassung, dass es dem Betriebsinhaber überlassen sei, ob er den Strom über das öffentliche Versorgungsnetz oder mittels einer Windkraftanlage beziehen wolle.[11] Andererseits ist eine Windenergieanlage, deren Strom zu einem Fünftel der Versorgung eines landwirtschaftlichen Betriebs dienen und zu vier Fünftel ins öffentliche Netz eingespeist werden soll, im Außenbereich nicht nach § 35 I Nr.1 privilegiert zulässig.[12] Windkraftanlagen kommen mit relativ wenig Grundfläche aus, deshalb werden sie regelmäßig einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen. Wenn die Voraussetzung des „Dienens“ eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes gegeben ist und die Anlage nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, besteht nach § 35 I Nr. 1 ein Anspruch auf Genehmigung einer oben beschriebenen Windkraftanlage.

[...]


[1] Dipl.-Agrar-Ing. Dirk Detlefsen: Vortrag gehalten bei "Drittes Anwenderforum Windenergienutzung im Binnenland", Kassel, 15. u. 16. Oktober 1998,

[2] http://www.wind-energie.de

[3] Die Welt, Mittwoch 29.Mai 2002 S. 22

[4] Krebs in von Münch/ Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 9.Aufl. 1992 S.335

[5] BverwGE 28, 268/ 274

[6] Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8.Aufl. §35, Rn 5 S.556

[7] Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20. Dezember 2001 – 1MA 3579/01, in BauR 4/2002 S. 593

[8] Krautzberger, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8.Aufl. §35, Rn 19 S. 562

[9] BVerwGE 19, 75

[10] BVerwG, Urt. v. 16.6.1994, NVwZ 1995, Heft 1 S. 64

[11] BVerwG, Urt. v. 18.2.1983, in ZfBR

[12] BVerwG, Urt. v. 16.6.1994, in NVwZ 1995, Heft 1 S. 64

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Bauplanungsrechtliche Grundlagen der Genehmigung von Windkraftanlagen nach § 35 BauGB
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Institut für öffentliches Recht)
Veranstaltung
Öffentliches Recht
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V32598
ISBN (eBook)
9783638332750
ISBN (Buch)
9783640858828
Dateigröße
591 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bauplanungsrechtliche, Grundlagen, Genehmigung, Windkraftanlagen, BauGB, Recht
Arbeit zitieren
Stefan Greite (Autor:in), 2002, Bauplanungsrechtliche Grundlagen der Genehmigung von Windkraftanlagen nach § 35 BauGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32598

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