Die literarische Repräsentation von Diskriminierung im zeitgenössischen Roman des amerikanischen Südens


Magisterarbeit, 2004

97 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Erzähltheoretische Vorüberlegungen

2 Historische Reflexion in Romanen von Alice Walker, Toni Morrison
und John Grisham
2.1 Sklaverei als gegenwärtige Vergangenheit: The Color Purple
2.2 Vom Bürgerkrieg zur Bürgerrechtsbewegung: Paradise
2.3 Der Ku-Klux-Klan als Symbol für Gewalt: A Time to Kill

3 Rassendiskriminierung
3.1 Rassismus als gesellschaftliche Konvention: The Color Purple
3.2 Rassenwahn als zerstörerisches Element: Paradise
3.3 Gerechtigkeit vor rassistischer Kulisse: A Time to Kill

4 Geschlechtliche Diskriminierung
4.1 Die afroamerikanische Frau als rechtloses Objekt: The Color Purple
4.2 Weiblichkeit als Bedrohung: Paradise
4.3 Von sozialer Unterordnung bis zu sexueller Gewalt: A Time to Kill

5 Schlussbetrachtungen

Bibliografie

1 Erzähltheoretische Vorüberlegungen

All are equal before the law and are entitled without any discrimination to equal protection of the law. All are entitled to equal protection against any discrimination in violation of this Declaration and against any
incitement to such discrimination.[1]

So lautet der Grundsatz der Nichtdiskriminierung, festgehalten in Artikel 7 der “Universal Declaration of Human Rights” der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948. Der darin artikulierte Anspruch auf die Gleichheit aller Menschen wurde und wird weltweit vielfach missachtet. Die Diskriminierung von Minderheiten ist in allen Epochen der menschlichen Geschichte gegenwärtig und keine Kultur und kein Staat kann sich davon völlig freisprechen. In den Vereinigten Staaten von Amerika beispielsweise ist die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung eine Erscheinung, die von den Anfängen der Sklaverei, über den amerikanischen Bürgerkrieg und die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre bis in die Gegenwart hineinreicht.[2] Die vorliegende Arbeit wird sich nicht mit der politischen Dimension dieses Phänomens auseinandersetzen, sondern sich der literarischen Repräsentation von Diskriminierung in ausgewählten Romanen des 20. Jahrhunderts widmen, deren Schauplatz und gesellschaftlichen Hintergrund die amerikanischen Südstaaten darstellen.

Angesichts seiner vielfachen Verwendung und in Hinblick auf die weitere Analyse soll vorab der Begriff ‚Diskriminierung‘ definiert werden. Der von dem spätlateinischen Wort discriminatio (Scheidung, Absonderung) abstammende Ausdruck[3] bezeichnet seiner modernen Bedeutung nach eine „herabsetzende Verhaltensweise[n] gegenüber anderen Menschen [...] aufgrund von rass. oder ethn. Zugehörigkeit, Geschlecht, religiöser oder politisch-weltanschaul. Überzeugungen, sexueller Orientierung [oder] Alter“[4], um nur einige Faktoren aufzuzählen. Diskriminierung tritt in allen Lebensbereichen auf und richtet sich, basierend auf Vorurteilen, in erster Linie gegen soziale Minderheiten.[5]

Die Encyclopedia Americana, die bei ihrer Analyse des Diskriminierungsbegriffs zwischen verschiedenen Arten von Vorurteilen unterscheidet, nennt Ethnic prejudice und Sexism als die beiden am häufigsten vorkommenden Formen.[6] Von den ethnischen Vorbehalten, die sich beispielsweise auf Rasse, Kultur, Sprache, Herkunft oder Religion beziehen können, ist Rassismus “the most common type [...] based primarily on the target group’s race”.[7]

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich im Rahmen ihrer literaturwissenschaftlichen Analyse auf diese beiden elementaren Formen der Diskriminierung – Rassismus und Sexismus. Ein Schwerpunkt bei der Untersuchung der zu behandelnden Romane liegt demzufolge auf der literarischen Repräsentation des Verhältnisses zwischen der weißen und der afroamerikanischen Bevölkerung. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Erörterung der drei Werke hinsichtlich ihrer Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau sowie deren sexistische Behandlung durch den Mann. In diesem Zusammenhang soll auch der Verbindung dieser beiden Diskriminierungsformen Beachtung geschenkt werden.

Bei der Beschäftigung mit der Thematik der Rassendiskriminierung und der afroamerikanischen Geschichte stellt sich unumgänglich die Frage nach einer politisch korrekten Begriffswahl. Im Oxford Guide to British and American Culture wird der Terminus ‘African American’ als “recent US name for black Americans descended from Africans, esp. those descended from American slaves”[8] angegeben. Einen Überblick über die Entwicklung dieser Bezeichnung präsentiert The Oxford American Dictionary and Language Guide:

Black designating Americans of African heritage, became the most widely used and accepted term in the 1960s and 1970s, replacing Negro. […] Through the 1980s, the more formal African-American replaced black in much usage, but both are now generally acceptable. Afro-American, an earlier alternative to black, is heard mostly in
anthropological and cultural contexts. ‘Colored people’, common earlier in the twentieth century, is now usually regarded as derogatory,

although the phrase survives in the full name of the NAACP. An inversion, ‘people of color’ has gained some favor, but is also used for all non-white ethnic groups.[9]

Dieser Wandel der Begriffe lässt sich parallel zu einem Einstellungswechsel innerhalb der afroamerikanischen Bevölkerung sehen:

War der Name Negro in der frühen Nachkriegszeit noch durchaus
üblich, so zeugt der Wandel von colored people über blacks hin zu
African Americans von zunehmender öffentlicher Sensibilisierung und wachsendem schwarzen Selbstbewusstsein.[10]

In Anlehnung an die zu Rate gezogenen Nachschlagewerke wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit ausschließlich die Bezeichnung ‚Afroamerikaner‘/‚Afro-amerikanerin‛ sowie das Adjektiv ‚afroamerikanisch‛ verwendet.

Als ein entscheidendes Kriterium bei der Romanauswahl erschien die vielfältige inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Diskriminierung, mit dem Ziel, möglichst viele Aspekte dieses breitgefächerten und umfangreichen Gebietes aufzeigen zu können. Alle drei ausgewählten Romane – es handelt sich um Bestseller mit sehr hohen Auflagen[11] – befassen sich inhaltlich mit der Geschichte der amerikanischen Südstaaten, wobei die bereits angesprochenen thematischen Schwerpunkte, nämlich die Rassendiskriminierung ebenso wie die patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen und das sexistische Verhalten der männlichen Figuren, von den Autoren auf ganz unterschiedliche Art und Weise dargestellt und umgesetzt werden.

Mit dem 1982 erschienenen Roman The Color Purple[12] von Alice Walker fiel die Wahl auf einen Klassiker der zeitgenössischen afroamerikanischen Frauenliteratur. Für ihre – mittlerweile in 22 Sprachen veröffentlichte[13] – Geschichte über das Leben der jungen Celie wurde Alice Walker 1983 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.[14] Walkers Roman setzt sich mit der doppelten Unterdrückung der afroamerikanischen Frau zum einen durch Rassismus und zum anderen durch Sexismus auseinander, wobei sie sich vornehmlich mit den Hierarchien innerhalb der afroamerikanischen Bevölkerung befasst.

Auch Toni Morrison zählt zu den großen afroamerikanischen Autorinnen der Gegenwartsliteratur.[15] In ihrem für diese Arbeit ausgesuchten Roman, Morrisons siebten Werk Paradise[16], liegt der Schwerpunkt auf den fatalen Auswirkungen eines übersteigerten Rassenbewusstseins sowohl auf das Individuum als auch auf die Gemeinschaft. Die Nobelpreisträgerin[17] erntete mit ihrem inhaltlich sehr komplexen Werk gemischte Kritiken: Während die einen ihre poetische Sprache als “Faulknerian”[18] lobten, bemängelten andere einen fehlenden Protagonisten und den unzusammenhängenden Verlauf der Handlung mit seinen zahlreichen Zeitsprüngen.[19] In ihrem Roman bildet die Geschichte der amerikanischen Südstaaten zwar den Hintergrund der Ereignisse, die Handlung an sich aber spielt im westlichen Oklahoma.

John Grisham hingegen, in Mississippi aufgewachsen[20], präsentiert in
seinem 1989 erschienen Roman A Time to Kill[21], ebenso wie Alice Walker, das
Leben in einer fiktiven Kleinstadt im amerikanischen Süden. Sein Anwaltsroman[22] befasst sich mit der Frage nach rechtlicher Gleichheit vor dem Hintergrund des rassistisch geprägten Mississippi.

Im Zentrum der folgenden Untersuchung stehen drei Themenkomplexe. Als Einstieg dient das erste Kapitel, welches sich mit der historischen Reflexion in den vorgestellten Romanen auseinandersetzt. Dabei sollen vor allem im Text vorhandene historische Bezüge und Verweise analysiert, erläutert und ihrem Gesamtzusammenhang zugeordnet werden. Ziel dieses Kapitels ist es nicht, einen umfassenden Überblick über die amerikanische Geschichte zu geben. Vielmehr soll eine kurze Vorstellung der jeweiligen historischen Zusammenhänge erfolgen, um ein besseres Verständnis der weiteren Analysepunkte zu gewährleisten.

Im Anschluss an die – Fakten dominierte – Einführung in den jeweiligen geschichtlichen Kontext liegt der Schwerpunkt der folgenden beiden Kapitel auf der literaturwissenschaftlichen Analyse der ausgewählten Romane. Diese werden zum einen auf ihre literarische Repräsentation von Rassendiskriminierung untersucht, zum anderen hinsichtlich der dargestellten gesellschaftlichen Einordnung der Frau erörtert. In Anbetracht der inhaltlichen Dichte der zu behandelnden Werke sei angemerkt, dass die vorliegende Arbeit verschiedene Themengebiete, die in den Augen der Verfasserin eine eigene wissenschaftliche Untersuchung verdienen, ganz bewusst aus der Analyse ausschließt. Den Abschluss bildet ein Fazit, in dem die erarbeiteten Schlussfolgerungen zusammengefasst und die Übereinstimmungen sowie die Unterschiede zwischen den Werken kurz skizziert werden sollen.

2 Historische Reflexion in Romanen von Alice Walker, Toni Morrison und John Grisham

2.1 Sklaverei als gegenwärtige Vergangenheit: The Color Purple

Der 1982 erschienene Roman The Color Purple von Alice Walker spielt in den amerikanischen Südstaaten, im ländlichen Georgia, einem der elf Staaten, die während des Bürgerkriegs zu den “Confederate States of America” zählten.[23] Um die nötige Inspiration für ihre Figuren zu finden, zog Alice Walker von New York in eine ruhigere Umgebung nach Kalifornien, an einen Ort, den sie mit den folgenden Worten kommentiert:

Eventually we found a place in northern California we could afford and that my characters liked. And no wonder: it looked a lot like the town in Georgia most of them were from, only it was more beautiful and the
local swimming hole was not segregated.[24]

Alice Walker bezeichnet The Color Purple als einen historischen Roman[25], wenn auch nicht im klassischen Sinne, da in ihm, wie sie sagt, keine großen Eroberungen oder Feldzüge geschildert werden.[26] Lauren Berlant schreibt in diesem
Zusammenhang:

Walker manipulates the horizon of expectations of the historical novel by situating the text within the traditionally confessional, local, privatized concerns of the autobiographical epistolary novel and, from this point of view, expanding to include the broader institutional affiliations and experiences of Afro-American women.[27]

Der Schwerpunkt liegt in Walkers Roman nicht auf den geschichtlichen Ereignissen, sondern auf der Darstellung des alltäglichen Lebens der afroamerikanischen Bevölkerung, insbesondere der Frauen, in den amerikanischen Südstaaten Anfang des 20. Jahrhunderts. Alice Walker verknüpft die persönlichen Schicksale ihrer Figuren mit dem historischen Hintergrundgeschehen:

This history takes public and private forms. Whether recreating the rural black South of the thirties or the civil rights movement of the sixties, Walker seeks to place her narrative within the framework of the social-political history of blacks in America. On the other hand, she gives her characters a very strong sense of their own pasts […].[28]

Eine konkrete zeitliche Einordnung der Handlung gestaltet sich als schwierig, da im Roman keine Jahreszahlen oder ähnliche Angaben vorhanden sind.[29] In der Forschungsliteratur wird überwiegend ein Zeitrahmen zwischen Anfang des 20. Jahrhunderts bis Mitte der 1940er Jahre angegeben, wobei Alice Walker in ihrer Synopsis für die Verfilmung des Romans dessen Beginn präzisiert: “The story really begins circa 1903 with the lynching [...] of Celie’s father”.[30] Statt an zeitlichen Daten muss sich der Leser im Roman an den Erwähnungen geschichtlicher Begebenheiten orientieren, wie beispielsweise der Andeutung “a big war is coming” (CP, 234), welche auf den Beginn des Zweiten Weltkrieges und damit auf die späten 1930er Jahre verweist. Historische Ereignisse wie dieses bilden zwar den Hintergrund des Romangeschehens, werden aber ansonsten nicht weitergehend behandelt.

Eine intensivere Auseinandersetzung findet jedoch mit der Vergangenheit der Südstaaten, insbesondere mit der Thematik der Sklaverei, statt. So spiegelt die Art und Weise, in der die männlichen Figuren des Romans, in erster Linie Alphonso, Celie und Netties Vater, und Alfred, Celies Ehemann, die Frauen behandeln, das ehemalige Verhältnis zwischen Sklaven und ihren Besitzern wider.[31] Winifred Morgan bezeichnet Walkers Roman als ein Gleichnis der Sklaverei, mit der Begründung: “Unnerving similarities exist between Celie’s twentieth-century existence in the early part of the novel and that of her slave ancestors and other black women’s lives under slavery.”[32] Durch die, wie bereits erwähnt, zeitlich an den Anfang des 20. Jahrhunderts versetzte Romanhandlung, wird der Eindruck der im Süden weiterbestehenden, der Sklaverei ähnlichen Zustände noch verstärkt: “By setting the novel in the not-too-distant past, Walker makes clear that slavery did not end with the Emancipation Proclamation nor even with the end of the American Civil War.”[33]

Im Roman verdeutlicht insbesondere die Geschichte der Figur Sofia, welche in Kapitel 3.1 dieser Arbeit noch näher beleuchtet wird, dass sich die Denkweise der weißen Gesellschaft und der Umgang mit der afroamerikanischen Bevölkerung, trotz der erwähnten Emanzipationserklärung von 1862[34] und der Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1865, nicht grundlegend verändert haben. Mit der Ratifizierung des 13. Zusatzartikels zur amerikanischen Verfassung durch den Kongress war die Sklaverei zwar offiziell beendet[35], die Afroamerikaner wurden in der weißen Gesellschaft aber weiterhin als „Angehörige einer untergeordneten Rasse und bestenfalls Bürger zweiter Klasse, denen kein gleichberechtigter Teil am politischen und sozialen Leben der Nation zukam“[36], angesehen.

So führten die stark rassistisch geprägten Südstaaten in den folgenden Jahren nach Ende des Bürgerkrieges eine strenge Rassentrennung in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens, wie beispielsweise in Restaurants, Schulen, und Toiletten, ein.[37] Dieses Vorgehen gipfelte 1896 in der vom Obersten Bundesgericht der Vereinigten Staaten erlassenen Separate but equal - Doktrin[38], welche die Segregation[39] als zulässig anerkannte. Die Begründung für die fortbestehende Ungleichheit der Rassen wird Heideking und Nünning zu Folge „teils in der ökonomischen Misere des Südens gesehen, die den ehemaligen Sklaven kaum eine Alternative zum System des sharecropping ließ, teils im Rassismus und in den Statusängsten der weißen Mittel- und Oberschicht“.[40]

Die geschilderten historischen Begebenheiten können hinsichtlich des
Romangeschehens insofern als bedeutsam und als relevanter Hintergrund erachtet werden, da sich bis gegen Ende der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wenig an der gesellschaftlichen Lage der afroamerikanischen Bevölkerung änderte. Nennenswerte Fortschritte fanden erst Mitte der 1950er Jahre mit dem Beginn einer aktiven Bürgerrechtsbewegung statt.[41]

Die Erzählungen von Celies Schwester Nettie, die in ihren Briefen über ihre Reise nach Afrika und ihren Aufenthalt dort berichtet, greifen die Thematik der Sklaverei auf. Ihre Auseinandersetzung mit Afrika, als Ursprung und Heimatland des afroamerikanischen Volkes, veranschaulicht zugleich die ambivalente Vergangenheit dieses Kontinentes: Afrika war im 17. Jahrhundert maßgeblich am Sklavenhandel beteiligt.[42]

Nettie identifiziert sich und Celie mit ihren versklavten Vorfahren: “Millions and millions of Africans were captured and sold into slavery – you and me, Celie!” (CP, 145). Ihre verstörten Fragen “Why did they sell us? How could they have done it? And why do we still love them?” (CP, 145) verdeutlichen zugleich ihren durch die Geschichtskenntnisse bedingten Zwiespalt diesen Kontinent betreffend. Die Art und Weise, in der die Geschichte Afrikas und dessen Teilnahme am Sklavenhandel durch Netties Briefe im Roman reflektiert und präsentiert wird, sieht die Anglistin Eva Boesenberg eher kritisch:

[...] Nettie’s identification with the slaves is far more problematical than Celie’s, for slavery no longer functions as a trope but is literalized in her letters. Collapsing historical distance, Nettie writes of the slaves as ‘we’ and equates contemporary Africans with historical black slave traders.[43]

Netties Briefe thematisieren auch die vorab bereits erwähnte Rassentrennung in Amerika, die sie auf ihrer Zugreise nach New York wahrnimmt: “Only white people can ride in the beds and use the restaurants. And they have different toilets from colored” (CP, 141). Ihre Begeisterung über “indoor toilets” (CP, 142) und elektrisches Licht verweist außerdem auf die wirtschaftliche Kluft, die nach Ende des Bürgerkriegs zwischen dem fortschrittlichen Norden und dem verarmten Süden entstand.[44] Auf Grund der wirtschaftlich besseren Lage zog es viele ehemalige Sklaven in die Städte des Nordens und Westens. Dieses Thema wird im Roman durch Celies Aufbruch nach Memphis aufgegriffen.

Linda Tate bezeichnet Celies Lebensgeschichte und ihr “movement from the South to the North and back to the South again” als eine “allegory of the black southern struggle for spiritual liberation and for reconciliation to a homeland”.[45] Ähnlich der bereits erwähnten Deutung von Celies Lebenserfahrungen als Allegorie der Sklaverei, versteht Tate Celies individuelle Geschichte als ein symbolisches Beispiel für das gesamte afroamerikanische Volk. Ebenso wie Celie sich aus der Unterdrückung ihrer Ehe befreit, müssen die Afroamerikaner Tates Meinung nach mit ihrer Vergangenheit abschließen: “Blacks need to make peace with the region of oppression”.[46]

Celies Befreiung erfolgt durch ihren Umzug nach Memphis, wo sie mit der Herstellung von Hosen finanzielle Eigenständigkeit erlangt (vgl. CP, 220 f.). Gegen Ende des Romans aber kehrt sie wieder in den Süden und zu ihren Wurzeln zurück. Dort tritt sie ihr Erbe an und zieht in ihr altes Elternhaus, womit sie zugleich mit ihrer schmerzhaften Vergangenheit abschließt. Die Bewältigung ihrer Kindheitserinnerungen wird im Roman plastisch durch Celies bewusstes Ausräuchern des Hauses zur Vertreibung aller böser Geister dargestellt (vgl. CP, 252). Linda Tate interpretiert Celies Einzug in ihr altes Haus wiederum mit Blick auf das afroamerikanische Volk: “Celies inheritance and acceptance of her home place is clearly a parable of the way blacks might reclaim the South as their home.”[47] Demzufolge verdeutlicht Celies Rückkehr nach Georgia ihre Emanzipation und kann symbolisch für die Versöhnung der afroamerikanischen Bevölkerung mit dem Süden betrachtet werden.

2.2 Vom Bürgerkrieg zur Bürgerrechtsbewegung: Paradise

“Come Prepared or Not at All”[48], dieser Slogan einer Zeitungsanzeige brachte Toni Morrison auf die Idee für ihren Roman Paradise[49]. Die Schlagzeile richtete sich an ehemalige Sklaven, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf Grund der gescheiterten Bemühungen des Wiederaufbaus nach dem Bürgerkrieg auf der Suche nach Arbeit und Freiheit aus den Südstaaten in den Westen zogen, in der Hoffnung, dort in sogenannten all-black towns ein neues Leben zu beginnen. Dieses “seldom-mentioned chapter in U. S. history: the westward emigration of emancipated slaves after the Civil War”[50] inspirierte Toni Morrison. Aber es waren nicht die historischen Fakten der Westwärts-Bewegung, die Morrison bewegten, vielmehr ging es ihr um die damit verbundenen Einschränkungen, die in der Schlagzeile artikuliert werden: “It struck me that there was a kind of exclusivity and rejection even among those who themselves had been fleeing from a certain kind of rejection. So it was the story underneath the emigrant story that I was interested in.”[51]

Die Phase des Wiederaufbaus, die nach dem amerikanischen Bürgerkrieg einsetzte, bildet den politischen und gesellschaftlichen Hintergrund, vor dem im Roman die Gründungsgeschichte der fiktiven Stadt Ruby, beziehungsweise deren Vorgängermodell Haven, erzählt wird. Die geplante ökonomische und soziale Neuordnung des Südens, insbesondere hinsichtlich der veränderten Rolle der afroamerikanischen Bevölkerung, blieb nach Kriegsende zunächst aus.[52] Zudem änderte sich – obwohl die Sklaverei 1865 offiziell beendet wurde – auch an den rassistischen Strukturen des Südens wenig und den Afroamerikanern wurden weiterhin elementare Rechte vorenthalten.[53] Der fortbestehende Rassismus und die schlechte wirtschaftliche Lage sind im Roman die Gründe für “one hundred and fifty-eight freedmen” (PAR, 13), in den 1880er Jahren von Louisiana und
Mississippi nach Oklahoma aufzubrechen, um dort, als sie von bereits bestehenden Gemeinschaften abgelehnt werden, ihre eigene all-black town, Haven, zu gründen.[54] Diese Wanderung aus den Südstaaten in den Westen, wird in der Forschungsliteratur mit dem sogenannten biblischen Exodus, dem Auszug des israelischen Volkes aus Ägypten, verglichen.[55]

Als es Haven Mitte des 20. Jahrhunderts wirtschaftlich immer schlechter geht und der einstige Bevölkerungstand von 1000 Einwohnern drastisch gesunken ist (vgl. PAR, 5-6), beschließen die Enkel der Gründerväter einen Neuanfang:
“Fifteen families moved out of Haven – headed not for Muskogee or California as some had, or Saint Louis, Houston, Langston or Chicago, but deeper into
Oklahoma” (PAR, 16). Dort erbauen sie eine neue Stadt, Ruby, “the one all-black town worth the pain” (PAR, 5).[56] Im Bundesstaat Oklahoma, dem Schauplatz von Toni Morrisons Roman, entstanden nach dem Bürgerkrieg über zwanzig der sogenannten all-black towns.[57] Zu diesen Gemeinschaften zählte unter anderem die Stadt Langston, die in Paradise explizit erwähnt wird (vgl. PAR, 16) und Toni
Morrison laut Brent Staples als Vorbild für ihre fiktive Stadt Ruby diente.[58]

Eine Besonderheit des Romans ist, dass in ihm mehrere Zeiträume und ganz verschiedene historische Ereignisse behandelt werden:

In Paradise Morrison looks back to slavery, Reconstruction and the post-Reconstruction years and to the black exodus from the South and settlement of Oklahoma, and she also extends the story of black life in America into the mid-1970s, bringing into the novel historical references to World War II and the Vietnam War, and to the civil rights and the black power movements.[59]

Allerdings spielt die Handlung in erster Linie in den 1970er Jahren, während die anderen Phasen, wie beispielsweise der in dieser Arbeit bereits behandelte Zeitraum des Wiederaufbaus nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, dem Leser durch Rückblicke vermittelt werden. Die Bürgerrechtsbewegung stellt ein weiteres der im Roman aufgegriffenen geschichtlichen Ereignisse dar. Das Civil Rights Movement[60] wurde Mitte der 1950er Jahre in erster Linie durch das Engagement von Martin Luther King aktiv und konnte erste Erfolge verzeichnen, zu denen vor allen Dingen die Aufhebung der Rassentrennung in den Schulen zählte, die 1954 für verfassungswidrig erklärt wurde.[61] Doch der Optimismus verwandelte sich in den 1960er Jahren durch die aufkommende Gewalt zu einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Im Roman verdeutlicht eine Aufzählung diverser politischer Schlüsselfiguren, die im Rahmen dieser Bewegung ihr Leben verloren haben, die angespannte Lage: “Everybody dead anyway. King, another one of them
Kennedys, Medgar Evers, a nigger name of X” (PAR, 65). Die genannten Personen beteiligten sich aktiv an der Bürgerrechtsbewegung und wurden alle auf Grund ihres Engagements und ihrer politischen Anschauung ermordet.[62] Großes Entsetzen und Empörung löste in der afroamerikanischen Bevölkerung insbesondere der gewaltsame Tod von Martin Luther King aus, der sich stets für einen friedlichen Kampf für die Gleichheit eingesetzt hatte. Seine Ermordung im April 1968 zog landesweit blutige Rassenunruhen nach sich.[63]

Im Roman verweisen verschiedene Daten, Namen und Ereignisse, die sich in den Gedanken der Figuren wiederfinden, auf die Ausschreitungen dieser Zeit. So erfährt der Leser beispielsweise, dass eine der weiblichen Figuren in Paradise, Gigi, sich mit ihrem Freund Mickey aktiv an den Demonstrationen beteiligt hat (vgl. PAR, 170). Seither wird sie von der Erinnerung an einen kleinen, verletzten Jungen geplagt, den sie auf einer dieser Veranstaltungen gesehen hat:

He was so well dressed: bow tie, white shirt, glossy laced-up shoes. But the shirt was dirty now, covered with red peonies. He jerked, and blood flowed from his mouth. He held his hands out, carefully, to catch it lest ruin his shoes the way it had already ruined his shirt. Over a hundred injured, the newspaper said, but no mention of gunfire or a shot kid. No mention of a neat little colored boy carrying his blood in his hands (PAR, 170).

Gigis Erlebnis ist nicht ungewöhnlich, sondern entspricht der historischen Situation, da es insbesondere zu Zeiten Martin Luther Kings üblich war, dass ganze Familien mit ihren Kindern an den Demonstrationen teilnahmen, die oftmals brutal von der Polizei auseinandergetrieben wurden.[64]

Des Weiteren nimmt der Roman auch Bezug auf die frühen Anfänge des Civil Rights Movement.[65] Dies geschieht gemäß Justine Tally beispielsweise durch die Geschichte von Zechariah, dem Gründungsvater von Haven, und dessen Zwillingsbruder.[66] Der Vergleich der Geschwister mit zwei angesehenen Anführern des angehenden 20. Jahrhunderts, Booker T. Washington und W.E.B. Du Bois, ergibt sich aus der folgenden Schilderung im Roman:

Zechariah had a twin, and before he changed his name, they were known as Coffee and Tea. One day [...] when he and his twin were walking near a saloon, some whitemen, amused by the double faces, encouraged the brothers to dance. Since the encouragement took the form of a pistol, Tea, quite reasonable, accommodated the whites, even though he was a grown man, older than they were. Coffee took a bullet in his foot instead. From that moment they weren’t brothers anymore (PAR, 302).

Die entgegengesetzte Einstellung der Brüder, die durch ihr konträres Verhalten deutlich wird, entspricht den unterschiedlichen Auffassungen, die Washington und Du Bois hinsichtlich der Vorgehensweise im Kampf um die Bürgerrechte vertraten. Während sich Washington im Süden für die Einigung mit den Weißen einsetzte und eine Eingliederung der afroamerikanischen Bevölkerung auf der Grundlage von Anpassung anstrebte, verfolgte Du Bois im Norden einen wesentlich radikaleren Kurs, da er die sofortige soziale und ökonomische Gleichstellung verlangte.[67]

Auch Kelly Reames verweist auf diese “historical division in black leader-ship”[68], nennt als vergleichbare Figuren zu Washington und Du Bois aber den Pfarrer Richard Misner sowie Steward Morgan, einen der Enkel von Zechariah und Mitgründer von Ruby.[69] Dieser Gegenüberstellung zu Folge verkörpert der im Roman als engagierter Befürworter der Bürgerrechtsbewegung dargestellte
Misner die radikalen Ansichten von W.E.B. Du Bois, während Steward, ähnlich dem Prinzip von Booker T. Washington, den direkten Konflikt mit den Weißen ablehnt.[70] Reames schlussfolgert: “While the parallel between the literary characters and the historical figures is not exact, both divisions are similarly based on different attitudes toward black activism as a response to white racism.”[71] Auf dieser Diskrepanz der Auffassungen beruht auch der in Ruby vorherrschende Generationskonflikt, der in Kapitel 3.2 dieser Arbeit noch näher erläutert wird.

Neben der eingehenden Thematisierung der Bürgerrechtsbewegung finden sich im Text auch Verweise auf weitere bedeutende geschichtliche Vorkommnisse, wie beispielsweise den Vietnamkrieg.[72] So erfährt der Leser, dass eine der Frauen aus Ruby, Soane Morgan, ihre Söhne zu dieser Zeit ermutigt hat, in den Krieg zu ziehen, weil sie sie dort paradoxerweise in Sicherheit glaubte:

How proud and happy she was when they enlisted; she had actively encouraged them to do so. […] Like a fool she believed her sons would be safe. Safer than anywhere in Oklahoma outside Ruby. […] Safer than Birmingham, than Montgomery, Selma, than Watts. Safer than Money, Mississippi, in 1955 and in Jackson, Mississippi, in 1963. Safer than Newark, Detroit, Washington, D. C. She had thought war was safer than any city in the United States (PAR, 100 f.).

Justine Tally vergleicht den Roman in diesem Kontext mit Morrisons früheren Werken und resümiert: “Like the Civil War in Beloved and World War I in Jazz, the Vietnam War in Paradise is an ever-present given.”[73] Zugleich beleuchtet Tally den Verlust von Soanes Söhnen kritisch:

Unlike the Civil War, which liberated the slaves, and the World War I, which gave blacks new hope that […] they could no longer be denied full citizenship in the U.S., the Vietnam War reaffirmed the conviction that African American males were being used again as so much cannon fodder.[74]

Soane Morgans Erinnerung an ihre Söhne reflektiert zum einen den Vietnamkrieg mit seinen unzähligen Todesopfern, zum anderen aber spiegeln ihre Gedanken auch die bereits angesprochene, angespannte gesellschaftliche Lage während der Bürgerrechtsbewegung wider. Denn Soane hat ihre Söhne aus Angst, sie könnten ein Opfer der während der 1960er Jahre in ganz Amerika stattfindenden Rassenunruhen werden, zur Armee geschickt (vgl. PAR, 101). Die Orte, die sie aufzählt, stehen allesamt in Zusammenhang mit Ereignissen des Civil Rights Movement. So kam es in den 1960er Jahren beispielsweise in Birmingham zu massiven Protesten gegen die Rassendiskriminierung und in Washington D. C. fand 1963 der erste große Protestmarsch statt, in dessen Verlauf Martin Luther King seine berühmte Rede “I have a dream” hielt. Zwei Jahre später führte King einen weiteren Protestmarsch von Selma nach Montgomery. In Watts wiederum, einem Stadtteil von Los Angeles, kam es im August desselben Jahres zu blutigen Aufständen von Afroamerikanern, die mehrere Todesopfer forderten.[75]

Die bereits in der Analyse von Alice Walkers Roman The Color Purple
thematisierte kritische Auseinandersetzung mit Afrika[76] wird auch bei Toni
Morrison aufgegriffen. Die ambivalente Beziehung der Afroamerikaner zu ihrem Heimatkontinent wird unter anderem in einem Gespräch zwischen dem jungen Pfarrer Richard Misner und der Lehrerin Patricia Best, genannt Pat, augenfällig. Der liberale Geistliche wirft Pat vor, ihre Wurzeln zu verleugnen, was sie hingegen vehement abstreitet:

‘Pat,’ he [Misner] said with mild surprise. ‘You despise Africa.’

‘No, I don’t. It just doesn’t mean anything to me’ […].

‘Africa is our home, Pat, whether you like it or not.’

‘I’m really not interested, Richard. You want some foreign Negroes to identify with, why not South America? Or Germany, for the matter. They have some brown babies over there you could have a good time connecting with. Or is it just some kind of past with no slavery in it you’re looking for?’

‘Why not? There was a whole lot of life before slavery. And we ought to know what it is. If we’re going to get rid of the slave mentality, that is.’

‘You’re wrong. […] Slavery is our past. Nothing can change that, certainly not Africa’ (PAR, 209 f.).

Pats Interpretation der Sklaverei als einzig wahre Geschichte des afroamerikanischen Volkes sowie ihre damit verknüpfte kategorische Ablehnung aller anderen Ursprünge demonstriert, wie präsent diese Vergangenheit auch noch für die Folgegenerationen im 20. Jahrhundert ist. Ihre Verinnerlichung der Sklaverei als eigene, persönliche Vergangenheit erinnert an Netties Identifikation mit ihren versklavten Vorfahren in The Color Purple. Ein ähnlich ablehnendes Verhalten Afrika gegenüber weist in Morrisons Roman auch Soane Morgan auf: “All Soane knew about Africa was the seventy-five cents she gave to the missionary society
collection. She had the same level of interest in Africans as they had in her: none” (PAR, 104).

Toni Morrisons Umgang mit den historischen Fakten und ihre Umsetzung von Geschichte im Roman ähnelt der bereits behandelten Vorgehensweise von Alice Walker in The Color Purple. Ihre Vorstellung von dem Zusammenspiel von Realität und Fiktion formuliert Morrison in einem Interview folgendermaßen:

I want to scour the official history for the alternate history that exists, sometimes parallel to it, more often underneath it. It gleams through the official story in curious ways – a shot here, a facet there – and it’s the kind of thing you want to pursue, and when you cannot find all of the data, you have to imagine it. But I don’t want the story, the alternate, or the underneath or repressed story, told in a manner that duplicates the official narrative.[77]

2.3 Der Ku-Klux-Klan als Symbol für Gewalt: A Time to Kill

John Grishams erster Roman A Time to Kill[78] erschien 1989 und spielt ebenso wie Alice Walkers Werk The Color Purple in den amerikanischen Südstaaten. Der Ort der Handlung ist das im ländlichen Mississippi gelegene fiktive Ford County, beziehungsweise dessen Bezirkshauptstadt Clanton, eine Region in der “more than one hundred years after the Civil War, and despite the civil rights movement of the 1960s, African Americans continue to feel the effects of slavery.”[79] Das Besondere an Grishams Roman ist Mary Beth Pringle zu Folge “the novel’s timeless plot”, denn A Time to Kill “tells about innocence defiled and about a confrontation between good and evil.”[80]

Durch die Äußerungen und Gedanken der Figuren werden in Grishams
Roman unterschiedliche Perioden der amerikanischen Geschichte reflektiert. In der Beschreibung des Stadtbildes durch den Anwalt Jake Brigance finden sich zum Beispiel Verweise auf den Konflikt zwischen dem Süden und dem Norden:

He backed into Adams Street. Two blocks east he turned south on
Jefferson, which two blocks later ran dead end into Washington Street. Jake had often wondered why every small Southern town had an
Adams, a Jefferson, and a Washington, but no Lincoln or Grant (TIME, 21).

Die Wahl dieser Straßennamen, beziehungsweise die Nichtberücksichtigung von Lincoln und Grant, über die sich der Anwalt Jake Brigance wundert, lässt sich politisch begründen. Die aufgezählten Straßen sind nach den ersten drei amerikanischen Präsidenten, George Washington (1789-1797), John Adams (1797-1801) und Thomas Jefferson (1801-1809) benannt. Diese vertraten das Gedankengut der Demokratisch-Republikanischen Partei, die später zur Demokratischen Partei wurde und in den 1840er Jahren die Sklaverei verteidigte. Abraham Lincoln aber gehörte der Republikanischen Partei[81] an und galt außerdem als Sympathisant der afroamerikanischen Bevölkerung, der sich gegen die Sklaverei in den Südstaaten aussprach. Nach seiner Wahl zum 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten 1860 traten elf Südstaaten, darunter auch Mississippi, aus der Union aus und gründeten die sogenannten Konföderierten Staaten von Amerika.[82] Als 1861 der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, war es General Ulysses Simpson Grant[83], der mit der Einnahme von Vicksburg einen entscheidenden Sieg für die Union erreichte und von Lincoln den Oberbefehl über die regulären Streitkräfte zugeteilt bekam. Mit der bedingungslosen Kapitulation der Konföderierten am 9. April 1865 endete der Sezessionskrieg schließlich, vier Jahre nach seinem Ausbruch, womit offiziell auch die Sklaverei als beendet galt.[84] Grant, der ebenso wie Lincoln der Republikanischen Partei angehörte, wurde 1868 zum 18. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt.[85]

Auch Jakes Beschreibung des Gerichtsgebäudes bringt die Abneigung des Südens gegenüber dem Norden explizit zum Ausdruck: “The Ford County courthouse was well into its second century, built after the Yankees burned the first one. It defiantly faced south, as if telling those from the North to politely and eternally kiss its ass” (TIME, 21). Der Begriff ‘Yankee’ – heute ein im Ausland gängiger Spitzname für die US-Amerikaner, insbesondere für die Bewohner von Neuengland – wurde während des Bürgerkriegs als abfällige Bezeichnung der Unionssoldaten verwendet.[86]

In einem Gespräch, das Jake mit einem Reporter aus New York führt, werden die auch Jahre nach Ende des Bürgerkriegs noch bestehenden Vorurteile und Anschuldigungen zwischen den beiden ehemaligen Kriegsgegnern thematisiert. Während einer Diskussion über die Fairness des Rechtssystems in Mississippi wirft Jake dem Journalisten dessen Gleichsetzung der Südstaatler mit Rassisten vor und beantwortet die Frage “Why do you automatically assume I think you are all a bunch of racists?” mit der Begründung “Because you do. We’re stereotyped, and you know it” (TIME, 115 f.). Der folgende Dialog enthüllt die Wut Jakes über die Überheblichkeit des Nordens, der seiner Meinung nach dem Süden immer noch Fehler der Vergangenheit vorzuwerfen versucht:

[Jake:]‘I’m saying there’s as much racism in New York as in Mississippi. Look at our public schools – they’re as desegregated as any.’

‘By Court order.’

‘Sure, but what about the courts in New York. For years you pious bastards pointed your fingers and noses at us down here and demanded that we desegregate. It happened, and it has not been the end of the world. But you’ve conveniently ignored your own schools and neighborhoods, your own voting irregularities, and your own all-white juries and city councils. We were wrong, and we’ve paid dearly for it. But we learned, and although the change has been slow and painful, at least we’re trying. Y’all are still pointing fingers.’

‘I didn’t intend to refight Gettysburg’ (TIME, 117).

Der letzte Kommentar des Reporters greift durch seine Anspielung auf die berühmte Schlacht von Gettysburg wieder die Bürgerkriegsthematik auf. Die 1863 im südlichen Pennsylvania stattfindenden Kampfhandlungen, aus denen die Union als Sieger hervorging, vereitelten den Plan der Konföderierten, den Krieg in den Norden auszuweiten.[87]

Einen Bezug auf die 1960er Jahre und die amerikanische Bürgerrechtsbewegung birgt die Geschichte des afroamerikanischen Sheriffs Ozzie Walls, der als Schüler der ersten gemischten Abschlussklasse der Clanton High School angehörte (vgl. TIME, 9).[88] Die Rassentrennung an den Schulen, die 1954 unter der Präsidentschaft Eisenhowers[89] vom Obersten Gerichtshof für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben wurde, zählte zu einem der ersten großen Erfolge des Civil Rights Movement.[90]

[...]


[1] Das gesamte Dokument der Menschenrechtserklärung ist auf der Website des “Office of the High Commissioner for Human Rights” einsehbar: http://www.unhchr.ch/udhr/lang/eng.htm (Stand: April 2004).

[2] Vgl. Jürgen Heideking; Vera Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, (München: Beck, 1998), 43-49. Das Kapitel „Von der Sklaverei zum Multikulturalismus“ gibt einen kurzen Überblick über die Verhältnisse der afroamerikanischen Bevölkerung sowie andere Einwandergruppen in den USA.

[3] Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 5. Aufl., unter Leitung v. Wolfgang Pfeifer,
(München: Deutscher Taschenbuchverlag, 2000) unter ‚Diskriminierung‛.

[4] Brockhaus. Die Enzyklopädie, 24 Bde, Bd. 5, 20. überarb. und aktual. Aufl., (Leipzig; Mannheim: F.A. Brockhaus, 1996) unter ‚Diskriminierung‛. Der erwähnte Eintrag bezieht sich auch explizit auf die Situation in Amerika: „Besonders weit vorangeschritten ist die Auseinandersetzung mit der Thematik der D. [Diskriminierung] in den USA, v. a. aufgrund jahrhundertelanger Konflikte zw. Weißen, Schwarzen, Indianern u. a. Im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung wurde dort D. im umfassenden Sinne zu einem Gegenstand der öffentl. Diskussion“, ebd.

[5] Soziologie-Lexikon, 3. überarb. u. erw. Aufl., hg. von Gerd Reinhold, unter Mitarbeit v. Siegfried Lamnek und Helga Recker, (München; Wien: Oldenbourg, 1997) unter ‚Diskriminierung‛.

[6] The Encyclopedia Americana, 30 Bde, Bd. 22, (Danbury: Grolier, 1986) unter ‘Prejudice and Discrimination’.

[7] Ebd.

[8] Oxf ord Guide to British and American Culture for learners of English, hg. von Jonathan Crowther (Oxford; New York: Oxford University Press, 1999) unter ‘African American’.

[9] The Oxford American Dictionary and Language Guide, hg. von Frank R. Abate, (Oxford; New York: Oxford University Press, 1999) unter ‘African-American’ [Hervorhebungen im Original].

[10] Heideking; Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, 115.

[11] Von Alice Walkers Roman The Color Purple wurden über zehn Millionen Exemplare verkauft. Vgl. Encyclopedia of Southern Literature, hg. von Mary Ellen Snodgrass, (Santa Barbara; Denver; Oxford: ABC-CLIO) unter ‚Walker, Alice‛. Zudem hielt sich der Roman, trotz kontroverser Diskussionen, 25 Wochen auf der Bestsellerliste der New York Times. Vgl. dazu William L.
Andrews et al (Hgg.), The Oxford Companion to African American Literature, (New York;
Oxford: Oxford University Press, 1997), unter ‚Walker, Alice‛. Auch der Roman Paradise von Toni Morrison mit einer ersten Auflage von 400 000 Exemplaren fand großen Anklang und wurde zum “Book-of-the-Month” in Oprah Winfreys berühmten Buchclub gewählt. Vgl. dazu Kelly Lynch Reames, Toni Morrison’s Paradise. A Reader’s Guide, (New York; London: The Continuum International Publishing Group, 2001), 71. John Grishams erster Roman A Time to Kill erschien zunächst wenig vielversprechend, aber der Erfolg kam, wenn auch erst ein paar Jahre später, nach der Veröffentlichung seines zweiten Buchs The Firm und katapultierte
Grishams Erstwerk mit über drei Millionen verkauften Exemplaren auf die Bestsellerlisten. Vgl. Mary Beth Pringle, John Grisham. A Critical Companion, (Westport; London: Greenwood Press, 1997), 3.

[12] Alice Walker, The Color Purple [1982], (New York; London; Toronto et al: Pocket Books, 1985) [Im Folgenden zitiert als CP ].

[13] Vgl. Encyclopedia of Southern Literature, unter ‚Walker, Alice‛.

[14] Vgl. ebd.

[15] Astrid Swift bezeichnet die 1931 in Ohio geborene Schriftstellerin unter anderem als „Inkarnation des Amerikanischen Traums“, Astrid Swift, „Toni Morrison“, in: Ulrike Becker und Imke
Krüger (Red.), Frei und Frau 2. Außergewöhnliche Lebensbilder, (Bensheim: Bollmann, 1994), 129-150, hier: 130. Eine umfassende Biographie der amerikanischen Autorin bietet auch Jean F. Blashfield, Toni Morrison, (Philadelphia: Chelsea House Publishers, 2001).

[16] Toni Morrison, Paradise [1997], (London: Vintage, 1999) [Im Folgenden zitiert als PAR ].

[17] Toni Morrison wurde im Dezember 1993 als erste afroamerikanische Frau mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Vgl. dazu Blashfield, Toni Morrison, 13 f.

[18] John Kennedy (Rez.), “Review of Paradise”, The Antioch Review 58 (2000), 377.

[19] Louis Menand, “The War Between Men and Women. The sixties come to an all-black town in Oklahoma”, The New Yorker. 73 (4) (1998), 78-82, hier: 81 f. Menand kritisiert außerdem: “Morrison’s fiction can sometimes seem a little willed. Certain images and episodes, certain icons and formulas are, you feel, not because the story requires them but because Morrison thinks they ought to be there”, ebd., 82.

[20] Eine umfassende Darstellung von Grishams Leben präsentiert Robyn M. Weaver, John
Grisham,
(San Diego: Lucent Books, 1999).

[21] John Grisham, A Time to Kill [1989], (London: Arrow Books, 1992) [Im Folgenden zitiert als TIME ].

[22] Vgl. Peter Nusser, Der Kriminalroman, 3. aktual. und erw. Aufl., Sammlung Metzler Bd. 191, (Stuttgart; Weimar: Metzler, 2003), 142: „Eine neue Variante des Kriminalromans, der
Anwaltsroman (‘lawyer novel’), wird von den Rekordauflagen erzielenden Bestsellern John Grishams repräsentiert.“ Nusser zu Folge liegt der Reiz von Grishams Romanen in dem
David-gegen-Goliath-Modell “, bei dem sich ein – meist junger und unerfahrener – Anwalt gegen „juristische Machtapparate“ auflehnt [Hervorhebungen im Original].

[23] Nachdem Abraham Lincoln 1860 zum Präsidenten gewählt worden war, traten elf Staaten aus der Union aus und bildeten eine unabhängige Nation, die sogenannten Konföderierten Staaten von Amerika. Dazu zählten Virginia, Nord- und Süd-Carolina, Georgia, Florida, Alabama,
Tennessee, Mississippi, Louisiana, Arkansas und Texas. Vgl. Horst Dippel, Geschichte der USA, 6. aktual. Aufl., (München: Beck, 2003), 54 f.

[24] Alice Walker, In Search of Our Mothers’ Gardens, (San Diego; New York; London: Harcourt Brace Jovanovich, 1983), 357.

[25] Vgl. ebd., 355: “I also knew The Color Purple would be a historical novel.” Seiner literaturwissenschaftlichen Definition nach behandelt der historische Roman, dessen Anfänge mit der Entwicklung der modernen Geschichtsphilosophie von Hegel verknüpft sind, geschichtliche Ereignisse und Personen, wobei das präsentierte Geschichtsbild „zwar intentionell möglichst
authentisch, jedoch wegen dichterischer Freiheiten nicht immer das wiss. anerkannte, sondern auch e. intuitiv erfühltes, doch glaubwürdiges oder nach ästhet. Gesichtspunkten umgestaltetes sein kann“, Sachwörterbuch der Literatur, 8. verb. u. erw. Aufl., hg. von Gero von Wilpert, (Stuttgart: Kröner, 2001), 344 f.

[26] Alice Walker spricht belustigt von ihrer persönlichen und feministischen Version des historischen Romans: “In an interview […] a black male critic said he’d heard I might write a historical novel someday, and went on to say, in effect: Heaven protect us from it. The chuckle was because, womanlike (he would say), my ‘history’ starts not with the taking of lands, or the births, battles, and deaths of Great Men, but with one woman asking another for her underwear”, Walker, Our Mothers’ Gardens, 355 f.

[27] Lauren Berlant, “Race, Gender and Nation in The Color Purple”, Critical Inquiry 14 (4) (1988), 831-859, hier: 833 f.

[28] Keith E. Byerman, Fingering the Jagged Grain. Tradition and Form in Recent Black Fiction, (Athens; London: The University of Georgia Press, 1985), 128.

[29] Dies fällt beispielsweise Maria Lauret negativ auf, die den Roman, der ihrer Meinung nach “full of holes, unlikelihoods and strange coincidences” ist, auch für seine “vagueness” die Zeit und den Ort betreffend kritisiert. Maria Lauret, Modern novelists. Alice Walker, (Houndmills; Basingstoke; London: Macmillan Press, 2000), 93 f.

[30] Alice Walker, The Same River Twice. Honoring the Difficult. A Meditation on Life, Spirit, Art, and the Making of the Film The Color Purple Ten Years Later, (New York; London; Toronto et al: Scribner, 1996), 50.

[31] Nicht zuletzt auf Grund dieser Darstellungen ist Alice Walkers Roman mehrfach mit der
Gattung der sogenannten slave narratives verglichen worden. Der Begriff slave narrative bezieht sich auf eine im 18. Jahrhundert entstandene Literaturform, bei der es sich in der Regel um die autobiographischen Erinnerungen von ehemaligen Sklaven handelt. In den 1830er Jahren avancierte diese Textart unter dem Einfluss des Abolitionismus zur Massenliteratur. Als repräsentative slave narratives gelten beispielsweise die autobiographische Erzählung Narrative of the life of Frederick Douglass. An American slave (1845) von Frederick Douglass und Harriet Jacobs Incidents in the life of a slave girl (1861). Vgl. Hubert Zapf (Hg.), Amerikanische Literaturgeschichte, (Stuttgart; Weimar: Metzler, 1996), 406 f. Kapitel 3.1 der vorliegenden Arbeit vertieft die Thematik der Sklaverei und deren Umsetzung in Alice Walkers Roman und bietet eine repräsentative Auswahl von Textstellen, die diesen Vergleich belegen.

[32] Winifed Morgan, “Alice Walker. The Color Purple as Allegory”, in: Jeffrey J. Folks und James A. Perkins, Southern Writers at Century’s End, (Kentucky: The University Press of Kentucky, 1997), 177-184, hier: 179.

[33] Ebd., 182.

[34] Abraham Lincoln veröffentlichte am 22. September 1862 eine vorläufige Emanzipationserklärung, die sogenannte Emancipation Proclamation, welche besagte, dass alle Sklaven ab dem 1. Januar 1863 „dann, fortan und für immer“ frei sein sollten (mit Ausnahme der Einzel- oder Teilstaaten, die sich nicht im Zustand der Rebellion befanden, wozu u.a. Louisiana und Virginia zählten). Vgl. John Hope Franklin; Alfred A. Moss. Von der Sklaverei zur Freiheit. Die
Geschichte der Schwarzen in den USA,
aus dem Amerikanischen übers. v. Angela Adams,
(Berlin: Ullstein, 1999), 295-301. Die Emanzipationserklärung (in deutscher Übersetzung) ist ebd., 773 f. abgedruckt.

[35] Nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei durch den 13. Verfassungszusatz (1865),
sicherte der 14. Zusatz (1868) den ehemaligen Sklaven – zumindest pro forma – die amerikanische Staatsbürgerschaft und die Bürgerrechte, der 15. Zusatz (1870) das Wahlrecht. Vgl.
Lexikon der a merikanischen Geschichte, hg. von Udo Sautter, (München: Beck, 1997) unter ‚Verfassungszusatz‛.

[36] Dippel, Geschichte der USA, 59.

[37] In den Südstaaten wurden ab den 1870er Jahren sogenannte “Jim Crow” - Gesetze verabschiedet, die eine Trennung der Rassen vorsahen. Vgl. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 376.

[38] Dieser Grundsatz der Rassentrennung wurde im Rahmen des sogenannten Plessy gegen Ferguson - Urteils vom Obersten Gerichtshof anerkannt, mit der Begründung, dass es zwar die Absicht des 14. Verfassungsgrundsatzes war, die Gleichheit der Rassen herzustellen, auf dieser Grundlage aber dennoch Unterscheidungen zwischen ihnen berechtigt waren. Dieses Urteil wurde erst in den späten 1950er Jahren für verfassungswidrig erklärt. Für einen umfassenden Überblick über die Phase der Rekonstruktion und die politischen Entscheidungen dieser Zeit siehe: Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 317-377.

[39] Der Begriff Segregation, zu lateinisch Segregazion (Ausscheidung, Trennung), bedeutet gemäß seiner soziologischen Definition die Trennung, beziehungsweise die „Absonderung einer Menschengruppe aus gesellschaftlichen, eigentumsrechtlichen od. räumlichen Gründen“, Der Duden. Das Fremdwörterbuch,. 12 Bde, Bd. 5, 5. neu bearb. u. erw. Aufl., hg. und bearb. v. Wiss. Rat d. Dudenred. unter Mitw. v. Maria Dose et al, (Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich:
Dudenverlag, 1990) unter ‚Segregation‛.

[40] Heideking; Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, 119.

[41] Erst 1954 wurde unter Präsident Eisenhower die bereits erwähnte Separate-but-equal - Doktrin aufgehoben und die Rassentrennung an den Schulen für verfassungswidrig erklärt. Dieses Urteil war der Beginn einer aktiven Bürgerrechtsbewegung. Vgl. dazu Dippel, Geschichte der USA, 108.

[42] Der Forschungsliteratur zu Folge kamen die ersten afrikanischen Sklaven im Jahr 1619 in Jamestown, Virginia, auf dem amerikanischen Festland an. Allerdings wurden sie zu Beginn noch nicht als Leibeigene definiert, sondern waren lediglich verpflichtet, die Kosten der Überfahrt auf den Plantagen abzuarbeiten. Erst 1661 wurde die Sklavenhaltung in Virginia gesetzlich geregelt und anerkannt und Anfang des 18. Jahrhunderts hatte sich das System der Sklaverei und der Status der Afrikaner als Besitz und Ware gefestigt. Vgl. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 91 f. – Heideking; Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, 115 f. Eine umfangreiche Darstellung der Geschichte der Sklaverei von ihren antiken Ursprüngen bis zur Gegenwart mit ausführlichen Informationen zum transatlantischen Sklavenhandel bietet Susanne Everett, Die Geschichte der Sklaverei, aus dem Englischen übersetzt v. Jürgen u. Rainer Heinzerling, (Augsburg: Weltbild, 1998).

[43] Eva Boesenberg, Gender – Voice – Vernacular. The Formation of Female Subjectivity in Zora Neale Hurston, Toni Morrison and Alice Walker, (Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter, 1999), 201. Kritik an Netties Briefen äußert u.a. auch Mel Watkins, der diese als “mere monologues on African history” bezeichnet, mit der Begründung: “Appearing, as they do, […] they seem lackluster and intrusive”, Mel Watkins (Rez.), “The Color Purple”, in: Henry Louis Gates und K. A. Appiah (Hgg.), Alice Walker. Critical Perspectives Past and Present, (New York: Amistad, 1993), 16-18, hier: 18.

[44] Vgl. Eric Foner; Olivia Mahoney, A House Divided. America in the Age of Lincoln, (New York; London: W. W. Norton & Company, 1991), 126: “The devastation, which stood in glaring contrast to the North’s economic boom, was an inevitable result of war.” Vgl. dazu auch Dippel, Geschichte der USA, 57; 69 f.

[45] Linda Tate, A Southern Weave of Women. Fiction of the Contemporary South, (Athens;
London: The University of Georgia Press, 1994), 115.

[46] Tate, A Southern Weave of Women, 116.

[47] Ebd., 129.

[48] In einem Interview erzählt Toni Morrison von ihrer Entdeckung einer Zeitungsanzeige mit dieser Schlagzeile, die sie zu dem geschichtlichen Hintergrund in Paradise inspiriert hat: “I read a lot of newspapers about the people who went to Oklahoma. […] And I got interested in one little sentence, which was in a column in one of the Black newspapers, encouraging people to move, work your own land, etc.; and it had an ad that said ‘Come prepared or not at all.’ […] There was a little paragraph about two caravans of Black people who got to Boley or Langston, or one of those towns, and they were turned away because they did not come prepared; they didn’t have anything”, Carolyn Denard, “Blacks, Modernism, and the American South: An Interview with Toni Morrison”, in: Studies in the Literary Imagination 31 (2) (1998), 1-16, hier: 11 f. Die besagte Schlagzeile findet sich auch in Morrisons Roman wieder: “The headline of a
feature in the Herald, ‘Come Prepared or Not at All,’ could not mean them, could it?”, PAR, 13.

[49] Morrisons ursprünglicher Arbeitstitel für den Roman lautete War, wurde aber von ihren Verlegern abgelehnt. Siehe Reames, Toni Morrison’s Paradise, 21.

[50] Ellyn Sanna, “Biography of Toni Morrison”, in: Harold Bloom (Hg.), Toni Morrison, (Philadelphia: Chelsea House Publishers, 2002), 3-37, hier: 33.

[51] Louisa Joyner; Jonathan Noakes; Margaret Reynolds, Toni Morrison. The Essential Guide to Contemporary Literature, (London: Vintage, 2003), 12.

[52] Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 63.

[53] Vgl. ebd., 59-64.

[54] Mit den rassistisch bedingten Gründen für die verweigerte Aufnahme in bereits bestehende all-black towns befasst sich Kapitel 3.2 dieser Arbeit.

[55] Siehe dazu u.a. Kristin Hunt, “Paradise Lost: The Destructive Forces of Double Consciousness and Boundaries in Toni Morrison’s Paradise”, in: John Tallmadge und Henry Harrington (Hgg.), Reading under the Sign of Nature. New Essays in Egocriticism, (Salt Lake City: University of Utah Press, 2000), 117-127, hier: 120. Von der Flucht der Israeliten aus Ägypten, die sich dadurch von der Sklavenarbeit des Pharao befreien konnten, wird in der Bibel, im Alten Testament, zweites Buch Moses, Psalm 11-15, berichtet.

[56] Missy Dehn Kubitschek zu Folge “re-examines [ Paradise ] the ideal of a self-governing, all-black society that recurs in a considerable body of African American writing”, Missy Dehn Kubitschek, Toni Morrison: A Critical Companion, (Westport; London: Greenwood Press, 1998), 163.
Kubitschek verweist in diesem Zusammenhang auf den Roman Their Eyes Were Watching God (1937) von Zora Neale Hurston, deren Darstellung der all-black town Eatonville sie als “most widely known romantic vision” beschreibt, ebd., 179.

[57] Vgl. dazu das “Preface” von Norman L. Crockett, The Black Towns, (Lawrence: The Regents Press of Kansas, 1979), xii: “The black-town idea reached its peak in the fifty years after the Civil War. The dearth of extant records prohibits an exact enumeration of them, but at least sixty black communities were settled between 1865 and 1915. With more than twenty
Oklahoma led all other states.” Für weitere Informationen speziell zur Niederlassung von ehemaligen Sklaven in Oklahoma siehe auch: Jimmie Lewis Franklin, Journey Toward Hope.
A History of Blacks in Oklahoma, (Norman: University of Oklahoma Press, 1982).

[58] Vgl. Brent Staples (Rez.), “Eden, Oklahoma. Trouble in Toni Morrison’s Paradise”, The New York Times (1998), http://slate.msn.com/?id=3039 (Stand: April 2004).

[59] Brooks Bouson, Quiet As It’s Kept. Shame, Trauma, and Race in the Novels of Toni Morrison, (New York: State University of New York Press, 2000), 192.

[60] Das Ziel der Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement) war die Gleichstellung insbesondere der afroamerikanischen Minderheit. Die Bemühungen hierzu begannen zwar schon während des Bürgerkriegs – der Civil Rights Act 1866 war die erste Maßnahme zur Sicherung der gesetzlichen Gleichberechtigung – erreichten jedoch Mitte der 1950er Jahre ihre Hochphase. Vgl. Sautter, Lexikon der amerikanischen Geschichte, unter ‚Bürgerrechtsbewegung‛.

[61] Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 108.

[62] Das Zitat verweist auf den berühmten Bürgerrechtler Martin Luther King (1929-1968), auf den Politiker Robert Kennedy (1925-1968), ein Bruder von J. F. Kennedy und Befürworter der Bürgerrechtsbewegung sowie auf Medgar Evers (1925-1963), den afroamerikanischen Sekretär der NAACP in Mississippi und auf den radikalen Führer Malcolm X (1925-1965). Sie alle setzten sich für die Gleichstellung der afroamerikanischen Bevölkerung und die Aufhebung der Rassentrennung ein. Vgl. dazu Dippel, Geschichte der USA, 205.

[63] Vgl. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 718. Für einen detaillierten Überblick über die Bürgerrechtsbewegung zwischen 1950 und 1980 siehe ebd., 681-729.

[64] Vgl. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 695 f.

[65] Zur zeitlichen Einordnung der Bürgerrechtsbewegung siehe Heideking; Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, 120: „Der Begriff civil rights movement wird zwar üblicherweise für die Zeit von Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre reserviert [...] doch die Vorläufer und Ursprünge dieser Bürgerrechtsbewegung verfolgt man inzwischen bis ans Ende des 19. Jahrhunderts [...] zurück.“ In diesem Fall bezieht sich Toni Morrison auf den Anfang des 20. Jahrhunderts und die Ära von Booker T. Washington (1856-1915) und W.E.B. Du Bois (1868-1963).

[66] Justine Tally, Toni Morrison’s (Hi)stories and Truths, (Hamburg: LIT, 1999), 22 f.

[67] Vgl. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 386-396.

[68] Reames, Toni Morrison’s Paradise, 34.

[69] Vgl. ebd., 34.

[70] Mit Stewards extrem ablehnendem und durchaus rassistischem Verhalten Weißen gegenüber befasst sich auch Kapitel 3.2 der vorliegenden Arbeit.

[71] Reames, Toni Morrison’s Paradise, 34.

[72] Unter dem Vietnamkrieg (1957/58-1975) versteht man die im Anschluss an den Indochinakrieg geführten Kampfhandlungen zwischen den USA und Südvietnam gegen das von China und der Sowjetunion unterstützte Nordvietnam. Die USA, die in diesem Krieg über 45000 Tote zu beklagen hatten, versuchten mit massiven militärischen Einsätzen der Ausweitung des Kommunismus in Südostasien entgegenzutreten. Vgl. Sautter, Lexikon der amerikanischen Geschichte, unter ‚Vietnamkrieg‛ – Heideking; Nünning, Einführung in die amerikanische Geschichte, 41 f.

[73] Tally, (Hi)stories and Truths, 26.

[74] Ebd.

[75] Vgl. dazu u.a. Franklin; Moss, Von der Sklaverei zur Freiheit, 681-713.

[76] Vgl. dazu Kapitel 2.1 dieser Arbeit.

[77] Joyner; Noakes; Reynolds, Toni Morrison, 11.

[78] Grishams Roman wurde 1996 unter der Regie von Joel Schumacher verfilmt, in den Hauptrollen sind unter anderem Sandra Bullock (Ellen), Samuel L. Jackson (Carl Lee Hailey) und
Matthew McConaughey (Jake Brigance) zu sehen. Eine interessante Analyse der Darstellung des Ku-Klux-Klans im amerikanischen Film – allgemein und speziell in A Time to Kill – bietet Nancy Bishop Dessommes, “Hollywood in Hoods: The Portrayal of the Ku Klux Klan in Popular Film”, Journal of Popular Culture 32 (4) (1999), 13-22, hier 15-21.

[79] Pringle, John Grisham, 31.

[80] Ebd., 26.

[81] Die Republikanische Partei entstand während der Auseinandersetzung über die Sklaverei vor dem Bürgerkrieg. Vgl. dazu Sautter, Lexikon der amerikanischen Geschichte, unter ‚Republikanische Partei‛.

[82] Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 54.

[83] Eine umfassende Biographie Grants bietet beispielsweise die Website “magazinUSA.com”: “Biographie: General Ulysses Simpson Grant”, http://www.magazinusa.com/lv2/hist/i_hist_bio_ gen_grant.asp (Stand: April 2004).

[84] Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 54-58.

[85] Vgl. Sautter, Lexikon der amerikanischen Geschichte, unter ‚Grant‛.

[86] Vgl. Meyers großes Taschenlexikon, 24 Bde., Bd. 24, 5. überarb. Aufl., hg. und bearb. von Meyers Lexikonredaktion, (Mannheim; Leipzig; Wien et al: BI-Taschenbuchverlag, 1995) unter ‚Yankee‛. Der 1765 erstmalig nachgewiesene Begriff (in der Schreibweise ‘Yankey’/‘Yanky’) geht vermutlich auf das holländische Janke zurück. Vgl. dazu The Oxford Dictionary of Slang, hg. von John Ayto, (Oxford; New York: Oxford University Press, 1998) unter ‘Yankee’.

[87] Vgl. Dippel, Geschichte der USA, 56.

[88] Mary Beth Pringle erwähnt in diesem Zusammenhang auch den Versuch von Sheriff Ozzie Walls, dem Football-Team am College von Ole Miss beizutreten, was daran scheiterte, dass bereits zwei Afroamerikaner im Team waren, gemäß Pringle “a reminder of ethnic quotas in use at the time”, Pringle, John Grisham, 32.

[89] Der Republikaner Dwight David Eisenhower wurde 1952 zum 34. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Nachhaltige Veränderungen erreichte Eisenhower durch seine Ernennung des liberalen Earl Warren zum Obersten Richter des Supreme Court, dessen Aufhebung der Separate-but-equal - Doktrin die afroamerikanische Bevölkerung ermutigte und zu einer aktiven Bürgerrechtsbewegung führte. Vgl. dazu Dippel, Geschichte der USA, 108 f.

[90] Vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Die literarische Repräsentation von Diskriminierung im zeitgenössischen Roman des amerikanischen Südens
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
97
Katalognummer
V32927
ISBN (eBook)
9783638335171
Dateigröße
915 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Repräsentation, Diskriminierung, Roman, Südens
Arbeit zitieren
Ayla Melzer (Autor:in), 2004, Die literarische Repräsentation von Diskriminierung im zeitgenössischen Roman des amerikanischen Südens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32927

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