Mitte der 70er Jahre etablierte sich in Deutschland mit dem komplexen Problemlösen eine neue Richtung der Denkforschung. Dieser Begriff hat sich in den letzten 20 Jahren als Oberbegriff für eine Forschungsrichtung eingebürgert, die sich allgemein mit dem Denken und Handeln von Menschen in unbestimmten, dynamischen und komplexen Situationen beschäftigt (vgl. Dörner, Schaub, Strohschneider 1999, S. 198). Ursächlich für diese Forschungsrichtung in Deutschland war die Kritik von Dörner (1983) an der traditionellen Denk- und Problemlöseforschung, mit der die Gültigkeit der klassischen Untersuchungen zum Problemlösen bemängelt wurde (vgl. Dörner, Kreuzig, Reither, Stäudel 1983, 103). Aufgrund des raschen technischen und organisatorischen Wandels der Gesellschaft und der Arbeitswelt sehen sich die Menschen immer mehr mit komplexen Problemen konfrontiert, die neue Anforderungen an die Problembewältigung der einzelnen Individuen stellen. Aufgrund dieser Veränderungen stellt sich die Frage, ob die Intelligenzforschung mit ihren traditionellen Problemlöseaufgaben überhaupt in der Lage ist, die heute notwendigen Komponenten der menschlichen Intelligenz zur Bewältigung der alltäglichen komplexen Situationen zu erfassen. Daher befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Fragestellung, ob es einen Zusammenhang zwischen dem komplexen Problemlösen und der Intelligenz gibt und ob es überhaupt möglich ist, aufgrund von Leistungen in Intelligenztest die Leistungen beim Umgang mit komplexen Problemen vorherzusagen.
Dazu soll zunächst in Kapitel 2 das Forschungsfeld des komplexen Problemlösens von dem des traditionellen Problemlösens abgegrenzt werden, indem in Kapitel 2.1 beide Problemarten begrifflich unterschieden werden und in Kapitel 2.2 das Forschungsfeld des komplexen Problemlösens von dem der Intelligenzforschung abgegrenzt wird. Da vorweggenommen werden kann, dass es zum Zusammenhang zwischen komplexen Problemlösen und Intelligenz einer ausgereiften Theorie mangelt und empirische Studien das Forschungsfeld füllen, wird in Kapitel 3 der Aufbau und die Ergebnisse einiger Studien, die diesen Zusammenhang zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz untersuchten, skizziert. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich einen vollständigen Überblick über die empirisch geprüften Zusammenhänge zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz zu liefern.
Inhaltsverzeichnis
1 Das Forschungsfeld „Komplexes Problemlösen“
1.1 Einfache Probleme und komplexe Probleme
1.2 Komplexe Problemforschung und Intelligenzforschung
2 Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz
2.1 Die Studie Lohhausen
2.2 Untersuchungen mit dem System Schneiderwerkstatt
2.3 Untersuchungen mit den Systemen MORO und VEKTOR
2.4 Untersuchungen zum Themenkreis komplexes Problemlösen, Wissen und Intelligenz
3 Methodenprobleme der komplexen Problemlöseforschung
3.1 Kritik an den bisherigen Forschungsergebnissen
3.2 Methodische Anforderungen an komplexe Systeme
4 Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Fragestellung und Vorgehensweise
Mitte der 70er Jahre etablierte sich in Deutschland mit dem komplexen Problemlösen eine neue Richtung der Denkforschung. Dieser Begriff hat sich in den letzten 20 Jahren als Oberbegriff für eine Forschungsrichtung eingebürgert, die sich allgemein mit dem Denken und Handeln von Menschen in unbestimmten, dynamischen und komplexen Situationen beschäftigt (vgl. Dörner, Schaub, Strohschneider 1999, S. 198). Ursächlich für diese Forschungsrichtung in Deutschland war die Kritik von Dörner (1983) an der traditionellen Denk- und Problemlöseforschung, mit der die Gültigkeit der klassischen Untersuchungen zum Problemlösen bemängelt wurde (vgl. Dörner, Kreuzig, Reither, Stäudel 1983, 103). Aufgrund des raschen technischen und organisatorischen Wandels der Gesellschaft und der Arbeitswelt sehen sich die Menschen immer mehr mit komplexen Problemen konfrontiert, die neue Anforderungen an die Problembewältigung der einzelnen Individuen stellen. Aufgrund dieser Veränderungen stellt sich die Frage, ob die Intelligenzforschung mit ihren traditionellen Problemlöseaufgaben überhaupt in der Lage ist, die heute notwendigen Komponenten der menschlichen Intelligenz zur Bewältigung der alltäglichen komplexen Situationen zu erfassen. Daher befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Fragestellung, ob es einen Zusammenhang zwischen dem komplexen Problemlösen und der Intelligenz gibt und ob es überhaupt möglich ist, aufgrund von Leistungen in Intelligenztest die Leistungen beim Umgang mit komplexen Problemen vorherzusagen.
Dazu soll zunächst in Kapitel 2 das Forschungsfeld des komplexen Problemlösens von dem des traditionellen Problemlösens abgegrenzt werden, indem in Kapitel 2.1 beide Problemarten begrifflich unterschieden werden und in Kapitel 2.2 das Forschungsfeld des komplexen Problemlösens von dem der Intelligenzforschung abgegrenzt wird. Da vorweggenommen werden kann, dass es zum Zusammenhang zwischen komplexen Problemlösen und Intelligenz einer ausgereiften Theorie mangelt und empirische Studien das Forschungsfeld füllen, wird in Kapitel 3 der Aufbau und die Ergebnisse einiger Studien, die diesen Zusammenhang zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz untersuchten, skizziert. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich einen vollständigen Überblick über die empirisch geprüften Zusammenhänge zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz zu liefern. Daher wurden einzelne Studien herausgegriffen, die den Verlauf der Forschungsaktivitäten markieren. Einen umfassenderen Überblick liefert z.B. Kluwe et. al (1991, S. 294-296).
Der Theoriemangel in dieser Forschungsrichtung ist größtenteils darauf zurückzuführen, dass bei den bisherigen Untersuchungen einige formale und inhaltliche Fehler bemängelt wurden. Daher wurde gefordert, dass komplexe Problemstellungen gewissen methodischen Anforderungen genügen müssen, um gültige Aussagen treffen zu können. Diese Problematik wird in Kapitel 4 diskutiert, indem zunächst in Kapitel 4.1 die Mängel der Studien zum komplexen Problemlösen dargestellt werden und in Kapitel 4.2 die daraus resultierende Forderung nach Quantifizierbarkeit, Reliabilität und Validität der angewendeten Methoden erörtert wird. Diese Arbeit endet mit einer Schlussbemerkung über das Forschungsfeld und zeigt mögliche Anwendungsperspektiven der Simulationsprogramme und der bislang erzielten Ergebnisse.
1 Das Forschungsfeld „Komplexes Problemlösen“
1.1 Einfache Probleme und komplexe Probleme
Als Problem wird jede Aufgabe bezeichnet, bei der ein unerwünschter Anfangszustand gegeben ist, der mit Hilfe von Transformationen in einen erwünschten Endzustand überführt werden soll. Bei diesen Transformationen sind Barrieren vorhanden, die ohne kognitiven Anstrengungen nicht zu überwinden sind (vgl. Dörner 1976, S. 10).
Dabei können die Barrieren verschiedener Art sein. So können die Mittel zur Transformation unbekannt sein, oder die Mittel sind zwar bekannt, aber die Anzahl der Mittel und die Möglichkeiten, sie zu kombinieren sind so groß, dass ein Durchprobieren praktisch unmöglich ist. Des weiteren kann der Zielzustand unbekannt oder nur vage bekannt (ill-defined) sein (vgl. Dörner 1976, S. 11). Diese verschiedenen Barrieren erfordern verschiedene Formen des Problemlösens, die in Tests der traditionellen Problemlöseforschung meistens durch Puzzle- oder Transformationsprobleme erfasst werden (vgl. Süß 1996, S. 7). Die Probleme der traditionellen Problemlöseforschung besitzen meist einen gut definierten (well-defined) Ausgangs- und Zielzustand, sowie einen fest vorgegebenen Satz zulässiger Transformationen (vgl. ebda.).
Von dieser „einfachen“ Form des Problemlösens können komplexe, realitätsnahe Probleme abgegrenzt werden. Dörner gibt folgende Dimensionen für die Definition eines komplexen Problems an (vgl. Dörner 1976, S. 18; Dörner et al. 1983/1984, S. 19 – 23):
- Komplexität: Der Problemlösende muss in jeder Situation eine Vielzahl von Aspekten berücksichtigen. Maßgeblich für die Komplexität ist bei computersimulierten Szenarien häufig die Anzahl der verwendeten Variablen.
- Eigendynamik: Eine Situation wird dann als eigendynamisch bezeichnet, wenn sie sich verändert, ohne dass der Problemlöser eingreift.
- Vernetztheit: Die Variablen der Situation hängen in hohem Maße voneinander ab, so dass es nur in geringem Grade möglich ist, sie isoliert zu beeinflussen.
- Intransparenz: Handlungsrelevante Informationen stehen nicht oder nur sehr begrenzt zur Verfügung und können aus zeitlichen Gründen oder wegen der Unzugänglichkeit der Daten nicht beschafft werden. Die Situation ist für den Problemlöser undurchschaubar. Dabei nimmt die Intransparenz mit zunehmender Anzahl unbekannter Variablen und Vernetzungen zu.
- Polytelie: In Entscheidungssituationen sind in der Regel mehrere - teilweise sogar kontradiktorische - Ziele simultan zu berücksichtigen.
- Offenheit: Der anzustrebende Zielzustand ist nur vage formuliert und muss vom Problemlöser selbst konkretisiert werden.
Komplexe Probleme unterscheiden sich auch durch Art und Umfang der für die Problembearbeitung notwendigen Wissensvoraussetzungen (vgl. Fürstenau 1994, S. 20). Während es bei den einfachen Problemen möglich ist, die Lösung hauptsächlich unter Rückgriff auf das in der Aufgabeninstruktion vorhandene Wissen zu finden, sind komplexe Probleme meist in einen semantischen Kontext eingebettet und stellen somit hohe Anforderungen an die Wissensbasis von Individuen (vgl. Hesse 1982, S. 65).
Die komplexen dynamischen Problemstellungen werden meist computergestützt dargeboten. Durch die computersimulierten Szenarien versucht man, die Komplexität der Lebenswelt im Labor nachzuempfinden, um dann die Auseinandersetzung von Personen im Umgang mit diesen Systemen zu analysieren.
1.2 Komplexe Problemforschung und Intelligenzforschung
Gegenstand der komplexen Problemlöseforschung ist es zu klären, wie Menschen mit komplexen Situationen umgehen und ob sie in der Lage sind, komplexe Situationen zu bewältigen. Dabei sollen Entscheidungs- und Problemlöseprozesse, Prozesse der Informationsgewinnung und -reduktion, der Aufbau und die Fortentwicklung von Wissensstrukturen sowie Steuerungsprozesse bei der Auseinandersetzung mit sehr umfangreichen Problemstellungen analysiert werden (vgl. Kluwe, Schilde, Fischer, Oellerer 1991, S. 293).
Die Intelligenzstrukturforschung hingegen hat zum Ziel, die stabilen Anteile kognitiver Leistungen als Fähigkeitskonstrukte zu erfassen. Aufgaben- und kontextspezifische sowie dynamische Aspekte wie sie bei komplexen Problemstellungen zu finden sind, werden nur am Rande thematisiert und bleiben theoretisch und empirisch meist unberücksichtigt (vgl. Süß 1996, S. 28). Dennoch erhebt die Intelligenzstrukturforschung den Anspruch, hochgradig generelle Fähigkeiten durch Tests zu erfassen und damit Leistungen in unterschiedlichen Realitätsbereichen vorherzusagen. Nach Dörner mag dies auch für die Vorhersage von Schulnoten gültig sein, jedoch sinke die Vorhersagekraft der Intelligenztests erheblich sobald man den Bereich der Schulnoten verlässt (vgl. Dörner & Kreuzig 1983, S. 185). Deswegen stellt sich die Frage, ob Intelligenztests tatsächlich Intelligenz im Sinne des komplexen Problemlösens erfassen. In diesem Zusammenhang spricht Dörner von einer operativen Fähigkeit, die speziell für das komplexe Problemlösen erforderliche sei, für das Lösen von Intelligenztestaufgaben allerdings nicht (vgl. Dörner & Kreuzig 1983, S. 190). Die komplexe Problemforschung versucht demnach neben dem Produkt des Denkens, das die traditionelle Intelligenzforschung misst, auch zusätzlich die dazugehörigen Denkprozesse zu erfassen.
Ein Anstoß zu vielfältigen Forschungsaktivitäten zum Zusammenhang den Leistungen beim Umgang mit komplexen Problemen und der Intelligenzleistung war neben der Kritik an den traditionellen Intelligenztests vor allem das überraschende Ergebnis der Lohhausenstudie, die unter anderem den Zusammenhang zwischen komplexem Problemlösen und Intelligenz untersuchte und im folgenden näher beschrieben wird.
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