Die Auswirkungen der neuen Rentenbesteuerung auf die Einkommenssituation von Rentnern und Versicherten


Hausarbeit, 2005

23 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ertragsanteilsbesteuerung

3. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung

4. Einführung der nachgelagerten Besteuerung

5. Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung auf die Einkommenssituation von Versicherten und Rentnern
5.1 Auswirkungen der nachgelagerten Besteuerung auf die Versicherten
5.2 Auswirkungen auf die Einkommenssituation von Rentnern

6. Schlußbetrachtung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In seinem Urteil vom 6. März 2002 stellte das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. III GG) durch die unterschiedliche Besteuerung von gesetzlichen Renten und Beamtenpensionen fest und verlangte in seinem Urteil eine Neuregelung durch das Parlament.

Zwei Jahre danach verabschiedet der Bundesrat am 11. Juni 2004 das Altereinkünftegesetz (AltEinkG), welches in seiner Ausgestaltung insbesondere auf den Vorschläge der „Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen“ der Rürup-Kommission aufbaut und kommt damit dem Verlangen des BVerfG nach. Durch dieses Gesetz wird eine Neuregelung der Besteuerung von Alterseinkünften vorgenommen und ab Januar 2005 ist die nachgelagerte Besteuerung von gesetzlichen Renten eingeführt, wie sie bereits heute in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht.[1] Die Folgen dieser Rentenreform 2005 sind tiefgreifend. Und je nach Einkommen und Generation ergeben sich verschiedene Be- und Entlastungshöhen.

In dieser Hausarbeit wird einführend die alte steuerrechtliche Regelung, die Ertragsanteilsbesteuerung, dargestellt. Dann wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die genauen Gründe für die Neuregelung aufgezeigt.

Im Hauptteil steht jedoch die Veränderung der Rentenbesteuerung in die nachgelagerte Besteuerung durch das AltEinkG und seine Auswirkungen auf die Einkommens- und Rentensituation von Versicherten wie Rentnern im Zentrum. Zunächst wird das AltEinkG und die darin festgelegte nachgelagerte Besteuerung und deren Realisierung dargestellt. Daran anschließend werden die Vor- und Nachteile einer nachgelagerten Besteuerung auf die Einkommenssituation der Versicherten aufgezeigt und deren Auswirkung auf die unterschiedlichen Versichertengruppen. Analog werden dann die Konsequenzen für die Einkommenssituation von Rentner diskutiert, wiederum unter Berücksichtigung unterschiedlicher Rentenhöhen und Einkommens-Zusammensetzungen, ein besonderen Schwerpunkt bildet dabei die Problematik der Doppelbesteuerung. Abschließend werden die Ergebnisse in der Schlußbetrachtung zusammengeführt.

2. Ertragsanteilsbesteuerung

Die bisherige einkommenssteuerliche Behandlung der Renten in der GRV basierten auf einer unvollständigen vorgelagerten Versteuerung der Beiträge in der Ansparphase der Versicherten. In der Rentenphase unterlagen bislang die Leibrenten nur mit ihrem Ertragsanteil der Einkommensbesteuerung gemäß § 22 Nr. 1 EStG. Der sogenannte Kapitalanteil verblieb hingegen steuerfrei, da er als Rückzahlung des aus versteuertem Einkommen eingebrachten Kapitals oder „nicht steuerbarer Tilgungsanteil“[2] verstanden wurde.

Der Ertragsanteilsbesteuerung liegt das sogenannte Korrespondenzprinzip zu Grunde, dem gemäß jedes Einkommen nur einmal besteuert werden darf.[3] Ein über die Ertragsanteilsbesteuerung hinausgehender Einkommensteueranspruch galt als unzulässig, da die Beiträge zur GRV aus versteuertem Einkommen geleistet wurden.[4] Betrachtet man die Beitragsseite genauer, zeigt sich, dass dies in der bisherigen Praxis der GRV indes nicht vollständig realisiert war. Die Beiträge zur GRV werden paritätisch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert.

(a) die Beitragsanteile des Arbeitgebers bleiben bislang unversteuert, da sie seitens des Arbeitgebers gemäß § 4 Abs. 4 EStG als Betriebsausgaben steuermindernd geltend gemacht werden konnten.[5] Auf der Seite des Arbeitnehmers mehren die erworbenen Rentenanwartschaften zwar seinen individuellen Vermögensstand und zählen insofern zu den Einkünften aus nicht - selbständiger Arbeit. Dennoch verbleiben sie nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei, da sie nicht zum verfügbaren Einkommen gerechnet werden können.

Einkommen ist entsprechend der Rechtssprechung des BVerfG beim ersten Zufluss von Einkommen bzw. der erstmaligen Realisierung einer Vermögensvermehrung (beispielsweise durch Zinsgewinne) zu versteuern. Die Versteuerung muss sich aber an der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen bemessen. Die Anwartschaft auf eine Altersrente begründet in diesem Sinne jedoch keine gegenwärtige Leistungsfähigkeit, so dass sie nicht Grundlage einer Besteuerung werden konnten.[6]

(b) Der Arbeitnehmer - Anteil hingegen wird aus versteuertem Einkommen geleistet, wenn man von der Möglichkeit des Sonderabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG, der durch einen eng bemessenen Höchstbetrag begrenzt ist. Neben des Beitrags zur Rentenversicherung sind als Sonderabgabenabzug ebenfalls Aufwendungen zu Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherung sowie Prämienzahlungen an besondere Lebens- und Rentenversicherungen abzugsfähig.[7]

In der Praxis hieß dies, dass die Beiträge zur GRV bereits bei geringen Einkommen aus nicht – selbständiger Arbeit nur teilweise steuerfrei blieben. Der Arbeitnehmer - Anteil wurde demnach tatsächlich größtenteils aus versteuertem Einkommen geleistet.[8]

In der Rentenzeit wird trotz dieser unvollständigen Besteuerung in der Ansparzeit nur der fiktive Zinsgewinn der Rente versteuert, der pauschal im Ertragsanteil gefaßt wurde.[9] Dieser wird in Abhängigkeit vom Alter bei Renteneintritt entsprechend der im Einkommenssteuergesetz fixierten Tabelle festgelegt und bleibt in der Rentenbezugszeit konstant. So wurde in 2004 bei einem Renteneintritt mit 60 bzw. 65 Jahren ein Anteil von 32 bzw. 27 % der Rente als Ertragsanteil festgelegt. Begründet wurde dies mit der im Durchschnitt kürzeren Rentenbezugszeit.[10]

Die Höhe des Ertragsanteils wurde erstens von der Verzinsung des noch nicht ausgezahlten Kapitals während der Rentenlaufzeit und zweitens von der Entwicklung der ferneren Lebenserwartung und damit verbundenen durchschnittlichen Rentenlaufzeit abgeleitet.[11] Allerdings wird in der Finanzwirtschaft die Bemessungshöhe des Ertragsanteils als realitätsfern niedrig eingestuft:

Nach herrschender Meinung ist der in § 22 Nr.1 EStG fixierte steuerpflichtige Ertragsanteil, trotz der aufgrund des Umlageverfahens nur schwer herzustellende Beitragsäquivalenz zu niedrig bemessen, so dass auch der Ertragsanteil teilweise steuerbefreit ist.[12]

Zudem wurde für die Besteuerung der Rente ein großzügiger Grundfreibetrag zur Sicherung des Existenzminimums eingeräumt,[13] der die Grenzen der Renten in der GRV überstieg, so dass auch der Ertragsanteil der Rente meist steuerfrei blieb, und de facto nur solche Renten einkommenssteuerpflichtig wurden, die durch weiter Nebeneinkünfte ergänzt wurden: sei dies durch eine weitere (Hinterbliebenen)Rente, sei es durch Einkünfte aus Immobilienbesitz oder Kapital.[14]

Nach der alten Regelung zur Besteuerung der Rente, die bis zum 31.12.2004 Geltung hatte, wurden die Beiträge des Arbeitgebers sowie die (allerdings nur geringen) abzugsfähigen Anteile des Arbeitnehmers von der Einkommenssteuer freigestellt. Damit leisteten die Versicherten die Beiträge zur GRV nur teilweise aus versteuertem Einkommen. Dennoch blieb unter Berufung auf den Grundsatz der Einmalbesteuerung[15] der gesamte Kapitalanteil der Rente steuerfrei. Nur der Ertragsanteil wurde zur Einkommensteuer herangezogen, blieb aber zumeist durch den Grundfreibetrag gedeckt, ebenfalls unversteuert, so dass bislang nur Rentner mit Nebeneinkünften auf ihre Rente Steuern zu zahlen hatten.

3. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung

Die Grundlage für die Neuregelung der Rentenbesteuerung stellte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002 dar. Das BVerfG hatte die Vorlagefrage zu entscheiden, ob eine unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der Renten aus der GRV nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nach Art. 3 GG vereinbar sei.

Kernpunkt der Kritik war die Vollbesteuerung der Beamtenpensionen, der – wie bereits in Kapitel 2 dargestellt - eine nur anteilige Besteuerung der Renten der GRV entsprechend der Ertragsanteilsbesteuerung gegenüberstand.

Eine ungleiche Behandlung im Steuerrecht wäre nur dann vertretbar, wenn „ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung“[16] fehlt. Die Gleichheit von Sachverhalten läßt sich nur im Einzelfall durch einen Vergleich ermitteln.[17]

Zu den klassischen steuerpolitischen Zielen gehört, dass die Forderung nach vertikaler und horizontaler Gleichheit der Besteuerung realisiert wird. Der Grundsatz gilt nicht nur allgemein derart, dass Zensiten mit gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich besteuert werden müssen, er ist auch im Hinblick auf verschiedene Einkommensarten anzuwenden, indem relevante unterschiedliche Sachverhalte der verschiedenen Einkunftsarten zwar unterschiedliche Besteuerungsarten rechtfertigen können, nicht aber zu willkürlich ungleichen Belastungen führen dürfen. Darüber hinaus unterliegen auch steuerliche Entlastungen dem Gleichheitsgebot insofern, als sie allen Zensiten mit vergleichbaren Fördermerkmalen gewährt werden müssen.[18]

Um im Vergleich der verschiedenen Einkunftsarten im Kern und die potentielle Ungleichheit der Besteuerung bzw. der Steuerfreistellung zu bewerten, entschied sich das BVerfG für eine steuerimmanente Betrachtungsweise als maßgebliche Vergleichsdimension wurden also die unterschiedlichen Be- und Entlastungen verschiedener Steuerpflichtiger, nicht aber die Nettoversorgung von Pensionären und Rentnern miteinander verglichen.[19]

Eine weniger isolierte Betrachtungsweise hätte in der Gesamtschau durchaus eine tragbare Differenzierung ergeben können, bedenkt man die zahlreichen Privilegien des Beamtenstatus:

- So können Beamte den Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG besser nutzen, da sie keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung leisten müssen.[20]
- Während Arbeitnehmer ihren Anteil zur Rentenversicherung bereits aus versteuertem Einkommen zahlen, gewährt der Staat den Beamten eine Steuerstundung bis zur Rente, wobei die nachgelagerte Besteuerung auf Grund der Steuerprogression vorteilhafter ist, da das Rentenniveau im Vergleich zum Erwerbseinkommen deutlich niedriger ist.[21]
- Hinzutritt der Vorteil einer kontinuierlichen Erwerbsbiographie, da das rentenmindernde Risiko von Phasen der Arbeitslosigkeit für Beamte nicht besteht, sowie das vergleichsweise höhere Niveau der Pensionen gegenüber den Renten.[22]

[...]


[1] Vgl. Richter, S. 489.

[2] Vgl. Arndt, S. 8.

[3] Vgl. Färber, S.19.

[4] Vgl. Nürnberger, S. 147.

[5] Vgl. Arndt, S. 7.

[6] Becker, S. 3104.

[7] Vgl. Arndt, S. 7.

[8] Vgl. Arndt, S. 7. Vgl. ebenso Latocha, S. 175.

[9] Vgl. Nürnberger, S. 14.

Aufgrund der generationsübergreifenden Umlagefinanzierung der GRV werden keine tatsächliche Verzinsung am Kapitalmarkt erzielt, so dass von fiktiver Verzinsung gesprochen wird. Vgl. zur Umlagefinanzierung u.a. die knappe Darstellung in: Ratgeber zur Rente, S. 9 f.

[10] Vgl. Neues Steuerrecht für Versicherte und Rentner, S. 6.

[11] Vgl. Müller-Heine, Arbeitspapier: Thema 6, S. 1.

[12] Arndt, S. 9, dieser Einschätzung folgte auch das BVerfG (vgl. hierzu Becker, S. 3104).

[13] Vgl. Becker, S. 3104.

[14] Vgl. Neues Steuerrecht für Versicherte und Rentner, S. 6.

[15] Vgl. Hey, S. 4.

[16] Hesselbacher, S. 78.

[17] Ebenda.

[18] Färber, S. 24.

[19] Brall et al, S. 421f.

[20] Vgl. Hey, Johanna, S. 13f.

[21] Vgl. Arndt, S. 12f.

[22] Vgl. Bock, S. 780.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen der neuen Rentenbesteuerung auf die Einkommenssituation von Rentnern und Versicherten
Hochschule
HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst - Fachhochschule Hildesheim, Holzminden, Göttingen  (Sozialpolitik)
Veranstaltung
Alterssicherung
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V34673
ISBN (eBook)
9783638348294
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit stellt anfangs die Ertragsanteils-besteuerung, das Urteil des BVerfGs in 2002 sowie die aktuell geltende Regelung des AltEinkG dar. Dann wendet sie sich der Leitfrage zu, wie sich die Neuregelung auf die Einkommenssituation der Rentner und Versicherten auswirkt. Dabei zeichnen sich heterogene Effekte in Abh. von Renteneintrittsalter, Familienstand und Einkommenshöhe ab, allerdings mit der Tendenz zur Entlastung besserverdiender Singles gegenüber Familien und Geringverdienern.
Schlagworte
Auswirkungen, Rentenbesteuerung, Einkommenssituation, Rentnern, Versicherten, Alterssicherung
Arbeit zitieren
Mariette Köster (Autor:in), 2005, Die Auswirkungen der neuen Rentenbesteuerung auf die Einkommenssituation von Rentnern und Versicherten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34673

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