Existenzgründung in der Sozialen Arbeit


Diplomarbeit, 2000

232 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Demographische Analyse und die daraus resultierenden Möglichkeiten für die berufliche Selbständigkeit in der Sozialen Arbeit
2.1. Demographische Entwicklung in Deutschland
2.1.1. Altersstruktur
2.1.2. Zuwanderung
2.2. Haushalts- und Familienstruktur
2.3. Entwicklung der Problembereiche
2.3.1. Pflegebedürftigkeit
2.3.2. Senioren als neue Zielgruppe
2.3.3. Alleinerziehende als Bedarfsgruppe
2.3.4. Integration ethnischer Gruppen
2.3.5. Betriebliche Sozialarbeit

3. Politisch-rechtliche Grundlagen und Zukunftsperspektiven
3.1. Politisch-rechtliche Grundlagen
3.1.1. Unterstützung durch den Staat
3.1.1.1. Finanzielle Hilfen
3.1.1.2. Projekte
3.1.2. Rechtliche Grundlagen
3.1.2.1. Freie Berufe
3.1.2.2. Gewerbe
3.1.2.3. Buchführungspflicht
3.1.2.4. Exkurs: Buchführung
3.1.2.5. Steuern
3.1.2.6. Scheinselbständigkeit
3.2. Politisch-rechtliche Zukunftsperspektiven

4. Sozialpädagogisches Denken und unternehmerisches Handeln

5. Besonderheiten bei der Existenzgründung in der sozialen Dienstleistungslandschaft
5.1. Schwierigkeiten bei der „sozialpädagogischen Gründung“
5.2. Frauen als Existenzgründerinnen

6. Persönlichkeits- und Qualifikationsprofil des Gründers
6.1. Das Qualifikationsprofil von Diplomsozialpädagogen
6.1.1. Qualifikation aufgrund des Studiengangs
6.1.2. Branchenexterne Qualifikation
6.2. Das Persönlichkeitsprofil des Existenzgründers
6.2.1. Persönliche Motive für eine Existenzgründung
6.2.1.1. Entscheidungs- und Handlungsfreiheit
6.2.1.2. Wirtschaftliche Unabhängigkeit
6.2.2. Persönliche Eignung
6.2.3. Persönlichkeitstest

7. Planungsüberlegung
7.1. Die Idee
7.1.1. Ideenfindung durch Brainstorming
7.1.2. Profitieren aus bereits vorhandenen Geschäftsideen
7.1.3. Beobachtung des Marktes
7.1.4. Selbständige Marktforschung
7.2. Die Positionierung im Marktsegment
7.2.1. Einschätzung des Absatzmarkts
7.2.1.1. Bestimmung der Zielgruppe
7.2.1.2. Bedürfnisse der Zielgruppe
7.2.2. Die Analyse des Wettbewerbs unter den sozialen Anbietern
7.2.2.1. Anbieter sozialer Dienstleistungen
7.2.2.2. Quellen für die Konkurrenzanalyse
7.3. Zukunftsperspektiven: Die Aussichten des Marktes erkunden
7.3.1. Markttrends beobachten
7.3.2. Visionen entwickeln
7.3.3. Kulturveränderung
7.4. Kostenrechung und Finanzierung
7.4.1. Wirtschaftlichkeit definieren: Erfolgsrechnung
7.4.2. Kapitalbedarf berechnen: Investitions- und Kostenplanung
7.4.2.1. Der Investitionsplan
7.4.2.2. Fehler bei der Finanzierung
7.4.3. Finanzierung sichern: Finanzierungsplanung
7.4.3.1. Das Eigenkapital
7.4.3.2. Das Fremdkapital
7.4.3.2.1. Finanzierungshilfen
7.4.3.2.2. Das Bankgespräch
7.4.3.3. Förderprogramme und Fördermittel

8. Risikovorsorge
8.1. Betriebliche Risikovorsorge
8.2. Private Risikovorsorge
8.2.1. Krankenversicherung
8.2.2. Rentenversicherung
8.2.3. Unfallversicherung
8.2.4. Lebensversicherung
8.2.4. Arbeitslosenversicherung
8.2.5. Pflegeversicherung

9. Die Entwicklung eines Unternehmenskonzeptes
9.1. Der Sinn eines Unternehmenskonzeptes
9.2. Die Merkmale eines erfolgreichen Unternehmenskonzeptes
9.3. Betrachtungsweise der Investoren
9.4. Tips zur Erstellung eines Unternehmenskonzeptes

10. Die Struktur und Hauptelemente eines Unternehmenskonzeptes
10.1. Beschreibung der Gründungsidee
10.2. Besonderheit des geplanten Unternehmensinhalts
10.3. Angaben zur Gründerperson
10.4. Das Marketingkonzept
10.4.1. Marketing – eine kurze Einführung
10.4.2. Der Wandel vom Marketing zum Social Marketing
10.4.3. Begriffsdefinition: Social Marketing
10.4.4. Die Bedeutung des Marketing im unternehmerischen Entscheidungsprozeß
10.4.5. Die Marketingplanung
10.4.5.1. Begriffsabgrenzung von Marketingplanung und Marketingplan
10.4.5.2. Die Marketingplanung, Prozesse und Ziele
10.4.5.3. Die Inhalte eines Marketingplanes
10.4.5.3.1. Die Stärken-Schwäche-Analyse
10.4.5.3.2. Die Umweltanalyse
10.4.5.3.3. Die Marktanalyse
10.4.5.3.4. Die Branchenanalyse
10.4.5.3.5. Die Konkurrenzanalyse
10.4.5.3.6. Strategische Schlüsselfaktoren
10.4.5.3.7. Strategieentwicklung und Strategieumsetzung
10.4.5.3.8. Der Marketingmix
10.4.5.3.8.1. Die Produktpolitik
10.4.5.3.8.2. Die Distributionspolitik
10.4.5.3.8.3. Die Kommunikationspolitik
10.4.5.3.8.3.1. Werbung
10.4.5.3.8.3.2. Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit)
10.4.5.3.8.3.3. Sales Promotion (Absatz- oder Verkaufsförderung)
10.4.5.3.8.3.4. Persönlicher Verkauf
10.4.5.3.8.3.5. Sponsoring
10.4.5.3.8.3.6. Direct Marketing (Direktmarketing)
10.4.5.3.8.3.7. Eventmarketing
10.4.5.3.8.3.8. Kommunikationsmix (integrierte Kommunikation)
10.4.5.3.8.4. Die Preispolitik
10.5. Das Finanzierungskonzept

11. Rechtsformen
11.1. Entscheidungshilfen
11.2. Das Einzelunternehmen und die stille Gesellschaft
11.3. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR
11.4. Die Offene Handelsgesellschaft (OHG)
11.5. Die Partnergesellschaft (PartnG)
11.6. Die Kommanditgesellschaft (KG)
11.7. Die GmbH (AG) & Co. KG

12. Ergebnisse und Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

Kontaktadressen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Sieben entscheidende Pleiteursachen

Abb. 2 Einnahme-Überschuß-Rechnung

Abb. 3 Know-how-Profil

Abb. 4 Gewinn- und Rentabilitätsvorschau

Abb. 5 Checkliste: Privater Ausgaben

Abb. 6 Persönliche Versicherungen

Abb. 7 Kontext der Konzepterstellung

Abb. 8 Strategische, operative und dispositive Planung

Abb. 9 Stärken- und Schwächenanalyse

Abb. 10 Markt- und Wettbewerbsanalyse

Abb. 11 Portfolio-Analyse

Abb. 12 Lebenszyklus von Produkten

Abb. 13 Funktion der Public Relations

Abb. 14 Der Kommunikationsmix

Abb. 15 Rechtsformen

1. Einleitung

Der Abschluß eines Hochschulstudiums ist in der Regel nicht mit einer Ausbildung für einen konkreten Beruf zu vergleichen. Allein durch das erfolgreiche Beschließen des Studiums ist für einen Akademiker die Frage nach dem Beruf noch nicht zwingend beantwortet. Je nach Fachrichtung ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, beruflich tätig zu werden. So auch in der Sozialen Arbeit.

Sicherlich gibt es typische Berufsbilder. Studenten der Sozialen Arbeit absolvieren im allgemeinen ihr Studium mit der Vorstellung, später bei staatlichen oder kirchlichen Trägern tätig zu werden, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Allerdings ergaben sich diesbezüglich aufgrund politischer und wirtschaftlicher Hintergründe, in den letzten Jahren Veränderungen. Durch Kürzungen von öffentlichen Budgets sind die Beschäftigungszahlen im öffentlichen Dienst gesunken. Darüber hinaus sind demographische und soziokulturelle Veränderungen maßgebliche Gründe für das Entstehen von neuen Problemfeldern. Somit ist die Soziale Arbeit mit einer steigenden Arbeitslosenquote konfrontiert. Andererseits haben sich durch strukturelle Veränderungen neue Arbeitsfelder ergeben. Unter den aufgeführten Umständen ist die in der sozialpolitischen Disskussion erhobene Forderung nach einer Privatisierung der sozialen Dienste durchaus nachvollziehbar.

Selbständigkeit wird heute mehr denn je als eine berufliche Alternative angesehen. Trotzdem liegt der Anteil der Selbständigen in Deutschland - im internationalen Vergleich – in der unteren Hälfte. Doch der Trend zur beruflichen Selbständigkeit nimmt deutlich zu. „Allein 1997 entstanden in Deutschland rund

6.0.0.0 neue Unternehmungen.“

Diese steigende Attraktivität ist unter anderem auf wirtschaftliche Fördermittel, von Seiten des Staates zurückzuführen, die in Form von steuerlichen Hilfen[1], öffentlichen Bürgschaften, zinsgünstigen Dahrlehen etc. gewährleistet werden. Daneben wird durch Fortbildungen und einer steigenden Anzahl von Projekten zur Förderung der Existenzgründung[2] die Selbständigkeit in der Öffentlichkeit thematisiert.

Auch in der Sozialen Arbeit hat sich die Zahl der Selbständigen erhöht. Obwohl diese Möglichkeit vor wenigen Jahren noch nicht zur Disskussion stand, wird der Anteil der Selbständigen unter Sozialpädagogen mittlerweile auf 6% geschätzt. Ca. 10 000 Sozialarbeiter sind zumindest nebenberuflich selbständig.[3] An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob die Soziale Arbeit den freien Berufen zugeordnet werden kann. Der Begriff des Freien Berufes wurde bislang nur im Steuer- und Berufsrecht sowie in berufssoziologischen Arbeiten definiert. In § 18 I, Nr. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EstG) sind die sogenannten „Katalogberufe“ aufgelistet. Diplomsozialpädagogen werden dort nicht erwähnt, d. h. sie zählen aufgrund ihres Berufes bzw. ihrer Ausbildung nicht zu den Freiberuflern. Sie können jedoch eine Tätigkeit – z.B. die eines Unternehmensberaters im Sinne der betrieblichen Sozialarbeit – freiberuflich ausüben und dadurch vom Finanzamt begünstigt werden.

Der Trend zur Existenzgründung in der Sozialen Arbeit bringt Probleme mit sich, stößt auf Argwohn und schwört Disskusionen herauf. Zum einen sind Sozialpädagogen, die sich mit dem Gedanken und der Durchführung einer Selbständigkeit auseinandersetzen mit Problemen konfrontiert, die in anderen Bereichen so nicht bestehen, wie z. B. einer fehlenden Gründerkultur, Akzeptanz- und Imageproblemen und einer starken Abhängigkeit von den Staatskassen. Zum anderen treffen sie in der Öffentlichkeit auf starke Kritik, da allgemein davon ausgegangen wird, daß Selbständigkeit in der Regel mit dem Profitstreben einhergeht und dies mit dem Gedanken der Sozialen Arbeit nicht zu vereinbaren ist.

In der vorliegenden Arbeit soll unter anderem belegt werden, daß die Privatisierung im sozialen Bereich durchaus legitim ist, und daß die selbständige Soziale Arbeit in der Tat gravierende Vorteile mit sich bringt.

Jedoch steigt analog zur Zahl der Existenzgründungen, Soziale Arbeit inbegriffen, auch die Rate an gescheiterten Unternehmensgründungen. Ursachen dafür werden im folgenden Schaubild belegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Sieben entscheidende Pleiteursachen[4]

Wie viele einschlägige Untersuchungen zeigen, verbessert der Abbau dieser Defizite, vor dem Start in die Selbständigkeit, die Erfolgsaussichten erheblich.

Die Anforderungen an die persönlichen und fachlichen Fähigkeiten sind sehr hoch. Absolventen sozialwissenschaftlicher Studiengänge unterschätzen dies oft und vertrauen zu sehr auf ihre persönlichen und sozialen Fähigkeiten.

Diese Arbeit zeigt die oben erwähnten Problematiken auf und gibt einen Einblick in betriebswirtschaftliche Themen, die in der Ausbildung vernachlässigt werden, wobei Schwerpunkte bei der Thematisierung des Unternehmenskonzeptes speziell auf das Markting gesetzt werden.

Desweiteren ist diese Arbeit ein Leitfaden, der Existenzgründern bei ihren ersten Schritten in die Selbständigkeit Hilfestellung geben soll. Thematisch ist sie auf auf Sozialpädagogen und Sozialarbeiter ausgelegt, wobei sich auch Erzieher, Heil- und Pflegeberufe angesprochen fühlen können.

Die ursprüngliche methodische Vorgehensweise war es, einen empirischen Teil, auf der Basis von Befragungen selbständig tätiger Sozialpädagogen, in die Arbeit miteinzubeziehen. Dieses Vorgehen gestaltete sich nach gewisser Zeit äußerst schwierig, da kaum Kontakte zur Zielgruppe hergestellt werden konnten. Dies hatte einerseits den Grund, daß es im allgemeinen aber auch im speziellen, in bezug auf den Raum Unterfranken, nur wenige selbständige Sozialarbeiter gibt. Andererseits wurde aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen die Herausgabe von Kontaktadressen verwehrt.

Dies hatte zur Folge, daß die vorliegende Arbeit letztendlich eine Literaturarbeit wurde. Probleme hierbei gestalteten sich in der Form, daß bisher nur vereinzelt Literatur zur eigentlichen Thematik „Existenzgründung in der Sozialen Arbeit“ erhältlich ist. Aus diesem Grund wurde Literatur aus anderen wissenschaftlichen Fachbereichen[5], Broschüren und das Internet herangezogen. Diese wurde themenbezogen auf die Gründung in der Sozialen Arbeit übertragen. Zudem wurden Informationen durch den Besuch von Fachmessen und Seminaren zusammengetragen und in die Arbeit einbezogen.

Wie bereits aus der Einleitung zu erkennen ist, beinhaltet das Thema sehr viele unterschiedliche Aspekte, die eine genauere Betrachtung erfordern. Die gemeinschaftliche Arbeit beider Autoren sollte es ermöglichen, den großen Umfang des Themas möglichst ausführlich zu bearbeiten und auszuführen.

Die Aufteilung der abgehandelten Kapitel gestaltet sich folgendermaßen:

- Kapitel 1 „Einleitung“: In Zusammenarbeit
- Kapitel 2 bis einschließlich Kapitel 7: Eva Breutmann
- Kapitel 8 bis einschließlich Kapitel 11: Zoran Zivkovic
- Kapitel 12 „Ergebnisse und Schlußbetrachtung“: In Zusammenarbeit

2. Demographische Analyse und die daraus resultierenden Möglichkeiten für die berufliche Selbständigkeit in der Sozialen Arbeit

Um eine Idee, mit der man sich in der Sozialen Arbeit selbständig machen will, planen und umsetzen zu können, muß u.a. geprüft werden, ob es potentielle und liquide Kunden auf diesem Markt gibt. Soziale Arbeit ist die Arbeit am Menschen und somit ist die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland eine wichtige Grundlage für die Analyse des Kundenpotentials.

Dieses Kapitel bezieht sich auf einen Bericht von Silvia Wieseler über die Soziale Dienstleistung im 21. Jahrhundert, deren Rahmenbedingungen, Bedarfslagen und Zielgruppen.[1]

2.1. Demographische Entwicklung in Deutschland

Größe und Entwicklung einer Bevölkerung hängen von vier Faktoren ab: Geburten und Todesfälle einerseits und Einwanderungen und Auswanderungen andererseits.[2]

Diese Punkte werden im folgenden ausgeführt.

2.1.1. Altersstruktur

Seit Mitte der sechziger Jahre nimmt die Geburtenzahl in Deutschland immer mehr ab. Obwohl die Fertilität wieder leicht ansteigt, werden die Frauen, die 1960 in Deutschland geboren sind, im Durchschnitt nur 1, 63 Kinder in die Welt setzen. „Eine Bevölkerung, deren Geburtenrate für längere Zeit unterhalb des Bestanderhaltungsniveaus liegt, nimmt nicht nur ab, sondern altert auch.“[3]. Somit wird der Anteil der älteren Menschen immer größer und der der jüngeren immer kleiner. 2030 wird der Anteil der unter 20-jährigen 16,5 % der Gesamtbevölkerung, der Anteil der über 60-jährigen dagegen 37,5% der Gesamtbevölkerung betragen. Der Sockel der Bevölkerungspyramide wird immer schmaler. Bettina Sommer spricht einer Studie zufolge von einer „Alterspyramide“, die eher die Form eines „Pilzes“ besitzt.[4]

2.1.2. Zuwanderung

Durch die natürliche Bevölkerungsbewegung müßte es aufgrund der Diskrepanz zwischen Sterbefällen und Geburtenraten zu einem Bevölkerungsrückgang kommen. Dieser wird allerdings durch die hohe Zuwanderungsrate ausgeglichen. Die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung hängt somit auch von der Zahl der Ein- und Auswanderungen ab. Die Bevölkerung wächst aufgrund der Zuwanderer zwischen 1997 und 2010 voraussichtlich um knapp 50. 000 Menschen jährlich auf 82, 6 Mio. Personen. Insgesamt wird sich die Zahl der Ausländer in Deutschland voraussichtlich von 5,5 Mio. im Jahr 1990 auf 8.2 Mio. im Jahr 2000 und auf 13,7 Mio. im Jahr 2020 erhöhen. Falls der Bundestag, wie angekündigt, ein Einwanderungsgesetz beschließt, kann sich diese Zahl noch deutlich erhöhen. Ein großer Teil dieser Population wird allerdings nur der Nationalität nach als „Ausländer“ ausgewiesen sein. Die zweite, dritte und vierte Generation dieser Personengruppe ist zum größten Teil in Deutschland geboren und aufgewachsen.

2.2. Haushalts- und Familienstruktur

Um den potentiellen Kundenstamm für die Soziale Arbeit besser einschätzen zu können, muß auch den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Gerade in der Familienstruktur sind in den letzten Jahren gravierende Veränderungen zu beobachten.

Seit 1960 ist die Zahl der Eheschließungen rückläufig. Auf 1000 Einwohner kamen 1996 nur 5,2 Ehen während 1950 noch 11 Eheschließungen auf 1000 Einwohner entfielen. In den alten Bundesländern ist die Zahl der ledig bleibenden Personen höher als in den neuen Bundesländern.[5] Nur ein Teil der sinkenden Zahl der Eheschließungen wird durch die wachsende Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften kompensiert. Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften, zwischen Mann und Frau, die wie bei einer echten Ehe aus „einem Topf wirtschaften“.

Die Scheidungszahlen in Deutschland steigen stetig. Jede dritte Ehe wird geschieden. Dies hat zur Folge, daß die Zahl der Alleinerziehenden steigt; zwischen 1972 und 1990 um 24,6 %.

Infolge dieser Entwicklung ließ sich in den vergangen Jahrzehnten ein starker Zuwachs der Ein-Personen-Haushalte feststellen. Seit 1950 hat sich die Zahl der Alleinlebenden um das Vierfache gesteigert. Der Anteil der Alleinlebenden ist abhängig von Alter und Geschlecht. Die unter 30-jährigen bilden einen relativ großen Anteil dieser Personengruppe. Aber auch bei den Hochbetagten wächst der Anteil der Alleinlebenden überdurchschnittlich an: „55% der über 75-jährigen lebten 1995 in Ein-Personen-Haushalten (1972: 39%), von den über 75-jährigen Frauen sind es sogar 68%“[6]

Weiter ist zu beobachten, daß die Anzahl der Generationen innerhalb eines Haushaltes abnimmt. Die Haushalte, in denen mehrere Generationen unter einem Dach leben, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten merklich reduziert: „1995 sind nur 35% der Privathaushalte Zwei-Generationenhaushalte (1972: 49%). In nur 1% der Haushalte leben drei oder mehr Generationen zusammen (1972: 3%). Dagegen sind 64% aller Haushalte solche ohne Kinder (1972: 51%).“[7].

2.3. Entwicklung der Problembereiche

Aufgrund der demographischen und der familienstrukturellen Veränderungen sind neue Aufgabenbereiche für die Soziale Arbeit zu erkennen.

2.3.1. Pflegebedürftigkeit

Eine der wohl wichtigsten Zielgruppen der zukünftigen Sozialen Arbeit sind die alten Menschen. Mit der steigenden Zahl der Hochbetagten und der fortschreitenden Erhöhung der Lebenserwartung wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen ansteigen. „1991 waren 2,1 Millionen Senioren pflegebedürftig, im Jahre 2000 sind es bereits 2,4 Millionen und im Jahre 2030 fast 2, 9 Millionen Personen.“[8]

1993 wurden noch 77% der ambulant gepflegten Personen von einem Familienmitglied versorgt. Hauptsächlich Frauen haben diese Aufgaben übernommen. Durch den Geburtenrückgang gibt es immer weniger junge Menschen, die sich um die steigende Zahl der Pflegebedürftigen kümmern können. Das hat zur Folge, daß hierfür immer weniger auf Familienmitglieder zurückgegriffen werden kann. Außerdem führen die erhöhte Scheidungsziffer, die sinkende Heiratsrate und die steigende Frauenerwerbstätigkeit zu einer Auflösung der traditionellen Familienstruktur und somit zu einem Rückgang der familiären Pflege. Hier können selbständige Sozialpädagogen die Lücke des Bedarf schließen, z.B. durch private, ambulante Pflegedienste oder durch die freiberufliche Tätigkeit als Berufsbetreuer.[9]

2.3.2. Senioren als neue Zielgruppe

Des weiteren wurden die nicht-pflegebedürftigen Senioren als neue Zielgruppe entdeckt. Neben den pflegebedürftigen älteren Personen hat sich auch die Anzahl der körperlich und geistig agilen Senioren erhöht. Diese streben einen erhöhten Lebensstandard an in Bezug auf die Wohnsituation, Freizeitgestaltung, Pflegeprodukten etc. Der Markt hat schnell auf die demographische Entwicklung reagiert und bietet mittlerweile viele Produktpaletten für alte Menschen an.

„Die Entwicklung auf dem Seniorenmarkt ist noch nicht abgeschlossen, da Senioren seit einiger Zeit erkennen, daß sie mit selbstbewussten Bedürfnisäußerungen Veränderungen zu ihren Gunsten schaffen können. Senioren werden in Konkurrenz verschiedener Anbieter umworben.“[10]

Dabei spielt eine wichtige Rolle, daß Rentner und Pensionäre immer wohlhabender werden. Sesselmann führt diese Tatsache auf die Auswirkung der Nachkriegszeit und das Sparverhalten der „Aufbaugeneration" nach den Not- und Armutserfahrungen des Zweiten Weltkriegs zurück.[11] Ältere Menschen sind in der Lage, sich ein angenehmeres Leben zu leisten und fordern dies auch.

Sowohl im pflegerischen als auch im privaten Bereich der Altenarbeit gibt es noch Defizite bei den Angeboten. Pflegeplätze, die den Ansprüchen der Senioren entsprechen, fehlen. Das Freizeitangebot für Rentner muß ausgebaut werden. Diese Defizite können gerade von privaten Anbieter behoben werden, da die Ansprüche der älteren Kunden gestiegen sind und so von öffentlichen Wohlfahrtsverbänden nicht ausreichend erfüllt werden.

2.3.3. Alleinerziehende als Bedarfsgruppe

Des weiteren sind alleinerziehende Elternteile eine der Bedarfsgruppen innerhalb der Sozialen Arbeit. Durch die hohe Scheidungsrate und die ledig geborenen Kinder hat vor allem die Zahl der Mutter-Kind-Familien zugenommen. Die Folgen dieses Wandels sind eine Mehrfachbelastung der Frau, soziale Isolierung, finanzielle Schwierigkeiten und Probleme bei der Arbeitssuche. Die Kindergartenplätze reichen nicht aus, um alle Kinder im Kindergartenalter unterzubringen.

„Zwar muß dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) zufolge bis 1996 (1999 ) [Verlängerte Frist] das Angebot an Krippen- und Hortplätzen „dem Bedarf nach“ angepaßt werden; unklar jedoch bleibt, wie quantitative und qualitative Veränderungen des bestehenden Angebots im einzelnen aussehen können.“[12]

Das Kindergartengesetz ist zwar im weitesten Sinne erfolgreich ausgeführt worden, dennoch fehlen in vereinzelten Gebieten noch Kindergartenplätze, die in anderen überzählig sind.

Sowohl vor als auch nach der Kindergartenzeit brauchen Alleinerziehende Unterstützung.

„Erforderlich ist vor diesem Hintergrund von Strukturverschiebungen und sozialen Disparitäten ein Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen [für alleinerziehende Mütter], das speziell auf die Lebenssituation alleinerziehender Frauen zugeschnitten ist.“[13]

Es müssen Leistungsangebote entwickelt werden, die der Problematik alleinerziehender Frauen entsprechen, z.B. Betreuungsangebote, die sich mit der Lebensweise dieser Zielgruppe vereinbaren lassen. Darunter fallen z.B. private Kindergärten mit arbeitnehmerfreundlichen Öffnungszeiten oder betriebsinterne Hortplätze. Das ist eine weitere Herausforderung für Sozialarbeiter, sich in diesem Bereich selbständig zu machen.

2.3.4. Integration ethnischer Gruppen

Wie im oberen Abschnitt angesprochen, steigt die Zahl der Ausländischen Bevölkerung in Deutschland zunehmend an. Diese Entwicklung stellt weitere Aufgabengebiete für die soziale Arbeit dar. Einwanderer werden in ihrer „neuen Heimat“ mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, wie Sprachprobleme, schlechte Wohnsituationen, Akzeptanzprobleme. Dazu kommt noch, daß in der deutschen Bevölkerung die Zukunftsangst und die Unsicherheit der Industriestaaten zu Fremdenhaß und Ausländerfeindlichkeit führt.[14] Dieser Entwicklung muß entgegen gewirkt werden. In all diesen Punkten kann die soziale Arbeit Abhilfe schaffen. Auch wenn man im ersten Moment denkt, daß diese Zielgruppe nicht lukrativ ist, so gibt es doch Möglichkeiten, als selbständiger Sozialpädagoge mit dieser Kundschaft zu arbeiten. Z.B. werden Sprachkurse und Berufsförderungsmaßnamen über das Arbeitsamt finanziert.

2.3.5. Betriebliche Sozialarbeit

Unsere heutige Gesellschaft ist eine Individualgesellschaft.[15] Alte Traditionen, wie z.B. die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, werden aufgelöst. Die Menschen sind auf sich gestellt. Die traditionelle Familienstruktur bricht auseinander und die Scheidungszahl wächst. Das hat zur Folge, daß die Familie den psychischen Halt nicht mehr gewähren kann.

Alle diese privaten Probleme übertragen sich auf die Arbeit und somit auch auf die Produktivität. Viele Unternehmen sind sich dessen bewußt geworden und haben Sozialpädagogen eingestellt. Diesen „Luxus“ leisten sich jedoch nur große Unternehmen. Möglich wäre jedoch, daß man als freiberuflicher Sozialpädagoge für mehrere kleinere Unternehmen arbeitet. Das ist eine weitere Möglichkeit sich als Sozialpädagoge selbständig zu machen.

Wie der vorangegangene Abschnitt zeigt, gibt es durchaus Bedarf für neue Angebote an sozialen Dienstleistungen. Innovative Ideen sind gefragt, um das Nachfragepotential abzudecken.

3. Politisch-rechtliche Grundlagen und Zukunftsperspektiven

„In den letzen 15 Jahren dürfte sich die Zahl der Erwerbstätigen in der Sozialen Arbeit mit Fachhochschul- und Universitätsabschluss mehr als verdoppelt haben.“21

Die Sozialpädagogik zählt zu den beliebtesten Studiengängen. Seit 1996 beträgt die durchschnittliche Absolventenzahl im Sozialwesen jährlich ca. 8300 Personen. Auch die Zahl der Erwerbstätigen im Sozialen Bereich hat sich erhöht, mittlerweile dürfte die Grenze von 200 000 überschritten sein (ohne neue Bundesländer).22

Allerdings sieht es auf dem Arbeitsmarkt nicht rosig aus. Im Oktober 1997 waren in der BRD knapp 4,3 Mio. Menschen ohne Arbeit. Auch der soziale Bereich ist nicht verschont geblieben. 8.300 Sozialpädagogen standen 1.700 offenen Stellen gegenüber.23

Der Bedarf an Sozialer Arbeit ist vorhanden, nur fehlen die Arbeitsplätze. Wurden noch vor 15 Jahren 90% aller Studienabgänger vom öffentlichen Dienst übernommen, sind es mittlerweile nur noch 20%.24

Sozialpädagogen könnten also die Lücke des Bedarfs schließen indem sie sich selbständig machen und sich somit ihren eigenen Arbeitsplatz schaffen. Aber wie sehen die politisch-rechtlichen Grundlagen und die politisch-rechtlichen Zukunftsperspektiven dafür aus?

3.1. Politisch-rechtliche Grundlagen

Die Zahl der Selbständigen in Deutschland steigt an, ist aber im internationalen Vergleich zu gering. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie. Danach waren 1996 3,1 Millionen Menschen in Deutschland ihr eigener Chef. Die Selbständigkeitsquote ist auf rund 9% gestiegen, und lag damit im unteren Drittel im direkten Vergleich mit den übrigen Ländern der OECD (Organization for Economic Cooperation and Development).

1999 lag die Zahl der Selbständigen bei 3,6 Millionen und ist somit auf 9,9% anstiegen. Der Durchschnittswert in den OECD-Staaten von 11,4 Prozent ist auch heute noch nicht erreicht.25

3.1.1. Unterstützung durch den Staat

Existenzgründungen werden auf unterschiedliche Weise vom Staat unterstützt.

Die Ziele, die der Staat damit erreichen will, sind:

- Stärkung der innovativen Leistungskraft des Unternehmens
- Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen
- Verbesserung der Infrastruktur
- Ausgleich der regionalen Nachteile[26]

Um die Zahl der Existenzgründer zu erhöhen, fördern der Staat und die Bundesländer die Gründungen von selbständiger gewerblicher Existenz durch eine Reihe von öffentlichen Finanzierungshilfen. Der Start in eine Existenzgründung wird durch zinsgünstige Darlehen, öffentliche Bürgschaften, teilweise Haftungsfreistellung, Kapitalbeteiligung und ähnliche Maßnahmen finanziell erleichtert.

„Voraussetzung für staatliche Finanzierungshilfen sind die persönliche Zuverlässigkeit, fachliche Eignung und ein Vorhaben, das die Existenz des Antragstellers sichert.“[27] Die Finanzierung kann nicht ausschließlich durch öffentliche Fördermittel erfolgen. Eine gewisse Investition von Eigenkapital ist unabdingbar.[28] Beantragt werden die Fördergelder bei der Hausbank. Dort erhält man die erforderlichen Formulare. Sind diese dort nicht vorrätig, liegen sie auf jeden Fall bei der Industrie und Handelskammer vor. Die Antragsstellung muß unbedingt vor dem Start in die Selbständigkeit erfolgen.

Folgende Förderungen haben besondere Bedeutung für die Gründung einer selbständigen Existenz:

3.1.1.1. Finanzielle Hilfen

- Zinsgünstige Darlehen:

Bei einer Existenzgründung gewähren der Bund oder auch die jeweiligen Bundesländer zinsgünstige Darlehen. Damit können die nötigen Investitionen finanziert werden.[29]

- Öffentliche Bürgschaften:

In allen Bundesländern stehen Bürgschaftsbanken bereit, um Investitions- und Betriebsmittelkredite für Existenzgründer und mittelständische Betriebe abzusichern. Sie werden dann wichtig, wenn Kreditnehmer zwar über ein tragfähiges Unternehmenskonzept, nicht aber über die banküblichen Sicherheiten verfügen. Bürgschaftsbanken sind Selbsthilfeeinrichtungen der privaten Wirtschaft, die durch Rückbürgschaften des Bundes und des jeweiligen Landes unterstützt werden.[30]

- Überbrückungsgeld:

Existenzgründer, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus selbständig machen, werden vom Arbeitsamt finanziell unterstützt. Sie erhalten ein Überbrückungsgeld, wenn sie vorher Leistungen des Arbeitsamtes bezogen haben. Die Höhe des Überbrückungsgeldes kann sich am zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe orientieren. Zusätzlich können Zuschüsse zur Altersversorgung und Krankengeld gewährt werden. Das Überbrückungsgeld wird höchstens 26 Wochen gewährt. Die Gewährung wird von den Erfolgsaussichten des Konzeptes abhängig gemacht. Die rechtliche Grundlage bildet § 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III).[31]

- Steuerliche Hilfen:

Der Staat unterstützt die Existenzgründer mit steuerlichen Hilfen.

Der wichtigste steuerliche Vorteil ist die Sonderabschreibung und Ansparabschreibung. Kleinere und mittlere Unternehmen, bei denen das Betriebsvermögen 400.000 DM nicht übersteigt dürfen neben der üblichen „linearen“ oder „degressiven“ Abschreibung die Sonder- und Ansparabschreibung geltend machen.

Die Sonderabschreibung gilt für die Anschaffung oder Herstellung neuer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. In diesen Fall können 20% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich abgeschrieben werden. Außerdem darf eine Rücklage von maximal 50% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet werden. Das ist die Ansparabschreibung. Sie gilt für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abschreibungsfähigen, beweglichen Wirtschaftsgütern. Diese Rücklage wird bei der Unternehmensbilanz nicht dem Unternehmensgewinn zugeschlagen.

Für Existenzgründer gelten folgende Sonderregelungen:

- Der Höchstbetrag der Rücklage wird von 300.000 DM auf 600.000 DM verdoppelt (bzw. der entsprechende Euro- Betrag).
- Die Rücklage kann für eine Zeit von 5 statt 2 Jahren beibehalten werden.
- Falls die geplante Investition nicht durchgeführt wird, wird auf einen Gewinnzuschlag verzichtet.[32]

„Existenzgründer in diesem Sinne sind natürliche Personen, die innerhalb der letzten Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung weder Gewinneinkünfte erzielt haben noch zu mehr als 10% an einer Kapitalgesellschaft beteiligt waren. Die Übernahme eines Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erfolge oder im Wege der Erbauseinandersetzung ist keine Existenzgründung in diesem Sinne.“[33]

3.1.1.2. Projekte

Des weiteren unterstützt der Staat verschiedenen Projekte, die den Einstieg in die Selbständigkeit erleichtern sollen. Im folgenden Abschnitt sind zwei dieser Projekte näher beschrieben. Sowohl das „Flügge“-Programm als auch der „Businessplan-Wettbewerb“ richten sich an Hochschulabsolventen. Beide Projekte sind für Bayern ausgeschrieben und werden somit vom Land Bayern unterstützt.

Bayerisches Förderprogramm zum leichteren Übergang in eine Gründerexistenz (FLÜGGE):[34]

Die Bayerische Staatsregierung unterstützt durch unterschiedlich aufeinander bezogene Programme die Gründung neuer Unternehmen, mit der Erwartung, daß zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden - vor allem durch neue Unternehmen mit hochinnovativen Produkten und Dienstleistungen.

Das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat hierzu das Bayerische Förderprogramm zum leichteren Übergang in eine Gründerexistenz (FLÜGGE) aufgelegt.

„Das Gesamtkonzept des FLÜGGE-Programms ist auf die Frühphase eine

Unternehmensgründung zugeschnitten, die Gründung sollte i. d. R. während der Teilnahme am FLÜGGE-Programm erfolgen.“[35]

Die Unterstützung der Gründer besteht darin, daß sie während der Konzeptionsphase ihrer Existenzgründung für die Dauer von bis zu zwei Jahren als Halbtagskräfte an einer Universität bzw. Fachhochschule arbeiten und so ihren Lebensunterhalt sichern können. Die Förderung erfolgt in Höhe der Vergütung einer im öffentlichen Dienst tätigen Halbtagskraft, gemäß einem Abschluss an einer Universität oder Fachhochschule.

Die Förderung dient grundsätzlich der Gründung neuer Unternehmen. Die Geförderten arbeiten somit als Halbtagskraft an der Hochschule und sollen die übrige Zeit für eine zügige Unternehmensgründung nutzen.

Es werden sowohl Einzelpersonen als auch Wissenschaftlerteams gefördert, wobei das Team aus maximal drei Personen bestehen darf, die sich in ihren Qualifikationen gegenseitig ergänzen.

Voraussetzungen um an diesem Projekt teilnehmen zu können sind unter anderem folgende:

- Abgeschlossenes Hochschulstudium
- Verfolgung einer innovativen Idee
- Vorlage eines detaillierten, aussichtsreichen Geschäftsplans
- Nachweis eines qualifizierten Gründungs-Coaches
- Einen Hochschullehrer als Fachbetreuer

Der Gründer wird während der Gründungsphase von der Hochschule und einem Coach initiativ und offensiv begleitet.[36]

Businessplan-Wettbewerb Nordbayern:[37]

Der Hochschulgründerpreis wurde vom „Förderverein innovatives Unternehmertum“ sowie der Bayrischen Landesbank ins Leben gerufen und wird vom Bayrischen Wirtschaftsministerien unterstützt.

Der Businessplan-Wettbewerb Nordbayern unterstützt die Erstellung des Businessplans.[38] „Er hat zum Ziel, die Teilnehmer einen ganz entscheidenden Schritt nach vorn zu bringen.“[39] Ein optimal ausgearbeiteter Businessplan erleichtert den Start in eine Unternehmensgründung.

Der Wettbewerb gliedert sich in drei Phasen:

In der ersten Phase wird die Geschäftsidee ausgearbeitet. Dabei sollte die Idee und der Kundennutzen auf ca. sieben DIN-A4- Seiten beschreiben werden.

In der zweiten Phase soll in einem Grob-Businessplan ein Konzept zur Ausschöpfung des Marktpotentials auf ca. 20 DIN-A4-Seiten erstellt werden.

Die dritte Phase ist der sogenannte Detail-Businessplan und beinhaltet die Umsetzung des Geschäftskonzepts und die Ermittlung des Finanzbedarfs.

Nach jeder Phase werden Geldpreise für die besten Konzepte verliehen. Man kann bis zu 60.000 DM gewinnen und das Geld zur Umsetzung des Konzeptes nutze

Das Projekt bietet folgende Angebote:

- Jour fixe: Dies sind zwanglose Treffen, bei denen Fachberater (Patentanwälte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) Coaches (Unternehmensberater, Unternehmer) und Venture-Capitalists (Wagniskapitalgeber) den Teilnehmern für Fragen und Hilfestellungen zur Verfügung stehen. Außerdem hat man bei diesen Treffen die Möglichkeit mit anderen Teilnehmern in Kontakt zu kommen.

- Individuelles Coaching und Beratung: Es werden erfahrene Unternehmer und Dienstleister vermittelt, die praxiserprobte Tips geben können.
- Feedback: Es werden individuelle Kommentare und Anregungen von mindestens zwei Gutachtern zu jedem eingereichten Konzept in allen Wettbewerbsphasen gegeben.
- Ausbildungsangebote: Es werden Vorträge und Seminare von Fachberatern und Coaches angeboten.
- Begleitmaterial und aktuelle Informationen: Es gibt ein Teilnehmerhandbuch, es wird Literatur weiterempfohlen und es werden aktuelle Informationen weitergegeben.
- Team-Kontaktbörse: Bei dieser Aktion können sich Teilnehmer zu Teams zusammenfinden.
- Kurzfristige Erreichbarkeit bei Problemen und Fragen: Das Büro steht bei Fragen und Problemen zur Verfügung.

„Das Ergebnis des ersten Businessplan-Wettbewerb Nordbayern spricht für sich: Über 145 Teams machten sich 1998/99 fit für den Erfolg im ‚echten‘ Wettbewerb. Daraus ergaben sich bisher 16 Unternehmensgründungen, die bis Ende 1999 über 270 neue Arbeitsplätze schaffen.“[40]

In den letzten Jahren, kamen die Preisträger bevorzugt aus den Bereichen der HighTechnologie oder BioTechnologie. Mit einer Gründungsidee im sozialen Bereich, wird es schwierig sein einen Preis zu bekommen. Es ist trotzdem ratsam sich an einem solchen Projekt zu beteiligen, um die oben genannten

Angebote nutzen zu können.[41]

3.1.2. Rechtliche Grundlagen

Neben der staatlichen Unterstützung gibt es eine Reihe rechtlicher Bestimmungen, die einen Rahmen für die Existenzgründung setzen.

Generell kann nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit § 12 Abs. 1 GG jeder Deutsche seinen Beruf frei wählen und somit auch ein Gewerbe ausüben. Es herrscht also Gewerbefreiheit.

3.1.2.1. Freie Berufe

In diesem Kapitel wird näher auf die Vorteile eingegangen, die Freie Berufe einem Gewerbe gegenüber auszeichnen. Die Freien Berufe sind eine Besonderheit der Existenzgründung, zu denen gegebenenfalls auch soziale Dienstleistungen zählen können.

„SozialpädagogInnen werden bislang nicht als den Freien Berufen ähnlich ausgewiesen. Aufgrund der hohen beruflichen Qualifikation, der gesellschaftliche Bedeutung des Berufsstandes und der zunehmenden Zahl der selbständig Tätigen wurden 1998 SozialpädagogInnen erstmalig explizit als Freiberufler benannt. Dies mußte vorbehaltlich des Umstandes geschehen, daß sozialpädagogische Selbständigkeit auch in gewerblicher Form ausgeübt werden kann.“[42]

Nach der Definition des Bundesverwaltungsgerichtes und des Finanzamtes (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommenssteuergesetz zählen zu den Freien Berufen:

- freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten,
- Tätigkeiten der im Gesetz aufgeführten Berufe („Katalogberufe“), da sie dort aufgezählt , d.h. katalogisiert werden, wenn die ausgeübte Tätigkeit berufstypisch ist, (siehe unten)
- persönliche Dienstleistungen der „höheren Art“ (mit akademischer Ausbildung), die den Katalogberufen ähnlich sind.[43]

Die Katalogberufe:

- Arzt
- Zahnarzt
- Tierarzt
- Rechtsanwalt
- Notar
- Patentanwalt
- Vermessungsingenieur
- Ingenieur
- Architekt
- Handelschemiker
- Wirtschaftsprüfer
- Steuerberater
- Beratender Volks- oder Betriebswirt
- Vereidigter Buchprüfer (vereidigter Bücherrevisior)
- Steuerbevollmächtigter
- Heilpraktiker
- Dentist
- Krankengymnast
- Journalist
- Bildberichterstatter
- Dolmetscher
- Übersetzter
- Lotse

Aus der Anerkennung als Freier Beruf ergeben sich vor allem folgende wichtige Vorteile:[44]

- Gewerbesteuerfreiheit:

Die freiberuflich Tätigen haben durch die Gewerbesteuerfreiheit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Gewerbetreibenden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Gewinn den Freibetrag von 48. 000 DM nicht übersteigt. (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) Dieser ist nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetz zu ermitteln. Der Einheitswert[45] des Betriebes muß über dem Freibetrag von 120. 000 DM liegen. (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Dieser wird durch das Bewertungsgesetz ermittelt. Der Gewerbetreibende muß dann keine Gewerbesteuer zahlen, wenn sein Gewerbeertrag unter 48. 000 DM und das Gewerbekapital unter 120. 000 DM liegt. Gerechtfertigt wird dieses Privileg der Freien Berufe mit dem Charakter der Berufstätigkeit, der Stellung und der Bedeutung der Freien Berufe und der längeren Ausbildungszeit.

- keine Buchführungspflicht:

Der Freiberufler muß lediglich eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellen.

- vereinfachte Bilanzierung:

Die einfache Bilanzierung kann ohne großen organisatorischen Aufwand erstellt werden. Die Gewinnermittlung erfolgt durch Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen.

- keine Aufzeichnungspflicht:

Anders als die Gewerbebetriebe müssen die Freiberufler nicht alle Warenein- und ausgänge aufzeichnen.

- Pauschalbeträge für Betriebsausgaben:

Es gibt einige Pauschalbeträge, die ohne Nachweis als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Diese sind somit gewinnmindernd. Auch dies bedeutet eine Vereinfachung der Gewinnermittlung.

- Möglichkeiten einer Partnerschaftsgesellschaft:

Wenn alle Gesellschafter in Freien Berufen tätig sind, kann eine Partnerschaftsgesellschaft gegründet werden. Diese ist als Personengesellschaft konzipiert. Da sie keine natürliche Person ist, ist sie als solche nicht einkommensteuerpflichtig. Auch Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer müssen nicht entrichtet werden.

3.1.2.2. Gewerbe

Den gewerbebetreibenden Unternehmen hat der Gesetzgeber Pflichten auferlegt. Darunter kann gegebenenfalls auch die Soziale Arbeit fallen wie z.B. das Vertreiben von pädagogischem Spielzeug.

Zu den Pflichten gehört zum Einen die gewerbepolizeiliche Anmeldung. Jede Aufnahme von gewerblicher Tätigkeiten ist aufgrund der Gewerbeordnung (§ 14 GewO) den Gewerbeämtern bei den Ortsbehörden anzumelden. Hier gibt es Besonderheiten bei verschiedenen Berufen, wie z.B. Gaststättengewerbe. Die Soziale Arbeit ist hiervon im Normalfall nicht betroffen.

Außerdem besteht die Eintragungspflicht im Handelsregister. „Das Handelsregister, geführt beim Amtsgericht, gibt Aufschluß über Inhaber- und Haftungsverhältnisse kaufmännisch geführter Unternehmen“[46] Der Kleingewerbebetreibende, auch Minderkaufmann genannt, braucht sich nicht im Handelsregister einzutragen. Anhaltspunkt für die Eintragungspflicht ist der Umsatz bei

- Industrieunternehmen ab 500 000,- DM im Jahr
- Dienstleistungsgewerbe ab 250 000,- DM im Jahr

Die gesetzliche Grundlage für das Handelsregister ist im Handelsgesetzbuch (HGB) festgelegt.

Das Partnerschaftsregister ist Angehörigen freier Berufe vorbehalten, wie sie im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz aufgeführt sind. Die Partnerschaftsgesellschaft steht der Offenen Handelsgesellschaft gleich.[47] Man fordert die Stellungnahme der zugehörigen Berufskammer um die Partnerschaftsgesellschaft im Partnerschaftsregister einzutragen.

3.1.2.3. Buchführungspflicht

Außerdem ist die Buchführungspflicht im Gesetz festgehalten.

Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) sind nur Vollkaufleute zur ordnungsgemäßen Buchführung (doppelte Buchführung) verpflichtet. Vollkaufleute sind nach §1 HGB diejenigen, die ein Grundhandelsgewerbe betreiben, das über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht. In ihren Aufzeichnungen müssen die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens ersichtlich sein.

Kleinbetriebe und die freien Berufe sind lediglich zu einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (einfache Buchführung ) verpflichtet. Im Steuerrecht sind die Grenzen festgelegt, die einen Minderkaufmann von einem Vollkaufmann unterscheiden.

Zu der besonderen Aufzeichnung über die Warenbewegung sind sowohl diejenigen verpflichtet, die eine ordnungsgemäße Buchführung durchführen müssen, als auch diejenigen, die lediglich zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung verpflichtet sind. Es besteht eine besondere Aufzeichnungspflicht sowohl für den Wareneingang als auch für den Warenausgang. Dieses ergibt sich aus dem Steuerrecht (§§ 143 und 144 AO).

Selbständige Sozialpädagogen sind in der Regel Freiberufler oder Minderkaufleute. Zu den Vollkaufleuten zählen sie aufgrund geringerer Einnahmen im Handel für gewöhnlich eher selten. Es wird also im Normalfall eine einfache Buchführung verlangt werden.

3.1.2.4. Exkurs: Buchführung

Man unterscheidet zwischen einer einfachen und einer doppelten Buchführung.

Die Buchführungen sind gesetzlich vorgeschrieben und auch die Freiberufler sind zu einer ordnungsgemäßen Buchführung verpflichtet. „Um die Grundlage zur Bemessung der Einkommensteuer zu legen, schreibt das Steuerrecht auch dem Freiberufler vor, den Überschuß aus seiner oder ihrer Tätigkeit zu ermitteln.“[48]

Ob eine einfache oder eine doppelte Buchführung durchgeführt werden muß, ist abhängig von folgenden Punkten.

Die einfache Buchführung darf durchgeführt werden, wenn

- das Unternehmen gemeinnützig ist
- die Einnahmen bei den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unter 60 000,- DM liegen
- folgende Voraussetzungen nicht zutreffen:

Umsatz jährlich: über 500 000,-DM

Eigenkapital: über 125 000,-DM

Gewinn jährlich: über 48 000,-DM

Die einfache Buchführung ist eine Einnahmen-Überschuß-Rechnung. Durch chronologische Aufzeichnung werden am Stichtag Vermögen und Schulden ermittelt. Der Nachweis wird durch Belege erbracht. Die Einnahme-Überschuß-Rechnung hat zum Vorteil, daß lediglich die bereits enthaltenen Entgelte der Einkommensteuer unterliegen, nicht aber die laufenden Kosten.

Es folgt ein Musterformular für die einfache Buchführung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Einnahme-Überschuß-Rechnung[49]

Das Unternehmen ist dann rentabel, wenn die Einnahmen die Ausgaben überschreiten. Zu Beginn einer Existenzgründung sollte zumindest der Deckungsbeitrag gegeben sein, d.h. die Einnahmen entsprechen den Ausgaben.

Langfristig gesehen sollten die Gewinne so hoch sein, daß man seinen Lebensunterhalt damit bestreiten kann. In diesem Fall spricht man von einem „positiven Deckungsbeitrag“.

„Zieht man die Summe der Ausgaben (netto, unter Berücksichtigung der Steuerminderungen) von der Summe der Einnahmen ab (eingenommene Mehrwertssteuer abziehen, derzeitiger Steuersatz: 16%), erhält man den Gewinn, der der Besteuerung unterliegt. Abgezogen werden Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer.“[50]

Wenn man diesen Endbetrag auf die Arbeitsstunden umlegt, um den Nettostundenlohn zu erhalten, erfährt man, ob die Arbeit für einen selbst rentabel ist. Ansonsten wirtschaftet man aus der eigenen Tasche.

Die doppelte Buchführung wird durchgeführt werden, wenn

- private Unternehmen die oben genannten Grenzen überschreiten
- wirtschaftliche Vereine mehr als 60 000 DM im Jahr einnehmen
- man sich freiwillig verpflichtet
- die Krankenhausverordnung § 3 zutrifft.

Bei der doppelten Buchführung muß jeder Geschäftsfall auf zwei Konten gebucht werden. Die Aufzeichnung geschieht somit doppelt: Nach sachlicher und chronologischer Ordnung.

Auf die doppelte Buchführung wird nicht näher eingegangen, da sie für kleinere Unternehmen im sozialen Bereich in der Anfangsphase in den Freien Berufen nicht benötigt wird.

3.1.2.5. Steuern

Umsatzsteuer:

Auch das Umsatzsteuergesetz betrifft den Existenzgründer. Die Umsatzsteuer betrifft den Letztverbraucher. „Um keinen Letztverbrauch unversteuert zu lassen, wird sie bei jedem Umsatzakt erhoben, unabhänig davon, ob der Abnehmer Letztverbraucher ist oder nicht.“[51]

Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) muß auf alle Rechnungsbeträge aufgeschlagen werden. Der allgemeine Satz beträgt zur Zeit 16%. Das Unternehmen ist verpflichtet, diesen Steuersatz dem Kunden in Rechnung zu stellen und an das Finanzamt abzuführen. Wichtig ist es, zum Zeitpunkt der Umsatzsteuerzahlung liquide zu sein. Die Umsatzsteuern sind immer bis zum 10. des Folgemonats nach einem Vorauszahlungszeitraum fällig. Bei größerem Umsatz ist die Umsatzsteuer monatlich, bei kleinerem Umsatz im Quartal fällig. Umsatzsteuern, die an Lieferanten im selben Zeitraum gezahlt wurden, können von den Umsatzsteuern abgezogen werden, die an das Finanzamt abgeführt werden.

Einkommenssteuer:

Die Einkommenssteuer muß von natürlichen Personen z.B. Einzelunternehmern (also nicht von juristischen Personen, wie z.B. GmbH, AG, OHG) bezahlt werden. Diese hängt von der Höhe des Einkommens ab. Im ersten Jahr der Existenzgründung geht das Finanzamt von dem erwarteten Gewinn aus. Werden keine Gewinne erwirtschaftet, sondern hat das Unternehmen Verluste, so müssen keine Einkommenssteuern gezahlt werden. Die Verluste können sogar mit den Einkünften vorangegangener Jahre verrechnet werden. Auch für die kommenden Jahre können Verluste geltend gemacht werden. Verluste können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn absehbar ist, daß das betreffende Unternehmen auf Dauer Gewinn abwirft.

Körperschaftsteuer:

Die Körperschaftssteuer fällt nur auf Gewinne von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften an. Die Gewinne können ausgeschüttet werden oder wieder in das Unternehmen investiert werden. Nicht ausgeschüttete Gewinne werden höher besteuert (40%) als ausgeschüttete Gewinne (30%).[52]

Die Lohnsteuer:

Sobald man fremde Arbeitskräfte einstellt, entstehen für das Unternehmen lohnsteuerrechtliche Verpflichtungen. Der Arbeitnehmer muß bei der Einstellung die Lohnsteuerkarte von seiner Wohngemeinde anfordern. Diese ist maßgebend für den Steuerabzug. Die Lohnsteuerkarte verbleibt bis zum Abschluß des Lohnkontos des Beschäftigten beim Arbeitsgeber. Dieser trägt bis zum Jahresabschluß den erzielten Bruttolohn und die einbehaltene Lohnsteuer ein.

3.1.2.6. Scheinselbständigkeit

Zum 01.01.1999 wurde erstmals von der Regierung ein Gesetz verabschiedet, welches strenge Kriterien für die Selbständigkeit aufgestellt hat. Dieses Gesetz wurde allerdings aufgrund großer Proteste schon wenige Monate später auch von der Politik in Frage gestellt[53]. Viele Punkte aus dem ursprünglichen Gesetz führten in der Praxis zu Unsicherheiten. Dies hatte zur Folge, daß bereits am 26. 10. 1999 ein neuer Gesetzentwurf vorlag, der am 17. 12. 1999 vom Bundesrat gebilligt wurde und rückwirkend zum 1. 1. 1999 in Kraft trat.

Das Gesetz behandelt zwei wichtige Fragestellungen neu:

1. Die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen,
2. die Rentenversicherungspflicht für selbständige Alleinunternehmer.

Das ursprüngliche „Gesetz zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit“ wurde umbenannt in das „Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit“. Folgende Kriterien grenzen den Arbeitnehmer vom Selbständigen ab:

- Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsendgeld aus diesen Beschäftigungsverhältnissen regelmäßig im Monat DM 630,00 übersteigt.
- Die Person ist auf Dauer und im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
- Der Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber läßt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten.
- Die Tätigkeit läßt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen.
- Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die die tätige Person für denselben Auftraggeber zuvor aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

Bisher wurde abhängige Beschäftigung schon dann vermutet, wenn zwei von vier Vermutungskriterien erfüllt sind. Mit der gesetzlichen Neuregelung soll eine abhängige Beschäftigung in Zukunft erst dann vermutet werden, wenn drei der nunmehr fünf Merkmale erfüllt sind.

Diese Definition ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne relevant. „Das bedeutet, es besteht Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Auftraggeber hat als Arbeitgeber den Sozialversicherungsbeitrag zur Hälfte zu zahlen.“[54] Sehr weitgehend sind die vorgesehen Änderungen im Rentenversicherungsrecht für Selbständige. Der Gesetzgeber hält grundsätzlich an der Einbeziehung selbständiger Alleinunternehmer in die Rentenversicherung fest. Freie Mitarbeiter haben also auch in Zukunft im Sozialversicherungsrecht zwei Hürden zu nehmen: Als erstes muß sich der freie Mitarbeiter der Frage der Scheinselbständigkeit und dem 5-Punkte-Katalog stellen. Wird er danach als Selbständiger eingestuft, geht es in die zweite Etappe der Auseinandersetzung: Der Gesetzgeber erklärt ihn trotz seiner Selbständigkeit für sozial schutzbedürftig und unterwirft ihn der gesetzlichen Rentenversicherung.

Dies ist ein grober Einblick in die gesetzlichen Grundlagen für Existenzgründer. Dazu gehören im weitesten Sinne auch die Rechtsformen.[55]

3.2. Politisch-rechtliche Zukunftsperspektiven

Aufgrund des vereinigten Europas kommt es zu einigen Veränderungen in bezug auf die politisch-rechtlichen Grundlagen. Der europäische Rat, das oberste Organ der EU, wird zukünftig die

- Rechtsvorschriften für die Union erlassen;
- Politische Ziele setzen;
- Nationalen Politiken koordinieren;
- Konflikte untereinander und mit anderen Institutionen regeln.

Der Europäische Rat besteht aus den Vertretern der Mitgliedsstaaten, bzw. bei wichtigen Entscheidungen aus den Regierungschefs der Mitgliedstaaten.[56]

In diesem Kapitel wird ein kurzer Einblick in die politischen Änderungen aufgrund der Entwicklung in der EU geben, soweit sie Existenzgründer betreffen.

Der Euro:[57]

Der Euro ist die Währung der an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Mitgliedsstaaten. Vorerst wurde der EURO lediglich als Buchgeld eingeführt und die DM und andere Nationalen Währungen bleiben parallel weiter gültig. Anfang 2002 wird der EURO auch als Bargeld genutzt und die DM wird schrittweise eingezogen.

Die wirtschaftlichen Gründe für diese Maßnahme sind folgende:

- freier Kapitalverkehr
- keine Grenzkontrollen
- ungehinderter Fluß von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital.

Als wirtschaftliche Vorteile, die sich aus einer einheitlichen Währung in Europa ergeben werden genannt:

- Stimulierung und Stabilisierung der europäischen Wirtschaft bzw. des europäischen Binnenmarkts.
- Stärkung der europäischen Wirtschaft gegenüber anderen Staaten und Wirtschaftsunionen. Die EU wäre mit dem Euro die einzige Wirtschaftsunion mit einer gemeinsamen Währung.
- Keine Währungs-Schwankungen und Umrechnungskosten innerhalb Europas.
- Kurssicherungskosten bei EU-Handelsgeschäften entfallen.
- Neben Dollar und Yen wäre der EURO eine weitere wichtige Handels- und Reservewährung.
- Grenzüberschreitende Investitionen werden transparenter und risikoärmer.
- Inneneuropäische Angebote (Waren und Dienstleistungen) werden vergleichbar.
- Mehr Transparenz auf dem Weltmarkt (europäische Kursunterschiede fallen weg).
- Einheitlicher und transparenter europäischer Aktien- und Anleihenmarkt.
- Bessere Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten.
- Arbeitsplatzangebot wird transparenter und größer.

Für die deutschen Unternehmer entstehen dadurch Vorteile, soweit sie exportorientiert sind. Für die sozialen Bereiche ist zwar das Thema Export kurzfristig weniger relevant. Dennoch ergeben sich in der Eurozone ein größerer Tätigkeitsbereich und neue Möglichkeiten zur Beschäftigung von Mitarbeitern.

Für Unternehmer, die ihre Waren und Dienstleistungen in Europa vertreiben, entfallen:

- Kosten aus Devisengeschäften
- Kosten zur Kurssicherung
- Währungsrisiken
- Preisanstiege und somit wirtschaftliche Nachteile durch DM-Aufwertung.

Die Folgen sind:

- Exportabhängige Arbeitsplätze werden sicherer.
- Angebote europäischer Lieferanten können besser verglichen werden.

Aufgrund einer einheitlichen Währung in Europa wird somit der Wettbewerb ansteigen. Es gibt zunehmend Konkurrenzdruck aus dem Ausland, es erwachsen aber auch neue Märkte und Chancen. Unternehmenskonzepte müssen dieser neuen Marktsituation angepaßt werden.

Die neue Marktsituation erfordert Preise für Produkte und Dienstleistungen, die sich international auf die Kunden und deren Erwartungen bzw. deren finanzielle Möglichkeiten einstellen. Die Preise werden sich immer mehr einander angleichen.

Der EURO wird zwar hauptsächlich Unternehmen betreffen, die international tätig sind, also exportieren oder importieren. Kleinere und mittlere Unternehmen, also auch die sozialen Unternehmensgründer, werden kurzfristig weniger betroffen sein. Grundsätzlich sollte sich aber jedes Unternehmen auf den EURO und den europäischen Dienstleistungs und Arbeitsmarkt einrichten.

4. Sozialpädagogisches Denken und unternehmerisches Handeln

„Der Gedanke der selbständigen Sozialen Arbeit und seine Umsetzung in die Praxis ist nicht neu, gewinnt aber in der aktuellen Diskussion um ‚Kosteneinsparung‘, ‚Modernisierung‘, ‚Entbürokratisierung‘ und ‚Kundenorientierung‘ der Sozialen Arbeit immer mehr an Bedeutung.“[1]

Trotzdem fällt es vielen schwer, wirtschaftliches Denken und soziale Intention zu vereinen. In Diskussionen um die Selbständigkeit in der Sozialen Arbeit wird man immer wieder auf Skepsis treffen. Wie laufen sozialpädagogisches Denken und unternehmerisches Handeln zusammen?

Sozialpädagogen haben durch den interdisziplinären Studiengang durchaus Vorteile bei einer Unternehmensgründung. Die rechtlichen, soziologischen, psychologischen und pädagogischen Grundlagen, die im Studium vermittelt werden, bilden ein gutes Grundgerüst für einen angehenden Unternehmer. Berührungsängste sind dennoch vorhanden. Wird der Unternehmer noch immer nur als geldgieriger, selbstsüchtiger Kapitalist gesehen? Ist es nicht natürlich, daß man seinen Lebensunterhalt sichern muß? Der wirtschaftliche Vorteil, den man sich bei einer Existenzgründung erhofft, steht neben den Aufstiegschancen, die man als angestellter Sozialpädagoge anstrebt. „Was bei den Selbständigen der Gewinn ist, ist bei den Angestellten das Bestreben nach der nächsthöheren Vergütungsstufe.“[2] Natürlich darf man als Selbständiger nicht vollends dem „Helfersyndrom“ unterlegen sein, denn dadurch riskiert man seine eigene Existenz. Unternehmerisches Denken muß vorhanden sein und somit auch gewinnorientiertes Denken. Dabei laufen finanzielle Erfolgserlebnisse mit sozialen Erfolgserlebnissen Hand in Hand, im Gegensatz zum öffentlichen Dienst. Nur wer kundenorientiert arbeitet und Erfolge erzielt, kann auf weitere Aufträge hoffen.

„Die Höhe seiner Bezüge bestimmt der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst oft nicht über die Qualität seiner Arbeit. Ob er oder sie gut oder schlecht, viel oder wenig arbeiten, die Vergütung ist in der Regel gleich. Beim Erreichen der nächsthöheren Vergütungsstufe ist es selten die Beurteilung des Klientels/ des Kunden, die über die Qualität der Arbeit entscheidet [...]“[3]

Durch den Eintritt der Sozialpädagogen in die Freie Marktwirtschaft ist der erste Schritt zu einer Qualitätssteigerung der Sozialen Arbeit getan.

Auch sonst bringt die selbständig ausgeübte Sozialarbeit einige Vorteile mit sich:

- Niedrige Schwellenangst bei Klienten und damit frühzeitige Kontaktmöglichkeiten.
- Wahlmöglichkeiten unter verschiedenen Beratungsangeboten, analog der freien Arztwahl.
- Beitrag zum Abbau der langen Wartezeiten bei den vorhandenen Beratungsstellen.
- Erweiterung der ambulanten Hilfen (neben Ämtern und Trägern der freien Wohlfahrtspflege), die in der Regel billiger und unter Umständen wirkungsvoller als stationäre Hilfen sind.[4]

Es ist also durchaus ratsam, als Sozialpädagoge den Schritt in das Unternehmertum zu wagen. Soziale Dienstleistungen müssen sich am Markt etablieren.

5. Besonderheiten bei der Existenzgründung in der sozialen Dienstleistungslandschaft

„Soziale Berufe haben in ihrer selbständigen Ausprägung in den letzten Jahren erheblich zugenommen.“[1] Sozialpädagogen setzten Ihre selbständige Tätigkeit vor allem in der Therapie, in der Beratung und in der Sozialbetreuung ein. Bei Gründungen im sozialen Dienstleistungsbereich gibt es besondere Hürden zu überwinden, die in anderen Arbeitsfeldern weniger stark vorhanden sind. Diese sind unter anderem dadurch bedingt, daß eine Unternehmensgründung im sozialen Bereich ein noch mehr oder weniger unerforschtes Gebiet ist.

5.1. Schwierigkeiten bei der „sozialpädagogischen Gründung“

- Fehlende Markttransparenz

Wenn man sich als Sozialpädagoge mit dem Gedanken der Selbständigkeit angefreundet hat und es dann um die Umsetzung der Idee geht, wird man als erstes feststellen[2], daß es in diesem Bereich an Markttransparenz fehlt.

„Es ist wenig Marktübersicht über mögliche Handlungsfelder, Konzepte und andere Anbieter vorhanden, da die Thematik für den Sozialbereich noch neu ist. Daher fehlen Anregungen zur Nachahmung.“[3]

Man kann sich also kaum an bereits existierenden Gründerideen orientieren, sei es in Bezug auf die Idee, die Umsetzung oder den Erfolg.

- Fehlende Unternehmerkultur

Auch fehlt vielen Sozialpädagogen die Unternehmerkultur. Das „Helfersyndrom“ unter dem viele Pädagogen leiden, läßt sich nur schwer mit einem kalkulierten Gewinn vereinbaren. Das Denken und Handeln eines Unternehmers ist traditionell ein anderes als das des Sozialpädagogen. Außerdem werden die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse nicht im originären Studiengang vermittelt und fehlen somit häufig bei einer Existenzgründung im sozialen Bereich.

- Imageprobleme

Ein weiteres Problem einer Existenzgründung in der sozialen Arbeit sind die Imageprobleme, mit denen der Unternehmensgründer konfrontiert wird. Viele Banken weigern sich soziale Unternehmen zu unterstützen, da sie von fehlenden betriebswirtschaftlichen Grundlagen ausgehen.

Auch für die Kunden kann es schwierig sein, erstmals von den Anbietern der großen Wohlfahrtsverbände auf kleinere Anbieter umzusteigen. Vor allem aufgrund der Kostenunterschiede zwischen privaten und öffentlichen Anbietern muß ein Vertrauensverhältnis und die Einsicht aufgebaut werden, daß höhere Kosten durch höhere Qualität kompensiert werden.

- Unzureichende Existenzgründerberatung für die soziale Dienstleistung

Außerdem wird man Probleme haben, eine angemessene Existenzgründerberatung zu erhalten. Viele Beratungsstellen sind mit den besonderen Problematiken bei einer Existenzgründung im sozialen Bereich nicht vertraut. Es fehlt das spezifische Wissen sowie das Einfühlungsvermögen für die soziale Problematik. Vereinzelt gibt es Beratungsstellen für Existenzgründung, die sich auf den sozialen Bereich spezialisiert haben, aber diese sind schwierig zu finden.[4]

- Unterschreitung der Fördergrenze

Auch an Fördermittel heranzukommen, ist bei einer Existenzgründung in der Sozialen Arbeit schwierig.

Zum einen wird die Fördergrenze häufig unterschritten. Die Förderprogramme sind zum größten Teil nur auf höheren Kapitalbedarf ausgerichtet und das in der Sozialen Arbeit benötigte Grundkapital für Grundausstattung etc., erreicht die Fördergrenze von mindestens 5000,-DM unter Umständen nicht. Deshalb kommen Existenzgründer im sozialen Bereich oft nicht in den Genuß von Förderprogrammen.

Zum anderen werden oft nur Vollexistenzen finanziert. Für Sozialpädagogen ist es aber ratsam, sich erst nach und nach eine eigene Existenz aufzubauen, d.h., halbtags arbeiten und nebenher ein eigenes Gewerbe aufziehen.

„Die Niederlassung in einem sozialpädagogischen Berufsfeld ist in der Regel nicht ohne längere Übergangsphase möglich. Das bedeutet, daß über einen Zeitraum, der mehrere Jahre umfassen kann, andere Einnahmequellen zur Verfügung stehen müssen, in der Regel das Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung.“[5]

- Abhängigkeit vom Staat

Man muß sich als selbständiger Sozialpädagoge darüber bewußt sein, daß eine Abhängigkeit vom Staat besteht. Die Kunden sind häufig nicht liquide genug, die Dienstleistungen zu bezahlen, so daß man im sozialen Bereich auf staatliche Unterstützung angewiesen ist

- Zusammenarbeit mit mehreren Vertragspartnern

Eine weitere Besonderheit, bei einer Existenzgründung im sozialen Bereich ist die Zusammenarbeit mit mehreren Vertragspartnern. Neben der Kundschaft muß man auch mit den Geldgebern kooperieren, das sind z.B. öffentliche Auftraggeber, Krankenkassen o.ä. Man arbeitet sozusagen an mehreren Fronten.

- Fehlende Vernetzung

Was die Existenzgründung im sozialen Bereich ebenfalls erschwert, ist die fehlende Vernetzung unter den Sozialpädagogen. „Erst allmählich bilden sich verbandliche Unterstützungsstrukturen und professionelle Netzwerke heraus, z. B. durch den DBSH [Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik e.V.].“[6]

Alle diese Punkte sind charakteristisch für eine Existenzgründung im sozialen Dienstleistungsbereich und machen eine Gründung im sozialen Bereich problematischer. Aber auch diese Hürden sind überwindbar.

5.2. Frauen als Existenzgründerinnen

Rund ein Viertel aller Selbständigen sind Frauen, in Ostdeutschland sogar ein Drittel, und die Tendenz steigt. Der Frauenanteil der selbständigen Sozialpädagogen liegt wahrscheinlich höher. Das legt die hohe Frauenrate im Studium von ca. 70% nahe. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel auf die Besonderheiten eingegangen, die bei der Existenzgründung von Frauen zu erwarten sind.

Frauen haben bei Gründungen mit besonderen Problematiken zu kämpfen:

- Problem Familie

Ein altbekannter Hemmschuh für Gründerinnen ist die Familie. Wer sich selbständig macht, braucht die Unterstützung seiner Familie. Frauen sind auch heutzutage noch oft diejenigen, die sich um die Kinder und den Haushalt kümmern müssen. Somit ziehen sie in diesem Fall immer den kürzeren. Doch Pilotprojekte zeigen, daß es auch anders geht. In Berlin beispielsweise gibt es sogenannte „Gemeinschaftsgründungen“. In diesem Fall gründen mehrere Frauen gemeinsam ein Unternehmen oder arbeiten zumindest in gemeinsamen Büroräumen. Bei der Betreuung der Kinder wird abgewechselt oder eine Betreuung wird gemeinsam finanziert.[7]

- Problem Eigenkapital und Sicherheiten

Weitere Hindernisse bei der Gründung durch Frauen sind der Mangel an Eigenkapital und fehlenden Sicherheiten für Kredite. Sie sind für die Bank Hauptgrund, Kredite nicht zu bewilligen. Drei von fünf Frauen haben nicht mehr als 20. 000 DM Eigenmittel beim Start zur Verfügung. Gründe dafür sind oft das geringe Einkommen und die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner, in der noch immer viele Frauen leben.

- Problem Bankgespräch

Angemessenes Eigenkapital ist nur eine Voraussetzung, um einen Kredit von der Bank zu bekommen. Wichtig ist auch, daß das Konzept erfolgversprechend ist. Erfolgreich ist man nicht zuletzt dann, wenn das Bankgespräch gut verläuft. Die Gesprächspartner sind jedoch häufig Männer. Frauen haben somit einen besonders schweren Stand.[8]

Gründungsforscher haben festgestellt, daß sich Frauen und Männer in ihrem Verhalten bei den Gründungen unterscheiden. Viele Eigenschaften von Frauen erschweren einen erfolgreichen Start in die Existenzgründung.

Typisch für Frauen bei einer Gründung ist,[9]

- daß sie Existenzgründungen schrittweise vollziehen und somit weniger den herkömmlichen unternehmerischen Weg gehen, den Männer vollziehen.
- daß sie nicht so risikobereit sind, wie ihre männlichen Mitbewerber und auch ein geringeres Selbstvertrauen an den Tag legen. Durchsetzungsvermögen und Erfolgsorientierung fehlen bei Frauen häufig. Dazu kommt noch, daß sie oftmals weniger Praxiswissen in Betriebswirtschaft und Technik in eine Gründung mitbringen.
- daß sie mit Akzeptanzproblemen in einer männlich geprägten Wirtschaft konfrontiert werden. Um dieses zu ändern, müssen erst einmal Vorurteile aus dem Weg geräumt werden.
- daß sie weniger zur Kooperation mit anderen Firmen neigen und weniger in die Märkte integriert sind als Männer.
- daß sie weniger Beratungs- und Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen als Männer.

[...]


[1] Oberlander, W., Glahn, G., S. 17

[2] vgl. Scheibe-Jaeger, 1999, S. 60ff

[3] Scheibe-Jaeger, A., 1999, S. 60

[4] Kontaktadressen siehe Anhang

[5] Oberlander, W., Glahn, G., S. 36

[6] Scheibe-Jaeger, A., 1997, S. 60

[7] vgl. www.dta.de/noframes/presseclub/Infodienst/dta2-67s.html

[8] vgl. www.dta.de/noframes/presseclub/Infodienst/dta2-97s.html

[9] vgl. Oberlander, W., Glahn, G., S. 21

[1] Mai, B., Matschke, K.: Selbststänigkeit in der Sozialen Arbeit. Eine Chance in der berufliche Perspektive. Diplomarbeit, Fachhochschule Landshut, 1997, S. 1

[2] Winterscheid, J.: Selbständigkeit garantiert Qualität. In: Forum sozial, Eigenverlag des DBSH, Essen, 2000, Nr. 1, S. 18

[3] Winterscheid, J., 2000, S. 18

[4] Effinger, Körber: Sozialunternehmer, Freiberufler oder Bedienstete: Professionalisierung im Intermediären Bereich. In: Neue Praxis, Hermann Luchterhand Verlag GmbH, Neuwied, 1994, Nr. 1, S. 47

21 DBSH e.V. (Hrsg.): 200 000 in der Sozialen Arbeit. In: Forum sozial, Eigenverlag des DBSH, Essen, 2000, Heft 1, S. 6

22 vgl. DBSH e.V. (Hrsg.), 2000, S.6

23 vgl. Oberlander, W., Glahn, G.: SozialpädagogInnen als Existenzgründer. Eigenverlag des Instituts für Freie Berufe, Nürnberg, S.17

24 vgl. Schmidt, I.: „Aus der Not eine Tugend gemacht“ oder die Ära der freiberuflichen SozialpädagogInnen. Ein Leitfaden zur Existenzgründung von Sozialpädagogen. Diplomarbeit, Evangelische Fachhochschule Nürnberg, 1998, S. 10

25 vgl. Süddeutsche Zeitung (Hrsg.): IW-Studie: Zu wenig Existenzgründer in Deutschland. München, 21./22. Februar 1998, Nr. 43, S. 5

[26] vgl. Landesgewerbeanstalt Bayern (Hrsg.): Förderprogramme. Eigenverlag der LGA, Nürnberg, 1996, S. 2

[27] Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (Hrsg.): Information. Ich mache mich selbständig I. Eigenverlag der IHK, München, 1997, Band 2, S. 18

[28] siehe Kapitel 7.4.3. „Finanzierung sichern: Finanzierungsplanung“

[29] siehe Kapitel 7.4.3.3. „Förderprogramme und Fördermittel“

[30] vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (A) (Hrsg.): Wirtschaftliche Förderung. Hilfen für Investitionen und Innovationen. Eigenverlag des BWWi, Berlin, 1999, S. 20

[31] vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.): Gründerzeiten. Thema: „Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit“. Eigenverlag des BMWi, Berlin, 2000, Nr. 16, S. 4

[32] vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (A) (Hrsg.), 1999, S. 9

[33] Finanzminesterium (Hrsg.): Das Finanzamt und die Unternehmensgründer. Eigenverlag des Finanzministeriums Baden-Württemberg, Stuttgard, 1997, S. 25

[34] Kontaktadresse siehe Anhang

[35] Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Forschung und Kunst(Hrsg.):Bayerisches Förderprogramm zum leichteren Übergang in eine Existenzgründung (FLÜGGE). Eigenverlag des Bayerischen Staatsministerium, München, 2000, S. 2

[36] vgl. Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Forschung und Kunst (Hrsg.), 2000, S. 1-14

[37] Kontaktadresse siehe Anhang

[38] siehe Kapitel 10 „Die Struktur und Hauptelemente eines Unternehmenskonzeptes“

[39] Businessplan Wettbewerb Nordbayern (A) (Hrsg.): Bereit für den Wettbewerb? Von der Idee zum erfolgreichen Unternehmen. Steigen Sie jetzt ein. Eigenverlag des Businessplans Wettbewerb Nordbayern, Erlangen-Tennenlohe, 1999

[40] Businessplan Wettbewerb Nordbayern ‚(B) (Hrsg): Sonderausgabe: Hochschul-Gründer-Wettbewerb 2000: Ein überzeugender Beweis der neuen Gründerkultur. Eigenverlag des Buisnessplan Wettbewerb Nordbayern, Erlangen, 2000

[41] Kontaktadresse siehe Anhang

[42] Oberlander, W., Glahn, G., S. 55

[43] vgl. Scheibe-Jaeger, A.: Existenzgründung in der Sozialen Arbeit. Walhalla Verlag, Regensburg/Bonn, 1999, S. 129

[44] vgl. Oberlander, W., Glahn, G., S. 47f

[45] Einheitswert ist der nach der Besteuerung durch Vermögen-, Gewerbekapital, Grund-, Grunderwerb- und Erbschaftssteuer zugrunde zu legende Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, des Grundvermögens, der Betriebsgrundstücke und des Betriebsvermögens.

[46] Kotsch-Faßhauer, L.: Wie macht man sich selbständig? Rechtliche und praktische Hilfen zur Existenzgründung. 8. Auflage. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1997, S.47

[47] siehe Kapitel 11 „Rechtsformen“

[48] Scheibe-Jaeger, A., 1999, S. 87

[49] Quelle: Scheibe-Jaeger, A., 1999, S. 85

[50] Scheibe-Jaeger, A., 1999, S. 87

[51] Kotsch-Faßhauer, 1997, S. 58

[52] vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologiei (Hrsg.): Gründerzeiten: Ein weites Feld! Thema. „Steuern“. Eigenverlag des BMWi, Berlin, 1999, Nr. 34, S. 3

[53] vgl. Reiserer, K.: Endlich Schluß mit der „Scheinselbständigkeit“! Das neue Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit. In: Betriebs-Berater (BB), 55(2000), Heft 2, S. 94-98

[54] Bayerischer Industrie- und Handelskammertag (Hrsg.): Ich mache mich selbständig. Eigenverlag des IHKT, München, 1999, S.145

[55] siehe Kapitel 11 „Rechtsformen“

[56] vgl. http://www.dta.de/noframes/businessline/Euro/Begriffe/begriffe.html

[57] vgl. http://www.dta.de/businessline/Euro/Entwicklung/entwicklung.html

[1] Vgl. Wieseler, S.: Soziale Dienstleistung im 21. Jahrhundert: Rahmenbedingungen, Bedarfslagen, Zielgruppen. In: Jahrbuch der Sozialen Arbeit, Votum Verlag, Münster, 1998, S. 75-99

[2] Vgl. Dawkins R.: Das egoistische Gen. Rowohlt Verlag, Reinbeck bei Hamburg, 2. Auflage, 1996, S. 187

[3] Wieseler, S., 1998, S.76

[4] vgl. Sommer, B.: Entwicklung der Bevölkerung bis 2030. In: Wirtschaft und Statistik, Metzler Poeschel Verlag, Stuttgart, 1992, Heft 4, S. 222ff

[5] vgl. Wieseler, S., 1998, S. 80

[6] Wieseler, S., 1998, S. 79

[7] Wieseler, S., 1998, S. 79

[8] Ittlermann, P., Scharfenorth, K.: Soziale Arbeit in der Zukunft-Billigware oder Qualitätsdienstleistung? Herausforderung und Gestaltungsperspektiven in Kinderbetreuung Gesundheitsversorgung und Altenhilfe. In: WZN-Verbundprojekt „Zukunft der Arbeit“, IAT, Gelsenkirchen, 1996, Heft. 6, S. 29

[9] Mit dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes (BtG) zum 1. Januar 1992 wurden die Rechtsinstitute der Vormundschaft und der Pflegeschaft abgeschafft, und somit durch die Änderung des Paragraph 1836 Abs. 2 BGB die Grundlagen zur Schaffung einer selbständigen Existenz durch die Betreuung geschaffen.

[10] Bramer, A.: Neue Unternehmen der Sozialen Arbeit – Existenzgründung. Sozialarbeit mit eigener Praxis. In: Kongress-Reader, Fachmesse für Soziale Arbeit KölnMesse,Eigenverlag des Virtuellen Consult, Köln, 1999, S.32

[11] vgl. Sesselmann, W.: Die demographische Entwicklung Deutschlands – Risiken und Chancen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Eigenverlag der Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn, 1993, Heft 44, S. 3-15

[12] Ittlermann, P., Scharfenorth, K., 1996, S. 15

[13] Wieseler, S., 1998, S.92

[14] vgl.Weidenfeld W.: Gefangene im globalen Netzwerk. In: SZ am Wochenende, München, 31. Juli/ 1.August 1999, Nr. 174, S.3

[15] Die Entwicklung zu immer stärkerer Individualisierung, gleichbedeutend mit vergrößerten persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten, die das Phänomen der Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft allerdings nicht aufheben, erfolgt analog zum Verschwinden traditioneller gesellschaftlicher Strukturen. Reinhold, Dr. phil. G., Lamnek, Prof. Dr. S., Recher, Dr. H.: Soziologie-Lexikon. 3. Auflage, R. Oldenbourg Verlag, München, 1997, S. 287

[1] DBSH e.V. (Deutscher Berufsverband für Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Heilpädagogik)(Hrsg): Selbständigkeit in der sozialen Arbeit. In: Forum sozial, Eigenverlag des DBSH, Essen, 2000, Heft 1, S. 8

[2] z.B. Flügge Programm, Businessplan-Wettbewerbe

[3] DBSH e.V. (Hrsg): Selbständigkeit in der sozialen Arbeit. In: Forum sozial, Eigenverlag des DBSH, Essen, 2000, Heft 1, S. 7

[4] Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie C (Hrsg.): Workshop-Paket. Vor dem Start in die Selbständigkeit: gründlich informieren - intensiv planen, Eigenverlag des BMWi, Bonn, 1997, S. 6

[5] vorwiegend betriebswirtschaftliche Literatur

Ende der Leseprobe aus 232 Seiten

Details

Titel
Existenzgründung in der Sozialen Arbeit
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt
Note
2
Autoren
Jahr
2000
Seiten
232
Katalognummer
V35643
ISBN (eBook)
9783638354936
Dateigröße
1441 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Existenzgründung, Sozialen, Arbeit
Arbeit zitieren
Zoran Zivkovic (Autor:in)Eva Breutmann (Autor:in), 2000, Existenzgründung in der Sozialen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35643

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