Das Orakel von Delphi und seine Hintergründe

Geologischer Überblick und Betrachtung des Kultpersonals


Hausarbeit, 2016

14 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Lage und geologische Gegebenheiten
2.1. Zerstörung der Tempelanlage durch Naturereignisse

3. Der Omphalos und sein mythologischer Hintergrund

4. Das Kultpersonal – Die Diener des Orakels
4.1. Die Priester des Apollon
4.1.1. Priester in der hellenistischen Zeit
4.1.2. Generelle Anforderungen und Vorschriften von Priestern
4.2. Die Hosioi von Delphi
4.2.1. hosia
4.3. Die Prophetes
4.3.1. Die Pythia von Delphi
4.3.2. Die erste Pythia
4.3.3. Die Pythia im Wandel der Zeiten
4.3.4. Die Reihenfolge der Befragung

5. Schluss

6. Bibliographie
6.1. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der folgenden Niederschrift möchte ich zu Beginn einen geologischen Blickwinkel über das Delphische Orakel geben. Hierbei gilt es, sich einen groben Überblick darüber zu verschaffen, auf welch geologischen Grundelementen Delphi liegt, wie sich diese im Laufe der Zeit veränderten, wodurch Delphi resultierend Opfer von Naturkatastrophen wurde. Danach wird ein kurzer Aspekt über den mythischen Stein, der Omphalos, gegeben. Der größte Teil meiner Arbeit liegt in der Durchleuchtung des Orakelwesens. Hierbei möchte ich einen Überblick geben, welche Arten von Kultusbeamten es zur Zeit des Orakelwesens gab, welchen Aufgaben sie nachgingen und welche Rolle sie dabei einnahmen. Aufgrund der begrenzten Seitenanzahl ist es mir leider nicht möglich, etwas weiter in die Tiefe zu gehen, was mich veranlasst, nur einen groben, generellen Überblick über die Aufgaben, Tätigkeiten, Einflüsse in der Gesellschaft etc. der Kultusbeamten geben zu können.

2. Lage und geologische Gegebenheiten

Der Ort Delphi und seine Heiligtümer liegen auf rund 550 Meter Seehöhe über dem Tal des Pleistos, etwa auf halber Höhe der felsigen, schroffen Südflanke des Parnass. Die tiefen Schluchten und steilen Felswände in der zerklüfteten Region um Delphi leiden unter einer Verschiebung der Landmassen, Vulkanismus und Erdbeben. Form und Dramatik der Landschaft wurden über Jahrtausende von starken geologischen Kräften geformt.[1]

Und tatsächlich, aus geologischer Sicht gesehen liegt das delphische Orakel auf keinem guten Baugrund. Die Gründe dafür sind klar und ebenso unantastbar. Erstens bestehen die Felsen über dem Ort aus Schichten der unteren Kreide. Das bedeutet, dass sie durch einen generellen Bruch des Gesteins von den jüngeren, tiefer liegenden Schichten der oberen Kreide getrennt sind. Zweitens liegt die gesamte Terrasse des antiken Ortes auf Konglomerat oder Flysch über den Schichten der oberen Kreidekalke.[2]

Daher gilt es festzuhalten, dass aufgrund obiger Tatsachen die Konglomerate der Oberfläche allmählich auf wasserführenden Lagen abrutschen. Diese natürliche Bewegung des Gesteins führte im Laufe der Zeit zu einer deutlichen Ausbiegung der Bauten und immer wieder in Erscheinung tretenden Zerstörungen der Tempelanlage.[3]

2.1. Zerstörung der Tempelanlage durch Naturereignisse

Es ist daher nicht verwunderlich, dass Delphi, in speziellen im Bereich des Heiligtumes, mehrerer Felsstürze, Überschwemmungen und Erdrutsche zum Opfer wurde. Ruinen und andere archäologische Funde lassen erkennen, wie die Heiligtumsanlage in der Geschichte seit früher Zeit wuchs und wieder verfiel.[4]

Anbei seien zwei wichtige Daten angegeben, die zum einem Zerstörungen des Tempels mit sich brachten, zum Anderem aber auch zur Errichtung bedeutender Neubauten führte. Die erste Katastrophe war ein Brand des Tempels zwischen 548/47 v. Chr. Ein gewaltiger Felssturz im Jahre 373 v. Chr. vernichtete den nordwestlichen Teil des Tempels zur Gänze. Selbstredend reagierte die Bevölkerung und errichtete Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel den Ischegaon (529 v. Chr.), der die abgestürzten Massen im nördlichen Teil des Tempels auffing. Allerdings wurde der Tempel letztlich so schwer beschädigt, dass er nicht mehr zu retten war.[5] Immer wieder stattfindende Neubaumaßnahmen betrafen jedoch nicht nur den Tempel, sondern auch weitere Teile des Heiligtums: Der um 500 v.Chr. vollendete archaische Tempel war sehr viel stattlicher als sein 548/47 abgebrannter Vorgänger und erhielt eine monumentale Terrasse, in der die Reste früher Bauten verschwanden.[6] Neue Terrassierungen und das Theater entstanden nach dem Brand von 373 v. Chr.

3. Der Omphalos und sein mythologischer Hintergrund

Der Mythos erzählt, dass Zeus einst den Mittelpunkt der Erde festlegen wollte. Daher ließ er vom westlichen und östlichen Teil der Erde zwei Adler aufsteigen, welche einander zuflogen. Punkt genau trafen sie sich in Delphi und selbiger Punkt des Zusammentreffens wurde mit einem (eiförmigen) Stein, dem sogenannten „Omphalos“, markiert.[7] Ursprünglich aber diente ein solcher eiförmiger Stein zur Verehrung, da man ihm heilige, segenspendende Kräfte nachsagte. Diese Kräfte, welche aus der Erde kamen, erhoffte man sich durch Berührung mit selbigem Objekt zu erhalten. Es ist nicht zur Gänze bewiesen, ob denn der Omphalos von Delphi auch ein Orakelstein war, aber mythologisch – so erzählt sich die Geschichte – gehörte er zum Kult der Erdmutter Ga oder Gaia, welche noch vor Apollon in dieser Region verehrt wurde.[8]

4. Das Kultpersonal – Die Diener des Orakels

In allen Heiligtümern der Antike gab es eine gewisse Anzahl an Orakelbediensteten, welche einer diversen Rang- und Tätigkeitsordnung unterlagen. Einzelpersonen konnten diese Tätigkeiten alleine nicht ausüben. Jeder dieser „Bediensteten“ hatte sein eigenes Handlungs- und Aufgabenfeld. Daher wird im Folgenden ein kurzer Überblick über die (wichtigsten) Diener des Orakelwesens, im speziellen dem von Delphi, gegeben. Es dient dem generellen Überblick zum Orakelprozess an sich und soll veranschaulichen, welche Aufgaben und Handlungsfreiräume Diener des Orakels in Delphi hatten.

4.1. Die Priester des Apollon

Über das eigentliche Leben der Priester des Apollon und deren Verwaltung des Heiligtums gibt es nur spärliche Berichte. Grund dafür ist, dass die Priesterschaft in der gesamten Literatur bis zu den Schriften des Plutarchs nicht ein einziges Mal erwähnt wurde.[9]

Zu Zeiten Delphis war es üblich, dass die Bewohner in die Denkmäler des Heiligtums eine Abschrift der Sklavenbefreiungsurkunden eingravierten. Das bedeutete, dass der Sklavenherr seinen Sklaven an den Gott verkaufte. Die Struktur und Form dieser Gravierungen waren fiktive Kaufverträge zwischen Apollon, dem Käufer und dem Sklavenhalter als Verkäufer. Beaufsichtigt wurde dieser Kauf unter einem Bürgen und mehreren Zeugen, wobei aber immer die Priester des Apollon den Vorsitz bildeten.[10] Juristisch gesehen wurde der Freigelassene das Eigentum des Gottes, aber nicht sein Tempelsklave, wie man vermuten möge, sondern sein Schützling. Fortan war er ein freier Bürger, der von seinem Herrn nicht mehr abhängig war.[11] Die Urkunden sind mit den Namen der Priester datiert, nennen den Freilassenden sowie den Freigelassenen und die Zeugen des Vorgangs.[12]

4.1.1. Priester in der hellenistischen Zeit

Fest steht: In der hellenistischen Zeit bildete sich ein Priesterkollegium, welches sich aus zwei auf Lebenszeit gewählten Mitgliedern zusammensetzte.[13] Die Ernennung zweier Priester in der hellenistischen Zeit war charakteristisch und galt als üblich. Die in dieser Zeit verarmten Städte konnten die Unkosten ihrer Götterkulte nicht mehr selber tragen und wählten daher wohlhabende Personen als Priester, die vermögend genug waren, den Unterhalt der Tempel zu bestreiten. Die Priester an sich mussten den wohl größten Teil des Aufwandes aus ihrem Vermögen selbst bezahlen. Zu diesem Aufwand zählten u. a. Opfertiere, Weihrauch, Duftstoffe, das Öl für die Opferungen oder aber auch die Siegerpreise für Wettkämpfe.[14]

Aufzeichnungen aus dem Jahre 200 v. Chr. zufolge waren zu dieser Zeit Eukles und Xenon Priester. Ab dem Jahre 197 wurde Eukles durch Athambos ersetzt, welcher mit Xenon das Priesteramt ganze 18 Jahre ausübte. Nach 179 ist Amyntas der Kollege des Athambos. Im Jahre 169, nach achtundzwanzig jähriger Amtszeit, trat Athambos seinen Platz ab und Tarentinos folgte seinem Platz.[15]

Anhand dieses Beispiels sieht man, dass es zumindest immer einen Amtsältesten gab. Dieser Umstand erlaubte einerseits eine Art Priester-Hierarchie innerhalb des Kollegiums, da der Älteste gewöhnlich immer zuerst genannt wurde. Des Weiteren etablierte sich im Laufe der Zeit eine Priesterschaft, die Ihr Amt auf Lebenszeit ausübte.[16]

4.1.2. Generelle Anforderungen und Vorschriften von Priestern

Grundvoraussetzung zur Ausübung des Priesteramtes war die Pflicht ein unbescholtener und angesehener Bürger sowie frei von körperlichen Gebrechen zu sein. Es gab eine Menge an Anforderungen und Vorschriften, die Priester erfüllen mussten. So wurde zum Beispiel die Enthaltung von gewissen Speisen verlangt. Bekannt ist auch, dass der Verzehr von Fischen oder Käse teilweise bzw. zur Gänze verboten war.[17]

Erwähnenswert ist die Tatsache, dass solche Essvorschriften nicht immer nur den Priestern eines Tempels galten. Auch die Besucher der Orakelstätten mussten sich, wie zum Beispiel eine Inschrift aus Lindos auf Rhodos berichtet, dem Genuss von Linsen und Ziegenfleisch sowie Käse an den drei vorangegangen Tagen enthalten. Weiterer solcher Verbote bzw. Verordnungen gab es in Attika, welche das Verspreisen von Knoblauch und Schweinefleisch untersagt.[18]

[...]


[1] Vgl. MAASS, Das antike Delphi, Landschaft, Besucher und Umgebung, S. 21.

[2] Vgl. MAASS, Das antike Delphi, Landschaft, Besucher und Umgebung, S. 20-21.

[3] Vgl. MAASS, Das antike Delphi, Landschaft, Besucher und Umgebung, S. 21.

[4] Vgl. MAASS, Die griechische Welt. Erinnerungsorte der Antike, S. 63.

[5] Vgl. MAASS, Die griechische Welt. Erinnerungsorte der Antike, S. 63.

[6] Vgl. MAASS; Delphi <monumental>; Prozessionsstraße, Schatzhäuser, Tempel, S. 65.

[7] Vgl. GIEBEL, Das Orakel von Delphi, Geschichte und Texte, Reclam. S. 7.

[8] Vgl. GIEBEL, Das Orakel von Delphi, Geschichten und Texte, Reclam. S. 7 – 8.

[9] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 55.

[10] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 55 - 66.

[11] Vgl. SCHNABEL, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, S. 346.

[12] Vgl. MAASS, Das antike Delphi, S. 96.

[13] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 56.

[14] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 56.

[15] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 56.

[16] Vgl. ROUX, Delphi: Orakel und Kultstätten, Die Diener des Orakels, S. 55.

[17] Vgl. STENGEL, Die griechischen Kultusaltertümer, S. 37.

[18] Vgl. STENGEL, Die griechischen Kultusaltertümer, S. 38.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Orakel von Delphi und seine Hintergründe
Untertitel
Geologischer Überblick und Betrachtung des Kultpersonals
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V383237
ISBN (eBook)
9783668588431
ISBN (Buch)
9783668588448
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Omphalos, Orakelwesen
Arbeit zitieren
Gregor Wolfsberger (Autor:in), 2016, Das Orakel von Delphi und seine Hintergründe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383237

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