Einleitung
Kein anderer Bereich der Finanzierung hat sich in den letzten Jahren so rasant entwickelt, wie die Finanzierung von jungen schnellwachsenden Unternehmen über die Kapitalmärkte. Der Trend der vergangenen Jahre zeigt, daß parallel zum progressiven Anstieg der IPO`s1 an den Kapitalmärkten - insbesondere im Bereich der New Economy - Eigenkapitalfinanzierungen als Finanzierungsquelle für junge Unternehmen eine immer bedeutendere Rolle einnimmt. Das Finanzierungsinstrument „Venture Capital“ im folgenden VC genannt, stellt dabei eine entscheidende Alternative zur bankgestützten Fremdfinanzierung dar.
Das besondere an dieser Finanzierungsform ist die Kombination einer temporären Beteiligung von VC-Investoren an Firmenanteilen junger wachstumsstarker Unternehmen, sowie einer strategischen und operativen Unterstützung des Managements während des Beteiligungszeitraums. 2 Insbesondere Unternehmen aus der Bio-, Informations- und Kommunikationstechnologie in unternehmerischen Frühphasen (Early-Stage), aber auch bereits am Markt etablierte, kleinere bis mittlere Unternehmen in der Expansionsphase (Second-Stage), werden von VCGesellschaften (VCG) bevorzugt mit VC-Investitionsmitteln (VCI) ausgestattet.
Pioniere dieses Trends sind die in den USA ansässigen 600 VCG, die seit den 40er Jahren erfolgreich die 17 größten Unternehmen der Welt - gemessen an der Marktkapitalisierung - wie z.B. Intel, Microsoft oder Cisco Systems bei der Finanzierung mit VC unterstützt haben. So wurden allein im Jahr 2000 in den USA ca. 17 Milliarden US-Dollar an VCI für High-Tech- Unternehmen bereitgestellt.3
In Europa insbesondere in Deutschland, stellen seit Mitte der 90er Jahre eine Vielzahl von VCG, wie z.B. 3i Deutschland Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH4 oder die Atlas Venture GmbH5, innovativen Wachstumsunternehmen interessante Möglichkeiten zur Unternehmensfinanzierung mit VCI bereit.
Das investierte Beteiligungsvolumen von VCG in Deutschland betrug im Jahr 1998 ca. 4.5 Milliarden Euro (davon ca. 870 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln).6
Im folgenden wird ein Überblick über die bedeutendsten Finanzierungsformen mit VC für junge High-Tech-Unternehmen des Mittelstands aufgezeigt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
1.1 Definition
1.2 Finanzierungsanlässe und Problemlagen
1.3 Ziele des VC-Investors
2 Venture Capital
2.1 Finanzierungsphasen
2.2 Beteiligungsformen
2.3 Finanzierungmöglichkeiten mit VC
2.3.1 Informelles VC
2.3.2 Corporate VC
2.3.3 Institutionelles VC
3 Desinvestment / Exiting
4 Abschlußbetrachtung
5 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis:
1. Abbildung: Finanzierungsphasen
2. Abbildung: Beteiligungsformen
3. Abbildung: Funktionsprinzip von VC über Finanzintermediäre
1 Grundlagen
1.1 Definition
Für den Begriff VC gibt es in der Literatur eine Vielzahl von Definitionsansätzen.
So wird VC oft als Risiko-, Wagnis- oder Beteiligungskapital, in selteneren Fällen aber auch als Chancen- oder Wagniskapital übersetzt.7 Eine einheitliche Definition des Begriffs ist aufgrund unterschiedlicher Gewichtungsmöglichkeiten zwischen „Risiko“ bzw. „Chance“ schwierig. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) befürwortet dagegen die Übersetzung von VC als Beteiligungskapital.8
Zur Definition des Begriffs ,,mittelständische Unternehmen" kann die quantitative Bewertung gem. den Veröffentlichungen des ,,Instituts für Mittelstandsforschung Bonn" herangezogen werden. Die Veröffentlichungen besagen, daß ein Unternehmen mittlerer Größe zwischen 10 bis 499 Angestellte beschäftigt und einen Umsatz/Jahr von 1 bis 100 Mio. DM generiert. Im Jahre 1999 gab es in Deutschland ca. 3,2 Mio. mittelständische Unternehmen mit gut 20 Mio. Beschäftigten.9
1.2 Finanzierungsanlässe und Problemlagen
Eine Finanzierung mit VC-Investitionsmitteln kann in unternehmerischen Frühphasen zum Auf- bau des Unternehmens oder zur Entwicklung eines Produkts benötigt werden. In der kostenin- tensiven Phase des Start-Ups können die Gesellschafter jedoch oft kein haftendes Eigenkapital aufbringen. Zudem werden für Forschung und Entwicklung große Geldbeträge benötigt, ohne daß hierfür erforderliche Sicherheiten für die klassische, bankgestützte Form der Finanzierung existieren.
Unternehmen in der Expansions- bzw. Wachstumsphase werden mit ganz anderen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Vermögensgegenstände der Aktiva sind oft „nur“ geleased oder aus sonstigen Gründen nicht besicherbar.10 Die Form der Innenfinanzierung scheidet in den meisten Fällen aus, da ein starkes Umsatz- bzw. Ertragswachstum oft als Voraussetzung fehlt. Genau diese Finanzierungslücke („equity gap“) kann mit Hilfe von VC geschlossen werden. VC erweitert die Haftungsbasis des Unternehmens gegen unerwartete Ereignisse (Pufferfunktion), und kann einen positiven Effekt auf die Bonität und dem Image des Unternehmens durch finanzkräftige, bekannte Mitgesellschafter erzielen.11
Als besondere Finanzierungsanlässe sollen exemplarisch für Umstrukturierungsmaßnahmen von Unternehmen MBO bzw. MBI12 und Spin-Off13 (die Ausgliederung eines Unternehmensbe- reichs) genannt werden. Auf Finanzierungsformen für besondere Anlässe wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.
1.3 Ziele des VC-Investors
Primär ist ein VC-Investor daran interessiert durch eine mittelfristige Beteiligung an schnellwachsenden Unternehmen der High-Tech-Branche, innerhalb eines Zeitraums von 3-8 Jahren, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Das Interesse des VC-Investors liegt dabei nicht an laufenden Zinserträgen oder Gewinnausschüttungen, sondern am reinen Wertzuwachs des Unternehmens. Hierzu werden neben der Bereitstellung von Eigenkapital auch beratende und betreuende Managementfunktionen wahrgenommen.
Für den Verzicht auf Sicherheiten werden Renditen, teilweise bis zum Vierfachen eines Investments innerhalb von ca. 8 Jahren, erwartet.14 Die Realisierung des Gewinns (Desinvestment/Exiting) erfolgt typischerweise durch den Verkauf der Minderheitsbeteiligung des einzelnen VC-Investors an andere Unternehmen (trade sale), oder idealerweise über den Börsengang (going public) wodurch viel höhere Renditen erzielt werden können.15
2 Venture Capital
2.1 Finanzierungsphasen
Grundsätzlich ist zu jedem Zeitpunkt der Unternehmensphase eine Finanzierung mit VC möglich. Bei der Betrachtung des Finanzierungszeitpunkts geht man von einem Lebenszyklus des Unternehmens aus, die in typische Entwicklungsphasen unterteilt werden können. In Abbildung 1 werden diese Phasen verdeutlicht und den unterschiedlichen VCInvestorengruppen zugeordnet.16
Die Finanzierungsphasen werden eingeteilt in:
§ Early Stage (unternehmerische Frühphase, 1. Finanzierungsrunde),
§ Second-Stage (Wachstums- bzw. Expansionsphase, 2. Finanzierungsrunde)
§ Late-Stage (besondere Finanzierungsanlässe, 3. und folgende Finanzierungsrunden für z.B. Bridge17, MBO/MBI).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. ABBILDUNG: Finanzierungsphasen
2.2 Beteiligungsformen
In der Praxis sind die nachfolgend genannten Varianten einer Beteiligung bedeutsam:18
- Typische und atypische stille Beteiligung (indirekte Beteiligung)
ypisch: Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte des Investors, geringe oder keine Gewinnbeteiligung, Haftung auf Einlage beschränkt, Einnahme durch laufende Verzinsung Atypisch: Rechte wie bei typischer Beteiligung, allerdings Beteiligung am Gewinn und Wertzuwachs des Unternehmens
- Direkte Beteiligung
Investor wird durch die Beteiligung Mitunternehmer (Engste Form der Partnerschaft)
- Speziell: Mezzanine-Kapital
Die Form einer mezzaninen Finanzierung kann z.B. ein Nachrangdarlehen des Investors sein, daß bei einer Insolvenz mit Nachrang gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger versehen ist.
Abbildung 219 verdeutlicht die Zuordnung der VC-Arten zu den Beteiligungsformen, wobei die spezielle Form der mezzananinen Finanzierung nicht weiter berücksichtigt wird.
[...]
1 Initial Public Offering
2 Vgl. Kaminski, Ralf: Venture Capital, Spardorf 1988, S. 2 ff.
3 Vgl. Stadler,Wilfried: Venture Capital und Private Equity, Köln 2000, S. 43 ff.
4 http://www.3i.com, 17.03.02
5 http://www.munichnetwork.com, 01.04.2002
6 Vgl. Schefczyk, Michael: Finanzieren mit Venture Capital, Stuttgart 2000, S. 78
7 Vgl. Peter, Manfred: Venture Capital für Existenzgründer, Stuttgart 2001, S. 8 ff.
8 Vgl. Geigenberger, Isabel: Risikokapital für UnternehmensgründerMünchen 1999, S. 1
9 Institut für Mittelstandsforschung Bonn, http://www.ifm-bonn.de, 18.02.2002
10 z.B. wegen Factoring der Forderungen
11 Vgl. Nathius, Klaus: Grundlagen der Gründungsfinanzierung, Wiesbaden 2001, S. 67
12 Übernahmefinanzierung der Firmenanteile durch das vorhandene bzw. ein externes Management
13 Vgl. Weitnauer, Wolfgang:Handbuch Venture Capital, München 2000, S. 5
14 Vgl. Nathius, Klaus: Grundlagen der Gründungsfinanzierung, Wiesbaden 2001, S. 75
15 Desinvestment/Exiting siehe Kapitel 3
16 Vgl. Schefczyk, Michael: Finanzieren mit Venture Capital, Stuttgart 2000, S.24
17 Vorbereitung für den Börsengang
18 Vgl. Geigenberger, Isabel: Risikokapital für UnternehmensgründerMünchen 1999, S. 81
19 Vgl. Stadler,Wilfried: Venture Capital und Private Equity, Köln 2000, S. 64
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