McDonaldisierung als Verwirklichung der formalen Rationalität


Hausarbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Thema, Eingrenzung und Fragestellung
1.2 Methode
1.3 Forschungstand und Quellenlage

2. Vom Eisernen Käfig zur Fastfood Fabrik
2.1 Max Weber – Bürokratisierung
2.2 Frederick Winslow Taylor – Taylorismus
2.3 Henry Ford – Automatisierung
2.4 Georg Ritzer – McDonaldisierung

3. Formale Rationalität vs. McDonaldisierung
3.1 Effizienz
3.2 Vorhersehbarkeit
3.3 Berechenbarkeit
3.4 Kontrolle
3.5 Irrationalität der Rationalität

4. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Thema, Eingrenzung und Fragestellung

Im Rahmen dieser Hausarbeit soll die Frage geklärt werden, inwieweit Max Webers Ausführungen über die formale Rationalität mit George Ritzers Theorie der McDonaldisierung in Zusammenhang stehen. Um zu zeigen, dass die McDonaldisierung am derzeitigen Ende einer langen Reihe von sich immer neu an die Gesellschaft anpassenden Theorien steht, sollen zunächst exemplarisch die relevantesten Systementwürfe beleuchtet werden. Daran anschließend werden die Charakteristika Webers Bürokratiemodells und Ritzers McDonaldisierung in einem Vergleich gegenübergestellt und näher analysiert.

Da sowohl Webers als auch Ritzers Theorien sehr umfangreich sind, werden sich die Ausführungen auf die jeweiligen Kernaussagen beschränken und viele Randbereiche, Exkurse oder Praxisbezüge keine Berücksichtigung finden. Bei der historischen Herleitung wird zudem außer Webers und Ritzers Theorie nur der Taylorismus sowie der Fordismus dargelegt werden.

Überall in der Gesellschaft ist zu beobachten, das stark rationalisierte Unternehmen große Erfolge verzeichnen können. Vielfach wird dabei auf das Konzept des Franchisings zurückgegriffen. Auch fallen all jene Unternehmen durch bestimmte Gemeinsamkeiten auf: Schnelle Bedienung, strenge Vereinheitlichung, beschränkte Produktauswahl und hoher Wiedererkennungswert. Dieser als McDonaldisierung beschriebene Vorgang ist ein Symptom des ständig ausufernden Rationalisierungsprozesses in allen Teilen der Gesellschaft. George Ritzer bezeichnet die McDonaldisierung daher auch als gesellschaftliches Phänomen.[1] Gesamtgesellschaftliche Rationalisierungsprozesse sind indes nichts neues, beginnend mit Max Webers Beschreibungen über die Bürokratisierung werden solche Theorien nicht mehr nur als einzelne Phänomene, sondern als Systemtheorien gesehen. Es gilt nun zu prüfen, in wiefern die eben kurz umrissene McDonaldisierung eine neue, auf moderne Umstände und Entwicklungen zurückzuführende Erscheinung ist oder ob ihrer Wurzeln tiefer reichen und sie sich aus der Bürokratie heraus entwickelt hat und vielleicht nichts weiter als eine bürokratisierte Wirtschaft verkörpert.

1.2 Methode

Im ersten Teil der Hausarbeit werden zunächst die vier in den weiteren Ausführungen aufgegriffenen Theorien in ihren wesentlichen Aussagen beschrieben. Dabei wurden die vielen Gemeinsamkeiten, die diese Theorien aufweisen zugunsten einer detaillierten Darstellung der jeweiligen Unterschiede und Neuerungen in den Hintergrund gestellt.

Im darauf folgenden zweiten Teil werden die Charakteristika der Theorien Webers und Ritzers in einheitliche Kategorien eingeordnet und miteinander verglichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede darstellen zu können.

1.3 Forschungstand und Quellenlage

Max Weber ist wohl einer der wissenschaftlich anerkanntesten Soziologen. Durch Webers außerordentlich umfangreichen schriftlichen Nachlass und die zahlreichen Nachdrucke und überarbeiteten Auflagen seiner Werke existiert ein so umfangreiches Angebot an Primärliteratur, dass es für einzig beschreibende Sekundärliteratur wenig Bedarf gibt. Diese findet ihre Berechtigung in Überblickswerken und stark ins Detail gehenden spezialisierten Ausführungen. Da Weber sehr breite soziologische Grundlagen zu vielen Themenbereichen gelegt hat, finden sich Verweise auf seine Arbeit auch in aktuellen Zeitschriften und Monographien. Webers Werk selbst entzieht sich allerdings jeder kritischen Bearbeitung und gilt quasi unverändert als Stand der Dinge. Einzelne Themenbereiche seiner Arbeit dienen in aktuellen Forschungen durchaus als Ausgangsposition. Einen Aspekt Webers Werkes, die formale Rationalität, diente George Ritzer als Basis zur Entwicklung seiner McDonaldisierungs-These, zu der neben den Basiswerken auch erweiternde Primärliteratur verfügbar ist.[2]

2. Vom Eisernen Käfig zur Fastfood Fabrik

Die Analyse einer Systemtheorien kann Aufschluss darüber geben, welche gesellschaftlichen Verhältnisse der entsprechende Wissenschaftler als besonders wichtige und strukturbestimmende klassifiziert. Die Deutung einer möglichen Entwicklung kann nur auf der Bewertung der momentanen Situation erfolgen. So kann im Umkehrschluss durch die rückblickende Betrachtung einer Theorie auch ein Rückschluss auf die jeweiligen Umstände ihrer Entstehung geschlossen werden. Eine Einordnung in den historischen Kontext wird dadurch möglich.

2.1 Max Weber – Bürokratisierung

Was verbirgt sich hinter dem Begriff der Bürokratie? Über „[...] die für die Entwicklung des Kapitalismus unentbehrliche Berechenbarkeit des Funktionierens staatlicher Ordnung, [...]“[3] spricht Max Weber und beschreibt in ihrem Ausmaß eine ganz besondere Form der Rationalität, die einzig in der westlichen Welt zu finden ist und ihre Anfänge bereits im ausgehenden Mittelalter sucht.[4] Diese Sonderform der Rationalität, die als formale Rationalität[5] bezeichnet wird, sticht besonders dadurch hervor, das sie sich zwar aus dem sogenannten freien Kapitalismus heraus entwickelt, denselben aber mittels „Durchstaatlichung [...], allgemeiner Durchkartellierung, Standardisierung und Verbeamtung der Wirtschaft“[6] seiner Wurzeln, wie etwa der Gütermarktfreiheit, Unternehmungsfreiheit und der Arbeitsmarktfreiheit, zugunsten einer gesteigerten Effektivität beraubt.[7] Formale Rationalität soll den Menschen wegführen von dem mehr oder weniger zufallsgesteuerten Ausprobieren einer Vorgehensweise, hin zu einem Repertoire an einsetzbaren, werkzeugartigen Verhaltensweisen, bei deren korrekter Anwendung jeder ein möglichst optimales Ergebnis erreicht. Wesentliche Leistung des Handelnden soll nun nicht mehr die Entdeckung neuer Mechanismen zur Erreichung eines bestimmten Ziels, sondern vielmehr die korrekte Wahl und ordnungsgemäße Ausführung einer bereits vorhandenen und als effektiv befundenen Verhaltensweise sein. Der einstmals freie Markt verfestigt sich in einem Geflecht von Regeln und Vorschriften, die kreative Einzellösungen zu Gunsten von standardisierten, möglichst effektiven Vorgehensweisen verhindern. Es wird vom „eisernen Zeitalter“[8], dem eisernen Käfig gesprochen.

Bürokratie stellt den Höhepunkt des formalen Rationalismus dar, die Übertragung der Grundsätze des formalen Rationalismus auf den Staatsapparat. Auf die vielen Vorteile, die Weber in der Bürokratie gerade auch im Vergleich mit anderen Mechanismen sah, und auf die ebenso darzustellenden Nachteile soll später eingegangen werden.

2.2 Frederick Winslow Taylor – Taylorismus

"Das >>Taylor-System<< in seiner Ganzheit stellt den Versuch einer systematischen und wissenschaftlichen Betriebsorganisation dar, auf das sich heutige Managementtheorien und Systeme der Betriebswirtschaftslehre in vielem noch stützen."[9]
Ziel des Systems ist es hierbei, die Arbeitsleistung ohne wesentliche Steigerung der Belastung für den einzelnen Arbeiter zu erhöhen.
Dabei setzt Taylor auf zwei Prinzipien der wissenschaftlichen Betriebsführung. Zum einen, dass Management und Arbeiter sich um Harmonie untereinander bemühen, und zum anderen, dass "das Vertrauen beider Seiten auf eine neue Wissenschaft, welche die Erfordernisse und Bedingungen der Arbeitstätigkeit unparteiisch und unzweifelbar festlegt".[10] Um aber den vollen Einsatz des Arbeiters und damit die maximale Arbeitskraft des Einzelnen zu erhalten, muss ihm in Taylors System ein Anreiz gegeben werden, z.B. eine bessere Vergütung. Die Verwirklichung des Taylorismus oder ähnlichen Auffassungen löste um 1900 die zweite industrielle Revolution in Amerika und Europa aus.

Der zentrale Grundsatz des Taylorismus ist die Produktivkraftsteigerung. Diese soll erreicht werden durch Auswahl der Arbeiter nach physischer und psychischer Eignung. Taylor versuchte außerdem jede Arbeitstätigkeit anhand von Bewegungs- und Zeitstudien auf die jeweils effektivste Weise ausführen zu lassen.

"Auf Grund eines wissenschaftlichen Studiums wählen sie die passendsten Leute aus, schulen sie, lehren sie und bilden sie weiter, anstatt, wie früher, den Arbeitern selbst die Wahl ihrer Tätigkeit und ihre Weiterbildung zu überlassen."[11] Grund für die bereits erwähnten Bewegungs- und Zeitstudien war, dass Taylor eine Leistungssteigerung erreichen wollte, ohne dem Arbeiter körperlichen Schaden zuzufügen. Nachteil ist, dass die Arbeit auf eine stereotype Folge von Bewegungen reduziert wird und der Mensch, der diese ausführt, keine Entscheidungsfreiheit mehr besitzt.

Der Taylorismus kann also als die Projektion der Grundsätze des formalen Rationalismus in die Arbeitswelt verstanden werden.

2.3 Henry Ford – Automatisierung

"Der Fordismus ist, in wenigen Worten, ein auf Massenproduktion und Massenkonsum basierendes Modell der Kapitalakkumulation"[12]

Fordismus bedient sich des Taylorismus um die Arbeit zu organisieren, geht letztlich aber in seinem Anspruch auf Rationalität noch weiter. Die Produktion eines Automobils durch die Verwendung eines Fließbandes als Arbeitstakt vorgebendes Mittel ermöglichte Ford komplexe Arbeitsschritte in mehrere, einfach auszuführende Einzelschritte zu zerlegen. Diese Einzelschritte können dann mit maximaler Effektivität und ohne lange Lernphase auch von ungelernten Arbeitern ausgeführt werden, die sich nur auf diesen einzelnen Arbeitsgang spezialisieren.

Einer der Schwerpunkte Fords war außerdem die Schaffung eines Absatzmarktes der hergestellten Produkte durch selbst geförderte Nachfrage. So erhöhte er das Lohnniveau der Arbeiter um so die Voraussetzung für einen Massenkonsum zu schaffen. Jeder Arbeiter sollte in der Lage sein, sich das hergestellte Produkt kaufen zu können.

Für die spätere Betrachtung wird das von Ford praktizierte System des self-sourcing interessant. Hierbei handelt es sich um die Einverleibung aller wichtigen Zulieferungsbetriebe in den Mutterkonzern mit dem Vorteil, den Rohstoffnachschub selbst kontrollieren zu können.[13]

Letztendlich degradierte die von Ford so forcierte Fließbandarbeit den Arbeiter durch die einfache, monotone, vom Zeittakt des Fließbands kontrollierte Arbeit vom Menschen zum maschinenähnlichen Produktionsmittel, ein Vorgang, der im Zuge der Entmenschlichung der Arbeit[14] später noch besprochen werden soll.

[...]


[1] Ritzer, Georg: Die McDonaldisierung der Gesellschaft. Frankfurt, 1995. Seite 8.

[2] Ritzer, George: The McDonaldization Thesis. Explorations and Extensions. London, 1998.

[3] Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft: Grundriss der verstehenden Soziologie. Tübingen, 51976. Seite 643.

[4] Ebd. Seite 639.

[5] Ebd. Seite 44 ff..

[6] Weber, Max: Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik. Tübingen, 21988. Seite 511.

[7] Weber: Wirtschaft. Seite 94.

[8] Weber, Max: Abriß der universalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Berlin, 51991

[9] Volpert, Walter, in :F.W. Taylor: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung. Weinheim, 1995. Seite 11.

[10] Volpert in Taylor: Grundsätze. Seite 12.

[11] Taylor: Grundsätze. Seite 38.

[12] Jessop, Bob: Der Wohlfahrtsstaat im Übergang vom Fordismus zum Postfordismus. In: Prokla 1986, 16. Jg. Heft 65. Seite 12.

[13] Hughes, Thomas P.: Die Erfindung Amerikas. Der technologische Aufstieg der USA seit 1870. München, 1991. Seite 214.

[14] Ritzer: McDonaldisierung. Seite 54.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
McDonaldisierung als Verwirklichung der formalen Rationalität
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Professur für Erziehungssoziologie unter besonderer Berücksichtigung der Sozialisationstheorie)
Veranstaltung
Einführung in das Werk Max Webers
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V44912
ISBN (eBook)
9783638424158
ISBN (Buch)
9783638843379
Dateigröße
438 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
George Ritzer stellt mit seiner These der "McDonaldisierung der Gesellschaft" die Behauptung auf, das sich die Prinzipien des Fast-Food Restaurants in viele Gesellschaftsbereiche ausbreiten. Um zu prüfen, inwieweit diese These auf Max Webers Verständnis von formaler Rationalität fußt, wird zunächst Bürokratie, Taylorismus, Fordismus und McDonaldisierung als Systemtheorie beschrieben. Anschließend werden markante Kennzeichen von McDonaldisierung und form. Rationalität miteinander verglichen.
Schlagworte
McDonaldisierung, Verwirklichung, Rationalität, Einführung, Werk, Webers
Arbeit zitieren
Michael Witzel (Autor:in), 2005, McDonaldisierung als Verwirklichung der formalen Rationalität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44912

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