Organisation und organisatorischer Wandel, Risiko, Chance oder Ausweg?


Studienarbeit, 2004

58 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Organisation
2.1 Begriff der Organisation
2.1.1 Der tätigkeitsorientierte Organisationsbegriff
2.1.2 Der instrumentelle Organisationsbegriff
2.1.3 Zum institutionellen Organisationsbegriff
2.1.4 Synthese der unterschiedlichen Organisationsbegriffe
2.2 Zur Aufgabenstellung der Organisation: was heißt „organisieren“?
2.3 Organisatorische Differenzierung und Integration

3 Gründe für den gebotenen organisatorischen Wandel
3.1 Ursachen des Wandels, Einflussgrößen der Organisation (Gestaltung)
3.1.1 Umwelt
3.1.2 Technologie
3.1.3 Lebenszyklus
3.1.4 Menschen
3.2 Ansätze zur Erkenntnis der Wandlungsnotwendigkeit
3.2.1 Die Fit-Hypothese
3.2.2 Turbulenzen in der Wirklichkeit, Irritation als Ausgangspunkt zum Wandel
3.2.3 Idealtypische Herausforderungen einer Organisation im Wandel, Interventionsmodelle

4 Geplanter Wandel
4.1 Reorganisation
4.2 Organisationsentwicklung
4.3 Change Management

5 Ungeplanter Wandel
5.1 Organisatorisches Lernen
5.2 Wissensmanagement

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Substitutionsprinzip der Organisation nach Gutenberg

Abbildung 2: Wandel als Veränderung vom Ist zum Soll-Zustand

Abbildung 3: Pragmatische Information in Abhängigkeit von Erstmaligkeit und Bestätigung

Abbildung 4: Häufigkeit von Routine- und Irritationsereignissen in einer Unternehmung-in-Optimierung und in einer Unternehmung-in- Erneuerung

Abbildung 5: Modell systemorientierter organisationaler Herausforderung

Abbildung 6: Problemursachen bei Reorganisationsprozessen

Abbildung 7: Ziele der Reorganisationsmaßnahmen

Abbildung 8: Wachstumsmodell

Abbildung 9: Zyklus des vollständigen Wahlverhaltens

Abbildung 10: Anpassungslernen (Single-Loop-Learning)

Abbildung 11: Reflexives lernen (Double-Loop-Learning)

Abbildung 12: Prozesslernen (Deutro-Learning)

Abbildung 13: Vier Arten der Wissenserzeugung /-transformation

1 Einleitung

Ziel dieser Arbeit ist es, die Thematik der Organisation und den organisatorischen Wandel einerseits in Beziehung zu setzen, andererseits jeden dieser Aspekte darzustellen und zu erläutern. Hierbei soll zunächst aufgezeigt werden, was dem Begriff Organisation zugrunde liegt und welche verschiedenen Ansichten/Theorien und Erkenntnisse es zu dieser Thematik in Literatur und Schrifttum gibt.

Hiervon ausgehend wird dann auf den Vorgang des Organisierens näher eingegangen. Dabei soll dargestellt werden, auf welche Arten und mit welchen Zielsetzungen organisiert wird. Zudem wird erklärt, welche Chancen und Risiken, aber auch ergänzende Probleme hierbei auftreten können.

Im dritten Teil der Arbeit wird untersucht, durch welche Faktoren Organisationen beeinflusst werden. Hieraus werden dann Gründe und Motivationen für die Wandlungsnotwendigkeit von Organisationen dargestellt und abgeleitet. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie und woran Organisationen Fehler und organisatorische Schwachstellen bei Berücksichtigung der bekannten Methodenlehre erkennen können und der damit verbundenen Notwendigkeit zur Einleitung eines organisatorischen Wandels. Es werden zudem schon relevante, bekannte Lösungsansätze und Problemstellungen aufgezeigt und thematisiert, die bei diesen Prozessen auftreten können.

Im vierten Kapitel wird auf den geplanten Wandel eingegangen. Hierbei werden die wichtigsten Theorie-Ansätze vorgestellt und auch ergänzend auf Praxisrelevanz unter- sucht.

Das fünfte Kapitel setzt sich mit dem ungeplanten Wandel auseinander. Die besondere thematische Gewichtung liegt hierbei auf den Theorien zur Überwindung des unterbrochenen Gleichgewichts. Die Chancen des Organisatorischen Lernens werden ergänzend, trotz der erkennbaren Komplexität, in besonderer Weise untersucht und wegen des Sachzusammenhangs ausführlich erläutert.

In der Schlussbetrachtung soll die erfolgte inhaltliche Darstellung reflektiert und bewertet werden. In einem Resümee werden die aufgezeigten Chancen und Risken des organisatorischen Wandels gegeneinander abgewogen und nochmals die Notwendigkeit zur Herbeiführung eines Wandels von Organisationen aufgezeigt.

2 Organisation

2.1 Begriff der Organisation

Um ein Verständnis für die Thematik der Studienarbeit, sprich Organisation und organisatorischer Wandel zu finden, ist es notwendig, den Begriff der Organisation zunächst zu erläutern.

In der Literatur findet hierbei eine Differenzierung des Organisationsbegriffes in folgende drei Kategorien statt:

- Tätigkeitsorientierter Organisationsbegriff
- Instrumenteller Organisationsbegriff
- Institutionelle Organisationsbegriff

Nachfolgend werden nun diese drei Begriffe kurz erklärt:

2.1.1 Der tätigkeitsorientierte Organisationsbegriff

Der tätigkeitsorientierte Organisationsbegriff wird allgemein wie folgt definiert : “ Organi- sation ist eine Tätigkeit bzw. ein Prozess, durch welche(n) Ordnung entsteht. “ 1. Hier- durch wird beispielsweise festgelegt, wann, wer und wo eine bestimmte Aufgabe erle- digt werden soll. Diese Vorgaben werden als das zielorientierte Strukturieren von ganzheitlichen Ordnungen durch bestimmte Personen verstanden. Als Grundlage hier- für steht den Organisationsmitgliedern eine verbindliche Ordnung zur Verfügung, wel- che zuvor in einem rationalen Denkprozess zielorientiert entworfen worden ist. Diese Vorgaben werden dann von den Organisationsmitgliedern übernommen.2 Eine Erweite- rung des reinen organisatorischen Handelns besteht darin, dass u.a. auch greifbare Organisationsauswirkungen in Form von Aktionsträgern oder Faktoren, wie z.B. Perso- nal, Maschinen und Büroeinrichtungen zusätzlich berücksichtigt werden. Man spricht dann häufig auch vom faktoriellen Organisationsbegriff.3

Problematisch ist hierbei, dass die Organisationsmitglieder die häufig vorgegebenen Regelungen und Vorgaben ignorieren, unterlaufen und durch eigene Maßstäbe erset- zen. Daher ist es wichtig, dass die Ordnung einer Organisation nicht nur von Organisa- toren als rationalen Prozess entworfen und bestimmt wird. Es ist darüber hinaus uner- lässlich, die Organisationsmitglieder so zu motivieren, dass sie die ihnen zugeteilte

Aufgabe auch erfüllen. Demnach umfasst die Ordnungsgestaltung neben der Fremdorganisation auch die Selbstorganisation durch die Organisationsmitglieder.4

2.1.2 Der instrumentelle Organisationsbegriff

Der instrumentelle Organisationsbegriff kann wie folgend definiert werden: “ Organisati- on ist das dauerhafte Regelsystem, das ein Unternehmen hat, welches zielorientiert als Führungsinstrument eingesetzt wird “.5 Diese Aussage bedeutet, dass auf der Basis der traditionellen Fremdorganisation mit der Festlegung der Organisationsart ein rational geschaffenes Instrument zur Erreichung der Unternehmensziele eingesetzt werden kann. Über ein dauerhaftes Regelsystem soll die Aufgabenteilung, die Abstimmung zwischen den Teilaufgaben, die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen und die Unter- und Überordnung verbindlich und relativ dauerhaft festlegt werden.6 So kann das System der instrumentellen Organisation auch als eine Art Rollenerwartung ver- standen werden. Dies lässt sich in der Personalpraxis z.B. bei der wechselseitigen Be- ziehung zwischen der Verkäufer- und der Personalchefrolle verdeutlichen. Denn zu- nächst wird von dem Personalchef erwartet, dass er die richtigen Auswahltechniken und Kriterien zur Bereitstellung und künftigen Beschäftigung von „guten Verkäufern“ entwickelt. Vom Verkäufer wird hingegen erwartet, dass er die „sachlich gerechtfertig- ten“ Anfragen der Personalabteilung hierzu hinreichend beantwortet7, damit an der Meinungsbildung und Profilfindung seines möglicherweise eigenen Beschäftigungsfel- des entscheidend mitwirkt.

Dies impliziert die Prämisse, dass einerseits bekannt ist, welche Ziele das Unterneh- men verfolgt und andererseits, welche Organisation ein geeignetes Instrument zur Er- reichung dieser Ziele ist. Problematisch ist hierbei, dass häufig davon ausgegangen wird, dass Organisationsmitglieder ebenfalls uneingeschränkt das Unternehmensziel verfolgen und so die aufgestellten Regeln anstandslos und sogar „uneigennützig“ ü- bernehmen bzw. umsetzen.8 Denn sehr häufig sind nicht alle organisationalen Erwar- tungen vollkommen betriebsintern abgestimmt, geschweige denn verträglich mit den vorhandenen/anzutreffenden sozialen Rollenerwartungen. Nicht selten äußert sich dies in Berichten und Feststellungen, dass durch Rollenkonflikte es zur Überladung der je- weiligen Position wegen den vorhandenen Rollenerwartungen kommt. Der Konflikt zwi- schen instrumentellen und sozialen Rollenerwartungen zeigt sich beispielsweise bei der Thematik der Überstunden, die vom Unternehmer/Betriebsinhaber meist ganz an- ders gesehen wird als vom Rollenträger ten/Mitarbeitern).9

2.1.3 Zum institutionellen Organisationsbegriff

Der Institutionelle Organisationsbegriff kann wie folgt definiert werden: “Eine Organisation ist eine bestimmte Art von Institution“.10

Dem institutionellen Organisationsbegriff (häufig auch als aktioneller Organisationsbeg- riff bezeichnet) liegt die Vorstellung zugrunde, dass viele Aktionszusammenhänge in Betrieben die Eigenschaft der „Organisationseinheit“ gemeinsam haben und sie aus diesem Grund als Organisation(en) bezeichnet werden können. Es handelt sich dann um organisierte Sozialsysteme. Die organisatorischen Elemente solcher Sozialsysteme sind gewisse Strukturierungen- und Ordnungsmaßnahmen oder Regeln zur Steuerung des Verhaltens. Dies wird in vergleichbaren Sozialsystemen (z.B. Handlungssystemen) dann als „organisiert“ bezeichnet, falls und soweit das Handeln ihrer Teilnehmer durch die Vorstellung planvoll voneinander abgegrenzter und aufeinander bezogener Hand- lungseinheiten bestimmt ist.11

Annähernd analog kann hierbei der Begriff der Institution verstanden werden, denn allgemein sind diese Institutionen Regelwerke oder Normenbündel, deren Verbindlich- keit im besten Falle auch sozial anerkannt wird und sie zudem eine gewisse Stabilität aufweisen. Demnach bringt eine Institution u.a. Ordnung in alltägliche Tätigkeiten und Betriebsabläufe, lenkt unmittelbar oder zumindest mittelbar das individuelle Verhalten der betroffenen Mitarbeiter dadurch, dass sie vorschreibt welche Handlungen erlaubt, gewünscht, vorgegeben oder sogar gänzlich untersagt sind. Die Hauptmerkmale einer Institution zur Organisation bestehen darin, dass sie über Personen und Spielregeln verfügt, wobei man zwischen Mitgliedern und Außenstehenden aufgrund von betriebs- internen Vorgaben und Beschränkungen/Grenzen zusätzlich unterscheiden kann, die Mitglieder der Organisation gemeinsame Zwecke oder Ziele verfolgen, soweit und die- se entweder vorsätzlich geschaffen worden sind oder über die Zeit von selbst entstan- den sind,12 z.B. über eine erkennbare betriebliche Übung.

Hierbei ist es logisch, dass widersprüchliche Erwartungen im Unternehmen existieren können, dass neben förmlichen auch „informelle“ Vorstellungen bestehen, so dass so- gar grundsätzlich das Geschehen und Wirken nicht allein von Erwartungen gesteuert wird. Hier liegen u.a. auch die Probleme des institutionellen Organisationsbegriffes.13

2.1.4 Synthese der unterschiedlichen Organisationsbegriffe

Die Darstellung der bisherigen Organisationsbegriffe zeigte deutlich, dass jeder Begriff und dessen Definition Merkmale enthält, die für sich gesehen und in der Gesamtwürdi- gung zutreffend sind. Unter einer Zusammenfassung dieser verschiedenen Begrifflich- keiten ist Folgendes zu verstehen: „Organisation ist eine Institution, in der eine Gruppe von Personen (die Organisationsmitglieder) ein Regelsystem geschaffen hat, um ge- meinsame Ziel zu verfolgen, in welcher Ordnung aber auch von selbst entstehen kann.“14.

Da eine Unternehmung alle diese Merkmale aufweist, spricht man deshalb von einer Organisation. Sowohl der institutionelle Organisationsbegriff ist in dieser Definition ent- halten und erkennbar, als auch Merkmale des instrumentellen Organisationsverständ- nis. Dies erklärt sich u.a. auch dadurch, dass eine Unternehmung zugleich eine zielori- entierte geschaffene, auf Dauer angelegte Struktur (Regelsystem) hat. Diese Sicht- und Betrachtungsweise steht zurzeit im Vordergrund der betriebswirtschaftlichen Or- ganisationsforschung, da in ihr nach effektiven und effizienten praxisorientierten Orga- nisationsmodellen gesucht wird. Wie bereits erwähnt, ist der Aspekt stets zu berück- sichtigen, dass eine Unternehmung einer Institution aus Einzelpersonen besteht und diese die ihnen zugeteilten Aufgaben auch erfüllen wollen. Der tätigkeitsorientierte Or- ganisationsbegriff findet sich darin wieder, dass auf Dauer angelegte Regelsysteme durch Organisation entstehen. Zu beachten ist hierbei ergänzend, dass nicht nur die Vorstellung eines Organisators, welcher in einem rationalen Entscheidungsprozess die optimale Struktur des Unternehmen schaffen und herbeiführen soll, existiert. Vielmehr gibt es daneben auch noch eine von den Organisationsmitgliedern geschaffene oder selbstständig entstandene Ordnung, die sog. autonome und autogene Selbstorganisa- tion.15

2.2 Zur Aufgabenstellung der Organisation: was heißt „organisieren“?

Die Frage nach den Aufgaben der Organisation und des Organisierens kann unter- schiedlich aufgefasst und beantwortet werden. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen den Kernfragen: Was ist zu tun, wen/wer soll organisiert werden und welches Ziel soll durch die Organisationstätigkeit erreicht werden. Zudem liegen Organisation als zielorientierte Tätigkeit bzw. ein instrumentelles Organisationsverständnis zugrun- de.

Versteht man Organisation als Strukturtechnik, so ist es die Aufgabe, dass ein Unter- nehmen seine Organisation so gestaltet, dass die Sachaufgaben möglichst wirtschaft- lich erfüllt werden können. Demnach versteht man also unter Organisationsstruktur (oder Strukturtechnik) eine durch Regeln geschaffene Ordnungsstruktur.16 Diese dau- erhaften Regelungen sollen gewährleisten, dass ein effizienter Aufgabenvollzug im betrieblichen Interesse sichergestellt wird. Demnach werden Gesamtaufgeben in Teil- aufgaben und Arbeitsvorgängen zerlegt, diese Elemente werden dann nach bestimm- ten Merkmalen zusammengefasst. Dadurch können dann beachtliche Aufgabenkom- plexe gebildet werden, dies zur Übertragung auf die Aufgabenträger. So wird von den zentralen Organisationsaufgaben im „Aufgabenerfüllungssystem“ im Unternehmen dies als Aufgabenbildung, Aufgabenverteilung und Koordination definiert und bezeichnet.17 Das Ergebnis des planvollen Organisierens lässt sich dann in einem grafischen Bau- plan, dem Organigramm, darstellen.

Das Problem an dieser Art der Organisation und des Organisierens liegt jedoch darin, dass man sich möglicherweise bei diesen Prozessen wegen der Auswirkungen auf die betroffenen Menschen in dem Unternehmen nicht genügend Gedanken macht. Diese Regeln schränken im Regelfall durchaus den Handlungsspielraum des einzelnen Or- ganisationsmitglied deutlich ein, so dass man behaupten kann, dass je mehr Regeln geschaffen werden, um so mehr der Leistungsprozess und seine Steuerung entindivi- dualisiert wird. Denn neben den organisatorischen Regeln, die offiziell gültig eingeführt wurden, die sog. formalen Regeln, existieren auch zahlreiche informale Regeln. Dies sind Regeln, die spontan aus dem Handeln entstanden sind und sich im betrieblichen Alltag beim Arbeitsvollzug bereits bewährt haben. Diese Regeln werden von den Orga- nisationsmitgliedern somit angewandt, ohne dass diese jemals von einer Stelle/einem betrieblichen Entscheidungsträger etc. eingeführt oder verbindlich vorgegeben worden sind. Dies sollte neben dem Prozess der rationalen Fremdorganisation beachtet, er- gänzt und als selbstorganisierender Prozess verstanden und zielorientiert kanalisiert werden.18

Demnach muss neben der reinen Strukturtechnik auch die Rolle der Organisationsmit- glieder und die Würdigung ihres Tätigkeitsbereichs stets mitbeachtet werden. Denn wie bereits erwähnt, haben diese eigene Interessen, Gefühle und Wahrnehmungen und sind nicht nur, wie dies in der Strukturtechnik gesehen und gewürdigt wird, abstrakte Aufgabenträger.

Die reine Strukturtechnik muss daher erweitert werden, da das vom Unternehmen für die Organisation festgelegte Ziel von den Aufgabenträgern sonst nicht problemlos akzeptiert und umgesetzt werden kann.

Zudem gehen realitätsnähere Modelle von Konflikten zwischen den Zielen der Organi- sation und denen der Mitglieder regelmäßig aus. Die Organisationsmitglieder sollten, damit sie die Organisationsziele letztendlich erfolgreich verfolgen, direkt motiviert, ge- steuert und diszipliniert werden. Neben dem Sachbezug muss der Verhaltensbezug für eine sinnvolle und wirtschaftlich erfolgreiche Organisationsgestaltung ergänzend berücksichtig werden.19

Des Weiteren gilt es zu beachten, dass neben der Einführung endgültiger Strukturen, auch, wie später noch im Einzelnen dargestellt, die Erkenntnis wahrgenommen werden muss, dass ein Unternehmen sich in einem dynamisch stetig verändernden Umfeld befindet. Deshalb ist es auch die Aufgabe der Organisationsgestaltung den „organisatorischen Wandel“ zuzulassen. Demnach ist sicherzustellen, dass die Entwicklungsfähigkeit der Unternehmung gesichert werden muss und den Prozess des organisatorischen Wandels zuzulassen und zu gestalten.20

Sinnvoll ist es zudem, von den grundsätzlich generell vorgesehenen Regelungen auf eine fallweise Regelung zu „wechseln“. Dies wird dann in der Literatur oft nicht als reine Organisationsaufgabe, sondern als dispositive Maßnahme verstanden und so auch tituliert und fällt demnach unter die Managementfunktion „Führung“. Unter fallweiser Regelung versteht man die auf den einzelnen Geschäftsvorfall bezogene individuelle Anordnung. Es kann z.B. dann sinnvoll und wirtschaftlich sein, von generellen Regelungen auf fallweise Regelungen zu „variieren“, wenn sich absehen lässt, dass sich Vorgänge nicht in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen.

Ansonsten würde das Unternehmen Gefahr laufen, ein Problem oder Geschäftsvorfall falsch zu lösen, da die vorhandenen unternehmerischen Verfahren zur Lösung der Aufgaben meist auf eine andere, eben nicht einschlägige Situation zugeschnitten sind. Deshalb gilt es zu beachten, dass durch das Organisieren dies nicht zum Effekt des Überorganisierens führt, so dass Tatbestände einer generellen Regelung unterworfen werden, die dem Grunde nach dazu nicht geeignet sind.

Demnach muss somit in einem Betrieb/Unternehmen es verstanden werden, dass die organisatorischen generellen Regelungen in einem kontinuierlichen Effizienzwettbewerb mit einer spontan zu bestimmenden Maßnahme stehen müssen .21

Die nachfolgende Grafik zeigt anschaulich das Verhältnis zwischen Über- und Unterorganisation auf:

Abbildung 1: Substitutionsprinzip der Organisation nach Gutenberg22

Neben der Entscheidung, was nun fallweise oder generell geregelt werden muss, um auch langfristig hierdurch das Überleben eines Unternehmens zu sichern, muss die vorhandene oder künftige Organisation zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung sozi- aler Systeme beitragen und ist deshalb (auch) als eine echte Management-Aufgabe und damit verbundene Herausforderung für die Führungskräfte zu verstehen.23

2.3 Organisatorische Differenzierung und Integration

In der Organisationsgestaltung existiert das Dualproblem zwischen organisatorischer Differenzierung und organisatorischer Integration. Um dies nachvollziehen zu können, wie man eine Organisation optimal danach „ausrichtet“, ist zunächst eine Klärung und Erläuterung der beiden Begriffe notwendig. Unter der organisatorischen Integration wird die Arbeitsvereinigung, unter der organisatorischen Differenzierung die Arbeitstei- lung verstanden.

Die organisatorische Differenzierung hat hierbei zum Inhalt, dass man möglichst sinn- voll, wirtschaftlich und praktisch umsetzbar eine Aufgabe teilt und diese den einzelnen Organisationsmitgliedern zuweist. Da die für ein Unternehmen zu bewerkstelligen Auf- gaben häufig zu umfangreich und komplex sind, müssen diese von mehreren Perso- nen gemeinsam bewältigt werden. Versucht man hingegen eine Lösung nur in formaler Weise zu erreichen, so führt dies häufig zu einem differenzierten Strukturgefüge, des- sen Ausrichtung wesentlich von der Spezialisierung der Stelle oder Abteilung ab- hängt.24

Die bekannteste Systematik zur organisatorischen Verteilung der Aktivitäten wird an- hand der Aufgabe selbst gebildet, die erledigt werden soll. Hierbei wird häufig die von Kosiolsche Aufgaben- bzw. Arbeitsanalyse angewandt. Dieses Schema zeichnet sich vor allem durch seine große Anschaulichkeit und praktische Relevanz aus, da die Or- ganisationsstruktur mittels gebräuchlicher Begriffe wie Rang oder Sachgehalt die Auf- gabe beschreibt.25 Kritisch kann hierbei noch ergänzend angemerkt werden, dass die hierbei zur Anwendung kommenden allgemeinen Kriterien (z.B. die des Ranges) nicht hinreichend klar und ihre Anwendung möglicherweise unsystematisch bzw. selektiv erscheinen. Auch ist die Aufgabenanalyse oft zu statisch angelegt, häufig wird die Ana- lytik schon mit einer im Hintergrund vorgestellten Organisationsstruktur betrieben.26 Andere, neuere Ansätze beinhalten eine vollständige Zerlegung der Gesamtaufgabe in Elementaraufgaben und stellen auch wesentlich verschiedene Merkmale der Aufgabe in den Vordergrund, orientieren sich somit an den Aufgaben- und Entscheidungsanaly- sen. An der Problematik einer gestaltungsorientierten Aufgabenanalyse ändert sich leider auch hierdurch kaum etwas. Eine gebotene Trennung zwischen Organisation und Aufgabe ist praktisch nicht möglich, da jede Aufgabe nicht abstrakt, sondern nur in einem Leistungsprozess einmündet, welcher zumindest ein wenig Organisation vor- aussetzt. Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass in der betriebli- chen Organisationspraxis diese kritischen Überlegungen bisher relativ wenig Anklang finden, sie sich somit nach wie vor an der klassischen Aufgabenanalyse, mit ggf. nach- folgend dargestellten Änderungen/Ergänzungen, orientiert.

Die bekanntesten und häufig zur Anwendung kommenden Formen der organisatorischen Arbeitsteilung sollen kurz, dies anhand ihrer Merkmale und erkennbaren Vorund Nachteile, dargestellt werden:

- Funktionale Organisation:
- Merkmale: Verrichtungsprinzip (eindimensionale Spezialisierung nach Funktio- nen), Einlinienprinzip, Zentralisation,
- Vorteile: Spezialisierung, eindeutige und nachvollziehbare Zuständigkeiten,
- Nachteile: Mangelnde Gesamtsicht in den Funktionsbereichen, Überlastung der Unternehmensspitze,
- Divisionale Organisation :
- Eindimensionale Spezialisierung nach Objekten, Mehrliniensystem durch Zent- ralabteilung, Dezentralisation durch Center-Konzepte;
- Vorteile: Marktnähe und Flexibilität, Motivation und unternehmerisches Denken, Entlastung der Unternehmensspitze.
- Nachteile: Spartenegoismus, Parallelarbeit und Verzicht auf Größenvorteile, Vervielfachung hoher Führungspositionen.
- Matrixorganisation:
- Merkmale: Mehrdimensionale Spezialisierung nach Funktionen und Objekten, Mehrliniensystem, Dezentralisation durch Selbstbestimmung;
- Vorteile: Willensbildung durch Gruppen führt zu kreativen und abgestimmten Entscheidungen, Sachkompetenz wird betont.
- Nachteile: Gefahrenpotential durch Konflikte und mögliche betriebsinterne Machtkämpfe, unklare Zuständigkeiten, hohe Komplexität und damit anfallende Kosten.

Ergänzend hinzuweisen ist darauf, dass die Matrixorganisation nicht zwingend zu den Formen der organisatorischen Arbeitsteilung bzw. der organisatorischen Differenzierung gehört, vielmehr kann diese Form der Organisation auch der Form der Arbeitsvereinigung bzw. Integration zugerechnet werden. Dies u.a. deshalb, weil sie häufig ein über hohes Maß an Selbstorganisation verfügt.27

Wie eingangs bereits erwähnt, ist unter der organisatorischen Integration die Arbeits- vereinigung zu verstehen, doch was bedeutet das, warum wird die Integration als ein so wichtiger Aspekt des Organisierens gesehen? Dies setzt für das Verständnis zu- nächst voraus, dass man sich den unternehmerischen Leistungsprozess bzw. Fluss in seiner Komplexität vorstellt, d.h. dass eine Aufgabe so geteilt und/oder verteilt wird, dass diese von vielen verschiedenen Personen, Stellen und Abteilungen verrich- tet/ausgeführt werden kann. Aber bereits hier stellt sich sehr schnell die Problematik, dass alle separaten „Teile“ im Sinne des Leistungsflusses bzw. der Leistungseinheit wieder zusammengeführt werden müssen. Dies bedeutet, dass nach einer Festlegung dahingehend, wer, was, woran und womit machen soll, der Vollzug der Aufgabe ent- scheidende Bedeutung erlangt, d.h. die Umsetzung der gestellten Aufgabe in den Griff zu bekommen. Das Dilemma, das Spannungsverhältnis von Differenzierung und Integ- ration zeigt sich hierbei recht deutlich. In der Literatur wird zwar häufig dann auch von Aufbau- und Ablauforganisation gesprochen, oft ist damit dasselbe gemeint, jedoch sind diese Ansichten nicht unumstritten.28. Grundsätzlich lässt sich daher feststellen, dass diese Antagonisten in einem immer stärkeren Verhältnis stehen, je weiter und tiefer die Arbeitsteilung konkret geregelt ist. Gerade in Unternehmen/Betrieben mit er- heblicher Größe zeigt sich dieser Konflikt immer stärker und die Problematik der Ar- beitsvereinigung überwiegt nicht selten gegenüber der Arbeitsteilung.29

Als weiteres Problem muss auch der Gedanke der Orientierung der auseinanderdrif- tenden Personen in bzw. an den Stellen und Abteilungen gesehen werden. Dies ergibt sich daraus, dass einerseits häufig jede organisatorische Einheit ihre eigenen Teilziele hat und dies nicht unbedingt in abgestimmter Weise mit den anderen vorhandenen Abteilungen oder dem unternehmerischen Gesamtziel übereinstimmen muss, es dann oft deshalb zu Konflikten kommt. Andererseits können auch Kommunikationsprobleme zwischen den einzelnen Abteilungen, Stellen, Sparten und weiteren Untergliederun- gen/Einheiten auftreten. Denn nicht selten findet zwischen ihnen kein oder nur ein sehr spärlicher, meist unvollständiger und/oder nicht verständlicher, kaum nachvollziehbarer Informationsaustausch statt, da jeder für sich in seiner für den anderen Mitarbeiter möglicherweise unverständlichen Fachsprache („Fachchinesisch“) nur betriebsintern kommuniziert. Die beschriebenen Probleme sind häufig daher das Resultat einer zu starken organisatorischen Differenzierung.

Um derartigen Entwicklungen entgegen wirken zu können, stehen der Organisation bzw. dem verantwortlichen Management die Instrumente der Hierarchie, Programmvorgaben/Pläne und die Selbstbestimmungsregeln zur Verfügung, um damit die Problematik der notwendigen organisatorischen Integration in den „Griff“ zu bekommen. Nachfolgend werden nur kurz die Schwerpunkte dargestellt, um einen Überblick zur denkbaren Konfliktlösung geben zu können. Auf die Bedeutung der Selbstbestimmungsregeln bzw. organisatorischen Selbstorganisation wird später wegen des Sachzusammenhangs noch ausführlicher eingegangen.30

Instrumente der Unternehmensteuerung zur Bewältigung der Integrationsprobleme sind vorrangig:

- Hierarchie:31
- Merkmale: Persönliche Anweisung durch Vorgesetzte (es wird oft über eine vorgegebene Instanz geregelt, wem die Person, Stelle, Abteilung usw. unter- stellt ist), Einliniensystem, Mehrliniensystem (Spezialisierungsprinzip).
- Vorteile: Konfliktlösung durch vorhandene betriebliche Instanzen, One man/One Boss, Kompetenzvermittlung und Abgrenzungsmöglichkeiten, Karrieremöglich- keiten, klare nachvollziehbare Regelungen, Anerkennung durch gesellschaftli- chen und organisatorischen Status.
- Nachteile: Überlastung der Instanzen, hohe Kosten für Beherrschungs- und Überwachungapparat, Akzeptanz-Probleme bei Angestellten, da „Demokratie- defizite“, schlechte Wandlungsfähigkeit der Organisation im Wettbewerb wegen möglicherweise damit zu eingefahrener Strukturen.
- Programme/Pläne:32

[...]


1 Bea/Göbel (2002), S. 3.

2 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 2.

3 Vgl. Remer (1989), S. 4.

4 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 3.

5 Bea/Göbel (2002), S. 4.

6 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 4.

7 Vgl. Remer (1989), S. 2-3.

8 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 4.

9 Vgl. Remer (1989), S. 4. (z.B. den betroffenen Angestell-

10 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 4.

11 Vgl. Remer (1989), S. 1-2.

12 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 4-5.

13 Vgl. Remer (1989), S. 3-4.

14 Bea/Göbel (2002), S. 5.

15 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 5-6.

16 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 403.

17 Vgl. Fx. Bea/ E. Göbel (2002), S. 8-9.

18 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 403.

19 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 10-11.

20 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 11.

21 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 405.

22 Abbildung entnommen aus: Steinmann/ Schreyögg (2002), S. 404.

23 Vgl. Bea/Göbel (2002), S. 11-12.

24 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 405

25 Vgl. Remer (1989), S. 14-15.

26 Vgl. Remer (1989), S.14-15, Steinmann/Schreyögg (2002), S. 407.

27 Vgl. Knight (1988), S. 83 ff..

28 Vgl. Remer (1989), S. 56, Bea/Göbel (2002), S. 290-291.

29 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 417-418.

30 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 417-418.

31 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 419-422, North (2002), S. 95, Bea/Göbel (2002), S. 129 ff..

32 Vgl. Steinmann/Schreyögg (2002), S. 423-425.

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Organisation und organisatorischer Wandel, Risiko, Chance oder Ausweg?
Hochschule
Hochschule der Medien Stuttgart  (Fachbereich Information und Kommunikation)
Veranstaltung
Studienarbeit im Management
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
58
Katalognummer
V45890
ISBN (eBook)
9783638432160
Dateigröße
1065 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit stellt kurz die Organisationen dar. Dann werden Wandlungsgründe beschrieben sowie Theorien zum Erkennen von Wandlungsnotwendigkeiten. Danach werden Theorien zum geplanten und ungeplanten Wandel beschrieben.
Schlagworte
Organisation, Wandel, Risiko, Chance, Ausweg, Studienarbeit, Management
Arbeit zitieren
Martin Geckle (Autor:in), 2004, Organisation und organisatorischer Wandel, Risiko, Chance oder Ausweg?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45890

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