Heiner Müllers Philoktet


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Heiner Müller – Biographie

2 Heiner Müllers „Philoktet“
2.2 Müllers „Philoktet“ und die sophokleische Vorlage
2.2.1 Neoptolemos
2.2.2 Odysseus
2.2.3 Philoktet
2.3 Die Identitätslosigkeit Philoktets

3 Schmerz und Schrei – der Bezug auf Laokoon

4 Die politische Deutung von Heiner Müllers „Philoktet“

5 Zusammenfassung

6 Literaturverzeichnis

1 Heiner Müller – Biographie

Heiner Müller wurde am 9. Januar 1929 in Eppendorf in Sachsen geboren. Welch grausame Formen „Politik“ erlangen kann, musste er schon früh erfahren, als sein Vater – bekennender Sozialist – 1933 von der SA verhaftet und bis 1937 in ein KZ interniert wurde. Müller selbst wurde kurz vor dem Abitur 1945 in den „Volkssturm“ berufen, geriet aber schnell in Gefangenschaft. Das Abitur konnte er 1949 nachholen.

Bevor Müller 1959 als freischaffender Autor zu wirken begann, arbeitete er als Journalist (bei den Blättern „Sonntag“ und „Neue deutsche Literatur“), wissenschaftlicher Angestellter (beim „Deutschen Schriftsteller Verband“ und im „Maxim – Gorki – Theater“ in Berlin) und als Redakteur (Zeitschrift „Junge Kunst“).

1958 werden die ersten Stücke, „Der Lohndrücker“ und „Die Korrektur“, uraufgeführt.

Zwar war Müller bereits 1947 in die SED eingetreten, doch die weiteren Stücke der sechziger Jahre wurden immer systemkritischer, so dass er 1961 schon aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen wird. Die Aufführungen seiner in der DDR verbotenen Stücke finden in den USA oder Westdeutschland statt.

Erst 1988, nachdem Müller unter anderem den Georg – Büchner – Preis und den „Nationalpreis 1. Klasse“ des AdK Westberlin verliehen bekommen hatte, wurde er in den Schriftstellerverband wieder aufgenommen.

Nach der Wende arbeitete Müller hauptsächlich als Regisseur; erst am „Deutschen Theater“ in Berlin, später als Intendant des „Berliner Ensembles“.

Am 30. Dezember 1995 stirbt Heiner Müller an einem Krebsleiden.

2 Heiner Müllers „Philoktet“

Heiner Müllers „Philoktet“ entstand in den frühen 60ger Jahren des 20. Jahrhunderts (nach eigenen Angaben zwischen 1958 und 1964[1] ). Zu eben dieser Zeit stieß der Autor zunehmend auf Widerstand der SED Regierung, weshalb er sich antiken Stoffen[2] zuwandte, um die Aussagen seiner Werke zu tarnen; so zumindest die Erklärungsversuche westdeutscher Rezipienten.

Die Rahmenhandlung gestaltet Müller ähnlich der antiken Tragödie von Sophokles: Der Kampf um Troja hat nach bald zehn Jahren und unzähligen Opfern noch immer kein Ende gefunden. Als auch noch die Truppen des Philoktet zu desertieren drohen, scheint es kaum noch einen Ausweg zu geben. Die einzige Möglichkeit, den Kampf siegreich zu beenden, sehen die Achaier im unfehlbaren Bogen Philoktets. Dieser wurde jedoch vor Jahren schon durch Odysseus’ List auf der unbewohnten Insel Lemnos ausgesetzt. Grund war eine schwärende, niemals heilende Wunde, durch einen Schlangenbiss verursacht. Unerträglicher Gestank und ein beständiges Brüllen Philoktets ob der Schmerzen waren die Folgen.

Da auf Philoktet und dessen Bogen aber alle Hoffnungen ruhen, wird Odysseus, der Listenreiche, ausgesandt, den Feldherrn mit dem unfehlbaren Bogen aus der Verbannung zurück zu holen. Neoptolemos, Sohn des Achilles, wird als Begleiter gewählt. Sowohl Neoptolemos, als auch Philoktet, hassen Odysseus; der eine, weil ihm die Waffen und die Rüstung des getöteten Vaters vorenthalten wurden, der andere, weil er auf Odysseus’ Geheiß ausgesetzt worden war.

Müllers Stück beginnt wie das des Sophokles mit der Ankunft auf der Insel Lemnos. Neoptolemos folgt Odysseus nur widerstrebend – die Pflicht, seinem Volk zu dienen und zu helfen, ist der einzige Grund, weshalb er sich auf den Plan des Listenreichen einlässt: Neoptolemos soll sich das Vertrauen Philoktets erschleichen, indem er sich als Feind des Odysseus ausgibt. Hat er dieses Vertrauen, muß der Bogen entwendet werden, denn nur ohne diese Waffe kann Philoktet überwältigt und auf das Schiff nach Troja gezwungen werden.

2.2 Müllers „Philoktet“ und die sophokleische Vorlage

Müllers „Philoktet“ basiert auf einem Drama des Sophokles, der Tragödie „Philoktetes“. Auf den ersten Blick scheint Müller äußerlich wenig verändert zu haben. Die Figurenkonstellation entspricht der Vorlage – der Chor – in der griechischen Tragödie unverzichtbar – wurde jedoch weggelassen, ebenso die Nebenfigur des Kaufmannes. Aber der zentrale Konflikt, der im „Philoktetes“ geschildert wird, ist ähnlich gehalten.

Erst gegen Ende des Stücks weicht Müller von der Vorlage ab. Der harmonische Ausgang bei Sophokles wird durch das Erscheinen Herakles’ als „deus ex machina“ gestaltet. Kurz zuvor noch scheint das Vorhaben des Odysseus zu scheitern, da dessen Überredungskunst nicht zum Ziele führt; vielmehr kehrt sich nun auch Neoptolemos auf Philoktets Seite, um mit diesem dem Krieg endgültig den Rücken zu kehren und nach Hause zu segeln:

Ph.: „[…] Geleit mich ohne Säumen / Zur Heimat. Rede nicht von Troja mehr! / Ich hab’ genug geklagt um seinetwillen.

Neop.: „Gehen wir denn, wenn du es wünschest.[3]

Das Auftreten Herakles’ beendet diese „Kriegsflucht“ – alle drei Protagonisten kehren auf ihr Schiff zurück und fahren gen Troja.

Müller jedoch, von Brechts Thesen geprägt[4], eliminiert das göttlich – mystische Element. Keine höhere Macht erscheint, um das scheinbar Unausweichliche zu vermeiden. Philoktet muß sich selbst zwischen den beiden einzigen Wegen entscheiden: Entweder seinem abgrundtiefen Hass gegen alles Griechische, ja gegen alles Menschliche freien Lauf zu lassen; oder aber die Hilfe dieser Gemeinschaft – und er braucht diese Hilfe, will er endlich Lemnos verlassen! – anzunehmen. Kein Weg aber ist ohne Opfer begehbar. Das Problem wird, nach Wieghaus, barbarisch gelöst, konsequent nach der „vorgeschichtlichen“ Maxime: „Wer nicht zum Morden bereit ist, der wird ermordet.“[5]

Neoptolemos ist diejenige Figur, welche bei Müller dem sophokleischen Pendant noch am nächsten kommt. Odysseus und Philoktet jedoch weichen in Charakter und Verhalten stark von ihren antiken Vorbildern ab, wie im weiteren Verlauf dieser Arbeit gezeigt werden soll.

[...]


[1] BASUS Bd. 10, S. 145; in: Pamperrien, S. 94

[2] Wie z.B. Herakles und Horatier

[3] Sophokles, Philoktet, S. 56 f

[4] vgl. Brechts Thesen anlässlich seiner Antigone - Bearbeitung

[5] Wieghaus, Heiner Müller, S. 57

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Heiner Müllers Philoktet
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V46663
ISBN (eBook)
9783638438087
Dateigröße
524 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heiner, Müllers, Philoktet
Arbeit zitieren
Heiko Wenzel (Autor:in), 2005, Heiner Müllers Philoktet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46663

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