Das Sozialverhalten von Mädchen und Jungen


Praktikumsbericht / -arbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Gruppe

3. Mädchen vs. Jungen – ein Geschlechterkampf?

4. Das Außenseitertum

5. Unterstützendes Verhalten

6. Das Spiel

7. Ärgern und Zurechweisen
7.1. Sanktionsprozesse unter Kindern

8. Körperliche Berührungen und Intimität

9. Schlussteil

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ferienlager bieten für Kinder und Jugendliche einmalige Gelegenheiten, einmal völlig aus ihrem Alltag heraus zu brechen, zu toben, nicht immer ihr Zimmer aufzuräumen und vor allem neue Freunde zu finden! Meist tauen die Kinder komplett auf und zeigen ein ganz anderes Gesicht als zu Hause.

Daher denke ich, dass jedes Kind einmal die Chance nutzen und in ein Ferienlager fahren sollte.

Da es mich schon immer fasziniert hat, mit vielen fremden Kindern meine Freizeit zu verbringen, zwischen ihnen zu vermitteln und diverse Probleme zu klären, habe ich mich in diesem Frühjahr entschlossen, eine Ausbildung als Betreuer zu absolvieren. Daraufhin hatte ich in den Sommerferien sofort die Möglichkeit, mit Hilfe eines erfahrenen Teamleiters einen „Durchgang“ für die Fahrt an den Störitzsee in Brandenburg zu bekommen.

Als wenn man es gut mit mir als Anfänger meinte, hielt sich die Teilnehmerzahl in Grenzen. Wir zwei Betreuer hatten einen Durchgang mit vier Mädchen und 16 Jungen – fast wie eine große Familie…

Bevor die Kinder anreisten musste geklärt werden, wer mit wem in ein Zimmer kommt und wie wir die Gruppe einteilen. Dies war eine Herausforderung für uns, da die jüngsten Jungs erst sieben Jahre alt waren – die ältesten bereits zwölf. Die vier Mädchen vertraten die Altersspanne von neun bis elf.

Außerdem reiste kaum ein Kind allein an und fast jedes hatte einen Wunsch, mit wem es sein Zimmer teilen wollte.

Doch jedes Problem lässt sich lösen und schon bald kamen die Eltern mit ihren Kindern, die Teilnehmerpässe wurden kontrolliert, beinahe jede Mutter gab uns Hinweise, welche „Besonderheiten“ ihr Kind habe und was wir beachten müssten.

Doch irgendwann fuhr auch das letzte Elternteil fort und das Ferienlager konnte beginnen…

In dieser Woche hatte ich die Gelegenheit, die Kinder einmal aus einer völlig anderen Perspektive zu beobachten bzw. sogar mit ihnen gemeinsam zu leben. Das bot mir die Möglichkeit, deren Sozialverhalten in der Freizeit etwas mehr verstehen zu lernen. In diesem Bericht möchte ich mich vorwiegend auf die Gruppengemeinschaft, die Geschlechterproblematik und das Verhalten untereinander konzentrieren.

Bei meinen Quellenangaben habe ich mich am „Kurzleitfaden für wissenschaftliche Arbeiten“ von Link, Schmitt und Tosch orientiert.

2. Die Gruppe

„Der tägliche Eindruck ist deutlich und erscheint eindeutig: Kinder und Jugendliche treten in Gruppen auf. Man sieht sie überall zusammen, und die wenigen Kinder, die wir als einzelne entdecken, fallen uns auf“ (Krappmann/Oswald 1995, S.43).

Die Wissenschaft folgt diesem Eindruck, indem sie die zugehörigen Bezeichnungen der Alltagssprache wie Gruppe, Clique, Band im Begriff ‚Peer-group’, ‚Gruppe der Gleichaltrigen’ zusammenfaßt. Gemeint ist damit ein Zusammenschluß von annähernd Gleichaltrigen, der von diesen selbst gestiftet und nicht von Erwachsenen organisiert wird, in dem die Zugehörigkeit freiwillig ist und in welchem die Mitglieder ihre Angelegenheiten weitgehend ohne Aufsicht und Eingriffe Erwachsener regeln.“ (Krappmann/Oswald 1995, S.43)

Zugegeben ist der Zusammenschluss von Kindern in einem Ferienlager zwar von Erwachsenen organisiert, aber intern bilden sich wiederum Gruppen. Demnach haben wir Vierer-, Fünfer- und Sechserzimmer gebildet, aber dennoch haben die Kinder im Endeffekt selbst entschlossen, mit wem sie befreundet sein „wollen“.

Letztendlich entwickelte sich aus den vier von uns gebildeten Gruppen eine Vielzahl von „echten“ Peer-Groups. Dies ist sehr wichtig für die Kinder, denn eine „Gruppe bietet die Möglichkeit,

- sich mit anderen zu vergleichen (…)
- sich einen Status im Hinblick auf Einfluß, Beliebtheit u. a. zu erwerben (…)
- Normen mitzubestimmen und zu befolgen lernen (…)
- Zugehörigkeit zu erleben (…)
- Gedanken auszutauschen, sich selbst darzustellen (…)
- Freundschaft zu schließen (…)
- sich in Publikumssituationen zu bewähren (…)
- Selbsterfahrungen zu machen (…)
- Auseinandersetzungen zu bestehen (…)
- intensive Bindungen einzugehen (…)
- gemeinsam zu arbeiten und zu spielen (…)
- Andersartigkeit zu erfahren (…)
- sich für Gruppeninteressen zusammenzuschließen (…)“

(Horstkemper/Wagner-Winterhager 1990, S.28-29)

3. Mädchen vs. Jungen – ein Geschlechterkampf?

„Einigen Aufschluss über äußere Merkmale von Gruppen geben soziometrische Studien. Danach sind Gruppen von Kindern geschlechtshomogen und zeitlich instabil, wobei die Stabilität mit zunehmendem Alter zunimmt“ (Krappmann/Oswald 1995, S.47).

Man könnte annehmen, dass sich das schon in einem einwöchigen Ferienlager erkennen lässt, denn die älteren Mädchen, blieben von Anfang bis Ende eine Einheit. Die jüngeren Jungen hingegen wechselten im Laufe der Zeit sehr oft ihre „Freunde“. Die älteren Jungen wiederum blieben in ihrer Clique.

Daraus könnte man natürlich auch schließen, dass es Zufall ist, weil die Mädchen nur zu viert waren und sich nicht mit Jungen anfreunden würden.

„Die Geschlechtshomogenität von Cliquen kann als gesichert gelten. Dabei gerät allerdings aus dem Blick, daß es viele Interaktionen über die Geschlechtergrenze hinweg gibt“ (Krappmann/Oswald 1995, S.47).

So fanden die (älteren) Jungen die Mädchen etwa ab der Mitte der vergangenen Zeit gar nicht mehr so „blöd“ und die Mädchen die Jungen auch nicht mehr so „ekelig“ und „großkotzig“.

„Uneinheitlich sind die Ergebnisse über geschlechterspezifische Unterschiede in bezug auf die Größe von Gruppen. Einerseits weisen Untersuchungsergebnisse darauf hin, daß Jungen zu extensiven und Mädchen zu intensiven Beziehungen neigen, daß für Mädchen exklusive Zweierbeziehungen typischer sind, als für Jungen. Andererseits finden sich hinsichtlich der Gesamtzahl von Freunden oft keine Geschlechtsunterschiede“ (Krappmann/Oswald 1995, S.47).

Anfangs blieben die vier Mädchen ausschließlich unter sich. Später kamen noch drei Jungen hinzu. Die meisten anderen Jungen spielten eher in großen Gruppen zusammen Fußball oder Karten, es gab aber auch Ausnahmen, dass nur zwei Jungen – dazu noch zwei achtjährige – miteinander weggingen und sich unterhielten.

„Bei den Jungen sind Bemühungen zu erkennen, sich einen hohen Rang in der Gruppe zu „erkämpfen“. Das körperliche Durchsetzungsvermögen spielt bei der Vergabe von Status eine zentrale Rolle“ (Horstkemper/Wagner-Winterhager 1990, S.73) .Vor allem unter den jüngeren gab es viele „Rangeleien“. Jeder wollte sich behaupten und der Stärkste sein. Vor allem habe ich bemerkt, dass keiner je nachgegeben hat! Es gab immer jemanden, der den „Anführer“ gemimt hat und sich diese Rolle auch nicht streitig machen ließ. Auch Krappmann und Oswald merkten an, dass die „Führung“ ein besonderer Aspekt der Binnenstruktur der Gruppe sei (vgl. Krappmann/Oswald 1995, S.54).

„Bei den Mädchen scheint es in der Gruppe vor allem darum zu gehen, einen Kreis von Mitschülerinnen zu finden, die „einem gut sind“. Dabei scheinen es eher verbale, strategische Fähigkeiten zu sein, die den Kindern Anerkennung und Sympathie verschaffen“ (Horstkemper/Wagner-Winterhager 1990, S.73). Nun gab es in diesem Ferienlager-Durchgang nur vier Mädchen, die aber meines Erachtens recht gut zusammen passten bzw. sich ergänzten. Die eine wehrte sich mit ihrem frechen Mudwerk, die andere mit Fäusten und die nächste mit intelligentem Kontern.

Wenn die Jungen ihnen einmal zu „nervig“ wurden, hatten sie keine Scheu, auch einmal Gewalt anzuwenden und hinter den Jungen hinterher zu rennen, um ihnen „eine zu wischen“ – wie sie es nannten. Auch Krappmann und Oswald können dies bestätigen: „Zwar ließen sich die Jungen gegenüber den Mädchen weniger zu Schlägen und Tritten verleiten als gegenüber anderen Jungen, doch wurden manchmal auch Mädchen geschlagen und diese schlugen in einigen Fällen zurück“ (Krappmann/Oswald 1995, S.198).

Innerhalb ihrer Gruppe hielten sie – so weit ich es beobachten konnte – immer zusammen. Und so schafften sie es auch, sich bei den Jungen zu etablieren, mit denen sie es bei Weitem nicht leicht hatten, denn „in dem Wunsch, ihre Identität als Mann bestätigt zu bekommen und damit der Anerkennung unter ihresgleichen gewiß zu sein, neigen sie zum Übertreiben, und zwar um so mehr, je größer die Gefahr der Diskriminierung für den Umgang mit ‚Schwächeren’ in ihrem sozialen Bezugsfeld ist. Und für diese Gefahr bietet das konkurrenzfördernde Leistungs- und Selektionssystem der Schule reichlich Anlaß. So erklärt sich auch, weshalb der gleiche Junge, der mit Mädchen allein ruhig und ausgeglichen spielen kann, auf dem Schulhof vor seinen Klassenkameraden plötzlich den ‚Macho herauskehrt’ und über Mädchen herzieht. (Horstkemper/Wagner-Winterhager 1990, S.56)

Zwischen Mädchen und Jungen ergeben sich bereits zum Schulanfang in den sozialen Beziehungen innerhalb ihrer Gruppe zahlreiche Unterschiede, die im Verlauf des ersten beiden Schuljahre noch an Prägnanz gewinnen. Zusammenfassend lässt sich folgendes feststellen:

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Sozialverhalten von Mädchen und Jungen
Hochschule
Universität Potsdam  (Grundschulpädagogik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V47579
ISBN (eBook)
9783638444972
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialverhalten, Mädchen, Jungen
Arbeit zitieren
Andrea Seifert (Autor:in), 2005, Das Sozialverhalten von Mädchen und Jungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47579

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